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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 8 DO 584/07
Rechtsgebiete: AGG, BSchutzG, ThürBG, ThürDO


Vorschriften:

AGG § 33 Abs. 1
BSchutzG § 2 Abs. 2 Nr. 2
ThürBG § 81 Abs. 1 S. 1 a. F.
ThürBG § 57 S. 3 a. F.
ThürDO § 10 Abs. 4
ThürDO § 11 Abs. 2
ThürDO § 22 Abs. 1 S. 3
ThürDO § 25 Abs. 1
ThürDO § 26
ThürDO § 27 Abs. 3
ThürDO § 30 Abs. 4
ThürDO § 36
ThürDO § 50 Abs. 1 S. 3
ThürDO § 51 Abs. 2 S. 1
ThürDO § 55 Abs. 3
ThürDO § 60 Abs. 4 S. 3
Aus der aktenkundigen disziplinarrechtlichen Einleitungsverfügung des zuständigen Vorgesetzten muss sich hinreichend deutlich ergeben, dass gegen den Beamten tatsächlich ein Disziplinarverfahren begonnen werden soll.

Nur wenn die Klageschrift geeignet ist, die gesetzlichen Anforderungen des § 50 Abs. 1 ThürDG zu erfüllen, ermöglicht § 27 Abs. 3 ThürDG eine nicht vollständige Ermittlung des Sachverhalts und ein Absehen von der Schlussanhörung des Beamten.

Die Klageschrift selbst muss alle für eine Entscheidung des Disziplinargerichts bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel aufführen. Dazu sind die Erkenntnisse darzulegen, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine ausschließlich durch das Gericht zu verhängende Disziplinarmaßnahme ergeben. Erforderlich ist insoweit, dass hinsichtlich der wesentlichen Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, die Ermittlungen abgeschlossen sind oder die Tatsachen entweder unstreitig sind bzw. anhand der bisherigen Ermittlungen bewiesen oder jedenfalls unter Beweis gestellt werden können. Einlassungen des Beamten, die für die Ahndung eines Vergehens relevant sein können, muss nachgegangen worden sein.

Die Verletzung der Rechte des Beamten, im behördlichen Disziplinarverfahren an der Vernehmung von Zeugen teilzunehmen (§ 30 Abs. 4 ThürDG), kann durch die ordnungsgemäße Vernehmung der Zeugen im gerichtlichen Verfahren geheilt werden, ohne dass es der Zurückverweisung des Verfahrens zur Mängelheilung an die Disziplinarbehörde bedarf.

Die Nichtbeachtung des Beschleunigungsgrundsatzes führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Disziplinarverfahrens.

Einzelfall: Aberkennung des Ruhegehalts nach mehreren sexuellen Belästigungen von Studentinnen und einer Verwaltungsangestellten durch einen inzwischen pensionierten Professor einer Musikhochschule.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 8. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

8 DO 584/07

In dem Disziplinarverfahren

wegen Disziplinarrechts der Landesbeamten, hier: Berufung im Disziplinarverfahren

hat der 8. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Lindner, die Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe und Dr. Hinkel aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

1. Der am ... geborene Beklagte war seit dem 1. Januar 1975 hauptberuflich als Dozent im Fach ... an der Hochschule für Musik ... , ... , (im Folgenden: Hochschule) beschäftigt. Am 19. Februar 1993 ernannte ihn der Kläger zum Professor an einer Kunsthochschule unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe und berief ihn am 8. Dezember 1993 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.

Mit Bescheid vom 5. Mai 2003 enthob der Kläger den Beklagten vorläufig seines Dienstes.

Der Beklagte ist mit Ablauf des 30. April 2006 in den Ruhestand getreten.

2. Der Beklagte ist verheiratet und hat drei in den Jahren 1974, 1978 und 1980 geborene Kinder, die er nicht mehr unterhält.

Nach seinen Angaben bezieht der Beklagte monatlich eine Rente von ca. 1.000,00 € und Versorgungsbezüge vom Freistaat in Höhe von 900,00 €. Seine Ehefrau verfügt über ein eigenes Einkommen von ca. 1.600,00 € monatlich. Gemeinsam mit seiner Ehefrau ist er Eigentümer eines Einfamilienhauses, worauf monatliche Zins- und Tilgungsraten für einen Baukredit in Höhe von 1.300,00 € abzutragen sind.

3. Strafrechtliche oder disziplinarrechtliche Vorbelastungen des Beklagten sind nicht bekannt.

4. Aufgrund von Informationen von Mitarbeitern und Studentinnen über Belästigungen durch den Beklagten bat der Rektor der Hochschule mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 den Kanzler der Hochschule in dieser Sache Ermittlungen durchzuführen. Der Kanzler lud noch am gleichen Tag als Ermittlungsführer zwei Studentinnen, eine Verwaltungsangestellte sowie eine weitere Angehörige der Hochschule zur Zeugenvernehmung am 12. und 13. Dezember 2002 ein.

Nach dem vom Ermittlungsführer und der Schriftführerin unterzeichneten Protokoll gab dabei die Zeugin W im Wesentlichen an, dass der Beklagte ihr als Studentin gegenüber seit dem Sommersemester 2002 in Form von zweideutigen Äußerungen und körperlicher Annäherungen zudringlich geworden sei. Im Wintersemester 2002/2003 sei dies massiver geworden. Am 18. November 2002 habe der Beklagte ihr seine Hand auf die Brust gelegt und anzügliche Andeutungen gemacht. Am 28. November 2002 habe er sich ihr in einer Unterrichtsstunde körperlich genähert und gegen ihren Willen einen Kuss auf die rechte Wange gegeben. Der Beklagte habe, angesprochen auf diese Ereignisse, sie ins Lächerliche gezogen. Die Zeugin S gab an, dass sie seit Beginn ihres Studiums vor dem Verhalten des Beklagten gewarnt worden sei. Es habe dann auch immer wieder zweideutige Anmerkungen von ihm ihr gegenüber gegeben. Der Unterricht an der ... bedinge eine körperliche Begegnung zwischen dem Dozenten und der Studentin; der Beklagte habe dabei aber das unbedingt notwendige Maß überschritten. So habe er ihr Haar ohne Notwendigkeit zur Seite geschoben. Er habe sie umarmt und ihre Hüfte umfasst. Die Zeugin H gab an, dass sich der Beklagte ihr als Verwaltungsmitarbeiterin im Sekretariat in zudringlicher Form genähert habe. So habe er es im Zeitraum vom 21. bis 25. Mai 2002 ausgenutzt, dass sie im Sekretariat habe alleine arbeiten müssen. Er habe ihre Schultern massiert und Komplimente gemacht. Am 25. Mai 2002 habe er ihr trotz ihrer abwehrenden Körperhaltung einen Kuss auf die Wange gegeben. Der Beklagte habe auch in der Folge Zeiten, in denen sie alleine im Büro gewesen sei, ausgenutzt, um sich ihr anzunähern. Alle vernommenen Zeuginnen gaben an, dass sie davon gehört hätten, dass der Beklagte gegenüber Schülerinnen und Studentinnen in der Vergangenheit zudringlich aufgetreten sei. Wegen weiterer Einzelheiten der Zeugenvernehmungen wird auf die Protokolle Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2002 teilte der Kanzler dem Beklagten mit, dass der Rektor gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und er zum Ermittlungsführer bestellt worden sei. Ihm werde vorgeworfen, zwei Studentinnen und eine Verwaltungsmitarbeiterin sexuell belästigt zu haben. Dies begründe den Verdacht eines Dienstvergehens. Er erhalte Gelegenheit zur Äußerung. Daraufhin bestellte sich für den Beklagten am 19. Dezember 2002 sein Verfahrensbevollmächtigter und beantragte Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 übersandte der Ermittlungsführer dem Bevollmächtigten eine Kopie des Inhalts der Ermittlungsakte.

In einem Gespräch noch am 16. Dezember 2002 äußerte sich der Beklagte gegenüber dem Rektor zu den Vorwürfen dahingehend, dass die ihm vorgeworfenen Handlungen nicht willentlich geschehen seien. Ihm sei lediglich die Hand "ausgerutscht".

Der Rektor der Hochschule verbot mit Bescheid vom 17. Dezember 2002 dem Beklagten die Führung der Dienstgeschäfte. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch des Beklagten half der Rektor nicht ab und legte ihn dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst vor. Dieses ordnete unter dem 7. Januar 2003 die sofortige Vollziehung des Verbots an. Weiterhin ordnete es eine amtsärztliche Untersuchung des Beklagten an, wogegen er sich in der Folge gerichtlich wehrte (VG Weimar, Az. 4 K 469/03.We).

In einem ebenfalls am 7. Januar 2003 beim Kanzler der Hochschule eingegangenen Schreiben äußerten sich Studenten und Studentinnen der Klasse des Beklagten dahingehend, dass dieser ein künstlerisch wie menschlich hervorragender Lehrer sei.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2003 an den Rektor der Hochschule zog das Ministerium das Disziplinarverfahren an sich. Daraufhin übermittelten der Kanzler und der Rektor der obersten Dienstbehörde mit Schreiben vom 27. Januar 2003 einen Ergebnisbericht zu den Ermittlungen.

Mit Schreiben vom 28. März 2003 erhielt der Beklagte die Gelegenheit, sich zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und zur Einbehaltung von Dienstbezügen zu äußern.

