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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.11.2003
Aktenzeichen: 4 ZEO 796/01
Rechtsgebiete: VwGO, ThürKO, ThürKAG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
ThürKO § 47 Abs. 2
ThürKO § 46 Abs. 1 S 1
ThürKO § 22 Abs. 2
ThürKO § 29 Abs. 2
ThürKO § 31 Abs. 1
ThürKAG § 7a Abs. 1
1. Die Verwaltungsgemeinschaft ist einerseits eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ThürKO), anderseits nach § 47 Abs. 2 Satz 2 alleinige Behörde ihrer Mitgliedsgemeinden für die bei der Gemeinde verbleibenden Aufgaben des eigenen Wirkungskreises.

2. Der Bürgermeister einer Mitgliedsgemeinde kann nach § 47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F. (jetzt: § 47 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ThürKO) jederzeit die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises an sich ziehen. Dieses sog. Vorbehaltsrecht sichert das Selbstverwaltungsrecht der Mitgliedsgemeinden.

3. Der Bürgermeister, der dieses Vorbehaltsrecht ausübt, ist keine weitere Behörde der Mitgliedsgemeinde. Vielmehr übt er insoweit nur die Funktion des Leiters der Behörde "Verwaltungsgemeinschaft", begrenzt auf den eigenen Wirkungskreis seiner Gemeinde aus. Bei der Frage, ob die Verwaltungsgemeinschaft als Behörde der Gemeinde oder deren Bürgermeister die laufenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises erledigt, handelt es sich demnach ausschließlich um eine Frage der internen Zuständigkeit innerhalb der Behördenorganisation der gemeinschaftsangehörigen Gemeinde. Sie betrifft nicht die sachliche Behördenzuständigkeit im Außenrechtsverhältnis zum Bürger.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 ZEO 796/01

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausbaubeiträge,

hier: Antrag auf Zulassung der Beschwerde

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Becker

am 26. November 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 30.10.2001 - 3 E 1572/00.We - wird zugelassen.

Das Verfahren wird als Beschwerdeverfahren unter dem Aktenzeichen 4 EO 1135/03 fortgeführt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde hat Erfolg. Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in der bis zum 31.12.2001 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung des 6. VwGOÄndG vom 01.11.1996 (BGBl. I 1626) zuzulassen, weil die Rechtssache besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten aufweist.

Eine Zulassung der Beschwerde wegen der ebenfalls geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) scheidet aus, weil die Erfolgsaussichten der angestrebten Beschwerde im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung offen sind. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen nur dann, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Erfolg des Rechtsmittels - hier der Beschwerde - wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 28.08.1997 - 2 ZEO 905/97 - und Beschluss vom 29.08.1997 - 2 ZEO 1037/97-, ThürVBl. 1998, 42; HessVGH, Beschluss vom 04.04.1997 - 12 TZ 1079/97-, AuAS 1997, 158; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.05.1997 - A 12 S 580/97-, DVBl. 1997, 1327). Die ernstlichen Zweifel müssen zudem rechtserheblich sein. Sie müssen also eine Frage betreffen, deren Beantwortung im vom Rechtsmittelführer gewünschten Sinne wahrscheinlich zu einem anderen Entscheidungsergebnis führen würde. Ist also das Entscheidungsergebnis wahrscheinlich zutreffend, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf eine weitere, selbstständig tragende und nicht erfolgreich angegriffene Begründung gestützt hat oder weil sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt, dann kann eine Zulassung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht erfolgen. Die Vorschrift soll die Korrektur unrichtiger Entscheidungen, nicht die Korrektur fehlerhafter Begründungen ermöglichen (ThürOVG, a.a.O. und Beschluss vom 15.06.1996 - 2 ZEO 383/97-, m. w. N.).

