Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: Bl U 586/05
Rechtsgebiete: FlurbG, FStrG, AEG, ThürEG


Vorschriften:

FlurbG § 88 Nr. 3
FlurbG § 88 Nr. 6
FStrG § 19 Abs. 5
AEG § 22 Abs. 4
ThürEG § 11
1. Enteignungsrechtlich entschädigungspflichtig sind nicht nur Eingriffe in das Eigentum an Grundstücken, sondern unter Umständen auch damit verbundene Eingriffe in einen landwirtschaftlichen Betrieb. Soweit durch einen unternehmensbezogenen Eingriff das Unternehmen als Pächter sonstige Nachteile erleidet, die im Rahmen einer Unternehmensflurbereinigung nicht durch Verzinsung der für die mit dem Nutzungsentzug verbundene Besitzeinweisungsentschädigung ausgeglichen werden, kann eine Entschädigung auch für solche zusätzlichen Nachteile gewährt werden, die (noch) bei der Bemessung der Entschädigung für den Rechtsverlust berücksichtigt sind (werden).

2. Solche Vermögensnachteile sind auch Wirtschaftserschwernisse, die im Zusammenhang mit einer vorläufigen Besitzeinweisung des Vorhabensträgers einer Straße (oder Schiene) durch Nutzungsverträge gesicherte Grundstücksflächen eines Schlages erfassen, indem durch die vorläufige Besitzeinweisung eine Durchschneidung dieses Schlages erfolgt, die wiederum zu dadurch bedingten Erschwernissen für die Bewirtschaftung der von dem Besitzentzug nicht betroffenen Restflächen führt. Auch solche Nachteile können zu einer Substanzminderung des landwirtschaftlichen Betriebes führen und sind dann nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen als Folgeschäden am Betrieb nach § 11 ThürEG (in Verb. mit den spez. Vorschriften des FlurbG) zu entschädigen.

3. Das FlurbereinigungsG sperrt solche Entschädigungsansprüche nicht, selbst wenn das Unternehmensflurbereinigungsverfahren selbst noch nicht abgeschlossen ist.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Bl U 586/05

Verkündet am: 21.03.2007

In der Baulandsache

hat der Senat für Baulandsachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richtern am Oberverwaltungsgericht Preetz und Richter am Oberlandesgericht Giebel

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Beteiligten zu 1) und 2) gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 01.06.2005 - BLK O 9/04 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte zur Last. Außergerichtliche Kosten des Beteiligten zu 4) und der weiteren Beteiligten zu 3) bleiben hiervon unberührt; eine Entscheidung über diese ist nicht veranlasst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird hinsichtlich der durch die Berufungsführer aufgeworfenen Rechtsfrage der Entschädigung eines Bewirtschafters für Wirtschaftserschwernisse infolge einer vorläufigen Anordnung im Unternehmensflurbereinigungsverfahren zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird insgesamt auf 10.677,83 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2) begehren - wie im erstinstanzlichen Verfahren - die Aufhebung eines Entschädigungsfestsetzungsbescheides des Beteiligten zu 4).

Die Beteiligte zu 1) ist Vorhabenträgerin für den Bau einer ICE-Trasse im Rahmen des Verkehrsprojekts "Deutsche Einheit" - Straße Nr. 16/Schiene Nr.8 (Bündelungstrasse) -, die Beteiligte zu 2) ist Vorhabenträgerin für den Bau der BAB 71 im Rahmen dieses Verkehrsprojekts. Die (weitere) Beteiligte zu 3) bewirtschaftet im Bereich der Trassen gelegene landwirtschaftliche Nutzflächen mit einer Größe von ca. 2.000 ha.

Mit Beschluss vom 13.10.1995 wurde für das genannte Verkehrsprojekt und die damit verbundenen Folgemaßnahmen das Unternehmensflurbereinigungsverfahren Eischleben angeordnet. Durch vorläufige Anordnung gemäß § 88 Nr. 3 i.V.m. § 36 FlurbG vom 07.08.1996 wies das Amt für Landentwicklung und Flurneuordnung Gotha (ALF Gotha) - der Beteiligte zu 4) - die Beteiligte zu 2) mit Wirkung zum 01.10.1996 in den Besitz der für die BAB 71 als Teil der Bündelungstrasse benötigten Flächen ein; die Beteiligte zu 1) wurde durch vorläufige Anordnung vom 11.09.1997 mit Wirkung vom 01.11.1997 in den Besitz der für die ICE-Trasse erforderlichen Flächen eingewiesen. Durch die Besitzeinweisungen wurde der von der Beteiligten zu 3) auf der Grundlage von Nutzungsverträgen bewirtschaftete, aus zahlreichen Grundstücken bestehende und eine Größe von insgesamt ca. 50 ha aufweisende Schlag 42 durchtrennt.

