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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.11.2002
Aktenzeichen: 1 KO 817/01
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, ThürBO


Vorschriften:

BauGB § 34 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 4 Abs. 2 Nr. 3
BauNVO § 4 Abs. 3 Nr. 2
ThürBO § 49 Abs. 11
Der Zulässigkeit eines Bestattungsinstituts mit Trauerhalle in einem allgemeinen Wohngebiet.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT -1. Senat- Im Namen des Volkes Urteil

1 KO 817/01

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrecht,

hier: Berufung

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Strauch, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Husch und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Preetz aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 20. November 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 29. August 2001 - 1 K 1612/00.We - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und des Beigeladenen vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht der Beklagte und der Beigeladene jeweils zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte und der Beigeladene wenden sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, durch die eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Bestattungsinstituts auf dem Grundstück H___________ in Apolda (Flurstück a, Flur 14 der Gemarkung Apolda) aufgehoben worden ist. Der Kläger ist Miteigentümer des unmittelbar südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen angrenzenden Grundstücks H___________ (Flurstück b, Flur 14 der Gemarkung Apolda).

Die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen liegen an der Südseite H_________, die weitgehend beidseitig bebaut ist. Sie verläuft in nordwestliche Richtung und fällt in diese Richtung ab. Ebenfalls in nordwestlicher Richtung kreuzt sie die Straße "Faulborn", die in Ost-West-Richtung verläuft und ebenfalls beidseitig bebaut ist. Auf diese Straße stößt in östlicher Richtung die Hermannstraße, die an ihrer Südseite bebaut ist und etwa gegenüber dem Grundstück des Beigeladenen auf die H________ trifft. Das durch die genannten Straßen gebildete Dreieck ist als Senke ausgebildet. Südlich an das Grundstück des Klägers schließt sich eine Moto-Cross-Strecke an.

Die Bauaufsichtsbehörde des Beklagten hatte dem Beigeladenen erstmals mit Baugenehmigung vom 29. April 1996 den Neubau eines Bestattungsinstituts genehmigt; im Juni 1997 eröffnete der Beigeladene seinen Betrieb. Nachdem die ihm erteilte Baugenehmigung durch Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 1. Juli 1997 - 1 K 655/97.We - aufgehoben worden war, erteilte die Bauaufsichtsbehörde dem Beigeladenen zunächst befristete Nutzungsgenehmigungen für sein Bestattungsinstitut, in denen sie die Anzahl der Sitzplätze in der Trauerhalle und die Anzahl der wöchentlich zulässigen Trauerfeiern begrenzte.

Am 15. November 1999 beantragte der Beigeladene bei der Bauaufsichtbehörde des Beklagten erneut die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben "1. Neubau eines Büro- und Geschäftshauses", "2. eingeschränkte Nutzung der baulichen Anlage im Bestattungsgewerbe" und "3. Anbringung einer auf das Gewerbe hinweisenden Giebelwerbung". Er erläuterte seinen Bauantrag dahin, dass er die Trauerhalle - im Vergleich zu den bereits früher eingereichten Unterlagen - in einen Gästeraum mit einer Größe von 30 qm und einen Dekobereich mit einer Größe von 20 qm aufgeteilt habe, dass 25 Sitzplätze und keine Stehplätze vorgesehen seien und dass maximal zwei Trauerfeiern pro Woche stattfinden sollen; ferner gab er die Zeiten an, in denen er Trauerfeiern abhalten wolle, und erklärte, dass die zu erwartende Anzahl der Trauergäste bei Auftragsannahme abgesprochen werde.

Die Bauaufsichtsbehörde erteilte dem Beigeladenen am 25. November 1999 die beantragte Baugenehmigung und versah sie mit folgenden "Bedingungen/Auflagen":

"1. Die Anzahl der zulässigen Sitzplätze in der Trauerhalle wird durch deren feste Installation auf 25 Plätze begrenzt. Diese Begrenzung (...) ist den Hinterbliebenen bereits bei der Auftragsannahme mitzuteilen; bei größeren Trauerfeiern sind diese in anderen, so z. B. öffentlichen Trauerhallen durchzuführen.

2. Die Anzahl der pro Woche zulässigen Trauerfeiern wird auf maximal zwei Feiern festgesetzt und diese sind nur an den Wochentagen Montag bis Freitag - jeweils bis 17.00 Uhr (Feierende) - durchzuführen.

3. Der übrige Geschäftsverkehr (wie z. B. Annahme von Aufträgen) ist an den Werktagen Montag bis Freitag zu den allgemeinen Geschäftszeiten 8.00 bis 18.00 Uhr und an den Samstagen von 8.00 bis 12.00 Uhr zulässig.

4. Die in den Bauvorlagen (Planzeichnungen) noch enthaltenen Kühlzellen gehören nicht zum Regelungsgehalt dieser Baugenehmigung; dafür wird ausdrücklich keine Nutzungsgenehmigung erteilt.

5. Dem Betreiber des Gewerbes wird aufgegeben, nachstehende Statistik zu führen und diese halbjährlich der unterzeichnenden Behörde vorzulegen:

- Datum der durchgeführten Trauerfeiern,

- Anzahl der anwesenden Trauergäste,

- Anzahl der während der Trauerfeiern auf den Stellflächen abgestellten Fahrzeuge der Trauergemeinde."

Die Baugenehmigung war ferner mit einem Widerrufsvorbehalt für den Fall versehen, dass die "Nebenbestimmungen" nicht erfüllt bzw. nicht eingehalten werden oder "wenn tatsächliche oder rechtliche Gründe" den Widerruf erfordern.

Die Baugenehmigung wurde dem Kläger am 27. November 1999 zugestellt. Unter dem 20. Dezember 1999 legte er dagegen Widerspruch ein und trug vor, das dem Beigeladenen genehmigte Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, verstoße insbesondere gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Das Thüringer Landesverwaltungsamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2000 zurück. Es führte aus, dass eine Verletzung von Vorschriften mit nachbarschützendem Charakter (Abstandsflächenvorschriften) und ein Verstoß des genehmigten Vorhabens gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht erkennbar seien.