Zwar erweisen sich die tragenden Gründe, auf die das Verwaltungsgericht seine stattgebende Entscheidung gestützt hat, nach der Auffassung des Senats als unrichtig. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Bürgermeister habe den streitgegenständlichen Bescheid vom 27.03.2000 als sachlich unzuständige Behörde erlassen, ist rechtlich nicht haltbar (1.). Das bedeutet aber noch nicht, dass die Beschwerde der Antragsgegnerin auch im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. Denn die erstinstanzliche Entscheidung könnte sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweisen. Die tatsächlichen und rechtlichen Fragen, die sich auf der Grundlage der Zuständigkeit der Antragsgegnerin und der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters für den Erlass des angefochtenen Bescheides stellen, kann der Senat im Zulassungsverfahren - auch im Sinne einer Erfolgsprognose - nicht klären. Unter diesen Umständen ist aber die Zulassung der Beschwerde wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geboten (2.).

1. Das Verwaltungsgericht hat zunächst festgestellt, dass der Bescheid, wie sich aus seiner Kopfleiste ergebe, von der Antragsgegnerin bzw. ihrem Bürgermeister erlassen worden sei. Da die Antragsgegnerin jedoch Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft U sei, sei diese hierfür zuständig gewesen. Nach § 47 Abs. 2 Satz 4, 1. Halbsatz ThürKO führe die Verwaltungsgemeinschaft die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises als Behörde der jeweiligen Mitgliedsgemeinde nach deren Weisung aus. Danach verbleibe zwar die Körperschaftskompetenz bei der Gemeinde, die Vorbereitung und Umsetzung der Entscheidungen bzw. die Einzelentscheidung bei einem Geschäft der laufenden Verwaltung werde jedoch in den Organisationsbereich der Verwaltungsgemeinschaft verlagert. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Bescheid möglicherweise vom Bürgermeister der Antragsgegnerin stamme. Zwar räume §47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO dem Bürgermeister das Recht ein, die Mitgliedsgemeinde auch insoweit zu vertreten, als nach Abs. 2 dieser Vorschrift die Befugnis zur Ausführung der Aufgaben auf die Verwaltungsgemeinschaft übergegangen ist. Allerdings sei hierfür in verfassungskonformer Auslegung dieser Regelung über den Gesetzeswortlaut hinaus eine entsprechende, zumindest verwaltungsinterne Willenserklärung zu verlangen, die den Umfang der Ausübung des Vorbehaltsrechts hinreichend sicher erkennen lasse. Nur so könne ein mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarendes Behördennebeneinander und sich hieraus ergebende Rechtsunsicherheiten vermieden werden. Hier fehle es an einer entsprechenden Kundgabe des Vorbehaltsrechts durch den Bürgermeister.

Hiergegen wendet die Antragsgegnerin ein, dass eine Gemeinde in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises berechtigt bleibe, anstelle der Verwaltungsgemeinschaft Verwaltungsakte zu erlassen. Der Interpretation des Verwaltungsgerichts liege die unrichtige Auffassung zu Grunde, nach der Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft liege die Vollzugszuständigkeit originär bei dieser. Richtigerweise behalte der Bürgermeister auch nach der Bildung der Verwaltungsgemeinschaft die Vollzugszuständigkeit. Er könne jederzeit die laufenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises an sich ziehen. Ein möglicher Kompetenzkonflikt zwischen den Befugnissen des Gemeinschaftsleiters und dem Bürgermeister dürfe nicht zu Lasten des Bürgermeisters gelöst werden. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei im Hinblick auf das Selbstverwaltungsrecht der Mitgliedsgemeinden verfassungsrechtlich bedenklich. Auch habe das Gericht die Entstehungsgeschichte der Norm, insbesondere im Hinblick auf die bayerischen Regelungen, an denen sich § 47 Abs. 2 ThürKO angelehnt habe, nicht berücksichtigt. Diese historische Auslegung mache deutlich, dass die Stellung des Bürgermeisters habe gestärkt werden sollen. Selbst wenn man aber der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen sollte und eine Erklärung des Bürgermeisters, er ziehe den Vollzug dieser Angelegenheit an sich, verlange, so läge eine Ausübung des Vorbehaltsrechts hier vor. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin habe entschieden, dass er sämtliche Straßenausbaubescheide für das Jahr 1999 selbst erlassen wolle, dies der Verwaltungsgemeinschaft im Rahmen einer Bürgermeister- und Gemeinschaftsversammlung mitgeteilt und schließlich die Bescheide auch erlassen.

