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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.03.2006
Aktenzeichen: 3 EO 946/05
Rechtsgebiete: VwGO, WaffG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 146
WaffG § 4 Abs. 1 Ziff. 2
WaffG § 4 Abs. 1 Ziff. 5
WaffG § 5 Abs. 1
WaffG § 9 Abs. 2
WaffG § 36 Abs. 6
Eine nachträgliche waffenrechtliche Auflage gem. § 9 Abs. 2 WaffG gegenüber dem Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis, die Waffen außerhalb der Wohnung bei einer berechtigten Person unterzubringen, kann geboten sein, wenn in der Person des Lebensgefährten begründete Tatsachen (hier: dessen psychische Erkrankung) einen höheren Sicherheitsstandard gebieten.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 3. Senat - Beschluss

3 EO 946/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Waffenrechts,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 3. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Best und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht Hanz am 10. März 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 20. Juli 2005 - 2 E 658/05 We - wird verworfen, soweit sie sich auf die abgelehnte Prozesskostenhilfe bezieht.

Die Beschwerde in der Hauptsache gegen den angefochtenen Beschluss wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren (zur waffenrechtlichen Auflage) auf 2500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist Mitglied im "R - e. V.", der im September 1997 in das Vereinsregister eingetragen wurde. Die Antragstellerin wurde durch den ersten Vereinsvorsitzenden Herrn G - Vater des Lebensgefährten der Antragstellerin - am 21. Oktober 1997 als Verantwortliche für die Vereinswaffen (W affenwart) bestimmt. Sie verfügt über eine Waffenbesitzkarte für ihre persönlichen Waffen. Ferner wurden 3 Vereins-Waffenbesitz-karten auf ihren Namen ausgestellt. Die Vereinswaffen und die Privatwaffen verwahrte die Antragstellerin in einem Stahlschrank der Klassifizierung B mit 2 B-Innenfächern in einem separaten Abstellraum außerhalb der Wohnung auf dem privaten Hausgrundstück, dessen Eigentümer G ist. Herr Th. G hat die Büro- und Geschäftsräume an die "S GmbH S - " (eine Dachdeckerei) vermietet und bewohnte mit der Antragstellerin und dem gemeinsamen Kleinkind eine Wohnung im I. Obergeschoss (unstrittig bis Ende März 2005). Er übt die Funktion des 2. Vereinsvorsitzenden aus.

Anlässlich eines Einbruchdiebstahls in die Büroräume der Dachdeckerfirma soll auch der Waffenschrank der Antragstellerin mit insgesamt 21 Lang- und Kurzwaffen (private Waffen der Antragstellerin und des Vereins, Munition) entwendet worden sein. Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen gab ein Zeuge zu Protokoll, Herrn G beobachtet zu haben, wie dieser des öfteren mehrere Langwaffen aus dem Abstellraum getragen und diese anschließend in seinen Jeep verladen habe. Ein Mitarbeiter der Dachdeckerei soll ausweislich des polizeilichen Ermittlungsberichtes waffenrechtlich in Erscheinung getreten sein. Die Antragstellerin überließ am 15. März 2004 zwei noch in ihrem Besitz befindliche erlaubnispflichtige Schusswaffen freiwillig der Waffenbehörde. Ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen die Antragstellerin wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO seitens der Staatsanwaltschaft Mühlhausen mit Verfügung vom 1. September 2004 eingestellt.

Das Innenministerium forderte das Thüringer Landesverwaltungsamt (in zeitlichem Zusammenhang mit einer Petition an den Thüringer Landtag von Herrn G ) mit Schreiben vom 1. März 2005 auf, den Antragsgegner anzuweisen, die waffenrechtliche Erlaubnis der Antragstellerin mit einer Auflage nach § 9 Abs. 2 WaffG zu verbinden. Daraufhin erging am 7. März 2005 gegenüber dem Antragsgegner die Weisung, der Antragstellerin den Umgang mit erlaubnispflichtigen Waffen in der gemeinsamen Wohnung mit G zu untersagen und ihr aufzugeben, die Waffen außerhalb der gemeinsamen Wohnung sicher zu verwahren.

Mit Bescheid des Antragsgegners vom 13.04.2005 wurde der Antragstellerin in Ziffer 1 der Umgang mit Waffen und Munition in der gemeinsamen Wohnung mit Herrn G , geboren __.__.1976 in Sondershausen, untersagt. Die Ziffern 2 bis 7 lauten:

"2. Sie werden beauflagt, Waffe(n) und Munition außerhalb der gemeinsamen Wohnung, B , S , OT B , sicher zu verwahren.