Am 8. April 2003 wurde Regierungsrätin G zur Ermittlungsführerin bestellt, die mit Votum vom 3. Juni 2003 auf Grundlage der Ermittlungen der Hochschule vorschlug, die Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen, zu erheben.

Bereits zuvor mit Bescheid vom 5. Mai 2003 enthob das Ministerium den Beklagten vorläufig seines Dienstes und ordnete an, 50 % seiner monatlichen Dienstbezüge einzubehalten. Den dagegen eingelegten Rechtsbehelf lehnte das Verwaltungsgericht Meiningen mit Beschluss vom 30. Januar 2004 ab (Az. 6 D 60010/03.Me). Die Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 26. April 2006 zurück (Az. 8 DO 102/04).

5. Am 13. Juni 2003 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Meiningen Disziplinarklage, die dem Bevollmächtigten des Beklagten am 25. Juni 2003 unter Hinweis auf die Frist des § 51 Abs. 1 Satz 1 ThürDG zugestellt worden ist.

Der Kläger hat vorgetragen, dass die Ermittlungen folgenden Sachverhalt ergeben hätten:

Der Beklagte habe der Zeugin W Einzelunterricht im Hauptfach " ... " erteilt. Im Sommersemester 2002 habe er sich seiner Studentin über das normale Lehrer-Schüler-Verhältnis hinaus durch unangemessene Äußerungen (z. B.: "Liebst du deinen Freund nicht mehr?") bzw. durch Arm umlegen genähert. Im Wintersemester des Jahres seien die Belästigungen intensiver geworden. Am 13. November 2002 habe die Zeugin den Unterricht "verschlafen", eine telefonische Entschuldigung sei aus terminlichen Gründen nicht erfolgt. Am 18. November 2002 habe sie ihren ganzen Mut zusammengefasst und habe in das Unterrichtszimmer des Beklagten gehen wollen, um einen neuen Unterrichtstermin zu vereinbaren. Auf ihrem Weg dorthin habe sie den Beklagten auf dem Flur getroffen. Er sei mit der Bemerkung: "Schön, dass du da bist" um sie herum gegangen und habe eine Hand auf ihre Brust gelegt. In dieser Position verharrend seien sie bis in sein Unterrichtszimmer gegangen. Erst dort habe er den Griff von der Brust der Zeugin gelöst. Nach der Terminvereinbarung habe der Beklagte das Zimmer verlassen.

Nachdem auch die Zeugin das Zimmer verlassen gehabt habe, sei sie auf dem Flur erneut auf den Beklagten getroffen. Sie habe ihn auf die Annäherung angesprochen. Der Beklagte habe ganz erstaunt gefragt, ob sie die Berührungen nicht schön gefunden habe. Die Studentin habe ihm geantwortet, die Berührung als unangenehm empfunden zu haben. Der Beklagte habe darauf erwidert, er könne dies nicht verstehen, er habe sich doch nur Sorgen gemacht. Er habe die Umarmung als angenehm empfunden und damit lediglich seiner Freude darüber Ausdruck verleihen wollen, dass es ihr gut gehe. Am 28. November 2002 sei der Hauptfachunterricht für die Zeugin nachgeholt worden. Zu diesem Unterricht sei sie in einem knielangen Rock mit blickdichter Strumpfhose erschienen. Der Beklagte habe das Zimmer mit den Worten betreten: "Das ist aber kalt heute, soll ich dir mal an die Brust fassen?" Die Studentin habe abweisend reagiert. Während des Unterrichts habe der Beklagte angemerkt, der Rock der Studentin sei noch viel zu lang. Unter Hinweis darauf, dass sich eine solche Anmerkung nicht gehöre, habe die Studentin gehofft, ihren Unterricht ungestört fortsetzen zu können. Während ihres Spieles sei der Beklagte um die Studentin herum gegangen und habe versucht, eine Falte ihres Rockes glatt zu ziehen. Auf Nachfrage, was dies solle, habe der Beklagte geantwortet, er wolle nur, dass der Rock ordentlich aussehe. Die Studentin habe erwidert, der Rock sei ordentlich. Zwischenzeitlich sei sie so verunsichert gewesen, dass ihr beim Spiel Fehler unterlaufen seien. Dies habe der Beklagte ausgenutzt, um zu ihr zu treten und um die ... zu bitten. Dabei habe er sich körperlich an die Studentin gelehnt, ihr seinen linken Arm um die Schulter gelegt und die ... entwunden. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beklagte hinter ihr gestanden und seinen halben Körper an die Zeugin gelehnt. Er sei ihr dabei mit seinem Gesicht sehr nah gekommen und habe diese Nähe genutzt, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Dies habe die Studentin als sehr ekelhaft empfunden, sodass sie der Gedanke daran noch heute schüttele. Als die Zeugin den Beklagten gebeten habe, ihr die ... wiederzugeben, habe der Beklagte sie festgehalten, dabei habe er den linken Arm noch um ihre Hüfte gelegt. Die Studentin habe versucht, ihm die ... zu entwinden. Nachdem die Zeugin gebeten habe, mit dem Unterricht fortzufahren, habe ihr der Beklagte die ... zurückgegeben. Danach habe er versucht, die Situation mit der Bemerkung "Du bist mir ja eine" ins Lächerliche zu ziehen. In dem darauffolgenden Gespräch zwischen dem Beklagten und der Studentin sei es um Männerfreundschaft gegangen. Sie habe gesagt, dass sie zurzeit keinen Freund habe und im Moment genug von Männern hätte. Der Beklagte habe daraufhin gefragt, ob er ihr denn nicht helfen solle, den Spaß an Männern wiederzufinden. Die Zeugin habe den Beklagten in irritierter Weise angeschaut, woraufhin dieser versucht habe, das Geschehene mit den Worten: "Das war ein Spaß" und er müsse "doch seinem Ruf gerecht werden" ins Lächerliche zu ziehen.

Im Wintersemester 2002/03 habe sich der Beklagte einer weiteren Zeugin, der Studentin S , ebenfalls intensiver genähert. So habe er die Studentin in einer Einzelunterrichtsstunde z. B. von hinten umarmt und sie um die Hüfte gefasst. Anschließend habe er ihr einen Schlag auf das Gesäß versetzt. Nach diesem Vorfall habe sich die Studentin für die restlichen Unterrichtsstunden innerlich zurückgezogen und sich äußerlich sehr reserviert gegenüber dem Beklagten verhalten.

Der Beklagte habe auch die Sekretärin H belästigt. Die Zeugin sei in der Woche vom 21. bis 25. Mai 2002 allein im Dekanatssekretariat im Fachbereich der Hochschule gewesen. In dieser Zeit sei der Beklagte oft in ihrem Büro erschienen und habe begonnen, sich ihr zu nähern. Er sei z.B. von hinten an sie herangetreten und habe ihre Schultern massiert. Diese Berührungen seien der Zeugin sehr peinlich gewesen. Am 25. Mai 2002 habe der Beklagte wieder hinter der Zeugin gestanden.

Sie habe sich daraufhin am Schreibtisch ganz klein gemacht und die Arme vor der Brust verschränkt, um sich vor Berührungen zu schützen. Der Beklagte habe dann doch eine Kopfbewegung von der Zeugin ausgenutzt und ihr einen Kuss auf die linke Wange gegeben. Sie habe dies als ganz ekelhaft empfunden. In der folgenden Woche sei die Kollegin, mit der die Zeugin das Büro geteilt habe, wieder zurückgewesen. Der Beklagte sei wiederholt in das Büro gekommen und habe dabei versucht, Zeiten abzupassen, zu denen die Kollegin gewöhnlich noch nicht gearbeitet habe. Um weitere Annäherungen zu verhindern, habe sich die Zeugin hinter dem Schreibtisch verbarrikadiert. Sie habe die Schreibtischschubladen herausgezogen und einen Stuhl daneben gestellt, sodass der Beklagte ihr nicht habe zu nahe kommen können, ohne diese Hindernisse zu überwinden. Die Zeugin habe kaum etwas gesagt, als der Beklagte sich im Büro befunden habe. Der Beklagte habe darauf hin versucht, alles ins Lächerliche zu ziehen, indem er ihr mehrfach zugerufen habe: "Frau H hat ja heute schlechte Laune".

Nach den glaubhaften Aussagen der im Disziplinarverfahren vernommenen Zeuginnen sei erwiesen, dass der Beklagte zum einen gegen das Beschäftigungsschutzgesetz verstoßen und zum anderen seine Pflicht zu achtungswürdigem Verhalten verletzt habe.

Der Beklagte sei aus dem Dienst zu entfernen, weil er in gravierender Weise gegen diese Pflichten verstoßen habe. Durch die sexuelle Belästigung der Zeugin H habe er sein Ansehen als Professor und das der Beamtenschaft in hohem Maße beeinträchtigt, nachhaltig den Dienstfrieden gestört und in schwerwiegender Weise die Würde und Ehre der Betroffenen verletzt. Es sei unzumutbar und entwürdigend, dass die Zeugin H am Arbeitsplatz "Sicherheitsvorkehrungen" habe treffen müssen, um so sexuell motivierten Übergriffen durch den Beklagten entgegenzuwirken. In Bezug auf die sexuelle Belästigung der beiden Studentinnen belaste ihn besonders, dass er das Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnis zwischen Hochschullehrer und Studentin für seine unlauteren Zwecke ausgenutzt habe. Dieses Abhängigkeitsverhältnis zeichne sich bei Professoren der Musikhochschule insbesondere durch eine persönliche "Schüler-Meister-Bindung" über die gesamte Studienzeit von 4 Jahren aus.

