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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.12.2003
Aktenzeichen: 4 EO 439/03
Rechtsgebiete: ThürKO, ThürBekVO, ThürKAG


Vorschriften:

ThürKO § 21 Abs. 1 S. 2
ThürBekVO § 1 Abs. 3 S. 1
ThürBekVO § 1 Abs. 3 S. 2
ThürBekVO § 1 Abs. 3 S. 3
ThürBekVO § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 3
ThürKAG § 2 Abs. 3
ThürKAG § 7 Abs. 8
ThürKAG § 7 Abs. 10
1. Die Bekanntmachungsregelung einer Hauptsatzung, in der die "Form der öffentlichen Bekanntmachung" festzulegen ist, muss nicht bestimmen, von welcher gesetzlich zugelassenen Variante für die öffentliche Bekanntmachung (Amtsblatt oder Zeitung) die Gemeinde Gebrauch macht.

Es reicht aus, dass das Amtsblatt oder die Zeitung namentlich bezeichnet ist und dass die Anforderungen an eine der Varianten erfüllt sind. Entscheidend ist, dass der Bürger zuverlässig auf das richtige Publikationsorgan geführt wird.

2. Zu den Anforderungen an die Angabe der Bezugsmöglichkeiten und -bedingungen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 ThürBekVO).

3. Zur Auslegung widersprüchlicher Regelungen über die persönliche Beitragspflicht und zur Heilung einer mutmaßlich teilnichtigen Satzung.

4. Ein gewerblich genutztes Anliegergrundstück hat aus der Inanspruchnahmemöglichkeit einer öffentlichen Straße auch dann einen größeren Vorteil und kann mit einem Artzuschlag veranlagt werden, wenn es sich bei der abzurechnenden Maßnahme um die Nebenanlagen einer Bundesstraße handelt. Es liegt grundsätzlich im weiten Ermessen der Gemeinde zu bestimmen, wie sie den größeren Vorteil der Inanspruchnahmemöglichkeit für gewerblich genutzte Grundstücke bei der Beitragsbemessung angemessen berücksichtigt.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 439/03

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausbaubeiträgen,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hinkel am 22. Dezember 2003 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 03.04.2003 abgeändert.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 28.11.2001 wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens im ersten und zweiten Rechtszug hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstands für das Beschwerdeverfahren wird auf 583,47 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

Die Antragsgegnerin veranlagte die Antragstellerin durch Bescheid vom 28.11.2001 für das Grundstück in der Gemarkung Merxleben, Flur 6, Flurstück a, zu einem Straßenausbaubeitrag für die Verbesserung der Teileinrichtungen Gehweg, Straßenbeleuchtung und Straßenbegleitgrün der B 84/176 in Merxleben. Hiergegen erhob die Antragstellerin unter dem 28.12.2001 Widerspruch. Ihren gleichzeitig gestellten Antrag, die Vollziehung des Bescheids auszusetzen, lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07.01.2002 ab.

Der Widerspruch wurde damit begründet, dass es bereits an einer wirksamen Straßenausbaubeitragssatzung (SAB) fehle. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts verstoße eine satzungsmäßige Beschränkung der zur Beitragsbemessung heranzuziehenden Grundstücksfläche durch eine generelle Tiefenbegrenzung gegen das Vorteilsprinzip, wenn sie sich auch auf Grundstücke im Innenbereich beziehe. Dies sei bei § 5 Abs. 3a SAB der Fall. Bedenken bestünden auch gegen die Wirksamkeit der undifferenzierten Regelung über den Artzuschlag für Grundstücke außerhalb eines Bebauungsplans in § 5 Abs. 7 SAB. Der größere Vorteil bei gewerblich genutzten Grundstücken rechtfertige nicht bei jeder noch so geringfügigen gewerblichen Nutzung einen Artzuschlag in Höhe von 0,5. Ein Artzuschlag könne nur vorteilsgerecht sein, wenn das Grundstück überwiegend gewerblich genutzt würde. Dies gelte hier besonders, da es sich um eine Bundesstraße handele und die Fahrbahn nicht Gegenstand der Veranlagung sei. Der durch Nebenanlagen vermittelte Vorteil sei für private Nutzer und Gewerbetreibende gleich zu beurteilen. Die Antragsgegnerin halte sich auch selbst nicht an die Satzung (§ 4 Abs. 1b SAB), weil nicht alle kommunalen Grundstücke bei der Aufwandsverteilung berücksichtigt worden seien. Ferner bestünden Bedenken gegen eine rückwirkende Beitragserhebung jedenfalls wenn wie hier ein entgegenstehender Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Denn der Bürgermeister der Antragsgegnerin habe in Bezug auf den Ausbau der hier abgerechneten Straße öffentlich erklärt, dass auf die Bürger keine Abgaben zukämen. Nachdem die Bauarbeiten in den Jahren 1994 und 1995 durchgeführt worden wären, hätten die Bürger Ende 2001 darauf vertrauen können, dass keine Abgaben erhoben werden. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin von ihrem durch § 7 Abs. 10 ThürKAG eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hätte, in der Satzung zu regeln, dass sie auch auf abgeschlossene Baumaßnahmen Anwendung finde. Schließlich sei der Grundsatz der kostenmäßigen Erforderlichkeit verletzt worden. Zwar stehe den Gemeinden hierbei ein weiter Ermessensspielraum zu. Hier hätten aber die tatsächlichen Kosten nahezu das Doppelte der geplanten Kosten betragen.

