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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.05.2004
Aktenzeichen: 1 KO 833/01
Rechtsgebiete: GG, ThürVwKostG, UStG, UStDV, BSHG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
ThürVwKostG § 2 Abs. 1 Nr. 1
ThürVwKostG § 3 Abs. 1 Nr. 4
ThürVwKostG § 3 Abs. 1 Nr. 5
ThürVwKostG § 4 Abs. 3
UStG § 4 Nr. 18 idFv 09.06.1999
UStDV § 23 idFv 09.06.1999
BSHG § 10
Die den freien Wohlfahrtsverbänden nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG gewährte persönliche Gebührenfreiheit kommt nur den Wohlfahrtsverbänden selbst und ihren Untergliederungen zugute, nicht aber den einem Wohlfahrtsverband als Dachverband angeschlossenen Mitgliedsorganisationen.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

1 KO 833/01

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Verwaltungsgebührenrechts

(hier: Berufung)

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Husch und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Preetz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom

12. Mai 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 19. Oktober 2000 - 4 K 1084/99 GE - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer festgesetzten Baugenehmigungsgebühr.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung; nach § 1 Nr. 3 seiner Satzung ist er Mitglied der Bundesvereinigung und des Landesverbandes der Lebenshilfe sowie des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, "sofern diese bestehen".

Im Jahre 1998 beantragte er beim Beklagten eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Wohnstätte für Behinderte in R. Am 06.07.1998 erteilte der Beklagte die Baugenehmigung und setzte zugleich eine Baugenehmigungsgebühr in Höhe von 10.552,- DM zuzüglich 12,- DM Auslagen fest. Dabei ging der Beklagte von einem Rohbauwert von 1.319.000,- DM und einer Einstufung in Bauwerksklasse 3 aus.

Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Thüringer Landesverwaltungsamt durch - dem Kläger am 03.08.1999 zugestellten - Widerspruchsbescheid vom 28.07.1999 zurück. Der Kläger könne sich nicht auf die Gebührenfreiheit gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG berufen, da es sich bei ihm nicht um einen freien Wohlfahrtsverband im Sinne der genannten Vorschrift handele.

Am 01.09.1999 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Gera Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass er entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde als freier Wohlfahrtsverband i. S. von § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG anzusehen sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 06.07.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 28.07.1999 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG eng auszulegen sei. Als freier Wohlfahrtsverband könne nur der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband e. V. anerkannt werden. Es reiche nicht aus, dass der Kläger diesem Verband als Mitglied angehöre.

Das Verwaltungsgericht Gera hat die Klage durch Urteil vom 19.10.2000 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kostenbescheid finde seine Rechtsgrundlage in den §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 21 ThürVwKostG, § 1 Abs. 1 BauGVO i. V. m. der Tarifstelle 1.1.1 der Anlage 1 zur BauGVO. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ThürVwKostG erhöben Behörden des Landes bei Amtshandlungen Kosten (Gebühren und Auslagen) nach diesem Gesetz und den Verwaltungskostenordnungen. Gemäß § 1 Abs. 1 BauGVO seien für Amtshandlungen der Bauaufsichtsbehörden Gebühren nach dieser Verordnung und den Anlagen 1 bis 5 zu erheben. Ausgehend von einem Rohbauwert von 1.319.000,- DM ergebe dies gemäß der Tarifstelle 1.1.1 der Anlage zur Baugebührenverordnung eine Baugenehmigungsgebühr in Höhe von 10.552,- DM. Hinzu kämen 12,- DM Auslagen.

Der Kläger könne sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG von der Entrichtung von Verwaltungsgebühren befreit sei. Der Kläger sei kein freier Wohlfahrtsverband i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG, sondern lediglich dessen Mitglied. Welche Organisationen als freier Wohlfahrtsverband anzusehen seien, ergebe sich aus § 23 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung. Danach sei zwar der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband e. V. (§ 23 Nr. 3 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung) ein amtlich anerkannter freier Wohlfahrtsverband, nicht aber der Kläger als dessen Mitglied.

