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Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.09.2007
Aktenzeichen: 4 N 70/03
Rechtsgebiete: GG, ThürVerf, ThürKO, ThürBekVO, AVBFernwärmeV


Vorschriften:

GG Art. 20a
ThürVerf Art. 31 Abs. 3
ThürKO § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
ThürKO § 20 Abs. 2 S. 2
ThürBekVO § 1 Abs. 1
ThürBekVO § 1 Abs. 2
ThürBekVO § 1 Abs. 4
AVBFernwärmeV § 3 S. 3
AVBFernwärmeV § 35
1. Ein Nebeneinander von Amtsblatt und Zeitung als Publikationsformen ist nach der ThürBekVO nicht zulässig. Eine öffentliche Bekanntmachung von Satzungen in Zeitungen kommt danach nur in Betracht, wenn eine Gemeinde kein Amtsblatt unterhält. Wird in der Hauptsatzung das Amtsblatt als Bekanntmachungsform bestimmt, ist ein Abweichen hiervon nur in den ausdrücklich geregelten Fällen des § 1 Abs. 4 Satz 2 ThürBekVO zulässig.

2. Der Begriff der öffentlichen Einrichtung schließt auch in Thüringen eine privatrechtliche Gestaltung des Benutzungsverhältnisses nicht aus. Daher bestehen grundsätzlich keine Bedenken gegen die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs für eine öffentliche Fernwärmeversorgungseinrichtung, deren Benutzungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet ist. Jedoch erfordern die Grundrechte, dass die Versorgung, die der Bürger aus der öffentlichen Einrichtung beziehen muss, in gleichem Umfang gesichert ist, als wenn sie unmittelbar durch die öffentliche Hand erfolgte (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 06.04.2005 - 8 CN 1.04 -).

3. Lässt eine Fernwärmeversorgungssatzung keine Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang für die nachträgliche Nutzung regenerativer Energiequellen durch bereits angeschlossene Grundstücke zu, entspricht sie insoweit nicht der landesrechtlich gebotenen Ausgestaltung des Anschluss- und Benutzungszwangs unter Berücksichtigung von §§ 3 Satz 3, 35 AVBFernwärmeV und der Staatszielbestimmungen in Art. 31 Abs. 3 ThürVerf bzw. Art. 20a GG und schränkt die Grundrechte der betroffenen Anschlussnehmer und Nutzer unverhältnismäßig ein.


Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gegen die am 28.07.2002 in der "Stadtrodaer Zeitung" bekannt gemachte Satzung über die Regelung der Fernwärmeversorgung vom 01.02.2001 zurückgenommen hat.

Die Satzung der Antragsgegnerin über die Regelung der Fernwärmeversorgung vom 01.02.2001 in der Fassung der Bekanntmachung in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 09.02.2001 wird für unwirksam erklärt.

Von den Gerichtskosten des Verfahrens hat die Antragstellerin 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5 zu tragen; die außergerichtlichen Kosten tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist eine Wohnungsbaugenossenschaft, der verschiedene mit Mehrfamilienhäusern bebaute Grundstücke im Geltungsbereich der Satzung über die Regelung der Fernwärmeversorgung der Antragsgegnerin - SFW - vom 01.02.2001 gehören. Sie macht im Normenkontrollverfahren die formelle und materielle Unwirksamkeit der Satzung geltend.

Die Antragsgegnerin betreibt die Fernwärmeversorgung in einem Teil des Stadtgebietes nach eigenem Vortrag seit der Gründung der Stadtwerke im Jahre 1991, jedoch zunächst ohne eine satzungsrechtliche Grundlage für den Anschluss- und Benutzungszwang. Die Benutzung der Fernwärmeversorgungseinrichtung durch die angeschlossenen Grundstücke wurde lediglich in zivilrechtlichen Abnehmerverträgen geregelt.

Zur Satzungsgeschichte im Einzelnen:

Die SFW wurde in der Stadtratssitzung vom 27.11.2000 mit 16 Ja-Stimmen beschlossen (Beschlussvorlage 38/2000). Nach der Begründung in der Beschlussvorlage entsprach die Beibehaltung der Fernwärmeversorgung, in deren Sanierung beträchtliche Investitionen geflossen seien, dem in Auftrag gegebenen Energiekonzept für eine umweltfreundliche und kostengünstige Energieversorgung der Stadt. Der Anschluss- und Benutzungszwang für die Fernwärme sollte dort umgesetzt werden, wo Fernwärme vorhanden sei. Die SFW wurde dem Landratsamt des Saale-Holzland-Kreises als zuständiger Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 06.12.2000 angezeigt. Die SFW wurde unter dem Datum vom 01.02.2001 ausgefertigt und in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 09.02.2001 bekannt gemacht. Eine nochmalige Bekanntmachung der SFW "vom 01.02.2001" erfolgte in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 28.07.2002 (Sonderausgabe 7.1), ebenso wie die Bekanntmachung der rückwirkend zum 01.01.2002 in Kraft gesetzten Hauptsatzung der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1994 in der zuletzt geänderten Fassung.

Nach § 1 SFW betreibt die Antragsgegnerin auf ihrem Gebiet die Versorgung mit Fernwärme nach Maßgabe dieser Satzung. Die Gebiete, in denen die Versorgung erfolgt, ergeben sich aus der Anlage, die Bestandteil dieser Satzung sei (§ 1 Abs. 2 SFW). Zur Durchführung der Versorgung bedient sich die Antragsgegnerin nach § 2 Abs. 1 SFW der S GmbH. Über Art und Umfang der Fernwärmeversorgungsanlagen, den Zeitpunkt ihrer Herstellung, Erweiterung und Erneuerung sowie Art und Zustand des Wärmeträgers bestimmt nach § 2 Abs. 2 SFW die Antragsgegnerin. Nach § 6 SFW ist in den in der Anlage ausgewiesenen Gebieten der gesamte Heizwärmebedarf eines Grundstücks aus dem Fernwärmeversorgungsnetz zu entnehmen. Die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang ist in § 7 SFW wie folgt geregelt:

§ 7 Befreiung vom Anschluss- und Benutzerzwang

(1) Von der Verpflichtung zum Anschluss an die Fernwärmeversorgung und von der Benutzung wird befreit, wenn

- ausschließlich emissionsfreie Heizungsanlagen vorhanden sind oder

- bei Errichtung neuer Gebäude ausschließlich emissionsfreie Heizungsanlagen errichtet und betrieben werden.

Als nicht emissionsfrei sind Heizungsanlagen anzusehen, in denen feste, flüssige oder gasförmige Brennstoffe eingesetzt werden.

(2) Für Gebäude,

a) die vor Inkrafttreten dieser Satzung fertiggestellt sind und keine emissionsfreie Heizungsanlage besitzen oder

b) für die vor Inkrafttreten dieser Satzung eine Baugenehmigung erteilt wurde und für die keine emissionsfreie Heizungsanlage eingeplant ist, wird bis zur notwendigen Erneuerung der eingebauten oder geplanten Heizungsanlage Befreiung vom Anschluss- und Benutzerzwang erteilt.

(3) Wer vom Anschluss- und Benutzerzwang betroffen ist und eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz glaubhaft darlegt, kann vom Anschluss- und Benutzerzwang befreit werden.

...

Am 01.12.2003 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin eine Neufassung der SFW, in der lediglich § 8 (Ordnungswidrigkeiten) inhaltlich geändert wurde und mit der etwaige Veröffentlichungsmängel geheilt werden sollten. Die Satzung wurde nach der Anzeige gegenüber der Aufsichtsbehörde am 22.12.2003 ausgefertigt und in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 16.01.2004 bekannt gemacht. Sie sollte am Tag nach der Bekanntmachung in Kraft treten.