Gegen den am 15. Juni 2000 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 11. Juli 2000 bei dem Verwaltungsgericht Weimar Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, das dem Beigeladenen genehmigte Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es aufgrund seiner Lage, seines Umfangs und seiner Zweckbestimmung der Eigenart des maßgebenden Baugebiets widerspreche; von dem Vorhaben gingen unzumutbare Belästigungen und Störungen aus. Das Vorhaben des Beigeladenen könne nicht als nicht störender Gewerbebetrieb nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO qualifiziert werden. Auch wenn die Anzahl der Sitzplätze begrenzt worden sei, sei nicht damit zu rechnen, dass die Anzahl der Trauergäste tatsächlich begrenzt werde, zumal weiterhin bis zu 50 Personen Platz in der Trauerhalle fänden; überdies führe der Beigeladene, wie seine - des Klägers - Mutter festgestellt habe, auch an Sonn- und Feiertagen Trauerfeiern durch. Auch beeinträchtige der An- und Abfahrverkehr die Wohnruhe der Anwohner. Fahrzeuge parkten auf der Straße, da für die große Fläche in der Trauerhalle nicht die erforderlichen Stellplätze vorhanden seien. Die in seinem - des Klägers - Haus betriebene Strickerei sei nur ein Einmann-Betrieb, der keine Störungen nach außen hin verursache.

Der Kläger hat beantragt,

die Baugenehmigung des Beklagten vom 25. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 9. Juni 2000 aufzuheben.

Der Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat auf die Begründung der angefochtenen Bescheide verwiesen.

Der Beigeladene hat vorgetragen, das von ihm betriebene Bestattungsgewerbe könne nicht in einem Gewerbegebiet betrieben werden. Er verstoße nicht gegen die in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen, vielmehr liege es in seinem eigenen Interesse, größere Trauerfeiern in der Trauerhalle des Friedhofs durchzuführen. Vom Grundstück des Klägers aus sei keine Einsichtnahme in die Einrichtungen seines Bestattungsbetriebes möglich. Abstandsflächen halte der Kläger selbst nicht ein.

Auch sei der Kläger Sponsor von regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen auf der an sein Grundstück angrenzenden Moto-Cross-Strecke. Überdies werde auf seinem Grundstück eine Strickerei betrieben; die Material-Zulieferung ziehe größere Emissionen nach sich als sein - des Beigeladenen - Betrieb.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Beschluss vom 14. September 2000 - 1 E 1613/OO.We - die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat der Senat mit Beschluss vom 28. Juni 2001 die Beschwerde zugelassen. Das Beschwerdeverfahren wird unter dem Geschäftszeichen 1 EO 405/01 geführt.

Im Hauptsacheverfahren hat das Verwaltungsgericht Weimar mit Urteil vom 29. August 2001 - 1 K 1612/00.We - die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung aufgehoben. Es hat ausgeführt, die nähere Umgebung des Betriebes des Beigeladenen entspreche einem allgemeinen Wohngebiet. Das Bestattungsinstitut sei kein nicht störender Gewerbebetrieb i. S.d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, der in einem derartigen Gebiet ausnahmsweise zugelassen werden könne. Der durch den An- und Abfahrverkehr zu erwartende Lärm führe zu einer Störung der Anwohner, zumal sich der Einzugsbereich der Trauerhalle nicht auf das umliegende Gebiet beschränke. Bei der Frage, ob An- und Abfahrverkehr im einzelnen dazu führe, einen Betrieb als störend einzustufen, sei entscheidend, mit wie vielen Besuchern zu rechnen sei. Eine tatsächliche Begrenzung der Trauergäste erfolge im vorliegenden Fall durch die Auflagen zur Baugenehmigung nicht; eine Begrenzung sei durch derartige Auflagen auch nicht zu erreichen. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei Trauerfeiern nicht nur geladene Gäste teilnahmen; vielmehr sei die konkrete Zahl der Gäste nicht abschätzbar. Überdies sei die Trauerhalle des Beigeladenen wesentlich größer als sie für 25 Gäste nötig wäre, so dass eine größere Teilnehmerzahl auch tatsächlich Platz fände. Ob die Auflage hinsichtlich der Beschränkung der Teilnehmerzahl bauordnungsrechtlich durchsetzbar sei, sei nicht entscheidend für die Frage, ob ein nicht störender Betrieb i. S. d. § 4 BauNVO vorliege. Jedoch sei es kaum vorstellbar, dass bei Überschreitung der höchstzulässigen Gästezahl die Teilnahme untersagt werde. Das zu erwartende Störpotential sei auch im Hinblick darauf, dass nur zwei Trauerfeiern wöchentlich abgehalten werden dürften, in einem allgemeinen Wohngebiet unzumutbar. Den Gebietsfestsetzungen der BauNVO komme nachbarschützende Wirkung zu; auf eine konkrete Beeinträchtigung des Nachbarn komme es nicht an.

Auf die Anträge des Beklagten und des Beigeladenen hat der Senat mit Beschluss vom 6. Dezember 2001 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.

Der Beklagte trägt im Berufungsverfahren vor, die hier maßgebende Umgebung sei nicht als allgemeines Wohngebiet, sondern als Mischgebiet oder als Gemengelage zu qualifizieren. Das Verwaltungsgericht habe zur näheren Umgebung zu Unrecht im Wesentlichen nur die Bebauung entlang der H_________ gezählt. Einzubeziehen seien dagegen auch die an das Grundstück des Klägers angrenzende Moto-Cross-Strecke, ein blechverarbeitender Betrieb und ein Wäschereibetrieb. Das Bestattungsunternehmen des Beigeladenen sei kein störender Gewerbebetrieb. Für die Frage, ob die mit einem derartigen Betrieb einhergehenden Lärmemissionen zumutbar seien, sei auf die TA Lärm zurückzugreifen. Die in einem allgemeinen Wohngebiet zumutbaren Werte würden - ausgehend von dem vom Beigeladenen mitgeteilten Fahrzeugaufkommen - nicht überschritten. Unzutreffend sei, dass bei den Trauerfeiern des Beigeladenen häufig weit mehr als 25 Gäste teilnahmen und ein erhebliches Fahrzeugaufkommen zu verzeichnen sei. Die dem Beigeladenen in der angefochtenen Baugenehmigung auferlegte Statistik werde in der Weise geführt, dass vor jeder Trauerfeier eine telefonische Vorabmeldung beim Bauamt erfolge; aufgrund dieser Meldung würden seitens des Bauamtes Stichproben durchgeführt. Nach den Trauerfeiern teile der Beigeladene die Anzahl der Trauergäste und der Fahrzeuge in Form einer aktualisierten Liste mit. Die bislang durchgeführten Stichproben hätten keinen Anlass gegeben, an den Angaben des Beigeladenen zu zweifeln. Das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Beigeladene maximal zwei Trauerfeiern pro Woche durchführen dürfe. Es könne auch nicht allein deswegen, weil das Unternehmen des Beigeladenen seine Umgebung mit dem Tod konfrontiere, von einem störenden Gewerbebetrieb ausgegangen werden. Dieser Betrieb diene überdies der Gebietsversorgung. Zu berücksichtigen sei weiter, dass das hier maßgebende Gebiet zum Zeitpunkt der "ursprünglichen Beantragung" der Baugenehmigung in weitaus stärkerem Maße gewerblich geprägt gewesen sei. Auch unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange sei es unangemessen, die seither eingetretenen Veränderungen zum Nachteil des Beigeladenen zu werten.