Eine Auslegung der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG dergestalt, dass auch Untergliederungen freier Wohlfahrtsverbände unter die Vorschrift gefasst würden, komme angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht in Betracht. Zudem sei § 3 ThürVwKostG als Ausnahme von der generellen Regel des § 1 ThürVwKostG, wonach Amtshandlungen kostenpflichtig seien, zu verstehen und deshalb eng auszulegen; insbesondere sei eine erweiternde Auslegung über den Wortlaut hinaus nicht zulässig. Hinzu komme der Vergleich mit der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwKostG, nach der Hochschulen, Studentenschaften, Forschungseinrichtungen und Studentenwerke, die die Rechtsstellung einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts hätten und andere Einrichtungen, die wissenschaftlichen oder Unterrichts- und Erziehungszwecken dienten und als gemeinnützig anerkannt seien, von der Entrichtung von Verwaltungsgebühren befreit seien. Daran werde deutlich, dass der Gesetzgeber die Frage der Einbeziehung als gemeinnützig anerkannter Organisationen in den Katalog des § 3 ThürVwKostG durchaus gesehen habe. Zugleich habe der Gesetzgeber sich jedoch ausdrücklich dafür entschieden, als gemeinnützig anerkannte andere Einrichtungen nur im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwKostG, nicht aber im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG den dort zuerst genannten Institutionen gleichzustellen. Insoweit spreche auch die Gesetzessystematik im Rahmen des § 3 Abs. 1 ThürVwKostG dagegen, § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG erweiternd auszulegen.

Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheide aus. Es sei nicht zulässig, den im § 3 Abs. 1 ThürVwKostG ausdrücklich genannten Kreis der von der Entrichtung von Verwaltungsgebühren befreiten Institutionen durch eine analoge Anwendung zu erweitern. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass das im Verwaltungskostengesetz angelegte Regel-Ausnahmeverhältnis unterlaufen werde. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen seien nicht ersichtlich.

Ebenfalls bestehe keine sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ThürVwKostG. Danach seien gebührenfrei Amtshandlungen, die überwiegend im öffentlichen Interesse vorgenommen würden. Die dem Kläger erteilte Baugenehmigung sei nicht überwiegend im öffentlichen Interesse vorgenommen worden. Zwar verfolge der Kläger mit seinem Bauvorhaben auch gemeinnützige und damit öffentliche Zwecke. Die Baumaßnahme als solche sei jedoch keine öffentliche Aufgabe, sondern diene dem Kläger nur mittelbar zur Erfüllung seines gemeinnützigen Zwecks. Für § 2 Abs. 1 Nr. 1 ThürVwKostG sei aber erforderlich, dass das überwiegende öffentliche Interesse sich auf die Amtshandlung als solche beziehe. Ein Abstellen auf weitere Zwecke, die der Veranlasser der Amtshandlung in Folge beabsichtige, sei nicht zulässig. Im Übrigen dürfe auch das im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG gefundene Ergebnis nicht durch eine Überdehnung des Anwendungsbereiches des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ThürVwKostG unterlaufen werden.

Des Weiteren habe der Kläger keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte aus Billigkeitsgründen von der Erhebung einer Gebühr absehe. Gemäß § 4 Abs. 3 ThürVwKostG könne von der Festsetzung einer Gebühr abgesehen oder die Höhe der Gebühr ermäßigt werden, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gebührenpflichtigen oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheine. Das der Behörde danach zustehende Ermessen sei vorliegend nicht eröffnet. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ein Absehen von der Erhebung der Gebühr rechtfertigten. Sonstige Billigkeitsgründe existierten ebenfalls nicht. Soweit der Kläger sich auf seine Gemeinnützigkeit beziehe, könne dies im Rahmen des § 4 Abs. 3 ThürVwKostG nicht berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber habe die Privilegierung wegen gemeinnütziger Betätigung auf als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwKostG bzw. die freien Wohlfahrtsverbände i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG beschränkt. Insoweit sei es ebenfalls ausgeschlossen, über eine ausdehnende Auslegung des § 4 Abs. 3 ThürVwKostG diese gesetzgeberische Differenzierung zu unterlaufen.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 11.12.2001 die Berufung zugelassen. Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger im Wesentlichen aus:

Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass in seinem Falle eine Gebührenbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG nicht möglich sei. Nach dem Wortlaut des Gesetzes habe die freie Wohlfahrtspflege aufgrund ihrer Tätigkeit für das Gemeinwohl von bestimmten Kosten befreit werden sollen. Im vorliegenden Fall gehe es um Kosten, die bei der Errichtung eines Heimes für satzungsmäßige Zwecke des Vereins, d. h. für Zwecke des Gemeinwohls entstünden. Der deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, dessen Mitglied er sei und der ihn z. B. bei Pflegesatzverhandlungen vertrete, baue selbst überhaupt keine Heime, so dass die Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG bei einer Beschränkung auf die Verbände leer liefe. Zumindest sei eine analoge Anwendung der Vorschrift zugunsten der für die freie Wohlfahrtspflege Tätigen geboten. Dafür spreche auch, dass die Vorschrift offensichtlich in Anlehnung an die entsprechende Hessische Vorschrift geschaffen worden sei. In Hessen gebe es freie und unfreie Wohlfahrtsverbände, so dass die entsprechende Gesetzesformulierung Sinn mache; in Thüringen gebe es dagegen nur freie Wohlfahrtspflege, so dass die Beschränkung auf freie Wohlfahrtsverbände möglicherweise ein Redaktionsversehen darstelle. Auch er - der Kläger - sei als Teil der freien Wohlfahrtspflege anzusehen.

Soweit das Verwaltungsgericht eine Anwendung des § 2 Abs. 1 ThürVwKostG unter Hinweis auf das Fehlen des öffentlichen Interesses an der erteilten Baugenehmigung ablehne, beruhe dies allein auf formaler Rechtsanwendung. Bei natürlicher Betrachtungsweise sei nicht auf die Genehmigung selbst, sondern auf den Zweck des jeweiligen Vorhabens abzustellen.

Schließlich stelle die Versagung einer Gebührenbefreiung auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Bei Bauvorhaben anderer Lebenshilfeeinrichtungen und anderer Vereine würden keine Kosten geltend gemacht; so sei etwa dem Lebenshilfewerk I e. V. anlässlich der Errichtung von Werkstätten eine Gebührenbefreiung gewährt worden. Ein objektiv nachvollziehbarer Grund für die unterschiedliche Behandlung verschiedener Vereine sei nicht ersichtlich.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gera vom 19.10.2000 - 4 K 1084/99 GE - den Bescheid des Beklagten vom 06.07.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.07.1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung sowie in den Urteilen des VG Weimar vom 15.12.1999 (ThürVBl. 2000, 90 f.) und führt ergänzend aus:

Der Kläger sei Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, aber keine Unterorganisation oder Untergliederung dieses Verbandes, sondern ein selbständiger und vom Verband zu unterscheidender eingetragener Verein. Zudem sei der Kreis derjenigen, denen durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 - 5 ThürVwKostG eine Gebührenbefreiung gewährt werde, bereits sehr weit gezogen. Eine Ausweitung dieses Kreises sei nicht zu vertreten, so dass nur die freien Wohlfahrtsverbände und deren eigene Betätigung durch die Gebührenbefreiung privilegiert werden könnten.

Ob bei Bauvorhaben anderer Lebenshilfeeinrichtungen eine Gebührenbefreiung erfolge, sei im Hinblick auf den Gleichheitssatz irrelevant, da in derartigen Fällen eine Gebührenbefreiung dann im Ergebnis zu Unrecht erfolgt sei und es eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht gebe. Im Übrigen würden auch vom Lebenshilfewerk I e. V. durchaus Baugebühren erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12.05.2004 aufgeführten Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I.

