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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 31.03.2003
Aktenzeichen: 9 U 1012/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HOAI, AGBG


Vorschriften:

ZPO § 156
ZPO § 530
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 254
BGB § 278 a.F.
BGB § 404
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 1
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 2
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 3
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 4
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 5
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 6
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 7
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 8
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 9
HOAI § 15 (1) Abs. 4
HOAI § 15 (1) Abs. 5
HOAI § 15 (1) Abs. 6
HOAI § 15 (1) Abs. 7
HOAI § 15 (1) Abs. 8
HOAI § 15 (1) Abs. 9
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 2
AGBG § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 1012/02

Verkündet am: 31.03.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 9 Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Richter am Oberlandesgericht Bettin als Vorsitzenden, Richterin am Oberlandesgericht Zoller und Richterin am Oberlandesgericht Bötzl

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 02.10.2002, berichtigt am 14.11.2002, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Parteien streiten um Mängelbeseitigungsansprüche aus einem Generalunternehmervertrag.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 02.10.2002 wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Erstgericht hat die Beklagte verurteilt, einen Vorschuss von 324.000,00 € und einen Schadensersatz von 16.095,64 € für bereits entstandene Mietausfälle zu zahlen und festgestellt, dass die Beklagte auch die weiteren Kosten der Beseitigung der mit den Gutachten der Sachverständigen und im vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel zu tragen hat.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sie begründet.

Sie greift unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vertrags sowohl die Tatsachenfeststellung als auch die rechtliche Würdigung des Erstgerichts an.

Wie bei allen Bauträgern üblich, habe die Fa. GmbH die Planung erstellt und die Baugenehmigung eingeholt. Das Landgericht habe dies und die tatsächliche Handhabung bei der Auslegung des Generalunternehmervertrages vom 07.10. / 12.12.1993 verkannt, tatsächlich habe die Beklagte die Genehmigungsplanung, die Einholung einer Baugenehmigung und die Ausführungsplanung nicht geschuldet. Dementsprechend habe die Auftraggeberin anschließend auch die Ausführungspläne, die im ersten Obergeschoss die Erstellung von sechs Wohnungen ausgewiesen hätten, sowie bereits am 10.12.1993 die Baugenehmigung vom 12.08.1993 übergeben, die auf der Genehmigungsplanung des Architekten W. vom 25.03.1993 beruhe, allerdings in ihren Anlagen hinsichtlich der Planung nur die jeweiligen Deckblätter enthalten habe. Die Genehmigungsstatik des Ingenieurbüros V. habe die Beklagte bereits früher erhalten. Obgleich die Ermittlung der Bewehrungsgehalte der einzelnen Bauglieder an sich in den Bereich der Tragwerksausführungsplanung gehöre, seien diese in der übergebenen Genehmigungsstatik bereits exakt ermittelt worden, so dass die von der Beklagten beauftragte Fa. GmbH bei der Anfertigung der Bewehrungsplanung nur auf dieser Grundlage die Anzahl und die Bemessung der Bewehrungsstähle berechnet habe.

Der Klägerin, die aus abgetretenem Recht klagte, stünden keine Ansprüche gegen die Beklagte zu, da die Schäden allein auf eine fehlerhafte Planung der Auftraggeberin - der Zedentin - zurückzuführen seien. Die Beklagte sei auch nicht zur Bedenkenanmeldung verpflichtet gewesen, sie habe sich auf die von der Auftraggeberin - einem großen Bauträger mit Fachpersonal -beteiligten Sonderfachleute verlassen dürfen. Die Mangelhaftigkeit bzw. Unvollständigkeit der übergebenen Planung sei auch nicht evident gewesen. Auch den von der Beklagten beauftragten Bewehrungsplaner treffe kein Verschulden. Jedenfalls sei es der Zedentin und damit auch der Klägerin nach den Grundsätzen der unzulässigen Rechtsausübung verwehrt, die Beklagte in Anspruch zu nehmen, nachdem sie selbst wissentlich oder grob fahrlässig eine fehlerhafte Planung übergeben habe.

