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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.10.2009
Aktenzeichen: 4 EO 26/09
Rechtsgebiete: VwGO, ThürKO, ThürWG, ThürKGG, ThürKAG, AO


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4
ThürKO § 2 Abs. 2
ThürWG § 58 Abs. 4
ThürKGG § 16
ThürKGG § 20
ThürKGG § 37 Abs. 4
ThürKAG § 1 Abs. 1
ThürKAG § 1 Abs. 2
ThürKAG § 7 Abs. 1
AO § 118
Ein kommunaler Zweckverband kann die Erhebung von Abwasserbeiträgen ohne gesetzliche Grundlage nicht einer privaten Geschäftsbesorgungsgesellschaft überlassen.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 26/09

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Beiträgen,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 19. Oktober 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 10. Dezember 2008 geändert und die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Antragstellers gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 31. Juli 2008 (Registriernummer 112-23350/29885-01 und 112-23351/29886-01) angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens im ersten und zweiten Rechtszug hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstands wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.067,03 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beschwerde hat Erfolg.

Der Antragsteller ist Eigentümer zweier Grundstücke in Tambach-Dietharz. Das Grundstück T , Gemarkung Tambach-Dietharz, Flur 7, Flurstück a____, hat eine Größe von 516 m² und ist mit einem Wohnhaus sowie einem Nebengebäude bebaut. Das Flurstück T , Gemarkung Tambach-Dietharz, Flur 7, Flurstück b, hat eine Größe von 1.800 m² und ist mit einer Doppelgarage sowie zwei weiteren baulichen Anlagen bebaut, bei denen es sich nach Angaben des Antragstellers um einen ehemaligen Hühnerstall sowie einen ehemaligen Taubenstall handelt, die seit Jahren als Abstellräume genutzt werden.

Durch Bescheid vom 31.07.2008 (Registriernummer 112-23350/29885-01) setzte der Antragsgegner für das Flurstück a zur Deckung des Investitionsaufwands für die öffentliche Entwässerungseinrichtung einen Beitrag in Höhe von 1.842,12 € fest und erhob abzüglich einer Stundung eine Leistung in Höhe von 1.363,37 €. Durch Bescheid vom gleichen Tage (112-23351/29886-01) setzte der Antragsgegner für das Flurstück b__ einen Beitrag in Höhe von 6.426,-- € fest und erhob abzüglich einer Stundung eine Leistung in Höhe von 3.914,56 €. Gegen beide Bescheide erhob der Antragsteller durch Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18.08.2008 Widerspruch, der am gleichen Tage einging, und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung. Der Antragsgegner lehnte die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 15.10.2008 ab und teilte mit, dass die Widersprüche an die zuständige Widerspruchsbehörde abgegeben würden. Über die Widersprüche ist noch nicht entschieden.

Der Antragsteller hat am 03.11.2008 einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche gestellt. Darin hat er geltend gemacht, dass ein Beitrag für das Grundstück T nur erhoben werden könne, wenn das Grundstück an eine öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen sei oder angeschlossen werden könne. Dies sei aber nicht der Fall. Der in der Straße verlegte Kanal sei auf Grund der geringen Nennweite und des Alters nicht geeignet, ungeklärtes Abwasser aufzunehmen. Der Kläger müsse seine Klärgrube weiter in Betrieb halten und leeren lassen. Eine Volleinleitung sei erst möglich, wenn der Antragsgegner die Straße saniert habe. Daher werde dem Antragsteller nicht der Vorteil gewährt, der nach der Satzung die Gegenleistung für den in Rechnung gestellten Her stellungsbeitrag darstelle. Das zweite Grundstück T , auf dem sich eine Garage und ein Schuppen befänden, sei an die öffentliche Entwässerungseinrichtung nicht angeschlossen und auch nicht anschließbar. Baurechtlich sei das Grundstück zwar als Bauland einzuordnen, allerdings würde der Antragsteller ggf. die Auflage erhalten, eine Kleinkläranlage zu bauen. Ihm werde auch insoweit nicht der Vorteil zuteil, der bei anderen veranlagten Grundstücken gegeben sei.

Der Antragsteller hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 18.08.2008 gegen die Entwässerungsherstellungsbeitragsbescheide des Antragsgegners vom 31.07.2008 (Registriernummer 112-23350/29885-01 und 112-23351/29886-01) wiederherzustellen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass der Antrag mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig oder jedenfalls unbegründet sei. Hinsichtlich des Grundstücks T sei der beitragsrechtlich relevante Vorteil in vollem Umfang entstanden. Der Antragsteller habe zuvor im Rahmen der Selbstauskunft selbst angegeben und mit seiner Unterschrift bestätigt, dass das Grundstück an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen sei. Darüber hinaus werde aber durch die Anschließbarkeit des Grundstücks der beitragsrechtlich relevante Vorteil begründet.

