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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.09.2009
Aktenzeichen: 7 U 21/09
Rechtsgebiete: BGB, UVPG


Vorschriften:

BGB § 134
UVPG § 3 b
UVPG Anlage 1 Nummer 1.6.1
Eine privatrechtliche Vereinbarung, die dazu dienen soll, ein Projekt zur Errichtung eines Windparks künstlich in mehrere kleine Projekte zu zerlegen, deren Genehmigungsfähigkeit nicht vom Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung abhängig ist, ist nichtig, weil hierdurch der Zweck des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unterlaufen wird.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 21/09

Verkündet am: 16.09.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weber, Richter am Oberlandesgericht Linsmeier und Richterin am Oberlandesgericht Langer

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mühlhausen vom 11.11.2008 abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, ein europaweit tätiges Unternehmen auf dem Gebiet der Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Mittel- und Binnengebirgsland, macht im Wege einer Feststellungsklage Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten wegen einer behaupteten Vertragsverletzung geltend.

Die Beklagte zu 3. ist eine aus den Beklagten zu 1. und 2. bestehende, mit Gesellschaftsvertrag vom 01.07.2003 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschaftszweck in der Beschaffung von Genehmigungen zur Errichtung von Windenergieanlagen (im Folgenden: WEA) ist. Die Beklagten zu 1. und 2. sind im Übrigen Eheleute im Rentenalter und die Eltern des Zeugen J B, der bis zu seiner Eigenkündigung zum 31.07.2007 bei der Klägerin als Leiter der Niederlassung in Thüringen beschäftigt gewesen ist. Zwischenzeitlich betreibt der Zeuge J B mit ein oder zwei Wettbewerbern der Klägerin die Projektierung von Konkurrenzanlagen in unmittelbarer Nähe der streitgegenständlichen Standorte.

Mit einem als "Vereinbarung Haftungsfreistellung" überschriebenen Vertrag vom 12.07.2003 verpflichteten sich die Beklagten, die von ihnen erlangten Genehmigungen für die Errichtung von WEA an einen von der Klägerin bestimmten Dritten (= Erwerber der WEA) abzutreten. Ferner sieht die Vereinbarung vor, dass die Beklagten in Anbetracht der Unentgeltlichkeit der Leistung von jeglicher Haftung frei gestellt werden.

Unter dem 09.02.2004 erlangte die Beklagte zu 3. durch das Landratsamt U-H-K eine Baugenehmigung zur Errichtung von 2 WEA an den im Windpark M gelegenen Standorten "G 18" und "G 19". Unter dem 31.03.2006 stellte sie dort den Antrag, die Geltungsdauer der Baugenehmigung um ein Jahr zu verlängern. Mit Schreiben vom 08.03.2007 nahm sie den Antrag wieder zurück.

Bereits am 12.03.2007 ging beim Thüringer Landesverwaltungsamt ein Schreiben der Klägerin vom 09.03.2007 ein, mit dem diese eine Bauherrenwechselanzeige zu dem streitgegenständlichen Bauvorhaben vorlegte. Neuer Bauherr war danach die Klägerin. Die Anzeige trägt das Datum 11.02.2004.

