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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.08.2009
Aktenzeichen: 4 EO 451/04
Rechtsgebiete: ThürKAG, ThürKO


Vorschriften:

ThürKAG § 2 Abs. 5
ThürKO § 21 Abs. 3
ThürKO § 120 Abs. 1
1. § 21 Abs. 3 Satz 4 ThürKO gilt nicht für die nachträgliche, d.h. nach Ablauf der Monatsfrist des § 21 Abs. 3 Satz 2 ThürKO ergehende kommunalaufsichtliche Beanstandung eines Satzungsbeschlusses.

2. Zur Auslegung des § 2 Abs. 5 ThürKAG (Fortführung der Senatsrechtsprechung in den Urteilen vom 12.12.2001 - 4 N 595/94 -, ThürVGRspr. 2002, 96 und vom 23. November 2005 - 4 KO 877/01 -, ThürVBl 2006, 131).


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 451/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kommunalaufsichtsrechts,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 17. August 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 11. März 2004 - 6 E 3531/03.We - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstands wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen kommunalaufsichtlichen Bescheid des Antragsgegners.

Der Stadtrat der Antragstellerin beschloss am 3. Juli 2003 eine "1. Ergänzungssatzung zur Satzung über die Erhebung einmaliger Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen der Stadt Mühlhausen (Straßenausbaubeitragssatzung) vom 13.05.2002 (Amtsblatt Nr. 5 vom 23. April 2003, S. 2 ff.) ...", die in ihrem § 2 konkrete Beitragssätze für einzelne, in § 1 aufgeführte, in der Vergangenheit ausgebaute Verkehrsanlagen festlegte. Mit Schreiben vom 8. Juli 2003 zeigte die Antragstellerin diese Satzung bei dem Landratsamt des Unstrut-Hainich-Kreises an. Mit Schreiben vom 21. Juli 2003 bestätigte dieses den Eingang der Satzung am 18. Juli 2003. In diesem Schreiben heißt es weiter: "Von einer Bekanntmachung dieser Satzung ist vorerst abzusehen, da sowohl die Satzung über die Erhebung einmaliger Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen der Stadt Mühlhausen vom 13.05.2002 als auch o. g. Satzung Regelungen enthält, die jeweils zur Nichtigkeit der Satzungen führen."

Unter dem Datum des 2. Oktober 2003 erließ der Antragsgegner dann den hier streitigen Bescheid, in dem er gestützt auf § 120 ThürKO den Beschluss der Stadt Mühlhausen Nr. 820/03 vom "04. Juni 2003" (dabei handelt es sich offensichtlich nicht um das Datum der Beschlussfassung, sondern um das Datum der Einreichung der Beschlussvorlage durch den Oberbürgermeister) beanstandete (Ziff. 1), die Antragstellerin aufforderte, diesen Beschluss bis zum 10. November 2003 spätestens aufzuheben (Ziff. 2) und für den Fall, dass die Antragstellerin der Aufforderung nicht fristgerecht nachkommt, Ersatzvornahme androhte (Ziff. 3). Zur Begründung wird in dem Bescheid im Wesentlichen angeführt, nach den in Thüringen maßgeblichen Vorschriften sei das Vorhandensein einer gültigen Satzung notwendige Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. In dieser Satzung müssten insbesondere Aussagen zur Festsetzung des Gemeindeanteils und zu den Verteilungsregelungen getroffen werden. Ohne diese Entscheidungen bzw. Regelungen sei eine Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes nicht möglich. Aus diesen Gründen sei insbesondere der § 2 der Satzung zu beanstanden, da hier bereits ein Beitragssatz festgesetzt worden sei, der aber erst nach dem Inkrafttreten der Satzung im Übrigen, insbesondere ihrer Regelungen zum Gemeindeanteil und der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes, ermittelt werden könne.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2003, das dem Antragsgegner am 22. Oktober 2003 zugestellt wurde, Widerspruch ein.

Die Antragstellerin machte die 1. Ergänzungssatzung zur Satzung über die Erhebung einmaliger Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen der Stadt Mühlhausen in ihrem Amtsblatt Nr. 12 vom 19. November 2003 bekannt.

Mit Schreiben vom 26. November 2003 wies der Antragsgegner die Antragstellerin u. a. darauf hin, dass ihr Widerspruch gegen den Beanstandungsbescheid nach § 21 Abs. 3 Satz 4 ThürKO keine aufschiebende Wirkung habe. Weiter forderte er die Antragstellerin in diesem Schreiben auf, die unwirksame 1. Ergänzungssatzung nicht anzuwenden, d. h. auf ihrer Grundlage keine Straßenausbaubeitragsbescheide zu erlassen und die Bürger aufgrund des mit der widerrechtlichen Veröffentlichung der Satzung gesetzten Rechtsscheins hierüber im nächsten Amtsblatt der Stadt in angemessener Form zu unterrichten.