Diese sei unzweifelhaft gegeben. Auch bei dem Grundstück T sei die Anschließbarkeit gegeben.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch Beschluss vom 10.12.2008 mit der Begründung abgelehnt, dass nach summarischer Prüfung für beide Grundstücke die sachliche Beitragspflicht auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 04.05.2004 (BGS-EWS 2004) entstanden sei. Wenn der Antragsteller behaupte, dass der Abwasserkanal in der Straße nicht geeignet sei, ungeklärtes Abwasser aufzunehmen, sei dieser Vortrag nicht geeignet, die Annahme der Betriebsfertigkeit und die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu erschüttern. Es sei gerichtsbekannt, dass Abwasserkanäle eine Lebensdauer von 100 Jahren und mehr erreichen könnten. Die Behauptung des Antragstellers, er müsse seine Kleinkläranlage weiter betreiben, weil das Abwasser nicht voll an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen werden könnte, sei nicht glaubhaft gemacht. Soweit der Antragsteller vorgetragen habe, dass das Grundstück zwar als Bauland einzuordnen sei, dass sich darauf aber lediglich ein Schuppen zur Unterstellung von Gartengeräten und eine alte Doppelgarage befänden, sei dem entgegenzuhalten, dass § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 ThürKAG n. F. keine Anwendung finde, weil die sachliche Beitragspflicht vor dem 01.01.2005 entstanden sei und es bis zu diesem Zeitpunkt auf die tatsächliche Bebauung des Grundstücks nicht angekommen sei. Möglicherweise meine der Antragsteller auch, der Beitrag müsse wegen der fehlenden Bebauung gestundet werden. Was unter einer Bebauung i. S. d. § 21a Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 ThürKAG n. F. zu verstehen sei, sei in Thüringen obergerichtlich noch nicht geklärt. Stelle man auf ein Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 ThürBO ab, d. h. eine selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden könne, läge unzweifelhaft eine Bebauung vor. Denn dies würde sowohl auf den Schuppen als auch auf die Doppelgarage zutreffen. Aber auch wenn man bei der Frage der Bebauung auf die anschlussbeitragsrechtliche Relevanz der Bebauung abstelle, also danach frage, ob es sich um eine Bebauung handele, die das Bedürfnis nach einem Anschluss an die öffentliche Entwässerungseinrichtung hervorrufe, spreche schon unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der Oberflächenentwässerung einiges für eine beitragsrechtlich relevante Bebauung. Letztlich könne dies rechtlich und tatsächlich nur in einem Hauptsacheverfahren abschließend geklärt werden. Im Übrigen litten beide Beitragsbescheide zwar an einem Begründungsfehler, denn in beiden Be scheiden heiße es in der Begründung, der Beitrag werde auf Grund der derzeit gültigen Fassung der BGS-EWS erhoben. Dies sei für beide Bescheide unzutreffend, weil die Festsetzung nicht auf der aktuell gültigen Fassung der BGS-EWS in Gestalt der 2. Änderungssatzung beruhe, sondern auf der Satzung in der Ursprungsfassung vom 04.05.2004. Allerdings führe dieser Begründungsfehler nicht zur Aufhebung des Bescheids, weil er sich aus anderen Rechtsgründen als rechtmäßig erweise. Möglicherweise leide der Bescheid für das Grundstück T an einem weiteren Fehler. Der Bescheid sei auf § 5 Abs. 4 BGS-EW S gestützt, der regele, dass bei der Beitragsberechnung die zugrundezulegende Geschossfläche für Grundstücke, für die eine gewerbliche Nutzung ohne Bebauung zulässig sei, und für Grundstücke, auf denen die zulässige Bebauung im Verhältnis zur gewerblichen Nutzung nur eine untergeordnete Bedeutung habe, als zulässige Geschossfläche ein Viertel der Grundstücksfläche in Ansatz zu bringen sei. Tatsächlich habe der Antragsgegner bei der Beitragsberechnung aber die Hälfte der Grundstücksfläche als zulässige Geschossfläche in Ansatz gebracht. Allerdings erscheine es mit Blick auf die in den Vorgängen enthaltenen Fotos und den Lageplan möglich, dass die Zugrundelegung der hälftigen Grundstücksfläche zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen, am 18.12.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 22.12.2008 Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 13.01.2009, eingegangen am gleichen Tage, begründet. Darin macht der Antragsteller vertiefend geltend, dass der Abwasserkanal im oberen Teil der T wegen des Alters und der geringen Nennweite nicht ausreiche, um für die Zahl der dort stehenden Häuser eine Volleinleitung zu ermöglichen. Alle Häuser hätten Klärgruben, aus denen der Fäkalschlamm abgefahren werden müsse. Die Anlieger hätten keine Aufforderung zum Vollanschluss erhalten. Im Gegenteil hätten Nachfragen bei dem Antragsgegner er geben, dass ein Antrag auf Volleinleitung keine Aussicht auf Erfolg habe. Mitarbeiter des Antragsgegners hätten mehrfach mündlich die Auskunft erteilt, dass ein Anschluss nicht möglich ist. Zur Klärung des Sachverhalts habe der Antragsteller in der Zwischenzeit einen Antrag auf Anschluss gestellt. Der Antragsgegner habe diesem Antrag zugestimmt. Allerdings habe der Antragsgegner mitgeteilt, dass der vorhandene Abwasserhausanschluss nicht den Anforderungen der technischen Norm entspreche und zunächst gewechselt werden müsse. Ein Anschluss an den Kanal sei daher nur theoretisch möglich, aber praktisch nicht. Das zweite Grundstück T sei lediglich mit älteren und landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut. Das Grundstück habe keinen Anschluss an die Abwasserleitung, daher könne auch kein Abwasser anfallen. Auch eine Oberflächenentwässerung könne weitestgehend nicht erfolgen, weil das Grundstück ein Gefälle aufweise und tiefer liege als die Straße. Darüber hinaus beruhten beide Beitragsbescheide, wie vom Verwaltungsgericht festgestellt, auf einer falschen Rechtsgrundlage und seien auch noch falsch begründet. Aus dem vom Gericht übersandten DWA-Regelwerk ergebe sich, dass für einen Mischwasserkanal ein Rohr mit Mindestnennweite DN 300 verlegt sein müsse. Ob das hier verlegte Rohr DN 200 ausreiche, könne nicht beurteilt werden. Problematisch sei, dass in diesem Kanal bisher nur überschießende Flüssigkeit aus den Kleinkläranlagen eingespeist worden sei. Feststoffe benötigten jedoch ein Mindestmaß an Flüssigkeit, was nicht gewährleistet sei. Ungeachtet