3. Ziffern 1 und 2 gelten auch für andere Wohnungen, die Sie gemeinsam mit Herrn G beziehen.

4. Über die sichere Aufbewahrung von Waffe(n) und Munition außerhalb der gemeinsamen Wohnung bei einer berechtigten Person ist ein Übergabe-/Über-nahmeprotokoll zu fertigen, das die Waffe(n) und Munition genau bezeichnet, Na men, Anschrift und Datum enthält und von Ihnen und dem Übernehmenden zu unterzeichnen ist. Das Übergabe-/Übernahmeprotokoll ist der Behörde bis zum 28.04.2005 zu übergeben.

5. Die Waffenbesitzkarte Nr. 1215/97 ist der Behörde bis zum 28.04.2005 zur Eintragung der Auflagen vorzulegen.

6. Für den Fall, dass Sie der Ziffer 4 und 5 dieser Verfügung nicht nachkommen sollten, wird Ihnen ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € angedroht.

7. Die sofortige Vollziehung dieses Bescheides wird angeordnet."

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 9 Abs. 2 WaffG könne die waffenrechtliche Erlaubnis nachträglich mit Auflagen verbunden werden. Als Sportschützin habe die Antragstellerin gemäß § 36 Abs. 1 WaffG die erforderlichen Vorkehrungen zur Aufbewahrung zu treffen. Sie lebe mit Herrn G in nichtehelicher Lebensgemeinschaft in einer Wohnung. Vom Genannten gehe wegen der begangenen Straftaten die Gefahr aus, dass er sich unter Umständen wieder gewaltbereit zeige und missbräuchlich mit Waffen und Munition umgehe. Die Auflage stelle auch das mildeste und geeignete Mittel dar, um der sicheren Aufbewahrung entsprechend § 36 Abs. 1 WaffG gerecht zu werden. Herr G ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten: - 27.08.1999, Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 44 StGB, § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG), 100 Tagessätze zu je 30 DM Geldstrafe sowie 2 Monate Fahrverbot, Urteil des AG Sondershausen vom 19.01.2000, Az.: 445 Js 59972/1999 3 CS. - 01.03.1999, Bedrohung in 4 Fällen, Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung sowie Nötigung in 2 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb (§§ 241 Abs. 1, 240 Abs. 1 bis 3, 21, 22, 23, 52, 53, 56 StGB), 7 Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung unter Anwendung verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB, Urteil des AG Sondershausen vom 01.11.2000, Az.: 410 Js 47244/99 - 3 DS; Herr Th. G zerschlug mit seinen Händen die Fensterscheibe des Pkw, in dem sich seine frühere Lebensgefährtin, die Zeugin G. in Begleitung des Zeugen X. G. befand. Er beschimpfte diese und drohte, beide "zu erledigen". Nachdem es Frau G. und dem Zeugen X. G. gelang, zur Polizeiinspektion Sondershausen zu fahren, folgte Herr Th. G ihnen dorthin und schubste Frau G. mit aller Wucht gegen die Hauswand, wobei er immer wieder rief, er wolle mit dem Zeugen X. G. abrechnen und ihn erledigen. Er verdrehte Frau G. das Handgelenk und würgte sie am Hals. Den zu Hilfe eilenden Polizeibeamten griff er tätlich an. Die Zeugin G. erlitt durch das Würgen ein Hämatom am Hals, Prellungen am Rücken und Schmerzen im rechten Handgelenk.

- 10.01.1997, räuberische Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§§ 239 a Abs. 1, 249 Abs. 1, 253, 255, 52, 223, 223a, 21 StGB), 1 Jahr und 9 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung (Bewährungszeit bis 26.04.2007) unter Anwendung verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB, Urteil des LG Mühlhausen vom 27.04.2004, Az.: 326 Js 45257/98 3 KLS; Herr Th. G hielt, zusammen mit 2 Mittätern, einen Zeugen - der einem der Mittäter Geld aus der Vermittlung gestohlener Baumaschinen schuldete - gegen dessen Willen fest, schlug und trat auf diesen ein, woraufhin der Zeuge ein als Quittung überschriebenes Schuldanerkenntnis unterschrieb und auf Diktat ein handschriftliches Geständnis fertigte, worin er sich als Auftraggeber der Baumaschinendiebstähle bezichtigte. Der Zeuge erlitt Hämatome, offene Platzwunden am Gesicht, Rippenprellungen und eine rechtsseitige Nierenblutung.

Herr G ist psychisch krank. Er leidet an einer schweren seelischen Abartigkeit im Sinne einer gemischten Persönlichkeitsstörung (paranoid, narzistisch, borderline). Diese Diagnose wurde auf Grund eines im Rahmen des Strafverfahrens wegen Körperverletzung (Az.: 410 Js 47244/99 - 3 DS) erstellten Forensisch Psychiatrischen Gutachtens des PD Dr. A des Landesfachkrankenhauses für Psychologie und Neurologie in M vom 20. Mai 2000 gestellt. In der psychologischen Zusatzbeurteilung vom 22. Mai 2000, erstellt von Herrn Dipl.- Psych. U , heißt es auszugsweise:

"...Die bei Herrn G. hier im Gutachten zu diskutierende strafbare Handlung kam m. E. als Reaktion einer aus seiner Sicht bedrohlichen Ich-Zerstörung zustande, wobei die psychische Ausnahmesituation sich fast wahnhaft ausgestaltete. Herr G. befindet sich in extremen Frustrationssituationen in einer Lebensbedrohlichkeit seines eigenen Ichs und die Steuerung seiner Impulse ist aufgrund der Massivität der Persönlichkeitsstörung gemindert...."