Demzufolge hätte die Gemeinde den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit in höchstem Maße verletzt.

Am 24.02.2002 stellte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung nahm sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug. Ergänzend führte sie an, dass die bloße Teilnichtigkeit der Satzung bei Weglassung der Tiefenbegrenzungsregelung weiter einen dahin gehenden Willen des Satzungsgebers voraussetze. Die Antragsgegnerin habe ferner bis heute nicht die Voraussetzungen für eine rückwirkende Geltung der Satzung geschaffen. Von ihrem durch § 7 Abs. 10 ThürKAG eingeräumten Ermessen habe die Antragsgegnerin keinen Gebrauch gemacht. Der Einwand, dass der Grundsatz der kostenmäßigen Erforderlichkeit verletzt worden sei, habe auch aus den Verwaltungsakten nicht widerlegt werden können. Aus den Akten gehe nicht hervor, dass eine Ausschreibung stattgefunden habe und warum die geplanten Kosten um 100% überschritten worden seien. Vermutlich sei in Wahrheit der Straßenbaulastträger Auftraggeber gewesen. Auch die Grunderwerbskosten könnten nicht anerkannt werden. Die Antragsgegnerin sei in diesen Punkten nicht ihrer Darlegungslast nachgekommen. Schließlich seien die Regelungen in § 1 und §9 SAB widersprüchlich, weil sie unterschiedliche Regelungen über die Beitragspflicht träfen. Im Übrigen sei § 9 SAB selbst nichtig, weil keine Rechtsgrundlage dafür bestehe, den Besitzer eines Grundstücks zu veranlagen. Außerdem sei der Tatbestand nicht hinreichend bestimmt, weil sich eine ungeklärte Eigentums- oder Berechtigungslage aus zahlreichen Gesichtspunkten ergeben könnte.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.11.2001 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat den angegriffenen Bescheid unter anderem damit verteidigt, dass es sich bei der abgerechneten Maßnahme um die Verbesserung der Teileinrichtungen einer endgültig hergestellten Straße handele, die gemäß § 7 ThürKAG beitragsfähig sei. Der Ausbau sei auf Grund des baulichen Zustands erforderlich gewesen. Es habe eine öffentliche Ausschreibung und Vergabe nach der VOB stattgefunden. Die Tiefenbegrenzungsregelung in § 5 Abs. 3 SAB sei unzulässig, sie sei aber kein notwendiger Bestandteil der Beitragssatzung nach § 2 Abs. 2 ThürKAG. Ihr Wegfall hindere anders als im Anschlussbeitragsrecht nicht die Ermittlung des Beitragssatzes. Dementsprechend seien Grundstücke, die mit ihrer gesamten Fläche im Innenbereich liegen, mit ihrer Gesamtfläche in die Beitragsberechnung einbezogen worden. Bei Grundstücken, die nur mit einer Teilfläche im Außenbereich liegen, entspräche die Anwendung der Tiefenbegrenzung dem Vorteilsprinzip. Die Beitragspflicht sei mit Eingang der letzten Rechnung am 24.10.2001 entstanden. Hierbei handele es sich um die Rechnungslegung des Straßenbauamts Nordthüringen an die Antragsgegnerin. Zwischen § 1 und § 9 SAB bestehe kein Widerspruch, weil die eine Vorschrift den Abgabentatbestand regele, die andere den Kreis der Beitragspflichtigen. Die satzungsrechtlichen Regelungen seien von den gesetzlichen Vorschriften in §2 Abs. 3 und §7 Abs. 8 ThürKAG übernommen worden.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag durch Beschluss vom 03.04.2003 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die SAB von 1996 offenkundig fehlerhaft bekannt gemacht worden und nichtig sei. Schon die Bekanntmachung vom 07.11.1996 sei bedenklich, weil aus dem Impressum des Amtsblatts nicht hinreichend ersichtlich sei, ob der Einzelbezug kostenlos oder nur entgeltlich möglich sei. Offensichtlich fehle es aber an der zwingenden Voraussetzung, dass die Form der Bekanntmachung von Satzungen in einer gültigen Hauptsatzung geregelt sein müsse (§ 21 Abs. 1 Satz 2 ThürKO i. V. m. § 1 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 ThürBekVO). Die Bekanntmachungsregelung in der Hauptsatzung vom 01.01.1994 der Antragsgegnerin sei ungültig, weil die "Form" der Bekanntmachung nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, hinreichend deutlich festgelegt sei. Eine eindeutige Festlegung sei auch erforderlich, um ein Unterlaufen der strengen Formanforderungen des § 2 ThürBekVO zu verhindern. Es sei dem Gemeinderat vorbehalten zu entscheiden und dürfe nicht im Belieben der Gemeindeverwaltung stehen, ob ein Publikationsorgan als Amtsblatt oder als Zeitung herausgegeben werde. Dies sei der Bestimmung des "Bad Langensalzaer Heimatboten" nicht zu entnehmen. Selbst wenn darin die stillschweigende Festlegung einer Zeitung zu sehen sein sollte, fehle es an der erforderlichen wöchentlichen Erscheinungsweise. Aus den vorstehenden Gründen liege es auch auf der Hand, dass sich eine fehlerfreie Bekanntmachung der SAB auch nicht auf die vorangegangenen Hauptsatzungen von 1991 und 1994 stützen lasse. Entweder seien diese früheren Hauptsatzungen ebenfalls zu unbestimmt und ungültig oder mit In-Kraft-Treten der ThürBekVO ungültig geworden. Oder es bestünde eine schlüssige Festlegung des "Bad Langensalzaer Heimatboten" als Zeitung, die aber nur im 14-tägigen Rhythmus erschienen sei. Darüber hinaus sei die Satzung auch materiell nichtig, weil sie in § 1 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 und 2 SAB widersprüchliche Regelungen über den Kreis der Beitragspflichtigen enthalte. Dieser Widerspruch sei nicht durch Auslegung auszuräumen.