Das mitwirkende und überwiegende Verschulden der Auftraggeberin und ihres Architekten verdränge jegliche Haftung der Beklagten.

Die zur Ausführung des Sanierungskonzepts der Architekten M. anfallenden Kosten seien nicht in vollem Umfang erforderlich. Dieses sehe den Einsatz von Kohlefaserlamellen vor, während mit wesentlich günstigeren Stahlunterzügen eine ausreichende Sanierung erreicht werden könne. Selbst eine Neuherstellung der Decke würde nur Kosten von 70.000,00 € bis 80.000,00 € verursachen. Die der Baugenehmigung entsprechende Lösung, nämlich die Entfernung verschiedener Wände und die Schaffung von nur drei Wohnungen, würde nur 10.000,00 € kosten.

Die geltend gemachten Räumungs- und Umzugskosten stellten zum Einen keine Nachbesserungskosten dar, zum Anderen habe das Landgericht zu Unrecht das Bestreiten dieser anfallenden Kosten für unbeachtlich gehalten. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass und warum sich das Landgericht über das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht der Beklagten hinweggesetzt habe.

Im Übrigen stelle die Klageänderung erster Instanz eine Teilklagerücknahme dar, so dass die Kosten des Rechtsstreits teilweise der Klägerin auferlegt hätten werden müssen.

Die Beklagte beantragt,

das am 02.10.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Mühlhausen (Az.: 3 O 1696/01) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Wenn die Beklagte - was streitig ist - schon nicht die vollständige Genehmigungsplanung erhalten habe, so hätte sie wenigstens aus der ihr vorliegenden Genehmigungsstatik des Ing.-Büros V., dort Bl. 60, 61, ersehen müssen, dass die statischen Berechnungen auf einer Planung des Obergeschosses mit nur drei Wohnungen beruhte.

Die von der Beklagten genannte Sanierung mit einer Konstruktion von Stahlunterzügen komme vorliegend nicht in Betracht, weil dies den Einbau einer Vielzahl zusätzlicher Stützen im Erdgeschoss bedeuten würde, die in dem dort betriebenen Lebensmittelmarkt optisch wie räumlich unvertretbar seien. Auch eine Neuerstellung der Decke komme in dem fertiggestellten Gebäude nicht in Betracht.

Mit Schriftsatz vom 14.03.2003, eingegangen am 17.03.2002, hat die Beklagte vorgetragen, sie habe nach Schluss der mündlichen Verhandlung einen weiteren Generalunternehmervertrag aufgefunden, mit dem ihr die Zedentin im Jahr 1993 ebenfalls mit § 1 des Vertrages die Planungsleistungen übertragen habe, obwohl nach § 2 des Vertrages die Ausführungsplanung, die Genehmigungsplanung und die Statik bereits vorgelegen hätten und der Beklagten auch übergeben worden seien. Dieser Vertrag belege, dass die Zedentin in vorformulierten Vertragsmustern auf die beauftragten Bauunternehmer unzulässig die Planungsverantwortung abgewälzt habe. Die entsprechende Bestimmung in § 1 des Generalunternehmervertrages vom 12.12.1993 sei daher unwirksam. Die Klägerin hält diesen Vortrag für verspätet.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

1)

Die Beklagte behauptet ein eigenes Verschulden der Zedentin bzw. ein Planungsverschulden des Architekten W., das sich die Zedentin zurechnen lassen muss, weil die geänderten Pläne nicht genehmigt wurden, die Genehmigungsstatik den geänderten Ausführungsplänen nicht angepasst wurde bzw. die Zedentin bewusst oder grob fahrlässig auf die Planänderung nicht hingewiesen hat.