Auf den Antrag der Beteiligten zu 3) setzte der Beteiligte zu 4) mit Bescheid vom 03.02.2004 die angefochtene Entschädigung fest. In Ziff. 1 des Bescheides wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 3) dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung für unternehmensbedingte Wirtschaftserschwernisse aufgrund der Durchschneidung des Schlages 42 hat. Ziff. 2 des Bescheides setzt den entschädigungsrelevanten Zeitraum auf die Zeit zwischen dem 01.10.1996 und dem 08.02.2002 fest. Ziff. 3 und 4 des Bescheides regeln die Höhe der Entschädigung, Ziff. 5 ihre Verzinsung.

Die Beteiligten zu 1) und 2) meinen, der Beteiligten zu 3) stehe eine solche Entschädigung nicht zu. Mit ihrem jeweils am 01.03.2004 gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wenden sie sich gegen die im vorerwähnten Bescheid festgesetzte Entschädigung und beantragen dessen Aufhebung. Das Landgericht hat die Anträge mit dem angefochtenen Urteil vom 01.06.2005 zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben gegen das ihnen am 03.06.2005 zugestellte Urteil mit am 24.06.2005 beim hiesigen Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 23.06.2005 Berufung eingelegt und diese - nach bis zum 05.10.2005 bewilligter Fristverlängerung - mit am 26.09.2005 eingegangenem Schriftsatz vom 22.09.2005 begründet. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags rügen sie fehlerhafte Rechtsanwendung beim Anspruchsgrund und hinsichtlich der Höhe der zuerkannten Entschädigung eine unzureichende Berücksichtigung der tatsächlichen Grundlagen, die für eine Bewertung von "Wirtschaftserschwernissen" maßgebend seien.

Sie tragen insbesondere vor, das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass im vorliegenden Fall nicht ein "normales" Enteignungsverfahren, sondern ein (Unternehmens-)Flurbereinigungsverfahren angeordnet worden sei. In einem solchen Verfahren würden Nachteile infolge der Durchschneidung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke nach Festlegung des Flurbereinigungsplanes kompensiert. Solange das Verfahren nicht abgeschlossen und der Flurbereinigungsplan nicht erstellt sei, stehe den Betroffenen eine Geldentschädigung - wenn überhaupt - nur für einen Nutzungsentgang zu.

Bei den Auswirkungen einer vorläufigen Anordnung (§§ 88 Nr. 3, 36 FlurbG) handele es sich überdies nur um vorübergehende Nachteile, deren Entschädigung sich auf ganz außergewöhnliche Belastungen zu beschränken habe; einschlägig hierfür sei § 51 FlurbG. An solchen außergewöhnlichen Belastungen fehle es aber.

