Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: 8 DO 330/02
Rechtsgebiete: BBG, BDO, PAG, StGB, StPO, ThürBG, ThürDG


Vorschriften:

BBG § 54 S. 3
BBG § 77 Abs. 1
BDO § 2 Abs. 1
BDO § 2 Abs. 2
BDO § 77
BDO § 80
BDO § 81
BDO § 82
PAG § 2 Abs. 1
StGB § 174 Abs. 1
StGB § 174 Abs. 4
StPO § 161 S. 2
StPO § 163
ThürBG § 57 S. 3
ThürBG § 81 Abs. 1
ThürDG § 2 Abs. 1
ThürDG § 11 Abs. 2
ThürDG § 80 Abs. 6
Auch bei einer maßnahmebeschränkten Berufung hat das Rechtsmittelgericht die Zulässigkeit des Disziplinarverfahrens, wie jede Prozessvoraussetzung, von Amts wegen zu prüfen.

Der sachliche Geltungsbereich des Disziplinarrechts ist für Taten von Angehörigen der Volkspolizei, die später in den Thüringer Landesdienst übernommen wurden, nicht eröffnet.

Der außerdienstliche disziplinarrechtliche Tatvorwurf eines Sittlichkeitsdeliktes gegenüber einer im Obhutsverhältnis stehenden Minderjährigen enthält einen ganz erheblichen Schuldvorwurf und zerstört grundsätzlich das Vertrauensverhältnis zum Beamten.

Angesichts der spezifischen Amtspflichten erschüttert eine außerdienstliche Straftat eines Polizeibeamten im besonderen Maße das Vertrauen der Verwaltung und der Allgemeinheit in dessen Integrität und rechtfertigt vorbehaltlich entgegenstehender Umstände des Einzelfalls die Entfernung aus dem Dienst.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 8. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

8 DO 330/02

In dem Disziplinarverfahren

wegen Disziplinarrecht,

hier: Berufung im Disziplinarverfahren

hat der 8. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe als Vorsitzenden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch sowie die ehrenamtlichen Richterinnen aufgrund der mündlichen Verhandlung am 29. September 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Angeschuldigten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 19. März 2002 - 6 D 60008/00.Me - wird zurückgewiesen.

Der Angeschuldigte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen zu tragen.

Tatbestand:

1. Der am in geborene Beamte absolvierte nach einer 10jährigen Schulausbildung eine Lehre als Zerspanungsfacharbeiter und schloss diese verbunden mit dem Abitur 1971 erfolgreich ab. Im gleichen Jahr trat er, nachdem er bereits seit 1969 als Volkspolizei-Helfer tätig gewesen war, in den Dienst der Deutschen Volkspolizei der DDR ein und absolvierte zunächst bis 1974 eine kriminalpolizeiliche Assistentenausbildung bei dem Volkspolizeikreisamt (VPKA)

Von 1974 bis 1976 besuchte er die Offiziersschule des Ministeriums des Innern in Aschersleben, Fachrichtung Kriminalpolizei, die er mit der Bezeichnung Kriminalist/Staatswissenschaftler abschloss. In der Folge war er überwiegend als Offizier bei der Kriminalpolizei tätig. Bereits zum 1. Juli 1980 war er zum Leutnant ernannt worden. Von 1980 bis 1987 leitete er die Gruppe "Kinder- und Jugendkriminalität" des VPKA . In Folge gesundheitlicher Beeinträchtigungen wurde er 1987 zum Betriebsschutz versetzt. Seit dem 1. Oktober 1990 war er zunächst bei dem Kreiskriminalamt und seit dem 1. Januar 1991 bei der Kriminalpolizei tätig. Nach dem 3. Oktober 1990 wurde der Beamte in den Thüringer Polizeidienst übernommen und für den Zeitraum vom 1. Juli 1991 bis 31. Januar 1992 auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages als Angestellter weiter beschäftigt. Zum 1. Februar 1992 ernannte ihn der Thüringer Innenminister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Kriminaloberkommissar und bestellte ihn zum Leiter der Ermittlungsgruppe in der Polizeiinspektion .

Zum 1. März 1995 verlieh er ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit und ernannte ihn zum 1. Oktober 1997 zum Polizeihauptkommissar.

2. Der Beamte war von 1974 bis 1981 in erster Ehe verheiratet. Aus dieser Ehe ging der am geborene Sohn hervor. Die zweite, 1984 geschlossene Ehe des Beamten wurde 1999 geschieden. Die zweite Ehefrau hatte ihre am geborene Tochter mit in die Ehe gebracht, deren Erziehung sie dem Beamten mit anvertraute. Seit Oktober 2004 ist der Beamte in dritter Ehe erneut verheiratet.

Der Gesundheitszustand des Beamten ist aktuell beeinträchtigt. Er befindet sich seit 1998 in ambulanter ärztlicher, psychologischer und psychiatrischer Behandlung und wurde 2000 und 2002 jeweils mehrwöchig in der psychosomatischen Klinik in Bad Langensalza stationär behandelt. 2005 befand er sich wegen einer Darmoperation im Helios-Klinikum in Erfurt. Auf Grund dieser Belastungen sowie eines Gehörsturzes ist der Beamte nur eingeschränkt dienstfähig.

Neben Unterstützungsleistungen seiner Ehefrau erhält der Beamte, nachdem die Einleitungsbehörde mit Bescheid vom 27. Mai 2002 ihn vorläufig des Dienstes enthoben hat, gemäß § 92 BDO a. F. Dienstbezüge in Höhe von 75 % des erdienten Ruhegehaltes, das sind monatlich 420,00 Euro netto. Er ist Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer restlichen Belastung von ca. 94.000,00 Euro, die er mit monatlichen Raten in Höhe von 550,00 Euro tilgt. Für seinen Pkw, seine Krankenversicherung und für Nebenkosten des Hauses muss er monatlich durchschnittlich 460,00 Euro aufwenden. Darüber hinaus fordert derzeit der Dienstherr wegen streitiger Überzahlungen Besoldungsbezüge in Höhe von 4800,00 und 3700,00 € zurück.

3. Der Beamte ist - ohne Berücksichtigung der in diesem Verfahren streitgegenständlichen Vorwürfe - bislang straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.

4. Seit dem 22. April 1998 liefen Ermittlungen gegen den Beamten wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter.