Wie die Beklagte zutreffend ausführt, kommt es beim Zusammentreffen von Planungs- und Ausführungsfehlern - ebenso wie beim Zusammentreffen von Planungs- und Objektüberwachungsfehlern (z.B. BGH BauR 1989, 102) - für die Haftung entscheidend darauf an, ob der Bauunternehmer den Planungsfehler kannte oder hätte kennen müssen.

Ist der Werkmangel auf einen Planungsfehler zurückzuführen und hat der Bauunternehmer nach dem fehlerhaften Plan gebaut, ohne den Mangel erkennen zu können - das behauptet die Beklagte -, haften Bauunternehmer und Architekt nicht als Gesamtschuldner. Nimmt der Auftraggeber den Bauunternehmer in Anspruch, muss er sich analog §§ 254, 278 BGB a.F. das alleinige Verschulden zurechnen lassen, er verliert seinen Anspruch damit vollständig (z.B. OLG Frankfurt, NJW 1974, 62).

Hat der Architekt einen fehlerhaften Plan erstellt und hat der Bauunternehmer trotz positiver Kenntnis des Planungsfehlers den Auftraggeber hierauf nicht hingewiesen (§ 4 Nr. 3 VOB/B) und nach dem fehlerhaften Plan gebaut, ist der Bauunternehmer in voller Höhe schadensersatzpflichtig, der Auftraggeber muss sich ein Verschulden seines Architekten nicht anspruchsmindernd anrechnen lassen (z.B. BGH BauR 1991, 79). Eine positive Kenntnis behauptet die Klägerin aber nicht.

War der Planungsmangel für den Bauunternehmer erkennbar - handelte er also mit einfacher oder grober Fahrlässigkeit - und hat er ohne Mangelhinweis nach dem Plan gebaut, besteht wiederum ein Gesamtschuldverhältnis. Nimmt der Auftraggeber den Bauunternehmer in Anspruch, muss er sich das Mitverschulden des Architekten als Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen, bei ganz überwiegendem Planungsverschulden besteht kein Anspruch gegen den Bauunternehmer (BGH BauR 1971, 265). Wird der Bauunternehmer auf Nachbesserung in Anspruch genommen, steht dem Bauunternehmer wegen der anteiligen Mithaftung des Auftraggebers für das Verschulden seines Architekten ein Vorschussanspruch zu, so dass er nur Zug-um-Zug gegen Zuschusszahlung zur Nachbesserung zu verurteilen ist (z.B. BGH BauR 1984, 395). Vorliegend wäre also der verlangte Vorschuss anteilig zu kürzen, da die Abweichung der Ausführungspläne von der Genehmigungsplanung - wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat - erkennbar war, wenn nicht das überwiegende Verschulden der Beklagten die Haftung der Zedentin ganzlich verdrängt.

2)

Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass ein Planungsverschulden des Architekten bzw. ein eigene Verschulden der Zedentin nicht vorliegt.

Vertragsgegenstand des Generalunternehmervertrages war die Erstellung des Lebensmittelmarktes mit 6 Wohnungen, "incl. der gesamten Architektenleistungen nach § 15 (1) Abs. 4-9 der HOAI, der kompletten Ausführungsstatik nach HOAI § 64 Abs. 1-9 und Fachingenieurplanungen nach HOAI § 68-73".

Vertragsbestandteile waren unter anderem:

2.0.3. Muster- Baubeschreibung des Freien Architekten P. W. vom 02.10.1993, Seite 1 bis 95.

2.0.4. Architektenpläne, M = 1/50 des freien Architekten W. vom September 1993 (EG; 1. OG; DG; Schnitt; Ansichten; Außenanlagen; Lageplan) - also die genannten Ausführungspläne.