Der Beigeladene trägt im Berufungsverfahren vor, er habe bislang nur Trauerfeiern durchgeführt, die eine geringe Anzahl von Trauergästen erwarten ließen; deswegen hätten nur relativ wenige Veranstaltungen in der H_________ stattfinden können. Veranstaltungen, bei denen ein größerer Teilnehmerkreis zu erwarten sei, fänden in der städtischen Trauerhalle statt. Der Kläger könne nicht allein anhand der an der H_________ abgestellten Kraftfahrzeuge darauf schließen, dass bei Trauerfeiern in seinem Bestattungsinstitut häufig weitaus mehr als 25 Gäste zugegen seien; die entsprechenden Kraftfahrzeuge ließen sich auch Freunden und Bekannten zuordnen. Bei der Frage des Gebietscharakters der maßgebenden Umgebung könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass 1996 an der H_________ noch eine Gärtnerei, ein Hundezüchter und ein Installationsbetrieb ansässig gewesen seien. Auf der an das Grundstück des Klägers angrenzenden Moto-Cross-Strecke hätten zum damaligen Zeitpunkt jeweils mittwochs und samstags dreistündige Trainingsveranstaltungen stattgefunden. Die nähere Umgebung sei jedenfalls als Mischgebiet und nicht als allgemeines Wohngebiet einzuordnen. Das Verwaltungsgericht habe der Moto-Cross-Strecke und dem Strickereibetrieb auf dem Grundstück des Klägers zu wenig Bedeutung beigemessen; es habe ferner verkannt, dass der westlich seines - des Beigeladenen - Grundstück gelegene Kindergarten hinsichtlich des An- und Abfahrverkehrs mehr störe als sein - des Beigeladenen - Betrieb. Störend sei ein Gewerbe überdies nur dann, wenn es typischerweise mit Zu- und Abfahrverkehr verbunden sei; dies sei bei einem Bestattungsunternehmen nicht der Fall. Auch habe das Verwaltungsgericht seine Auffassung, dass die Durchführung behördlicher Kontrollen zur Durchsetzung der der Baugenehmigung beigefügten Auflagen lebensfremd sei, nicht weiter begründet. Unberücksichtigt geblieben sei weiter, dass er - der Beigeladene - seit 1999 durchschnittlich ein bis zwei Trauerfeiern pro Woche veranstalte und dass das Fahrzeugaufkommen so gering sei, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht komme. Darauf hinzuweisen sei, dass es sich bei seinem Bestattungsinstitut um eine Anlage für soziale Zwecke i. S. d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO handele; etliche ursprünglich kommunale Einrichtungen seien inzwischen "kommerzialisiert" worden. Für den Nachbarn eines Bestattungsunternehmens oder Friedhofs sei unerheblich, in welcher Rechtsform sie betrieben würden.

Der Beklagte und der Beigeladene beantragen jeweils,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 29. August 2001 - 1 K 1612/OO.We - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er trägt vor, nach einem Beschluss des Apoldaer Stadtrates dürften auf der an sein Grundstück angrenzenden Moto-Cross-Strecke nicht mehr als zwei Veranstaltungen pro Jahr durchgeführt werden. Der vom Beklagten in Bezug genommene Wäschereibetrieb zähle nicht zur maßgebenden Umgebung. Dies gelte auch für den erwähnten Metallbetrieb, der überdies keine Metallteile mehr bearbeite, sondern mit Lüftungs- und Kühlanlagen handele. Neben dem auf seinem - des Klägers - Grundstück betriebenen "Kleinstbetrieb" existiere kein zweiter Strickereibetrieb. Der Beigeladene halte sich hinsichtlich der Zahl der Trauergäste nicht an die Auflagen in der Baugenehmigung. Auch würden regelmäßig Kraftfahrzeuge während der Trauerfeiern beidseitig der H_________ geparkt; die dem Beigeladenen genehmigten Stellplätze würden den Trauergästen nicht angeboten. Der Beigeladene betreibe überdies Kühlzellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens (2 Bände), die Gerichtsakten in dem Verfahren 1 EO 405/01 (2 Bände), die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Weimar zu den Verfahren 1 K655/97.We, 1 E 2471/97.We, 1 E 789/97.We, 1E3136/98.We und 1 K61/99.We und die Behördenvorgänge (2 Hefter und 1 Ordner), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. November 2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen haben in der Sache Erfolg. Die Baugenehmigung des Beklagten vom 25. November 1999 und der Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 9. Juni 2000 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt für das genehmigte Bestattungsinstitut unter bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten (I.) sowohl dann, wenn die hier maßgebende Umgebung als (faktisches) allgemeines Wohngebiet i. S. d. § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. §4 BauNVO zu qualifizieren ist (1.) als auch dann, wenn sie eine Gemengelage darstellt und der Betrieb deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (2.). Auch unter bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken gegen die Genehmigung des Bestattungsinstitutes (II.). Keinen Bedenken unterliegt ferner die Genehmigung der Giebelwerbung (III.).

I. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des umstrittenen Bestattungsbetriebes richtet sich nach § 34 BauGB, denn das Grundstück des Beigeladenen liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, für den ein Bebauungsplan nicht existiert. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Gebiete, beurteilt sich gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO allgemein zulässig wäre. Gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB ist auf die nach der BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vorhaben § 31 Abs. 1 entsprechend anzuwenden; auch § 31 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

Die nach § 34 BauGB maßgebliche nähere Umgebung wird dadurch ermittelt, dass in zwei Richtungen - in der Richtung von dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben sowie in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben - geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Dabei ist die Umgebung zum einen insoweit zu berücksichtigen, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 380; BVerwG, Beschluss vom 29. April 1997 - 4 B 67.97 - BauR 1997, 804).

Bei Zugrundelegung dieser Kriterien umfasst die hier maßgebliche nähere Umgebung nach den in der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2002 an Ort und Stelle getroffenen Feststellungen die Bebauung südlich der in nordwestliche Richtung abfallenden H_________ - beginnend am Anwesen des Klägers - bis zu der Stelle, an der die H_________ auf die Straße Am Faulborn stößt, die Bebauung nördlich der H_________ zwischen Hermannstraße und dem Faulborn, die südlich des Faulborn anzutreffende Bebauung zwischen der Kreuzung mit der H_________ und der Kreuzung mit der Hermannstraße sowie die südlich der Hermannstraße errichteten Häuser. Die Bebauung südlich des Faulborn ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - der näheren Umgebung hinzuzurechnen, denn das Gelände zwischen Faulborn und H_________ ist als Senke ausgebildet und stellt topographisch eine Einheit dar; auch geht die Bebauung südlich des Faulborn und nördlich der H_________ teilweise in den jeweils hinteren Grundstücksbereichen ineinander über. Die Bebauung an der Nordseite des Faulborn zählt nach der Augenscheinseinnahme nicht zur hier maßgebenden Umgebung. Der Straße kommt insoweit eine trennende Wirkung zu, denn das Geländeniveau liegt an ihrer Nordseite höher als an der Südseite.

Die südlich der H__________ gelegene Bebauung ist im oberen Bereich - in der Nähe des Grundstücks des Beigeladenen - durch Wohnbebauung sowie dadurch gekennzeichnet, dass sich im rückwärtigen Bereich des Grundstücks des Klägers ein langgestreckter, fabrikartiger Baukörper befindet, in dem eine Strickerei betrieben wird. Ein weiteres fabrikähnliches Gebäude befindet sich im hinteren Bereich des nordwestlich an das Anwesen des Beigeladenen angrenzenden Grundstücks; auch dieses Gebäude wurde jedenfalls früher als Strickerei genutzt. In Richtung Kreuzung mit dem Faulborn wird der südliche Bereich der H_________ von Wohnbebauung dominiert. Dies gilt auch für den Bereich nördlich der H_________, in dessen unteren Ende - Richtung Faulborn - zudem ein Kindergarten und ein Kinderhort - für insgesamt 160 Kinder - optisch ins Auge fallen. Südlich des Faulborn befindet sich Wohnbebauung und ein Geschäft "Heizmarkt - komplette Heizsysteme"; daneben tritt ein Wäschereibetrieb mit Betriebsgebäuden und einem aufragenden Schornstein in Erscheinung; die Betriebsgebäude erstrecken sich in den hinteren, Richtung H_________ gelegenen Grundstücksteil. Im Bereich südlich der Hermannstraße dominiert Wohnbebauung.

In diese Umgebung fügt sich das dem Beigeladenen genehmigte Vorhaben, wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat, gemäß § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbauten Grundstücksfläche ein. Ob es auch seiner Art der Nutzung nach zulässig ist, hängt davon ab, wie der Gebietscharakter der maßgebenden Umgebung zu qualifizieren ist.

Es ist zweifelhaft, ob die beschriebene Umgebung als (faktisches) allgemeines Wohngebiet i. S. d. § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO qualifiziert werden kann. Ihr Gebietscharakter wird einerseits durch Wohnbebauung dominiert. Andererseits erfährt er eine Prägung durch das Anwesen des "Heizmarktes" und die - noch betriebene - Wäscherei am Faulborn, die Strickerei auf dem Grundstück des Klägers sowie den Kindergarten und Kinderhort auf der nördlichen Seite der H_________. Der "Heizmarkt" charakterisiert ebenso wie die Wäscherei mit ihrer großen Hoffläche und den betrieblich genutzten Gebäuden im hinteren Grundstücksbereich die Bebauung am Faulborn selbst. Die Wäscherei prägt überdies - wegen ihres aufragenden Schornsteins optisch und im Hinblick auf ihre Immissionen - auch den Bereich bis zur H_________. Die Strickerei auf dem hinteren Teil des Grundstücks des Klägers prägt optisch jedenfalls den oberen, südlichen Teil der hier maßgebenden Umgebung, denn sie ist von der Hermannstraße und der H_________ aus erkennbar; dass sie bereits längerem - und auch zum Zeitpunkt der Erteilung der angegriffenen Baugenehmigung - nur durch eine Person betrieben wird, ändert nichts an ihrer maßstabsbildenden Bedeutung. Im unteren, nordwestlichen Bereich der H_________ wird die maßgebende Umgebung durch den Kindergarten und den Kinderhort geprägt; diese Einrichtung tritt vor allem durch den langgestreckten, zweigeschossigen Gebäudeteil im rückwärtigen Grundstücksbereich in Erscheinung.

Die beschriebenen Gebäude sind bei der Qualifizierung der Eigenart der näheren Umgebung i. S. d. § 34 BauGB auch nicht als Fremdkörper unbeachtlich. Sie können nicht als singuläre Anlagen angesehen werden, die in einem auffälligen Kontrast zu einer sie umgebenden, im wesentlichen homogenen Bebauung stehen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 -4 C 23.86- BRS 50 Nr. 75 =NVwZ1990, 755). Die gewerblich genutzten Gebäude stellen sich bereits ihrer Zahl nach nicht als Singular dar. Auch ist die Bebauung im maßgebenden Bereich - abgesehen von der Wohnbebauung an der Südseite der Hermannstraße - nicht homogen. Sie besteht aus freistehenden Wohnhäusern, teils geschlossener, teils von Hofflächen unterbrochener straßenseitiger Bebauung sowie aus lagerartigen Gebäuden in den rückwärtigen Grundstücksbereichen. In dieser uneinheitlichen Umgebung stellen sich weder die beschriebenen gewerblich genutzten Anlagen noch der Kindergarten und der Hort als städtebaulich andersartig dar.