Im Jahr 2004 wurden weitere Gutachten anlässlich der Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit (behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychologie, Frau N. G vom 15. April 2004; Ökumenisches Hainicch-Klinikum: Frau Dr. M___ vom 15. April 2004 und PD Dr. A____ vom 19. April 2004) erstellt. Auf den Inhalt der Gutachten wird im einzelnen Bezug genommen.

Gegen den Bescheid legte die Antragstellerin am 3. Mai 2005 Widerspruch ein. Am 31. Mai 2005 hat sie um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Weimar nachgesucht und ausgeführt: Sie selbst sei zuverlässig i. S. d. Waffengesetzes, woran der Antragsgegner selbst keinen Zweifel habe. Laufende Ermittlungsverfahren seitens der Staatsanwaltschaft Mühlhausen gegen Herrn G gebe es nicht. Die abgeurteilten Taten resultierten aus dem Jahr 1997. Seitdem habe sich Herr G nichts zu Schulden kommen lassen und sein Leben komplett umgestellt.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 3. Mai 2005 gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 13. April 2005 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2005 hat er Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung hinsichtlich des Geburtsdatums von Herrn G ersetzt durch "__.__.1970".

Der Antragsgegner hat die ergangene Verfügung verteidigt. Anhaltspunkte für die Trennung fehlten. Das erhöhte Sicherheitsrisiko folge aus der strafrechtlich begründeten Unzuverlässigkeit sowie der im Strafverfahren zur Tat vom 10. Januar 1997 festgestellten psychischen Erkrankung des Herrn G ; letztere werde durch das zeitnahe Gutachten des Ökumenischen Fachkrankenhauses Hainich-Klinikum vom 19. April 2004 bestätigt.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat weder einen Antrag gestellt noch zur Sache Stellung genommen.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Beschluss vom 20. Juli 2005 den Antrag abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, der angegriffene Bescheid erweise sich als offensichtlich rechtmäßig. Die Anordnung des Sofortvollzuges genüge den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Begründung im Rahmen des § 80 Abs. 3 VwGO.

Die Antragstellerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Herr G seit dem 01.04.2005 nach Sachsen-Anhalt verzogen sei. Die getroffene Verfügung gemäß § 9 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 WaffG, der Antragstellerin den Umgang mit Waffen und Munition in der gemeinsamen Wohnung zu untersagen, sei ermessensfehlerfrei begründet. Der Antragsgegner habe die im Ausgangsbescheid vom 13. April 2005 unzureichenden Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 9. Juni 2005 ergänzt. Im Übrigen hat die Kammer auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid und den Beschluss im Eilverfahren des Herrn G vom selben Tage - 2 E 657/05 We - Bezug genommen. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 27. Juli 2005 zugestellt.

Am 10. August 2005 hat die Antragstellerin per Fax Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 29. August 2005, eingegangen per Fax am selben Tage (einem Montag), begründet hat. Sie führt an: Über erlaubnisfreie Waffen verfüge sie nicht, Herrn G gegenüber werde aber ein solches Verbot ausgesprochen. Die Anhörung vor Erlass des Verwaltungsaktes sei nicht erfolgt. Die Begründung sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Dazu wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdeschrift im Verfahren G - 3 EO 945/05 - Bezug genommen. Darüber hinaus trägt sie vor: Die Aufbewahrung der Waffen in einem Stahlwaffenschrank mit Codeschloss entspreche den Anforderungen des § 36 WaffG. Die Antragstellerin bewohne mit Herrn G keine gemeinsame Wohnung mehr. Herr G habe sich ordnungsgemäß umgemeldet und auch seinen Lebensmittelpunkt tatsächlich verlagert. Das behördliche Vorgehen sei wegen der Forderungen des Innenministeriums eine Machtdemonstration. Die Behörde selbst sei von der ordnungsgemäßen Verwahrung der Waffen durch die Antragstellerin in der Vergangenheit ausgegangen. So habe sie auch den bei ihr verbliebenen Revolver 357 Mag. Smith & Wesson nach der einstweiligen Übergabe an die Behörde später mit deren Kenntnis bei ihrem Vater H (ebenfalls erwerbsberechtigt) nach entsprechender behördlicher Auflage im Dezember 2004 untergebracht.

