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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.07.2006
Aktenzeichen: 4 VO 487/05
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 7 Abs. 2 S. 1
JVEG § 8 Abs. 1 Nr. 1
JVEG § 8 Abs. 2
JVEG § 9 Abs. 1
JVEG § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
1. Zur Kürzung einer Sachverständigenvergütung für ein Gutachten wegen etwaiger überflüssiger Ausführungen oder inhaltlicher Mängel.

2. Der Ersatz für Ausdrucke, die an die Stelle eines Lichtbildes treten (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG), ist nach der Zahl der ausgedruckten Bilder und nicht nach Seitenzahlen zu bemessen.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 VO 487/05 in dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Anschluss- und Benutzungszwang für kommunale Einrichtungen,

hier: sonstige Beschwerde im Klageverfahren

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert als Berichterstatter am 3. Juli 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 31.03.2005 wird geändert. Die Vergütung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. S wird auf 3.953,05 Euro festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten vom 05.05.2004 (BGBl. I 2004, S. 776, JVEG) zulässige Beschwerde hat im Wesentlichen Erfolg. Auf die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe ist der erstinstanzliche Beschluss zu ändern und die Vergütung des Beschwerdeführers in den streitbefangenen Positionen wie folgt festzusetzen:

Der Honoraranspruch des Beschwerdeführers ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 JVEG. Danach erhält der Sachverständige als Leistungsvergütung, die nach Stundensätzen zu bemessen ist, für jede Stunde der erforderlichen Zeit ein Honorar nach den Sätzen der entspr. Honorargruppe, wobei sich die Zuordnung der Leistung zu einer Honorargruppe nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG bestimmt. Dementsprechend sind die Leistungen des Sachverständigen der Honorargruppe 5 zuzuordnen, weil der Gegenstand des Gutachtens unter das Sachgebiet Sanitärtechnik fällt. Daraus ergibt sich hier ein Stundensatz von 70,-- Euro.

Das Honorar ist auch mit der geltend gemachten Stundenzahl in Ansatz zu bringen. Wie viele Stunden als "erforderliche Zeit" gemäß § 8 Abs. 2 JVEG anzuerkennen sind, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Als erforderlich ist nur derjenige Zeitaufwand anzusetzen, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen braucht, um sich nach sorgfältigem Aktenstudium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen zu machen und nach eingehenden Überlegungen seine gutachterliche Stellungnahme zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei sind der Umfang des ihm unterbreiteten Streitstoffes, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Fragen, der Umfang seines Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache angemessen zu berücksichtigen (vgl. zu der insoweit vergleichbaren Vorgängervorschrift BGH, Beschluss vom 16.12.2003, X ZR 206/98, zitiert nach Juris, mit weiteren Nachweisen zur Rspr.).

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die (aufgeschlüsselten) Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Dem Gericht fehlt in der Regel auch die Möglichkeit einer stichhaltigen Überprüfung. Da das Gericht nicht über hinreichende eigene Sachkunde verfügt, sich gerade deshalb eines Sachverständigen bedienen muss, wird es auch die Komplexität und den Schwierigkeitsgrad der gutachterlichen Aufgabe zumeist nur annähernd bestimmen können. Ein Anlass zur Nachprüfung, ob die von dem Sachverständigen berechnete Zeit auch erforderlich war, wird daher regelmäßig nur dann bestehen, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint. Es bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen, wie weit es die Notwendigkeit des Zeitaufwandes aus eigener Sachkunde beurteilen kann oder hierzu weitere Ermittlungen anstellen will. Eine Herabsetzung des von dem Sachverständigen berechneten Zeitaufwands muss jedenfalls in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht stets sorgfältig begründet werden. Sie muss erkennen lassen, welche der vom Sachverständigen im einzelnen angegebenen Arbeitszeiten zu lang bemessen sind sowie in welcher Zeit und aus welchen Gründen die Einzelarbeit hätte schneller verrichtet werden können (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.12.1994, 10 W 130/94; OLG München, Beschluss vom 02.12.1994, 11 WF 1015/94; beide zitiert nach Juris; Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 23. Auflage 2004, Rz. 8.49; jew. m. w. Nw. z. Rspr.).