dessen stellten die Beitragsbescheide keine Verwaltungsakte dar, weil sie nicht von einer Behörde erlassen worden seien. Das Verwaltungsgericht habe mit Schreiben vom 16.04.2009, beim Bevollmächtigten des Antragstellers am 17.04.2009 eingegangen, Beiakten übersandt, durch die der Bevollmächtigte des Antragstellers Kenntnis von dem Geschäftsbesorgungsvertrag erhalten habe, den der Antragsgegner mit der S GmbH geschlossen habe. Der Vertrag existiere seit dem 06.04.1993 und habe neun Nachträge. Gegenstand des Vertrages sei die Übertragung der gesamten Geschäftsbesorgung des Zweckverbands, wozu auch die Durchführung der Verbrauchsabrechnung im Namen des Auftraggebers zu verstehen sei. Aus dem 4. Nachtrag zum Geschäftsbesorgungsvertrag ergebe sich, dass auch die Erstellung von Herstellungsbeitragsbescheiden übertragen worden sei. Im Gegenzug sollte der Geschäftsbesorger ein erhebliches Entgelt erhalten. Daraus folge, dass der Antragsgegner bis zum Ende des Vertrages am 31.08.2008 über keinerlei Mitarbeiter verfügt habe, die irgendwelche Verwaltungsakte hätten erstellen oder erlassen können. Vielmehr seien alle Bescheide, Gebührenbescheide und Beitragsbescheide, allein vom Geschäftsbesorger, der privatrechtlich organisierten S GmbH erstellt und versandt worden. Sie seien einzeln weder vom Antragsgegner kontrolliert noch von einem Verantwortlichen der Behörde unterschrieben worden. Aus § 35 ThürVwVfG ergebe sich, dass nur eine solche Maßnahme Verwaltungsaktsqualität haben könne, die von einer Behörde und nicht bloß in ihrem Namen von einem Verwaltungshelfer erlassen worden sei. Auch wenn ein Verwaltungshelfer lediglich die Weisung der Behörde umsetze, handele doch er und nicht die Behörde nach außen als Entscheidungsträger. Dies gelte unabhängig von der Frage, welcher Briefkopf verwendet werde. Es mache keinen Unterschied, ob der Verwaltungshelfer selbst auftrete und vorgebe, im Namen und für Rechnung der Behörde zu handeln, oder ob der Briefkopf der Behörde benutzt werde, ohne dass der Ersteller tatsächlich erkennbar sei. In beiden Fällen werde allenfalls der Anschein eines Verwaltungsakts gesetzt. Ein Verwaltungsakt liege aber nur vor, wenn die Behörde tatsächlich und durch eigene Mitarbeiter gehandelt habe, die dazu berufen seien, Hoheitsgewalt auszuüben.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar zu ändern und seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält dem Beschwerdevorbringen entgegen, dass es für das Entstehen der Beitragsschuld lediglich auf die Anschließbarkeit an die Entwässerungseinrichtung ankomme. Dies sei aber unstrittig zu bejahen, wenn das Grundstück tatsächlich angeschlossen sei. Das Grundstück T sei auch tatsächlich an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen. Dem Antrag des Antragstellers auf Vollanschluss des Grundstücks T an die öffentliche Entwässerungseinrichtung sei stattgegeben worden. Eine Nachprüfung habe ergeben, dass noch der Hausanschluss gewechselt werden müsse, weil er nicht der technischen Norm entspreche. Auch seien die im öffentlichen Bereich liegenden Anlagen geeignet, die im Falle eines Vollanschlusses anfallenden Abnahmemengen aufzunehmen. Dabei handele es sich um einen Kanal DN 200 Stz. Der nicht DIN-gerechte Zustand beziehe sich lediglich auf den Hausanschluss. Das Grundstück T sei ebenfalls bebaubar und liege nach Auskunft des zuständigen Bauordnungsamts des Landkreises im baurechtlichen Innenbereich. Zur Rüge, dass die Beitragsbescheide nicht vom Antragsgegner, sondern von dessen Geschäftsbesorger erlassen worden seien, macht der Antragsgegner im Parallelverfahren geltend, dass mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag lediglich die technische Durchführung der öffentlichen Aufgabe übertragen worden sei. Die grundsätzliche und maßgebliche Zuständigkeit sei beim Antragsgegner verblieben. Dem stehe die Heranziehung eines Verwaltungshelfers nicht entgegen. Dass die Maßnahme vom Antragsgegner getroffen und ihm zuzurechnen sei, ergebe sich schon aus der Gestalt des Bescheids. Die Festsetzung der Gebühren und Beiträge habe durch die Vertretungskörperschaft der kommunalen Gebietskörperschaft zu erfolgen. Dies schließe nicht aus, dass ein privates Rechtssubjekt im Vorfeld der Festsetzung die Gebühren- und Beitragskalkulation vornimmt. Die Kalkulationen und damit verbundenen Satzungsänderungen seien der Verbandsversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt worden. Die Geschäftsbesorgung sei nach Maßgabe der Verbandsbeschlüsse und des durch die Verbandsversammlung beschlossenen Satzungsrechts erfolgt. Ein Ermessensspielraum habe dabei nicht bestanden. Trotz der Organisationsform verbleibe dem kommunalen Aufgabenträger die Letztverantwortlichkeit. Die Veranlagung zu Beiträgen obliege zwar dem kommunalen Aufgabenträger, doch könne ein Privatrechtssubjekt als Erfüllungsgehilfe mit der Beitragsberechnung, der Ausfertigung und Versendung der Beitragsbescheide, dem Einzug der Beiträge und dem Abführen der Einnahmen an den kommunalen Abgabengläubiger beauftragt werden. Im Vorfeld der maschinellen Erstellung der Bescheide sei durch Mitarbeiter des technischen Bereichs des Geschäftsbesorgers die Anschließbarkeit des betreffenden Grundstücks geprüft worden; anschließend habe die Abteilung Liegenschaften das Grundstück zur Veranlagung angelegt und die Eigentumsverhältnisse geprüft. Diese Daten seien im kaufmännischen Kundenzentrum zur Erstellung der Bescheide verwandt worden. Dabei sei mit den Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden eng zusammengearbeitet worden. Auch sei die Erstellung und Versendung von Bescheiden im Einzelfall mit Vertretern der Verbandsmitglieder abgestimmt worden. Bei dem mit der Bescheiderstellung befassten Personal handele es sich um Beschäftigte, die ausschließlich dem Antragsgegner zuzuordnen und für ihn tätig gewesen seien. Entscheidungsträger sei zu jedem Zeitpunkt der Verbandsvorsitzende gewesen. Jedenfalls habe sich der Antragsgegner die Bescheide zu eigen gemacht, indem der stellvertretende Verbandsvorsitzende die Nichtabhilfeentscheidung unterzeichnet und damit bestätigt habe, dass der Bescheid mit Wissen und Wollen des Antragsgegners in den Rechtsverkehr gelangt sei.