Die Klägerin hat behauptet, Hintergrund für die Rücknahme des Verlängerungsantrages sei die Absicht der Beklagten zu 1. und 2. gewesen, ihrem Sohn, dem Zeugen J B, einen Vorteil zu verschaffen. Dieser habe bereits zu diesem Zeitpunkt geplant, sich von der Klägerin zu trennen und im Bereich der streitigen Standorte eigene Konkurrenzstandorte zu projektieren. Der Zeuge J B sei es auch gewesen, der sich nach Einführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens dafür eingesetzt habe, bei größeren Projekten mehrere Projekt-GbR`s durch vertrauensvolle Personen zu bilden und in deren Namen Baugenehmigungsverfahren für jeweils nur ein bis zwei WEA je Windpark durchführen zu lassen. Er habe sich seinerzeit durchsetzen können, weil er behauptet habe, diese Verfahrensweise mit den zuständigen Behörden abgestimmt zu haben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Rücknahme des Verlängerungsantrags stelle eine schuldhafte Vertragsverletzung dar und verpflichte die Beklagten zum Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin durch das Erlöschen der Baugenehmigung entstehe.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die dadurch entstehen, dass die Beklagten ihren Verlängerungsantrag zur Baugenehmigung des Landratsamtes U-H-K vom 09.02.2004, Az.: 00649-03-23, in der Gestalt des Änderungsbescheides vom Landratsamt U-H-K vom 16.08.2004, Az.: 05149-04-03, zurückgenommen haben.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, die Klägerin sei an den Zeugen J B herangetreten und habe diesem geschildert, dass es ein Problem für das Unternehmen darstelle, wenn sie Baugenehmigungen für WEA in einem bestimmten, räumlich zusammenhängenden Gebiet beantragen würde, da hierfür ab einer bestimmten Anzahl ein kosten- und zeitintensiven immissionsschutzrechtliches Prüfverfahren durchlaufen werden müsse. Dieses Problem ließe sich umgehen, wenn Dritte für sie die Baugenehmigungen jeweils für eine unbedenkliche Anzahl beantragen würde. Mit dem Argument, dass diese Vorgehensweise wegen der damit verbundenen Kostenersparnis Arbeitsplätze in dem Unternehmen sichere, habe die Klägerin den Zeugen J B und seine Eltern, die Beklagten zu 1. und 2., zur Gründung der Beklagten zu 3. und dem Abschluss der Vereinbarung vom 12.07.2003 bewegen können. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dass die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung vom 12.07.2003 wegen Umgehung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig sei.

Das Landgericht hat der Feststellungsklage vollumfänglich stattgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand in erster Instanz sowie wegen der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Beklagten greifen mit ihrer Berufung das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich an.

Sie rügen, dass der Tatbestand des angefochtenen Urteils in mehrfacher Hinsicht (z.B. bzgl. des Erhalts von 140.000,00 € für die Erlangung und Abtretung der Baugenehmigung für eine WEA in T) streitigen Vortrag als unstreitig wiedergebe.

Ferner machen sie geltend, das Landgericht habe zu Unrecht die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit der von ihnen als Treuhandvertrag bezeichneten Vereinbarung vom 12.07.2003 verneint. Der Vertrag sei nichtig und es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vom Landgericht festgestellt, dass die Beklagten gleichwohl - nach § 242 BGB - zum Ausgleich eines etwaigen Schadens verpflichtet seien.

Des Weiteren meinen die Beklagten, das Landgericht habe verkannt, dass sie den Antrag auf Verlängerung der Baugenehmigung am 08./23.03.2007 gar nicht mehr wirksam haben zurücknehmen können. Denn zum Zeitpunkt ihrer Rücktrittserklärung seien sie schon nicht mehr Inhaber der Baugenehmigung gewesen. Bereits aus dem von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegen Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 24.04.2007 (Anlage PKL 4) gehe hervor, dass die Baugenehmigung bereits am 11.04.2004 an die Klägerin abgetreten worden und dieser Bauherrenwechsel dem Landesverwaltungsamt seitens der Klägerin mit Schreiben vom 09.03.2007 angezeigt worden sei.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 11.11.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 11.11.2008 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Darüber hinaus hat sie im Wege der Klageerweiterung zunächst beantragt,

die Beklagten ferner zu verurteilen, unter Bezugnahme auf die Baugenehmigung des Landratsamtes U-H-K vom 09.02.2004, Az.: 00649-03-23, in der Gestalt des Änderungsbescheides vom Landratsamt U-H-K vom 16.08.2004, Az.: 05149-04-03, zu erklären, dass ihre Stellung als Bauherr mit Zugang der Bauherrenwechselanzeige am 12.03.2007 beim Thüringer Landesverwaltungsamt von den Beklagten auf die Klägerin übergegangen ist, die Beklagten zugunsten der Klägerin ab diesem Zeitpunkt keine Rechte an der Baugenehmigung mehr geltend machen.