Auch die Straßenausbaubeitragssatzung vom 23.04.2002 (SAB 2002) und die 1. Änderungssatzung vom 12.12.2002 böten keine Rechtsgrundlage, weil sie aus den gleichen Gründen nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden seien. Außerdem ergebe sich die Nichtigkeit aus der Perplexität der §§ 1 und 9 SAB 2002. Die SAB 2002 sei auch nicht durch die 1. Änderungssatzung geheilt worden, weil nur punktuelle Änderungen erfolgt seien, ohne die Satzung vollständig neu zu beschließen. Durch punktuelle Änderungen könne eine insgesamt nichtige Satzung nicht geheilt werden. Außerdem scheitere eine Heilung daran, dass in § 9 Abs. 2 SAB 2002 die Beitragspflicht des Besitzers nicht entsprechend § 2 Abs. 3 ThürKAG geregelt sei.

Der Beitrag lasse sich auch nicht auf die Straßenbaubeitragssatzung vom 16.07.1992 stützen. Die Satzung sei ohne Datum ausgefertigt worden. Im Übrigen wäre die Satzung wegen der zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen in materieller Hinsicht ungültig geworden.

Gegen diesen am 15.04.2003 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 29.04.2003 Beschwerde eingelegt und am 12.05.2003 begründet. Darin macht sie geltend, die Straßenausbaubeitragssatzung sei auch bei Anlegung strenger Maßstäbe ordnungsgemäß veröffentlicht worden. Der Hinweis auf den Einzelbezug im Impressum sei bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass das Amtsblatt auch im Einzelbezug kostenlos erhältlich sei. Des Weiteren sei die Bekanntmachungsregelung in der Hauptsatzung nicht unwirksam. Die gesetzliche Forderung, die "Form" der Bekanntmachung in der Hauptsatzung zu regeln, erfülle die Bestimmung in § 12 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung, dass Bekanntmachungen im "Bad Langensalzaer Heimatboten" erfolgen. Unbeachtlich sei, dass hierbei kein Hinweis enthalten sei, ob es sich bei dem "Bad Langensalzaer Heimatboten" um das Amtsblatt der Antragsgegnerin handele. Dem rechtsstaatlichen Erfordernis einer unmissverständlichen Bekanntmachungsregelung sei Rechnung getragen. Auch sei der "Bad Langensalzaer Heimatbote" nach seinem Erscheinungsbild eindeutig keine Zeitung, sondern ein Amtsblatt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Satzung auch in materieller Hinsicht wirksam. §§ 1 und 9 SAB widersprächen sich nicht, insbesondere sei § 9 für die Bestimmung des Beitragspflichtigen die speziellere Norm. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass es ausreiche, wenn eine als nichtig erkannte Satzungsbestimmung im Wege einer Änderungssatzung isoliert neu gefasst werde. Es müsse nicht über die gesamte Satzung neu entschieden werden. Mit Schriftsatz vom 20.11.2003 trägt die Antragsgegnerin ergänzend vor, dass sie vorsorglich am 10.07.2003 eine neue Hauptsatzung und am 11.09.2003 eine neue Straßenausbaubeitragssatzung beschlossen habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Wesentlichen die erstinstanzliche Entscheidung. Insbesondere sei die Angabe der Bezugsbedingungen im Heimatboten zu Recht als mangelhaft angesehen worden. Es sei ohne ausdrückliche Angabe für den Bürger nicht erkennbar, dass das Amtsblatt auch im Einzelbezug kostenlos zu beziehen ist. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ThürBekVO verlange hierzu eine ausdrückliche Angabe. Die Beschwerde verhalte sich auch nicht zu der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Heimatbote im Unklaren lasse, ob er eine Zeitung oder ein Amtsblatt sein wolle. Es sei zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin überhaupt Einfluss auf die äußere Gestaltung nehmen könne. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht - seiner ständigen Rechtssprechung folgend - §§ 1 und 9 SAB als widersprüchlich angesehen. Aber die Satzung sei nicht nur widersprüchlich, es liege darüber hinaus auch ein Verstoß gegen höherrangiges Recht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorliegenden Behördenvorgänge (5 Hefter Verwaltungsvorgänge, beigezogen zum Verfahren 4 EO 435/03) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag zu Unrecht stattgegeben.