Das Amtsgericht - Schöffengericht - verurteilte den Beamten mit Urteil vom 16. Juli 1999 (AZ: 403 Js 15870/98-1 Ls) wegen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern im minderschweren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Die Bewährungszeit setzte das Amtsgericht mit gleichzeitigem Beschluss auf 2 Jahre fest. Zugleich gab es dem Antragsteller auf, 3.600,00 DM in 6 Raten zu 600,- DM an die " e.V." zu zahlen. Das am 19. Oktober 1999 rechtskräftig gewordene Strafurteil basierte auf folgenden tatsächlichen Feststellungen:

"Zu einem nicht mehr sicher feststellbaren Zeitpunkt zwischen 1984 und 1986 forderte der Angeklagte nach einer gemeinsamen Autofahrt in der damals von dem Angeklagten, der Zeugin S sowie der Geschädigten bewohnten Wohnung A in die Geschädigte, an deren Erziehung er beteiligt war, auf, mit ihm "Gangschaltung" zu spielen. Der Angeklagte lag hierbei am Unterkörper unbekleidet auf einem Sofa. Die am geborene Geschädigte, leibliche Tochter der Zeugin S und Stieftochter des Angeklagten, nahm also dessen Geschlechtsteil in die Hand und bewegte es entsprechend der Aufforderung durch den Angeklagten, wobei sie das Einlegen der Gänge einer PKW-Schaltung spielen sollte. Während des Einlegens des "Rückwärtsganges" schob die Geschädigte - entsprechend der Aufforderung des Angeklagten - die Vorhaut des Geschlechtsteils des Angeklagten auf und ab.

Ob der Angeklagte diese Handlung in der Absicht des Hervorrufens sexueller Erregung bei sich oder der Geschädigten an sich vornehmen ließ, ist heute nicht mehr aufklärbar.

Der Angeklagte war sich hierbei des Obhutsverhältnisses, des damaligen Alters der Geschädigten sowie des sexuellen Hintergrundes der Handlung bewusst.

1993 wohnten der Angeklagte, die Zeugin S sowie die Geschädigte in einem neu errichteten Einfamilienhaus in H . Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls in der ersten Jahreshälfte 1993, saß die Geschädigte auf der Eckcouch im Wohnzimmer. Es war ein sonniger, heißer Tag. Die Geschädigte hatte daher unter ihrem Rock keinen Slip an. Die Jalousien waren heruntergelassen.

Der Angeklagte kam hinzu und küsste die Geschädigte auf die Schamlippen und die Klitoris. Die Geschädigte presste widerwillig ihre Beine zusammen. Der Angeklagte ließ sodann von ihr ab. Der Angeklagte war sich wiederum des Obhutsverhältnisses, des damaligen Alters der Geschädigten sowie des sexuellen Hintergrundes der Handlung bewusst."

5. Im Zusammenhang mit der Aufnahme der strafrechtlichen Ermittlungen verbot der Leiter der Polizeidirektion (PD ) am 30. April 1998 dem Beamten die Führung der Dienstgeschäfte. Weiterhin informierte er den Beamten mit Schreiben vom 18. Mai 1998, dass beabsichtigt sei, ein förmliches Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, ihn vorläufig des Dienstes zu entheben und einen Teil seiner Dienstbezüge einzubehalten. Am 28. Mai 1998 fand hierzu eine Anhörung des Beamten statt, in dessen Verlauf er auch darüber belehrt wurde, dass er die Beteiligung der Personalvertretung beantragen könne.

Am 2. Juli 1998 leitete sodann der Leiter der PD das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Beamten ein und enthob ihn zugleich vorläufig des Dienstes. Zur Begründung gab die Einleitungsbehörde an, dass der Antragsteller 1992 an der ihm zur Erziehung anvertrauten Stieftochter sexuelle Handlungen vorgenommen haben soll, indem er sich mit erigiertem Glied auf sie gelegt habe. In weiteren, mindestens 3 Fällen, soll er am Geschlechtsteil der Stieftochter geleckt und dieser hierfür Geld in Aussicht gestellt haben. Weiterhin soll er im Frühjahr 1996 in mindestens einem Fall eine ihm unterstellte Polizeibeamtin durch üble Nachrede geschädigt haben, indem er diese als "größtes Flittchen der Polizeiinspektion" bezeichnet habe.

Mit Verfügung ebenfalls vom 2. Juli 1998 setzte der Leiter der PD das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des sachgleichen Strafverfahrens aus und bestellte am gleichen Tag einen Untersuchungsführer.

Im Rahmen der nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzten Untersuchung hörte der Untersuchungsführer den Beamten am 4. Mai 2000 an. An dieser Anhörung nahmen auch die Vertreter der Einleitungsbehörde sowie der Verteidiger des Beamten teil. Im Einvernehmen mit den Beteiligten legte der Untersuchungsführer der weiteren Untersuchung den vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt zugrunde. Zu diesen Vorwürfen gab der Beamte an, dass diese nicht der Wahrheit entsprächen. Sie seien aus seiner Sicht völlig ungerechtfertigt. Er vermute, dass seine Ehefrau und ihr Lebensgefährte ihn aus Rache angezeigt hätten.

Der Untersuchungsführer erstattete unter dem 29. Mai 2000 seinen Bericht.

6. Am 13. Juli 2000 reichte die Einleitungsbehörde beim Verwaltungsgericht Meiningen - Kammer für Disziplinarsachen - die Anschuldigungsschrift ein. In ihr wird dem Beamten zur Last gelegt, dass er sich des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen und in einem Fall des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern im minderschweren Fall, begangen an der ihm zur Erziehung anvertrauten minderjährigen Stieftochter S gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 1, 176 Abs. 1 StGB a. F. und §§ 52, 53 StGB schuldig gemacht habe. Durch die vom Amtsgericht mit Bindungswirkung festgestellten Handlungen habe der Beamte zugleich schuldhaft seine Beamtenpflichten zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten außerhalb des Dienstes (§ 57 ThürBG) und damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen (§ 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 ThürBG) begangen. Der Beamte habe durch den im außerdienstlichen Bereich begangenen sexuellen Missbrauch nicht unerhebliche Charaktermängel gezeigt, die Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit rechtfertigten. Der damit zwangsläufig einhergehende Achtungsverlust sei in aller Regel geeignet, das Ansehen des Beamtentums im besonderen Maße zu beeinträchtigen und gelte daher als eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung. Auch außerhalb des Dienstes habe der Beamte die bestehenden Gesetze und Rechtsvorschriften zu beachten. Mit seinem Verhalten habe er sich als Angehöriger des gehobenen Polizeivollzugsdienstes und als Vorgesetzter - in seiner Eigenschaft als Leiter der Ermittlungsgruppe der Polizeiinspektion - untragbar gemacht. Das bestehende Vertrauensverhältnis sei zerrüttet.