Mit Schriftsatz vom 24. November 2003 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Weimar Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung führt sie aus, der Antragsgegner habe die 1. Ergänzungssatzung zu ihrer Straßenausbaubeitragssatzung zu Unrecht beanstandet. Die Festsetzung konkreter Beitragssätze in § 2 der Ergänzungssatzung sei nicht nur rechtmäßig, sondern zwingend geboten. Von der nach § 2 Abs. 2 ThürKAG gebotenen Angabe des Beitragssatzes in der Beitragssatzung könne nach § 7 Abs. 4 ThürKAG nur dann abgesehen werden, wenn zum Zeitpunkt des Satzungserlasses der Aufwand für die Maßnahme noch nicht feststehe. Die in § 1 der 1. Ergänzungssatzung bezeichneten Maßnahmen seien zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über ihre Straßenausbaubeitragssatzung am 11. April 2002 technisch beendet und abrechenbar gewesen. Folglich habe diese Satzung als Ermächtigungsgrundlage nicht ausgereicht, so dass es der Ergänzungssatzung bedurft habe. Diese Rechtsauffassung werde auch von der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Weimar vertreten.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 17. Oktober 2003 gegen den Beanstandungsbescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2003 anzuordnen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 11. März 2004 festgestellt, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2003 aufschiebende Wirkung hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichtete Antrag der Antragstellerin sei im Hinblick darauf, dass der Widerspruch bereits aufschiebende Wirkung hat, nach dem erkennbaren Begehren der Antragstellerin in einen Feststellungsantrag umzudeuten. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen solchen Feststellungsantrag ergebe sich daraus, dass der Antragsgegner offenbar eine zeitnahe Durchsetzung seines Bescheides beabsichtige. Er weise in seiner Antragserwiderung nicht etwa darauf hin, dass er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs beachten werde, sondern habe auf eine entsprechende gerichtliche Verfügung lediglich mitgeteilt, dass Vollstreckungsmaßnahmen noch nicht eingeleitet worden seien und bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens auch nicht beabsichtigt seien. Auch im Übrigen lasse sich seinen Ausführungen entnehmen, dass er seinen Bescheid jedenfalls grundsätzlich für vollziehbar halte. Der zulässige Feststellungsantrag sei auch begründet, da dem Widerspruch nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zukomme. Ergänzend weist das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss darauf hin, dass der Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2003 sich nach Auffassung der Kammer durch die danach erfolgte Bekanntmachung der 1. Ergänzungssatzung zur Straßenausbaubeitragssatzung erledigt haben dürfte. Schließlich enthält der Beschluss Ausführungen zur Frage der Rechtmäßigkeit der 1. Ergänzungssatzung, ohne diese Frage abschließend zu entscheiden.

Dagegen wendet der Antragsgegner in seiner fristgerecht vorgelegten Beschwerdebegründung vom 15. April 2004 ein, der Widerspruch der Antragstellerin entfalte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 ThürKO, § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Offensichtlich sei diese am 31. Dezember 2002 in Kraft getretene Bestimmung übersehen worden.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners bleibt in der Sache ohne Erfolg. Aus den vom Antragsgegner fristgerecht dargelegten Gründen, auf deren Nachprüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben wäre.

Das Verwaltungsgericht hat sich zwar in der Tat nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob für den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2003 die durch das Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze vom 18. Dezember 2002 (GVBl S. 467) eingeführte Bestimmung des § 21 Abs. 3 Satz 4 ThürKO gilt. Nach dieser Vorschrift haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Beanstandung nach Satz 2 keine aufschiebende Wirkung.

Um eine "Beanstandung nach Satz 2" handelt es sich aber bei dem hier streitigen Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2003 nicht:

Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 ThürKO müssen Satzungen vor ihrer Bekanntmachung der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt werden. Satz 2 lautet dann: "Sie dürfen frühestens nach Ablauf eines Monats, nachdem die Gemeinde die Eingangsbestätigung für die vorzulegende Satzung von der Rechtsaufsichtsbehörde erhalten hat, bekannt gemacht werden, sofern nicht die Rechtsaufsichtsbehörde die Satzung beanstandet hat; die Rechtsaufsichtsbehörde hat die Eingangsbestätigung unverzüglich zu erteilen."

Für Abgabensatzungen gilt, soweit sie nicht genehmigungsbedürftig sind (§ 2 Abs. 4, 4a ThürKAG), Entsprechendes nach der speziellen Regelung des § 2 Abs. 5 ThürKAG. Zwar enthält diese Vorschrift nicht den Halbsatz "sofern nicht die Rechtsaufsichtsbehörde die Satzung beanstandet hat". Gleichwohl hat der Senat auch bisher schon keinen Zweifel daran gelassen, dass dem Wortlaut und dem erkennbaren Ziel der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 5 ThürKAG zu entnehmen ist, dass die Gemeinde oder der Zweckverband, wenn die Rechtsaufsichtsbehörde eine Satzung als rechtswidrig bemängelt, an der Inkraftsetzung der Satzung bis zur endgültigen Klärung gehindert sein soll (ThürOVG, Urteil vom 23. November 2005, 4 KO 877/01, ThürVBl 2006, 131).