Bei der Entscheidung über einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits vorzunehmen. Für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts ist dabei ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt, unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) oder einer behördlichen Anordnung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18.07.1973 - 1 BvR 23, 155/73 -, BVerfGE 35, 382 [402]; Beschluss des Zweiten Senats vom 21.03.1985 - 2 BvR 1642/83 -, BVerfGE 69, 220 [228, 229]). Im Falle der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage allerdings regelmäßig nur in Betracht, wenn gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dabei ist Gegenstand der Rechtmäßigkeitsprüfung durch das Gericht in erster Linie der Abgabenbescheid selbst und die ihm bei summarischer Prüfung offensichtlich anhaftenden Fehler. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides können sich im Einzelfall auch aus sich aufdrängenden Satzungsmängeln der zu Grunde liegenden kommunalen Abgabensatzung ergeben. Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Abgabensatzung müssen dann jedoch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren so offensichtlich und eindeutig sein, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist (vgl. Beschluss des Senats vom 23.04.1998 - 4 ZEO 6/97 -, LKV 1999, S. 70 [71], m. w. Nw.).

An der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids bestehen keine derartigen ernstlichen Zweifel (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO), die es geböten, das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Beitragsbescheids gegenüber dem Aufschubinteresse der Antragstellerin zurückstehen zu lassen. Denn nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung sprechen keine überwiegenden Gründe dafür, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache Erfolg haben wird.

Der Senat kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Straßenausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin offensichtlich nichtig sei, nicht teilen. Dies gilt selbst dann, wenn man auf die Sach- und Rechtslage abstellt, die sich im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung darbot. Die vom Verwaltungsgericht erhobenen Wirksamkeitszweifel sind zum Teil unbegründet, im Übrigen aber nicht von solchem Gewicht, dass sie nach den Maßstäben der Senatsrechtsprechung die Annahme der Nichtigkeit der Beitragssatzung schon im Eilverfahren rechtfertigten.

Die Bedenken des Verwaltungsgerichts, aus dem Impressum des Amtsblatts vom 07.06.1996 sei nicht hinreichend ersichtlich, ob der Einzelbezug kostenlos oder nur entgeltlich möglich sei, sind nicht stichhaltig. Das Verwaltungsgericht hat diese Frage zwar letztlich offen gelassen; sie wäre auch zu verneinen. Der Hinweis im Impressum ("Die Verteilung erfolgt kostenlos an alle Haushalte. Einzelbezug bei der Stadtverwaltung Bad Langensalza, Am Markt") weckt beim durchschnittlichen Leser nicht die Erwartung, dass ein einzelnes Exemplar des "Heimatboten" nur gegen Entgelt erhältlich ist. Der Bezugshinweis ist so zu verstehen, dass Einzelausgaben bei der Stadtverwaltung zumindest abgeholt werden können. Da der "Heimatbote" normalerweise aber kostenlos verteilt wird, hätte es eher eines besonderen Zusatzes bedurft, wenn die Abgabe bei der Stadtverwaltung nur gegen Entgelt erfolgte. Im Hinblick auch auf andere Streitsachen merkt der Senat ferner an, dass es für den Bezugshinweis unschädlich ist, wenn der Ort, an dem das Amtsblatt erhältlich ist, nicht bis in alle Einzelheiten mit Dienstgebäude, Geschoss und Raumnummer bezeichnet ist. Eine derart exakte Bezeichnung ist zu fordern, wenn es um eine Ersatzbekanntmachung von Karten oder Plänen geht (vgl. § 3 Abs. 2 ThürBekVO).