Können diese Gebäude und die ihnen zuzuschreibenden Nutzungen mithin bei der Qualifizierung der Eigenart der näheren Umgebung i. S. d. § 34 BauGB nicht unberücksichtigt bleiben, so spricht viel dafür, dass diese Umgebung nicht dem Charakter eines - hier allein in Betracht kommenden - allgemeinen Wohngebietes entspricht, sondern eine Gemengelage darstellt. Zwar handelt es sich bei dem "Heizmarkt" am Faulborn augenscheinlich um einen nicht produzierenden Betrieb, der als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig wäre. Die Wäscherei, die einen "Wäsche- und Gardinenservice für Industrie und Haushalt" anbietet, könnte in einem derartigen Gebiet wegen der von ihr ausgehenden Störungen hingegen auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden. Mit dem Betrieb sind vor allem im Hinblick auf die mit der - hier augenscheinlich im Hof erfolgenden - An- und Ablieferung der Ware Geräuschentwicklungen verbunden, die einer Qualifizierung als nicht störender Gewerbebetrieb i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO entgegenstehen. Auch Strickereien stellen typischerweise keine derartigen Betriebe dar. Sie mögen zwar - ebenso wie die Wäscherei - als in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässige sonstige Gewerbebetriebe anzusehen sein (vgl. Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 9. Auflage, § 6 Rdnr. 9), sind jedoch regelmäßig wegen der mit der Anlieferung der Waren und mit dem Betrieb der Strickmaschinen verbundenen Immissionen keine Betriebe, die mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebietes verträglich wären (vgl. zur Gebietsverträglichkeit BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 -4 C 1.02- zitiert nach JURIS). Zweifelhaft erscheint auch, ob der Kindergarten und Kinderhort an der H_________ mit 160 Plätzen im Hinblick auf den mit ihm verbundenen An- und Abfahrverkehr noch diese Gebietsverträglichkeit aufweist. Zwar dürfte diese Einrichtung eine an sich nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet zulässige Anlage für soziale Zwecke darstellen (vgl. König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, §4 Rdnr. 51); auch derartige Anlagen müssen jedoch gebietsverträglich sein (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O., § 4 Rdnr. 6.61; BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 C 1.02 - a. a. O.).

Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass die maßgebende Umgebung als (faktisches) allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren ist, weil der Kindergarten mit angeschlossenem Hort in einem derartigen Gebiet allgemein, die Strickerei auf dem Grundstück des Klägers angesichts des geringen Betriebsumfangs jedenfalls ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig wäre und die Wäscherei am Faulborn wegen ihrer Einzigartigkeit als Fremdkörper unbeachtlich ist, erweist sich der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen als zulässig.

1) Der Betrieb stellt seiner Art der Nutzung nach einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO dar, der in einem (faktischen) allgemeinen Wohngebiet i. S. d. § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO ausnahmsweise zulässig wäre (a.). Der Betrieb verstößt auch nicht zu Lasten des Klägers gegen das Gebot der Rücksichtnahme (b.).

a) Bei dem Bestattungsbetrieb des Beigeladenen handelt es sich zwar nicht - wie möglicherweise bei dem Kindergarten und seinem Hort an der H_________ - um eine Anlage für soziale Zwecke i. S. d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO. Zu diesen Anlagen zählen nur die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB definierten Gemeinbedarfsanlagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 -4 C 17.95 - BVerwGE 102, 351). Dies sind Anlagen, die - ohne dass das Merkmal des Gemeingebrauchs erfüllt zu sein braucht- einem nicht fest bestimmten wechselnden Kreis der Bevölkerung zugänglich sind. Auf die Rechtsform des Trägers kommt es nicht entscheidend an. Bei einem privaten Träger wird aber vorausgesetzt, dass eine öffentliche Aufgabe erfüllt wird, hinter der ein etwaiges privates Gewinnstreben deutlich zurücktritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 -a.a.O.; Beschluss vom 18. Mai 1994 - 4 NB 15.94 - BRS 56 Nr. 22). Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.

Der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen stellt jedoch einen in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb dar.

Ausgangspunkt ist hier, dass das allgemeine Wohngebiet gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO "vorwiegend dem Wohnen" dient. Sein Gebietscharakter wird dadurch geprägt, dass es nach Möglichkeit ein ungestörtes Wohnen gewährleisten soll. Bei der Frage, ob ein Gewerbebetrieb i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO stört, ist grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Maßgebend ist, ob das Vorhaben - bezogen auf den dargelegten Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebietes - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 -4 C 1.02- a.a.O.). Dabei sind alle mit der Zulassung des Betriebes nach dessen Gegenstand, Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung zu berücksichtigen; zu diesen für die Gebietsverträglichkeit wesentlichen Merkmalen gehört je nach Art des zuzulassenden Gewerbebetriebes auch der mit ihm regelmäßig verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr sowie die von diesen bewirkten Geräusche und sonstigen Immissionen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1990 - 4 B 121.90 - BRS 50 Nr. 58).

Nach diesen Maßstäben stört der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen den Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebietes nicht.

Eine gebietsunverträgliche Störung ergibt sich nicht bereits aus der Konfrontation mit dem Tod (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 3. Juni 1997 -10 B 941/97-BRS 59 Nr. 65 = NVwZ-RR 1998, 621). Maßgebend sind insoweit allein bodenrechtlich relevante Umstände, nicht hingegen subjektive Empfindungen des Einzelnen. Das Bauplanungsrecht und die Zweckbestimmung des allgemeinen Wohngebietes bieten weder einen Ansatzpunkt für einen "Milieuschutz" noch schützen sie die Bewohner vor subjektiv unerwünschten Anblicken (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1996 - 4 C 13.94 - BRS 58 Nr. 159 = NVwZ 1997, 384).

Eine mit dem Charakter des allgemeinen Wohngebietes unvereinbare Störung lässt sich ferner nicht aus den in dem - bereits errichteten - Betrieb des Beigeladenen verrichteten Tätigkeiten herleiten. Diese verlaufen geräuscharm, insbesondere werden keine Tischlerarbeiten ausgeführt. Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf die genehmigte Trauerhalle. Trauerfeiern werden regelmäßig relativ leise bei verschlossenen Türen mit allenfalls gedämpfter Musik und verhaltenem Gesang abgehalten.