Die Anschuldigungsschrift wurde dem Verteidiger des Beamten am 7. August 2000 unter Hinweis auf seine Rechte aus §§ 68 und 70 BDO zugestellt.

Der Beamte hat sich im erstinstanzlichen Verfahren schriftsätzlich nicht geäußert. Auf seine Einlassungen in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer am 21. August 2001 wird Bezug genommen. Hierin hat er im Wesentlichen weiterhin die Anschuldigungen bestritten. Eine Berufung im Strafverfahren habe er ausschließlich aus finanziellen Gründen nicht eingelegt.

7. Mit Urteil aufgrund der mündlichen Hauptverhandlung vom 19. März 2002 hat das Verwaltungsgericht Meiningen - Kammer für Disziplinarsachen - gegen den Antragsteller wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst erkannt. Zugleich hat es einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 % des erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von 12 Monaten gewährt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass zum einen das Disziplinarverfahren keine formellen Mängel aufweise. Zum anderen sei die Entfernung aus dem Dienst angesichts der Schwere des Dienstvergehens gerechtfertigt. Dabei sei von den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts auszugehen, die für das Verwaltungsgericht bindend seien (§ 18 Abs. 1 BDO). Durch diese Straftaten habe der Antragsteller seine beamtenrechtliche Pflicht, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verletzt. Das Dienstvergehen wiege sehr schwer und mache die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme erforderlich. Der strafbare rechts- und sittenwidrige Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sei im hohen Maße persönlichkeits- und gemeinschaftsschädigend. Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch einen Beamten führe in der Vorstellungswelt eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters zu einer erheblichen Ansehensbeeinträchtigung des Beamten, wenn nicht zum völligen Ansehensverlust. Das für den geordneten Ablauf der öffentlichen Verwaltung unabdingbare Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Beamtenschaft werde erheblich gestört, wenn nicht gar zerstört. Hinsichtlich des Eigengewichts der Tat sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Tathandlungen weit über das Maß "geringer" sexueller Übergriffe hinausgingen. Hierbei sei erschwerend das geringe Alter der Stieftochter und der Missbrauch des Vertrauensverhältnisses zu berücksichtigen, das der Antragsteller zur Befriedigung seines eigenen Geschlechtstriebes ausgenutzt habe. Zu seinen Gunsten könne allenfalls angeführt werden, dass er von dem Kind abgelassen habe, nachdem dieses ihm gegenüber deutlich gemacht habe, dass es seine Verhaltensweise ablehne. Im Strafmaß sei auch zu Lasten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er als Polizeibeamter der Aufgabe der Gefahrenabwehr verpflichtet sei. Handele er gegenüber ihm anvertrauten Personen dem zuwider, so verletze er in grober Weise seine gesetzlichen Pflichten. Insoweit wiege nach außen die Beschädigung des Ansehens der im Polizeidienst tätigen Beamtenschaft schwerer als der Beamten anderer Tätigkeitsfelder, die nicht so sehr im Blickfeld der Allgemeinheit stünden. Erschwerend komme hinzu, dass der Antragsteller als Beamter mit der Verfolgung von Sittlichkeitsdelikten betraut gewesen sei und Vorgesetztenfunktion inne gehabt habe. Durchgreifende Milderungsgründe bestünden hingegen nicht. Weder könnten diese aus seinem Verhalten während der disziplinarischen Untersuchungen, noch aus einem dienstlich einwandfreien Verhalten oder aus dem Umstand mangelnder Wiederholungsgefahr geschlussfolgert werden. Auch die Dauer des Disziplinarverfahrens biete keinen Grund zur Milde. Insgesamt sei die Maßnahme auch verhältnismäßig. Die Gewährung des Unterhaltsbeitrages in der genannten Höhe entspreche der Bedürftigkeit des Beamten und seiner persönlichen Stellung.

8. Gegen dieses ihm am 10. April 2002 zugestellte Urteil hat der Beamte am 8. Mai 2002 beim Verwaltungsgericht Meiningen Berufung mit dem Ziel der Strafmilderung eingelegt.

Zur Begründung trägt er vor, dass das Verwaltungsgericht von einer falschen Tatsachenannahme ausgegangen sei. Er sei nicht "gerade mit Sittlichkeitsdelikten" betraut gewesen. Er habe in Delikten ermittelt, die durch Kinder und Jugendliche begangen worden seien. Insgesamt verletze das Verwaltungsgericht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es habe außer Acht gelassen, dass er wegen eines weniger gravierenden Sexualdelikts verurteilt worden sei und die verwirkte Schuld im unteren Bereich des angedrohten Strafrahmens einzuordnen sei. Dies gelte umso mehr, als er wegen der ihm in den 80er Jahren vorgeworfenen Tat beamtenrechtlich nicht belangt werden könne. Angesichts dieses geringen Tat- und Schuldvorwurfs sei die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme unverhältnismäßig. Überdies hätte das Verwaltungsgericht stärker berücksichtigen müssen, dass er weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet sei. Er sei in seiner Bewährungszeit nicht auffällig geworden. Er habe auch weiterhin bei seinen Polizeikollegen ein hohes Ansehen und breite Akzeptanz. Dies werde auch dadurch deutlich, dass er zum 14. Januar 2002 seinen Dienst in der Polizeiinspektion wieder angetreten habe. Während dieser Dienstzeit sei es zu keinen Beanstandungen gekommen und er habe Lob von seinen Kollegen erhalten. In der Öffentlichkeit sei seine Verurteilung nicht wahrgenommen worden. Gegen die Verhängung der disziplinarischen Höchststrafe sprächen zudem verschiedene Präzedenzfälle, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entschieden worden seien. Die Vorwürfe einer Kollegin, dass er sie beleidigt habe, seien ungerechtfertigt. Die in dieser Sache erfolgten Ermittlungen hätten seine Unschuld bewiesen.

Er beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 19. März 2002 - 6 D 60008/00.Me - auf eine Gehaltskürzung oder eine Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt zu erkennen.