2.0.7. Die Baugenehmigung des Landratsamtes N. und deren Auflagen und deren Anlagen.

2.0.8. Die Genehmigungsstatik des Ingenieur-Büro V. incl. Schall-/ Wärme und Brandschutznachweise nebst allen Anlagen.

Bereits aus der Genehmigungsstatik, die der Beklagten unstreitig vollständig vorlag, ist ersichtlich, dass diese für 3 Wohnungen erstellt wurde. Eindeutig geht dies aus der Baugenehmigung hervor, die die Beklagte - nach ihrem eigenen Vortrag - nicht komplett abgefordert hat. Sie hat sich vielmehr auf die unter 2.0.4. genannten Ausführungspläne verlassen.

Allein nach dem Wortlaut der Nr. 1.0. des Vertrages, die mit "Vertragsgegenstand" überschrieben ist, hat die Beklagte nicht nur die schlüsselfertige Erstellung des Objekts, sondern auch die Genehmigungs- und Ausführungsplanung übernommen, nämlich die gesamten Architektenleistungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 bis 9 HOAI. Auch aus dem Gesamtzusammenhang des Vertrages ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass die Parteien etwas anderes wollten. Zwar wurde bereits eine Genehmigungsplanung und eine Baugenehmigung mit Nr. 2. des Vertrages, die mit "Vertragsbestandteile" überschrieben ist, verbindlich zugrundegelegt, so dass die Beklagte auch aufgrund des Wortlauts des Vertrages nicht die gesamte Planung neu erstellen musste, der Vertrag ist aber im Gesamtzusammenhang so auszulegen, dass die Beklagte die erforderliche Anpassung der Pläne zu prüfen und gegebenenfalls zu veranlassen hatte. Dies kann in der Beschaffung einer erneuten oder veränderten Baugenehmigung bestehen; falls die Prüfung ergibt, dass die Veränderung nur anzuzeigen sind, auch in der Erstellung von Bestandsplänen. Damit ist im Ergebnis ein Wechsel des beauftragten und verantwortlichen Planers erfolgt, der eine bestehende Planung übernehmende Architekt hat aber die übergebenen Unterlagen zu überprüfen und macht sie sich bei Verwendung zu Eigen.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass die HOAI keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architektenverträgen enthält, dieser vielmehr durch Auslegung zu ermitteln ist (BGH NJW 1999, 427). Die Auslegung ergibt hier aber gerade, dass die Beklagte nicht die Erbringung der gesamten Leistungsphasen 4 und 5 schuldete, sondern nur die Anpassung an eine bereits bestehende Planung übernahm. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass bei Vertragsschluss den für sie Handelnden die Bestimmungen der HOAI nicht vertraut gewesen seien. Die Grundleistungen des § 15 Abs. 1 Nr. 4 und 5 HOAI haben im Baugewerbe eine zentrale Stellung, so dass ein Vertragspartner, der einen Generalunternehmervertrag mit einem Bauunternehmen wie der Beklagten, das überregional mit einer Vielzahl von Bauvorhaben befasst ist, schließt, nicht damit rechnen kann und muss, dass über den Bedeutungsgehalt der Bestimmungen Unklarheit herrscht. Angesichts der eindeutigen Vertragsgrundlagen und des Auftragsumfanges musste die Zedentin, die ein erfahrenes Bauunternehmen beauftragt hatte, einzelne Teilleistungen, wie z.B. die Anplanung, auch nicht gesondert abfordern.

Auch die vorgesehene zeitliche Planung und der vereinbarte Baubeginn stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Wenn auch die komplette Neuplanung und Plangenehmigung mehrere Monate in Anspruch nehmen kann, so schuldete die Beklagte doch nur die Umplanung des Obergeschosses und erforderliche Anpassungen der Statik sowie deren Genehmigung, die in der Regel binnen wesentlich kürzerer Zeit zu realisieren ist.

Darüber hinaus beinhaltet auch die Objektüberwachung (§ 15 Abs. 1 Nr. 8 HOAI), die der Beklagten übertragen war, die Überwachung der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, die nur möglich ist, wenn die komplette Baugenehmigung tatsächlich vorliegt.