Nach diesen Grundsätzen besteht hier noch kein hinreichender Anlass, die vom Beschwerdeführer in Rechnung gestellte Stundenzahl zu kürzen. Der Gegenstand des Gutachtens hatte einen Schwierigkeitsgrad, der wohl nicht mehr als durchschnittlich gelten kann. Allerdings bestand für den Sachverständigen ein erhöhter Rechercheaufwand, weil der Beweisbeschluss etwas umfassender angelegt war, indem nach Vorschriften oder Empfehlungen in technischen Regelwerken (auch im Entwurf) sowie nach der Praxis in der Bundesrepublik gefragt wurde, und weil der Rohrtrenner, wie auch das Verwaltungsgericht im Urteil festgestellt hat, keine alltägliche technische Forderung darstellt. Angesichts dessen erscheint der vom Beschwerdeführer angegebene und einzeln aufgelistete Gesamtzeitaufwand von 46 Stunden, der hier nach § 8 Abs. 3 JVEG auf zwei parallel erstattete Gutachten aufzuteilen ist, noch nicht ungewöhnlich hoch. Auch die Einladung zum Ortstermin kann mit Zeitplanung, Vorabstimmungen und Einschreiben den angegebenen Zeitaufwand auslösen.

Auch soweit das Verwaltungsgericht teils ausdrücklich teils unausgesprochen die Qualität des Gutachtens bemängelt und Teile als überflüssig bewertet, liefert dies keine Handhabe zur Honorarkürzung. Der vom Gericht bestellte Sachverständige handelt nicht im Rahmen eines Werkvertrags. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf das Werk des Sachverständigen, sondern auf seine Tätigkeit. Deshalb sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens nach dem Gesetz kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Entschädigung; es kommt lediglich darauf an, dass diese Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie das Gericht oder die Parteien das Gutachten inhaltlich beurteilen. Der Entschädigungsanspruch ist dem Sachverständigen lediglich dann zu versagen, wenn in seiner mangelhaften Leistung gleichzeitig eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt und das Gutachten aus diesem Grunde nicht zu verwerten ist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.11.2003, 21 W 56/03, zitiert nach Juris; Meyer/Höver/Bach, Rz. 8.29). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Sachverständige bei etwaigen Mängeln oder Unklarheiten des Gutachtens zunächst nach § 411 Abs. 3 ZPO geladen und angehört werden kann und ggf. auch muss, um sein Gutachten zu erläutern oder zu ergänzen und damit auch die Parteien Gelegenheit haben, Fragen zu stellen (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O.; Thomas-Putzo, ZPO, 25. Auflage, Rn. 3).

Zwar enthält das vorliegende Gutachten auch Teile, die sich von den Beweisfragen entfernen, oder rechtliche Bewertungen, die nicht der Beurteilung des Sachverständigen unterliegen (bspw. Ausführungen unter 6.2.10 zu Kosten und ökologischem Nutzen und zur Begrenzung auf zugelassene Installationsunternehmen). Solche Passagen sind jedoch eher kurz. Dagegen nehmen die Darstellungen des Sachverständigen, die allgemeine Ausführungen enthalten oder die gesetzlichen Bestimmungen betreffen, breiteren Raum ein. Allerdings besteht für einen Sachverständigen ein weiter Spielraum, wie er sein Gutachten verfasst, wie er die Antwort auf die gestellten Fragen entwickelt und welche Form er für die Darstellung wählt. So ist es letztlich nicht zu beanstanden, wenn er etwa zum besseren Verständnis des Zusammenhangs den konkreten Antworten zunächst allgemeine Informationen voranstellt. Die Darstellung der Gesetzeslage kann sinnvoll sein, um nachzuvollziehen, auf welcher Grundlage technische Normen herangezogen wurden. Das Verwaltungsgericht mag das Gutachten somit als unzureichend empfunden haben, worauf auch hindeutet, dass es in seinem Urteil aufwändig Belegstellen zusammengetragen und offenbar auch noch selbst ermittelt hat. Letztlich hat das Verwaltungsgericht das Gutachten aber verwertet und in seinem Urteil mehrfach darauf verwiesen. Demnach liegt hier kein Fall vor, in dem ausnahmsweise ein Honorarabzug wegen (teilweiser) Unverwertbarkeit des Gutachtens gerechtfertigt wäre.