Dass die Aufsichtsbehörde auch bei Abgabensatzungen befugt ist, rechtswidrige Satzungsbeschlüsse zu beanstanden, wird durch § 2 Abs. 5 Satz 4 ThürKAG klargestellt; danach bleiben die Bestimmungen über die Befugnisse der Rechtsaufsichtsbehörden nach der Thüringer Kommunalordnung in der jeweils geltenden Fassung unberührt. Zu diesen Befugnissen gehört die Ermächtigung zur Beanstandung rechtswidriger Beschlüsse und Verwaltungsakte der Gemeinde nach § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO; zu den Beschlüssen im Sinne dieser Vorschrift gehörten auch Satzungsbeschlüsse (ThürOVG, Urteil vom 23. November 2005, a. a. O.; dort auch zur Systematik des § 120 Abs. 1 ThürKO). Auch für die Beanstandung von Satzungen im Anwendungsbereich des § 21 Abs. 3 ThürKO folgt die Ermächtigung zur Beanstandung aus § 120 Abs. 1 ThürKO; § 21 Abs. 3 ThürKO setzt die Ermächtigung voraus, enthält aber nicht selbst die Ermächtigungsgrundlage für die Beanstandung.

Der eigenständige, zur Ermächtigungsgrundlage für die Beanstandung in § 120 Abs. 1 ThürKO hinzutretende Regelungsgehalt sowohl des § 21 Abs. 3 ThürKO als auch des § 2 Abs. 5 ThürKAG besteht aber in seiner verfahrensrechtlichen Bedeutung für das wirksame Zustandekommen von Satzungen. Eine Beanstandung der Satzung bzw. des Beschlusses über die Satzung innerhalb der Frist von einem Monat nach Erhalt der Eingangsbestätigung der Rechtsaufsichtsbehörde hindert sowohl nach § 21 Abs. 3 ThürKO als auch nach § 2 Abs. 5 ThürKAG eine wirksame Bekanntmachung der Satzung. Diese Verfahrensregelungen stellen nicht lediglich Ordnungsvorschriften dar, deren Nichtbeachtung für die Wirksamkeit der Satzungen folgenlos bliebe. Ein Verstoß, insbesondere also die Bekanntmachung der Satzung trotz Beanstandung innerhalb der Monatsfrist, stellt vielmehr einen beachtlichen Verfahrensfehler dar, der zur Unwirksamkeit der bekannt gemachten Satzung führt (zu § 2 Abs. 5 ThürKAG ThürOVG, Urteil vom 12. Dezember 2001, 4 N 595/94, ThürVGRspr. 2002, 96). Der Umstand, dass die Satzung innerhalb der Monatsfrist unbeanstandet bleibt, ist als negatives Tatbestandsmerkmal Voraussetzung für die Wirksamkeit der Satzung (ThürOVG, Urteil vom 23. November 2005, a. a. O.).

Diese spezifisch verfahrensrechtliche Folge einer aufsichtsbehördlichen Beanstandung ist aber daran gebunden, dass die Beanstandung innerhalb der Monatsfrist des § 21 Abs. 3 Satz 2 ThürKO bzw. des § 2 Abs. 5 ThürKAG erfolgt. Hinsichtlich der Wirkungen ist also zu unterscheiden zwischen einer Beanstandung im Anzeigeverfahren nach § 21 Abs. 3 ThürKO bzw. § 2 Abs. 5 ThürKAG, die ungeachtet ihrer Ermächtigungsgrundlage in der allgemeinen kommunalaufsichtlichen Vorschrift des § 120 Abs. 1 ThürKO nur dann die spezifischen verfahrensrechtlichen Wirkungen hat, wenn sie innerhalb der Monatsfrist erfolgt, und einer nachträglichen, nach Ablauf der Monatsfrist ergehenden Beanstandung, die die Verfahrenswirkungen der §§ 21 Abs. 3 ThürKO und 2 Abs. 5 ThürKAG nicht mehr auszulösen vermag. Der Senat hat in seinem Urteil vom 23. November 2005 (4 KO 877/01, ThürVBl 2006, 131) im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Baugesetzbuch (BVerwG, Urteil vom 21. November 1986, 4 C 22.83, BVerwGE 75, 142, 146) festgestellt, dass die sachlich-rechtliche Nachprüfung im Anzeigeverfahren nach § 2 Abs. 5 ThürKAG, das der Bekanntmachung vorgeschaltet ist, neben der regelmäßig nachgehenden kommunalaufsichtlichen Kontrolle steht. Die Grenze zwischen beiden Arten der Beanstandung ist der Ablauf der Monatsfrist.