Der Vertreter der Einleitungsbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Der Beamte sei sehr wohl auch mit der Aufklärung von Sexualdelikten beschäftigt gewesen, nämlich solchen, die durch Kinder und Jugendliche verübt worden seien. Auch seien Kinder als Opfer von Sittlichkeitsverbrechen durch die Ermittlungsgruppe des Beamten vernommen worden. Trotz der strafrechtlichen Qualifizierung einer Tathandlung als minderschwer sei eine Reihe erschwerender Umstände zu berücksichtigen. Die psychische und physische Gewalteinwirkung auf die ihm zur Erziehung anvertraute minderjährige Stieftochter mit dem Ziel der sexuellen Befriedigung zeige ein anhaltend rücksichtsloses Vorgehen des Beamten, der sich zudem die Verschwiegenheit des Opfers über an ihm begangene strafbare Handlungen durch Vergünstigungen erkauft habe. Die von ihm angeführten Fälle in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Der Beamte habe auch in anderen Fällen Abhängigkeitsverhältnisse ausnutzen wollen, wie dies sein Verhalten gegenüber einer Kollegin gezeigt habe, der er nachgestellt und die er beleidigt habe. Der Beamte sei 2002 nur vorübergehend beschäftigt worden, um seine Polizeitauglichkeit festzustellen. Für diese vorübergehende Beschäftigung in sei er nicht schriftlich beurteilt worden. Ihm sei auch keine Leitungsfunktion in Aussicht gestellt worden.

9. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hob die PD mit Verfügung vom 7. Januar 2002 die angeordnete vorläufige Dienstenthebung auf und forderte den Beamten auf, zum 14. Januar 2002 seinen Dienst in der Polizeiinspektion wieder anzutreten. Zur Begründung trug die Polizeidirektion vor, dass es aus fiskalischen Gründen unbillig erscheine, bis zur endgültigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Beamten ohne entsprechende Gegenleistung zu alimentieren. Unmittelbar nach Verkündung des Urteils des Verwaltungsgerichts am 19. März 2002 ist der Beamte zunächst mündlich vom Dienst freigestellt worden. Mit weiterer schriftlicher Verfügung vom 25. März 2002 wurde ihm die Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 125 ThürBG verboten. Mit Bescheid vom 27. Mai 2002 enthob die Einleitungsbehörde den Beamten nach § 91 BDO vorläufig des Dienstes und kürzte gemäß § 92 BDO die Dienstbezüge in Anlehnung an das Urteil des Verwaltungsgerichts auf 75 % des erdienten Ruhegehalts. Sie führte an, dass auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts sowie der Bewertungen des Verwaltungsgerichts Meiningen nunmehr die vorläufige Dienstenthebung gerechtfertigt sei. Den dagegen am 18. Juni 2002 beim Oberverwaltungsgericht gestellten Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 29. August 2005 - 8 DO 400/02 - abgelehnt.

Disziplinarrechtliche Würdigung

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht wegen der dem Beamten vorgeworfenen Tat auf die disziplinarische Höchststrafe erkannt.

Die Berufung ist zulässig. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels wie auch des vorhergegangenen disziplinarrechtlichen Verfahrens sind nach dem vor dem Inkrafttreten des Thüringer Disziplinargesetzes vom 21. Juni 2002 (GVBl. S. 257) geltenden Disziplinarrecht zu beurteilen. Nach der Übergangsbestimmung des Thüringer Disziplinargesetzes (ThürDG), das am 28. Juni 2002 in Kraft trat, gilt abweichend von dem Grundsatz der sofortigen Anwendbarkeit des neuen Rechts in bei Inkrafttreten des Thüringer Disziplinargesetzes anhängigen gerichtlichen Disziplinarverfahren das bis dahin geltende Verfahrensrecht (§ 82 Abs. 6 Satz 3 ThürDG). So liegt es hier bei dem seit dem 10. Mai 2002 anhängigen Berufungsverfahren. Anzuwenden ist daher in dem vorliegenden Disziplinarverfahren gegen einen Landesbeamten des Freistaates Thüringen nach den Regelungen des Art. 20 Abs. 1 des Einigungsvertrags und der Anlage I Kapitel XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 10 zu diesem Vertrag grundsätzlich die Bundesdisziplinarordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 750, 984), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 1451), unter der Maßgabe, dass wegen der landesrechtlichen Besonderheiten, die die Bundesdisziplinarordnung (BDO) nicht regelt, ersatzweise das Disziplinarrecht des Landes Niedersachsen entsprechend gilt. Auszunehmen von der Geltung des älteren Rechts sind allerdings die gerichtsorganisatorischen Bestimmungen; diesen sind die aktuellen Regelungen zu Grunde zu legen (vgl. hierzu: Beschluss des Senats vom 11. Mai 2004 - 8 DO 671/01 -).

Gemessen an den Voraussetzungen nach §§ 80 ff. BDO sind die Verfahrensvoraussetzungen einer Berufung gegeben. Der durch das erstinstanzliche Urteil beschwerte Beamte hat die Berufung rechtzeitig durch seinen Verteidiger binnen eines Monats beim Verwaltungsgericht Meiningen eingelegt und ausreichend begründet (§§ 80 bis 82 BDO).

Die Berufung ist aber unbegründet.

Das Disziplinarverfahren ist im Ergebnis zulässig.

Der Prüfung der Zulässigkeit des Disziplinarverfahrens steht nicht der beschränkte Rechtsmittelantrag entgegen. Der Beamte greift in seiner maßgeblichen Berufungsschrift weder die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen noch die disziplinarrechtliche Bewertung der Tat als Dienstvergehen an, sondern trägt lediglich Umstände vor, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Dies bedingt grundsätzlich, dass der Senat an die Tat- und Schuldfeststellungen des Verwaltungsgerichts sowie an die vorgenommene disziplinarrechtliche Würdigung als außerdienstliches Dienstvergehen gebunden ist (st. Rechtsprechung BVerwG, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2000 - 1 D 46/98 -, Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 6). Aber auch bei einer solchen maßnahmebeschränkten Berufung verbleibt es bei der Pflicht des Berufungsgerichts, die Zulässigkeit des Disziplinarverfahrens, wie jede Prozessvoraussetzung, in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1998 - 1 D 12/97 -, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 16; Claussen/Janzen, BDO, 8. Aufl. 1995, § 82 Rz. 7b).