Denn dort erfolgt die Auslegung an Verkündungs statt, d. h. sie übernimmt selbst die Funktion der Bekanntmachung für das ganze Hoheitsgebiet der Gemeinde. Der Einzelbezug hingegen hat keine generelle Bekanntmachungsfunktion, sondern soll vor allem demjenigen die Kenntnisnahme ermöglichen, der das Amtsblatt nicht mit der regulären Verteilung erhält. Dazu liefert die Angabe im Impressum dem verständigen Leser einen ausreichenden Hinweis, wo und wie er den "Heimatboten" beschaffen kann.

Unzutreffend ist das Hauptargument des Verwaltungsgerichts, die Bekanntmachungsregelung in der Hauptsatzung der Antragsgegnerin sei fehlerhaft. Das Verwaltungsgericht folgert aus der Wendung "Form der Bekanntmachung" (§ 21 Abs. 1 Satz 2 ThürKO i. V. m. § 1 Abs. 3 Satz 1 ThürBekVO), dass in der Hauptsatzung festgelegt sein muss, von welcher gesetzlich zugelassenen Variante für die öffentliche Bekanntmachung die Gemeinde Gebrauch macht, Amtsblatt, Zeitung oder ggf. Verkündungstafel (§ 1 Abs. 1 und 2 ThürBekVO). Mit dieser Auslegung geht das Verwaltungsgericht jedoch ohne Not über die Anforderungen hinaus, welche die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften stellen. Dem Gesetzeswortlaut ist diese Forderung nicht ausdrücklich zu entnehmen. Sie ist auch nicht aus dem Sinn der Regelung zu folgern. § 21 Abs. 1 Satz 2 ThürKO und § 1 Abs. 3 Satz 1 ThürBekVO, die verlangen, dass in der Hauptsatzung die "Form der Bekanntmachung" bestimmt sein muss, sollen dem rechtsstaatlichen Publizitätsgebot Rechnung tragen, Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass sich die Betroffenen vom Inhalt verlässlich Kenntnis verschaffen können. Nur durch die Festlegung auf eine bestimmte Art und Weise der Bekanntmachung können die Normadressaten wissen, wo sie sich informieren müssen, um über das geltende Ortsrecht der Gemeinde stets aktuell informiert zu sein. In näherer Ausgestaltung des § 21 Abs. 1 Satz 2 ThürKO regelt daher die auf Grund des § 129 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ThürKO erlassene ThürBekVO in ihrem § 1 Abs. 3 Satz 2 bis 4, dass in der Hauptsatzung das Amtsblatt oder die Zeitung namentlich zu bezeichnen, bzw. im Falle des Anschlags der Standort der Verkündungstafeln anzugeben ist. So ist es hier geschehen. § 12 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung in der Fassung vom 01.11.1994 bestimmt, dass öffentliche Bekanntmachungen im "Bad Langensalzaer Heimatboten" erfolgen. Hierdurch ist die "Form der Bekanntmachung" hinreichend festgelegt. Entscheidend ist, dass der Bürger zuverlässig auf das richtige Publikationsorgan geführt wird und Verwechslungen praktisch ausgeschlossen werden können. Nicht entscheidend ist dagegen für diesen Zweck, dass der Bürger aus der Hauptsatzung entnehmen kann, ob der "Bad Langensalzaer Heimatbote" ein Amtsblatt oder eine Zeitung ist. Unbegründet ist die Besorgnis des Verwaltungsgerichts, dass anderenfalls die strengen Formanforderungen des § 2 ThürBekVO unterlaufen werden könnten und es im Belieben der Verwaltung stünde, ob sie ein Publikationsorgan als Amtsblatt oder Zeitung herausgibt. Solche Spielräume werden sich für die Verwaltung einer Gemeinde in der Praxis schwerlich eröffnen. Sie sind auch, wie oben ausgeführt, bekanntmachungsrechtlich nicht von erheblichem Gewicht. Wenn sich eine Gemeinde eines in der Hauptsatzung namentlich benannten Publikationsorgans bedient, ist - ggf. durch die Gerichte - im Wege der Subsumtion zu prüfen, ob dieses Publikationsorgan generell und mit den betreffenden Ausgaben die gesetzlichen Anforderungen entweder an ein Amtsblatt oder eine Zeitung erfüllt (insbes. § 2 Abs. 1 und 2 ThürBekVO). Die Herausgeberschaft und die äußere Gestaltung werden hierbei in aller Regel bereits wichtige Hinweise liefern. Erfüllt das Publikationsorgan die Anforderungen an die eine oder andere Variante der Bekanntmachung, werden die Formanforderungen des § 2 ThürBekVO gerade nicht unterlaufen; erfüllt es sie nicht, ist von einer unwirksamen Bekanntmachung auszugehen. Hier hat das Verwaltungsgericht zwar festgestellt, dass der "Bad Langensalzaer Heimatbote" nicht wöchentlich, sondern nur monatlich bzw. zweiwöchentlich erschienen sei, und dass daher keine wirksame Bekanntmachung in einer Zeitung vorliege (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 ThürBekVO). Dagegen hat es nicht entschieden, ob der "Heimatbote" vom 07.06.1996 die Voraussetzungen eines Amtsblatts erfüllt. Nach Auffassung des Senats ist aber der "Heimatbote" vom 07.06.1996 eindeutig als Amtsblatt zu qualifizieren - zumal er auf dem Deckblatt diesen Untertitel trägt. Die Ausgabe erfüllt auch, ebenso wie etwa die Ausgaben vom 03.05.2002 und 20.12.2002, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ThürBekVO.