Erschwerend komme hinzu, dass der Beklagte seine sexuell motivierten verbalen und körperlichen Annäherungen sowie die Abwehrreaktionen der Zeuginnen ins Lächerliche gezogen habe. Auch könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der subjektive individuelle Schaden, den seine Übergriffe bei den Betroffenen angerichtet hätten, noch fortwirke. Eine weitere Konsequenz seines Verhaltens sei, dass sein Ansehen und seine Autorität als Hochschulprofessor durch die Bekanntheit seiner unsittlichen Verhaltensweisen an der Hochschule stark beschädigt sei und dies für die Hochschule äußerst rufschädigend wirke. Das Vertrauen des Dienstherrn in ihn sei deshalb endgültig zerstört. Für den Dienstherrn sei es unmöglich geworden, dem Beklagten weiterhin Studierende zur Ausbildung anzuvertrauen.

Der Kläger hat zunächst angekündigt, zu beantragen, den Disziplinarbeklagten aus dem Dienst zu entfernen. Nachdem der Beklagte mit Ablauf des 30. April 2006 in den Ruhestand getreten ist, hat er beantragt,

das Ruhegehalt des Beklagten abzuerkennen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Disziplinarklage abzuweisen.

Das Disziplinarverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden. Die rechtswirksame Einleitung eines Disziplinarverfahrens setze voraus, dass bereits in der Einleitungsverfügung gegenüber dem Beamten der Sachverhalt bezeichnet werde, der nach Meinung der Einleitungsbehörde den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertige. Vorliegend existiere keine ihm gegenüber erlassene Einleitungsverfügung. Der Kanzler der Hochschule sei lediglich mit Schreiben des Rektors vom 12. Dezember 2002 gebeten worden, Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts eines Dienstvergehens durchzuführen. Dieses Schreiben stelle schon seinem Inhalt nach keine ordnungsgemäße Einleitungsverfügung dar und sei ihm zudem auch nicht zugesandt worden.

Es seien auch nicht die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendigen Ermittlungen durchgeführt worden. Eine Ermittlungstätigkeit in Bezug auf die ihn belastenden, ihn entlastenden und für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände sei nicht erfolgt. Der Kanzler habe lediglich Protokollabschriften über angeblich von ihm am 12. und 13. Dezember 2002 geführte Gespräche erstellt. Diese Gespräche stellten jedoch keine Ermittlungstätigkeit dar. Sollte es sich bei den Gesprächen gleichwohl um Beweiserhebungen gehandelt haben, seien die Zeugenvernehmungen nicht ordnungsgemäß protokolliert. Ihm sei weder Gelegenheit gegeben worden, bei diesen Gesprächen anwesend zu sein, noch sachdienliche Fragen zu stellen. Auch sei er nicht ordnungsgemäß über das Ergebnis der vermeintlichen Beweisaufnahme unterrichtet worden.

Er sei im Verfahren nicht ordnungsgemäß angehört worden. Ihm sei keine Gelegenheit zur Äußerung nach § 26 ThürDG vor Erhebung der Disziplinarklage gegeben worden. Die Disziplinarklage selbst sei entgegen der Bestimmung des § 27 Abs. 3 Satz 1 ThürDG nicht unverzüglich erhoben worden. Nach dem Dezember 2002 seien keine weiteren behördlichen Ermittlungen mehr durchgeführt worden. Die Klage sei jedoch erst mit Schriftsatz vom 11. Juni 2003 erhoben worden.

Den Inhalt seines Gesprächs mit dem Rektor am 16. Dezember 2002 bestreite er mit Nichtwissen. Er habe sich zum damaligen Zeitpunkt in einem psychischen Ausnahmezustand befunden, sodass er sich nicht mehr an den vollständigen Inhalt des Gespräches im Dienstzimmer des Rektors erinnern könne. Er habe sich an diesem Tag in die Hochschule begeben, um ein ärztliches Attest zu seiner ab diesem Tage bestehenden Arbeitsunfähigkeit abzugeben. Er sei bei dieser Gelegenheit im Flur der Hochschule vom Rektor und vom Kanzler "abgefangen", in das Büro des Rektors geführt, mit den Vorwürfen sowie den daraus drohenden Konsequenzen konfrontiert und ohne vorherige Belehrung zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert worden. Schon wegen der fehlenden Belehrung und wegen seines Gesundheitszustandes seien seine in diesem Gespräch getätigten Aussagen nicht verwertbar. Ein in der Klageschrift festgestellter Sachverhalt existiere mangels verwertbarer Zeugenvernehmungen, Protokolle oder sonstiger erkennbarer Ermittlungsergebnisse nicht. Folgerichtig könne sich mangels irgendwelcher Ermittlungen auch kein Sachverhalt aus diesen Ermittlungen ergeben. Der Kläger stütze seine Disziplinarklage allein auf nicht nachvollziehbare oder gar beweisbare Behauptungen, die im Wesentlichen unzutreffend und ansonsten sinnentstellt wiedergegeben worden seien.

Falsch sei die Behauptung, dass er sich im Sommersemester 2002 der Zeugin W mit unangemessenen Äußerungen und körperlichen Berührungen in einer über das normale Lehrer-Schüler-Verhältnis hinausgehenden Art und Weise genähert habe. Er habe die Studentin bereits seit dem Jahr 2000 im Hauptfach " ... " unterrichtet. Vor Aufnahme ihres Studiums habe die Studentin das ... in ... besucht und sei dort zuletzt von Professor ... unterrichtet worden. Sie habe nach Bestehen der Aufnahmeprüfung ausdrücklich darauf bestanden, den Hauptfachunterricht bei ihm zu erhalten. In diesem Zusammenhang sei die Studentin ihm von ihrem früheren Lehrer als ausgesprochen schwierige, launenhafte und zum Teil unfreundliche Persönlichkeit geschildert worden, die ihm als Schülerin erhebliche Probleme bereitet hätte. In diesem Sinne habe er dann auch die Zeugin kennengelernt. Es sei ihm erst im Laufe der Zeit gelungen, ihre Launenhaftigkeit abzuschwächen und damit eine ausreichende Grundlage für die gemeinsame künstlerische Arbeit herbeizuführen. Ansonsten habe er sie als eine selbstbewusste, junge Frau kennengelernt, die sich ihm gegenüber jedoch zunehmend im Ton vergriffen habe und auch von ihrer sonstigen Umgebung als arrogant und überheblich wahrgenommen worden sei. Ihm gegenüber habe sich die Zeugin in zunehmendem Maße vertraulich gezeigt, ohne dass dies von ihm in irgendeiner Weise initiiert oder gefördert worden wäre. Ganz im Gegenteil habe er sich gegenüber der Studentin immer dann reserviert gezeigt, wenn ihm deren Vertraulichkeiten zu plump oder anzüglich erschienen seien. Beispielsweise habe er sie im 5. Semester auf einen deutlichen Leistungsabfall angesprochen, worauf sie ihm mitgeteilt habe, ihre Schwester sei von ihrem Stiefvater sexuell missbraucht worden und befände sich deshalb in stationärer psychiatrischer Behandlung, was sie selbst wiederum erheblich belaste. In diesem Zusammenhang habe die Studentin weiterhin angedeutet, dass sie ebenfalls wegen vergleichbarer Probleme psychologisch betreut werde. Er habe das Gespräch dann nicht durch weiteres Nachfragen vertieft. Gegen Ende des Sommersemesters 2002 habe die Studentin ihm gegenüber ihr zunehmend schwieriges Verhältnis zu ihrem Klavierbegleiter geschildert, der sich in sie verliebt hätte, was sie ausgesprochen nerve und weshalb sie wechseln wolle. Weiterhin habe die Studentin ihm eingehend vom Verlauf ihres ... kurses in Slowenien berichtet, dort habe sich einer der leitenden Konzertmeister in sie verliebt. Sie habe gesagt, es hätte "gefunkt" und der Konzertmeister werde sie besuchen kommen. Derartige Begebenheiten habe die Zeugin ihm gegenüber immer von sich aus berichtet, ohne dass er sie hierzu aufgefordert oder in sonstiger Weise ermutigt habe. Zu einem ... kurs habe die Zeugin ihm auch Fotos gezeigt, unter welchen sich dann "ganz zufällig" auch 2 Bilder befunden hätten, auf denen sie und eine Freundin sehr spärlich bekleidet im G zu sehen gewesen seien. Noch kurz vor Beginn des Wintersemesters 2002/03 habe er von der Zeugin eine Ansichtskarte aus Athen erhalten. Schon dass sie ihm eine Urlaubskarte geschickt habe, lasse kaum die Vermutung zu, er habe sie im vorangegangenen Sommersemester verbal oder körperlich belästigt.