3)

Auch der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten, der neues Vorbringen enthält, rechtfertigt keine abweichende Würdigung. Auf die Frage, ob dieses neue Vorbringen nach §§ 530, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen wäre, kommt es daher nicht an. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO war nicht veranlasst.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 05.06.1997 (BauR 1997, 1036) die Revision gegen ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 06.12.1995 nicht angenommen, in dem im Rahmen einer Kontrollklage nach § 13 AGBG der Beklagten - einem Unternehmen, das bundesweit Einkaufszentren verwaltet, mit der Entwicklung, der Herstellung und der Umstrukturierung von Einkaufszentren befasst ist und in diesem Rahmen Bauleistungen vergibt - untersagt worden ist, unter anderem folgende Vertragsbedingungen zu verwenden:

"14. Der AN hat zunächst die vom AG zur Verfügung gestellten Unterlagen eingehend zu prüfen und muss dann ausschließlich alle weiterführenden Ausführungsunterlagen selbst erstellen.

15. Sofern der AG oder dessen Sonderfachleute einzelne Ausführungs- und Detailzeichnungen nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann oder diese mangelhaft sind, hat der AN diese Zeichnungen selbst zu erstellen. Der AN kann aus der nicht rechtzeitigen und/oder mangelhaften Vorlage der Pläne keine Rechte irgendwelcher Art herleiten."

Eine ähnliche formularmäßige Haftungsfreizeichnung, die der beklagte Architekt im baugewerblichen Geschäftsverkehr empfohlen hatte, hielt bereits das OLG Karlsruhe (BB 1983, 725 m.w.N.) für unwirksam, da sie den Vertragspartner unangemessen benachteilige (§§ 9 - 11, 24 ABGB). Sie lautete:

"Der Auftragnehmer erkennt weiter an, dass er alle Maße unter seiner eigenen Verantwortung am Bau bzw. nach den Bauzeichnungen kontrolliert und bei An- und Erweiterungsbauten alle Höhen und Einzelheiten der bestehenden Teile genau aufgenommen hat, so dass eine Berufung auf Planfehler oder falsche Angaben im Leistungsverzeichnis oder in anderen Unterlagen ausgeschlossen ist."

Das OLG Karlsruhe (aaO) hat mit überzeugenden Gründen die in der Klausel enthaltene Tatsachenbestätigung zwar nicht beanstandet, hielt die vereinbarte Haftungsfreizeichnung für Eigenmitwirkungspflichten des Auftraggebers aber für unwirksam. Dem Auftraggeber (gemeint: Auftragnehmer) werde damit die alleinige Haftung für Fehler in den Plan- und sonstigen Ausführungsunterlagen überbürdet, gleichgültig, ob diese auf leichter oder grober Fahrlässigkeit oder auf dem Vorsatz des Verwenders oder seiner Erfüllungsgehilfen, insbesondere seines Architekten, beruhen. Die aufgrund seiner Prüfungspflicht bestimmte Mitverantwortlichkeit des Auftragnehmers werde damit erweitert zu einer ausschließlichen Verantwortlichkeit. In dieser völligen Haftungsüberwälzung liege die Einschränkung wesentlicher Pflichten, die sich aus der Natur des Werkvertrages ergeben, so dass die Klausel auch mit § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG unvereinbar sei.

Unwirksam sind damit als allgemeine Geschäftsbedingungen zusätzliche Vertragsbedingungen, die dem Auftragnehmer die planerische Verantwortung über dessen vertraglichen Leistungsbereich hinaus aufzuerlegen suchen und den Auftraggeber von den Folgen einer fehlerhaften Planung durch eine uneingeschränkte Prüfungspflicht und volle Haftung des Auftragnehmers freizeichnen (Ingenstau/Korbion-Döring, VOB/B, 14. Aufl., § 3 Nr. 3 Rn 37; Kleine-Möller/Merl/Oelmaier, Hdb. Priv. BauR (Kleine-Möller) § 2 Rn 304).

