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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 30.09.2004
Aktenzeichen: 2 KO 1112/03
Rechtsgebiete: ThürKWG, ThürKWO, ThürVwVfG


Vorschriften:

ThürKWG § 9 Abs. 6
ThürKWG § 31 Abs. 2 S. 1
ThürKWG § 32 Abs. 2 S. 2
ThürKWG § 32 Abs. 2 S. 3
ThürKWO § 52 S. 1
ThürVwVfG § 41 Abs. 3
ThürVwVfG § 41 Abs. 4
Bei der ortsüblichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses einer Kommunalwahl genügt eine Veröffentlichung, die ungeachtet der Anforderungen der Thüringer Bekanntmachungsverordnung den Bestimmungen der kommunalen Hauptsatzung über öffentliche Bekanntmachungen der Gemeinde entspricht.

Die Ungültigkeitserklärung der Rechtsaufsichtsbehörde einer Kommunalwahl (hier: Bürgermeisterwahl) wird erst dann wirksam, wenn sie wie die Bekanntmachung des Wahlergebnisses in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt gemacht wurde.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT Geschäftsstelle - 2. Senat - 2 KO 1112/03 Im Namen des Volkes URTEIL

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kommunalwahlrecht, hier: Berufung

hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Graef, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe und den Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider aufgrund der mündlichen Verhandlung am 30. September 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Meinigen - 2 K 462/03.Me - wird wie folgt neu gefasst: Die Ungültigkeitserklärung der Bürgermeisterwahl vom 12. Januar 2003 in der Gemeinde Wutha-Farnroda durch Bescheid des Beklagten vom 29. April 2003 und durch dessen Bekanntmachung in der "Hörselzeitung - Amtsblatt der Gemeinde Wutha-Farnroda, Gemeinde Hörselberg und des Zweckverbandes Hörselberg" vom 23. Mai 2003 wird aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Bürgermeisterwahl 2003 in der Gemeinde Wutha-Farnroda.

Der Kläger kandidierte bei der Wahl am 12. Januar 2003 neben einem weiteren Bewerber erneut für das Amt des Bürgermeisters in der Gemeinde Wutha-Farnroda. Aufgrund von Schnellmeldungen nach Schließung der Wahllokale stellte die Gemeindewahlleiterin eine Pattsituation zwischen den beiden Bewerbern fest. Bei einer Nachzählung am Wahlabend und am folgenden Tag fanden sich zwei weitere Stimmzettel für den Kläger.

Daraufhin stellte der Wahlausschuss in öffentlicher Sitzung am 13. Januar 2003 als Ergebnis der Wahl zum Bürgermeister der Gemeinde Wutha-Farnroda fest, dass von 2.781 Wählern bei insgesamt 5.952 Wahlberechtigten 17 ungültige und 2.764 gültige Stimmen abgegeben wurden. Davon entfielen auf den Kläger 1.383 (50,04 %) und auf den Gegenkandidat 1.381 (49,96 %) der Stimmen. Die Gemeindewahlleiterin gab am 17. Januar 2003 dieses Ergebnis mit einer Rechtsbehelfsbelehrung in der "Hörselzeitung - Amtsblatt der Gemeinde Wutha-Farnroda, Gemeinde Hörselberg und des Zweckverbandes Hörselberg" bekannt.

Aufgrund einer am 29. Januar 2003 eingegangenen Wahlanfechtung und eines am 24. März 2003 eingeleiteten Wahlprüfungsverfahrens von Amts wegen überprüfte die Kommunalaufsicht die Wahl.

Mit Bescheid vom 14. April 2003 lehnte die Kommunalaufsicht zwar die erhobene Wahlanfechtung ab, erklärte aber mit Bescheid vom gleichen Tag, der an die "Gemeinde Wutha-Farnroda - Der Bürgermeister -" adressiert war, im Wahlprüfungsverfahren die Bürgermeisterwahl in der Gemeinde Wutha-Farnroda vom 12. Januar 2003 für ungültig. Zur Begründung führte sie aus, dass jedenfalls zwei erhebliche Wahlrechtsverstöße festzustellen seien.

Der Landrat des Wartburgkreises händigte diesen Bescheid dem Kläger mit ergänzenden Erläuterungen noch am 14. April 2004 aus.