Vorliegend hat die Aufsichtsbehörde des Antragsgegners der Antragstellerin den Eingang der 1. Ergänzungssatzung zur Straßenausbaubeitragssatzung mit Schreiben vom 21. Juli 2003 bestätigt. Das Schreiben ist nach einem Abgangsvermerk am gleichen Tage herausgegangen. Die Antragstellerin hat mit Schreiben an das Landratsamt vom 30. Juli 2003 den Erhalt des Schreibens vom 21. Juli 2003 bestätigt. Damit war die Monatsfrist des § 2 Abs. 5 Satz 2 ThürKAG im Zeitpunkt des Erlasses des hier streitgegenständlichen Bescheids vom 2. Oktober 2003 jedenfalls abgelaufen.

Zwar weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass er die Antragstellerin schon im Bestätigungsschreiben vom 21. Juli 2003 aufgefordert hat, von einer Bekanntmachung der Satzung vorerst abzusehen, da die Satzung Regelungen enthalte, die zur Nichtigkeit der Satzung führe. Ob diese Ausführungen den Anforderungen an eine förmliche Beanstandung mit den verfahrensrechtlichen Wirkungen des § 2 Abs. 5 ThürKAG genügt, ist jedoch zweifelhaft. Dies kann hier aber offenbleiben. Denn die Parteien streiten nicht um die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen eine eventuell anzunehmende Beanstandung im Schreiben vom 21. Juli 2003, sondern um die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. Oktober 2003. Bei diesem Bescheid handelt es sich indessen jedenfalls um eine nachträgliche Beanstandung. Für eine solche nachträgliche Beanstandung gilt § 21 Abs. 3 Satz 4 ThürKO nicht. Entsprechendes gilt für die nachträgliche Beanstandung von Abgabensatzungen, auch wenn man davon ausgeht, dass § 21 Abs. 3 Satz 4 ThürKO grundsätzlich über § 2 Abs. 5 Satz 4 ThürKAG auch für Widersprüche gegen Beanstandungen von Abgabensatzungen im Verfahren nach § 2 Abs. 5 ThürKAG gilt. Denn § 21 Abs. 3 Satz 4 ThürKO bezieht sich nach Wortlaut und Systematik der Vorschrift ausschließlich auf Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine aufsichtsbehördliche Beanstandung, die im Satzungsgebungsverfahren innerhalb der Monatsfrist des § 21 Abs. 3 Satz 2 ThürKO ergeht.

Für nachträgliche Beanstandungen einer Abgabensatzung auf der Grundlage des § 120 Abs. 1 ThürKO gilt vielmehr der allgemeine Grundsatz des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach hat der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2003 aufschiebende Wirkung. Bei dieser Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin zu Recht in einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs umgedeutet und diesem Antrag stattgegeben. Es ist auch mit zutreffenden Gründen davon ausgegangen, dass ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an dieser gerichtlichen Feststellung bestanden hat, weil die Antragsgegnerin sich auf den Standpunkt gestellt hat, dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe.

Soweit das Verwaltungsgericht in seinen als nicht entscheidungstragend kenntlich gemachten Anmerkungen zu erkennen gibt, nach Auffassung der Kammer habe sich der angefochtene Bescheid vom 2. Oktober 2003 zwischenzeitlich durch die Bekanntmachung der Satzung erledigt, hätte das Verwaltungsgericht diese Frage allerdings nicht offen lassen dürfen. Denn wenn der Beanstandungsbescheid objektiv erledigt wäre, würde es auch an einem Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs fehlen, weil eine Vollstreckung oder ein anderer Rechtsnachteil nicht mehr zu befürchten wäre. Der Senat teilt allerdings die Auffassung der Kammer nicht, dass der Beanstandungsbescheid sich durch die Bekanntmachung der Satzung erledigt hätte. Zutreffend ist zwar, dass die Beanstandung des Satzungsbeschlusses einschließlich der Aufforderung zur Aufhebung dieses Beschlusses und der Androhung der Aufhebung im Wege der Ersatzvornahme nicht ausreicht, um einen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Dazu bedürfte es weitergehend einer Aufhebung der Satzung im Satzungsverfahren oder im Wege der Ersatzvornahme und der Bekanntmachung der Aufhebungssatzung. Insofern würde der Beanstandungsbescheid, seine Rechtmäßigkeit hier unterstellt, nach der Bekanntmachung der Satzung nicht mehr ausreichen, um rechtmäßige Zustände wiederherzustellen. Selbst wenn man daraus mit dem Verwaltungsgericht den Schluss ziehen würde, dass der Beanstandungsbescheid seit der Bekanntmachung der Satzung mangels Eignung zur Herstellung rechtmäßiger Zustände rechtswidrig geworden wäre, würde dies doch nicht bedeuten, dass der Bescheid sich objektiv erledigt hätte. Denn jedenfalls hat der Beanstandungsbescheid des Antragsgegners auch nach der Bekanntmachung der Satzung noch belastende Wirkungen für die Antragstellerin. Insbesondere muss die Antragstellerin nach wie vor befürchten, dass der Antragsgegner im Wege der Ersatzvornahme den Satzungsbeschluss aufhebt.