Die vom Senat zugelassene Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen der Gebührenerhebung und der Höhe der erhobenen Gebühr verweist der Senat auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung, der der Kläger insoweit nicht entgegengetreten ist.

2. Der Kläger kann sich gegenüber der Gebührenforderung des Beklagten nicht mit Erfolg auf eine persönliche Gebührenfreiheit berufen. Nach der insoweit allein als Befreiungstatbestand in Betracht kommenden Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG sind (nur) freie Wohlfahrtsverbände von der Entrichtung von Verwaltungsgebühren befreit. Dazu gehören die in der Liga der freien Wohlfahrtsverbände zusammengeschlossenen und in Thüringen tätigen (Landes-)Wohlfahrtsverbände (Caritas, Diakonisches Werk, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Zentrale Wohlfahrtsstelle für Juden), nicht aber andere im Bereich der Wohlfahrtspflege tätige Organisationen, auch wenn sie - wie der Kläger - ihrerseits wieder Mitglied eines freien Wohlfahrtsverbandes - hier des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes - sind.

Allerdings ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG noch aus anderen Bestimmungen dieses Gesetzes unmittelbar, welche Organisationen der Gesetzgeber als freie Wohlfahrtsverbände ansieht, die von der Zahlung von Verwaltungsgebühren grundsätzlich befreit sein sollen. Das Verwaltungsgericht hat deshalb (wie schon das VG Weimar in seinen Urteilen vom 15.12.1999 -1 K 1679, 1680 und 2801/99.We-, ThürVBl. 2000, 90) § 23 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (wohl i. d. F. vom 9.6.1999 - BGBl. I S. 1308 - UstDV 1999) herangezogen.

Diese Bestimmung zählt die Organisationen auf, die als amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege gelten, deren Leistungen nach § 4 Nr. 18 Umsatzsteuergesetz i. d. F. vom 9.6.1999 (BGBl. I S. 1270 - UStG 1999) unter den dort genannten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sind. Zu den in § 23 UstDV 1999 aufgeführten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zählt auch der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (Nr. 3), dem der Kläger nach § 1 Nr. 3 seiner Satzung als Mitglied angehört, nicht aber eine diesem Verband als Mitglied angeschlossene Organisation. Dementsprechend unterscheidet § 4 Nr. 18 UStG 1999 auch zwischen den amtlich anerkannten Verbänden der Wohlfahrtspflege einerseits und den einem solchen Verband als Mitglieder angeschlossenen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen andererseits (so schon VG Weimar, a. a. O.), deren Leistungen allerdings ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit sind.

Ob sich die landesrechtliche Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG ohne weiteres unter Rückgriff auf die bundesrechtlichen Bestimmungen des § 4 Abs. 18 UStG 1999 und der dazu ergangenen Ausführungsbestimmung des § 23 UstDV 1999 auslegen lässt, erscheint aber fraglich. Die in § 23 UstDV 1999 enthaltene Legaldefinition beansprucht selbst auf der Ebene des Bundesrechts keine sachgebietsübergreifende Geltung, sondern beschränkt sich auf den Bereich des Umsatzsteuerrechts; zudem zählt die Bestimmung neben den sechs anerkannten Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege vier weitere Verbände auf, die nach wohl überwiegender Auffassung nicht zu den freien Wohlfahrtsverbänden gehören (vgl. hierzu etwa Neumann, Der Verband der freien Wohlfahrtspflege als Rechtsbegriff, RsDE Heft 4/1989, S. 1 [7]).