Der weiteren Aufforderung der Kommunalaufsicht mit Schreiben vom 15. April 2003 (Abvermerk 16. April 2003), den Tenor einer Ungültigkeitserklärung von diesem Tag, die ohne weitere Begründung und Rechtsmittelbelehrung versehen war, im Amtsblatt der Gemeinde Wutha-Farnroda bekannt zu machen, ist die Gemeinde durch Veröffentlichung in ihrem Amtsblatt vom 23. Mai 2003 nachgekommen.

Nach einer Auskunft des aufsichtsführenden Landesverwaltungsamts ging die Kommunalaufsicht in der Folge davon aus, dass der Bescheid dem Gewählten zuzustellen sei. Daher stellte sie am 30. April 2003 dem Kläger einen mit der Entscheidung vom 14. April 2003 inhaltlich identischen Bescheid vom 29. April 2003 zu, der an ihn persönlich gerichtet war.

Mit Schriftsätzen vom 5. Mai, 8. Mai und 12. Mai 2003 erklärte die Kommunalaufsicht gegenüber der Gemeinde Wutha-Farnroda, dass das an sie gerichtete Schreiben vom 14. April 2003 richtigerweise als Information an die Gemeinde zu verstehen sei. Soweit dies ein Verwaltungsakt sei, nehme sie diesen zurück.

Am 12. Mai 2003 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Meiningen gegen die Ungültigkeitserklärung seiner Wahl zum Bürgermeister Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass Wahlfehler nicht vorlägen. Im Übrigen sei der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig, weil er nicht innerhalb der gesetzlichen Drei-Monats-Frist ergangen sei. Das Wahlergebnis sei am 17. Januar 2003 bekannt gemacht worden, mit der Folge, dass die gesetzliche Frist zur Beanstandung des Wahlergebnisses am 17. April 2003 abgelaufen sei. Der für ihn maßgebliche Bescheid sei ihm jedoch erst am 29. April 2003 zugegangen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 29. April 2003 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er sich auf den angefochtenen Bescheid bezogen. Er meint weiterhin, die gesetzliche Ausschlussfrist, innerhalb der die Wahl für ungültig erklärt werden könne, sei nicht überschritten. Die Frist sei nicht durch die am 17. Januar 2003 erfolgte Bekanntmachung in Lauf gesetzt worden, da das Amtsblatt der Gemeinde Wutha-Farnroda nicht den Anforderungen der Thüringer Bekanntmachungsverordnung und des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit entsprochen habe. Entgegen den Festsetzungen in der Hauptsatzung der Gemeinde Wutha-Farnroda seien nicht nur die beiden Gemeinden Wutha-Farnroda und Hörselberg Herausgeber des Amtsblatts, sondern auch der Zweckverband Hörselberg. Überdies sei die Entscheidung des Beklagtenvertreters dem Kläger rechtzeitig am 14. April 2003 durch den Landrat des Wartburgkreises mündlich bekannt gegeben worden.

Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2003 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht Meiningen (Az. 2 K 462/03.Me) der Klage stattgegeben und den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kommunalaufsicht die Wahl nicht fristgerecht für ungültig erklärt habe. Sie habe die im Kommunalwahlgesetz vorgeschriebene Drei-Monats-Frist überschritten. Die Frist habe mit der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 17. Januar 2003 im Amtsblatt der Gemeinde Wutha-Farnroda zu laufen begonnen. Den Anforderungen der Hauptsatzung der Gemeinde Wutha-Farnroda gemäß sei das Wahlergebnis in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt gemacht worden. Es komme im Übrigen nicht darauf an, dass das Amtsblatt in seiner konkreten Ausgestaltung den Anforderungen der Thüringer Bekanntmachungsverordnung genüge. Dies verlangten die einschlägigen Bestimmungen nicht. Diese Auffassung werde auch durch den das Wahlrecht prägenden Grundsatz bestätigt, dass unverzüglich über die Gültigkeit der Wahl entschieden werden müsse. Die Ausschlussfrist habe am 17. April 2003 ihr Ende gefunden. Der streitgegenständliche Bescheid sei jedoch erst nach diesem Zeitpunkt - nämlich Ende April 2003 - dem Kläger bekannt gegeben worden. Der gegenüber der Gemeinde Wutha-Farnroda ergangene Bescheid vom 14. April 2003 sei durch den Beklagten zurückgenommen worden. Die Entscheidung sei gegenüber dem Kläger auch nicht wirksam mündlich bekannt gegeben worden. Dem Kläger sei am 14. April 2003 der Bescheid ausschließlich als gesetzlicher Vertreter der Gemeinde in seiner Funktion als Bürgermeister zur Kenntnis gelangt.

