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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2000
Aktenzeichen: 6 W 678/00
Rechtsgebiete: KostO, Kostenverf.


Vorschriften:

KostO § 17 Abs. 2
KostO § 14
Kostenverf. § 4
27.11.2000

6 W 678/00

Rechtliche Grundlage:

KostO § 17 Abs. 2; § 14; Kostenverf. § 4

Nach § 17 Abs. 2 KostO verjähren Ansprüche auf Rückerstattung von Kosten in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Enstantande ist der Rückforderungsanspruch nach ganz überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung bereits mit der Zahlung der unberechtigt angeforderten Kosten und nicht erst mit der Aufhebung des Kostenansatzes.

Thür. OLG Beschluss v. 27. 11. 2000, 6 W 678/00


6 W 678/00 2 HK (T) 4/00 (Landgericht Mühlhausen)

THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

In dem Verfahren betreffend die Rückerstattung überzahlter Gebühren für die Eintragung in das Handelsregister, an dem beteiligt sind: 1. S. GmbH & Co. KG, - Erinnerungsführerin und Beschwerdeführerin, auch im Verfahren der weiteren Beschwerde - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Kümmerlein, Simon & Dr. Irriger, Huyssenallee 58-64, 45128 Essen

2. Bezirksrevisor beim Landgericht Mühlhausen als Vertreter der Staatskasse, Schillerweg 59, 99974 Mühlhausen

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer sowie die Richter am Oberlandesgericht Kramer und Bettin auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 16./17.10.2000 gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mühlhausen vom 17.08.2000