Das Wintersemester 2002/03 habe die Studentin 1 Woche verspätet begonnen. Im Hinblick auf die Vergabe der Unterrichtszeiten habe sie sich ihm gegenüber ausgesprochen ungehalten gezeigt, dass er ihr nur noch Unterrichtszeiten am frühen Morgen habe anbieten können. Die in der Klageschrift enthaltene Angabe, wonach die Studentin den Unterrichtstermin bei ihm am 13. November 2002 "verschlafen" habe, sei unzutreffend. Vielmehr sei die Studentin am 20. November 2002 um 8.45 Uhr zum Unterricht bestellt worden und zu diesem Termin ohne Entschuldigung nicht erschienen. Sie habe sich dann erst in der Woche darauf wieder bei ihm gemeldet. Das Zusammentreffen auf dem Flur habe entgegen der Angabe in der Klageschrift auch nicht am 18. November 2002, sondern am 25. November 2002 stattgefunden. Er habe die Studentin auf dem Flur in der Höhe des "Harfenzimmers", bei welchem es sich um das Nachbarzimmer zu seinem Dienstzimmer handele, getroffen. Die Entfernung zur Tür seines Dienstzimmers betrage ca. 5 m. Der Flur werde ständig von Studenten und sonstigen Hochschulangehörigen begangen, da sich fast alle Streicherzimmer auf dieser Etage befänden. Die Darstellung in der Klageschrift, wonach er anlässlich dieser Begegnung die Studentin von hinten umfasst und ihr seine Hand auf die Brust gelegt habe, um dann in dieser Position verharrend mit ihr über den Flur in sein Unterrichtszimmer zu gehen, erscheine schon bei natürlicher Betrachtung mehr als absurd. Selbst wenn er tatsächlich die Absicht gehabt hätte, der Studentin an die Brust zu fassen, hätte er damit naheliegenderweise warten können, bis sich beide alleine in seinem Dienstzimmer befunden hätten und nicht ausgerechnet den belebten Flur als Ort für eine solchermaßen intime körperliche Annäherung gewählt. Auch erscheine es kaum vorstellbar, dass sein angeblicher Griff in einem solchen Maße zupackend gewesen sein sollte, dass es der Zeugin nicht möglich gewesen wäre, sich ihm zu entziehen. Richtig sei jedoch, dass er anlässlich des Zusammentreffens mit der Studentin am 25. November 2002 mit seiner linken Hand deren Schulter berührt habe, um diese damit sanft in Richtung seines Zimmers zu dirigieren. Allein auf Grund einer abrupten Drehung der Studentin habe seine Hand tatsächlich deren Brust gestreift. Es habe sich dabei jedoch um eine völlig unbeabsichtigte Berührung gehandelt, die auch nur wenige Sekundenbruchteile angedauert habe. Gleichwohl habe er sich bei der Zeugin sofort entschuldigt, womit die Angelegenheit dann auch erledigt schien.

Der am 20. November 2002 von der Studentin versäumte Unterricht sei dann am 28. November 2002 nachgeholt worden. Die in der Klageschrift enthaltenen Darstellungen über den Ablauf dieses Unterrichts seien insgesamt unzutreffend. Er habe sich der Studentin weder körperlich genähert, noch sie auf die Wange geküsst, noch irgendwelche anzüglichen Bemerkungen gemacht. Die Feststellungen in der Klageschrift seien wiederum wenig lebensnah. Die Studentin sei angeblich von ihm geküsst worden, was ihr in einem solchen Maße zuwider gewesen sei, dass sie der Gedanke daran noch heute schüttele. Anschließend jedoch soll sie ein Gespräch mit ihm über ihre Beziehungen zu Männern oder über Männer im Allgemeinen begonnen haben. Nicht nachvollziehbar sei, dass die Zeugin am 5. Dezember 2002 erneut ohne jegliche Vorbehalte oder Anzeichen des Unwohlseins ihn zum Zwecke des Unterrichts aufgesucht habe. In diesem Unterricht sei die Studentin auch in keiner Weise gehemmt erschienen. Im Gegenteil, als sich ihre ... nicht habe stimmen lassen und die Wirbel aus ihrer Führung herausgerutscht seien, habe er die ... in Ordnung gebracht und beim Einpassen der Wirbel die sinngemäße Bemerkung gemacht: "der muss richtig drinstecken". Die Studentin habe daraufhin zunächst so getan, als habe sie den Satz nicht verstanden und ihn gebeten, den Satz zu wiederholen. Dies habe er auch getan. Erst als die Studentin darauf zweideutig gelacht habe, sei ihm bewusst geworden, dass sie ihn habe absichtlich missverstehen wollen.

In vergleichbarer Weise widersprüchlich erscheine schließlich auch noch der Hinweis in der Klageschrift auf eine angebliche Belästigung ihrer Mutter Jahre zuvor. Wenn diese Behauptung zutreffend wäre, müsste es wiederum erhebliches Erstaunen hervorrufen, dass die Studentin gleichwohl darauf bestanden habe, von ihm unterrichtet zu werden.

Auch der Vorwurf, er habe die Zeugin S sexuell belästigt, treffe nicht zu.

Deren Behauptungen seien widersprüchlich und unglaubhaft. So stelle sich die Frage, warum die Zeugin, wenn sie Berührungen durch ihn im Unterricht als unangenehm empfunden haben sollte, dies zu keinem Zeitpunkt ihm gegenüber zum Ausdruck gebracht und als weiterführende Konsequenz nicht den Lehrer gewechselt habe. Zu körperlichen Berührungen zwischen ihm und seiner Studentin sei es nur in dem Maße gekommen, wie es im Rahmen des ... unterrichtes notwendig gewesen sei, etwa um Verkrampfungen und Verspannungen vor allem im Nacken- und Schulterbereich frühzeitig zu erkennen und aufzulösen, bevor nachhaltige Spielstörungen einträten. In dem Zusammenhang müsse gegebenenfalls auch die Haltung von Kopf, Hals, Schultern und Armen mittels körperlicher Berührung korrigiert werden. Diese Korrekturen, die er bei allen Studenten vornehme, hätten keinen sexuellen Hintergrund.

Auch die Behauptungen, wonach er im Wintersemester 2002/03 seine körperlichen Annäherungen gegenüber der Zeugin S intensiviert habe, träfen nicht zu.

Richtig sei vielmehr, dass die Zeugin im Laufe der Jahre des gemeinsamen Unterrichts ihn wiederholt mit ihren privaten Problemen konfrontiert und um väterlichen Rat nachgesucht habe. Sie habe ihm mehrfach von Schwierigkeiten mit ihrem drogenabhängigen Freund und ihren ständigen Bemühungen, diesem helfen zu wollen, berichtet. So habe sie erzählt, sie sei von ihrem Freund bestohlen worden und habe mit ihm "Schluss" machen wollen. Auch habe sie von ihrem offenbar völlig gestörten Verhältnis zu ihren Eltern berichtet. Sie habe über die fehlende finanzielle Unterstützung der Eltern geklagt. Bei diesen Gesprächen habe er immer wieder versucht, der Studentin Ratschläge zu erteilen und Mut zu machen. Er habe sie wiederholt aufgefordert, eine dauerhafte Versöhnung mit ihren Eltern anzustreben. Im November 2002 habe die Studentin erneut von ihren Problemen berichtet und ihm mitgeteilt, dass sie wegen mangelnder finanzieller Unterstützung durch die Eltern und fehlender BAföG-Berechtigung Geld für ihren Lebensunterhalt verdienen müsse und deshalb zur Vernachlässigung ihrer Studienaufgaben gezwungen sei. Er habe sich erneut veranlasst gesehen, die Studentin zu trösten. In diesem Zusammenhang habe er dann tatsächlich auch seinen Arm tröstend auf die Schulter der Studentin gelegt und ihr zum wiederholten Mal geraten, sich doch mit ihren Eltern zu versöhnen, da die Belastung für sie ansonsten offensichtlich zu groß werde. Am Ende des Gespräches habe er ihr dann einen aufmunternden Klaps auf den Po gegeben und sinngemäß geäußert: "Nur Mut, das wird schon wieder". Diese aus seiner Sicht allein tröstenden Berührungen in Verbindung mit einem väterlichen Rat hätten jedoch in keinerlei sexuellem Kontext gestanden und seien so von der Studentin auch nicht verstanden worden. Deshalb sei für ihn die Mitteilung des Lehrerwechsels und dessen Ursachen, die er telefonisch erhalten habe, völlig überraschend gewesen.

Was den in der Klageschrift enthaltenen Vorwurf, er habe die Dekanatssekretärin H sexuell belästigt, angehe, treffe es zu, dass er sich in der Woche der Eignungsprüfungen vom 21. bis 25. Mai 2002 häufiger als sonst im Sekretariat aufgehalten habe, um sich Bewerbungsunterlagen anzusehen. Die Zeugin sei immer sehr freundlich ihm gegenüber gewesen. Am 24. Mai 2002 habe sich ein längeres und von ihm als sehr nett empfundenes Gespräch entwickelt. Die Zeugin habe ihm so voller Stolz und Begeisterung von ihrer begabten Tochter berichtet. Dabei habe sie ihn mit einer solchen offenen Begeisterung angesehen, dass er in dem Moment eine besondere Rührung oder Zuneigung empfunden habe. Dieser spontanen Gefühlsregung, deren Hintergrund allein die mütterliche Freude der Zeugin gewesen sei, keineswegs aber ein irgendwie geartetes sexuelles Begehren, habe er dadurch Ausdruck gegeben, dass er ihr ein Kompliment über ihre strahlenden Augen gemacht, sie an der Schulter gestreichelt und ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben habe. Dieses Verhalten mag von einem unbeteiligten Dritten als unangemessen bewertet werden, es sei jedoch einer spontanen unerwarteten Gefühlsregung entsprungen, ohne dass damit sexuelle Absichten oder sexuelle Belästigungen verbunden gewesen seien. Als er am darauffolgenden Montag wieder ins Sekretariat gekommen sei, habe er die Unterkühltheit der Sekretärin gespürt und sei sich auch über deren Hintergrund bewusst gewesen. Er habe sie deshalb um Entschuldigung für sein Verhalten gebeten und ihr versichert, dass diese Annäherung keineswegs in böser Absicht geschehen sei.

6. Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2007 und der darin erhobenen Beweise durch Vernehmung der Zeuginnen W , H und S hat das Verwaltungsgericht Meiningen - Kammer für Disziplinarsachen - gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts erkannt.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Disziplinarklage zulässig und das Disziplinarverfahren fehlerfrei gewesen sei. Das Verfahren sei wirksam eingeleitet worden. Hierzu hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen die Gründe des Senats im Beschluss vom 26. April 2006 - 8 DO 102/04 - wiederholt. Dem Beklagten sei auch mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2002 ausreichend Gelegenheit zur Anhörung gegeben worden. Zwar sei in der Folge dem Beklagten das Ergebnis der Ermittlungen nicht mitgeteilt, ihm keine Möglichkeit gegeben, weitere Ermittlungen zu beantragen, und ihm nicht das abschließende Ergebnis der Ermittlungen zur Äußerung übersandt worden. Die Anwendung des dies gebietenden § 36 Abs. 1 ThürDG sei jedoch durch die Bestimmung des als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden § 27 Abs. 3 ThürDG ausgeschlossen. Die Disziplinarklage habe ohne weitere Ermittlungen unverzüglich durch den Kläger erhoben werden dürfen, da genügend Anlass hierzu vorgelegen hätte, ohne dass die Ermittlungen bereits tatsächlich abgeschlossen worden seien. Durch die Vernehmung von vier Zeuginnen zum Tatvorwurf sei umfassend ermittelt worden. Gleichwohl sei das Ermittlungsverfahren noch nicht zum Abschluss gelangt, da die Zeuginnen fehlerhaft vernommen worden seien. Der Beklagte habe nicht die Gelegenheit gehabt, an der Beweisaufnahme teilzunehmen. Ein Ausschlussgrund liege nicht vor. Eine erneute Beweisaufnahme im behördlichen Verfahren sei entbehrlich gewesen; diese sei im Gerichtsverfahren nachholbar gewesen.

Die Disziplinarklage sei auch begründet. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Beklagte ein überaus schwerwiegendes Dienstvergehen begangen habe, weil er sowohl die ihm zur Einzelausbildung zugewiesenen Studentinnen W und S als auch die Verwaltungsangestellte der Hochschule H sexuell belästigt habe. Im Einzelnen hat das Verwaltungsgericht folgende Feststellungen getroffen:

"Im November 2002 verpasste die Studentin W einen Unterrichtstermin beim Beklagten. Nach ihren Angaben am 18.11.2002, nach den Angaben des Beklagten am 25.11.2002, wollte sie den Beklagten aufsuchen, um einen neuen Unterrichtstermin auszumachen. Sie traf den Beklagten auf dem Flur im Hauptgebäude der Musikschule, einige Meter vor seinem Dienstzimmer. Der Beklagte kam von vorn auf die Zeugin zu, er ging mit der Bemerkung "schön, dass du da bist" um sie herum, fasste sie mit einer Hand von hinten und legte ihr die Hand auf die Brust. In dieser Position ist er mit der Studentin bis zu seinem Unterrichtszimmer gegangen. Auf diesen Vorfall von der Studentin angesprochen, fragte der Beklagte, ob sie das nicht schön gefunden habe. Nachdem die Studentin erwiderte, die Begrüßung als unangenehm empfunden zu haben, äußerte der Beklagte sein Unverständnis hierüber und bemerkte, die Umarmung als angenehm empfunden zu haben. Im nächsten Unterrichtstermin erschien die Studentin in einem etwa knielangen Rock. Der Beklagte bemerkte zu ihr, der Rock sei viel zu lang sowie: "Das ist aber kalt heute, darf ich dir mal an die Brust fassen?".

Während des ... spiels zog er an einer Falte des Rocks. Auf Nachfrage der Studentin äußerte er hierzu, nur die Falte ordentlich ziehen zu wollen. Während des ... spiels trat der Beklagte an die Studentin heran und lehnte sich an ihren Körper an. Mit der Bitte, ihm ihre ... zu geben, legte er seinen linken Arm um ihre Schulter und nahm die ... . Hierbei hat er mit seinem Körper sehr dicht an ihr gestanden und war ihrem Gesicht sehr nahe. Er gab ihr einen Kuss auf die rechte Wange. Der Bitte der Studentin, die ... zurückzugeben, entsprach er nicht. Als die Studentin daraufhin versuchte, ihm ihre ... wieder zu entwenden, legte er seinen linken Arm um ihre Hüfte. Im Nachhinein lachte er und sagte zu ihr: "Du bist mir ja so eine!". Im weiteren Verlauf des Unterrichtstermins fragte er die Studentin nach ihrem Freund. Nachdem diese geantwortet hatte, gerade genug von Männern zu haben, fragte er sie, ob er ihr nicht helfen solle, den Spaß an den Männern wiederzufinden. Auf ihre schockierte Reaktion hin sagte er dann: "Das soll ein Spaß gewesen sein, ich muss ja meinem Ruf gerecht werden."

Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts durch die Aussage der Zeugin W in der mündlichen Verhandlung fest. Die Zeugin hat glaubhaft die oben dargestellten Vorfälle aus dem November 2002 geschildert. Ihre Aussage entsprach auch ihren Angaben im behördlichen Disziplinarverfahren gegenüber dem Ermittlungsführer, ohne dass etwa Steigerungen bei der Darstellung der Vorfälle zu erkennen sind. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Zeugin unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung die Hochschule aufgesucht hatte, um das Protokoll ihrer Vernehmung vor dem Ermittlungsführer durchzulesen. Das mindert den Beweiswert ihrer Aussage allerdings nicht, da die Zeugin glaubwürdig und ihre Aussage glaubhaft war. Sie hat in der Vernehmung auf die Frage, woher sie wisse, dass der nächste Unterrichtstermin am 25.11.2002 gewesen sei, unumwunden erklärt, vor ihrer Aussage das Protokoll in der Hochschule eingesehen zu haben. Die Hintergründe hat sie später auf Nachfrage des Bevollmächtigten des Beklagten erläutert. Sie hatte von der Niederschrift ihrer Vernehmung im behördlichen Disziplinarverfahren selbst keine Abschrift erhalten.

Für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage spricht auch, dass der Beklagte die Begegnung mit seiner Studentin vor seinem Musikzimmer und die Berührung ihrer Brust zunächst einmal im Kern bestätigt hat. Seine Einlassung, die Brust der Zeugin nur kurz und unabsichtlich berührt zu haben sowie sich gleich danach im Musikzimmer bei ihr entschuldigt zu haben, kann nur als Schutzbehauptung bewertet werden. Dagegen spricht bereits, dass die Zeugin auf Nachfrage erläutert hat, der Beklagte habe sich bei ihr nicht entschuldigt. Auch spricht gegen diese Einlassung des Beklagten der von der Zeugin geschilderte Vorfall in der darauffolgenden Unterrichtsstunde, bei der er - nach Aussage der Zeugin - diese gleich zu Beginn fragte: "Es ist kalt, darf ich dir mal an die Brust fassen?" Mit dieser Frage spielte der Beklagte offensichtlich auf den vorangegangenen Vorfall an.

Dass die Zeugin sich die Frage ausgedacht haben könnte, um den Beklagten weiter zu belasten, hält das Gericht schon wegen des Inhalts der Frage für äußerst unwahrscheinlich. Entgegen der Auffassung des Beklagten hält das Gericht das von der Zeugin geschilderte Geschehen auch nicht deswegen für realitätsfremd, weil der Griff an deren Brust auf dem Gang und damit in der Öffentlichkeit erfolgt ist und sie sich ihm durch eine deutliche Bewegung wohl hätte entziehen können. Die Zeugin hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich bestimmt hätte wegdrehen können, dazu im ersten Moment aber zu perplex gewesen sei, weil sie ein solches Vertrauen zu ihm gehabt hätte.

Auch im Übrigen ließ die Aussage der Zeugin keine Belastungstendenzen erkennen. Sie schilderte zunächst, sich den Beklagten als Hauptfachlehrer ausgesucht zu haben und dass sie eine sehr gute Arbeitsatmosphäre gehabt hätten, die für sie genau richtig gewesen sei. Sie seien vertraut miteinander gewesen und hätten eine ausgeglichene Vertrauensbasis gehabt. Dies verdeutlichen die Angaben der Zeugin, mit dem Beklagten auch über private Themen gesprochen zu haben. So habe er sofort gemerkt, wenn mit ihr was nicht gestimmt habe. Nachvollziehbar schilderte die Zeugin, wie sich in ihrem 5. Semester das Verhältnis verändert habe. Der Beklagte hätte zunehmend Anspielungen und anzügliche Bemerkungen über ihre Kleidung gemacht. Sie hätte immer mit solchen Bemerkungen rechnen müssen.

Schließlich wird die Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin W durch die Angaben der Zeugin S in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Diese hat ausgesagt, die Zeugin W damals zufällig getroffen zu haben, als diese einen Minirock und Stiefel getragen habe. Sie habe scherzhaft zu ihr gesagt: "Willst du jetzt in den Hauptfachunterricht gehen?" Daraufhin habe die Zeugin W sie beiseite genommen und erzählt, dass sie wirklich Probleme im Hauptfachunterricht gehabt hätte. Frau W hätte ihr erzählt, dass bei ihr im Zusammenhang mit dem Beklagten auch was vorgefallen sei. Was genau, habe sie jedoch nicht gesagt. Sie habe sie jedoch gebeten, ebenfalls eine Aussage zu machen.