Gegen das ihm am 15. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 13. November 2003 beim Verwaltungsgericht Meiningen die vom Verwaltungsgericht eröffnete Berufung eingelegt und mit weiterem Schreiben am 13. Januar 2004 nach einer durch den Vorsitzenden des Senats gewährten Fristverlängerung bis zum 15. Januar 2004 begründet. Er meint, die Klage sei bereits unzulässig. Der nicht streitgegenständliche Bescheid vom 14. April 2003 über die Unwirksamkeit der Wahl sei bestandskräftig. Dieser Bescheid sei richtigerweise so zu verstehen, dass er nicht an die Gemeinde Wutha-Farnroda, sondern an den Kläger gerichtet gewesen sei. Jedenfalls sei dieser Bescheid nach den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften an ihn als Betroffenen bekannt gegeben worden. Dies genüge. Dieser Bescheid sei auch nicht zurückgenommen worden. Wenn überhaupt, so sei dies gegenüber der Gemeinde geschehen, nicht jedoch gegenüber dem Kläger. Der an den Kläger gerichtete Bescheid vom 29. April 2003 sei hingegen keine eigenständige Regelung. Gegen diesen Bescheid könne folglich auch der Kläger keine isolierte Klage einlegen. Gegen den maßgeblichen Bescheid vom 14. April 2003 habe er jedoch keine Klage erhoben. Hilfsweise macht er unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags weiterhin geltend, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Drei-Monats-Frist nicht mit der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 17. Januar 2003 begonnen habe. Im Übrigen verweist der Beklagte zur materiellen Rechtmäßigkeit auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid.

Er beantragt,

unter Aufhebung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2003 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Meiningen - 2 K 462/03.Me - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Meinigen - 2 K 462/03.Me - wie folgt neu gefasst wird: Die Ungültigkeitserklärung der Bürgermeisterwahl vom 12. Januar 2003 in der Gemeinde Wutha-Farnroda durch den Bescheid des Beklagten vom 29. April 2003 und durch die Bekanntmachung in der "Hörselzeitung - Amtsblatt der Gemeinde Wutha-Farnroda, Gemeinde Hörselberg und des Zweckverbandes Hörselberg" vom 23. Mai 2003 wird aufgehoben.

Er verteidigt im Wesentlichen die erstinstanzliche Entscheidung. Die Auslegung des Beklagten zum richtigen Adressaten des Bescheides vom 14. April 2003 sei im Gesamtzusammenhang des damaligen Verwaltungsverfahrens und der ergangenen Schriftsätze unverständlich und widersprüchlich. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses sei am 17. Januar 2003 in der ortsüblichen Weise erfolgt. Die vom Beklagten unterstellte Verwechslungsgefahr bestehe schon deshalb nicht, weil es nur eine "Hörselzeitung" gebe.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses, der sich am Berufungsverfahren beteiligt, stellt keinen Antrag. Er unterstützt jedoch die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die Form der Bekanntmachung von Wahlergebnissen. Ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Thüringer Bekanntmachungsverordnung sei unerheblich, da diese sich nur auf die Bekanntmachung kommunaler Satzungen bezöge.

Im Übrigen wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten (4 Hefter) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage des Klägers auf Ungültigkeitserklärung seiner Wahl zum Bürgermeister der Gemeinde Wutha-Farnroda stattgegeben.

Die Klage ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage statthaft. Sie richtet sich gegen die als Verwaltungsakt zu qualifizierende Ungültigkeitserklärung der Bürgermeisterwahl vom 12. Januar 2003 in der Gemeinde Wutha-Farnroda. Der Anfechtungsantrag ist dabei gegen den Rechtsakt gerichtet, der die vom Beklagten beabsichtigte Rechtsfolge überhaupt erst wirksam herbeiführen konnte, nämlich - wie noch auszuführen ist - gegen die mit Bekanntmachung vom 23. Mai 2003 veröffentlichte Ungültigkeitserklärung.