Auch die weitere Erwägung, dass die Satzung materiell nichtig sei, weil sie in § 1 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 und 2 SAB widersprüchliche Regelungen über den Kreis der Beitragspflichtigen enthalte, trägt die angegriffene Entscheidung nicht. Der Senat hat Zweifel, ob die Regelungen Widersprüche enthalten, die nicht durch Auslegung behoben werden könnten. Insbesondere weisen die Regelungen nicht die gleichen Widersprüche auf, wie in anderen vom Verwaltungsgericht entschiedenen und zitierten Fällen. § 1 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 SAB benennen zunächst keinen unterschiedlichen Kreis der Beitragspflichtigen. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts bildet § 9 Abs. 1 Satz 2 SAB auch keine Rangfolge zwischen Eigentümern und Erbbauberechtigten. Eine solche Rangfolge enthält erst § 9 Abs. 1 der Straßenausbaubeitragssatzung vom 23.04.2002, der aber durch die 1. Änderungssatzung vom 12.12.2002 wieder geändert wurde. Die Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SAB über die Gesamtschuldnerschaft von mehreren Beitragspflichtigen, die Beitragspflicht von Wohnungs- und Teileigentümern sowie Besitzern gehen zwar weiter als § 1 Abs. 1 SAB, stehen dazu aber nicht in echtem Widerspruch. Dies gilt ohne weiteres für die Regelung über die Gesamtschuld. Auch die Vorschriften über die anteilsorientierte Beitragspflicht von Wohnungseigentümern und die Ersatz-Beitragspflicht des Besitzers (gleichsam als wirtschaftlicher Eigentümer) können so verstanden werden, dass sie als speziellere Regelung über die persönliche Beitragspflicht näher ausgestalten, was in der Regelung des Beitragstatbestands in § 1 Abs. 1 SAB noch allgemein gehalten ist (vgl. VG Gera, Urteil vom 30.04.2003 - 4 K 641/00 GE - , Abdruck S. 7 - 10). Ein offensichtlicher, eindeutig zur Nichtigkeit führender Widerspruch liegt bei dieser Konstellation jedenfalls nicht vor.

Ungeachtet dieser Auslegungsfrage, die einem Hauptsacheverfahren vorbehalten wäre, sind in der Straßenausbaubeitragssatzung vom 23.04.2002 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 12.12.2002 keine unterschiedlichen Regelungen über die Beitragspflicht mehr enthalten. §§ 1 Abs. 1 und 9 Abs. 1 und 2 SAB 2002 wichen zwar noch voneinander ab, des Weiteren enthielt § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 SAB 2002 auch die vom Verwaltungsgericht beanstandete Rangfolge. Unterstellt, dass dies letztlich doch zu beanstanden wäre, wurde der Mangel durch die 1. Änderungssatzung bereinigt, in der die Bestimmungen über die persönliche Beitragspflicht aus § 1 herausgenommen wurden und §9 abgesehen von der Entstehung der Beitragspflicht wieder die Fassung von 1996 erhielt. Auch insoweit neigt der Senat nicht zu der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung, dass die SAB 2002 durch die 1. Änderungssatzung nicht geheilt werden konnte, ohne die Satzung vollständig neu zu beschließen. Denn der Ortsgesetzgeber hat auch durch die Änderung einzelner Vorschriften die zweifelhaften Punkte ausgeräumt und damit seinen fortbestehenden Normsetzungswillen hinsichtlich der übrigen Satzung dokumentiert.