Eine Gebietsunverträglichkeit des Bestattungsbetriebes folgt schließlich nicht aus dem mit ihm verbundenen An- und Abfahrverkehr. Ausgangspunkt ist dabei, dass nicht jeglicher Kraftfahrzeugverkehr dem Charakter eines - allgemeinen oder reinen - Wohngebietes widerspricht. Von einer verkehrsbedingten Gebietsunverträglichkeit des in Rede stehenden Vorhabens kann vielmehr erst dann die Rede sein, wenn das Verkehrsaufkommen eine Unruhe in das Gebiet bringt, die der gebietsbezogenen Wohnruhe widerspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 C 1.02 - a. a. O.). Dies ist hier nicht der Fall.

Der dem Beigeladenen genehmigte Bestattungsbetrieb löst - unabhängig von seinem Einzugsbereich - An- und Abfahrverkehr nicht in den Abendstunden, sondern nur zu den üblichen Öffnungszeiten, die den herkömmlichen Ladenöffnungszeiten entsprechen, aus. Auch tagsüber kann bei typisierender Betrachtungsweise nicht von einem Fahrzeugaufkommen ausgegangen werden, das dem Charakter eines allgemeinen Wohngebietes widerspräche. Die reine Geschäftsanbahnung in einem Bestattungsinstitut ist nicht mit einem regelmäßig wiederkehrenden, sondern nur gelegentlichem Kraftfahrzeugverkehr von untergeordnetem Umfang verbunden; das Kundenaufkommen in einem Bestattungsunternehmen ist typischerweise - im Vergleich zu Ladengeschäften - relativ gering.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die genehmigte Trauerhalle. Diese Halle weist nach den genehmigten Bauvorlagen eine Grundfläche von insgesamt 55 qm auf. Auch unter Außerachtlassung der der angegriffenen Baugenehmigung beigefügten Auflagen fasst sie - wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat - bei regelhafter Betrachtung kaum mehr als 25 Trauergäste. Dabei ist von der üblichen Gestaltung einer Trauerfeier auszugehen, bei der ein pietätvoller Abstand zum Verstorbenen gewahrt wird und die Trauergäste sitzen. Etwas anderes könnte nur dann zugrundegelegt werden, wenn aufgrund zuverlässig feststehender, gleichbleibender Umstände davon ausgegangen werden könnte, dass die Anlage dauerhaft anders als im allgemeinen üblich genutzt wird (vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1992 - 4 C 50.89 - BRS 54 Nr. 193 = NVwZ 1992, 877). Für derartige Umstände liegt indes nichts vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus den im Laufe des Verfahrens vom Kläger eingereichten Aufzeichnungen. Diese Aufzeichnungen, mit denen die Mutter des Klägers Kraftfahrzeuge erfasst hat, sind nicht geeignet zu belegen, dass regelmäßig mehr als 25 Trauergäste an den Trauerzeremonien des Beigeladenen teilnehmen. Es ist naheliegend, dass die Mutter des Klägers dem Betrieb des Beigeladenen Kraftfahrzeuge und Personen zugerechnet hat, die ihm nicht zuzuordnen waren. Wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat, werden in der hier maßgebenden Umgebung laufend Kraftfahrzeuge am Straßenrand geparkt.

Ist danach jedenfalls für den Regelfall von nicht wesentlich mehr als 25 Trauergästen auszugehen, so bedeutet dies, dass sich auch das typischerweise bei Trauerfeiern zu erwartende Verkehrsaufkommen in einem Rahmen hält, der mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebietes verträglich ist. Selbst wenn insoweit die Anzahl der vom Beigeladenen nach der angefochtenen Baugenehmigung vorzuhaltendenden 8 Stellplätze nicht ausreichen sollte, ergibt sich daraus keine Gebietsunverträglichkeit des Bestattungsbetriebes. Die H_________ ist - wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat- ohne weiteres geeignet, den dem Bestattungsinstitut des Beigeladenen zuzurechnenden, auch ruhenden Verkehr aufzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Trauergast mit einem eigenen Kraftfahrzeug anreisen wird, so dass realistischerweise mit einem Fahrzeugaufkommen von weit weniger als 25 PKW zu rechnen ist. Eine derartige Größenordnung bringt - selbst wenn täglich Trauerfeiern abgehalten würden - nicht eine Unruhe in ein allgemeines Wohngebiet, die als gebietsunverträglich erachtet werden musste. In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass dem Beigeladenen nach der der angegriffenen Baugenehmigung beigefügten Auflage Nr. 2 lediglich die Durchführung von maximal zwei Trauerfeiern pro Woche - und dies auch nur bis 17.00 Uhr - gestattet worden ist, so dass anlässlich von Trauerfeiern lediglich an zwei Werktagen mit einem erhöhten Fahrzeugaufkommen gerechnet werden muss. Die Auflage in der Baugenehmigung kann vom Beigeladenen ohne weiteres eingehalten werden und ist durch die Bauaufsichtsbehörde auch überwachbar. Auch ein Vergleich mit den nach § 4 Abs. 2 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet regelhaft zulässigen Anlagen zeigt, dass das im vorliegenden Fall zu erwartende Fahrzeugaufkommen mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebietes vereinbar ist. Zu den nach § 4 Abs. 2 BauNVO in einem derartigen Gebiet allgemein zulässigen Anlagen zählen etwa Anlagen für kirchliche und kulturelle Zwecke, die - anders als in einem reinen Wohngebiet - nicht auf die Bedürfnisse der Bewohner des Gebiets beschränkt sind. Dies bedeutet, dass in einem allgemeinen Wohngebiet sogar regelhaft etwa Betsäle und Schulen zulässig sind, die einen weitaus größeren Publikumsverkehr als die dem Beigeladenen genehmigte Trauerhalle mit sich bringen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1992 - 4 C 50.89 - a. a. O. zu einem Betsal für 40 bis 50 Besucher in einem allgemeinen Wohngebiet).