Die vorliegende Vertragsgestaltung ist mit diesen zitierten formularmäßigen Vertragsbedingungen hingegen nicht vergleichbar.

Der mit Schriftsatz vom 14.03.2003 vorgelegte Generalunternehmervertrag vom 24.04.1993 stimmt zwar in Aufbau, Gliederung und weiten Vertragspassagen mit dem streitigen Generalunternehmervertrag überein, insbesondere die von der Beklagten genannten Passagen weichen jedoch erheblich voneinander ab. Während der Beklagten im streitigen Vertrag unter 1.0. "Vertragsgegenstand" unter anderem die gesamten Architektenleistungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 4-9 HOAI übertragen wurden, werden in dem Vertrag vom 24.04.1993 an gleicher Stelle die gesamten "Ingenieur-Leistungen" nach § 15 Abs. 1 Nr. 1-9 HOAI genannt, die "Architekturplanung" sollte vom Auftraggeber "Phase 5" geliefert werden. Welche Pflichten der Beklagten im Einzelfall durch die unterschiedlichen Formulierungen auferlegt werden sollten, kann nur innerhalb der jeweiligen Vertragsverhältnisse durch Auslegung ermittelt werden. Jedenfalls zeigt schon diese unterschiedliche Formulierung, dass die Zedentin zwar ein ähnliches Vertragsmuster verwendet hat, die einzelnen Bestimmungen der verschiedenen Aufträge jedoch durchaus unterschiedlich ausgefüllt wurden. Eine den oben genannten Grundsätzen entsprechende gleichförmige Vertragsklausel findet sich in den beiden Verträgen hingegen nicht.

Darüber hinaus verkennt die Beklagte, dass die Auslegung der Bestimmungen des Vertrages unter Nr. 1.0. "Vertragsgegenstand" in Verbindung mit 2.0. "Vertragsbestandteile" ergibt, dass sich die Zedentin nicht von der Haftung für eigenes Planungsverschulden freigezeichnet hat, sondern die Beklagte auf der Grundlage und bei Bindung an bereits vorliegende Pläne mit der Vervollständigung und Anpassung der Pläne beauftragt hat. Geschuldet war von der Beklagten damit die Umplanung lediglich des Obergeschosses von drei auf sechs (später sieben) Wohnungen und damit einhergehender erforderlicher Anpassungen, wie z.B. der statischen Planung.

4)

Soweit die Beklagte meint, eine billigere Variante, nämlich das Sanierungskonzept der Firma GmbH, sei zur fachgerechten Sanierung ausreichend, hat dies bereits der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten zurückgewiesen. Darüber hinaus hat die Klägerin das Sanierungskonzept der Architekten M. vorgelegt, das im Verfahren als substantiierter Parteivortrag zu werten ist. Die Einwendungen der Beklagten erschöpfen sich hingegen in der schlichten Behauptung, der Einsatz von Stahlunterzügen sei ausreichend und günstiger, ohne im Einzelnen auf die Darlegungen der Klägerin einzugehen. Der geltend gemachte Vorschuss liegt weit unter den von dem Sachverständigen geschätzten Kosten. Nach Sanierung hat die Klägerin ohnehin Rechnung zu legen.

Nach Auffassung des Senats hat das Landgericht auch das Bestreiten des Mietausfalls zu Recht für unbeachtlich (geworden) gewürdigt. Nachdem die Beklagte zunächst einen Mietausfall bestritten hatte, da bei dem derzeitigen Wohnungsüberschuss kaum anzunehmen sei, dass die Wohnungen dauerhaft hätten vermietet werden können, hat die Klägerin ein Schreiben der beauftragten Maklerin vom 01.03.2001 vorgelegt, wonach mehrere Mietinteressenten auf den Bezug der Wohnungen drängten. Die Beklagte hat hierauf nicht mehr reagiert, so dass dieser substantiierte Parteivortrag unstreitig wurde.