Des Weiteren ergeben sich auch aus dem Vortrag der Antragstellerin keine für das einstweilige Rechtsschutzverfahren erheblichen Satzungsmängel. Dabei beruft sie sich unter anderem auf das Urteil vom 18.12.2000 (4 N 472/00, LKV2001, S. 415 ff.), in dem der Senat eine undifferenzierte Tiefenbegrenzungsregelung in einer Anschlussbeitragssatzung für unwirksam erklärt hat. Der Senat hat allerdings in der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung nicht entschieden, dass "eine", d. h. jedwede Tiefenbegrenzungsregelung in einer Beitragssatzung nichtig wäre. Vielmehr hängt von weiteren, in der Entscheidung näher benannten Voraussetzungen ab, ob eine Tiefenbegrenzungsregelung in einer Beitragssatzung unwirksam ist und weiter, ob sie zur bloßen Teilnichtigkeit oder zur Gesamtnichtigkeit der Beitragssatzung führt (Urteil vom 18.12.2000, a.a.O., Seite 422 ff.). Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall zutreffen. Auch betraf die Entscheidung des Senats eine Regelung mit anderem Wortlaut als § 5 Abs. 3 SAB der Antragsgegnerin. Im Übrigen deutet das Vorbringen der Antragsgegnerin darauf hin, dass die beanstandeten satzungsrechtlichen Bestimmungen bei der Beitragsveranlagung in Einklang mit dem höheren Recht ausgelegt und angewandt wurden - eine Möglichkeit, die der Senat in dem genannten Urteil ausdrücklich erwogen hatte, die im dortigen Fall aber zu verneinen war. Insbesondere hat die Antragsgegnerin erklärt, dass die Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, denen insgesamt Baulandqualität zukommt, bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Fläche voll veranlagt worden seien.

Der Einwand, § 5 Abs. 7b und c SAB enthalte eine undifferenzierte Regelung über den Artzuschlag bei gewerblich oder ähnlich genutzten Grundstücken, greift nicht durch. Die Antragstellerin irrt, wenn sie moniert, dass der Artzuschlag unabhängig davon zu erheben wäre, ob nur eine geringfügige oder überwiegende gewerbliche Nutzung stattfindet. Vielmehr bestimmt § 5 Abs. 7c Satz 1 SAB, dass der Artzuschlag nur dann zu erheben ist, wenn die gewerbliche, industrielle oder ähnliche Nutzung nach Maßgabe der Geschossflächen überwiegt. Allerdings sind dem Senat andere Fälle bekannt und weitere vorstellbar, bei denen eine gewerbliche Nutzung erheblichen Ziel- und Quellverkehr auslösen kann, ohne dass sie flächenmäßig oder nach anderen messbaren Maßstäben überwiegt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Artzuschlag auch nicht deshalb ungerechtfertigt, weil es sich bei der abgerechneten Maßnahme nur um die Nebenanlagen einer Bundesstraße handelt. Der besondere Vorteil für gewerbliche Grundstücke besteht grundsätzlich auch bei Bundesstraßen. Gerade in kleineren Ortschaften wird hier üblicherweise ein besonders hoher Anteil von Anliegergrundstücken gewerblich genutzt, und zwar von Lebensmittel-, Einzelhandelsgeschäften oder gastronomischen Betrieben, bei denen der Kundenverkehr nicht nur von der Straße her stattfindet. Selbst Tankstellen dienen bekanntlich außerhalb der Geschäftszeiten in nicht unerheblichem Umfang als Nahversorger. Darüber hinaus hat der Senat gegen die Höhe des Artzuschlags keine Bedenken. Es liegt grundsätzlich im weiten ortsgesetzgeberischen Ermessen der Gemeinde zu entscheiden, ob sie für den größeren Vorteil der Inanspruchnahmemöglichkeit für gewerblich genutzte Grundstücke eine höhere oder niedrigere Mehrbelastung als angemessen ansieht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Auflage 2001, § 36 Rn. 6).