2.2. Ebenso steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte eine weitere Studentin, die Zeugin S , die ebenfalls seit dem Winter 2000 von ihm Einzelunterricht erhielt, in einer Unterrichtsstunde im Wintersemester 2002/2003 von hinten umarmt und um die Hüfte gefasst hat. Anschließend hat er ihr einen Klaps auf das Gesäß gegeben. Auch sonst ist es zu Berührungen der Zeugin gekommen, die diese als zweideutig empfunden hat. So hat der Beklagte z. B. ihre Haare von hinten zur Seite geschoben, anstatt sie hierzu einfach aufzufordern.

Dieser Sachverhalt steht fest durch die glaubhafte Aussage der Zeugin S , die ebenfalls ohne Belastungstendenzen zu zeigen, in der mündlichen Verhandlung erklärte, bei welcher Gelegenheit sie vom Beklagten umarmt wurde. Auch schilderte sie nachvollziehbar, dass die Umarmung durch den Beklagten keinen tröstenden Charakter gehabt haben kann, da sie ihre Hände oben an der ... gehabt hatte. Diese Umarmung sei für sie unangenehm gewesen, sie wolle sie aber nicht überbewerten. Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage spricht nicht, dass sich die Zeugin nicht mehr ohne weiteres an den Klaps auf ihren Po erinnern konnte, den sie noch anlässlich ihrer Vernehmung vor dem Ermittlungsführer geschildert hatte. Auf Nachfrage sagte sie in der mündlichen Verhandlung aus, dass da mal was war, aber genau wisse sie es nicht mehr, da sie die Sache vergessen hätte. Hier kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Zeugin von ihrer Aussage beim Ermittlungsführer kein Protokoll erhalten hatte und die Sache schon mehrere Jahre zurückliegt. Jedenfalls im Kern hat die Zeugin ihre damaligen Angaben bestätigt.

2.3. Gleichermaßen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte die Dekanatssekretärin, die Zeugin H , im Mai 2003 gezielt im Sekretariat aufgesucht hat, wenn diese dort allein war. Dabei hat er sich bei einer Gelegenheit der Zeugin von hinten genähert und sie an den Schultern massiert. Er hat ihr tief in die Augen gesehen und gesagt, was sie für schöne Augen hätte. Am 25.05.2002 hat er ihr einen Kuss auf die Wange gegeben. Die Zeugin hätte den Kuss auf den Mund bekommen, wenn sie sich nicht rechtzeitig weggedreht hätte. Der Beklagte hat im Nachhinein versucht, die Vorfälle ins Lächerliche zu ziehen und hat der Zeugin mehrfach zugerufen: "Frau H hat ja heute schlechte Laune."

Dieser Sachverhalt steht fest auf Grund der glaubhaften Aussage der Zeugin H in der mündlichen Verhandlung sowie der sie in weiten Teilen bestätigenden Einlassung des Beklagten. Die Zeugin hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angaben, die sie gegenüber dem Ermittlungsführer gemacht hatte, bestätigt. Ihre Glaubwürdigkeit ist ebenfalls nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil sie im Vorfeld der mündlichen Verhandlung - auf Veranlassung des Kanzlers - ihre damalige Aussage durchgelesen hat. Damit hat sie allein ihr Erinnerungsvermögen aufgefrischt. Nach dem Eindruck, den die Zeugin bei ihrer Vernehmung bei Gericht hinterließ, gibt es überhaupt keinen Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit. Im Gegenteil wurde es sehr deutlich, dass die Zeugin das Verhalten des Beklagten - im Gegensatz zu seiner Einlassung - sehr deutlich als sexuelle Belästigung erlebt und auch noch nicht vollständig verarbeitet hat. So schilderte sie in der Verhandlung eher beiläufig, für das Gericht aber um so nachdrücklicher, wie sie seit diesen Vorfällen bis heute ihren Arbeitsplatz so gestaltet, damit sich kein Besucher mehr hinter sie stellen kann. Damit wird auch deutlich, dass die Einlassung des Beklagten, er sei wegen des Stolzes der Zeugin über ihre Tochter so gerührt gewesen, dass er - einer Gefühlregung nachgebend -ihr ein Kompliment über ihre Augen gemacht, sie an der Schulter gestreichelt und ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben habe, nur als Schutzbehauptung betrachtet werden kann. Dafür spricht auch, dass sich der Beklagte entgegen seiner Einlassung nicht, wie die Zeugin H glaubhaft aussagte, bei ihr für sein Verhalten entschuldigt, sondern die Vorfälle eher - wie oben dargestellt und insoweit vergleichbar mit seinem Verhalten gegenüber der Zeugin W - ins Lächerliche gezogen hat."

Aufgrund dieser festgestellten Taten habe der Beklagte vorsätzlich die ihm obliegende beamtenrechtliche Pflicht verletzt, mit seinem Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordere. Auch habe er gegen das Beschäftigtenschutzgesetz verstoßen.

Dieses Dienstvergehen wiege sehr schwer und führe bei einem aktiven Beamten zur Entfernung aus dem Dienst, beim Beklagten als Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts. Der Beklagte habe unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls durch sein Tun das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren. Hierzu führt das Verwaltungsgericht im Einzelnen aus:

"Die dem Beklagten vom Disziplinarkläger zur Last gelegten Dienstvergehen sind auch so schwerwiegend, dass ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist. Hierbei gilt zwar, dass nicht jede sexuelle Belästigung grundsätzlich zu einer Entfernung aus dem Dienst führt. Die Handlungsbreite, in der sexuelle Zudringlichkeiten im Dienst denkbar sind, ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgebend. In schweren Fällen innerdienstlicher sexueller Belästigung weiblicher oder männlicher Mitarbeiter, insbesondere, wenn der Beamte unter Ausnutzung seiner Vorgesetzteneigenschaft versagt und dadurch nicht nur seine Integrität in der Dienststelle weitgehend einbüßt, sondern auch sein Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn schwer erschüttert, kann sich grundsätzlich die Frage seiner weiteren Tragbarkeit im öffentlichen Dienst stellen, während in minderschweren Fällen eine mildere Disziplinarmaßnahme verhängt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 1 D 90/95 -, BVerwGE 113, 151 f. unter Hinweis auf die ständige Rspr.).

Hier sind besondere Umstände im o. g. Sinne gegeben, die es rechtfertigen, die Höchstmaßnahme zu verhängen. Zwar erreichen die angeschuldigten Vorfälle nicht den strafrechtlich relevanten Bereich der sexuellen Nötigung. Die Handlungen als solche, im Wesentlichen unsittliche Berührungen und Küsse gegen den Willen der Betroffenen sowie anzügliche und ehrverletzende Bemerkungen, rechtfertigen es noch nicht, von einem schwerwiegenden Vergehen im strafrechtlichen Sinne auszugehen. Vorliegend sind aber besondere Umstände zu berücksichtigen, die dazu führen, dass das Dienstvergehen derart schwerwiegend ist, dass der Beklagte für den öffentlichen Dienst nicht mehr tragbar ist. Zu der Frage, wann solche besonderen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass ein schwerwiegendes Dienstvergehen vorliegt, wird insbesondere auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts - Disziplinarsenat - in seiner Entscheidung vom 12.11.1997 - 1 D 90/95 - (a. a. O.) verwiesen. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden insofern vergleichbar, als die Vorwürfe sich ähneln (Umarmungen, Küsse, Berührungen an der Brust, anzügliche Bemerkungen) und der angeschuldigte Beamte zu seinen Opfern ebenfalls in einem besonderen Verhältnis stand.

Die in dieser Entscheidung hervorgehobenen Aspekte wie das besondere Abhängigkeitsverhältnis zwischen Ausbilder und Auszubildenden, die Ausnutzung einer hervorgehobenen Stellung, das Wissen darum, dass sich die Frauen dem Einflussbereich des Ausbilders nicht ohne weiteres entziehen können, das junge Alter der Frauen, die Häufigkeit der Vorfälle wie auch die Hartnäckigkeit des Vorgehens sind auch im Fall des Beklagten in einer vergleichbaren Art und Weise gegeben. So fällt vor allem erschwerend ins Gewicht, dass der Beklagte seine besondere Stellung als Einzelausbildender zur Begehung von sexuellen Belästigungen ausgenutzt hat. Die Studentinnen der Musikhochschule waren ihm zur Ausbildung über die vierjährige Dauer ihres Studiums anvertraut. Zwischen einem Hauptfachprofessor an einer Musikhochschule und seinen ihm zur Einzelausbildung zugewiesenen Studierenden besteht notwendigerweise schon auf Grund des einzigartigen, in der persönlichen Nähe begründeten Ausbildungsverhältnisses eine ganz besondere Abhängigkeit. Diese wird noch dadurch verstärkt das ein Wechsel des Professors grundsätzlich nicht möglich ist, so dass der Erfolg des Studiums maßgeblich vom (Verhältnis zum) Hauptfachlehrer abhängig ist. Diese Abhängigkeit hat sich der Beklagte zu nutze gemacht. Er hat seine Position als Professor wissentlich und willentlich ausgenutzt. Ihm war insbesondere auch bewusst, dass sich die Studentinnen seinem Einwirkungsbereich nicht ohne weiteres entziehen konnten. Ebenso ist das Alter der sexuell belästigten Frauen zu berücksichtigen. Bei den betroffenen Studentinnen handelte es sich zum Zeitpunkt der Vorfälle um junge Frauen von 21 und 22 Jahren. Von diesen war auch wegen ihres Alters und ihrer Unerfahrenheit hinsichtlich der möglichen behördlichen Schritte nicht mit einer Gegenwehr zu rechnen. Weiter ist erschwerend zu berücksichtigen, dass es sich nicht nur um einen einzelnen Vorfall sexueller Belästigung gehandelt hat, sondern mehrere Vorfälle bekannt geworden sind. Erschwerend kommt die Reaktion des Beklagten auf die Gegenwehr der belästigten Frauen hinzu. Trotz der Abwehrversuche hat er sich von weiteren Belästigungen nicht abhalten lassen und zeichnete sich so durch eine besondere Hartnäckigkeit aus. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass der Beklagte die Studentinnen und die Mitarbeiterin nicht nur durch die sexuellen Belästigungen in ihrer Würde verletzt hat, sondern vor allem auch nach solchen Vorfällen die Gegenwehr der Frauen ins Lächerliche gezogen hat. Sätze wie "Frau H hat ja heute schlechte Laune" und "Du bist mir ja so Eine!" zeigen den mangelnden Respekt vor der Würde der Zeuginnen.