Die Frage eines Rückgriffs auf die Legaldefinition in § 23 UstDV 1999 bedarf hier jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn die Beschränkung der persönlichen Gebührenbefreiung auf die (anerkannten) Wohlfahrtsverbände und ihre Untergliederungen ergibt sich bereits aus der Entstehungsgeschichte bzw. Vorgeschichte des Thüringer Verwaltungskostengesetzes. Zwar lässt sich dem Regierungsentwurf des Ersten Gesetzes zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Thüringer Verwaltung, als dessen Art. II Nr. 3 das Gesetz seinerzeit verabschiedet worden ist, nichts dafür entnehmen, von welchen Überlegungen der Landesgesetzgeber seinerzeit ausgegangen ist, denn der Gesetzentwurf enthält insoweit keine Begründung (vgl. LT-Drs. 1/334, S. 134 ff.). Als weiterführend erweist sich aber ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Hessischen Verwaltungskostengesetzes - HVwKostG - vom 11.7.1972 (Hess. GVBl. I S. 235), nach dessen Vorbild das Thüringer Verwaltungskostengesetz offensichtlich geschaffen worden ist; insbesondere stimmt § 3 Abs. 1 Nr. 1 -5 ThürVwKostG fast wörtlich mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 - 5 HVwKostG (in der 1990/91 noch geltenden Fassung) überein. Dessen Regelung der persönlichen Gebührenbefreiung geht ihrerseits auf die Vorläuferregelung im Hessischen Verwaltungsgebührengesetz aus dem Jahre 1954 zurück (hierauf verweist die Begründung des Regierungsentwurfs des HVwKostG 1972, vgl. Hess. Landtagsdrucksache 7/841, S. 31). Nach § 3 des Hessischen Verwaltungsgebührengesetzes vom 14.10.1954 (Hess. GVBl. S. 163) waren u. a. eine Reihe öffentlich-rechtlicher Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, darunter nach Buchstabe e der Regelung auch die freien Wohlfahrtsverbände, von der Zahlung von Verwaltungsgebühren befreit. In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3 des Hessischen Verwaltungsgebührengesetzes von 1954 heißt es (vgl. Drucksachen des Hess. Landtages, 2. Wahlperiode, Abteilung I Nr. 965, S. 2187):

"Der Kreis der Personen, denen nach dem Entwurf Gebührenfreiheit gewährt werden soll, ist sehr weit gezogen. ... Eine Ausweitung dieses Kreises kann deshalb nicht vertreten werden. ..."

Diese Begründung verdeutlicht, dass der damalige Gesetzgeber von einer Ausweitung des zwar weit gefassten, für ihn aber noch überschaubaren Kreises der begünstigten (juristischen) Personen seinerzeit bewusst Abstand genommen hat. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die gebührenrechtliche Privilegierung nach § 3 Abs. 1 Buchstabe e) des Hessischen Verwaltungsgebührengesetzes von 1954 (bzw. später § 3 Abs. 1 Nr. 5 HVwKostG 1972) nur den dem Gesetzgeber bekannten freien Wohlfahrtsverbänden zugutekommen sollte, die zum damaligen Zeitpunkt bereits seit längerem existierten bzw. nach dem 2. Weltkrieg wieder gegründet worden waren. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der damalige Gesetzgeber alle als gemeinnützig anerkannten Vereine oder sonstigen mitgliedschaftlich organisierten, nichtstaatlichen Organisationen, die im Bereich der Wohlfahrtspflege tätig sind, von der Zahlung von Verwaltungsgebühren befreien wollte. Der hessischen Regelung lässt sich auch nichts dafür entnehmen, dass der darin verwendete Begriff des freien Wohlfahrtsverbandes - wie der Kläger meint - lediglich der Abgrenzung von den in Hessen existierenden sog. unfreien Wohlfahrtsverbänden (d. h. der Wohlfahrtspflege durch Gebietskörperschaften) gedient hätte und alle im Bereich der freien Wohlfahrtspflege tätigen Organisationen umfassen sollte. Dementsprechend geht etwa das VG Kassel für die (damalige) Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 HVwKostG 1972 davon aus, dass sie nur die Wohlfahrtsverbände selbst, nicht aber die im Bereich der Wohlfahrtspflege tätigen Vereine begünstigt, die lediglich Mitglied eines (Dach-)Verbandes sind (vgl. VG Kassel, Urteil vom 19.3.1990 - 2/2 E 745.89-, RsDE Nr. 13 [1991], S. 82).