Das Flurbereinigungsverfahren sei auf den Eigentümer und nicht auf den Pächter ausgerichtet. Nur dem Eigentümer gebühre - nach Neuzuteilung der Grundstücke - ein Anspruch auf Entschädigung von Wirtschaftserschwernissen für die von ihm aufgebrachte Fläche; einschlägig sei dann aber § 88 Nr. 4 FlurbG. Nach der Rechtsprechung des BGH könne ein Pächter als Nebenberechtigter dagegen nicht vollen Ersatz seines wirtschaftlichen Schadens beanspruchen, sondern müsse sich grundsätzlich mit einer Entschädigung für den Substanzverlust seines Pachtrechtes begnügen. Eine darüber hinausgehende Entschädigung komme - in seiner Person - nur für einen Erwerbsverlust, nicht aber für Wirtschaftserschwernisse in Betracht. Eine Entschädigung des Pächters für Wirtschaftserschwernisse berge zudem die Gefahr der Doppelentschädigung.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beanstanden auch die festgesetzte Entschädigung hinsichtlich Umfang und Höhe. Das Landgericht habe den auf der Grundlage des Gutachtens Dr. M-R nach Maßgabe einer durchschnittlichen Restpachtdauer festgesetzten Entschädigungszeitraum gebilligt, obwohl diese Vorgehensweise in Widerspruch zu der einschlägigen Enteignungs-Rechtsprechung des BGH stehe. Bei einer Durchschnittsbildung aus den unterschiedlichen Vertragslaufzeiten müsse das Pachtverhältnis mit der jeweils kürzesten Laufzeit innerhalb des Schlages zugrunde gelegt werden, um feststellen zu können, ob und wie lange die Wirtschaftseinheit rechtlich gesichert sei. Eine Prüfung der Pachtsituation für den Schlag 42 ergebe aber, dass der wirtschaftliche Zusammenhang bereits im Jahre 1998 geendet habe.

Das Landgericht habe daher zu Unrecht auch die Höhe der Entschädigung auf der Grundlage des Gutachtens Dr. M-R festgesetzt. Es habe auch nicht berücksichtigt, dass das (Unternehmens-) Flurbereinigungsverfahren bereits im festgesetzten Entschädigungszeitraum vermögenswerte Vorteile für den Schlag 42 erbracht habe; schon ab dem Jahr 2001 seien gemeinschaftliche Anlagen (Wege) ausgebaut worden. Es sei schließlich nicht sachgerecht, die Berechnung der Wirtschaftserschwernisse auf Maschinen-Vollkosten (anstatt auf Maschinen-Verrechnungssätze oder variable Kosten) zu stützen. Hinsichtlich der Lohnkosten sei auf die betriebsindividuellen Kosten abzustellen, die der Sachverständige Dr. M-R nicht ermittelt habe. Soweit auf Tariflöhne abgestellt werde, sei nicht der Tariflohn eines landwirtschaftlichen Facharbeiters, sondern der eines Spezialarbeiters - Traktorfahrers - zu Grunde zu legen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,

das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 01.06.2005 - BLK O 9/04 - abzuändern und den Entschädigungsfestsetzungsbescheid des Beteiligten zu 4) vom 03.02.2004 aufzuheben.

Die Beteiligten zu 3) und 4) verteidigen - ohne eigene Antragstellung - das erstinstanzliche Urteil.

Die Beteiligte zu 3) trägt vor, sie habe im entschädigungsrelevanten Zeitraum alle Flächen innerhalb des Schlages 42, die außerhalb der Trassen lägen, auf der Grundlage von Verträgen bewirtschaftet; die Bewirtschaftung auf vertraglicher Grundlage finde bis heute statt. Soweit einzelne Verträge nach Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren verlängert bzw. neu abgeschlossen worden seien, sei dies für die festgesetzte Entschädigung unbeachtlich.

Der Beteiligte zu 4) trägt ergänzend vor, im entschädigungsrelevanten Zeitraum seien keine konkreten Vorteile der Flurbereinigung entstanden, die die Höhe der zu zahlenden Entschädigung mindern könnten. Alle auf Kosten der Unternehmensträger gebauten Wirtschaftswege seien tatsächlich erst nach Ende des festgesetzten Entschädigungszeitraums fertig gestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung der Beteiligten zu 1) und 2) ist statthaft und auch sonst in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; beide Berufungen sind fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig (§§ 221, 229 BauGB, 511, 517, 519, 520 ZPO); sie haben in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Beteiligten zu 1) und 2) können die Aufhebung des Entschädigungsfestsetzungsbescheides des Beteiligten zu 4) vom 03.02.2004 nicht verlangen.

1. Die festgesetzte Entschädigung ist - dem Grunde und der Höhe nach - nicht zu beanstanden Sie hat ihre Rechtsgrundlage in § 88 Nr. 3 Satz 3 und Nr. 6 Satz 1 FlurbG i.V.m. §§ 19 Abs. 5 FStrG, 22 Abs. 4 AEG, 8, 11 ThürEG. Danach sind Nachteile, die die Beteiligte zu 3) wegen der zu Gunsten der Beteiligten zu 1) und 2) ergangenen vorläufigen Anordnungen erlitten hat, durch eine Entschädigung auszugleichen; diese ist Teil der Enteignungsentschädigung (§§ 88 Nr. 3 Satz 1, 36 FlurbG).