Am 01.03.2004 beschloss der Stadtrat eine erste Änderungssatzung zur SFW, mit der die in der Anlage zur SFW genannten Vorranggebiete auf weitere Straßen und Grundstücke erweitert wurden. Diese Änderungssatzung wurde nach der Anzeige gegenüber der Aufsichtsbehörde und mit einer Ausfertigung vom 19.04.2004 in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 07.05.2004 bekannt gemacht.

Die Antragstellerin hat am 30.01.2003 den Normenkontrollantrag gegen die SFW vom 01.02.2001 erhoben. Sie ist Eigentümerin von 21 Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 547 Wohnungen, die alle im sog. Vorranggebiet der Satzung liegen. Sie werden seit den 80-er Jahren mit Fernwärme versorgt. Nach den Planungen der Antragstellerin soll die Wärmeversorgung für ihre Häuser zukünftig zumindest teilweise durch Sonnenenergie erfolgen, um von der Fernwärmeversorgung unabhängiger zu werden. So könne der Wärmeverbrauch ab 2005 um etwa 20 bis 30 % über Sonnenenergie gedeckt werden.

Den Antrag der Antragstellerin auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang vom 15.07.2002 hatte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 01.08.2002 abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 7 SFW nicht vorlägen. Der dagegen von der Antragstellerin eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen und ist Gegenstand eines Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht Gera (Az.: 2 K 903/05 Ge), das im Hinblick auf das Normenkontrollverfahren ruht. Nach ihrem Vortrag im Widerspruchsverfahren hatte sich die Antragstellerin in dem mit der Antragsgegnerin 1995 geschlossenen privatrechtlichen Vertrag verpflichtet, ihre Häuser bis zum 31.05.2005 ausschließlich mit Fernwärme zu heizen. Sie hatte im Widerspruchsverfahren u. a. auch darauf hingewiesen, dass sie nach § 3 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme - AVBFernwärmeV - zur Einspeisung von Solarenergie berechtigt sei.

Die Antragstellerin begründet die materiell-rechtliche Unwirksamkeit der SFW 2001 im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG, Art. 42 Abs. 2 ThürVerf sowie § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ThürKO. Dabei rügt sie insbesondere, dass die SFW in § 7 keine (Teil-)Befreiung vorsieht für immissionsfreie Heizanlagen, die aus Solarenergie gespeist werden. Für eine solche Einschränkung der Befreiungsmöglichkeiten bestünden keine Gründe des öffentlichen Wohls. Die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwanges sei erst erfolgt, nachdem sich die Antragstellerin auf der Grundlage des 1995 geschlossenen FernwärmeLieferungsvertrages wegen der Einspeisung eigener Wärme an die Stadtwerke gewandt hätte. Der Antragsgegnerin gehe es nur um wirtschaftliche Interessen. Sie ziehe Vorteile aus überhöhten Preisen. Der räumliche Geltungsbereich der SFW sei beschränkt auf das Gebiet mit den Häusern der Antragstellerin, dagegen seien die Gebiete mit Häusern des städtischen Wohnbauunternehmens nicht erfasst. Auf diese Weise würde ihr ein wettbewerbswidriges Sonderopfer abverlangt.

Nachdem die Antragstellerin auf gerichtliche Anfrage die Neubekanntmachung der SFW vom 28.07.2002 in das Verfahren einbezogen hatte, hat sie ergänzend zur formellen Rechtswidrigkeit der SFW vorgetragen. Danach hätten am 27.11.2000 von 17 anwesenden Stadträten nur 16 mit ja gestimmt, über die weitere Stimme sei keine Protokollierung erfolgt. Unklar sei weiterhin, ob die Aufsichtsbehörde eine ausgefertigte Satzungsfassung erhalten habe. Sollte die Satzung bereits ausgefertigt worden sein, sei sie nichtig. Entgegen der Bestimmung in § 11 der Hauptsatzung sei keine Bekanntmachung auch in der OTZ erfolgt. Nachdem die Antragstellerin selbst auf die 2004 neu bekannt gemachte SFW hingewiesen hatte, hat sie auf gerichtliche Nachfrage gleichwohl diese Satzung nicht in das Verfahren einbezogen. Zur materiellen Rechtswidrigkeit der Satzung trägt sie ergänzend vor, die Erteilung des Energiepasses A für ihre Wohnobjekte scheitere an der schlechten Primärenergieauslastung des Vorlieferanten und den vorhandenen vier Blockheizkraftwerken, die die Antragsgegnerin betreibe. Die Antragsgegnerin nutze ihre Blockheizkraftwerke nur geringfügig aus und setze dafür eingekaufte Fremdenergie (darunter Atomstrom aus Frankreich) ein. Zum Nachweis legt sie die ihr erteilten Energiepässe vor. Die Einspeisung von Solarenergie würde zum Erreichen der Effizienzklasse A führen und dem Umweltschutz dienen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin den ursprünglich gegen die Bekanntmachungen der SFW 2001 vom 09.02.2001 und vom 28.07.2002 gerichteten Normenkontrollantrag beschränkt auf die Bekanntmachung der SFW vom 09.02.2001.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung über die Regelung der Fernwärmeversorgung vom 01.02.2001 der Antragsgegnerin in der Fassung der Bekanntmachung in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 09.02.2001 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat ihre Zustimmung zur teilweisen Rücknahme des Normenkontrollantrages erklärt. Im Hinblick auf den aufrecht erhaltenen Antrag ist sie der Auffassung, dieser sei zulässig, aber unbegründet. Die SFW 2001 sei formell und materiell rechtmäßig.

Die Stadt halte 100 % der Anteile an der S GmbH, die wiederum 75,1 % der Anteile an den Stadtwerken halte, deren sich die Antragsgegnerin zur Durchführung der Fernwärmeversorgung bediene. Die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs entspreche § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ThürKO. Für den Benutzungszwang bei der Fernwärmeversorgung bestünden Gründe des öffentlichen Wohls, weil die Fernwärmeversorgung dem Schutz der Gesundheit und der natürlichen Grundlagen des Lebens diene. Sie verhindere eine Zunahme der Luftverschmutzung, diene der Erhaltung der Volksgesundheit und fördere die Lebensqualität der Einwohner. Seit der Umstellung von Braunkohle auf Erdgas sei es zu einer erheblichen Schadstoffreduzierung gekommen, die Antragsgegnerin habe dadurch hervorragende Luftwerte und die Anerkennung als staatlicher Erholungsort erreichen können. Zahlreiche Studien belegten, dass durch die zentrale Wärmeversorgung der CO2-Ausstoß gegenüber der Verbrennung fossiler Energieträger vermindert werden könne. Zusätzlich sei die Fernwärmeversorgung aus Rentabilitätserwägungen erforderlich, weil der Ausbau und die Modernisierung des vorhandenen Fernwärmenetzes mit erheblichen Investitionen verbunden gewesen seien. Das Ausscheiden eines Teils der angeschlossenen Eigentümer führe zu unzumutbaren Belastungen der verbleibenden Anschlussnehmer. Die Einschränkung des Eigentums sei durch Art. 14 Abs. 2 GG gerechtfertigt und kein Sonderopfer. Ebenso wenig läge ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 und 3 GG vor. Die Gebietsbeschränkung knüpfe an das vorhandene Leitungsnetz an, es sei kein wettbewerbswidriges Handeln festzustellen.