Der Senat stimmt dieser Auffassung der Antragsgegnerin im Ergebnis zu. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin war für den Erlass des streitigen Beitragsbescheids zuständig; einer vorherigen zumindest internen Willenserklärung über die Ausübung der in §47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO (a. F.) vorbehaltenen Befugnis bedurfte es nicht.

Nach § 7a Abs. 1 Thüringer Kommunalabgabengesetz -ThürKAG- können die Gemeinden anstelle einmaliger Beiträge für die Verkehrsanlagen in ihrem Gebiet wiederkehrende Beiträge erheben. Mit der Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen nehmen sie eine Aufgabe im eigenen Wirkungskreis im Sinne des § 2 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung -ThürKO- wahr. Innerhalb der Gemeinde obliegt die Beitragserhebung grundsätzlich der Gemeindeverwaltung als Behörde der Gemeinde (vgl. § 22 Abs. 2 ThürKO). Der Bürgermeister ist gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 ThürKO Leiter der Behörde "Gemeindeverwaltung". Er ist zudem neben dem Gemeinderat Organ der Gemeinde und vertritt sie nach außen (vgl. §31 Abs. 1 ThürKO). Zu seinen Aufgaben als Behördenleiter gehört es unter anderem, die laufenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde in eigener Zuständigkeit zu erledigen (§ 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ThürKO). An dieser Entscheidungszuständigkeit ändert sich - soweit es um die Aufgaben im eigenen Wirkungskreis geht- auch dann nichts, wenn die Gemeinde Mitglied in einer Verwaltungsgemeinschaft ist. So bestimmt §47 Abs. 2 Satz 3 ThürKO in der bis zum 30.12.2002 geltenden und hier anzuwendenden Fassung vom 16.08.1993 (GVBl. S. 501 - ThürKO a. F. -) -die im Übrigen der jetzigen Regelung des §47 Abs. 2 Satz 1 ThürKO in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.01.2003 (GVBl. S.41) entspricht -, dass die Mitgliedsgemeinden für diese Aufgaben zuständig bleiben. Allerdings führt nach §47 Abs. 2 Satz 4, 1. Halbsatz ThürKO a. F. die Verwaltungsgemeinschaft diese Aufgaben als Behörde der jeweiligen Mitgliedsgemeinde nach deren Weisung aus. Sie ist damit Gemeindebehörde i. S. d. § 1 Abs. 2 ThürVwVfG, die bei diesen Aufgaben für die Gemeinde anstelle der Gemeindeverwaltung handelt (Wachsmuth/Oehler, Thüringer Kommunalrecht, Loseblattsammlung, Stand 11/01, § 47 Anm. 2.2.1; Uckel/Hauth/Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, Loseblattsammlung, Stand 06/03, §47 Anm. 3). Als solche ist sie für die Erstellung von Abgabenbescheiden als laufende Verwaltungsangelegenheiten sachlich zuständig. Nach §47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F. (entspricht nunmehr § 47 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ThürKO) kann der Bürgermeister die Gemeinde aber auch insoweit vertreten (so genanntes Vorbehaltsrecht). Wie der Bürgermeister einer Gemeinde, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehört, kann er entscheiden, welche laufenden Angelegenheiten er selbst wahrnimmt, was er selbst unterschreibt oder der