Sie beantragt Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten zu bewilligen - mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2005 zusätzlich für die erste Instanz - und begehrt mit der Beschwerde die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihr eingelegten Rechtsmittels.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

In der Sache ergänzt er, die Anordnung solle nicht nur für Schusswaffen mit waffenrechtlicher Erlaubnis, sondern auch für die Verwahrung erlaubnisfreier Waffen und Munition gelten. Es werde davon ausgegangen, dass sich Herr G regelmäßig auf dem Grundstück B in S aufhalte. Gestützt werde dies durch eine dem Antragsgegner am 24. August 2005 zugegangene Bauvorlage, die diesen als künftigen Bauherrn eines größeren Hundezwingers auf dem genannten Grundstück bezeichne. Im Übrigen sei der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar nicht zu beanstanden.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat keinen Antrag gestellt. Er nimmt dahin Stellung, die Auflage sei nach § 9 Abs. 2 WaffG rechtmäßig; sie könne sich jedoch nur auf erlaubnispflichtige, nicht auch auf erlaubnisfreie Waffen beziehen, weil sie eine mit dem Verwaltungsakt der waffenrechtlichen Erlaubnis verbundene Anordnung darstelle. Für erlaubnisfreie Waffen enthalte § 9 Abs. 3 WaffG eine eigene Regelung.

Mit Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 11. August 2005, zugestellt am 16. August 2005, wurde der Widerspruch der Antragstellerin zurückgewiesen. In der Begründung heißt es: Die unterbliebene Anhörung sei gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ThürVwVfG nachgeholt worden, denn die Widerspruchs-führerin habe im Rahmen der Widerspruchsbegründung ihre Argumente vortragen können. Der Bescheid vom 13. April 2005 sei auch materiell rechtmäßig. Die erteilten Auflagen resultierten aus der fehlenden persönlichen Eignung des Herrn G , der in häuslicher Gemeinschaft mit der Widerspruchsführerin lebe. Bei ihm liege eine schwere seelische Abartigkeit im Sinne einer gemischten Persönlichkeitsstörung vor. Herr G sei psychisch krank und befinde sich in entsprechender Behandlung. Wegen der Erkrankung und der mehrfachen Straftaten könnten weder die Behörde noch die Widerspruchsführerin selbst zweifelsfrei ausschließen, dass Herr G Zugriff auf die erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition der Widerspruchsführerin in einem unbeobachteten Moment erlange und diese missbräuchlich, auch zur Verübung von Straftaten, einsetzen werde. Dieser Gefahr sei sinnvoll nur mit der Erteilung der geschilderten Auflagen zu begegnen. Durch die Auflagenerteilung werde die Widerspruchsführerin auch nicht unverhältnismäßig beschränkt und könne ohne große Umstände den Schießsport weiter ausüben. Eine Beschränkung der Individualrechte könne nicht erkannt werden. Hinsichtlich der "floskelartigen" Begründung des Sofortvollzuges sei anzumerken, dass an die Begründungspflicht keine überzogenen Anforderungen zu stellen seien. Dies gelte besonders im vorliegenden Fall, bei dem sich die Anordnung des Sofortvollzuges förmlich aufdränge. Jedem Normalbürger sei bekannt, dass von Schusswaffen eine gewisse Gefahr ausgehe und diese steigere sich noch, wenn psychisch kranke Personen Umgang mit Schusswaffen erlangen sollten.

Mit Schreiben des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 18. August 2005 wurde der Widerspruchsbescheid durch eine Rechtsmittelbelehrung ergänzt und am 19. August 2005 zugestellt. Am 15. September 2005 hat die Antragstellerin Klage zum Verwaltungsgericht Weimar erhoben (2 K 1210/05 We).

Die Beteiligten haben ihren Vortrag im Hinblick auf den ergangenen Widerspruchsbescheid nicht mehr ergänzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf folgende Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen; (1 Ordner, 1 Hefter), die beigezogenen Verwaltungsvorgänge im Verfahren 3 EO 945/05 (2 Hefter), die beigezogenen Gerichtsakten der Hauptsacheverfahren der Antragstellerin (2 K 1210/05 We) sowie des Klageverfahrens des Herrn G (2 K 1209/05 We) und des Eilverfahrens (2 E 657/05 We); sie waren Gegenstand der Beratung.

II.

1. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (§ 146 VwGO) ist nicht zu entsprechen. Das Rechtsmittel der Beschwerde bietet aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Erfolgsaussicht (vgl. § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO). Deshalb kann zugleich eine Beiordnung des Bevollmächtigten nicht in Betracht kommen (§ 121 ZPO).