Zu den gerügten formellen Satzungsmängeln trägt die Antragsgegnerin vor, die Anwesenheit der stimmberechtigten Stadträte sei bei der jeweiligen Abstimmung unterschiedlich gewesen und ergebe sich hinreichend aus dem Protokoll. Die Satzung sei bei der Anzeige gegenüber der Aufsichtsbehörde noch nicht ausgefertigt gewesen. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, sei dies nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts unschädlich. Die Bekanntmachung der Satzung nur im Amtsblatt habe der Bekanntmachungsregelung in der Hauptsatzung entsprochen, da das jeweils vorhergehende Amtsblatt am 17.01.2001 bzw. 12.07.2002 erschienen sei, also in einem kürzeren Abstand als einem Monat.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte (1 Band) sowie der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (3 Heftungen), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Normenkontrollverfahren ist entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Antragstellerin den Antrag gegen die SFW in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.07.2002 in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2007 mit Einwilligung der Antragsgegnerin zurückgenommen hat.

II.

1. Der im Übrigen aufrecht erhaltene Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 4 ThürAGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsschutzinteresse an der Aufrechterhaltung des Normenkontrollantrages gegen die SFW i. d. F. der Bekanntmachung vom 09.02.2001 ist nicht deshalb entfallen, weil die Antragsgegnerin die SFW inzwischen mehrfach - nämlich durch die Neubekanntmachung vom 28.07.2002 sowie durch die Neufassung vom 22.12.2003 (veröffentlicht am 16.01.2004) - in teilweise geänderter Fassung neu bekannt gemacht bzw. erlassen hat und dabei die SFW i. d. F. der Bekanntmachung vom 09.02.2001 außer Kraft gesetzt wurde (vgl. § 9 Abs. 2 SFW 2004).

Zwar wäre über eine von der Antragstellerin letztlich begehrte (Teil-)Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang grundsätzlich nicht mehr auf der Grundlage der angegriffenen SFW 2001 zu entscheiden, sondern auf Grundlage des aktuellen Satzungsrechts, also der zum 17.01.2004 in Kraft getretenen SFW 2004 (oder - falls diese unwirksam wäre - auf der Grundlage der Neubekanntmachung vom 28.07.2002). Durch diese später in Kraft gesetzten Satzungen wäre das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag aber nur entfallen, wenn die Aufhebung der angegriffenen, aber inzwischen abgelösten Norm für die Antragstellerin nicht mehr von Nutzen wäre. Auch nach der seit dem 01.01.1997 auf das Vorliegen einer Rechtsverletzung eingeengten Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist das Rechtsschutzinteresse für einen Normenkontrollantrag erst dann zu verneinen, wenn die Feststellung der Nichtigkeit der Norm nichts dazu beizutragen vermag, das Rechtsschutzziel des Antragstellers zu erreichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.09.1997 - 4 BN 17/97 - NVwZ 1998, S. 613). Daher reicht es aus, wenn die nachträglich in Kraft getretenen Fassungen der SFW Rechtmäßigkeitszweifeln unterliegen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, so dass eine Rechtsverletzung durch die vorhergehende Satzung noch als möglich erscheint (vgl. hierzu das Senatsurteil vom 11.06.2007 - 4 N 1359/98 -). Davon ist hier auszugehen. Denn die Wirksamkeit der Neubekanntmachung der SFW vom 28.07.2002 sowie der Neufassung der SFW vom 22.12.2003 (veröffentlicht am 16.01.2004) ist aus formell-rechtlichen Gründen erheblich zweifelhaft. Dadurch könnten die Rechtmäßigkeit des Anschluss- und Benutzungszwangs für die Fernwärmeversorgungseinrichtung der Antragsgegnerin und ein Anspruch der Antragstellerin auf eine (Teil-)Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang wieder von der Wirksamkeit der Ausgangsfassung der SFW 2001 abhängen:

a) Soweit es die am 28.07.2002 neu bekannt gemachte SFW vom 01.02.2001 betrifft, bestehen schon deshalb Zweifel an der wirksamen Bekanntmachung und mithin an der formellen Rechtmäßigkeit dieser Satzung, weil die Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt nicht über eine wirksame Regelung über die Form der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen in ihrer Hauptsatzung gemäß § 1 Abs. 3 der Thüringer Bekanntmachungsverordnung - ThürBekVO - und § 21 Abs. 1 Satz 2 der Thüringer Kommunalordnung - ThürKO - verfügt haben dürfte.

Die am 15.08.1994 in der "Stadtrodaer Zeitung" 8/94 bekannt gemachte und am 15.08.1994 ausgefertigte Hauptsatzung - HS - der Antragsgegnerin enthielt in § 12 folgende Bekanntmachungsregelung:

(1) Satzungen der Stadt werden öffentlich bekannt gemacht:

- durch Veröffentlichung in dem Amtsblatt "Stadtrodaer Zeitung" der Stadt Stadtroda.

(2) Erscheint das Amtsblatt monatlich oder in einem anderen größeren Zeitabstand, werden öffentliche Bekanntmachungen in der "Ostthüringer Zeitung" veröffentlicht.

...

Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Bekanntmachungsregelung vor Inkrafttreten der ThürBekVO rechtmäßig war. Jedenfalls scheitert ihre Rechtmäßigkeit seit dem Inkrafttreten der ThürBekVO am 01.11.1994 daran, dass danach Bekanntmachungen entweder in einem Amtsblatt (so § 1 Abs. 1 ThürBekVO) oder in einer Zeitung (so § 1 Abs. 2 Nr. 2 ThürBekVO) zulässig sind, aber kein Nebeneinander von Amtsblatt und Zeitung als Publikationsformen vorgesehen ist (ebenso zur unzulässigen Kumulation der Bekanntmachungsformen von Amtsblatt und Verkündungstafel: VG Meiningen, Beschluss vom 24.07.2007 - 1 E 142/06 Me). Vielmehr kommt eine öffentliche Bekanntmachung von Satzungen in Zeitungen danach nur in Betracht, wenn eine Gemeinde kein Amtsblatt unterhält. Wird in der Hauptsatzung das Amtsblatt als Bekanntmachungsform bestimmt, ist ein Abweichen hiervon nur ausnahmsweise zulässig (so § 1 Abs. 4 Satz 1 ThürBekVO), nämlich in den ausdrücklich geregelten Fällen des § 1 Abs. 4 Satz 2 ThürBekVO wegen eines Naturereignisses oder anderer unabwendbarer Ereignisse (hierzu bereits das Senatsurteil vom 11.06.2007 - 4 N 1359/98 -). Zu diesen Ausnahmen gehören die in der Bekanntmachungsregelung der HS der Antragsgegnerin vorgesehenen Fälle eines Erscheinens des Amtsblattes in monatlichem Zeitabstand oder in anderen, größeren Zeitabständen ersichtlich nicht. Im Übrigen wird durch diese Fassung der Bekanntmachungsregelung auch das Auffinden der Bekanntmachung und damit die verlässliche Kenntnisnahme des geltenden Ortsrechts erschwert, weil die Bestimmung des jeweils einschlägigen Publikationsorgans erst möglich ist, wenn zuvor die Zeitabstände zwischen dem Erscheinen der Amtsblätter konkret nachvollzogen wurden.