Ist ein Vorhaben - wie der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen - gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als nicht störender Gewerbebetrieb in einem (faktischen) allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig, hat die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 1 BauGB eine Ermessensentscheidung über die Zulassung zu treffen. Auf die Zulassung besteht ein Anspruch, wenn dem Vorhaben keine städtebaulichen Gründe entgegenstehen (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 31. Januar 1997 - 8 S 3176/96 -BRS 59 Nr. 58 m. w. N.). So liegt der Fall hier. Jedenfalls verletzt die Zulassung des Bestattungsbetriebes den Kläger als Nachbarn nicht in seinen Rechten.

b) Der Kläger kann dem Bestattungsbetrieb des Beigeladenen insbesondere nicht entgegenhalten, er verstoße zu seinen Lasten gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO konkretisierte Gebot der Rücksichtnahme. Dem Gebot der Rücksichtnahme in § 15 Abs. 1 BauNVO kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Dies gilt nur für diejenigen Ausnahmefälle, in denen - erstens - die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist, und - zweitens - eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, sind dann gegeneinander abzuwägen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1989 - 4 C 14.87 - BRS 49 Nr. 188 = BVerwGE 82, 343). Auch wenn die hier maßgebende Umgebung ein (faktisches) allgemeines Wohngebiet darstellt, kann der Kläger das Rücksichtnahmegebot nicht für sich als drittschützend in Anspruch nehmen; von dem Betrieb des Beigeladenen gehen insbesondere keine für ihn unzumutbaren Belästigungen oder Störungen aus.

Zunächst kommt dem Interesse des Klägers an einer Abwehr des dem Beigeladenen genehmigten Betriebes nicht deswegen ein besonderes Gewicht zu, weil der Bestattungsbetrieb, wie dargelegt, als nicht störender Gewerbebetrieb in einem allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig wäre. Die Strickerei auf dem Grundstück des Klägers stellt vom Störgrad her mindestens einen derartigen Betrieb dar, so dass die auf demselben Grundstück anzutreffende Wohnbebauung keiner besonderen Schutzbedürftigkeit unterliegt.

Auch unabhängig davon ist der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen nicht mit Auswirkungen verbunden, die für den Kläger unzumutbar wären.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf den Betrieb selbst. Das bloße Unbehagen des Klägers gegen diesen Betrieb ist, wie dargelegt, bauplanungsrechtlich unbeachtlich; Kühlzellen, gegen die der Kläger im Laufe des Verfahrens Einwände erhoben hat, wurden dem Beigeladenen im Übrigen nicht genehmigt. Die in dem Bestattungsbetrieb verrichteten Tätigkeiten bringen keine Störungen mit sich. Überdies ist der Betrieb des Beigeladenen nach den genehmigten Planvorlagen gegenüber dem Grundstück des Klägers weitgehend abgeschirmt. In seinem rückwärtigen, dem Grundstück des Klägers zugewandten Teil, in dem sich u. a. die Trauerhalle, die Thanatopraxie und eine Werkstatt befinden, sind lediglich schmale Fensteröffnungen vorgesehen; der Eingang zur Trauerhalle befindet sich in dem dem Grundstück des Klägers abgewandten Teil des Betriebes.

Für den Kläger unzumutbare Störungen ergeben sich auch nicht aus dem mit dem genehmigten Bestattungsbetrieb verbundenen Zu- und Abgangsverkehr und der durch ihn ausgelösten Unruhe, denn eine unzumutbare Unruhe ist nicht zu befürchten. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene nach der angefochtenen Baugenehmigung 8 Stellplätze vorzuhalten hat. Diese Anzahl an Stellplätzen genügt aller Voraussicht nach für den mit der reinen Auftragsvergabe im Betrieb des Beigeladenen verbundenen Kraftfahrzeugverkehr; insoweit ist regelmäßig nicht mit einem ins Gewicht fallenden Fahrzeugaufkommen zu rechnen (vgl. unter a). Eine andere Bewertung ist auch nicht im Hinblick auf das durch die Trauerhalle ausgelöste Fahrzeugaufkommen geboten. Daraus ergeben sich auch dann keine Beeinträchtigungen, die vom Kläger nicht hinzunehmen wären, wenn die dem Beigeladenen genehmigten 8 Stellplätze nicht ausreichen sollten. Wie ausgeführt (vgl. unter a), ist die H_________ ohne weiteres geeignet, den dem Bestattungsinstitut des Beigeladenen zuzurechnenden, auch ruhenden Verkehr aufzunehmen. Nach der Augenscheinseinnahme spricht auch viel dafür, dass Kraftfahrzeuge überwiegend in dem dem Grundstück des Klägers abgewandten, nordwestlichen Bereich der Straße geparkt werden, in dem die Seitenstreifen befestigt sind. Überdies wird, wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat, die H_________ - ebenso wie Hermannstraße - auch ohne das genehmigte Bestattungsinstitut zum Abstellen von Kraftfahrzeugen genutzt; zudem wird sie von Anliegern des südlich des Grundstücks des Klägers gelegenen Bereichs befahren. Es spricht - ohne dass dieser Umstand entscheidungserheblich wäre - weiter viel dafür, dass das Grundstück des Klägers zum hier maßgebenden Zeitpunkt der Genehmigung des Bestattungsbetriebes einer Vorbelastung durch die südlich angrenzende Moto-Cross-Strecke ausgesetzt war, die auch die Problematik des Zu- und Abgangsverkehrs und der Parkplätze umfasste; der Stadtrat von Apolda hat erst am 26. September 2001 und damit nach Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung einen Beschluss gefasst, dass nicht mehr als zwei Moto-Cross-Veranstaltungen pro Jahr durchgeführt werden dürfen.

2) Die angefochtene Baugenehmigung erweist sich auch dann nicht als rechtswidrig, wenn die hier Eigenart der hier maßgebenden Umgebung nicht einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete entspricht, sondern als Gemengelage zu beurteilen ist. In diesem Fall fügt sich der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB nach der Art der Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein.