Enteignungsrechtlich entschädigungspflichtig kann nicht nur ein Eingriff in das Eigentum am Grundstück, sondern auch ein damit verbundener Eingriff in den landwirtschaftlichen Betrieb sein, denn Eigentumsschutz genießt auch der landwirtschaftliche Betrieb als eine bestimmte Sach- und Rechtsgesamtheit (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1976 - III ZR 149/75 - [BGHZ 67, 190]). Insofern beschränkt sich die Enteignungsentschädigung nicht auf eine Entschädigung für den Rechtsverlust, vielmehr kann im Rahmen des Angemessenen auch eine Entschädigung für sonstige durch die Enteignung bedingten Vermögensnachteile gewährt werden, wenn und soweit diese (zusätzlichen) Nachteile (noch) nicht bei der Bemessung der Entschädigung für den Rechtsverlust berücksichtigt sind. Dieser - in § 11 ThürEG verankerte - allgemeine Grundsatz des Enteignungsrechts folgt aus der verfassungsrechtlichen Normierung der Enteignungsentschädigung; diese soll einen angemessenen Ausgleich für die auferlegte Vermögenseinbuße darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1976 - III ZR 149/75 - a.a.O.).

Auch wenn das FlurbG primär auf den Eigentümer abstellt und nur unzureichend die Besonderheiten der großflächigen Bewirtschaftung von Pachtflächen und die Interessen solcher Pachtbetriebe - wie hier der Beteiligten zu 3) - behandelt, ist doch anerkannt, dass § 88 FlurbG als Rechtsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch dann anwendbar ist, wenn solche sonstigen Nachteile (des Pachtbetriebs) nicht durch Verzinsung der für die mit dem Nutzungsentzug verbundene Besitzeinweisungsentschädigung ausgeglichen werden.

Solche unternehmensbedingte sonstige - entschädigungsrelevante - Nachteile hat es für die Beteiligte zu 3) durch die vorläufigen Besitzeinweisungen vom 07.08.1996 (zu Gunsten der Beteiligten zu 2) und vom 11.09.1997 (zu Gunsten der Beteiligten zu 1) gegeben.

Die Beteiligte zu 3) ist Inhaberin eines durch Art. 14 GG geschützten landwirtschaftlichen Betriebes, dem die innerhalb des Schlages 42 gelegenen, durch Nutzungsverträge gesicherten Grundstücksflächen zugeordnet sind. Sie erlitt aufgrund der im Wege vorläufiger Anordnungen nach §§ 88 Nr. 3 Satz 1, 36 FlurbG erfolgten Besitzeinweisungen der Beteiligten zu 1) und 2) im Entschädigungszeitraum einen Vermögensnachteil, denn die Besitzeinweisungen hatten eine Durchschneidung des Schlages und damit einhergehende Erschwernisse für die Bewirtschaftung der - von dem Besitzentzug nicht betroffenen - Restflächen zur Folge. Dieser Nachteil hat zu einer Substanzminderung des landwirtschaftlichen Betriebes geführt und ist daher nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen - als Folgeschaden am Betrieb nach § 11 ThürEG - zu entschädigen (vgl. zum bayerischen Enteignungsgesetz Molovsky/Bernstorff, Enteignungsrecht in Bayern [Loseblattsammlung, Stand 11/01] Art. 11 Anm. 2.7.5.1; Art. 39, Anm. 9.2.4).

Es schadet mithin nicht, dass die Beteiligte zu 3) als durch Nutzungsverträge berechtigte Bewirtschafterin (Pächterin) - und nicht als Eigentümerin - der durchschnittenen Flächen des Schlages 42 betroffen ist. Nach § 88 Abs. 3 Satz 3 FlurbG hat der Träger des Unternehmens für die "den Beteiligten" entstandenen Nachteile Entschädigung in Geld zu leisten. Damit sind auch die in § 10 Nr. 2 FlurbG aufgeführten Nebenbeteiligten angesprochen, d.h. Inhaber von Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung der zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke berechtigen (§ 10 Nr. 2d).