Die unwirksame Bekanntmachungsregelung in der HS 1994 wurde offenbar auch nicht vor der Bekanntmachung der SFW am 28.07.2002 geheilt. Denn die ebenfalls in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 28.07.2002 neu bekannt gemachte HS vom 14.08.1994 enthielt in § 11 Abs. 2 HS dieselbe (unwirksame) Bekanntmachungsregelung.

b) Soweit es die am 16.01.2004 bekannt gemachte SFW vom 22.12.2003 betrifft, bestehen ebenfalls Rechtmäßigkeitszweifel, die ein Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses gegen die außer Kraft gesetzte SFW 2001 rechtfertigen. Denn die insoweit maßgebliche, am 10.11.2003 beschlossene Hauptsatzung der Antragsgegnerin vom 14.11.2003 (Ausfertigungsdatum) - HS 2003 -, die im Amtsblatt "Stadtrodaer Zeitung" 12/2003 veröffentlicht wurde, enthält ebenfalls eine voraussichtlich unwirksame Bekanntmachungsregelung. Nach § 11 Abs. 2 HS 2003 werden öffentliche Bekanntmachungen statt in dem dafür vorgesehenen Amtsblatt "Stadtrodaer Zeitung" dann in der "Ostthüringer Zeitung" veröffentlicht, wenn sie an vorgegebene Veröffentlichungstermine gebunden sind und im monatlich erscheinenden Amtsblatt nicht fristgerecht veröffentlicht werden können. Um welche Fälle es sich bei den vorgegebenen Veröffentlichungsterminen der Antragsgegnerin handeln soll, erschließt sich aus der Satzungsbestimmung nicht. Soweit diese Regelung nach ihrem Wortlaut und Inhalt auch auf die Bekanntmachung von Satzungen bezogen werden kann, handelt es sich wiederum um die Bestimmung von zwei verschiedenen Bekanntmachungsformen, die ebenso wie die vorherige Regelung in der HS 1994 den Vorgaben des § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 und 2 ThürBekVO widerspricht und das Auffinden des maßgeblichen Publikationsorgans sowie die verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Ortsrecht erschwert.

2. Der Normenkontrollantrag ist auch gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2, 1. Hs. VwGO begründet. Die SFW der Antragsgegnerin vom 01.02.2001 in der Fassung der Bekanntmachung in der "Stadtrodaer Zeitung" vom 09.02.2001 ist aus formellen und materiellen Gründen unwirksam.

a) Die formelle Unwirksamkeit der SFW der Antragsgegnerin vom 01.02.2001 beruht auf einer unwirksamen Bekanntmachung im Amtsblatt "Stadtrodaer Zeitung".

Unabhängig davon, dass die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Satzung am 09.02.2001 aus den zuvor dargestellten Gründen nicht über eine wirksame Bekanntmachungsregelung in der Hauptsatzung verfügte, entsprach die Bekanntmachung auch nicht den zwingend zu beachtenden Formerfordernissen an die Bekanntmachung in einem Amtsblatt. Die "Stadtrodaer Zeitung" vom 09.02.2001 enthielt weder im Impressum noch an anderer Stelle die notwendige Angabe der Bezugsmöglichkeiten und -bedingungen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 ThürBekVO, sondern lediglich einen Hinweis auf das "Erscheinen einmal monatlich kostenlos in jeden Haushalt". Dabei handelt es sich jedoch nur um einen (nicht ausreichenden) Hinweis auf die Verbreitung/Verteilung des Amtsblatts, jedoch nicht um die Angabe der Bezugsmöglichkeiten (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 14.10.2002 - 4 N 340/95 - ThürVGRspr. 2003, 193 = ThürVBl. 2003, 104 = LKV 2003, 432 und den Senatsbeschluss vom 22.12.2003 - 4 EO 439/03 - ThürVGRspr. 2004, 142 = ThürVBl. 2004, 120).

b) Die SFW der Antragsgegnerin vom 01.02.2001 ist auch materiell-rechtlich unwirksam.

Die Anordnung des Benutzungszwangs für die Fernwärmeversorgungseinrichtung in § 6 SFW ist allerdings nicht deshalb zu beanstanden, weil sich die Antragsgegnerin zur Durchführung der Fernwärmeversorgung der "S GmbH" bedient und für die Benutzung privatrechtliche Entgelte erhoben werden (aa). Die Antragsgegnerin kann die Anordnung des Benutzungszwangs in § 6 SFW grundsätzlich auch auf Gründe des öffentlichen Wohls stützen (bb). Die Ausgestaltung der Befreiungstatbestände in § 7 SFW ist jedoch nicht mit höherrangigem Recht vereinbar, soweit danach keine (Teil-)Befreiung vom Benutzungszwang für die zusätzliche Nutzung emissionsfreier, regenerativer Energiequellen zur Wärmeerzeugung ermöglicht wird (cc). Die Unwirksamkeit der Befreiungsregelung hat die Unwirksamkeit der Regelung über den Benutzungszwang und somit der SFW insgesamt zur Folge (dd).

aa) Die Beklagte war gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ThürKO zum Erlass einer Satzung über die Regelung der Fernwärmeversorgung als öffentliche Einrichtung und zur satzungsrechtlichen Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs ermächtigt. Nach dieser landesgesetzlichen, seit Inkrafttreten der Ausgangsfassung der ThürKO zum 01.07.1994 inhaltlich unverändert gebliebenen Vorschrift können die Gemeinden aus Gründen des öffentlichen Wohls die Verpflichtung zum Anschluss von Grundstücken an Anlagen zur Versorgung mit Fernwärme (Anschlusszwang) sowie die Verpflichtung zur Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) satzungsrechtlich regeln. Die Satzung kann nach § 20 Abs. 2 Satz 2 ThürKO Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und diesen u. a. auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets und auf bestimmte Gruppen von Grundstücken beschränken.

Eine Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs setzt danach voraus, dass es sich bei der Fernwärmeversorgungseinrichtung, auf die sich die angeordnete Benutzungsverpflichtung bezieht, um eine öffentliche Einrichtung i. S. d. §§ 20 Abs. 2, 2 Abs. 2 ThürKO handelt. Davon ist bei der von der Antragsgegnerin betriebenen Fernwärmeversorgungseinrichtung auszugehen, auch wenn sich die Antragsgegnerin nach § 2 Abs. 1 SFW bei der Durchführung der Fernwärmeversorgung der S GmbH bedient und für die Benutzung der Fernwärmeversorgungseinrichtung privatrechtliche Entgelte auf der Basis eines Preisblattes erhoben werden. Der Begriff der öffentlichen Einrichtung schließt auch in Thüringen eine privatrechtliche Gestaltung des Benutzungsverhältnisses nicht aus. Die Regelung des Benutzungsverhältnisses, insbesondere die des Entgelts für die Benutzung der öffentlichen Einrichtung, kann grundsätzlich auch dann privatrechtlich erfolgen, wenn für die Einrichtung ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht. Die öffentlich-rechtliche Regelung des Zugangs zu einer öffentlichen Einrichtung kann von der Ausgestaltung der Benutzung getrennt betrachtet werden, so dass eine einschränkende Vorgabe für die Gestaltung durch die Kommune nicht erforderlich ist (hierzu grundlegend: BVerwG, Urteile vom 06.04.2005 - 8 CN 1.03 - NVwZ 2005, 963 und - 8 CN 1.04 -NVwZ 2005, 1072; SächsOVG, Urteil vom 03.06.2003 - 4 D 373/99 -SächsVBl. 2005, 256; OVG SH, Urteil vom 22.10.2003 - 2 KN 5/02 - NordÖR 2004, 152; zum weiten Begriff der leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung nach Thüringer Landesrecht auch das Senatsurteil vom 12.12.2001 - 4 N 595/94 -ThürVGRspr. 2002, 96 = LKV 2002, 534). Daher bestehen grundsätzlich auch keine Bedenken gegen die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs für eine öffentliche Fernwärmeversorgungseinrichtung, deren Benutzungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet ist. Jedoch fordert das Verbot, die Grundrechte der betroffenen Bürger übermäßig einzuschränken, dass die Versorgung, die der Bürger aus der öffentlichen Einrichtung beziehen muss, in gleichem Umfang gesichert ist, als wenn sie durch die öffentliche Hand erfolgte. Denn diese trägt die Gewähr dafür, dass die Leistung, die sich der Bürger nicht aufgrund eigener Entscheidung verschaffen darf, erbracht wird. Verhältnismäßig ist die im Anschluss- und Benutzungszwang liegende Grundrechtseinschränkung nur, wenn die Kommune die Versorgungssicherheit gewährleistet. Die Versorgungssicherheit kann die Gemeinde nur garantieren, wenn sie im Fall eines so genannten Betreibermodells trotz des Betriebs der Einrichtung durch eine juristische Person des Privatrechts, die auch die Rechtsbeziehungen zu den Benutzern unterhält, durch Einwirkungs- und Kontrollrechte hinreichend Einfluss auf den Betreiber nehmen kann, z. B. durch gesellschaftsrechtliche Beteiligungen, aber auch durch Maßnahmen der Vertragsgestaltung, wie z. B. Selbsteintritts-, Übernahme- oder Vetorechte der Gemeinde, Genehmigungs- und Abstimmungspflichten des Betreibers mit der Gemeinde bezüglich der Preisgestaltung und des Ausbaus der Anlage etc. Maßstab für die Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde ist die Versorgung, die sie bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses gewähren würde.