Ferner bleibt die Beanstandung als Grundlage und Anknüpfungspunkt für weitergehende aufsichtsbehördliche Maßnahmen in der Welt.

Für die im Beschwerdeverfahren allein zu treffende Entscheidung über die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin kommt es nicht darauf an, ob der Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2003 rechtmäßig ist und ob die beanstandete 1. Ergänzungssatzung aus den Gründen des Bescheides vom 2. Oktober 2003 unwirksam ist. Die folgenden Ausführungen sind daher lediglich als Hinweise auf Fragen zu verstehen, die sich nach Auffassung des Senats im Hauptsacheverfahren stellen können.

Eine Unwirksamkeit der 1. Ergänzungssatzung zur Straßenausbaubeitragssatzung der Antragstellerin könnte unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten dann in Betracht kommen, wenn in der Eingangsbestätigung des Landratsamtes vom 21. Juli 2003 schon eine förmliche Beanstandung mit den Rechtswirkungen des § 2 Abs. 5 ThürKAG liegen würde. Das ist aber fraglich. Denn ein entsprechender Regelungswille kommt in der Eingangsbestätigung wohl nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Zwar weist der Antragsgegner die Antragstellerin in der Eingangsbestätigung schon unter Bezugnahme auf ein weiteres Schreiben auf die Nichtigkeit der Satzung hin. Er bittet auch nicht lediglich, von einer Bekanntmachung abzusehen, sondern fordert dazu auf. Allerdings heißt es lediglich, dass von einer Bekanntmachung "vorerst" abzusehen sei. Das entspricht aber auch der gesetzlich geregelten Monatsfrist und kann damit auch so verstanden werden, dass eine vorzeitige Veröffentlichung der Satzung (§ 2 Abs. 5 Satz 3 ThürKAG) nicht zugelassen werde. Das Schreiben vom 21. Juli 2003 enthält schließlich auch keine Rechtsmittelbelehrung.

Unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten geht es in der Hauptsache im Wesentlichen um die Frage, ob die Antragstellerin in der 1. Ergänzungssatzung konkrete Beitragssätze für bestimmte Verkehrsanlagen regeln durfte, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über ihre Straßenausbaubeitragssatzung am 11. April 2002 bereits technisch beendet und abrechenbar waren. Soweit die Antragstellerin im Anschluss an eine Rechtsauffassung der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Weimar gemeint hat, sie müsse für diese bereits abgeschlossenen Maßnahmen zwingend konkrete Beitragssätze in die Satzung aufnehmen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Der Senat hat dazu im Urteil vom 23. Juni 2009 (4 KO 45/09, S. 13 - 17 des amtlichen Umdrucks) ausgeführt:

"Die Festlegung des Beitragssatzes gehört nicht zum erforderlichen Mindestinhalt einer Ausbaubeitragssatzung gemäß § 2 Abs. 2 ThürKAG, sofern diese Satzung nicht lediglich die Beitragserhebung für eine einzelne Ausbaumaßnahme regeln soll. Vielmehr kommt in diesem Fall § 7 Abs. 4 ThürKAG a. F. (nunmehr § 7 Abs. 5 ThürKAG n. F.) zur Anwendung. Danach kann in Abweichung von § 2 Abs. 2 ThürKAG davon abgesehen werden, den Abgabesatz festzulegen, wenn im Zeitpunkt des Satzungserlasses der Aufwand nach § 7 Abs. 1 ThürKAG (also für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung einer bestimmten öffentlichen Einrichtung bzw. Verkehrsanlage) noch nicht feststeht. Statt des Abgabesatzes müssen aber die wesentlichen Bestandteile der einzelnen Einrichtungen (im Ausbaubeitragsrecht: Verkehrsanlagen) in der Satzung nach Art und Umfang bezeichnet und der umzulegende Teil der Gesamtkosten (im Aus baubeitragsrecht: der umlagefähige Beitragsaufwand, sog. Anliegeranteil) bestimmt werden. Diese Maßgaben sind den Mindestregelungen vergleichbar, die eine Erschließungsbeitragssatzung gemäß § 132 Nr. 1 und 2 BauGB enthalten muss, die keinen Beitragssatz für eine einzelne Erschließungsmaßnahme enthält, weil sie die Beitragserhebung für alle erstmals hergestellten und herzustellenden Erschließungsanlagen im Satzungsgebiet regelt. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Festlegung eines Beitragssatzes nach § 7 Abs. 4 ThürKAG a. F. sind im Straßenausbaubeitragsrecht schon deshalb regelmäßig erfüllt, weil eine Ausbaubeitragssatzung - anders als eine Abwasserbeitragssatzung -typischerweise nicht die Beitragserhebung für eine einzelne beitragsfähige Maßnahme regelt, sondern - ähnlich wie eine Erschließungsbeitragssatzung - eine satzungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von Beiträgen für eine Vielzahl verschiedener (bisheriger und künftiger) Ausbaumaßnahmen der Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen schafft (ebenso Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 40. Erg.Lfg. März 2009, Rn. 250 zu § 8; Wuttig/Hürholz/Thimet/Nöth, Gemeindliches Satzungsrecht, Stand: April 2009, Teil IVa, Frage 6, Anm. 10). Im Zeitpunkt des Erlasses einer solchen generellen Ausbaubeitragssatzung kann jedoch "der Aufwand" für alle bisherigen und zukünftigen Ausbaumaßnahmen nicht feststehen. Daher kann der Satzungsgeber in einer Ausbaubeitragssatzung nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 ThürKAG a. F. statt der Festlegung von Einzelbeitragssätzen für eine Vielzahl von möglichen Einzelmaßnahmen im Satzungsgebiet regeln, welche beitragsfähigen Verkehrsanlagen mit ihren Bestandteilen/Teileinrichtungen der Beitragserhebung unterliegen und wie hoch der für die Ermittlung des umlagefähigen Beitragsaufwands und damit des Beitragssatzes maßgebliche Gemeinde- bzw. Anliegeranteil sein soll (ebenso: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.06.2005 - 4 L 655/04 - zitiert nach Juris). (...)