Allerdings kann der Pächter als Nebenberechtigter im Falle der Enteignung von Grundbesitz grundsätzlich nicht vollen Ersatz seines wirtschaftlichen Schadens beanspruchen; vielmehr muss er sich regelmäßig mit der Entschädigung für seinen "Substanzverlust" begnügen, also mit dem Ausgleich dessen, was er von seinem Recht hat abgeben müssen oder was ihm an vermögenswerter Rechtsposition genommen worden ist. Der Anspruch beschränkt sich im Grundsatz auf den Betrag, der den Pächter zur Zeit der Besitzaufgabe in den Stand setzt, ein entsprechendes Pachtverhältnis einzugehen, wobei ein rein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 2.10.2003 - III ZR 114/02 - NJW 2004,281). Daneben kann der Pächter aber auch einen Anspruch auf Entschädigung solcher Nachteile haben, die sich aus dem Wegfall des entzogenen (Pacht-)Grundstücks als Bestandteil seines landwirtschaftlichen Betriebes ergeben; dies ist anerkannt für den sogen. Resthofschaden (vgl. BGH, Urteil vom 2.10.2003 - III ZR 114/02 - a.a.O.).

Nach Auffassung des Senats gilt nichts anderes für den Ausgleich von Durchschneidungsschäden, die dem Nutzungsberechtigten entstehen. Diese Schäden stellen nur eine Variante der sog. Nebenschäden dar (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.1976 - III ZR 149/75 - a.a.O.) und können den Bewirtschafter landwirtschaftlicher Flächen ebenso treffen wie den Eigentümer. Auch die Entschädigungsrichtlinien Landwirtschaft- LandR 78 - (abgedruckt bei Aust/Jacobs/Pasternak, a.a.O., Anhang S. 424 ff.) schließen etwa eine Entschädigung des Pächters für Durchschneidungsschäden nicht grundsätzlich aus (Ziffer 5.3.1).

2. Die festgesetzte Entschädigung hindert entgegen der Auffassung der Berufungsführer nicht der Umstand, dass das Unternehmensflurbereinigungsverfahren Eischleben noch nicht abgeschlossen und noch kein Flurbereinigungsplan erstellt ist. Bei der im Streit stehenden Entschädigung handelt es sich nicht um eine Entschädigung für die "aufgebrachte Fläche" im Sinne des § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG, die im Grundsatz die Feststellung eines Flurbereinigungsplans voraussetzt (vgl. § 88 Nr. 4 Satz 3, 4 FlurbG), sondern um eine Entschädigung für Nachteile infolge zweier vorläufiger Anordnungen im Sinne des § 88 Nr. 3 Satz 3 FlurbG.

Einer derartigen Entschädigung steht auch die Entscheidung des BGH vom 17. November 1983 - III ZR 127/82 - (BGHZ 89, 69), wonach eine Entschädigung grundsätzlich auf den konkreten Nutzungsentgang beschränkt ist, nicht entgegen. Nach Auffassung des Senats besteht zu dieser (BGH) Entscheidung kein Widerspruch bei der hier - unabhängig von einem Nutzungsentgang - festgesetzten Entschädigung, denn der jener Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt ist mit dem hier zu entscheidenden nicht vergleichbar. Jener Entscheidung lag zu Grunde, dass der (dortige) Kläger als Besitzeinweisungsentschädigung den Wert gefällter Bäume verlangt und sich darauf berufen hatte, die (gefällten) Bäume seien wesentlicher Bestandteil des von der (Unternehmens-) Flurbereinigung betroffenen Grundstücks. Damit hatte der Kläger in jenem Fall - so der BGH - eine "Substanzeinbuße seines Grundbesitzes" geltend gemacht; diese ist, da stimmt der Senat zu, im Rahmen einer Entschädigung nach § 88 Nr. 3 FlurbG nicht auszugleichen. Denn derartige Einbußen können erst im Zusammenhang mit der - am Ende des (Unternehmens-)Flurbereinigungsverfahrens stehenden - Bewertung des Grundstücks berücksichtigt werden; die Substanzeinbuße am Grundstück wird dann insgesamt durch Entschädigung in entsprechender Höhe oder durch Bereitstellung von wertgleichem Land ausgeglichen. Die Frage der Wertgleichheit lässt sich auch endgültig erst am Ende des Verfahrens beurteilen (vgl. § 88 Nr. 4 Satz 1 FlurbG). Die hier festgesetzte Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse als Folge vorläufiger Anordnungen steht hingegen in keiner Beziehung zu der - erst am Ende des Verfahrens zu gewährenden - Entschädigung für den endgültigen Landverlust nach § 88 Nr. 4 FlurbG; sie kann sofort errechnet und ausgekehrt werden (vgl. auch Quadflieg, Recht der Flurbereinigung [Loseblattsammlung, Stand April 1989], § 88, Rdnr. 37).