Mit Schriftsatz vom 26.06.2009 hat sie den die Klage erweiternden Antrag geändert und beantragt nunmehr,

festzustellen, dass

das Baurecht aus der Baugenehmigung des Landratsamtes U-H-K vom 09.02.2004, Az.: 00649-03-23, in der Gestalt des Änderungsbescheides vom Landratsamt U-H-K vom 16.08.2004, Az.: 05149-04-03 mit Zugang der Bauherrnwechselanzeige beim Thüringer Landesverwaltungsamt von der Beklagten zu 3. auf die Klägerin übergegangen ist,

sowie dass

der Bauherrenwechsel mit Zugang der Bauherrenwechselanzeige beim Thüringer Landesverwaltungsamt wirksam angezeigt und vollzogen worden ist.

Die Klägerin verteidigt das ihr am 01.12.2008 zugestellte landgerichtliche Urteil. Sie meint, die Berufung sei bereits verfristet und damit unzulässig. Denn das Datum auf dem Empfangsbekenntnis, nach dem der in Berlin ansässigen Beklagtenvertreterin das erstinstanzliche Urteil eine Woche später zugestellt worden sei als dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der seinen Kanzleisitz in Dresden habe, sei nicht nachvollziehbar. Zur Klageerweiterung trägt sie vor, dass die Feststellung benötigt werde, um die Erfolgsaussichten für den laufenden Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht über den Bestand der Baugenehmigung zu erhöhen.

II.

Die Berufung ist zulässig, §§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO.

Sie ist insbesondere binnen der gesetzlichen Notfrist von einem Monat, § 517 ZPO, eingelegt worden. Der Hinweis der Klägerin in der Berufungserwiderung, dass die in Berlin ansässige Beklagtenvertreterin das Urteil ausweislich des Empfangsbekenntnisses eine Woche später als der in Dresden ansässige Klägervertreter erhalten habe und dies nicht nachvollziehbar sei, erbringt noch nicht den Gegenbeweis der Unrichtigkeit der im Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben. Denn dies setzt voraus, dass die Beweiswirkung des § 174 ZPO vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben im Empfangsbekenntnis richtig sein können. Hingegen ist der Gegenbeweis nicht bereits dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeiten der Angaben also nur erschüttert sind (BGH Beschluss vom 26.02.2009, Az.: III ZR 110/08).

Die Berufung ist auch begründet.

Das Landgericht hat zu Unrecht gemäß §§ 662, 280 Abs. 1 und 3, 281, 283, 249,252 BGB eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten für sämtliche Schäden festgestellt, die der Klägerin durch die Rücknahme des Verlängerungsantrags zur Baugenehmigung des Landratsamtes U-H-K vom 09.02.2004, Az.: 00649-03-23, in der Gestalt des Änderungsbescheides des Landratsamtes U-H-K vom 16.08.2004, Az.: 05149-04-03, entstehen. Hierbei kann offen bleiben, ob die Beklagte zu 3. trotz der Bauherrenwechselanzeige den Antrag noch hat zurücknehmen können. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob aus der Vereinbarung, welche die Verpflichtung der Beklagten regelt, von ihnen erlangte Baugenehmigungen zur Errichtung von WEA auf Verlangen der Klägerin an einen von der Klägerin bestimmten Dritten abzutreten, zugleich eine Verpflichtung der Beklagten folgt, bei drohendem Fristablauf eine Verlängerung der Baugenehmigung zu erwirken und den Verlängerungsantrag nicht ohne Zustimmung der Klägerin zurückzunehmen.

Die begehrte Feststellung einer Schadensersatzpflicht setzt voraus, dass die Beklagten mit der Rücknahme schuldhaft ihre Pflichten aus der zwischen den Parteien am 12.07.2003 geschlossenen schriftlichen Vereinbarung (Anlage PKL1) verletzt haben. Dies ist nicht der Fall. Denn die Vereinbarung vom 12.07.2003 ist gemäß § 134 BGB nichtig.

Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, welches gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Dieses Verbot erfasst auch zivilrechtliche Verträge, welche die Umgehung öffentlich-rechtlicher Normen bezwecken (MünchKomm.-Armbrüster, 4. Aufl., § 134 BGB, Rn. 89). Dies ist bei der Vereinbarung vom 12.07.2003 der Fall. Der Umgehungscharakter der Vereinbarung vom 12.07.2003 ergibt sich bereits aus dem eigenen Vortrag der Klägerin. Danach stellte die streitgegenständliche Vereinbarung eine Reaktion auf das Inkrafttreten des UVPG dar. Dieses sieht für Windkraftprojekte mit mehr als 20 WEA zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor, § 3b UVPG i.V.m. Nr. 1.6.1. der Anlage 1 zum UVPG. Für Windkraftprojekte ab 3 WEA liegt die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung abhängig von dem Ergebnis einer vorgeschriebenen allgemeinen (6 bis weniger als 20 WEA) oder standortbezogenen (3 bis weniger als 6 WEA) Vorprüfung im Ermessen der zuständigen Behörde, § 3c UVPG i.V.m. Ziffer 1.6.2. und 1.6.3. der Anlage 1 zum UVPG. Indem die genannten Vorschriften für Windkraftanlagen ab einer konkret bezeichneten Größenordnung die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. einer allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung vorschreiben, verbieten sie zugleich Windkraftanlagen in den genannten Größenordnungen ohne Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung zu genehmigen und zu errichten.

Dieses Verbot wird durch die Vereinbarung vom 12.07.2003 umgangen. Denn diese hat nach dem eigenen Vortrag der Klägerin den Zweck, größere Windkraftprojekte auf mehrere kleine Projekte mit 1 bis 2 WEA aufzuteilen und hierdurch sicher zu stellen, dass die Windkraftprojekte kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren beim Landesverwaltungsamt durchlaufen müssen, sondern die Genehmigungsfähigkeit der Projekte - wie bisher - durch das Landratsamt einer Prüfung nach baurechtlichen Vorschriften unterzogen werden. Durch diese Aufteilung größerer Windkraftprojekte auf mehrere kleine Projekte erreichte die Klägerin mithin nicht nur eine Kontinuität in Bezug auf die Person des Entscheidungsträgers, sondern außerdem die Möglichkeit, die Abhängigkeit der Erteilung einer Baugenehmigung von dem Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung selbst zu steuern.

Der Nichtigkeit dieses Umgehungsgeschäfts steht nicht entgegen, dass das UVPG keine Norm enthält, welche die Umgehung der Vorschriften des UVPG oder des BImSchG ausdrücklich verbietet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 134 BGB auch dann anwendbar, wenn durch andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten der Zweck des betreffenden Verbotsgesetzes vereitelt werden (BGHZ 4, 171, 176; 51, 255, 262; 56, 285,289; 58, 61, 65; 59, 343, 348; 85, 39, 46; BGH NJW 1987, 780; ZIP 1991, 110, 112). Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall anwendbar. Regelungsziel des UVPG, mit dem der deutsche Gesetzgeber eine europäische UVP-Richtlinie umgesetzt hat, ist es, dass Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor Erteilung der Genehmigung einer Prüfung auf ihre Auswirkungen unterzogen werden (BVerwG BauR 2008, 784, Rn. 15 - zitiert nach juris). Das sich aus dem UVPG ergebende Gebot dient mithin dem allgemeinen Interesse, die Umwelt vor schädigenden Immissionen zu schützen. Dies Ziel wird vereitelt, wenn ein Projekt zur Errichtung einer Windfarm künstlich in mehrere kleine Projekte aufgespaltet wird, deren Genehmigungsfähigkeit nach dem UVPG nicht von dem Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung abhängig ist. Der EUGH ist daher bereits mit Urteil vom 21.09.1999 - Az.: C 392/95 - und mit Urteil vom 21.09.2001 - Az.: C 392/96 allen Versuchen entgegen getreten, das Regelungsziel der UVP-Richtlinie durch Aufsplitterung eines Projekts in mehrere, den Schwellenwert jeweils unterschreitende "Projekte" zu umgehen.