2. Die erstmals im Schriftsatz vom 28. Oktober 2005 zugleich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für die erste Instanz erhobene Beschwerde ist zu verwerfen. Diese Beschwerde ist nicht innerhalb der Frist von 2 Wochen erhoben worden (§ 147 Abs. 1 VwGO) und deshalb verfristet. Angesichts des eindeutigen Antrags im Schriftsatz vom 29. August 2005, wonach für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe begehrt wird, war für eine Auslegung dahin, dass das Rechtsmittel sich zugleich auf die Prozesskostenhilfe beziehen sollte, kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist nicht veranlasst. Die Pauschalgebühr ergibt sich aus Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zu § 3 GKG.

III.

Die Beschwerde in der Hauptsache ist zulässig.

Entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO fehlt zwar der ausdrückliche Antrag sowohl in der Beschwerde als auch in den Begründungsschriftsätzen. Das gesetzliche Erfordernis eines bestimmten Antrages ist aber auch dann erfüllt, wenn sich das Rechtsschutzziel aus der Beschwerdebegründung durch Auslegung (§ 88 VwGO) unzweifelhaft ermitteln lässt (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 28. November 2003 - 4 EO 627/02 - ThürVBl. 2004, 159 = ThürVGRspr. 2005, 121 m. w. N.). Dem ist genügt. Aus der Begründung der Beschwerde mit Schriftsatz vom 28. August 2005 wird hinreichend deutlich, dass die Antragstellerin das Ziel verfolgt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihr eingelegten Rechtsbehelfs - des Widerspruches vom 3. Mai 2005 - zu erreichen. Der einstweilige Rechtsschutz ist nunmehr aufgrund des - zw ischenzeitlich nach Einlegung der Beschwerde - am 11. August 2005 ergangenen Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes auf die am 15. September 2005 beim Verwaltungsgericht Weimar erhobene Klage der Antragstellerin (2 K 1210/05 We) zu beziehen; auf dessen Erlass hat die Antragstellerin selbst in ihrem Schriftsatz vom 28. Oktober 2005 hingewiesen.

Mit dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren vermag die Antragstellerin gerade noch die Anforderungen des Darlegungsgebotes nach der zitierten Vorschrift zu erfüllen.

Danach sind die Gründe darzulegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist. Seiner Darlegungslast genügt der Beschwerdeführer nur dann, wenn er die tragenden Erwägungen der Vorinstanz aufgreift und sie substantiiert in Frage stellt. Dazu muss die Begründung erkennen lassen, aus welchen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen die Erwägungen der Vorinstanz aus seiner Sicht unrichtig sind. Die Beschwerdeschrift hat ferner zu verdeutlichen, warum die Entscheidung im Hinblick auf das durch den zwingend notwendigen Antrag bestimmte Rechtsschutzziel im Ergebnis der Korrektur bedarf. Nur eine solche Begründung setzt sich mit dem Prozessstoff in der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zugemuteten Form auseinander. In dieser Auslegung des Darlegungsgebotes wird der Zugang zum Instanzgericht nicht in unzumutbarer Weise beschränkt (st. Rspr., vgl. Beschluss des Senats vom 14. Juni 2002 - 3 EO 372/02 - n. v. sowie ThürOVG, Beschluss vom 29. April 2002 - 2 EO 267/02 - m. w. N.).

Das Beschwerdevorbringen, mit dem sich die Antragstellerin ausschließlich gegen die ihr gegenüber ergangenen Auflagen, mit Waffen und Munition in der Wohnung umzugehen und diese außerhalb der gemeinsamen Wohnung mit Herrn Th. G. bei einer berechtigten Person sicher zu verwahren (Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom 13. April 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005), wendet, genügt gerade noch dem Darlegungsgebot. Die Antragstellerin greift die wesentlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts auf, wenn ausnahmsweise - wegen des Sachzusammenhangs - zugleich noch das Verfahren 3 EO 945/05 berücksichtigt wird.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Vortrag, die Begründung des Sofortvollzuges genüge nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, geht fehl. Die ergänzenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 8. August 2005 zeigen, dass der Einzelfall gewürdigt worden ist. Die Widerspruchsbehörde hat darauf abgehoben, von psychisch kranken Personen, die Umgang mit Schusswaffen haben, gehe eine gesteigerte Gefahr aus. Damit ist hinreichend das besondere öffentliche Interesse umschrieben.

Der Bescheid des Antragsgegners vom 13. April 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 11. August 2005 begegnet auch im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken.

Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die fehlende Anhörung vor Erlass des Bescheides führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Der Senat sieht zwar hier die Voraussetzungen, unter denen im Einzelfall im Verwaltungsverfahren von einer Anhörung abgesehen werden kann (§ 28 Abs. 2 und 3 ThürVwVfG), als offensichtlich nicht gegeben an. Dieses Versäumnis wurde aber - wie auch der Widerspruchsbescheid ausführt - während des Widerspruchsverfahrens, in dem die Anhörung nachgeholt wurde, geheilt (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ThürVwVfG).