3. Der angefochtenen Entschädigung steht auch nicht entgegen, dass die Wirtschaftserschwernisse infolge der Durchschneidung des Schlages 42 möglicherweise nur vorübergehender Natur sind. § 51 Abs. 1 FlurbG, der eine Regelung für vorübergehende Nachteile einzelner Teilnehmer im Flurbereinigungsverfahren enthält, wobei Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch nach dieser Bestimmung ist, dass die Nachteile das Maß der den übrigen Teilnehmern entstehenden gleichartigen Nachteile erheblich übersteigen muss, ist entgegen der Meinung der Berufungsklägerinnen auf die hier festgesetzte Entschädigung nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar, denn die Bestimmung wird durch die Spezialvorschrift des § 88 Nr. 6 Satz 1 FlurbG und den dort enthaltenen Verweis auf das "für das Unternehmen geltende Gesetz" verdrängt (lex specialis derogat legi generali).

4. Einer Entschädigung der Beteiligten zu 3) als Bewirtschafterin der - durchschnittenen - Flächen steht ferner nicht der Gesichtspunkt der Doppelentschädigung entgegen. Diese Frage stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht, denn das Verbot der Doppelentschädigung wird erst aktuell im Zusammenhang mit der Hauptentschädigung für die endgültige Landabgabe gemäß § 88 Nr. 4 FlurbG (vgl. BayObLG, Urteil vom 19. März 1984 - 2 Z 346/82 - BayVBl. 1984, S. 504).

5. Die festgesetzte Entschädigung ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

Zwar bestehen Bedenken hinsichtlich der - hier unüblichen Methode der - Ermittlung des Entschädigungszeitraums durch den Beteiligten zu 4). Eventuelle (rein methodische) Fehler bleiben aber für das Ergebnis unschädlich, denn der festgesetzte Entschädigungszeitraum vom 01.10.1996 bis zum 08.02.2002 ist nicht zu beanstanden, weil die Beteiligte zu 3) in dieser Zeit - unbestritten - den gesamten Schlag 42 auf vertraglicher Grundlage bewirtschaftet hat.

Für den Umfang der Entschädigung des Bewirtschafters landwirtschaftlicher Flächen kommt es darauf an, ob und inwieweit durch den enteignenden Eingriff eine Rechtsposition beseitigt worden ist. Maßgebend ist mithin, bis zu welchem Zeitpunkt nach der vertraglichen Rechtslage der Bewirtschafter dem Eigentümer die Rückgabe von Besitz und Nutzung hätte vorenthalten können; rechtlich nicht gesicherte Erwartungen auf den Fortbestand des Vertragsverhältnisses bleiben dagegen unberücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 - III ZR 114/02 - a.a.O.).

Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, in dem es nicht um einen Erwerbsverlust des Bewirtschafters, sondern um die der Substanzminderung seines Betriebes zuzurechnenden Wirtschaftserschwernisse infolge von An- und Durchschneidungen landwirtschaftlicher Flächen geht.

Die Ermittlung des Entschädigungszeitraums im vorliegenden Fall durch den Beteiligten zu 4) widerspricht zwar den dargestellten Grundsätzen, denn er hat nicht auf die vertragliche Rechtslage hinsichtlich jeder einzelnen Fläche innerhalb des Schlages 42 abgestellt. Vielmehr hat er den Entschädigungszeitraum auf der Grundlage des (Referenz-) Gutachtens Dr. M-R mit 5,36 Jahren errechnet, indem er einen Durchschnitt der unterschiedlichen Laufzeiten aller für die Flächen innerhalb des Schlages geschlossenen Verträge gebildet hat. Dieser Fehler hat sich vorliegend aber für das Ergebnis des anzusetzenden Zeitraums, für den eine Entschädigung zu gewähren ist, nicht ausgewirkt.