Sieht man die Aufhebung dieser Ungültigkeitserklärung noch nicht als vom ursprünglichen Klagebegehren umfasst an, so hat der Kläger ein solches Anfechtungsbegehren jedenfalls zulässigerweise mit seinem Berufungsantrag in das Verfahren eingeführt. Eine solche Änderung des Klageantrags sieht der Senat als sachdienlich an (§ 91 VwGO). Die Klage ist insoweit auch fristgerecht erhoben.

Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die Ungültigkeitserklärung der Wahl des Klägers am 12. Januar 2003 zum Bürgermeister der Gemeinde Wutha-Farnroda ist rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Sie ist bereits aus formellen Gründen unwirksam. Der Beklagte hat die Ungültigkeitserklärung nicht fristgerecht in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt gemacht. Die Rechtsaufsicht kann diese Erklärung nur binnen einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses bekannt geben (§§ 32 Abs. 2 Satz 2 und 3, 31 Abs. 2 Satz 3 und 5 ThürKWG). Anders als im Rahmen der Wahlanfechtungsfristen sind der Wahlprüfung zwingende Fristen vorgegeben. Während in der Wahlanfechtung binnen einer Frist von drei Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses entschieden werden soll (§ 31 Abs. 2 Satz 1 ThürKWG), ist die Entscheidung im Wahlprüfungsverfahren in diesem Zeitraum zu treffen.

Diese Frist ist hier verstrichen. Das Wahlergebnis wurde am 17. Januar 2003 in der "Hörselzeitung" als dem amtlichen Bekanntmachungsorgan der Gemeinde Wutha- Farnroda bekannt gemacht. Die Ungültigkeitserklärung erfolgte in gleicher Art und Weise erst am 23. Mai 2003, mithin erst nach Ablauf der gesetzlichen Drei-Monats-Frist.

Entgegen der Auffassung des Beklagten wurden sowohl das Wahlergebnis als auch die Ungültigkeitserklärung entsprechend der Hauptsatzung der Gemeinde Wutha-Farnroda ordnungsgemäß ortsüblich bekannt gemacht mit der Folge, dass die Frist am 12. Januar 2003 zu laufen begann.

Ausreichend für eine ortsübliche Bekanntmachung ist nach § 52 Abs. 1 ThürKWO eine Bekanntmachung in der für Satzungen vorgesehenen Form. Der Senat hat bereits in seiner früheren Rechtsprechung ausgeführt, dass dabei auf die Bestimmungen der jeweiligen kommunalen Hauptsatzung der betroffenen Gemeinde abzustellen ist (Urteil des Senats vom 20.06.1996 - 2 KO 229/96 -).

Nach § 13 Abs. 1 der Hauptsatzung der Gemeinde Wutha-Farnroda vom 19. März 2001 werden Satzungen der Gemeinde durch Veröffentlichung in dem von den Gemeinden Wutha-Farnroda und Hörselberg gemeinsam herausgegebenen Amtsblatt "Hörselzeitung" öffentlich bekannt gemacht. Das gleiche gilt nach § 13 Abs. 3 der Hauptsatzung für sonstige gesetzlich erforderliche Bekanntmachungen.

Die Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 17. Januar 2003 entspricht diesen Erfordernissen. Dieses Ergebnis der Bürgermeisterwahl wurde in der "Hörselzeitung" veröffentlicht. Die Tatsache, dass diese Zeitung neben der Gemeinde Wutha-Farnroda und Hörselberg in Abweichung von den Bestimmungen der Hauptsatzung auch den Zweckverband Hörselberg als weiteren Herausgeber benennt, macht die Bekanntmachung nicht satzungswidrig. Denn diese Abweichung ist, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, unbeachtlich. Entscheidend für die ordnungsgemäße Bekanntmachung ist, dass für den Bürger das für die Veröffentlichung maßgebliche Publikationsorgan entsprechend der Bestimmungen der Hauptsatzung als das Maßgebliche erkennbar ist und Verwechslungen ausgeschlossen sind. Dies ist bei der "Hörselzeitung" der Fall, unabhängig davon, ob jetzt zwei oder drei Herausgeber vorhanden sind.