Dem Antragsgegner ist es materiell-rechtlich grundsätzlich möglich, eine - wie vorliegend - bereits erteilte waffenrechtliche Erlaubnis nachträglich mit einer Auflage nach §§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 i. V. m. 36 Abs. 6 WaffG (in der Fassung vom 11. Oktober 2002, BGBl I, S. 3970 ff.) zu versehen. Aus § 9 Abs. 1 WaffG folgt, dass eine waffenrechtliche Erlaubnis zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung inhaltlich beschränkt werden kann, insbesondere um Leben und Gesundheit von Menschen gegen die aus dem Umgang mit Schusswaffen oder Munition entstehenden Gefahren und erheblichen Nachteile zu schützen. Ausgehend von dieser Zielsetzung darf nach § 9 Abs. 2 Satz 2 WaffG auch nachträglich die waffenrechtliche Erlaubnis mit einer Auflage versehen werden. Zur Gefahrenabwehr konnte der Antragsgegner dazu auch an die Aufbewahrungspflichten des Waffenbesitzers (§ 36 WaffG) anknüpfen. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass im vorliegenden Fall die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus der familiären Situation des Zusammenlebens resultiert, dass ein zum Waffenbesitz Berechtigter, der Waffen im häuslichen Bereich aufbewahrt, missbräuchlichem Handeln durch andere Familienangehörige ausgesetzt sein kann und deshalb Maßnahmen angezeigt sind, erweist sich als zutreffend, wie noch näher auszuführen sein wird.

Die Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom 13. April 2005 sind einheitlich zu betrachten. In Ziffer 1 wird nach dem Wortlaut die Formulierung "Umgang mit Waffen und Munition" gewählt, die von der Definition her an § 1 Abs. 3 WaffG anknüpft und das Erwerben, Besitzen, Überlassen, Führen, Verbringen, Mitnehmen, damit Schießen, Herstellen, Bearbeiten, Instandsetzen oder damit Handel treiben umfasst. Ziffer 2 hat dagegen die "sichere Verwahrung außerhalb der gemeinsamen Wohnung" zum Inhalt. Die "sichere Aufbewahrung" in Ziffer 2 ist an den aus § 36 Abs. 1 WaffG resultierenden Aufbewahrungspflichten des Waffenbesitzers orientiert. Dennoch lässt sich daraus nicht auf die mangelnde Bestimmtheit der Regelungen schließen (§ 37 ThürVwVfG). Der Antragsgegner bezieht sich in der Begründung des Bescheides vom 13. April 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005 ausschließlich auf die Voraussetzungen einer sicheren Verwahrung der Waffen (§ 36 WaffG) im Hinblick auf mögliche Gefahren, die aus dem Zusammenleben der Antragstellerin mit ihrem psychisch kranken Lebensgefährten in einer Wohnung erwachsen können. Der Begriff "Umgang mit Waffen" ist daher im Zusammenhang mit der Verwahrung der Waffen zu sehen und deshalb in der Sicht des Adressaten eindeutig, nämlich dahin zu verstehen, dass der Antragsgegner mit "Umgang" diejenigen Tätigkeiten umschreiben wollte, die typischerweise mit der Aufbewahrung in der gemeinsamen Wohnung verbunden sind (z. B. Herausnehmen, Transport, Reinigung der Waffen).

Auch Ziffer 2 des Bescheides ist nicht etwa deshalb unbestimmt, weil der Antragstellerin pauschal die Aufbewahrung "außerhalb der gemeinsamen Wohnung" aufgegeben wird, mithin jedwede Örtlichkeit in Frage komme. Ziffer 4 des Bescheides macht deutlich, dass der Antragsgegner die sichere Aufbewahrung außerhalb der gemeinsamen Wohnung bei einer "berechtigten Person" im Sinne des Waffengesetzes gefordert hat. Der Ort der sicheren Aufbewahrung ist der Antragstellerin daher nicht freigestellt, sondern durch Ziffer 4 des Bescheides hinreichend konkretisiert. Durch den Widerspruchsbescheid ist darüber hinaus klargestellt worden, dass sich die genannten Regelungen nur auf erlaubnispflichtige Schusswaffen und Munition beziehen sollen (vgl. Begründung S. 3 unten).