II.

Die Beschwerdegründe, auf deren Nachprüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, verhelfen der Beschwerde zum Erfolg. Auf Grund der im Beschwerdeverfahren nachträglich vorgetragenen Umstände bestehen an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide Zweifel, die es gebieten, das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Beitragsbescheide gegenüber dem Aufschubinteresse des Antragstellers zurückstehen zu lassen. Denn nach summarischer Prüfung sprechen erhebliche Gründe dafür, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache Erfolg haben wird (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Dies beruht darauf, dass die angegriffenen Bescheide zwar den Antragsgegner als erlassende Behörde ausweisen, aber nach Aktenlage tatsächlich nicht von einem zum Erlass von Verwaltungsakten befugten Hoheitsträger erlassen wurden.

Der Antragsteller hat erst nach Ablauf der Beschwerdefrist geltend gemacht, dass die Beitragsbescheide keine Verwaltungsakte darstellten, weil sie nicht von einer Behörde erlassen worden seien. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Beschwerdeführer nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) die zur Begründung vorgebrachten Gründe lediglich ergänzen und erläutern, aber keine substanziell neuen Gesichtspunkte einführen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Nachträglich dargelegte Gründe können jedoch dann berücksichtigt werden, wenn der Beschwerdeführer zur Geltendmachung innerhalb der Begründungsfrist außerstande war, namentlich dann, wenn er von den zugrundeliegenden Tatsachen erst nach Ablauf der Beschwerdefrist Kenntnis erlangt hat (vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit nachträglichen Vorbringens oder neuer Tatsachen bejahend VGH BW, Beschluss vom 27.01.2006, 6 S 1860/05, NVwZ-RR 2006, S. 395 f.; BayVGH, Beschluss vom 11.06.2007, 11 CS 06.2244, zitiert nach Juris; OVG BB, Beschluss vom 12.03.2003, 1 B 298/02, NVwZ-RR 2003, S. 694; OVG NW, Beschluss vom 21.12.2006, 7 B 2193/06, Juris; tendenziell wohl auch SächsOVG, Beschluss vom 29.11.2006, 5 BS 255/06, Juris; Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 146 Rdnr. 29; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, Rndr. 42 f., a. A. VGH BW, Beschluss vom 08.06.2006, 11 S 2135/05, NVwZ-RR 2006, S. 849 f.; OVG NW, Beschluss vom 30.06.2009, 15 B 524/09, Juris). Erfährt der Beschwerdeführer erst nach Ablauf der Beschwerdefrist von Umständen, die er zu seiner Rechtsverfolgung vortragen will, so ist ihm der nachträgliche Vortrag allerdings nicht grenzenlos eröffnet, sondern entsprechend der Beschwerdebegründung des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO einer Frist von einem Monat unterworfen (diese Frist ergäbe sich auch unter dem Gesichtspunkt der Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO, vgl. Eyermann, a. a. O., Rdnr. 18 a. E.). Die Frist beginnt grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer die Umstände kannte oder kennen musste, die Gegenstand oder Grundlage des nachträglichen Vorbringens sind. Diese Frist ist hier eingehalten. Der Antragsteller hat dargelegt, dass er Kenntnis von den Umständen, auf die sich seine Rüge im Wesentlichen gründet, erst durch die Akteneinsicht erhielt, die das Verwaltungsgericht seinem Bevollmächtigten in einem Klageverfahren gewährte.

Die Beschwerde ist auch begründet. Denn nach summarischer Prüfung sprechen erhebliche Gründe dafür, dass die angegriffenen Beitragsbescheide zumindest rechtswidrig sind. Sie lassen zwar formal den gegnerischen Zweckverband als erlassende Behörde erkennen. Nach dem sich darbietenden Sach- und Streitstand sind sie aber nicht vom Antragsgegner als einer zum Erlass von Verwaltungsakten ermächtigten Behörde erlassen worden, sondern inhaltlich von dem privatrechtlich organisierten Geschäftsbesorger des Antragsgegners. Damit schließt sich der Senat - wenngleich mit Verbindlichkeit zunächst nur für das Eilverfahren - den Gründen im Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 08.05.2009 an, das beiden Beteiligten bekannt ist (Az. 3 K 970/07 We u. a.; nicht rechtskräftig, zweitinstanzliches Az. 4 KO 487/09).