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass entgegen der Auffassung der Einleitungsbehörde und des Verwaltungsgerichts die erste dem Beamten vorgeworfene Tat, die der Beamte nach den strafrichterlichen Feststellungen zu einem nicht mehr sicher feststellbaren Zeitpunkt zwischen 1984 und 1986 begangen hat, disziplinarisch nicht verfolgbar ist. Die disziplinarische Verfolgbarkeit einer Tat umfasst als Prozessvoraussetzung die Eröffnung des sachlichen Geltungsbereichs des Disziplinarrechts nach § 2 BDO (Claussen/Janzen, BDO, 8. Aufl. 1995, § 2 Rz. 2). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BDO kann ein Beamter nur wegen eines während seines Beamtenverhältnisses begangenen Dienstvergehens verfolgt werden (vgl. nunmehr auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 ThürDG). Der Beamte war aber zum Tatzeitpunkt als damaliger Angehöriger der Volkspolizei der DDR noch kein Beamter im Sinne der einschlägigen Beamtengesetze.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beamte wegen dieser Tat ausnahmsweise disziplinarisch belangt werden kann. Weder liegt ein Fall nach § 2 Abs. 2 BDO vor, der Fälle einer disziplinarischen Belangung von vordienstlichen Verfehlungen benennt noch sind andere Vorschriften ersichtlich, die hier eine Disziplinarmaßnahme wegen der vordienstlichen Tat rechtfertigen. Diese vordienstliche Tat hätte allenfalls eine Rücknahme der Beamtenernennung rechtfertigen können (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 ThürBG, aber unter Beachtung der 6-Monatsfrist nach § 14 Abs. 2 ThürBG).

Es verbleibt jedoch der sachliche Anwendungsbereich der Bundesdisziplinarordnung im Hinblick auf den zweiten Tatvorwurf. Dieser betrifft ein Verhalten des Beamten in der ersten Jahreshälfte 1993, also zu einem Zeitpunkt, in dem er bereits zum Beamten ernannt worden war. Es steht der Verfolgbarkeit nicht entgegen, dass der Beamte zur Tatzeit Probebeamter war. Für die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens ist es entscheidend, dass der Beamte im Zeitpunkt der Einleitung des Disziplinarverfahrens - wie hier 1998 - Beamter auf Lebenszeit war (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1998 - 1 D 12/97 -, a. a. O.).

Das Disziplinarverfahren gegen den Beamten weist im Übrigen keine formellen Mängel auf. Weder das Vorermittlungsverfahren der Einleitungsbehörde noch das Untersuchungsverfahren noch die Anschuldigungsschrift oder das bisherige gerichtliche Verfahren weisen Fehler auf. Solche werden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.

Die teilweise Unzulässigkeit des Disziplinarverfahrens führt nicht zu einer teilweisen Begründetheit der Berufung. Eine Trennung des Verfahrens kommt mit Rücksicht auf die Einheit des dem Beamten vorgeworfenen Dienstvergehens nicht in Betracht (vgl. Claussen/Janzen, BDO, 8. Aufl. 1995, § 69 Rz. 3).

Die disziplinarische Verurteilung zur Höchstmaßnahme ist auch im Ergebnis begründet. Der weiterhin zulässige Vorwurf hinsichtlich der 1993 begangenen Tat rechtfertigt die Entfernung des Beamten aus dem Dienst.

Allein auf Grund dieser Tat ist bereits ein schuldhaftes Dienstvergehen des Beamten zu bejahen. An die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts vom 16. Juli 1999 ist der Senat wie das Verwaltungsgericht gebunden (§ 18 BDO). Umstände, die ausnahmsweise eine Lösung von diesen Feststellungen rechtfertigen, sind weder objektiv erkennbar noch werden sie von den Beteiligten geltend aufgezeigt.

Durch sein Verhalten, nämlich seine Stieftochter in der häuslichen Umgebung 1993 auf die Schamlippen und die Klitoris geküsst zu haben, jedoch von ihr gelassen zu haben, als die Geschädigte widerwillig ihre Beine zusammenzog, hat der sich der Umstände der Tat bewusste Beamte nicht nur eine Straftat nach § 174 Satz 1 Nr. 1 StGB, sondern auch ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Dieses bestimmt sich nach den zum Tatzeitpunkt nach dem Einigungsvertrag für Landesbeamte geltenden Regelungen nach §§ 54 Satz 3, 77 Abs. 1 Satz 2 BBG. Soweit das Verwaltungsgericht in der Verurteilung hingegen auf §§ 57 Satz 3, 81 Abs. 1 Satz 2 ThürBG abgestellt hat, führt dies nicht zur Fehlerhaftigkeit, da die bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen inhalts- und bedeutungsgleich sind. Der Beamte hat schuldhaft eine ihm obliegende beamtenrechtliche Pflicht verletzt. Sein Verhalten ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderer Weise geeignet, Achtung und Vertrauen in eine für sein Amt oder Ansehen des Beamtentums bedeutsame Weise zu beeinträchtigen. Er hat mit seinem Verhalten gegen eine Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten verstoßen.

Im Anschluss an die Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. nur eingehend Sächsisches OVG, Urteil vom 25. Februar 2004 - D 6 B 323/03 -, SächsVBl. 2004, 139 m. w. N.; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 5. Aufl., Teil C § 57 Rz. 6 ff.; Battis, BBG, 3. Aufl., § 54 Rz. 8) gilt:

Achtungswürdigkeit im Sinne der vorgenannten Vorschrift bedeutet die Integrität eines Beamten im äußeren Verhältnis zur Umwelt sowie das Ansehen bei den Mitbürgern einschließlich der Kollegen. Die vorzunehmende dienst- und disziplinarrechtliche Bewertung bezieht sich auf die Achtung und das Ansehen in Bezug auf die dienstliche Stellung als Beamter mit ihren Ausstrahlungen auf das Ansehen der Verwaltung. Es geht hierbei darum, das Vertrauen der Allgemeinheit in den sachgerechten Verwaltungsvollzug durch den einzelnen Beamten und damit das Vertrauen in die Achtungswürdigkeit und die Integrität der Verwaltung als solche zu wahren. Dabei hängen die Anforderungen, die an den einzelnen Beamten zur Wahrung von Achtung und Ansehen zu stellen sind, sowohl von dessen dienstlicher Stellung und den dienstlichen Aufgaben als auch davon ab, wie eng der Bezug zwischen dem konkreten Fehlverhalten und dem Dienst ist. Je höher die dienstliche Stellung des Beamten und je gewichtiger sein dienstliches Aufgabengebiet ist, umso mehr wird er als Repräsentant seines Dienstherrn und als eine die Amtsführung einer Verwaltung prägende Person betrachtet und umso größer ist auch das Ausmaß einer Ansehensschädigung durch ein Fehlverhalten, das Rückschlüsse auf die dienstliche Tätigkeit erlaubt.