Dem Antragsgegner ist ohne Einschränkung darin zu folgen, dass grundsätzlich auch die in der Person von Herrn Th. G. als Lebensgefährten der Antragstellerin - also einem Dritten - liegenden Besonderheiten eine Gefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 WaffG und in der Konsequenz einen erhöhten Sicherheitsstandard im Sinne des § 36 Abs. 1, 6 WaffG für die Antragstellerin gebieten können. Dies folgt vor allem daraus, dass den Waffenbesitzer aus seiner umfassenden Garantenstellung, die sich aus der Ausübung der tatsächlichen Gewalt ergibt, die Verantwortlichkeit dafür trifft, dass Dritte - zu denen in erster Linie Familienmitglieder gehören und somit auch der Lebensgefährte - die Waffe nicht missbräuchlich verwenden und schon gar nicht darauf Zugriff nehmen können (vgl. Apel/Bushart, Waffenrecht, Bd. 2, 3. A. Stuttgart 2004, § 36, Rdnr. 2; Gesetzesbegründung zu § 36 WaffG 2002, vgl. BT-Drucksache 14/7558, S. 73). Das familiäre Zusammenleben bedingt, dass auch Familienangehörige des Waffenbesitzers Zugang zu Waffen selbst dann bekommen können, wenn diese sicher und ordnungsgemäß in einem Waffenschrank aufbewahrt werden. Die Waffen müssen aus dem Schrank herausgenommen, transportiert und gereinigt werden.

Die vom Antragsgegner bislang nicht in Abrede gestellte Zuverlässigkeit der Antragstellerin i. S. v. §§ 4 Abs. 1 Ziff. 2, 5 WaffG - wie diese meint - kann dennoch besonderen Pflichten des Waffenbesitzers mit Blick auf die in § 36 WaffG festgelegten Vorgaben zur Aufbewahrung der Waffen bedingen. Liegen Besonderheiten und Auffälligkeiten in der Person eines Dritten, der zudem zum familiären Umfeld gehört, zwingt dies zu einer Gefahren-Bewertung, die vom Modell des § 36 WaffG abweicht. Daher kann es im vorliegenden Fall nicht darauf ankommen, dass die Antragstellerin freiwillig im März 2004 ihre Waffe beim Antragsgegner abgegeben hat und einer weiteren Aufforderung des Antragsgegners im Dezember 2004, ihre Waffen vorübergehend außerhalb der Wohnung bei ihrem Vater unterzubringen, nachgekommen ist. Nur dann könnten daraus Folgerungen zu ziehen sein, wenn damit auch künftig jeder Zugriff des Dritten ausgeschlossen werden könnte. Ebenso wenig ist deshalb der Einwand der Antragstellerin erheblich, ein Stahlwaffenschrank mit Codeschloss sei als Sicherheitsvorkehrung ausreichend.

Der Antragsgegner ist richtigerweise davon ausgegangen, dass bei Herrn Th. G. Tatsachen vo rliegen, die in dessen Person begründet sind. Die strafrechtliche Verurteilung vom 27. April 2004 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten führt - wie der Antragsgegner zutreffend im Widerspruchsbescheid bestätigt - zu einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG. Schon die strafrechtliche Verurteilung des Amtsgerichts Sondershausen vom 1. November 2000 hat - ebenso wie diejenige vom 27. April 2004 - nach der abgeurteilten Straftat ohne weiteres einen waffenrechtlichen Bezug. Die abgeurteilten Straftaten zeigen nach den einzelnen Tathergängen ein erhebliches Gewaltpotential und Aggressivität im Handeln. Hinzu kommt, dass Herr Th. G. seit längerer Zeit psychisch krank ist und sich aktuell noch in Behandlung befindet. Die psychische Erkrankung wird - worauf der Widerspruchsbescheid hinweist - von der Antragstellerin und auch von Herrn Th. G. nicht in Abrede gestellt. Sie ist darüber hinaus fachärztlich festgestellt (schwere seelische Abartigkeit im Sinne einer gemischten Persönlichkeitsstörung [paranoid, narzistisch, borderline], vgl. Gutachten von PD Dr. A vom 20. Mai 2000, Psychologische Zusatzbeurteilung von PD Dr. A vom 22. Mai 2000, Gutachten des Hainich-Klinikums vom 15. und 19. April 2004) und in den strafrechtlichen Verurteilungen vom 1. November 2000 und 27. April 2004 durch Anerkennung verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) gewürdigt worden, worauf der Widerspruchsbescheid ebenfalls Bezug nimmt.

Daraus ergibt sich eine besondere Gefahrenlage ohne Rücksicht auf die beim Genannten fehlende Berechtigung zum Waffenbesitz. Denn die Antragstellerin verfügt über waffenrechtliche Erlaubnisse, so dass sie notwendigerweise Umgang mit Waffen im häuslichen Bereich - jedenfalls bis Dezember 2004 - hatte. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass sich Herr Th. G. in einem unbedachten Moment Zugang zu den Waffen verschaffen und diese missbräuchlich verwenden könnte, ist daher nahe liegend. Durch den Akteninhalt wird sie weiter dadurch gestützt, dass nach den polizeilichen Ermittlungen zum Waffendiebstahl am 15. Februar 2004 ein Zeuge beobachtet haben will, wie Herr Th. G. in der Vergangenheit ohne Begleitung Waffen aus dem Stahlschrank genommen und in sein Auto verladen haben soll. Ebenso ist den Ausführungen im Widerspruchsbescheid zu folgen, dass gerade durch die psychische Erkrankung von Herrn Th. G. eine besondere Gefahrenlage gegeben ist, die den Schutz Dritter bzw. der Allgemeinheit gebietet.