Die Beteiligte zu 3) hat - nach ihrem Vortrag - innerhalb des festgesetzten Entschädigungszeitraums den gesamten Schlag 42 bewirtschaftet; sie bewirtschaftet ihn auch heute noch. Ihren Angaben zufolge lagen im entschädigungsrelevanten Zeitraum - und liegen auch heute - für alle Flächen innerhalb des Schlages Pacht- bzw. Pflugtauschverträge vor. Davon musste der Senat mangels entgegen stehender Anhaltspunkte ausgehen. Die Berufungsführer haben dieses Vorbringen nicht ausdrücklich bestritten. Sie haben nicht einmal behauptet, dass die inzwischen im Eigentum der Beteiligten zu 2) stehenden, innerhalb des Schlages gelegenen Wegeparzellen 799 und 801 vertragslos bewirtschaftet worden seien oder bewirtschaftet würden, obwohl der Senat in der mündlichen Verhandlung am 31.01.2007 die Sach- und Rechtslage, insbesondere die Frage der gesicherten Rechtsposition der Agrargenossenschaft, eingehend erörtert hat. Eine weitere Aufklärung dieses Sachverhalts von Amts wegen war daher nicht veranlasst.

Bedenken an dem festgesetzten Entschädigungszeitraum bestehen auch nicht im Hinblick darauf, dass die Beteiligte zu 3) ihren eigenen Angaben zufolge (Nutzungs-)Verträge für einzelne Flächen innerhalb des Schlages 42 verlängert bzw. neue Verträge abgeschlossen hat.

Die festgesetzte Entschädigung betrifft - wie dargelegt - einen Folgeschaden am landwirtschaftlichen Betrieb nach § 11 ThürEG. Gemäß § 11 Abs. 2 ThürEG ist im Falle des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 ThürEG § 10 Abs. 3 Nr. 3 anzuwenden. § 10 Abs. 3 Nr. 3 ThürEG regelt, dass bei der Festsetzung der Entschädigung Werterhöhungen unberücksichtigt bleiben, die nach dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem der Eigentümer zur Vermeidung der Enteignung ein Kauf- oder Tauschangebot des Antragstellers mit angemessenen Bedingungen hätte annehmen können. Solche blieben hier unberücksichtigt; mithin ist hierauf nicht weiter einzugehen.

Die Vertragsverlängerungen geben aber auch dann nicht zu Bedenken Anlass, wenn man auf die hier in Rede stehenden Folgeschäden am landwirtschaftlichen Betrieb neben § 10 Abs. 3 Nr. 3 ThürEG auch § 10 Abs. 3 Nr. 5 ThürEG für anwendbar hält (vgl. zu der vergleichbaren Regelung in § 95 Abs. 2 Nr. 6 BauGB Schmidt-Aßmann/Groß in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB Band III [Loseblattsammlung, Stand: 1. Juli 2006], § 95 Rdnr. 91). § 10 Abs. 3 Nr. 5 ThürEG bestimmt, dass bei der Festsetzung der Entschädigung Vereinbarungen unberücksichtigt bleiben, die von üblichen Vereinbarungen auffällig abweichen und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie getroffen worden sind, um eine höhere Entschädigungsleistung zu erlangen. Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, behaupten nicht einmal die Berufungsführer. Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich. Auch insoweit ist daher eine weitere Aufklärung nicht veranlasst.

6. Schließlich begegnet die festgesetzte Entschädigung auch ihrer Höhe nach keinen Bedenken.

Der Beteiligte zu 4) hat anhand des (Referenz-)Gutachtens Dr. M-R und des von ihm erarbeiteten EDV-Programms den Aufwand an Arbeit und Kapital bestimmt, der für den Ausgleich der Wirtschaftserschwernisse infolge der Durchschneidung des von der Beteiligten zu 3) bewirtschafteten Schlages erforderlich ist; ferner hat er Mindererträge infolge der Durchschneidung errechnet.