Das erfordert nicht nur Eingriffsmöglichkeiten für den Ausfall des Betreibers, z. B. durch Übernahmerechte oder vorzeitige Kündigungsrechte, sondern auch für die Sicherung der zuverlässigen Versorgung im Sinne des Satzungszwecks, was gegebenenfalls auch eine Anpassung an technische Verbesserungen zugunsten des angestrebten Immissionsschutzes notwendig machen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2005 - 8 CN 1.04 - a. a. O. und vorgehend OVG SH, Urteil vom 22.10.2003 - 2 KN 5/02 - a. a. O.; ebenso SächsOVG, Urteil vom 03.06.2003 - 4 D 373/99 - a. a. O.). Der Senat hat auf Grund der konkreten Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses der Fernwärmeversorgungseinrichtung der Antragsgegnerin keine Zweifel an der Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Die Antragsgegnerin hat sich gemäß § 2 Abs. 2 SFW einen hinreichenden Einfluss auf die Versorgungssicherheit vorbehalten und ist überdies mehrheitlich an der S GmbH beteiligt. Die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs in der SFW ist daher aus diesem Grunde nicht zu beanstanden.

bb) Der in § 6 SFW angeordnete Zwang zur Benutzung der Fernwärmeversorgungseinrichtung der Antragsgegnerin ist auch nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin für diese Anordnung keine Gründe des öffentlichen Wohls gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ThürKO geltend machen könnte.

Bei dem Begriff der Gründe des öffentlichen Wohls im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. zum dortigen Landesrecht auch: OVG-SH, Urteil vom 21.08.2002 - 2 L 30/00 -; VGH BW , Beschluss vom 23.11.1972 - I 732/72 -ESVGH 23, 21; ebenso: Uckel/Hauth/Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, Stand Juni 2007, Anm. 5.1 zu § 20 ThürKO; Seewald in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Auflage 2006, Rn. 171). Das satzungsgeberische Ermessen der Gemeinde für die Entscheidung über die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs ist erst eröffnet, wenn bei objektiver Betrachtung Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die einen Benutzungszwang für die Fernwärmeversorgung rechtfertigen. Hierzu zählen die dem Gemeinwohl dienenden Gründe der Volksgesundheit, Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, Hygiene oder Versorgungssicherheit. Fiskalische oder wirtschaftliche Gründe können als Nebenzweck hinzutreten, sind aber allein keine Gründe des öffentlichen Wohls (hierzu auch Uckel/Hauth/Hoffmann, a. a. O. Anm. 5.1 zu § 20 ThürKO; Schmidt Aßmann in Badura u. a., Besonderes Verwaltungsrecht, 12. Auflage 2003, Rn. 115; BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 - NVwZ 1986, 754; VGH BW, 23.11.1972 - I 732/72 - a. a. O.; OVG SH, Urteil vom 22.10.2003 - 2 KN 5/02 -a. a. O.).

Im Gegensatz zur Rechtslage in anderen Bundesländern ist die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs für eine Fernwärmeversorgungseinrichtung nach der Thüringer Ermächtigungsgrundlage nicht ausdrücklich aus (überörtlichen) Gründen des Umwelt- oder Klimaschutzes zulässig (anders die kommunalrechtlichen Regelungen in Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein). Dies hat zur Folge, dass die von der Kommune für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs herangezogenen Gründe des öffentlichen Wohls einen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft aufweisen müssen (also z. B. die örtliche Umweltsituation), grundsätzlich aber nicht allein auf Gründe des überörtlichen oder globalen Umwelt- oder Klimaschutzes gestützt werden können (hierzu BVerwG, Urteil vom 23.11.2005 - 8 C 14.04 - DVBl. 2006, 779; vorgehend VGH BW, Urteil vom 18.03.2004 - 1 S 2261/02 - VBlBW 2004, 337; BayVGH, Urteil vom 13.01.1982 - 4 B 526/79 - BayVBl. 1982, 370; anders bei einer entsprechenden landesrechtlichen Ermächtigung: BVerwG, Urteil vom 25.01.2006 - 8 C 13.05 -NVwZ 2006, 690).

Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Benutzungszwangs in ihrem Stadtgebiet auf Gründe des öffentlichen Wohls gestützt, die einen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft haben. Sie ergeben sich nicht aus der Satzung selbst, aber aus der Beschlussvorlage 38/2000 zur Sitzung am 27.11.2000, in der die SFW beschlossen wurde. Danach hat die Antragsgegnerin den Ausbau und die Aufrechterhaltung der Fernwärmeversorgung und den Benutzungszwang für die bereits angeschlossenen Grundstücke im Wesentlichen auf ein in Auftrag gegebenes Energiekonzept gestützt, um eine umweltfreundliche und kostengünstige Energieversorgung zu gewährleisten. Damit habe ein Beitrag zu den guten klimatischen Werten der Stadt und dem erlangten Status eines staatlich anerkannten Erholungsortes im April 2000 geleistet werden können. Die Effektivität und Umweltfreundlichkeit könne nur erhalten werden, wenn die bisherigen Energieversorgungskonzepte beibehalten würden. Die Motive der Luftreinhaltung und einer angestrebten Erhaltung der örtlichen Umweltsituation zugunsten einer kostengünstigen Energieversorgung sind grundsätzlich zulässige Gründe des öffentlichen Wohls für die Anordnung des Benutzungszwangs bei einer Fernwärmeversorgungseinrichtung und insbesondere wegen der konkreten örtlichen Verhältnisse der Beklagten (z. B. die Tal-Lage der Stadt) nachvollziehbar. Es ist in der Rechtsprechung auf Grund verschiedener Gutachten anerkannt, dass die Wärmeversorgung über Fernheizanlagen einen wesentlich geringeren CO²-Ausstoß zur Folge hat als die Verbrennung von festen Brennstoffen wie Kohle oder Holz oder in Einzelgasanlagen (hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 25.01.2006 - 8 C 13.05 - a. a. O. und vorgehend OVG SH, Urteil vom 05.01.2005 - 2 LB 62/04 - zitiert nach Juris; Topp in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Rn. 4 ff. zum KWKModG Einf.).