Es kommt darüber hinaus nicht darauf an, ob das Amtsblatt auch den Anforderungen der Thüringer Bekanntmachungsverordnung entspricht; wobei dahingestellt sein kann, ob ein solcher Verstoß hier überhaupt festzustellen ist. Schon in den zitierten kommunalwahlrechtlichen Bestimmungen ist eine solche Voraussetzung nicht zu entnehmen. Sie verlangen nur eine ortsübliche Bekanntmachung, also eine durch die kommunale Satzungslage vorgegebene Publikationspraxis. Dass darüber hinaus die für einen wirksamen Satzungserlass erforderlichen Bestimmungen der Bekanntmachungsverordnung, jedenfalls soweit es sich lediglich um Ordnungsvorschriften handelt, eingehalten werden müssen, wird damit nicht verlangt. Würde man hier der gegenteiligen Ansicht sein, so wäre eine solche Forderung als überspannt und verfassungsrechtlich nicht geboten anzusehen. Bloße Ordnungsverstöße können keine erheblichen wahlrechtlichen Folgen haben. Sonst würde dies den i m Wahlrecht gültigen Grundsatz missachten, dass nur erhebliche Wahlrechtsverstöße zu einer Aufhebung der Wahl berechtigen. Solche sind jedoch - wie vom Verwaltungsgericht auch zu Recht dargestellt - nicht geschehen.

Wurde daher das Wahlergebnis durch Veröffentlichung am 17. Januar 2003 wirksam ortsüblich bekannt gemacht, so lief die Ausschlussfrist zur Entscheidung über die Ungültigkeit der Wahl im Wahlprüfungsverfahren am 17. April 2003 ab. Innerhalb dieses Zeitraums hat nun der Beklagte die Wahl des Klägers nicht wirksam für ungültig erklärt. Erst die im Amtsblatt der Gemeinde Wutha-Farnroda am 23. Mai 2003 bekannt gemachte und somit nach der Drei-Monats-Frist abgegebene Ungültigkeitserklärung konnte rechtliche Folgen für den Kläger auslösen. Nur diese ortsübliche Bekanntmachung der Erklärung führte nach den gesetzlichen Vorgaben zu einer wirksamen Ungültigkeitserklärung.

Hierzu stellt der Senat fest, dass das Thüringer Kommunalwahlgesetz nicht davon ausgeht, dass überhaupt eine nach außen gerichtete Ungültigkeitserklärung ergangen ist. Vielmehr bestimmt das Landesrecht - insoweit anders als in anderen Bundesländern - ausdrücklich auch die Art und Weise, wie dies zu geschehen hat. Die Ungültigkeitserklärung der Rechtsaufsichtsbehörde ist nämlich wie die Bekanntmachung des Wahlergebnisses in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt zu machen (§ 32 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 31 Abs. 2 Satz 5 und § 9 Abs. 6 ThürKWG).

Weder dem Gesetzestext noch der insoweit offenen Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zum ThürKWG (Landtagsdrucksache 1/2150) lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Bekanntmachung durch ortsübliche Bekanntmachung nur neben anderen Arten der Bekanntgabe treten soll. Vielmehr ist diese Bestimmung, die keine Alternative zu dieser Bekanntmachung benennt, nur so zu verstehen, dass allein die öffentliche Bekanntmachung eine solche aufsichtsbehördliche Erklärung erst verbindlich macht.

Diese Regelung ist auch in der Sache gerechtfertigt. Der Gesetzgeber vermeidet so die ansonsten schwierigen und in anderen Ländern durchaus streitigen Rechtsfragen, gegenüber wem und in welcher Form Ungültigkeitserklärungen zu erlassen sind (vgl. hierzu nur zur bayerischen Rechtslage: BayVGH, Urteil vom 20.03.1985 - 4 B 85 A.62 -, BayVBl. 1985, 530). Die Regelung ist auch deshalb zweckmäßig, weil hierdurch sichergestellt wird, dass über das weitere Schicksal der Wahl verbindlich amtlich informiert und entschieden wird, und zwar auf der Publikationsebene in einer Art und Weise wie bei den bisherigen amtlichen Wahlbekanntmachungen. Diese Form der Bekanntmachung wird im Übrigen auch am ehesten der Kundgabe gerecht, die der Allgemeinverfügung entspricht (vgl. § 41 Abs. 3 Satz 2 ThürVwVfG). Auch die Ungültigkeitserklärung wendet sich an einen nicht exakt abgrenzbaren Kreis von Rechts- und Interessensbetroffenen, d. h. an "jeden, den es angeht".