Aus den oben dargestellten Gründen ist auch bei dem Ersatz für Ablichtungen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 JVEG) nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige Schriftstücke, die er als Beleg heranzieht, seinem Gutachten als Kopie beifügt, und zwar auch dann nicht, wenn dies wegen farblicher Hervorhebungen als Farbausdruck geschieht. Dies gilt für die Ablichtungen der EN 1717:2000, zumal er sie in seinem Gutachten ausdrücklich als besonders wichtig erachtet (6.2.7., a. E.). Es gilt aber auch für das Schreiben des Bundesministeriums vom 29.04.2003. Dieses Schreiben hat das Verwaltungsgericht im später erlassenen Urteil selbst verwertet und kann schon deshalb nicht als überflüssig angesehen werden. Die hier geltend gemachten Kosten sind nicht vergleichbar mit jenen Fällen, in denen die Rechtsprechung von überflüssigen Aufwendungen ausgegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 04.06.1987, X ZR 27/86, zitiert nach Juris, zur zweifachen Wiedergabe eines 10-seitigen Beweisbeschlusses oder Ablichtungen von Schriftstücken, die den Parteien bereits vorlagen). Allerdings ist von der Zahl der einfachen Kopien, die der Beschwerdeführer in Rechnung gestellt hat, die Zahl der Farbkopien und die Seitenzahl der Farbausdrucke von Lichtbildern abzuziehen.

Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG werden für die zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderlichen Lichtbilder oder an deren Stelle tretenden Ausdrucke mit 2,- Euro für den ersten Abzug oder Ausdruck und mit 0,50 Euro für jeden weiteren Abzug oder Ausdruck ersetzt. Danach sind hier 6 an Stelle von Lichtbildern enthaltene Ausdrucke mit je 2,- Euro zu vergüten und 18 weitere Ausdrucke mit je 0,50 Euro. Da der Ausdruck an die Stelle eines Lichtbildes tritt, ist dabei nicht nach der Zahl der ausgedruckten Seiten abzurechnen, sondern nach der Zahl der ausgedruckten Bilder (vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage 2006, § 7 JVEG, Rn. 14). Denn für die Anwendung der Pauschale, mit der auch sonstige Fotokosten abgegolten werden, bedeutet es keinen Unterschied, ob Fotos drucktechnisch auf einem oder mehreren Blättern ausgedruckt werden.

Für die Reisekosten mit dem Pkw (§ 5 Abs. 2 JVEG) sind 26 km anzusetzen. Dies entspricht der Angabe des Sachverständigen. Die Angaben eines Routenplaners im Internet sind nicht zuverlässig genug, um einen Abzug von 1 km zu rechtfertigen. Der Routenplaner unter www.viamichelin.com weist für die gleiche Fahrtstrecke im Übrigen 28 km aus.

Es ergeben sich mithin folgende Beträge:

 Art der VergütungZahlBetrag/EinheitBetrag €
Stundenhonorar   
Einladung Ortstermin1,5  
Ortstermin (nicht mehr als beantragt)9  
Erstellung Gutachten23  
Übrige unstreitige Stunden11  
Gesamtzahl44,5703.115,--
Kopien (ersten 50)500,5025,--
Kopien (weitere)340,155,10
Farbkopien24248,--
Lichtbilder/Farbausdrucke (erste)6212,--
Lichtbilder/Farbausdrucke (weitere)180,509,--
Reisekosten Pkw260,307,80
Übrige nicht streitige Vergütung  185,90
Summe  3.407,80
Summe einschl. USt.  3.953,05

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Dies gilt auch für das Beschwerdeverfahren (vgl. "die Verfahren" § 4 Abs. 8 JVEG).

Hinweis: Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 2 JVEG).

Ende der Entscheidung

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