Die Vertrauenswürdigkeit eines Beamten meint seine integre Stellung im innerdienstlichen Verhältnis zu seinem Dienstherrn. Sie bedeutet die Gewähr des Dienstherrn über die dienstliche Zuverlässigkeit des Beamten, die darin besteht, dass dieser seiner Dienstleistungspflicht ordnungsgemäß nachkommt und die ihm obliegenden besonderen Dienstpflichten beachtet.

Wird dem Beamten - wie hier - sein Verhalten im außerdienstlichen Bereich vorgeworfen, so ist bei der Beurteilung dieses Verhaltens die die Beamtenpflichten in der Privatsphäre konkretisierende Vorschrift des § 54 BBG (§ 57 ThürBG) im Zusammenhang mit der Sanktionsvorschrift des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG (§ 81 Abs. 1 Satz 2 ThürBG) zu sehen. In der letztgenannten Vorschrift ist dabei nicht lediglich eine Einschränkung der disziplinarrechtlichen Verfolgbarkeit, sondern vielmehr eine Begrenzung der dienstlichen Verhaltenspflicht auf das dort genannte Mindestmaß zu sehen. § 54 Satz 3 BBG (§ 57 Satz 3 ThürBG) stellt in Verbindung mit § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG (§ 81 Abs. 1 Satz 2 ThürBG) für das außerdienstliche Verhalten des Beamten keinen umfassenden Verhaltenskodex auf, sondern legt lediglich Mindestanforderungen fest, die ein Beamter beachten muss, um schwerwiegende dienstliche Auswirkungen zu vermeiden und als Träger öffentlicher Aufgaben tragbar zu bleiben. Dies bedeutet, dass sich der Beamte als ordentlicher Staatsbürger zu verhalten und dabei die Gesetze zu befolgen hat. Zu beachten ist ferner, dass nicht jedes achtungs- und vertrauensschädigende Verhalten im außerdienstlichen Bereich, das irgendwelche Rückschlüsse auf die dienstliche Haltung ermöglicht, bereits als pflichtwidrig gilt. Vielmehr muss das außerdienstliche Verhalten in besonderem Maße geeignet sein, Achtung und Vertrauen zu beeinträchtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass das Verhalten selbst, nicht der Erfolg eines Verhaltens maßgeblich ist. Ein außerdienstliches Verhalten wird deshalb nicht erst dann pflichtwidrig, wenn es tatsächlich zu einer Ansehens- oder Vertrauenseinbuße geführt hat, sondern wenn es seiner Natur nach geeignet ist, achtungs- und vertrauensschädigend zu wirken.

Die Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen muss sich auf das Amt oder das Ansehen des Beamtentums beziehen. Damit wird auch für das außerdienstliche Verhalten das bereits in § 54 Satz 3 BBG (§ 57 Satz 3 ThürBG) enthaltene Merkmal der Berufsbezogenheit verdeutlicht. Die Anstellung des Beamten wird vor allem tangiert, wenn das außerdienstliche Verhalten auf den dienstlichen Tätigkeitsbereich ausstrahlt.

Die Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen durch ein außerdienstliches Verhalten muss ferner bedeutsam sein. Das dem Beamten vorgeworfene Verhalten muss ein gewisses Gewicht haben. Dieses kann sich bereits aus der Schwere eines konkreten Rechtsverstoßes, insbesondere einer Straftat ergeben, aber auch in besonderen Umständen des Einzelfalles liegen.

Wird dem Beamten ein Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften als außerdienstliche Dienstpflichtverletzung vorgeworfen, so wird der Beamte dienstrechtlich nicht wegen Verwirklichung eines bestimmten Strafrechtstatbestandes zur Verantwortung gezogen, sondern nur dann, wenn und soweit er sich durch die Straftat gleichzeitig achtungs- und vertrauensschädigend in Bezug auf das Amt oder ansehensschädigend für die Beamtenschaft verhalten hat. Die vorsätzliche Verübung einer Straftat wirkt regelmäßig achtungs- und vertrauensschädigend, da gerade die Beachtung der zum besonderen Schutz bestimmter Rechtsgüter erlassenen Strafrechtsnormen zu den grundlegenden Pflichten eines jeden Bürgers und damit erst recht der Beamten zählt. Ein Beamter, der im besonderen Maße zur Wahrung des Rechts verpflichtet ist, handelt regelmäßig in bedeutsamer Weise achtungs- und vertrauensschädigend, wenn er vorsätzlich gegen elementare Rechtsvorschriften, wie sie das Strafrecht darstellt, verstößt. Dies gilt erst recht für die Verwirklichung eines vorsätzlichen Straftatbestandes durch einen Polizeivollzugsbeamten. Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass zu den einen Polizeivollzugsbeamten obliegenden spezifischen Amtspflichten als Kernpflicht insbesondere die Verhinderung (vgl. § 2 Abs. 1 PAG) und die Verfolgung (vgl. § 163, § 161 Satz 2 StPO) von Straftaten gehört. Angesichts dieser spezifischen Amtspflichten erschüttert eine auch außerdienstlich begangene vorsätzliche Straftat in besonderem Maße das Vertrauen der Verwaltung sowie die Achtung der Bevölkerung in die Integrität eines Polizeivollzugsbeamten.

Der Beamte hat in diesem Sinne gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen, indem er 1993 seine Stieftochter, wie vom Amtsgericht festgestellt, sexuell missbraucht hat. Er hat damit in schwerwiegender Weise die ihm obliegende Pflicht verletzt, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert. Er hat damit zugleich sein Ansehen und das der Beamtenschaft beeinträchtigt, auf das der zur Durchsetzung seiner Ziele auf Zwangsmaßnahmen weitgehend verzichtende freiheitliche Rechtsstaat in besonderem Maße angewiesen ist, wenn er die ihm gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zweckgerecht erfüllen will. Der Beamte hat sich durch sein Fehlverhalten auch erheblichen Zweifeln an seiner Vertrauenswürdigkeit gegenüber seinem Dienstherrn ausgesetzt. Ein Polizeibeamter, der sich außerhalb des Dienstes eines sexuellen Missbrauchs einer in seiner Obhut stehenden Minderjährigen schuldig gemacht hat, genießt nicht mehr die Achtung und das Vertrauen, das einerseits sowohl die Allgemeinheit und andererseits seine Vorgesetzten und Mitarbeiter in einen Polizeivollzugsbeamten setzen.