Etwas anderes würde im Übrigen auch dann nicht gelten, wenn die SAB 2003 der Beklagten rückwirkend in Kraft gesetzt worden wäre und dadurch für diejenigen Ausbaumaßnahmen, die im Zeitpunkt des Satzungserlasses technisch bereits beendet waren, die sachliche Beitragspflicht nachträglich zu einem vor dem Satzungserlass liegenden Zeitpunkt entstanden wäre (a. A.: AnwHiThürKAG, Nr. 7.5, ThürStAnz. 2005, 567 ff., 571 unter Bezugnahme auf OVG Brandenburg, Urteil vom 14.07.2000 - 2 D 27/00.NE -). Erlässt der Satzungsgeber erstmals oder zum Zwecke der Heilung einer zuvor unwirksamen Satzung eine Ausbaubeitragssatzung für alle bisherigen und zukünftigen Ausbaumaßnahmen im Satzungsgebiet, ist er nach Thüringer Landesrecht schon nicht verpflichtet, die Satzung rückwirkend in Kraft zu setzen, um die in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Maßnahmen zu erfassen. Denn der Landesgesetzgeber hatte schon in der Ausgangsfassung des ThürKAG vom 07.08.1991 (GVBl. S. 329 ff.) ausdrücklich in § 7 Abs. 8 geregelt, dass ein Beitrag auch für öffentliche Einrichtungen erhoben werden kann, die vor Inkrafttreten der Abgabesatzung hergestellt, angeschafft, erweitert, verbessert oder erneuert wurden (vgl. nunmehr § 7 Abs. 12 ThürKAG in der derzeit geltenden Fassung). Die Beitragsfähigkeit von Anlagen i. S. d. § 7 ThürKAG, die vor Erlass einer Beitragssatzung hergestellt wurden, wird insoweit der Rechtslage im Erschließungsbeitragsrecht des Bundes gleichgestellt, wonach Erschließungsbeiträge nach dem Inkrafttreten einer gültigen Beitragssatzung auch für solche Anlagen gefordert werden können, die zuvor (technisch) endgültig hergestellt worden sind. Denn die Beitragspflicht entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem alle gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Entstehung erfüllt sind; zu diesen Voraussetzungen gehört auch die Geltung einer Beitragssatzung. Nach der Thüringer Gesetzeslage bleibt damit auch kein Raum für die in anderen Bundesländern zum landesrechtlichen Beitragsrecht teilweise vertretene Auffassung, dass spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der beitragsfähigen Maßnahme eine rechtsgültige - ggfs. rückwirkende -Beitragssatzung in Kraft gesetzt sein muss, damit eine Beitragspflicht für die Maßnahme entstehen kann (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur den Beschluss vom 29.09.1999 - 4 ZEO 844/98 -; anders teilweise die Rechtsprechung in anderen Bundesländern: OVG Brandenburg, Urteile vom 23.03.2000 - 2 A 226/98 - zitiert nach Juris und vom 14.07.2000 - 2 D 27/00.NE -; hierzu: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 250a zu § 8; Seppelt, NordÖR 2000, 276 ff., 277; Aussprung, DVBl. 2005, 740 ff., 743).