Allerdings bedürfte es zu einer abschließenden Klärung der Tragfähigkeit dieser Begründung für den angeordneten Anschluss- und Benutzungszwang noch weiterer Aufklärung. Denn die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe für die erstmalige Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs für die schon zuvor über 10 Jahre lang nur auf privatrechtlicher Grundlage betriebene Fernwärmeversorgung müssen auch noch im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung der Satzung in dem angegebenen Umfang vorliegen. Es kommt daher nicht darauf an, ob die satzungsrechtliche Einführung des Anordnungs- und Benutzungszwangs zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt (hier: Anfang der 90er Jahre), als die kostenintensive Sanierung der bisherigen Fernwärmeversorgungsanlagen durch die Antragsgegnerin begann, aus Gründen des öffentlichen Wohls gerechtfertigt gewesen wäre. Denn soweit es die örtliche Umweltsituation und den Schadstoffgehalt in der Luft betrifft, dürften sich die Verhältnisse im Stadtgebiet der Antragsgegnerin im Jahr 2001 hinsichtlich des Anteils der Haushalte, die den Wärmebedarf durch die Verbrennung von festen Brennstoffen (z. B. Braunkohle) deckten, ebenso wie in anderen Kommunen im Beitrittsgebiet erheblich von der Situation Anfang der 90er Jahre unterscheiden und sich die Luftverschmutzung schon wegen der Umstellung einer Vielzahl privater Heizungsanlagen von Braunkohle auf Erdgas oder Öl verringert haben. Allein die wirtschaftlichen und finanziellen Bestrebungen, die Kosten für die umfangreiche Sanierung der Fernwärmeversorgungsanlagen auch über den bisherigen Zeitraum hinaus refinanzieren zu können, sind nach den voranstehenden Ausführungen keine Gründe des öffentlichen Wohls, auf die eine nachträgliche Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs gestützt werden könnte. Es kann für die Entscheidung des Senats aber letztlich dahinstehen, ob die örtliche Umweltsituation im Gebiet der Antragsgegnerin auch im Jahre 2001 noch die Verpflichtung der bereits an die Fernwärmeversorgung angeschlossenen Grundstücke zur (fortwährenden) Benutzung der Fernwärmeversorgungseinrichtung aus Gründen des öffentlichen Wohls rechtfertigen könnte, denn die Anordnung des Benutzungszwangs erweist sich aus anderen, nachfolgend dargestellten Gründen als unwirksam.

cc) Die Anordnung des Benutzungszwangs in der SFW ist unwirksam, weil die in § 7 SFW vorgesehenen Befreiungstatbestände nicht ausreichen, um den Anforderungen der landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage und des höherrangigen Rechts, insbesondere des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu genügen.

Die satzungsrechtliche Ausgestaltung der Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang steht zwar nach § 20 Abs. 2 Satz 2 ThürKO im Ermessen der Kommune. Dieses Ermessen wird jedoch durch verfassungsrechtliche Vorgaben eingeschränkt. So ist die Festlegung von Ausnahmen bzw. Befreiungen vom Anschluss- und Benutzungszwang in der Satzung einer Kommune nicht freigestellt, sondern insbesondere aus Gründen der Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseinschränkungen der Benutzer unabdingbar (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.01.2006 - 8 C 13.05 - a. a. O., und vom 28.04.2004 - 8 C 13.03 -; Wagener, Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme, Diss. 1988, S. 130; Seewald in Steiner, a. a. O., Rn. 174, 178 m. w. Nw.; Uckel/Hauth/Hoffmann, a. a. O., Anm. 6.1, 6.3). Mit der Einräumung von Ausnahmen darf allerdings der - aus Gründen des öffentlichen Wohls angeordnete - Benutzungszwang und damit die Erfüllung der angestrebten öffentlichen Aufgabe nicht gefährdet werden.

Die SFW 2001 der Antragsgegnerin sieht in § 7 Abs. 1 Befreiungen vom Anschluss- und Benutzungszwang nur vor, wenn ausschließlich emissionsfreie Heizanlagen bereits vorhanden sind (also keine Heizungsanlagen mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen) oder neue Gebäude mit emissionsfreien Heizanlagen errichtet werden sollen. Nach § 7 Abs. 2 SFW wird bei Inkrafttreten der Satzung bereits errichteten oder genehmigten Gebäuden, die keine emissionsfreie Heizanlage besitzen oder planen, nur bis zur notwendigen Erneuerung der (bereits bestehenden oder in der Bauplanung vorgesehenen) Heizanlage eine Befreiung gewährt. Eine weitere Befreiungsmöglichkeit sieht § 7 Abs. 3 SFW für die Fälle wirtschaftlicher Existenzgefährdung (Unzumutbarkeit) vor. Nach dieser Ausgestaltung der Befreiungstatbestände in § 7 SFW ist keine Befreiung bzw. Teilbefreiung für die bereits angeschlossenen Grundstücke möglich, die bislang ihren Wärmebedarf über die Fernwärmeversorgung decken und keine eigene emissionsfreie Heizungsanlage besitzen, jedoch nachträglich eine emissionsfreie Heizungsanlage einbauen wollen, um den Wärmebedarf zumindest teilweise durch den Einsatz regenerativer Energien (etwa über Solarkollektoren) zu decken. Zwar schreibt die landesgesetzliche Vorschrift in § 20 Abs. 2 Satz 2 ThürKO nicht ausdrücklich die Möglichkeit einer Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang bei Fernwärmeversorgungseinrichtungen für Grundstücke mit emissionsfreien Heizeinrichtungen vor, wie dies in einigen anderen Landesgesetzen vorgegeben ist (so Art. 24 Abs. 1 Nr. 3, 2. Hs. BayGO und Art. 17 Abs. 3 GO SH). Dennoch verstößt die Regelung über eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang in einer Fernwärmeversorgungseinrichtung gegen höherrangiges Recht, wenn sie keine Ausnahmen für die nachträgliche Nutzung regenerativer Energiequellen durch bereits angeschlossene Grundstücke zulässt. Sie entspricht insoweit nicht der landesrechtlich gebotenen Ausgestaltung des Anschluss- und Benutzungszwangs unter Berücksichtigung von §§ 3 Satz 3, 35 AVBFernwärmeV und der Staatszielbestimmungen in Art. 31 Abs. 3 ThürVerf bzw. Art. 20a GG und schränkt die Grundrechte der betroffenen Anschlussnehmer und Nutzer unverhältnismäßig ein:

Nach § 3 AVBFernwärmeV hat das Fernwärmeversorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Gemäß § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV ist der Kunde berechtigt, Vertragsanpassung zu verlangen, soweit er den Wärmebedarf unter Nutzung regenerativer Energiequellen decken will, wozu auch Holz gehört. Die Regelungen der AVBFernwärmeV gelten wie die entsprechenden, aus Gründen des Verbraucherschutzes eingeführten Regelungen der AVBWasserV unmittelbar nur für die privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisse. Sie werden gemäß § 35 Abs. 1 AVBFernwärmeV aber auf öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnisse entsprechend angewandt (ebenso: § 35 Abs. 1 AVBWasserV; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Norm: BVerfG, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 - NVwZ 1982, 306; zur entsprechenden Anwendung der AVBWasserV auf öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse: BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 - a. a. O. und Beschluss vom 24.09.1987 - 7 B 49.87 -). Nach der amtlichen Begründung zu § 35 AVBFernwärmeV (abgedruckt bei Danner/Theobald, Energierecht, Bd. 2, Stand: Jan. 2007, Teil IV; Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Bd. 2, Stand 2002, Teil III) soll mit der Verordnung nicht unmittelbar in die öffentlich-rechtlichen Regelungen der Versorgungsverhältnisse eingegriffen werden, wichtig sei aber insbesondere die Anpassung öffentlichrechtlicher Vorschriften an § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV. Auch im öffentlichrechtlichen Versorgungsverhältnis und bei geltendem Anschluss- und Benutzungszwang soll dem Kunden im Interesse der Energieeinsparung die teilweise Nutzung regenerativer Energiequellen nicht verwehrt werden. Demnach soll über § 35 Abs. 1 AVBFernwärmeV nach Möglichkeit auch in öffentlich-rechtlichen Versorgungsverhältnissen ein Nutzer den Fernwärmebezug nachträglich beschränken und regenerative Energiequellen einsetzen können. Durch eine langfristige Bindung an die Fernwärme soll der Einsatz anderer energiesparender Technologien wie Wärmepumpen oder Solarkollektoren nicht verhindert werden (hierzu auch Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, a. a. O., Erl. zu §§ 3, 35 AVBFernwärmeV; zur Berücksichtigung von § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV auch: HessVGH, Urteil vom 19.09.1986 - 4 OE 51/83 - NVwZ 1987, 725; Wagener, a. a. O., S. 131 ff.).