Der Antragsgegner war zum Erlass der Bescheide zuständig. Grundsätzlich sind die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis Aufgabenträger für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung (§ 2 Abs. 2 ThürKO). Sie können Gebühren und Beiträge nach Maßgabe des ThürKAG erheben (§ 1 Abs. 1 und 2 ThürKAG; vgl. auch §§ 58 Abs. 5, 61 Abs. 2 Thüringer Wassergesetz in der bis 31.12.2004 gültigen Fassung). Die Gemeinden können allerdings die Aufgaben und die dazu notwendigen Befugnisse einschließlich der Ermächtigung zum Erlass von Satzungen und zur Erhebung von Abgaben auf einen Zweckverband übertragen (§ 20 ThürKGG). Dies ist hier geschehen. Der Antragsgegner ist am Tag nach der Bekanntmachung der Verbandssatzung im Amtsblatt des Landkreises Gotha vom 27.03.2002, also am 28.03.2002 als Zweckverband entstanden (vgl. Urteil des Senats vom 09.12.2003, 4 KO 583/03, Abdruck S. 25, ThürVGRspr. 2005, 7 ff.). Er hat nach § 4 der Verbandssatzung die Aufgabe der Wasserversorgung (teilweise) und die Aufgabe der Abwasserentsorgung im Verbandsgebiet von seinen Mitgliedsgemeinden übernommen. Die Zuständigkeit zum Erlass von Entwässerungsbeitragsbescheiden folgt für den Antragsgegner aus §§ 16, 20, 37 Abs. 4 ThürKGG, 7 Abs. 1 ThürKAG. Die materielle Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Entwässerungsbeitragsbescheiden ergibt sich aus §§ 2, 7 Abs. 1 ThürKAG i. V. m. § 1 BGS-EWS, die nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hier in der Fassung der Satzung vom 04.05.2004, veröffentlicht im Amtsblatt des Landkreises Gotha vom 19.04.2004, anzuwenden ist.

Der Antragsgegner ist auch als diejenige Körperschaft anzusehen, die die angegriffenen Bescheide erlassen hat. Bei der Würdigung einer von der Behörde abgegebenen Willenserklärung ist nach der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB der objektive Erklärungswert maßgebend, d. h. wie der Betroffene selbst die Erklärung nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Dabei ist die Auslegung nicht auf das Erscheinungsbild und formale Äußerlichkeiten wie etwa den Kopf des Bescheides beschränkt; vielmehr ist grundsätzlich der gesamte Inhalt des Bescheids einschließlich seiner Begründung heranzuziehen, um im Wege der Auslegung die erlassende Behörde festzustellen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.01.2009, 4 ZKO 553/08, NJW 2009, S. 2553 f.; Beschluss vom 29.04.2008, 4 ZKO 610/07, LKV 2009, S. 35 ff.). Danach sind die Beitragsbescheide formal dem Antragsgegner zuzurechnen, weil sie eindeutig den Zweckverband als erlassende Behörde ausweisen. Der Zweckverband ist im Kopf der Bescheide aufgeführt und ebenso in der Rechtsbehelfsbelehrung benannt. Auslegungsbedürftige Angaben oder Merkmale sind nicht vorhanden; eine Unterschrift enthalten die maschinell gefertigten Bescheide nicht. Auch aus dem Verwaltungsverfahren ergeben sich keine stichhaltigen Anhaltspunkte für eine abweichende Urheberschaft.

Sind die Bescheide formal dem Antragsgegner als zuständige Behörde zuzurechnen, so sind sie entgegen dem äußeren Anschein dennoch inhaltlich nicht von ihm erlassen worden. Die den Abgabenverwaltungsakt kennzeichnende Maßnahme (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 b) ThürKAG i. V. m. § 118 AO) hat nicht der hierzu ermächtigte Hoheitsträger getroffen, sondern die privatrechtliche Geschäftsbesorgungsgesellschaft.

Nach dem aktenkundigen Sach- und Streitstand sieht der Senat als unstreitig an, dass der Antragsgegner bis zum 31.08.2008 über keinerlei eigenes Personal verfügte und sich statt dessen zur Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft mit beschränkter Haftung bediente. Der Geschäftsbesorger hatte, wie es der Geschäftsbesorgungsvertrag (insbesondere 4. Nachtrag vom 25.02.2000 unter Nr. 2 mit Anlage) regelte und vom Antragsgegner eingeräumt wird, nahezu lückenlos alle Aufgabenbereiche des Antragsgegners übernommen und bearbeitete sie eigenständig, insbesondere: Erstellung der wasser- und abwassertechnischen Zielplanung; Instandhaltung, Herstellung und Erneuerung der Verbandsanlagen; Erstellung der Gebühren- und Beitragskalkulationen; Erstellung der Satzungen und Satzungsänderungen; Vorbereitung und Durchführung der Verbandssitzungen; Aufstellung der Wirtschaftspläne und Haushaltssatzungen, Bilanzführung, Buchhaltung; Veröffentlichung von Satzungen; Durchführung von Bürgerinformationsveranstaltungen; Erfassung von gebühren- und beitragsrelevanten Daten, Prüfung der Anschließbarkeit der betreffenden Grundstücke, Prüfung der Eigentumsverhältnisse und Veranlagung; Ausfertigung und Versendung der Gebühren- und Beitragsbescheide; Einziehung der Forderungen; Vollstreckung. Das eigene Handeln des Zweckverbandes beschränkte sich somit auf wenige Aktionen der notwendigen Verbandsorgane (§ 26 ThürKGG), etwa die Beschlussfassungen der Verbandsversammlung über die vorgelegten Satzungsentwürfe und die rechtsgeschäftliche Vertretung durch den Verbandsvorsitzenden.