Eine Qualifizierung des maßgeblichen Quartiers als Gemengelage kommt im Hinblick darauf in Betracht, dass sein Gebietscharakter einerseits durch Wohnbebauung, andererseits durch Nutzungen geprägt wird, die nicht zweifelsfrei dem Charakter eines allgemeinen Wohngebietes, sondern eher dem eines Mischgebiets entsprechen (vgl. oben unter 1 a).

a) Ob sich ein Vorhaben seiner Art nach i. S. d § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt, hängt zunächst davon ab, ob es sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens hält. Bei dieser Frage ist an die Typisierung der Nutzungsarten in der BauNVO anzuknüpfen. Der Begriff "Art der baulichen Nutzung" in § 34 Abs. 1 BauGB ist grundsätzlich mit den Nutzungsarten gleichzusetzen, wie sie durch die Begriffe der BauNVO für die Nutzungsarten in den einzelnen Baugebieten definiert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 13.93 - BRS 56 Nr. 61 = NVwZ 1995, 698). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung nach der vorhandenen Bebauung nicht einem dieser Baugebiete, sondern weist sie Merkmale mehrerer Baugebiete auf, sind nicht etwa alle Arten von Nutzungen zulässig, die in den nach der Eigenart der näheren Umgebung jeweils in Betracht kommenden Baugebieten nach der BauNVO zulässig wären. Vielmehr wird der für die Beurteilung des Sich-Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche Rahmen innerhalb des Spektrums der nach den angesprochenen Gebietstypen zulässigen Nutzungsarten von den in der näheren Umgebung auch tatsächlich vorhandenen Nutzungsarten begrenzt. Sind in der maßgebenden Umgebung den Begriffsbestimmungen der BauNVO entsprechende Nutzungsarten vorhanden, hält ein Vorhaben, das die Merkmale einer solchen Nutzungsart aufweist, den vorhandenen Rahmen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1987 -4 C41.84-BRS 47 Nr. 63 = NVwZ 1987, 884).

Der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen entspricht, wie dargelegt, der Nutzungsart eines nicht störenden Gewerbebetriebes i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (vgl. unter 1 a). Ob in der hier maßgebenden Umgebung ein weiterer derartiger Betrieb vorhanden ist, kann offen bleiben.

Ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet, weil es - was die hier in Frage stehende Nutzungsart angeht- kein Vorbild hat, kann gleichwohl planungsrechtlich zulässig sein, wenn es nicht geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen, wenn es mithin die vorgegebene Situation nicht in Bewegung bringt und damit keine Unruhe stiftet, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich zieht (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 371 = BRS 33 Nr. 36).

Eine derartige Unruhe stiftet der dem Beigeladenen genehmigte Betrieb jedenfalls nicht. Das ihm zuzurechnende Fahrzeugaufkommen, das allein Ursache für eine derartige Unruhe sein könnte, hält sich - wie dargelegt (vgl. unter 1 a) - in einem Rahmen, der nicht geeignet ist, ein Planungsbedürfnis auszulösen. Das durch den Betrieb des Beigeladenen ausgelöste Verkehrsaufkommen ist im Übrigen auch deswegen bodenrechtlich nicht bedenklich, weil sich nordwestlich von den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen ein Kindergarten mit angeschlossenem Hort befindet, der 160 Kindern Platz bietet und jedenfalls zeitweise ein mindestens ebenso großes Fahrzeugaufkommen wie der dem Beigeladenen genehmigte Betrieb auslöst. Durch die Zulassung des Bestattungsbetriebes wird auch keine Entwicklung eingeleitet, die den Charakter der hier maßgebenden Umgebung etwa in Richtung eines Mischgebietes verändern würde. Es dominiert weiterhin Wohnbebauung.

b) Da sich der Bestattungsbetrieb des Beigeladenen in jeder Hinsicht gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt, scheidet ein Verstoß gegen das in dem Begriff des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten des Klägers aus. Das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 -4 B 128.98 - BRS 62 Nr. 102 = NVwZ 1999, 879).

II. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der nachbarschützenden Vorschrift des § 49 Abs. 11 Satz 1 ThürBO berufen. Nach dieser Bestimmung müssen Stellplätze so angeordnet werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Abgase nicht über das zumutbare Maß hinaus stört. Entscheidend sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Standort, die Anordnung und die Zahl der Stellplätze sowie die Art und Beschaffenheit der Verbindungswege. Von Bedeutung kann außerdem sein, ob es sich um notwendige oder nicht notwendige Stellplätze handelt, denn im allgemeinen ist davon auszugehen, dass den Grundstücksnachbarn die Errichtung der für ein zulässiges Gebäude notwendigen Stellplätze und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Belastungen zuzumuten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Oktober 1999 -1EO 698/99- BRS 62 Nr. 136 = ThürVGRspr 2000, 84 = ThürVBl. 2000, 132). Nach diesen Maßstäben hat der Kläger die dem Beigeladenen genehmigten 8 Stellplätze, bei denen es sich um notwendige Stellplätze handelt, hinzunehmen. Zwar sind 5 dieser Stellplätze unmittelbar vor dem Wohnhaus des Klägers angeordnet. Dies stellt sich jedoch für den Kläger nicht als unzumutbar dar. Abgesehen davon, dass die zum Grundstück des Beigeladenen hin ausgerichteten Fenster im Haus des Klägers - wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat - höher liegen als die Stellplätze, können diese unmittelbar von der H_________ aus angefahren werden und verursachen mithin keine Rangiergeräusche. Auch ihrer Zahl nach gehen sie nicht über ein erträgliches Maß hinaus.

Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb des Beigeladenen zum Grundstück des Klägers hin nicht die erforderlichen Abstandsflächen einhält, bestehen nicht. Im Übrigen könnte sich der Kläger nicht auf einen Verstoß gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 6 ThürBO berufen, denn sein Wohnhaus und seine Strickerei halten selbst die nach heutigem Recht erforderlichen Abstandsflächen nicht ein (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Oktober 1999 - 1 EO 698/99 - a. a. O.).

III. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die dem Beigeladenen genehmigte Giebelwerbung, bei der es sich um einen Hinweis auf sein Bestattungsinstitut in Form einer Aufschrift an der Vorderseite seines Betriebes handelt, gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt; sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Klägers.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, denn er hat im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,- DM (umgerechnet 25.564,5941 Euro) festgesetzt (§ 25 Abs. 2 GKG i. V. m. §§ 14, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in der bis zum 31.12.2001 geltenden und hier gemäß § 73 Abs. 1 GKG noch anzuwendenden Fassung).

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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