Die entsprechende Anwendung der bundesrechtlichen Bestimmungen der AVBFernwärmeV auf landesrechtlich geregelte öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnisse gemäß § 35 Abs. 1 AVBFernwärmeV bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 12.07.1991 - 7 B 17, 18.91 - NVwZ-RR 1992, 37), dass die dem Verbraucherschutz dienenden Regelungen der AVBFernwärmeV ebenso wie die der AVBWasserV nicht so ausgelegt und angewendet werden dürfen, dass ein nach Kommunalrecht zulässiger Anschluss- und Benutzungszwang ausgehöhlt wird oder praktisch leerläuft. Infolgedessen ist bei bestehendem Anschluss- und Benutzungszwang für eine Anwendung dieser Vorschriften zugunsten der Grundstückseigentümer nur insoweit Raum, als es darum geht, die Benutzung der Einrichtung ohne einen Angriff auf den Anschluss- und Benutzungszwang als solchen verbraucherfreundlich auszugestalten. Daher kann beispielsweise das von der beklagten Gemeinde mit der Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs verfolgte Ziel der Luftreinhaltung auch und gerade den unvermeidbar mit Immissionen verbundenen Betrieb von Kachelöfen verbieten, obwohl die Verbrennung von Holz zur Deckung des Wärmebedarfs gemäß § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV zur Nutzung regenerativer Energiequellen zählt und im privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnis zur Vertragsanpassung berechtigt (so auch die ständige Rechtsprechung des BayVGH, vgl. nur Urteil vom 25.07.1990 - 4 B 87.2754 - NVwZ-RR 1991, 318 und vom 07.03.2007 - 4 BV 05.2974 - zitiert nach Juris).

Auch wenn somit eine Kommune bei der Ausgestaltung des landesrechtlich geregelten Anschluss- und Benutzungszwangs für die öffentliche Fernwärmeversorgungseinrichtung nicht zu einer detailgetreuen Übernahme der Regelungen in § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV (z. B. der Einordnung von Holz als regenerativer Energiequelle) in die Benutzungssatzung verpflichtet ist, kann sie jedoch eine den privatrechtlichen Benutzungsverhältnissen entsprechende verbraucherfreundliche Ausgestaltung der öffentlichen Fernwärmeversorgung nicht völlig außer Acht lassen, wenn dies nicht durch Besonderheiten der landesrechtlichen Vorgaben und insbesondere durch Gründe des öffentlichen Wohls gerechtfertigt ist (so auch BVerwG zur Berücksichtung der AVBWasserV in öffentlich-rechtlichen Versorgungsverhältnissen, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -a. a. O. und Beschluss vom 24.09.1987 - 7 B 49.87 -). Für die satzungsrechtliche Festlegung von Ausnahmen oder Befreiungen vom Anschluss- und Benutzungszwang bei öffentlichen Fernwärmeversorgungseinrichtungen nach § 20 Abs. 2 Satz 2 ThürKO bedeutet dies, dass eine Gemeinde Befreiungsmöglichkeiten für die (auch nachträgliche) Deckung des Wärmebedarfs durch die (Teil-)Nutzung emmissionsarmer, regenerativer Energiequellen vorsehen muss, soweit dies dem Zweck des Anschluss- und Benutzungszwangs nicht entgegensteht und es ihr wirtschaftlich zumutbar ist. Dadurch wird der in der Satzung angeordnete Benutzungszwang nicht in seinem Kern in Frage gestellt oder ausgehöhlt. Vielmehr ist die Gewährleistung einer (auch nachträglichen) Nutzungsmöglichkeit emissionsarmer Energiequellen in öffentlich-rechtlichen Versorgungsverhältnissen in Thüringen sogar landesrechtlich geboten:

Die Verpflichtung der Gemeinden zur Förderung der Nutzung regenerativer Energien folgt für das Thüringer Landesrecht ausdrücklich aus Art. 31 Abs. 1 und 3 ThürVerf. Danach ist der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen Aufgabe des Freistaats und seiner Bewohner. Mit Naturgütern und Energie ist sparsam umzugehen. Das Land und seine Gebietskörperschaften fördern eine umweltgerechte Energieversorgung. Diese (landes-)verfassungsrechtliche Bestimmung ist zwar ebenso wie die vergleichbare Regelung in Art. 20a GG nur als Staatszielbestimmung auszulegen, die keine unmittelbaren subjektiv-öffentlichen Rechte zur Folge hat (hierzu Linck/Jutzi/Hopfe, Die Verfassung des Freistaates Thüringen, 1994, Rn. 2 ff. zu Art. 31). Sie steht insbesondere unter dem sog. "Vorbehalt des Möglichen" gemäß Art. 43 ThürVerf. Dennoch ist die Staatszielbestimmung bei der Frage zu beachten, ob es Gründe des öffentlichen Wohls gibt, die eine Anordnung des Benutzungszwangs ohne nachträgliche Befreiungsmöglichkeit für die Nutzung regenerativer Energiequellen rechtfertigen. Denn die Staatszielbestimmungen sind - wie das Bundesverwaltungsgericht zum Verständnis von Art. 20a GG ausgeführt hat - bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe als Auslegungs- und Abwägungshilfe zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.2006 - 8 C 13.05 - a. a. O.).

Gründe des öffentlichen Wohls, die bei der Einführung des satzungsrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwangs die Antragsgegnerin berechtigt hätten, in der SFW keine Ausnahmen bzw. Befreiungen für die nachträgliche (Teil-)Nutzung regenerativer Energiequellen wie Solarkollektoren für die (teilweise) Deckung der Wärmeversorgung zuzulassen, kann der Senat im konkreten Fall nicht feststellen.

Auch wenn die Fernwärmeversorgung eine günstigere CO²-Bilanz gegenüber Gasbefeuerung oder Feststoffverbrennung aufweisen mag, rechtfertigen die von der Antragsgegnerin angeführten örtlichen Umweltschutzaspekte kein völliges Unterbinden einer nachträglichen Teilbefreiung bereits angeschlossener Grundstücke zur schadstofffreien Nutzung der Solarenergie. Vielmehr steht die Nutzung regenerativer Energiequellen mit den umweltpolitischen Zielsetzungen der Antragsgegnerin und dem Zweck der örtlichen Luftreinhaltung ausdrücklich in Einklang. Ein satzungsrechtlicher Ausschluss einer nachträglichen Teilbefreiung bereits angeschlossener Grundstücke zugunsten einer schadstofffreien Nutzung regenerativer Energiequellen kann auch nicht auf die Erwägung gestützt werden, dass eine Teilbefreiung der im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücke im Umfang von 20 - 30 % des Wärmebedarfs für die Antragsgegnerin oder die verbleibenden Anschlussnehmer wirtschaftlich unzumutbar wäre. Diese Frage ist (erst) im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine Teilbefreiung im Einzelfall zu prüfen. Dabei ist eine gewisse Mehrbelastung der übrigen Nutzer nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur AVBWasserV zugunsten der erhöhten Dispositionsfreiheit des einzelnen Nutzers hinzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 02.11.1981, a. a. O.; Wagener, a. a. O., S. 132).