Verwaltung - hier die Verwaltungsgemeinschaft - überlässt (Uckel/Hauth/Hoffmann, a.a.O., §47 Anm.4). Der Bürgermeister kann danach Angelegenheiten der laufenden Verwaltung (den eigenen Wirkungskreis betreffend) an sich ziehen, seien es Einzelfälle, Fallgruppen oder sei es generell (Uckel/Hauth/Hoffmann, a. a. O., § 47 Anm. 4; Hölzl/Hien, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirkordnung für den Freistaat Bayern, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand 06/00, Anm. 2.2 zum insoweit gleichlautenden §4 Verwaltungsgemeinschaftsordnung). Daraus wird deutlich, dass der Bürgermeister die in §47 Abs. 2 Satz 4, 1. Halbsatz ThürKO a. F. enthaltene Delegation der Aufgabenwahrnehmung an die Verwaltungsgemeinschaft jederzeit rückgängig machen und damit sein Vertretungsrecht als Organ der Mitgliedsgemeinde und seine originäre Zuständigkeit ausüben kann. Das Recht des Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft, die Gemeinde zu vertreten, ist also nur von dem Vertretungsrecht des Bürgermeisters abgeleitet (Wachsmuth/Oehler, a. a. O., § 47 Anm.4). Diese Struktur beruht darauf, dass - wie in § 46 Abs. 1 Satz 1 ThürKO ausdrücklich festgeschrieben - die Verwaltungsgemeinschaft der Selbstverwaltungsund Leistungskraft ihrer Mitgliedsgemeinden dient. Könnte der Bürgermeister in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung seine organschaftlichen Rechte nicht uneingeschränkt ausüben, würde das Selbstverwaltungsrecht einer Gemeinde gerade nicht gestärkt, sondern im Gegenteil beschränkt werden.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der im Rahmen seiner Befugnisse nach § 47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F. handelnde Bürgermeister einer Mitgliedsgemeinde keine weitere "Behörde" der Gemeinde. Bei der Frage, ob die Verwaltungsgemeinschaft als Behörde der Gemeinde (§ 47 Abs. 2 Satz 4, 1. Halbsatz ThürKO a. F.) bzw. der Gemeinschaftsvorsitzende als deren Leiter (§52 Abs. 2 ThürKO i. V. m. §33 Abs. 2 ThürKGG in entsprechender Anwendung) oder der Bürgermeister der Gemeinde (§§ 29 Abs. 2 Nr. 1, 47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F.) die laufenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde erledigt, handelt es sich ausschließlich um eine Frage der internen Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Behördenorganisation der gemeinschaftsangehörigen Gemeinde. Sie betrifft nicht die sachliche Behördenzuständigkeit im Außenrechtsverhältnis zum Bürger. Es ist deshalb unter dem Gesichtspunkt der rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmung der sachlich zuständigen Behörde unschädlich, dass das Gesetz dem Bürgermeister der Mitgliedsgemeinde die Entscheidung überlässt, ob er von seiner Befugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F. Gebrauch macht, ohne dafür bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen festzulegen oder eine vorherige Willenserklärung gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft oder gegenüber den betroffenen Bürgern zu fordern.