Diese Art der Aufgabenerledigung, mit der sich der Zweckverband seiner Handlungsfähigkeit so weit entkleidete, dass ein bloßer Hoheitstorso verblieb, ist bei hoheitlichem Tätigwerden mit der Rechtslage nicht vereinbar. Dabei stellt sich vorliegend nicht die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ein kommunaler Verwaltungsträger allgemein berechtigt ist, sich zur Aufgabenwahrnehmung der Formen des Privatrechts zu bedienen oder eine Aufgabe durch eine fremde juristische Person des Privatrechts unter privatrechtlicher Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses durchzuführen. Hier geht es nur darum, dass der Antragsgegner bei der Aufgabe der Abwasserbeseitigung nicht durch Dritte hoheitlich Abgaben durch Verwaltungsakt erheben lassen durfte.

Grundsätzlich handeln Träger der öffentlichen Verwaltung nur durch ihre eigenen Organwalter oder Amtswalter (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Auflage 2004, § 21 Rdnr. 19 ff., 28 f.; vgl. auch § 12 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwVfG). Zuständigkeitsnormen bestimmen nicht nur formell, über welche Behörden einem Verwaltungsträger eine bestimmte Handlung zugerechnet werden soll. In den Zuständigkeitsnormen wird auch ausgedrückt, dass der Kompetenzinhaber selbst die ihm eingeräumten Kompetenzen ausüben soll, weil er dem Gesetzgeber nach seiner organisatorischen Stellung im Staatsgefüge, seiner Betrauung mit anderen Aufgaben, seiner personellen und sächlichen Ausstattung als geeignet erscheint, die zugewiesene Aufgabe wahrzunehmen (Stelkens, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 35 Rdnr. 59). Des Weiteren ist die Einbindung in das System der kommunalaufsichtlichen Kontrolle zu berücksichtigen. Bei kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben wie der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung kommt auch der Befugnis, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 91 Abs. 1 ThürVerf), im Hinblick auf die demokratische Legitimation der Gemeinden und Zweckverbände besondere Bedeutung zu. Behörden sind damit grundsätzlich zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Selbstorganschaft verpflichtet und nicht befugt, externen Stellen die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten zu erteilen (vgl. Stelkens, a. a. O., Rdnr. 59; BayVGH München, Urteil vom 17.02.1999, 4 B 96.1710, NVwZ 1999, S. 1122 [1124]; OVG Nds., Beschluss vom 30.01.2009, 5 ME 395/08, NVwZ 2009, S. 670 f.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht Weimar daher in seinem bereits erwähnten Urteil vom 08.05.2009 darauf hingewiesen, dass die kommunalen Aufgabenträger das fachlich geeignete Verwaltungspersonal anstellen müssen, das erforderlich ist, um den ordnungsgemäßen Gang der Geschäfte zu gewährleisten (§ 23 Abs. 1 ThürKGG i. V. m. § 33 Abs. 1 ThürKO).

Allerdings kann sich ein Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. Geschieht dies in der Weise, dass die Aufgabe vollständig einem anderen Hoheitsträger übertragen wird, der sie selbständig wahrnimmt und nach außen im eigenen Namen auftritt (Delegation), muss dies durch Gesetz oder auf Grund einer gesetzlichen Grundlage erfolgen (vgl. Bonk/Schmitz, in Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 4 Rdnr. 41). Wird die hoheitliche Aufgabe zur selbständigen Wahrnehmung auf einen Privaten übertragen, ist für diesen Beleihungsakt in gleicher Weise eine gesetzliche Grundlage erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1995, 1 C 32.92, BVerwGE 98, 280 [298]). Hier hat der Geschäftsbesorger jedoch nicht als Beliehener gehandelt. Denn er ist im Außenverhältnis nicht als selbständig handelnder Hoheitsträger in Erscheinung getreten. Darüber hinaus wäre eine Beleihung unzulässig, weil die Aufgabe der Abwasserbeseitigung nur auf Körperschaften des öffentlichen Rechts, jedoch nicht auf private Dritte übertragen werden kann (vgl. § 58 Abs. 4 Satz 1 ThürWG; vgl. auch Hinweise des Thüringer Innenministeriums zur Anwendung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes vom 28.02.2005, ThürStAnz. 12/2005, Nr. 1.2). Vielmehr hat die Geschäftsbesorgungsgesellschaft stets im Namen und im Auftrag des Antragsgegners gehandelt, auch wenn dies in Abgabenbescheiden und Schriftwechseln keinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden hat. Das Tätigwerden für den Zweckverband ist demnach einem Mandat vergleichbar. Ein solches Mandat liegt nach herkömmlichem Verständnis dann vor, wenn die Kompetenz des zuständigen Hoheitsträgers von einer anderen (öffentlichen) Stelle namens und im Auftrag des beauftragenden Verwaltungsträgers ausgeübt wird (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 23.07.2002, 2 KO 591/01, ThürVBl. 2003, S. 56 [58]). Jedoch bedarf es auch für ein generelles Mandat, das - wie hier -einer ständigen Aufgabenübertragung gleichkommt, einer gesetzlichen Grundlage, weil die zugewiesene Aufgabe in Abweichung von der gesetzlich festgelegten Zuständigkeitsregelung erledigt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1979, 2 C 10/78, Buchholz 442.08 § 21 BbG Nr. 1; BDiszG, Beschluss vom 24.01.1985, IX Bk 12/84, NVwZ 1986, S. 866 [867]; vgl. zur Beauftragung mittels eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses auch ThürOVG, Beschluss vom 27.02.2006, 2 EO 967/05, ThürVBl. 2007, S. 16 [17]). Dabei ist unerheblich, ob der Geschäftsbesorger im Außenverhältnis offenbart, dass er als Beauftragter im fremden Namen handelt, oder ob er dies verdeckt tut. Entscheidend ist, dass der zuständige Hoheitsträger nicht durch eigene Organ- und Amtswalter tätig wird und materiell eine Zuständigkeitsverschiebung vorliegt. Eine gesetzliche Grundlage ist jedoch auch für ein (verdecktes) Mandat nicht vorhanden.

Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, dass der Geschäftsbesorger lediglich als Verwaltungshelfer oder verlängerter Arm des Antragsgegners tätig geworden sei. Eine Verwaltungshilfe läge nur dann vor, wenn es sich um einzelne vorbereitende oder unterstützende Hilfstätigkeiten handelte. In Betracht kommen etwa technische Maßnahmen, die der Aufgabenträger selbst nicht durchführen kann (Messungen, Anfertigen von Luftbildern), oder Arbeitsprozesse, die mechanisch oder automatisiert ablaufen (beispielsweise der Druck und die Versendung von Schriftstücken). Die Grenze der Verwaltungs- oder Erfüllungshilfe ist dagegen schon dann überschritten, wenn der Helfer eigenständig die vollständige Einzelveranlagung übernimmt, d. h. Daten ermittelt, Satzungsnormen anwendet, rechtliche Tatbestände prüft und Bescheide - wenn auch in fremdem Namen - erlässt. Dass es sich bei den von Bediensteten des Geschäftsbesorgers erarbeiteten Abgabenbescheiden um gebundene Entscheidungen handelt, die auf der Grundlage gesetzlicher und satzungsrechtlicher Bestimmungen ohne Ermessensspielraum mit diesem Inhalt ergehen mussten, ändert nichts daran, dass die Veranlagung einschließlich der Prüfung der Voraussetzungen diejenige Tätigkeit ist, in der die hoheitliche Entscheidungskompetenz des Aufgabenträgers zum Tragen kommt. Auch dann, wenn ein Verwaltungshelfer lediglich die Weisung oder Satzung des Hoheitsträgers umsetzt, unter bestimmten von ihm noch zu ermittelnden Voraussetzungen einen Abgabenbescheid zu erlassen, handelt doch er und nicht die Behörde nach außen als Entscheidungsträger (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.08.2006, 10 B 38/06, zitiert nach Juris). Von einer Hilfstätigkeit kann erst recht keine Rede sein, wenn darüber hinaus praktisch die gesamte öffentliche Aufgabe von einem privaten Dritten erfüllt wird (vgl. OVG SH, Urteil vom 15.03.2006, 2 LB 9/05, NordÖR 2006, S. 263 ff.; VG Leipzig, Urteil vom 12.01.1998, 6 K 1284/96, LKV 1999, S. 241; SächsOVG, Beschluss vom 22.11.2002, 4 BS 341/02, SächsVBl. 2003, S. 65 [66]). Wo die Grenze zwischen einer noch zulässigen Erfüllungs- und Verwaltungshilfe durch einen Dritten und der unzulässigen Abgabe der Entscheidungsverantwortung liegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Hier ist eine genaue Abgrenzung jedoch entbehrlich. Denn im vorliegenden Fall sind die Bescheide nur noch der äußeren Form nach als Verwaltungsakte des Antragsgegners ergangen. Abgesehen von dem Erlass der grundlegenden Satzungen sind alle anderen wesentlichen Maßnahmen und Entscheidungen durch Bedienstete des Geschäftsbesorgers getroffen worden. Soweit § 58 Abs. 4 Satz 2 ThürWG gestattet, dass sich die Beseitigungspflichtigen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter bedienen können, ist damit nicht die Möglichkeit zur vollständigen Übertragung der Aufgabe eröffnet (vgl. LT-Drucks. 1/2658, Erl. zu § 58, S. 53). Dies folgt bereits aus Wortlaut und Systematik der Vorschrift. Zum einen stellt der Wortlaut klar, dass die ("ihre") Aufgabe beim Beseitigungspflichtigen verbleibt; er bedient sich lediglich der Hilfe eines anderen. Zum anderen wird aus der Gegenüberstellung der Sätze 1 und 4 der Vorschrift klar, dass die Übertragung der Aufgabe, die nur auf Körperschaften des öffentlichen Rechts zulässig ist, von der bloßen Erfüllungshilfe deutlich zu unterscheiden ist. Zwar wird in den Anwendungshinweisen des Thüringer Innenministeriums (a. a. O.) ausgeführt, dass zum Zweck der Aufgabenerfüllung beispielsweise Betriebsführungs- und Betreiberverträge in Betracht kommen. Andererseits wird unmissverständlich klargestellt, dass die Thüringer Rechtslage gerade keine Übertragung der Aufgabe auf private Dritte zulässt; dies kann nicht durch den Abschluss weitgehender Betriebsführungsverträge umgangen werden. Auch wenn die Bediensteten des Geschäftsbesorgers - ähnlich wie Leiharbeitnehmer im Wege der Arbeitnehmerüberlassung - einem bestimmten Zweckverband und einem konkreten Aufgabengebiet zugewiesen gewesen sein mögen, waren sie dennoch keine Amtswalter des Antragsgegners.