Die vorliegende Ausgestaltung der Befreiungsmöglichkeiten vom Anschluss- und Benutzungszwang in der SFW 2001 ohne hinreichende Berücksichtigung der Bestimmungen in § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV und Art. 31 ThürVerf genügt daher auch nicht den Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben. Mit der Anordnung des Benutzungszwangs in einer Fernwärmeversorgungssatzung ohne Ausnahmeregelungen für die (Teil-)Nutzung regenerativer Energiequellen durch die bereits an die Fernwärmeversorgung angeschlossenen Grundstücke werden die Grundstücksinhaber jedenfalls in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG betroffen, weil sie keine anderen (insbesondere umweltschonenden) und ggf. kostengünstigen Alternativen zur Wärmeversorgung des Grundstücks nutzen können (hierzu ausführlich: Wagener, a. a. O., S. 125 ff., 128; Seewald in Steiner, a. a. O., Rn. 178; zur fehlenden Grundrechtsbeeinträchtigung aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bei bereits bestehendem Anschluss- und Benutzungszwang: BVerwG, Urteil vom 25.01.2006 - 8 C 13.05 -a. a. O.). Jede Einschränkung der Grundrechte der betroffenen Grundstückseigentümer muss in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Voraussetzung für eine verhältnismäßige Einschränkung des betroffenen Grundrechts der Benutzer einer Fernwärmeversorgungseinrichtung insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 GG ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (hierzu nur BVerwG, Urteil vom 25.01.2006 - 8 C 13.05 - a. a. O., m. w. Nw.). Während diese Anforderungen erfüllt sein mögen, um eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für die Fernwärmeversorgung zum Zwecke des Betriebs eines Kachelofens oder sonstiger Holzbefeuerungsanlagen wegen der klimaschädlichen CO²-Emissionen ablehnen zu können, ist eine fehlende Befreiungsmöglichkeit vom Benutzungszwang zum Zwecke der Nutzung emissionsfreier Energiequellen im Verhältnis zu dem vom Satzungsgeber mit der Anordnung des Benutzungszwangs verfolgten Zweck der örtlichen Luftreinhaltung und schadstoffarmen Energieversorgung in der Gemeinde nach den voranstehenden Ausführungen schon nicht durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und weder geeignet noch erforderlich und angemessen. Denn die Deckung eines Teilbedarfs der Wärmeversorgung aus regenerativen Energiequellen dient dem von der Antragsgegnerin verfolgten Zweck anstatt ihm entgegenzustehen.

Die somit gebotenen Beschränkungen für die inhaltliche Ausgestaltung der Befreiungstatbestände in der SFW der Antragsgegnerin verstoßen auch nicht gegen deren Rechte aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 91 Abs. 1 ThürVerf, denn bei der Ausgestaltung ihres kommunalen Satzungsrechts ist die Antragsgegnerin an die gesetzlichen Grenzen des Kommunalrechts gebunden, zu denen auch die Voraussetzungen gehören, unter denen ein Anschluss- und Benutzungszwang begründet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2005 - 8 CN 1.04 - NVwZ 2005, 1072; zur Vereinbarkeit der vergleichbaren Vorschrift des § 35 Abs. 1 AVBWasserV mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 02.11.1981, a. a. O.).

Die Befreiungsregelungen in § 7 SFW verstoßen somit in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung gegen höherrangiges Recht und sind unwirksam.

dd) Die Unwirksamkeit der Befreiungsregelungen hat die Unwirksamkeit der Regelung über den Benutzungszwang und somit der SFW insgesamt zur Folge, denn es handelt sich dabei um einen wesentlichen Bestandteil der Satzung, ohne den die Satzung im Übrigen nicht vollständig wäre (vgl. Uckel/Hauth/Hoffmann, a. a. O., Anm. 7.1 zu § 21 ThürKO; SächsOVG, Urteil vom 03.06.2003, a. a. O.; VGH BW, Urteil vom 11.11.1981 - 3 S 1742/81 -; BVerwG, Urteil vom 15.02.1982 - 4 CB 8.82 -; zur Teilbarkeit von Satzungsbestimmungen und zur Folge unwirksamer Einzelregelungen auf das Satzungsgefüge auch das Senatsurteil vom 18.12.2000 - 4 N 472/00 - ThürVGRspr. 2001, 77 = ThürVBl. 2001, 131 = LKV 2001, 415).

III.

Soweit der Antrag zurückgenommen wurde, hat die Antragstellerin gemäß § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Soweit die Antragsgegnerin unterliegt, hat sie die Kosten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Da für jeden der zwei Streitgegenstände (die SFW in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.02.2001 sowie die SFW in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.07.2002) jeweils der Auffangstreitwert von 4.000,-- € anzusetzen ist (siehe dazu den Streitwertbeschluss), jedoch für den durch Urteil entschiedenen Verfahrensteil höhere Gerichtsgebühren anfallen, sind die Gerichtskosten in diesem Verhältnis zu teilen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO entsprechend.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird auf 8.000,-- € festgesetzt, wobei auf den durch Urteil entschiedenen Teil 4.000,-- € entfallen.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 2 und § 21 Abs. 1 GKG (in der bis zum 30.06.2004 gültigen und hier gemäß § 73 Abs. 1 GKG noch anzuwendenden Fassung) i. V. m. § 5 ZPO in entsprechender Anwendung.

Der Streitwert für einen Normenkontrollantrag ist grundsätzlich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. In einem Klageverfahren, in dem sich der Kläger gegen die behördliche Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs wendet, richtet sich die Höhe des Streitwerts nach der ständigen Senatsrechtsprechung grundsätzlich nach der Höhe der ersparten Anschlusskosten (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 11.04.2000 - 4 VO 685/99 - und vom 26.06.2007 - 4 VO 1295/05 -). Fehlt es dagegen an hinreichenden Anhaltspunkten für die Bemessung der Höhe ersparter Anschlusskosten, bemisst der Senat den Wert eines Hauptsacheverfahrens gegen die Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs mit dem Auffangwert (vgl. den Beschluss vom 23.10.2006 - 4 VO 882/04 -). Im Normenkontrollverfahren gegen eine Satzung, die die Ermächtigungsgrundlage für die Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs darstellt, ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers vergleichbar mit dem im Klageverfahren gegen den behördlichen Bescheid. Allerdings ist bei der Streitwertbemessung im Normenkontrollverfahren auch dem Interesse des Antragstellers an einer objektiven Rechtskontrolle der Norm hinreichend gerecht zu werden, weshalb hier regelmäßig mindestens der Auffangstreitwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG anzusetzen ist. Bestehen hingegen auf Grund der finanziellen Auswirkungen der Normenkontrollentscheidung für den Antragsteller Anhaltspunkte für ein nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG bezifferbares wirtschaftliches Interesse, das über den Auffangstreitwert hinausgeht, ist dieses bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen (vgl. entsprechend die Senatsrechtsprechung zur Streitwertbemessung im abgabenrechtlichen Normenkontrollverfahren: Beschluss vom 08.10.2001 - 4 N 472/00 -). Der Senat hat hier keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein wirtschaftliches Interesse der Antragstellerin an der Unwirksamerklärung der SFW, welches über den Auffangstreitwert hinausgeht. Das wirtschaftliche Interesse der (bereits an die Fernwärmeversorgung angeschlossenen) Antragstellerin ist nicht auf die Ersparnis von Anschlusskosten gerichtet, sondern auf die Einsparung laufender Benutzungsentgelte durch den zusätzlichen Einsatz von Solarenergie zur Wärmeerzeugung. Über deren Höhe hat der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte. Weder die zu erwartenden Investitionskosten für eine Solaranlage noch die Höhe etwaiger Fördermittel sind insoweit aussagekräftig. Demnach ist hier für jede angegriffene Fassung der SFW gesondert der Auffangstreitwert anzusetzen. Dies ergibt entsprechend § 5 ZPO einen Gesamtstreitwert von 8.000,-- Euro, über den der Senat allerdings nur bezogen auf die Ausgangsfassung der SFW 2001 durch Urteil entschieden hat.

Hinweis: Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO, § 68 Abs. 1 S. 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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