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin weiterhin geltend, dass die rückwirkende Beitragserhebung unzulässig sei, weil die Antragsgegnerin von ihrem durch § 7 Abs. 10 ThürKAG eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht und der Bürgermeister zugesagt habe, dass keine Beiträge erhoben würden. Im Beschluss vom 18.03.2002 (4 ZEO 669/01, NVwZ-RR 2003, S. 91 f.) ist der Senat der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegengetreten, dass die rückwirkende Beitragserhebung gemäß § 7 Abs. 10 ThürKAG einer entsprechenden Regelung in der Beitragssatzung bedürfe. Zur angeblichen Zusage eines Bürgermeisters, keine Beiträge zu erheben, hat der Senat u. a. im Beschluss vom 08.07.2003 (4 ZEO 904/99, S. 3 f.) ausgeführt, dass aus einer solchen Erklärung grundsätzlich weder ein Verzicht noch eine Zusage geschlossen werden kann. Eine vom Bürgermeister abgegebene Verzichtserklärung würde schon begrifflich voraussetzen, dass - zumindest in der erkennbaren Vorstellung des Erklärenden - eine Beitragsschuld bereits bestand oder künftig entstehen werde und dem Schuldner erlassen wird (Beschlüsse des Senats vom 15.10.2001 - 4 ZEO 1326/97 -, Umdruck S. 3 und vom 11.04.2002 - 4 ZEO 30/00 -, Umdruck S. 7). Dass die angebliche Erklärung in diesem Sinne verstanden werden kann, ist dem Vorbringen jedoch nicht zu entnehmen. Ferner wäre für den Erlass von Satzungen und dementsprechend für die Erklärung, keine Straßenausbaubeitragssatzung erlassen zu wollen, zunächst der Gemeinderat und nicht der Bürgermeister zuständig (vgl. §§ 26 Abs. 3 Satz 1, 29 f. ThürKO). Es ist auch nichts dafür vorgetragen, dass in der angeblichen Erklärung eine Zusicherung nach dem Rechtsgedanken des § 38 ThürVwVfG gesehen werden könnte, einen künftig entstehenden Ausbaubeitrag nicht zu erheben - ungeachtet dessen, ob eine solche Zusicherung zulässig wäre und welche Voraussetzungen hierfür zu gelten hätten (vgl. zur Anwendbarkeit des ThürVwVfG Beschluss des Senats vom 19.10.2000 - 4 VO 117/00 - , ThürVBl. 2001, S. 108 [108 f.], m. w. N.). Dies erforderte nämlich, dass in der Erklärung unzweifelhaft der Wille der Behörde zum Ausdruck kommt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1997 - 10 C 1/95 - , LKV 1998, S. 271 [272]). Dazu reichte es jedenfalls nicht aus, wenn sich der Bürgermeister in öffentlichen Veranstaltungen mündlich dahin geäußert hat, auf die Bürger kämen durch den Ausbau der Straße keine Abgaben zu.

Die weiteren Rügen (in einem Teil der parallel anhängigen Streitverfahren) im Hinblick auf die Kosten der abgerechneten Maßnahme und die Abrechnungsunterlagen sind von der Antragstellerin auch nach der Akteneinsichtnahme nicht so substantiiert worden, dass eindeutige Mängel hervortreten und nach den oben dargestellten Maßstäben ausnahmsweise im Eilverfahren zu berücksichtigen sind. Soweit die Antragstellerin moniert, dass die Ausschreibung, Schlussrechnungen und vertraglichen Gestaltungen nicht nachvollziehbar seien und auf einen anderen Auftraggeber hindeuteten, übersieht sie möglicherweise, dass die Antragsgegnerin dazu bereits in der Anlage zum Schriftsatz vom 19.03.2002 Stellung genommen hat. Darin wird durch die Kämmerei erläutert, dass es sich um einen gemeinschaftlichen Ausbau handelte, nämlich der Gemeinde als Baulastträger für den Gehweg, die Straßenbeleuchtung sowie das Straßenbegleitgrün, des Straßenbauamtes Mühlhausen für den Bund als Baulastträger der Fahrbahn, eines Abwasserzweckverbands und des Verbandswasserwerkes.

Im Übrigen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung im Hinblick auf den angegriffenen Bescheid selbst und die konkrete Veranlagung des Grundstücks der Antragstellerin. Der Bescheid benennt die abzurechnende Maßnahme, das beitragspflichtige Grundstück, er gibt die Antragstellerin als Abgabenschuldnerin an und setzt den Beitrag der Höhe nach fest; darüber hinaus weist er die Berechnungsgrundlagen und Bemessungsfaktoren aus, die für die Ermittlung des Beitrags maßgebend waren (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen Beschluss des Senats vom 12.07.2002 - 4 ZEO 243/00 -, NVwZ-RR 2003, S. 229 [231 f.], m. w. Nw.). Andere Mängel der Beitragserhebung hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Sie sind auch im Rahmen der summarischen Prüfung von Amts wegen nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 14, 20 Abs. 3 und 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Hinweis:

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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