Es steht dem Satzungsgeber jedoch frei, eine Ausbaubeitragssatzung dennoch mit Rückwirkung zu erlassen, um dadurch ggf. bereits erlassene Beitragsbescheide auch im Falle eines zwischenzeitlichen Eigentumswechsels zu heilen (hierzu im Einzelnen Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 175 zu § 8). Für diesen Fall ergibt sich aus der Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 4 ThürKAG a. F. aber keine Verpflichtung des Satzungsgebers, statt oder zusätzlich zu einer generell für alle bisherigen und künftigen Ausbaumaßnahmen im Satzungsgebiet vorgesehenen Beitragssatzung eine Einzelsatzung für jede der im Zeitpunkt des Satzungserlasses bereits abgeschlossenen Maßnahmen mit einem Einzelbeitragssatz zu erlassen. Denn auch wenn ein Satzungsgeber die Ausbaubeitragssatzung rückwirkend erlassen will, obliegt es seiner uneingeschränkten Entscheidung, ob er die Erhebung von Ausbaubeiträgen für alle bisherigen und künftigen Ausbaumaßnahmen im Satzungsgebiet in einer (einzigen) Beitragssatzung regeln oder ob er für eine konkrete Einzelmaßnahme eine Einzelsatzung mit einem darauf bezogenen Einzelbeitragssatz erlassen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.04.1978 - 7 B 48.78 u. a. - KStZ 1980, 31 im Zusammenhang mit dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit; hierzu auch das Senatsurteil vom 25.06.2009 - 4 KO 615/08 -). Soll die rückwirkend erlassene Ausbaubeitragssatzung nach dem Willen des Satzungsgebers grundsätzlich alle bisherigen und zukünftigen Ausbaumaßnahmen in der Gemeinde erfassen, ist "der" Aufwand für eine Einzelmaßnahme schon nicht Gegenstand der Beschlussfassung des Satzungsgebers und steht daher bei Satzungserlass auch nicht fest. Im Übrigen stehen der beitragsfähige und der umlagefähige Beitragsaufwand für eine bestimmte Ausbaumaßnahme gemäß § 7 Abs. 4 ThürKAG a. F. grundsätzlich noch nicht im Zeitpunkt des Erlasses der generellen Ausbaubeitragssatzung, also mit ihrer Beschlussfassung durch den Gemeinderat fest, sondern erst mit der ordnungsgemäßen Bekanntmachung dieser Satzung (a. A. OVG Brandenburg, Urteil vom 14.07.2000 - 2 D 27/00.NE - zur Rechtslage in Brandenburg vor Inkrafttreten des § 2 Abs. 1 Satz 3 BrbgKAG zum 01.02.2004; hierzu Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 250a zu § 8). Zwar entstehen im Fall des rückwirkenden Inkrafttretens einer Ausbaubeitragssatzung die sachlichen Beitragspflichten für die in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Ausbaumaßnahmen nachträglich zu einem Zeitpunkt, der vor dem Erlass der Beitragssatzung liegt. Gleichwohl bestehen erst mit der Bekanntmachung einer wirksamen Ausbaubeitragssatzung verbindliche Regelungen über die Ermittlung des beitragsfähigen und umlagefähigen Aufwandes, der somit im Zeitpunkt des Satzungserlasses auch dann noch nicht "feststeht", wenn einzelne Maßnahmen technisch bereits beendet sowie abgenommen wurden und jeweils die letzte Unternehmerrechnung vorliegt. Der Senat hat dementsprechend auch in seiner bisherigen Rechtsprechung den Anwendungsbereich einer erst später erstmals wirksam erlassenen Ausbaubeitragssatzung auf in der Vergangenheit bereits (technisch) abgeschlossene Maßnahmen erstreckt, ohne für diese Maßnahmen die satzungsrechtliche Festlegung von Einzelbeitragssätzen zu verlangen (vgl. nur den Beschluss vom 30.06.2003 - 4 EO 206/96 - a. a. O.)".

Von der Frage der Notwendigkeit konkreter Beitragssätze ist allerdings die hier im Hauptsacheverfahren allein entscheidende Frage zu unterscheiden, ob die Antragstellerin konkrete Beitragssätze für einzelne vor Inkrafttreten der Straßenausbaubeitragssatzung abgeschlossene Maßnahmen in einer Ergänzungssatzung vorsehen durfte.