An diesem Ergebnis ändert nichts, dass das Schreiben des Antragsgegners mit der Nachricht über die Abgabe an die Widerspruchsbehörde und der Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung vom 15.10.2008 vom stellvertretenden Zweckverbandsvorsitzenden unterzeichnet wurde. Die Nachricht enthält zwar einleitend die Wendung, die Sach- und Rechtslage sei nochmals geprüft worden. Diese Nachprüfung erging jedoch lediglich im Rahmen der Abhilfeprüfung (§§ 72, 73 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine eigenständige Einzelfallregelung des Beitragsschuldverhältnisses ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Aus dem gleichen Grund kann auch eine nachträgliche Billigung des Bescheids, die beispielweise in der Klageerwiderung zum Ausdruck kommt, nicht in eine eigene Regelung durch den Hoheitsträger umgedeutet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1970, VII C 10.70, BVerwGE 35, 334 [336]). Im Übrigen wäre auch zweifelhaft, ob die Unterzeichung durch den stellvertretenden Verbandsvorsitzenden genügen kann, wenn allein auf Grund der Zahl der beim Antragsgegner zu fertigenden Bescheide und Schreiben klar sein muss, dass die Regelung inhaltlich schlechterdings nicht durch den Organwalter des Zweckverbands getroffen worden sein kann, sondern durch den im Briefkopf benannten externen Bearbeiter. Eine Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls im oben genannten Sinne verlangt zumindest im Ansatz einen Prozess des gedanklichen Wägens und Entscheidens, der allein durch den mechanischen Vollzug der Unterschrift nicht ersetzt werden kann.

Vorsorglich sei angemerkt, dass die vorstehende Beurteilung nicht anders ausginge, wenn der Antragsgegner nun auf Erlass eines Widerspruchsbescheids drängte. Zwar bestimmt § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, dass Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 18.03.2002, 4 ZEO 669/01, NVwZ-RR 2003, S. 91). Der Widerspruchsbescheid kann grundsätzlich gestaltbildend auf den Ausgangsbescheid einwirken, indem er den Regelungsgehalt modifiziert, die Begründung ändert oder ursprünglich enthaltene Fehler behebt. Ähnlich wie in dem vom Senat entschiedenen Fall, in dem eine Stelle ohne Behördeneigenschaft einen nichtigen Ausgangsbescheid erließ (vgl. Beschluss des Senats vom 16.12.2008, 4 ZKO 455/02, Abdruck S. 6 f.), fehlt es jedoch schon an einer von der Ausgangsbehörde selbst getroffenen Regelung, die umgestaltet oder geheilt werden könnte. Dass erstmals im Widerspruchsbescheid ein rechtmäßiger Verwaltungsakt zu erblicken wäre, scheidet auch deshalb aus, weil es sich bei der Erhebung eines Entwässerungsbeitrags um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handelt, bei der die Aufsichtsbehörde auf die bloße Rechtsaufsicht beschränkt ist (§§ 2 Abs. 2, 117 Abs. 1 ThürKO, § 43 Abs. 1 Satz 2 ThürKGG). Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn der Widerspruchsbescheid durch den Aufgabenträger selbst erlassen würde. Denn dies ist nach der Thüringer Rechtslage nicht der Fall; vielmehr wird der Widerspruchsbescheid durch die Aufsichtsbehörde erlassen, die in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit beschränkt ist (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 46 Abs. 1 Nr. 1 ThürKGG). Damit besteht auch kein Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach auf die Gestalt, die ein Erstbescheid durch den Widerspruchsbescheid findet, auch dann abzustellen ist, wenn der Widerspruchsbescheid aus einer schlichten Willenserklärung (Rechnung) einen Verwaltungsakt macht (vgl. u. a. Urteil vom 26.06.1987, 8 C 21.86, BVerwGE 78, 3 [5]; Urteil vom 17.03.1982, 8 C 36/80, zitiert nach Juris). Denn in den genannten und weiteren Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht die Umgestaltung in einen Verwaltungsakt deshalb angenommen, weil der Kläger nach Erlass des förmlichen Widerspruchsbescheids die Anfechtungsklage als statthafte Klageart ansehen durfte. Ferner fehlt es im Unterschied zu den genannten Fällen hier auch daran, dass im Ausgangspunkt kein eigenes Handeln der Ausgangsbehörde zugrundeliegt.

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bestehen gegen den Bescheid für das Grundstück T (Flurstück b___) auch materielle Zweifel. Ob die Kapazität des alten, in der Straße liegenden Abwasserkanals ausreichte, das Schmutz- und Niederschlagswasser aller anliegenden Grundstücke aufzunehmen, ist nicht sicher. Jedoch fällt der ordnungsgemäße technische Betrieb der öffentlichen Entwässerungseinrichtung grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Antragsgegners als Aufgabenträger, sofern nicht erhebliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die behauptete Möglichkeit der Inanspruchnahme vorgeschoben ist. Der Senat geht vor dem Hintergrund der Empfehlungen im einschlägigen Regelwerk (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., Arbeitsblatt DWA- A 118, Nr. 3.4) davon aus, dass unter Berücksichtigung der Volleinleitung im Mischsystem einerseits, der ländlichen Struktur, der Zahl der im oberen Straßenverlauf anschließbaren Grundstücke sowie des unterstellten Gefälles andererseits eine Nennweite von lediglich DN 200 grenzwertig wäre. Da der Senat lediglich über eine beschränkte Sachkunde verfügt, könnte dies nur durch ein Sachverständigengut achten unter Berücksichtigung aller Einzelfaktoren geklärt werden, das gegebenen falls in einem Hauptsacheverfahren einzuholen wäre.

Erhebliche Bedenken bestehen aber gegen den Bescheid, weil nach Aktenlage einiges dafür spricht, dass das Grundstück T , das nicht an die Kanalisation angeschlossen ist, im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegt. Auf diesem Flur stück sind lediglich bauliche Anlagen von untergeordneter Bedeutung vorhanden, so eine Doppelgarage und zwei andere bauliche Anlagen, deren ursprüngliche Zweckbestimmung und gegenwärtige Nutzung noch nicht vollständig geklärt ist. Soweit sich dies nach den vorliegenden Karten, Plänen und Luftbildern beurteilen lässt, dürfte die den Innenbereich prägende Wohnbebauung auf dem Flurstück b_ enden. Doch bedarf dies hier keiner abschließenden Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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