Der Beamte hat die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten auch schuldhaft verletzt. Er konnte aufgrund seiner Ausbildung und seiner langen Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter ohne weiteres erkennen, dass er mit der Begehung des sexuellen Missbrauchs seiner jugendlichen Stieftochter auch gegen seine Pflichten aus dem Beamtenverhältnis verstößt. Schuldausschließungsgründe liegen nicht vor. Es sind auch keine Anhaltspunkte für ein Fehlen der Schuldfähigkeit des Beamten ersichtlich.

Der so begründete Vorwurf rechtfertigt auch die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme, nämlich die Entfernung des Beamten aus dem Dienst.

Die Entfernung aus dem Dienst ist regelmäßig auszusprechen, wenn der Beamte durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. nunmehr § 11 Abs. 2 ThürDG). Die Abwägung aller Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Beamten muss ergeben, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zuzumuten ist, mit dem betroffenen Beamten das Beamtenverhältnis fortzusetzen. So liegt es hier.

Bereits der Tatvorwurf, nämlich ein Sittlichkeitsdelikt gegenüber einer im Obhutsverhältnis stehenden Minderjährigen, enthält einen ganz erheblichen Schuldvorwurf und zerstört grundsätzlich das Vertrauensverhältnis zum Beamten. Der strafbare rechts- und sittenwidrige sexuelle Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist in hohem Maße persönlichkeits- und gemeinschaftsschädigend. Der Täter greift in den sittlichen Reifeprozess eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seiner Einordnung in die Gemeinschaft, da ein Kind oder Jugendlicher wegen seiner fehlenden bzw. nicht hinreichenden Reife das Erlebte intellektuell und gefühlsmäßig in der Weise gar nicht oder nur sehr schwer verarbeiten kann. Zugleich benutzt der Täter sein Opfer als Mittel zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs. In der Herabminderung zum bloßen Objekt seines eigenen Sexualverhaltens liegt eine grobe Missachtung der Persönlichkeit des betroffenen Kindes oder Jugendlichen. Der Schutz dieses Personenkreises vor sittlicher Gefährdung ist ein Anliegen, das von der Allgemeinheit

- trotz "Liberalisierung" der gesellschaftlichen Anschauungen auf diesem Gebiet -besonders ernst genommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999

- 1 D 72/97 -, zit. nach juris). Deshalb wird der sexuelle Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen durch einen Beamten in der Vorstellungswelt eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters auch zu einer erheblichen Ansehungsbeeinträchtigung des Beamten, wenn nicht zum völligen Ansehensverlust führen. Dies begründet nicht nur

- wie bereits aufgezeigt - die dienstliche Relevanz eines solchen Fehlverhaltens, sondern ist auch im Rahmen der Maßnahmezumessung erschwerend zu berücksichtigen.

Dieses Eigengewicht der festgestellten Tat und des damit einhergehenden außerdienstlichen Dienstvergehens wird auch nicht durch andere Umstände der Tatbegehung in Frage gestellt. Zwar hat das Amtsgericht in seinem Urteil ausgeführt, dass die Tat sich im unteren Bereich dessen bewegt, was ansonsten in diesem Bereich Gegenstand gerichtlicher Untersuchung wird. Es hat damit aber den Unrechtsgehalt der Tat nicht in Frage gestellt und den Beamten wegen der 1993 begangenen Tat uneingeschränkt, also ohne einen möglicherweise im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigenden minderschweren Fall anzunehmen, nach § 174 Abs. 1 StGB bestraft. Der Beamte hat sich in der häuslichen Schutzsphäre unter Ausnutzung seiner Stellung als Erzieher der minderjährigen Stieftochter mit vollem Bewusstsein dieser Stellung in eindeutiger sexueller Weise genähert. Er hat durch seine Handlung unmittelbar in den Intimbereich seiner Stieftochter eingegriffen. Allein der Umstand, dass er freiwillig von weiteren sexuellen Handlungen abgelassen hat, als er den Unwillen seiner Stieftochter verspürte, vermag den bereits erfolgten Eingriff in die sexuelle Integrität des Opfers nicht in Frage zu stellen. Ausgehend von den verbindlichen Feststellungen des Amtsgerichts ist bei der betroffenen Stieftochter eine nachhaltige psychische Beeinträchtigung eingetreten. Es ist auch nicht erkennbar, dass unter Berücksichtigung des Verhaltens der Schutzbefohlenen das Unrecht der Tat gering ist. Sie hat nicht durch ihr Verhalten die Tat des Beamten in irgendeiner Weise veranlasst. Das Amtsgericht hat ein solches - frühreifes oder provozierendes - Verhalten nicht festgestellt, so dass es auch nicht die Möglichkeit in Erwägung gezogen hat, nach § 174 Abs. 4 StGB von Strafe abzusehen.

Die Schwere der Tat wird auch nicht durch andere Milderungsgründe disziplinarisch relativiert. So liegt keine einmalige, persönlichkeitsfremde Augenblickstat des Beamten vor. Voraussetzung für die Annahme dieses Milderungsgrundes wäre eine plötzlich entstandene Versuchungssituation, in der der Beamte situationsbedingt versagt hat (BVerwG, Urteil vom 15. März 1994 - 1 D 19.93 -, BVerwG DokBer B 1994, 287). Umstände einer solchen besonderen Versuchungssituation sind nicht erkennbar. Die Tat stellt sich vielmehr im Zusammenhang mit der weiteren vom Strafgericht verurteilten Tat gerade nicht als unerklärliche Einzeltat des Beamten dar. Er hat zum wiederholten Mal die sexuelle Integrität seiner Stieftochter verletzt. Dieser Umstand ist in der Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Beamten ebenfalls negativ zu gewichten.

Maßgebliche Bedeutung für die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahmen kommt der Stellung des Beamten als Polizeibeamten zu. Regelmäßig sind bei der Disziplinarzumessung die dem Beamten obliegenden spezifischen Pflichten zu berücksichtigen. Wie bereits dargestellt, gehören zu den einem Polizeibeamten obliegenden spezifischen Amtspflichten als Kernpflicht die Verhinderung und die Verfolgung von Straftaten. Angesichts dieser spezifischen Amtspflichten erschüttert eine außerdienstliche Straftat im besonderen Maße das Vertrauen der Verwaltung in die Integrität eines Polizeivollzugsbeamten. Auch die Allgemeinheit hegt nach wie vor gegenüber Polizeivollzugsbeamten in noch größerem Maße als gegenüber mit sonstigen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betrauten Beamten die Erwartung, diese würden, ob nun außerdienstlich oder innerdienstlich, selbst keine Straftaten begehen. Gerade der in besonderer Weise an Gesetz und Recht gebundene Polizeibeamte, der im Kernbereich hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung der Eingriffsverwaltung tätig und befugt ist, für den jeweils Betroffenen empfindliche Zwangsmittel anzuordnen, ist auf das besondere Vertrauen der Bevölkerung angewiesen. Die Integrität der Polizei im öffentlichen Erscheinungsbild erfordert eine besondere Zuverlässigkeit des jeweiligen Beamten und ein uneingeschränktes Einstehen für die einschlägigen Gesetze und Rechtsvorschriften. Angesichts dessen muss ein Polizeibeamter, der durch die Begehung einer Straftat gerade das tut, was zu verhindern oder wenigstens anzuzeigen zu den spezifischen Aufgaben seines Amtes gehört, im Regelfall aus dem Dienst entfernt werden (vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 25. Februar 2004 - D 6 B 323/03 -, a. a. O., m. w. N.)

Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als der Beamte als Vorgesetzter in besonderer Weise Vorbildfunktion zu erfüllen hatte. Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Beamte aus seiner jahrelangen Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen in besonderer Weise um die Schwere seiner Tat wissen musste. Der Beamte hat zwar nicht - wie dies das Verwaltungsgericht wohl missverständlich annahm - vor allem in Sittlichkeitsdelikten ermittelt; er hat aber in einem Bereich gearbeitet, in dem er jahrelang mit Kindern und Jugendlichen als Betroffenen von Straftaten beschäftigt war, und um die Gefährdung ihrer Entwicklung gerade durch Sittlichkeitsdelikte gewusst. Dass er trotz dieser Kenntnis sich an seiner minderjährigen Stieftochter vergangen hat, wiegt umso schwerer.

Der Beamte kann auch nicht seine zwischenzeitliche Wiederbeschäftigung mildernd geltend machen. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt, dass sich die vorübergehende Weiterbeschäftigung des Beamten nach Aufdeckung des Dienstvergehens nicht maßnahmemildernd auswirkt, da die Frage der weiteren Tragbarkeit des Beamten von den Disziplinargerichten zu beurteilen ist und die Weiterbeschäftigung auf Gründen - wie hier fiskalischer Art - beruhen kann, die disziplinarrechtlich nicht von Bedeutung sind (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1996 - 1 D 72.95 -, NJW 1997, 1719). Der eingetretene Vertrauensverlust wird dadurch nicht nachträglich beseitigt.

Auch die Tatsache, dass dem Beamten eine im Polizeivollzugsdienst bislang gute Arbeit bescheinigt wird, kann nicht als Milderungsgrund berücksichtigt werden. Denn von jedem Angehörigen des öffentlichen Dienstes wird erwartet, dass er beanstandungsfreie dienstliche Leistungen erbringt (BVerwG, Urteil vom 8. September 1997 - 1 D 32.96 -, zitiert nach Juris). Dies gilt auch für den Umstand, dass der Beamte bislang nicht disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist bzw. in seiner strafrechtlichen Bewährungszeit unbeanstandet geblieben ist.

Der Ausspruch einer milderen Disziplinarmaßnahme ist auch nicht durch die Dauer des Disziplinarverfahrens gerechtfertigt. Die Disziplinarmaßnahme der Entfernung des Beamten aus dem Dienst knüpft daran an, dass das Vertrauensverhältnis zu dem Beamten zerstört ist. Die Dauer des Verfahrens ist kein Umstand, der zu der Beurteilung führen könnte, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten bestehen geblieben ist. Wenn aber die Vertrauensgrundlage zerstört ist, bleibt hinsichtlich der Disziplinarmaßnahme für die Berücksichtigung der Dauer des Disziplinarverfahrens kein Raum. Die Entfernung aus dem Dienst ist in diesem Fall die einzig mögliche Entscheidung, die dem Zweck des Disziplinarrechts gerecht wird, die Integrität des Berufsbeamtentums zu wahren und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1998 - 1 D 12/97 -a. a. O., m. w. N.).

Der Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme steht auch nicht die vom Beamten angeführte Rechtsprechung entgegen. Eine Vergleichbarkeit besteht in der Würdigung des Dienstvergehens und der Gesamtpersönlichkeit zum vorliegenden Fall gerade nicht. Zum einen betrifft keiner dieser Fälle einen Polizeibeamten, zum anderen liegen - anders als im vorliegenden Fall - einmalige Augenblickstaten vor, in denen zum Teil das Verhalten der Betroffenen (Mit-)Ursache der Tat war.

Die Entfernung des Beamten aus dem Dienst verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei kommt es nicht auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Angeschuldigten an. In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die dementsprechend verhängte Maßnahme. Hat ein Beamter - wie hier - durch ihm vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, dann ist seine Entfernung aus dem Dienst die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig; sie beruht vielmehr auf ihm zurechenbarem Verhalten (BVerwG, Urteile vom 5. Oktober 1994 - 1 D 23.94 -; und vom 17. April 1996 - 1 D 54.95 -, zitiert nach juris, jeweils m. w. N.).

Auch die Strafzumessung des Amtsgerichts verhindert nicht die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme. Das Amtsgericht hat nach den Gründen des Urteils allein wegen des hier noch streitgegenständlichen Tatvorwurfs auf eine Freiheitsstrafe in Höhe von 6 Monaten erkannt. In Tatmehrheit mit der in den achtziger Jahren begangenen Tat, für die das Strafgericht ebenfalls auf eine sechsmonatige Freiheitsstrafe erkannt hat, hat es dann eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten gebildet. Die im Strafverfahren ausgesprochene Strafe ist für das Disziplinarmaß nicht präjudiziell, da das Fehlverhalten des Beamten strafrechtlich und disziplinarrechtlich unterschiedliche Bedeutung hat. Die strafrechtliche Verurteilung des Beamten steht der Verhängung der Disziplinarmaßnahme nicht entgegen. Strafrecht und Disziplinarrecht unterscheiden sich in ihren Zielen grundsätzlich. Im Unterschied zum Strafrecht ist ausschließlicher Zweck des Disziplinarrechts, das Vertrauen in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 72.97 -, a. a. O.).

Gemäß § 77 Abs. 1 BDO war dem Beamten ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 % seines erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von 12 Monaten zu gewähren. Eine zum Nachteil des Beamten gehende Veränderung ist dem Senat verwehrt (§ 80 Abs. 4 BDO). Eine Verlängerung des Übergangszeitraums auf über 12 Monate war nicht angezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 116 Abs. 1, 114 Abs. 1 Satz 1, 115 Abs. 1 BDO.

Ende der Entscheidung

Zurück