Im Grundsatz sieht der Senat zunächst keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer Straßenausbaubeitragssatzung, deren Geltungsbereich sich auf eine oder mehrere bestimmte Verkehrsanlagen beschränkt. Das folgt aus dem im Straßenausbaubeitragsrecht geltenden Grundsatz der regionalen Teilbarkeit. Dazu hat sich der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 25. Juni 2009 (4 KO 615/08) geäußert. Dort hat der Senat ausgeführt, dass auch nach der Thüringer Rechtslage von der Geltung des Grundsatzes der regionalen Teilbarkeit im Ausbaubeitragsrecht auszugehen ist. Danach kommt es im Straßenausbaubeitragsrecht - anders als im Erschließungs- und Anschlussbeitragsrecht - für die Frage, ob eine Verteilungsregelung geeignet ist, in einem bestimmten Fall eine Beitragspflicht entstehen zu lassen, nicht auf die Verhältnisse im gesamten Gemeindegebiet an (Grundsatz der konkreten Vollständigkeit), sondern es ist auf die Verhältnisse in dem jeweiligen konkreten Abrechnungsgebiet abzustellen. Denn die unterschiedlichen beitragsfähigen Maßnahmen, die im Ausbaubeitragsrecht nach Maßgabe der jeweiligen Beitragssatzung eine Beitragspflicht auslösen können, stehen untereinander nicht in einem so engen Zusammenhang, dass die Beitragserhebung nur einheitlich nach einer für das gesamte Gemeindegebiet geltenden und alle denkbaren Fallkonstellationen erfassenden Satzung erfolgen müsste. Deshalb ist eine Verteilungsregelung im Straßenausbaubeitragsrecht nur dann keine geeignete Grundlage für die Beitragserhebung, wenn sie nicht genügt, um den entstandenen umlagefähigen Aufwand für eine bestimmte beitragsfähige Maßnahme vorteilsgerecht zu verteilen (hierzu im Einzelnen: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, Rn. 11 zu § 36; Nds.OVG, Beschluss vom 08.03.1996 - 9 M 7369/95 - NdsVBl. 1996, 258; OVG LSA, Urteil vom 16.12.1999 - A 2 S 335/98 - VwRR MO 2000, 103). Davon ist der Senat auch bei seiner bisherigen Rechtsprechung ausgegangen (vgl. nur den Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - 4 EO 206/96 - ThürVGRspr 2003, 145 ff. = LKV 2004, 39 ff.).

Das bedeutet für die hier im Hauptsacheverfahren streitige Frage allerdings zunächst nur, dass eine Straßenausbaubeitragssatzung, die Bestimmungen über den Verteilungsmaßstab und den Gemeindeanteil nur für eine oder mehrere einzelne Verkehrsanlagen trifft, im Grundsatz unbedenklich ist. Damit ist allerdings noch nichts über die vom Antragsgegner aufgeworfene Frage gesagt, ob in ein und derselben Satzung gleichzeitig die Verteilungsregelung und der Gemeindeanteil und der nach diesen Maßgaben zu berechnende konkrete Beitragssatz enthalten sein dürfen oder ob die Festlegung des konkreten Beitragssatzes erst erfolgen kann, nachdem die für seine Festlegung maßgeblichen abstrakten Kriterien (Verteilungsmaßstab, Gemeindeanteil) in Geltung gesetzt worden sind, so dass der konkrete Beitragssatz nur zeitlich versetzt nach der Bekanntmachung der übrigen Satzungsregelungen festgelegt werden dürfte. Das ist keine Frage der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, sondern führt zu der Frage, ob der Satzungsgeber sich bei der Entscheidung über einen konkreten Beitragssatz für eine bestimmte Maßnahme auch an Bemessungsgrundlagen wie der Bestimmung des Gemeindeanteils orientieren darf, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch kein geltendes Satzungsrecht sind, die aber gleichzeitig mit der Festlegung des konkreten Beitragssatzes in derselben Satzung beschlossen und bekannt gemacht werden sollen. Der Senat vermag derzeit nicht zu erkennen, warum der Satzungsgeber an einer Festlegung eines konkreten Beitragssatzes nach gleichzeitig beschlossenen Maßstäben, deren künftige Geltung er antizipiert, gehindert sein könnte. Jedenfalls ergeben sich Hinderungsgründe nicht aus § 7 Abs. 5 ThürKAG (bzw. § 7 Abs. 4 ThürKAG a. F.). Denn diese Vorschrift besagt nur, dass von der Festlegung des Abgabesatzes in Abweichung von § 2 Abs. 2 ThürKAG abgesehen werden darf, wenn der Aufwand im Zeitpunkt des Satzungserlasses noch nicht feststeht. Daraus kann aber nicht die weitergehende Schlussfolgerung gezogen werden, dass in diesem Fall auch von der Festlegung des Abgabensatzes abgesehen werden müsse.

Zu der Frage, welche der hier in Betracht kommenden Straßenausbaubeitragssatzungen zur Entstehung von sachlichen Beitragspflichten für die in § 1 der "1. Ergänzungssatzung" bezeichneten Maßnahmen geführt hat, kann der Senat im Rahmen der hier nur ergänzend gegebenen Hinweise nicht Stellung nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwerts beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 und 2, §§ 14, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG (in der bis zum 30. Juni 2004 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung). Dabei orientiert sich der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht am "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (DVBl. 1996, S. 605 ff.), der für Maßnahmen der Kommunalaufsicht im Hauptsacheverfahren einen Streitwert von 20.000,- DM vorgesehen hat. Der höhere Streitwert von 15.000,- € nach der aktualisierten Fassung des "Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Fassung 7/2004, NVwZ 2004, 1327 ff.) ist hier nicht maßgeblich, weil der Streitwert in der Rechtsmittelinstanz nach § 14 Abs. 2 GKG a. F. durch den Wert des Streitgegenstandes des ersten Rechtszuges begrenzt wird. Im Hinblick auf den hier begehrten nur vorläufigen Rechtsschutz setzt der Senat den Streitwert des Beschwerdeverfahrens in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung auf 5000,- € fest.

Ende der Entscheidung

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