Der hier vertretenen Ansicht stehen keine praktischen Erwägungen entgegen. So bedarf die öffentliche Bekanntmachung nicht der Wiedergabe des Volltextes des Bescheides; es reicht die Veröffentlichung des verfügenden Teils und der Hinweis auf die Hinterlegung der vollständigen Fassung (vgl. nur § 41 Abs. 4 ThürVwVfG entsprechend). Auch ist es der Rechtsaufsichtsbehörde rechtlich und tatsächlich möglich, sicherzustellen, dass die Ungültigkeitserklärung rechtzeitig in den kommunalen Amtsblättern bekannt gemacht wird; notfalls durch Anwendung eines kommunalaufsichtlichen Mittels dergestalt, dass eine "Sonderausgabe" herausgegeben wird, wenn das Amtsblatt an sich nur in größeren Abständen bei Bedarf erscheint.

Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die von der Kommunalaufsicht im Rahmen der Drei-Monats-Frist erlassene Einzelverfügung vom 29. April 2003 fristwahrend war. Der Erlass dieses Bescheides und die Bekanntgabe des zuvor an die Gemeinde Wutha-Farnroda gerichteten Bescheides vom 14. April 2003 konnten der Ungültigkeitserklärung nach dem oben Gesagten keine Wirksamkeit verleihen. Dieser vom Kläger angegriffene Bescheid ist zur Vermeidung des von ihm ausgehenden Rechtsscheins aufzuheben. Die öffentliche Bekanntmachung als spezielle Form der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes bedingt einen wirksamen Erlass dieser Allgemeinverfügung. Erst mit ihrer wirksamen und richtigen Bekanntgabe existiert die Ungültigkeitserklärung rechtlich. Die unzureichende Art der Bekanntgabe zeitigt dagegen keine rechtlichen Wirkungen (vgl. hierzu: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Auflage, § 41 Rz. 25 ff.).

Es ist auch unerheblich, dass der Beklagte die später veröffentlichte Ungültigkeitserklärung wohl am 16. April 2003 zur Post an die Gemeinde Wutha-Farnroda aufgegeben hat, da für die Wirksamkeit nur auf den Zeitpunkt der ortsüblichen Bekanntmachung der Erklärung abzustellen ist.

Ist die Ungültigkeitserklärung bereits verfristet, so kommt es auf die Frage der materiellen Berechtigung der Ungültigkeitserklärung nicht mehr an. Dennoch sei an dieser Stelle auf die Ausführung des Senats in seinem Urteil vom 7. August 1997 (2 KO 261/96) im analogen Fall der verfristeten Wahlanfechtung hingewiesen:

"Weiter muß der Senat den Klägern aber noch einmal verdeutlichen, daß er über keinerlei Möglichkeiten verfügt, in der Sache selbst zu entscheiden - mögen die Verstöße nach Ansicht der Kläger noch so gravierend sein und mögen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wahlanfechtung noch so offenkundig sein -.

Wenn die Frist zu ihrer Geltendmachung verstrichen ist, erlangt auch hier - was im Recht nichts ungewöhnliches ist - der Grundsatz der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Vorrang vor dem Grundsatz der Gerechtigkeit. Ähnliches gilt bei der Verjährung eines Anspruches, wo es dem Gericht verwehrt ist, die Sache selbst zu beurteilen, wenn die Durchsetzung von Forderungen nach dem Gesetz nicht mehr möglich ist. Dasselbe gilt, wenn eine Klage verspätet erhoben wird. Dies einzusehen, ist für die Kläger sicherlich schmerzlich; es ist aber der Preis dafür, daß der Ausgang von Wahlen durch Feststellung des amtlichen Wahlergebnisses schnell entschieden werden muß; für die gewählten Abgeordneten und auch die Bürger muß feststehen, wie ein politisches Gremium künftig zusammengesetzt ist.

Damit ist den gewählten Abgeordneten auch Sicherheit gegeben, ihr politisches Amt frei von Unwägbarkeiten für eine Legislaturperiode ausüben zu können."

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, da dieser keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 154 Abs. 3 und 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).



Ende der Entscheidung

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