Zwischen dem Beklagten und den Studentinnen W und S sowie der Dekanatssekretärin H bestanden auch keine solchermaßen persönlichen Verhältnisse, die eine andere Bewertung seines Verhaltens rechtfertigt könnten. Die mündliche Verhandlung hat zweifelsfrei ergeben, dass beide Studentinnen zwar ein vertrauensvolles, aber ein in der Ausbildungssituation begründetes Verhältnis zum Beklagten hatten. Insbesondere die Zeugin W schilderte eindrucksvoll, dass sie mit ihrem Einzelausbilder durchaus auch über ihre privaten Probleme gesprochen hat, gerade weil sie ihm vertraute. So führte sie aus, dass er sofort gemerkt habe, wenn mit ihr was nicht gestimmt habe. Daraus wird deutlich, dass zwar ein in der besonderen Ausbildungssituation zwischen ...studentin und Einzelausbilder begründetes starkes Vertrauensverhältnis bestand, aber kein darüber hinausgehendes besonderes persönliches Verhältnis etwa in Richtung einer Liebesbeziehung. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte davon ausgehen konnte, eine der drei Frauen könnte ein Interesse an einer Beziehung mit ihm haben. Das Schicken eines Urlaubsgrußes sowie das Zeigen von Urlaubsfotos konnte der Beklagte kaum als Avance verstehen. Auch bei der Zeugin H durfte der Beklagte nicht davon ausgehen, diese hätte ein besonderes Interesse an ihm. Zeichen hierfür hat sie ihm ersichtlich nicht gegeben, ebenso wenig wie die Zeugin S , die mehrfach betont hat, ihrer Art entsprechend zurückhaltend angezogen den Einzelunterricht aufgesucht zu haben.

Durchgreifende Milderungsgründe stehen dem Beklagten ebenfalls nicht zur Seite (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 30.09.1992 - 1 D 32/91 -, BVerwGE 93, 294 f.; Köhler/Ratz, Kom. zur BDO, 2. Aufl., A. IV Rdnr. 94 f.). Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer mildernder Umstände sind nicht ersichtlich. Es lag keine Minderung der Schuldfähigkeit bei ihm vor. Er hat sich auch nicht erkennbar in einer besonderen negativen Lebensphase befunden oder in einer sonstigen besonderen Ausnahmesituation, die sein Verhalten erklären könnten. Auch sein Verhalten nach den Taten ist nicht mildernd zu berücksichtigen. Er hat keine angemessene Einsicht und Reue gezeigt. Insbesondere hat er sich bei den Opfern für die Vorfälle nicht entschuldigt.

Auf Grund der Schwere des Dienstvergehens ist der Disziplinarkläger auch zu Recht davon ausgegangen, dass ihm eine weitere Beschäftigung des Beklagten nicht zumutbar ist. Durch sein Verhalten hat dieser das für eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses erforderliche Vertrauen zu seinem Dienstherrn unwiederbringlich zerstört. Zudem ist auch das Vertrauen, das die Allgemeinheit in die Integrität von öffentlichen Hochschulen setzt, durch das Verhalten des Beklagten nachhaltig zerstört worden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den vom Beklagten begangenen Dienstvergehen nicht nur um ein augenblickliches Versagen in einer Ausnahmesituation gehandelt hat. Angesichts der Vielza hl der Vorfälle sowie der Hartnäckigkeit, mit der der Beklagte vorgegangen ist, kann nicht von einem "Ausrutscher" gesprochen werden. Es besteht deshalb auch keine Garantie dafür, dass es bei einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zu einer Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse kommen könnte. Der Beklagte ist deshalb für den weiteren öffentlichen Dienst nicht tragbar. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufgaben eines Professors einer Musikhochschule notwendiger weise Kontakt mit Studentinnen mit sich bringen.

Gerade bei einem ... unterricht lässt sich ein körperlicher Kontakt nicht vollständig vermeiden. Insoweit wäre es unverantwortlich, den Beklagten seine Tätigkeit weiter ausüben zu lassen, da nicht auszuschließen gewesen wäre, dass es zu weiteren Vorfällen sexueller Belästigungen hätte kommen können. Dies gilt umso mehr, als der Unterricht auch als Einzelunterricht stattfinden muss und zudem bei den Studentinnen eine gewisse Hemmschwelle bestehen dürfte, Vorfälle zu melden. Unabhängig davon, dass es sich bei sexuellen Belästigungen um ein heikles Thema handelt, sind die Studentinnen auf das Wohlwollen ihrer Professoren angewiesen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten ist. Zwar besteht deshalb nicht mehr die Gefahr, dass er Einzelunterricht ausnützen könnte, um Studentinnen sexuell zu belästigen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 ThürDG ist zwingend dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen, wenn er, was wie oben dargelegt hier der Fall ist, als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Dienst entfernt werden müsste. Der unter der alten Rechtslage des § 12 Abs. 2 BDO in der Lehre vereinzelnd geführten Diskussion, dass in diesen Fällen noch ein Ermessensspielraum eröffnet sei (vgl. zum damaligen Meinungsstreit: VG Meiningen, Urteil vom 23.06.2005 - 6 D 60020/02.Me), der das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt ist (Urteil vom 21.07.1993 - 1 D 9/92 -, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung), ist durch den nunmehr eindeutigen Gesetzeswortlaut der Boden entzogen (Ganzen, a. a. O., § 13 Rdnr. 24).

Die nach alledem notwendige Entfernung aus dem Dienst verstößt nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. Hat ein Beamter - wie hier - durch ihm vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, dann ist eine Entfernung aus dem Dienst die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Dienstverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig. Dies gilt auch im Hinblick auf die damit einhergehende schwierige wirtschaftliche Situation für den Beamten und dessen Familie. Diese beruht allein auf einem ihm zurechenbaren Verhalten (BVerwG, U. v. 21.06.2000 - 1 D 49/99 - zitiert nach Juris, m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung).

7. Gegen dieses ihm am 4. Juli 2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 19. Juli 2007 Berufung eingelegt und diese am 4. Oktober 2007 innerhalb der bis zu diesem Zeitpunkt durch den Vorsitzenden des Senats verlängerten Begründungsfrist begründet.

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe sinnwidrig aus dem Vorliegen der festgestellten Verfahrensfehler auf deren Heilung geschlossen. Darauf laufe die Begründung des Gerichts hinaus, wenn von einer fehlenden Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des § 36 Abs. 1 ThürDG allein deshalb ausgegangen werde, weil die weitere Verletzung des § 30 Abs. 4 ThürDG zu der Konsequenz geführt haben solle, dass die Ermittlungen tatsächlich noch nicht abgeschlossen gewesen seien und deshalb die Disziplinarklage auch ohne weitere behördliche Ermittlungen gemäß § 27 Abs. 3 ThürDG hätte erhoben werden können. Im Ergebnis sei er völlig schutzlos gestellt. Zu Recht sei das Verwaltungsgericht von einem eingeschränkten Verständnis des § 27 Abs. 3 ThürDG ausgegangen, der zum einen dazu diene, Doppelermittlungen auszuschließen, zum anderen aber nicht zur Beseitigung der Verfahrensrechte des Beamten führen dürfe. Dem würde es aber zuwiderlaufen, gehe das Gericht von einem fehlenden Abschluss der Ermittlungen wegen einer Verletzung seiner Beteiligungsrechte aus. Es komme allein darauf an, inwieweit der Dienstherr selbst von einem Abschluss seiner Ermittlungen ausgegangen sei. Dies sei hier bereits im Dezember 2002 der Fall gewesen. Dann sei aber die Erhebung der Disziplinarklage unter Beachtung des Beschleunigungsgrundsatzes nach über einem halben Jahr nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 27 Abs. 3 ThürDG gewesen; seine Verfahrensrechte nach § 36 ThürDG seien zu beachten gewesen. Das Verhalten des Beklagten habe sich nachteilig auf seine Prozesssituation ausgewirkt. Er habe nicht die Chance gehabt, die Zeuginnen im Dezember 2002 vor dem Hintergrund deren damaliger Kenntnisse zu befragen; in der Vernehmung im gerichtlichen Verfahren hätten diese erhebliche Erinnerungslücken gehabt, was deren Verwertbarkeit insgesamt in Frage stelle. Im Übrigen nehme er Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Beklagte beantragt,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2007 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen - Kammer für Disziplinarsachen - (6 D 60011/03.Me) abzuändern und die Disziplinarklage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Er verstehe den eindeutigen Wortlaut des § 27 Abs. 3 ThürDG so, dass in jedem Fall, in dem die Voraussetzungen zur Erhebung der Disziplinarklage vorlägen, § 36 ThürDG nicht anzuwenden sei. Jedenfalls sei die fehlende Anhörung durch die Anhörung im gerichtlichen Verfahren geheilt, das der zuständige Disziplinarvorgesetzte einzuleiten habe, wenn der Beamte aus dem Dienst entfernt werden solle. Auch sei die Vernehmung der Zeuginnen nicht fehlerhaft gewesen. Der Beklagte sei aufgrund der Situation der Zeuginnen wegen der Besonderheit der Vorwürfe von der Vernehmung auszuschließen gewesen. Im Übrigen sei ein Fehler durch die Anhörung im gerichtlichen Verfahren geheilt worden. Der Beschleunigungsgrundsatz sei nicht verletzt worden. Das Erinnerungsvermögen der Zeuginnen habe auch nicht gelitten. Sie hätten zulässigerweise ihre Erinnerungen durch vorheriges Lesen der früheren Protokolle aufgefrischt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens (2 Bände) und des Verfahrens zur vorläufigen Dienstenthebung (VG Meiningen - 6 D 60010/03.Me/ThürOVG - 8 DO 102/04 -) sowie die Personalakte (4 Heftungen) des Beklagten und die behördliche Disziplinarakte (1 Ordner, 1 Heftung) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht wegen des dem Beklagten vorgeworfenen Dienstvergehens auf die gegen Ruhestandsbeamte mögliche disziplinarrechtliche Höchststrafe erkannt.