Der Einwand der Antragstellerin, Herr Th. G. habe sein Leben nunmehr trotz seiner Erkrankung umgestellt, ist durch nichts erhärtet. Die Feststellungen der behandeln den Therapeutin, N. G____, S , vom 15. April 2004 sowie des Hainich Klinikums vom gleichen Tage und vom 19. April 2004 (PD Dr. A ) können dafür nicht in Anspruch genommen werden. Diesen Äußerungen ist zu entnehmen, dass sich Herr Th. G. in einem deutlich krankhaften psychischen Zustand mit Wahnerlebnissen, Verfolgungsgedanken, Angstzuständen und Schlafstörungen befand. Herr Th. G. wird (schon in der Zusatzbeurteilung vom 22. Mai 2000) als überempfindlich, extrem misstrauisch, mit erhöhtem Erregungsniveau, Unruhe und der Neigung zu Impulskontrollverlusten beschrieben. Da er an seiner Krankheit auch noch nach den im Jahr 2004 erstellten Begutachtungen aktuell leidet, stellt sich die Gefahrenlage auf Grund der psychischen Erkrankung somit eindeutig dar. Es ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass Herr Th. G. erneut die Kontrolle über sich verlieren könnte. Der mögliche Zugang zu Waffen im häuslichen Bereich würde dann das Leben oder die Gesundheit von anderen Menschen zusätzlich in Gefahr bringen.

Der weitere Hinweis der Antragstellerin, die den strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Straftaten seien wegen des Tatzeitpunktes in den Jahren 1997 und 1999 nicht mehr aktuell, vermag die Gefahrenbeurteilung des Antragsgegners ebenfalls nicht zu entkräften. Die Antragstellerin muss sich entgegenhalten lassen, dass strafrechtliche Verfehlungen im Sinne des § 5 Abs. 1 WaffG - unabhängig davon, welche Straftat begangen wurde - noch 10 Jahre eine Sperrwirkung hinsichtlich der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auslösen. Zurückliegende Straftaten können somit in der genannten Zeitspanne grundsätzlich herangezogen werden. Dies muss auch für den vorliegenden Fall gelten, wenn die Gefahr missbräuchlicher Verwendung von Waffen von einem Dritten und nicht vom Waffenbesitzer ausgeht und unabhängig davon die psychische Erkrankung von Herrn Th. G. nach wie vor aktuell ist.

Der Antragsgegner hat zugleich sein ihm durch §§ 9 Abs. 2 Satz 2, 36 Abs. 6 WaffG eingeräumtes Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, indem er - wie der Widerspruchsbescheid ausführt - die Gesamtsituation dergestalt eingeschätzt hat, dass der durch die psychische Erkrankung bzw. waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit bestehenden Gefahr nur sinnvoll mit Erteilung der Auflage begegnet werden konnte (Widerspruchsbescheid S. 3, unten).

Die gegenüber der Antragstellerin getroffenen Auflagen zu Ziff. 1 und 2 des Bescheides sind notwendig und geeignet.

Die Auflagen zur Waffenbesitzkarte nach § 9 Abs. 2 Satz 2 WaffG stellen im vorliegenden Einzelfall das mildeste Mittel dar; ob sie gegenüber der Antragstellerin das einzige Mittel darstellen, um der resultierenden Gefahrenlage wirksam zu begegnen, ist nicht zu entscheiden. Hinsichtlich des Restrisikos - die Antragstellerin kann immerhin den Schießsport weiter ausüben und Waffen besitzen (der Lebensgefährte dürfte Zugang zum jeweiligen Schießplatz des Vereins haben) - erscheint der Handlungsspielraum des Antragsgegners nicht ausgeschöpft (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 06. Dezember 1978 - I C 94.76 - DVBl 1979, 725).

Nach allem hat es deshalb mangels Rechtmäßigkeitsbedenken beim sofortigen Vollzug zu verbleiben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; danach hat derjenige, der ein Rechtsmittel erfolglos eingelegt hat, die Kosten zu tragen. Zu den Kosten gehören indessen nicht die außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses, weil die Voraussetzungen des § 162 Abs. 3 VwGO nicht erfüllt sind. Der Beteiligte hat selbst keinen Sachantrag gestellt und ist somit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO); danach entspräche es nicht der Billigkeit, ihm Kostenerstattung zu gewähren.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG. Der Senat hält im vorliegenden Fall eine Bewertung des Interesses nach dem Auffangstreitwert für geboten, der für das Eilverfahren zu halbieren war; der Waffenbesitz wird der Antragstellerin nicht verwehrt.

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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