Entsprechendes wird auch für die mit § 3 Abs. 1 Nr. 5 HVwKostG 1972 (a. F.) wörtlich übereinstimmende Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG zu gelten haben. Es spricht nichts dafür, dass der Thüringer Gesetzgeber den Kreis der Begünstigten über die inzwischen auch in Thüringen aktiven freien Wohlfahrtsverbände hinaus auf alle im Bereich der Wohlfahrtspflege tätigen Organisationen ausdehnen wollte, die sich einem der Wohlfahrtsverbände als Dachverband angeschlossen haben. Dies gilt unabhängig davon, ob etwa Regelungen des Sozialhilferechts (insb. § 10 BSHG) ein entsprechend weites Verständnis des dort - in einem anderen Regelungszusammenhang - verwendeten Begriffs des freien Wohlfahrtsverbandes zugrunde liegt oder nicht (vgl. zum Meinungsstand etwa: Neumann, RsDE Heft 4/1989, S. 1 ff.; Münder in LPK-BSHG, 5. Aufl. 1998, § 10 Rdn. 10 ff.). Eine auf die Erfüllung bestimmter Aufgaben im Bereich der Wohlfahrtspflege abstellende "erweiternde" Auslegung des im Gesetz verwendeten Begriffs des Verbandes der freien Wohlfahrtspflege würde zudem zu einer Verwischung der Grenzen zwischen der in § 2 ThürVwKostG geregelten sachlichen Gebührenfreiheit und der nur an die Person des Begünstigten anknüpfenden persönlichen Gebührenfreiheit nach § 3 ThürVwKostG führen.

Eine gebührenrechtliche Privilegierung der einzelnen Mitglieder des Paritätischen Wohlverbandes (Landesverband Thüringen e. V.) lässt sich auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, sie seien aufgrund einer besonders engen organisatorischen Verknüpfung mit dem Verband als dessen Untergliederungen anzusehen und deshalb in gebührenrechtlicher Hinsicht mit ihm gleichzusetzen. Eine derart enge organisatorische Verknüpfung zwischen dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und den ihm angeschlossenen Organisationen besteht gerade nicht. Vielmehr zeigt eine nähere Betrachtung, dass sich eine Vielzahl unterschiedlichster Organisationen unter dem "Dach" des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zusammengefunden hat, damit dieser sie in ihren rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zielen gegenüber Dritten vertritt (vgl. § 2 Abs. 3 der Satzung des Landesverbandes Thüringen e. V.). Der Landesverband Thüringen e. V. des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist nach seiner Satzung grundsätzlich für alle als gemeinnützig oder mildtätig anerkannten, rechtlich selbständigen Wohlfahrtsorganisationen offen (vgl. § 4 Abs. 1 der Satzung). Die Eigenständigkeit der Mitgliedsorganisationen bleibt durch den Beitritt zum Paritätischen Wohlfahrtsverband unberührt (vgl. § 4 Abs. 2 der Satzung).

Dies gilt insbesondere auch für die Satzungsautonomie der einzelnen Mitglieder. § 4 Abs. 3 der Satzung des Landesverbandes Thüringen e. V. des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bestimmt lediglich, dass dem Aufnahmeantrag u. a. die Satzung der jeweiligen Wohlfahrtsorganisation beizufügen ist, sieht aber weder eine weiter gehende Inhaltskontrolle der Satzungen der Mitgliedsorganisationen vor, noch bedürfen diese einer Genehmigung des Landesverbandes als Dachorganisation. Im Übrigen unterscheidet die Satzung des Landesverbandes auch zwischen den ihm angeschlossenen Mitgliedsorganisationen einerseits und eigenen Untergliederungen (ohne eigene Rechtsfähigkeit), die der Vorstand für den Bereich eines Kreises als sog. Kreisgruppen schaffen kann (vgl. § 10 der Satzung).