Soweit die Berufungsführer geltend machen, schon ab dem Jahr 2001 seien für den Schlag 42 durch den Ausbau der Zufahrt Wirtschaftsverbesserungen entstanden, folgt dem der Senat nicht. Derartige Verbesserungen liegen jedenfalls für den gesamten Entschädigungszeitraum, also bis 08.02.2002 nicht vor.

Im Grundsatz gilt, dass Vermögensvorteile, die dem Entschädigungsberechtigten infolge der Enteignung entstehen, bei der Festsetzung der Entschädigung mindernd zu berücksichtigen sind (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 1 ThürEG). Zu den bei der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigenden Vorteilen zählen alle durch den Eingriff adäquat verursachten Vorteile. Die Vorteilsausgleichung setzt nicht voraus, dass der Eingriff unmittelbar und gleichzeitig auch den Vorteil hat entstehen lassen; vielmehr genügt es, dass Beeinträchtigung und Vorteil mehreren selbständigen Ereignissen entspringen, wenn nur das schädigende Ereignis allgemein geeignet war, derartige Vorteile mit sich zu bringen, und der Zusammenhang der Ereignisse nicht so lose ist, dass er nach vernünftiger Lebensauffassung keine Berücksichtigung mehr verdient (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1997 - III ZR 148/96 - NJW 1998, 2215).

Es kann offen bleiben, ob die Besitzeinweisungen der Berufungsführer im Wege vorläufiger Anordnungen nach § 88 Nr. 3 Satz 1, § 36 FlurbG in diesem Sinne als geeignet angesehen werden können, die von den Berufungsführern eingewandten Vorteile - Wegeausbau - mit sich zu bringen. Jedenfalls liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beteiligten zu 3) im festgesetzten Entschädigungszeitraum solche - messbaren - (Vermögens-)Vorteile zugekommen sind. Der Beteiligte zu 4) hat zwar vorgetragen, im Flurbereinigungsverfahren Eischleben seien in Ausführung des Wegeplans Wege als Zufahrten zum Schlag 42 ausgebaut worden; Bauabnahme sei jedoch erst am 27.06.2002 bzw. am 03.12.2003 gewesen. Danach hat die Bauabnahme der ausgebauten Wege deutlich nach Ablauf des hier festgesetzten Entschädigungszeitraums - bis zum 08.02.2002 - stattgefunden. Das impliziert, dass die neuen Wege zuvor noch nicht genutzt werden konnten. Im Übrigen findet - wie die Beteiligte zu 3) vorgetragen hat - im Winter keine Fahrtätigkeit statt.

7. Die Höhe der festgesetzten Entschädigung begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Das Vorbringen der Berufungsführer, es sei nicht sachgerecht, sich zur Berechnung der Wirtschaftserschwernisse auf Maschinen-Vollkosten statt Verrechnungssätze oder variable Kosten zu stützen und bei den berücksichtigten Lohnkosten nicht auf betriebsindividuelle Kosten bzw. auf Tariflöhne aus der Lohngruppe eines landwirtschaftlichen Facharbeiters abzustellen, gibt keinen Anlass, an der Berechnung der Entschädigungshöhe zu zweifeln. Der Senat erachtet es unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten als zutreffend, der Berechnung Maschinen-Vollkosten, d.h. Fixkosten und variable Kosten, zugrunde zu legen.

Auch unterliegt der Ansatz eines tariflichen Facharbeiterlohnes keinen Bedenken.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 221 Abs. 1 BauGB i.V.m. §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Beteiligten zu 3) und 4) haben im Berufungsverfahren weder zur Hauptsache einen Antrag noch einen Antrag auf Kostenerstattung nach § 228 Abs. 2 BauGB gestellt, so dass ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu ersetzen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 221 Abs. 1 BauGB i.V.m. §§ 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision wird hinsichtlich der durch die Berufungsführer aufgeworfenen Rechtsfrage der Entschädigung eines Bewirtschafters für Wirtschaftserschwernisse als Folge einer vorläufigen Anordnung im Unternehmensflurbereinigungsverfahren nach § 88 Nr. 3 Satz 1 i.V.m. § 36 FlurbG zugelassen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage lag dem Senat nicht vor (§ 221 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Klärung dieser Frage ist nach Ansicht des Senats auch von allgemeinem Interesse.

Ende der Entscheidung

Zurück