Diese Rechtsauffassung beruht auf den folgenden Erwägungen:

Wie bereits ausgeführt, verfügt eine Gemeinde, die nicht Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft ist, nach §§ 22 Abs. 2, 29 Abs. 1 ThürKO über eine eigene Behörde, die die Bezeichnung Gemeindeverwaltung führt und vom Bürgermeister geleitet wird. Nach §29 Abs. 2 ThürKO sind dem Bürgermeister zwar bestimmte Aufgaben zur Erledigung "in eigener Zuständigkeit" zugewiesen. Der Bürgermeister ist aber keine weitere Behörde der Gemeinde. Vielmehr ist der Bürgermeister einerseits Leiter der Behörde (Gemeindeverwaltung), andererseits Entscheidungsorgan der Gemeinde. Zugleich vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen (§ 31 Abs. 1 ThürKO). § 29 Abs. 2 ThürKO betrifft die interne Regelung der Entscheidungszuständigkeiten zwischen dem Gemeinderat und dem Bürgermeister als den Organen der Gemeinde (sog. Organkompetenz). Für die Umsetzung der in seine "eigene Zuständigkeit" fallenden Entscheidungen bedient sich der Bürgermeister in gleicher Weise der Gemeindeverwaltung als der Behörde der Gemeinde, wie das auch der Fall ist, wenn eine Entscheidung des Gemeinderats durch die Gemeindeverwaltung unter der Leitung des Bürgermeisters vollzogen wird (§ 29 Abs. 1 ThürKO). Wenn der Bürgermeister im Rahmen seiner internen Zuständigkeit nach § 29 Abs. 2 ThürKO eine Entscheidung trifft und wenn daraufhin ein Bescheid ergeht, handelt es sich im Außenverhältnis zum Bürger nicht um einen Bescheid "des Bürgermeisters", sondern um einen Bescheid der Gemeindeverwaltung als der zuständigen Behörde der Gemeinde. Das gilt auch dann, wenn der Bürgermeister und nicht ein anderer Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung den Bescheid unterschreibt. Und auch dann, wenn im Bescheid nur ersichtlich ist, dass der Bürgermeister den Bescheid im Namen der Gemeinde erlässt, besteht kein Zweifel daran, welche Behörde den Bescheid erlassen hat. Denn der Bürgermeister ist auch Leiter der Gemeindeverwaltung.

An dieser Struktur ändert sich nichts Grundlegendes, wenn die Gemeinde Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft ist und deshalb nicht über eine eigene Gemeindeverwaltung verfügt, sondern sich der Verwaltungsgemeinschaft als der für sie handelnden Behörde bedient. §47 Abs. 2 Satz 4, 1. Halbsatz ThürKO a. F. gewährleistet, dass der Bürgermeister die Entscheidungszuständigkeit, die ihm als Behördenleiter der Gemeindeverwaltung nach § 29 Abs. 2 ThürKO zusteht, für den eigenen Wirkungskreis seiner Gemeinde auch in diesem Fall ausüben kann. Im Fall der Mitgliedschaft einer Gemeinde in einer Verwaltungsgemeinschaft nimmt grundsätzlich der Gemeinschaftsvorsitzende in eigener Zuständigkeit alle Angelegenheiten wahr, die nach der Thüringer Kommunalordnung kraft Gesetzes dem Bürgermeister zukommen. Das ergibt sich aus der nach §52 Abs. 2 ThürKO gebotenen entsprechenden Anwendung des § 33 Abs. 2 ThürKGG. Als Leiter der Behörde "Verwaltungsgemeinschaft" obliegt dem Gemeinschaftsvorsitzenden daher in der Regel auch die Wahrnehmung der laufenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO). Diese Regelung der dem Behördenleiter "in eigener Zuständigkeit" zugewiesenen Aufgaben wird durch §47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F. jedoch - wie oben dargelegt - eingeschränkt. Die Vorschrift macht den Bürgermeister zwar nicht zu einem weiteren Leiter der - für alle Mitgliedsgemeinden handelnden - Behörde "Verwaltungsgemeinschaft". Aber sie räumt ihm, begrenzt auf den eigenen Wirkungskreis seiner Gemeinde, die Befugnis ein, Entscheidungen an sich zu ziehen, für die der Gemeinschaftsvorsitzende als Leiter der Behörde der Mitgliedsgemeinde zuständig ist. Der Bürgermeister, der gem. § 47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F. die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der laufenden Angelegenheiten im eigenen Wirkungskreis seiner Gemeinde an sich zieht, handelt also auch dann nicht als "andere Behörde" anstelle der Verwaltungsgemeinschaft, sondern er handelt anstelle des Gemeinschaftsvorsitzenden auf der Ebene der Behördenleitung. Es handelt sich auch im Fall der Verwaltungsgemeinschaft nicht um eine doppelte Behördenzuständigkeit, sondern um parallele behördeninterne Zuständigkeiten des Bürgermeisters und des Gemeinschaftsvorsitzenden auf der Organisationsebene der Behördenleitung.