Die Klägerin hat die zu erwartenden Umzugskosten nachvollziehbar berechnet; die Beklagte hat ihre Höhe nicht bestritten. Sie erscheinen nach Einschätzung des Senats (§ 287 ZPO) auch nicht überhöht. Da sie Bestandteil des Vorschussanspruchs sind (vg. MünchKomm/BGB-Soergel, 3. Aufl., § 633 Rn 152 m.w.N.), ist über sie nach Anfall konkret abzurechnen.

5)

Soweit die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des Werklohns für den zweiten Nachtrag von 22.472,88 € geltend macht, steht ihr ein solches nur zu, wenn die Forderung fällig ist. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass die Beklagte die nach dem Generalunternehmervertrag von ihr zu beschaffende Abnahmebescheinigung für die gesetzlich vorgeschriebenen Anlagenteile sowie weitere Revisions- und Bestandsunterlagen nicht vorgelegt hat. Nach Nr. 7.3. des Vertrages erfolgt die Schlusszahlung nach kompletter Leistungserfüllung und mängelfreier Abnahme der Bauleistungen durch den Auftraggeber innerhalb von 20 Tagen nach Anforderung und Eingang beim Auftraggeber sowie Vorlage des mängelfreien und auflagenfreien, behördlichen Schlussabnahmescheins incl. aller Mängelbeseitigungen. Die Parteien des Generalunternehmervertrages haben damit die Fälligkeit der Schlusszahlung von der Vorlage der Abnahmebescheinigung abhängig gemacht, die unstreitig neben anderen Unterlagen nicht vorgelegt wurde. Diese Fälligkeitsvereinbarung gilt auch für den Nachtrag zur Ausführung von sieben anstelle der zunächst geplanten sechs Wohnungen, da es sich nur um eine Ergänzung des Generalunternehmervertrages vom 12.12.1993 handelt, nicht hingegen um einen rechtlich selbständigen Vertrag (zur Abgrenzung vgl. BGH NJW 2002, 1492). Das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht steht der Beklagten damit derzeit nicht zu.

Im Übrigen würde das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts nur zur Kürzung des Vorschussanspruchs in Höhe der offenen Werklohnforderung führen, da der Auftraggeber - die Zedentin - sich aus dem zurückbehaltenen Werklohn befriedigen kann (vgl. z.B. BGH NJW 2000, 1403 m.w.N.). Diese Einwendung müsste sich die Klägerin nach § 404 BGB entgegenhalten lassen.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 14.03.2003, der unter anderem auch ein Vergleichsangebot der Beklagten enthält, bot keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.03.2003 bereits um Zurückweisung des neuen Vorbringens wegen Verspätung gebeten hatte und dem Vergleichsvorschlag ganz offensichtlich nicht nähergetreten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Entgegen der Auffassung der Beklagten war auch die erstinstanzliche Kostenentscheidung nicht abzuändern. Die Klägerin ist von der ursprünglichen Klage auf Nachbesserung und Ersatz der bereits entstandenen und bezifferbaren Schäden nach Verweigerung der Nachbesserung übergegangen zur Vorschuss- und Feststellungsklage. Hierin liegt keine Teilklagerücknahme, sondern lediglich eine zulässige Klageänderung. Mit der Einbeziehung des Gutachtens des Sachverständigen in den Feststellungsantrag blieb auch der Umfang des Klagebegehrens - nämlich Nachbesserung bzw. Übernahme der für die Nachbesserung erforderlichen Kosten aller ursprünglich geltend gemachten Mängel - unverändert. Die insoweit von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des BGH (NJW 1990, 2682) ist nicht vergleichbar. Dieser Entscheidung lag ein Verfahren zugrunde, in dem der Kläger von dem auf Wandlung gestützten weitergehenden Zahlungsanspruch übergegangen ist auf einen auf Minderung gestützten geringeren Zahlungsanspruch.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Anlass, nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.

Die Sache hat über den vorliegenden Einzelfall hinaus weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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