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 01.07.2009 durch ihren Prozessbevollmächtigten behauptet hat, dass sie mit der streitgegenständlichen Vereinbarung vom 12.07.2003 keine Umgehung des UVPG und des BImSchG bezweckt habe, stellt sie sich damit in Widerspruch zu ihrem früheren Vortrag. Danach war sie nach Einführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens daran interessiert, sich für die von ihr geplanten WEA das Baugenehmigungsverfahren zu erhalten. Zu keinem Zeitpunkt hat die Klägerin einen anderen Sinn und Zweck für den Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarung genannt. Ein anderer Beweggrund für den Abschluss einer solchen Vereinbarung und für die von der Klägerin selbst behauptete Gegenleistung an die Beklagten in Höhe von 140.000,00 € für ein anderes Projekt erschließt sich auch sonst nicht.

Mangels Darlegung eines anderen Beweggrundes für die Vereinbarung vom 12.07.2003 bedurfte es auch nicht der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 01.07.2009 beantragten Beiziehung der Verwaltungsakte, aus der sich ergeben soll, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung in allen Fällen erfolgt sei.

Die Umgehungsabsicht als einziger Beweggrund für die streitgegenständliche Vereinbarung vom 12.07.2003 wird auch nicht durch den mit Schriftsatz vom 28.07.2009 erstmals vorgelegten Feststellungsbescheid des Landratsamtes U-H-K vom 16.09.2003 widerlegt. Dieser besagt nur, dass die Beklagte zu 3. im September 2003 durch das Landratsamt U-H-K für das streitgegenständliche Vorhaben von 2 WEA eine standortbezogene Vorprüfung nach dem UVPG haben durchführen lassen, obwohl es eines solchen Verfahrens nach dem UVPG bei einem Umfang von 2 WEA nicht bedarf. Die von der Klägerin hierfür gegebene Begründung, dass sie seinerzeit in der Region durch die Beklagte zu 3. das Genehmigungsverfahren für einen dritten Standort habe durchführen lassen, und sie mit der Vorprüfung dem Risiko habe vorbeugen wollen, dass die drei Anlagen als im engen Zusammenhang i.S.d. § 3b Abs. 2 UVPG bewertet werden, ist nur ein weiteres Indiz für ihre mit der Vereinbarung verfolgte Umgehungsabsicht. Denn § 3b Abs. 2 UVPG besagt, dass die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch dann besteht, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen, zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten.

Es kommt auch nicht darauf an, ob die beiden streitgegenständlichen WEA "G 18" und G 19" dem Anwendungsbereich des UVPG und des BImSchG unterfallen. Ob eine zivilrechtliche Vereinbarung gegen ein Verbotsgesetz verstößt und damit nach § 134 BGB nichtig ist, ist nicht danach zu beurteilen, ob in einem konkreten Einzelfall eine Umgehung stattgefunden hat, sondern danach, welchen Zweck die Parteien generell mit der zivilrechtlichen Vereinbarung verfolgt haben. Aus diesem Grund hängt die Frage der Nichtigkeit der Vereinbarung - abweichend von der Auffassung des Erstgerichts - auch nicht davon ab, ob bei ordnungsgemäßer Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung die Errichtung einer Windfarm mit mehr als 20 WEA am Standort G genehmigt worden wäre.

Der Geltungsbereich der von der Klägerin bemühten Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 9 BImSchG, nach der Baugenehmigungen für Windenergieanlagen, die - wie vorliegend - bis zum 01.07.2005 erteilt worden sind, als Genehmigungen nach dem BImSchG gelten, beschränkt sich auf die Wirksamkeit der genannten öffentlich-rechtlichen Baugenehmigungen nach Einführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Sie besagt nichts - auch nicht mittelbar - zur Wirksamkeit etwaiger im Zusammenhang mit den Baugenehmigungen stehender privatrechtlicher Vereinbarungen.

Die Wirksamkeit bzw. Nichtigkeit der privatrechtlichen Vereinbarung zwischen den Parteien vom 12.07.2003 hängt schließlich auch nicht davon ab, ob - wie die Klägerin behauptet - der zuständige Sachbearbeiter des Landratsamtes Kenntnis davon hatte, dass die Klägerin hinter den von den jeweiligen Antragstellern gestellten Bauanträgen stand und ob dieses Vorgehen einer seinerzeit "nicht unüblichen und von den Behörden vielfach mitgetragenen Vorgehensweise" entsprochen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Es handelt sich um eine typische Einzelfallentscheidung, die unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergangen ist.

Ende der Entscheidung

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