Weder der Wortlaut des §47 Abs. 2 Satz 4 ThürKO a. F. noch Sinn und Zweck dieser Regelung erlauben demgegenüber eine Auslegung, nach der die Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft zwei Behörden hätte. Im 1. Halbsatz wird als Behörde allein die "Verwaltungsgemeinschaft" benannt. § 47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz soll - wie bereits dargestellt - die organschaftliche Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO auch für Gemeinden gewährleisten, die Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft sind, und soll damit deren Selbstverwaltungsrecht sichern. Diese Sicherungsfunktion verlangt jedoch keine von der Verwaltungsgemeinschaft unabhängige Behördenstellung des Bürgermeisters. Diese stünde im Gegenteil dem Zweck der Bildung von Verwaltungsgemeinschaften, nämlich einer Stärkung der gemeindlichen Verwaltungskraft durch Zusammenfassung der Verwaltungen, entgegen. Denn sie hätte zur Folge, dass eine (regelmäßig kleinere) Mitgliedsgemeinde zwei Behörden (mit daraus zwangsläufig resultierenden Zuständigkeitsproblemen) hätte, deren jeweilige sachliche Zuständigkeit allein vom Willen der Behörde "Bürgermeister" abhinge. Zudem würde diese Auslegung auch verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen, da die sachliche Zuständigkeit einer Behörde zwingende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns ist und auch grundsätzlich nicht zur Disposition von Behörden steht (Kopp, Kommentar zum VwVfG, 6. Auflage, § 3 Rdnr. 4). Hier wäre zumindest fraglich, ob die so verstandene Zuständigkeitsregelung, die auf den Willen einer Behörde abstellt, hinreichend gesetzlich bestimmt ist, um dem aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip resultierenden Grundsatz des Gesetzesvorbehalts zu genügen (vgl. hierzu BVerfGE34, 165 [193]; BVerwG, Beschluss vom 24.08.1987 -4 B 129/87-, NVwZ1988, S. 532 [533]).

Daraus folgt, dass sich die Frage der unterschiedlichen sachlichen Zuständigkeit zwischen Verwaltungsgemeinschaft einerseits und Bürgermeister andererseits nicht stellt, weil §47 Abs. 2 Satz 4 ThürKO dahin gehend auszulegen ist, dass der Bürgermeister, der sein Vorbehaltsrecht ausübt, insoweit (nur) die Funktion des Leiters der Behörde "Verwaltungsgemeinschaft", begrenzt auf den eigenen Wirkungskreis seiner Gemeinde, ausübt. Folglich ist es für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit eines Bescheides auch nicht von Bedeutung, ob sich die Ausübung des Vorbehaltsrechts durch den Bürgermeister im Einzelfall nachweisen lässt. Sachlich zuständig für den Erlass des angegriffenen Beitragsbescheides war somit die Verwaltungsgemeinschaft als Behörde der Antragsgegnerin, deren Bürgermeister nach der internen Zuständigkeitsregelung des §47 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz ThürKO a. F. den Bescheid erlassen durfte.

2. Nach den vorstehenden Ausführungen hätte das Verwaltungsgericht dem Antrag nicht mit der gegebenen Begründung stattgeben dürfen. Ob sich der angegriffene Beschluss dennoch im Ergebnis nicht als richtig erweist, kann im Zulassungsverfahren nicht festgestellt werden. Im zugelassenen Beschwerdeverfahren wird insbesondere zu prüfen sein, ob die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen vom 26.05.1997 bei summarischer Prüfung offenkundige Fehler aufweist oder ob sie als wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Ausbaubeitrages in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung über die Beschwerde vorbehalten.

Hinweis:

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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