Die Beschränkung der durch § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG gewährten persönlichen Gebührenfreiheit auf die Wohlfahrtsverbände selbst und deren Untergliederungen wird bestätigt durch den vom Verwaltungsgericht angestellten Vergleich mit dem Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwKostG, der neben den dort angeführten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Hochschulbereich auch andere Einrichtungen erfasst, die wissenschaftlichen oder Unterrichts- und Erziehungszwecken dienen und als gemeinnützig anerkannt sind. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen gleichfalls auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden.

Die Bestimmung läuft entgegen der Auffassung des Klägers bei einer Beschränkung auf Verbände (und deren Untergliederungen) auch keineswegs leer. Zwar mag es zutreffen, dass der Paritätische Wohlfahrtsverband (Landesverband Thüringen e. V.) als reiner Dachverband selbst nicht baut, obwohl er sich diese Möglichkeit in § 2 Abs. 4 seiner Satzung ausdrücklich vorbehalten hat. Dies lässt sich aber für die anderen Wohlfahrtsverbände, die über Untergliederungen auf Kreis- und Ortsebene verfügen, nicht feststellen. Abgesehen davon bezieht sich die Gebührenbefreiung nicht nur auf den Bereich des Baurechts, sondern auf die gesamte Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, so dass auch in Bezug auf den Paritätischen Wohlfahrtsverband (Landesverband Thüringen e. V.) ein hinreichender Anwendungsbereich verbleibt.

Die Beschränkung der Gebührenbefreiung auf die (anerkannten) freien Wohlfahrtsverbände und ihre Untergliederungen stellt auch keine sachwidrige und mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Benachteiligung der anderen im Bereich der Wohlfahrtspflege tätigen Organisationen dar. Es ist im Hinblick auf die Bedeutung der freien Wohlfahrtsverbände für die Wohlfahrtspflege nicht willkürlich, dass der Gesetzgeber die persönliche Gebührenfreiheit auf diese Organisationen beschränkt hat, um den Kreis der Begünstigten so für ihn überschaubar zu halten. Soweit der Kläger eine sachwidrige Ungleichbehandlung darin sieht, dass anderen Vereinen bzw. Einrichtungen der Lebenshilfe eine Gebührenbefreiung gewährt worden sei, richtet sich sein Einwand nicht gegen die gesetzliche Regelung, sondern gegen die Verwaltungspraxis in anderen Landkreisen, die die persönliche Gebührenfreiheit nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 ThürVwKostG zu Unrecht auch einem Verein zukommen lässt, der lediglich Mitglied eines Wohlfahrtsverbandes ist. Auch soweit dies möglicherweise der früheren Verwaltungspraxis des Beklagten selbst entsprochen haben mag, kann der Kläger daraus für sich nichts herleiten.

3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die sachliche Gebührenfreiheit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ThürVwKostG berufen. Insoweit kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden. Die Beschränkung der Gebührenbefreiung auf im öffentlichen Interesse liegende Amtshandlungen kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht dadurch überspielt werden, dass "bei natürlicher Betrachtungsweise" nicht auf die Genehmigung selbst, sondern auf den Zweck des jeweiligen Vorhabens abgestellt wird (vgl. in diesem Sinne schon VG Weimar, Urteile vom 15.12.1999 - 1 K 1679, 1680 und 2801/99.We -, ThürVBl. 2000, 90; zur vergleichbaren hessischen Regelung s. ferner Hess. VGH, Urteil vom 5.4.1990 - 5 UE 2284/87 -, NVwZ-RR 1991, 208 m. w. N.). Dies würde im Ergebnis zu einer generellen Gebührenfreiheit für Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Erfüllung von Aufgaben im Bereich der Wohlfahrtspflege führen, die gesetzgeberisch gerade nicht gewollt ist (vgl. hierzu auch VG Weimar, a. a. O.).

4. Schließlich war der Beklagte auch nicht gehalten, gemäß § 4 Abs. 3 ThürVwKostG aus Billigkeitsgründen von der Festsetzung einer Gebühr abzusehen oder die Höhe der Gebühr zu ermäßigen. Insoweit kann ebenfalls auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 132 VwGO).

Ende der Entscheidung

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