am 27.11.2000 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Für die Eintragung der Beteiligten zu 1 in das Handelsregister hat das Registergericht mit Kostenrechnung vom 05.04.1994 auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 5.000.000,00 DM einen Betrag in Höhe von 6.088,00 DM in Rechnung gestellt, den die Beteiligte zu 1 am 27.04.1994 bezahlte. Gegen den Gebührenansatz in dieser Kostenrechnung legte die Beteiligte zu 1 unter Hinweis auf die Unvereinbarkeit der angesetzten Gebühren mit dem europäischen Recht Erinnerung ein und beantragte, unter Aufhebung des Kostenansatzes die Gebühren neu festzusetzen sowie die überzahlten Gebühren in Höhe von 5.785,00 DM nebst 6 % Zinsen ab dem Zeitpunkt der Überzahlung zu erstatten. Diese Erinnerung wies das Amtsgericht am 01.03.2000 zurück, nachdem die Staatskasse die Einrede der Verjährung erhoben hatte. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen, der Rückerstattungsanspruch sei verjährt. Dagegen richtet sich die vom Landgericht ausdrücklich zugelassene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im Verfahren der weiteren Beschwerde nimmt der Senat Bezug auf die eingereichten Schriftsätze. II. Die nach § 14 Abs. 3 S. 2 KostO an sich statthafte und auch sonst zulässige weitere Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Auffassung des Landgerichts, der geltend gemachten Rückerstattung der Handelsregistergebühren stehe die Einrede der Verjährung entgegen, beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 14 Abs. 3 S. 3 KostO, 550 ZPO). Nach § 17 Abs. 2 KostO verjähren Ansprüche auf Rückerstattung von Kosten in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Senat schließt sich der ganz überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung an, wonach der Rückerstattungsanspruch bereits mit der Zahlung der unberechtigt angeforderten Kosten und nicht erst mit der Aufhebung des Kostenansatzes entsteht (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 296; OLG Hamm, NJW-RR 1999, 1229; OLG Bremen, OLG-Report 2000, 209; BayObLG, Beschluss vom 19.09.2000, 3 Z BR 227/00 - zur Veröffentlichung in BayObLGZ 2000 vorgesehen; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Auflage, § 17 Rn. 6; a.A. OLG Köln, Rpfleger 1992, 317; Korintenberg/Lappe, KostO, 14. Auflage, § 17 Rn. 17; Hartmann, KostG, 29. Auflage, § 17 KostO Rn. 5). 1. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass der Rückerstattungsanspruch von der Änderung des Kostenansatzes abhängig wäre. Der Anspruch der Staatskasse auf Zahlung der Gebühren wird kraft Gesetzes mit der Beendigung des gebührenpflichtigen Geschäfts fällig, § 7 KostO. Damit beginnt nach § 17 Abs. 1 KostO der Lauf der Verjährungsfrist. Entstehen und Fälligkeit dieses Anspruchs der Staatskasse sind mithin nicht von der Erstellung und Hinausgabe einer Kostenrechnung abhängig. Bei dem Anspruch des Kostenschuldners auf Rückerstattung zu Unrecht erhobener Kosten handelt es sich um die Kehrseite des Kostenanspruchs der Staatskasse, der seine Grundlage in demselben öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis hat (vgl. BayObLG, a.a.O. m.w.N.); die Staatskasse hat die ohne Rechtsgrund erbrachte Leistung zurückzugewähren. Dieser Rückzahlungsanspruch entsteht, weil sich die geschuldeten Kosten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, mit der Überzahlung. 2. Allerdings stellt der Kostenansatz nach allgemeiner Auffassung gemäß §§ 14 KostO, 4 ff. Kostenverfügung einen Justizverwaltungsakt dar. Das bedeutet aber nicht, dass durch ihn die Zahlungsverpflichtung des Kostenschuldners nach Grund und Höhe verbindlich festgelegt wird und der Kostenansatz, solange er besteht, einen Rechtsgrund für die Leistung des Schuldners bildet. Ob ein Verwaltungsakt dem Betroffenen gegenüber ein rechtlich selbständiges Rechtsverhältnis begründet, aus dem sich eigenständige Rechte und Pflichten ergeben können und welches das materiell-rechtliche Rechtsverhältnis überlagern kann, ist eine Frage der Bestandskraft des Verwaltungsakts, die nicht einheitlich für alle Arten von Verwaltungsakten und alle Rechtsgebiete beurteilt werden kann (vgl. BayObLG, a.a.O. m.w.N.). Insoweit enthält die Kostenordnung eine eigenständige Regelung; die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes finden keine Anwendung (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 ThürVwVfG). Aus § 14 Abs. 6 KostO ergibt sich, dass der Kostenansatz nicht in Bestandskraft erwächst (vgl. BayObLG, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.). Nach dieser Vorschrift tritt eine Bindungswirkung nur dann ein, wenn im Verfahren über die Kostenerinnerung eine Entscheidung des Gerichts ergangen ist, so dass ohne gerichtliche Entscheidung der Kostenansatz im Verwaltungswege ohne weitere Voraussetzungen entsprechend der materiellen Rechtslage auch zu Lasten des Kostenschuldners geändert werden kann. Daraus folgt, dass der Kostenansatz selbst die materielle Rechtslage gerade nicht bindend gestaltet (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Aus der von der Beteiligten zu 1. im Verfahren der weiteren Beschwerde vorgelegten Entscheidung vom 19.10.2000 ergibt sich nicht, dass das OLG Hamm von dieser Auffassung nunmehr abgerückt ist. Dieser Beschluss betrifft die Verzinsung eines - nicht verjährten - Rückzahluungsanspruchs. 3. Die Gegenauffassung, wonach die Verjährung erst mit Aufhebung des Kostenansatzes beginnt, hätte zur Folge, dass die Verjährungsvorschrift des § 17 Abs. 2 KostO weitgehend leer liefe, worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat. Da die Erinnerung gegen den Kostenansatz nicht fristgebunden ist, hätte es der Kostenschuldner in der Hand, den Beginn der Verjährungsfrist selbst zu bestimmen. Er könnte damit, abgesehen von der Verwirkung, seinen Rückerstattungsanspruch auch noch nach Ablauf eines Zeitraumes, der ein Mehrfaches der Verjährungsfrist des § 17 Abs. 2 KostO ausmacht, durchsetzen. Das wäre indessen mit dem Zweck der in § 17 Abs. 2 KostO getroffenen Verjährungsregelung unvereinbar, nach einer bestimmten Zeit Rechtsfrieden zu schaffen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.; BayObLG, a.a.O. jeweils m.w.N.). 4. Der Geltendmachung der Einrede der Verjährung steht europäisches Recht nicht entgegen. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof den Mitgliedsstaaten die Berufung auf die die Verjährung in Fällen der vorliegenden Art gerade nicht verwehrt (vgl. EuGH ZIP 1998, 206, 211). Die Erhebung der Verjährungseinrede stellt schließlich auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Anhaltspunkte dafür, dass die Staatskasse die Beteiligte zu 1 von der rechtzeitigen Geltendmachung ihres Rückerstattungsanspruchs abgehalten oder Vertrauen darauf geschaffen hätte, sie werde sich auf die Einrede der Verjährung nicht berufen, sind nicht ansatzweise ersichtlich. III. Eine Kostenentscheidung ist wegen § 14 Abs. 5 KostO nicht veranlasst.

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