Die Berufung ist zulässig. Die Zulässigkeit der Berufung wie auch des vorhergegangenen Disziplinarverfahrens ist an den Voraussetzungen des am 28. Juni 2002 in Kraft getretenen Thüringer Disziplinargesetzes vom 21. Juni 2002 (GVBl. S. 257) zu messen. Das Disziplinarverfahren wegen der dem Beklagten zur Last gelegten Tat wurde nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet.

Die zwar unbeschränkt eingelegte, jedoch in den Gründen im Wesentlichen auf die Geltendmachung von Verfahrensfehlern konzentrierte Berufung ist aber unbegründet. Das Disziplinarverfahren leidet an keinen durchgreifenden Verfahrensmängeln (vgl. hierzu 1.). Das aufgrund der begangenen Taten (vgl. hierzu 2.) dem Beklagten vorzuwerfende Dienstvergehen (vgl. hierzu 3.) rechtfertigt die vom Verwaltungsgericht verhängte Disziplinarmaßnahme (vgl. hierzu 4.).

1. Es bestehen zunächst keine Zweifel an der Zulässigkeit des Disziplinarverfahrens.

a. Das Verwaltungsgericht geht zunächst zu Recht davon aus, dass die Disziplinarklage zulässig erhoben wurde. Insbesondere entspricht die Klageschrift den gesetzlichen Anforderungen.

Die Klageschrift hat die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten und die anderen für die Entscheidung, insbesondere die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel aufzuführen (§ 50 Abs. 1 Satz 3 ThürDG). Die inhaltlichen Vorgaben tragen zum einen dem Umstand Rechnung, dass die Klageschrift Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnisse festlegt. Zum Gegenstand der Urteilsfindung dürfen nur Handlungen gemacht werden, die dem Beamten in der Disziplinarklage oder ggfs. in einer Nachtragsklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (§ 55 Abs. 2 Satz 3 ThürDG). Sie muss zum anderen auch derart bestimmt sein, dass sie dem beklagten Beamten eine sachgerechte Verteidigung gegen die disziplinarischen Vorwürfe ermöglicht. Die Klageschrift erfüllt diese Zwecke nur dann, wenn sich klar erkennen lässt, aus welchen Tatsachen dem Beamten Vorwürfe gemacht werden. Hierzu gehört eine hinreichende Substantiierung. Dies erfordert, dass Ort und Zeit der einzelnen Handlungen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben und die Beweismittel angeführt werden müssen, aufgrund derer sich die Sachverhalte ergeben sollen. Insoweit ist es auch geboten, dass unter Berücksichtigung der Einlassungen des Beamten im vorgerichtlichen Disziplinarverfahren bereits in der Klageschrift eine Beweiswürdigung enthalten ist. Es ist also nicht nur eine Aufzählung der Beweismittel, sondern vor allem die Kennzeichnung der zugrunde gelegten Beweismittel und -ergebnisse in der Sachverhaltsdarstellung erforderlich (vgl. zu den wesentlich inhaltsgleichen Bestimmungen des § 52 BDG und § 65 BDO: BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - NVwZ 2007, 960 und Beschluss vom 13. März 2006 - 1 D 3.06 -Buchholz 235 § 67 BDO Nr. 1 jeweils m. w. N., Köhler/Ratz, BDG, 3. Auflage, § 52 Rz. 11). Insgesamt muss in der Klageschrift hinreichend deutlich werden, dass nicht lediglich ein Sachverhalt disziplinarisch geahndet werden soll, der auf Vermutungen beruht, sondern es muss für den Vorwurf aufgrund der bisherigen Ermittlungen unter Berücksichtigung der Einlassungen des beschuldigten Beamten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit sprechen.

Diesen Anforderungen wird die Klageschrift des Beklagten vom 11. Juni 2003 gerecht. Insbesondere macht sie zum einen deutlich, welche Sachverhalte dem Beklagten als Dienstvergehen vorgeworfen werden, nämlich, dass er zwei Studentinnen aus seiner Hauptfachunterrichtsklasse sowie eine Verwaltungsangestellte sexuell belästigt habe. Die Tatvorwürfe werden umfangreich im Einzelnen nach Zeit, Ort und äußerem Geschehensablauf vorgetragen und bezogen auf jeden einzelnen Sachverhaltsteil die Beweismittel benannt, also insbesondere die Aussagen der betroffenen Zeuginnen. Diese werden in ihrem Beweiswert gewürdigt, dies auch in Auseinandersetzung mit den Einlassungen des Beklagten im Ermittlungsverfahren. Hinsichtlich dieser Vorwürfe verbleibt es nicht bei Vermutungen, sondern die Verdachtstatsachen werden im Einzelnen aufgezeigt. Darüber hinaus benennt die Klageschrift die auch für die Schuldfrage und die Maßnahmenzumessung erheblichen Tatsachenumstände. Sie ermöglicht es so, dass zum einen hinreichend bestimmt ist, welcher Sachverhalt dem Verwaltungsgericht zur Beurteilung vorgelegt wird, und zum anderen dem Beklagten eine sachgerechte Verteidigung.

b. Auch das behördliche Disziplinarverfahren leidet an keinen wesentlichen Verfahrensmängeln.

(1.) Das Disziplinarverfahren wurde wirksam eingeleitet. Insoweit verbleibt es bei den Feststellungen, die der Senat in seinem Beschluss vom 26. April 2006 - 8 DO 102/04 - (Bl. 12 des Beschlussumdrucks) getroffen hat.

§ 22 Abs. 1 Satz 3 ThürDG verlangt ohne weitere Konkretisierung lediglich, dass die Einleitung eines Disziplinarverfahrens aktenkundig zu machen ist. Angesichts der Bedeutung des Einleitungsvermerks insbesondere im Hinblick auf Fristberechnungen (vgl. §§ 12 Abs. 4 und 25 Abs. 2 ThürDG) ist allerdings erforderlich, dass sich aus dem Aktenvermerk hinreichend deutlich ergeben muss, ob gegen den Beamten tatsächlich ein Disziplinarverfahren bereits eingeleitet werden soll, also nicht nur der Entwurf einer Einleitungsverfügung vorliegt, und dass auch eindeutig sein muss, dass der zuständige Dienstvorgesetzte das Verfahren eingeleitet hat (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13. Mai 2005 - 3 ZD 1/05 - Juris). Da dieser Einleitungsvermerk - vorbehaltlich späterer Erweiterungen und Begrenzungen (§ 24 ThürDG) - zunächst den Umfang des Disziplinarverfahrens bestimmt, muss er erkennen lassen, hinsichtlich welcher Taten der Anfangsverdacht eines Dienstvergehens besteht. Einer Zustellung der Einleitungsverfügung an den beschuldigten Beamten bedarf es zu deren Wirksamkeit aber nicht; der Beamte ist lediglich zu gegebener Zeit zu unterrichten (§ 26 ThürDG).

Der Rektor der Hochschule hat als zuständiger Dienstvorgesetzter des Beklagten mit seinem Schreiben an den Kanzler vom 12. Dezember 2002 die Einleitung eines Disziplinarverfahrens ausreichend aktenkundig gemacht. In der Beauftragung des Kanzlers zur Aufnahme von Ermittlungen gegen den Beklagten wird unmissverständlich der zuvor gebildete Entschluss des Rektors zur Aufnahme eines Disziplinarverfahrens in der Ermittlungsakte dokumentiert. Das Aktenstück lässt auch ausreichend den der Einleitung zu Grunde liegenden Anfangsverdacht erkennen, nämlich die Anschuldigungen von zwei Studentinnen und einer Verwaltungsangestellten über intime Belästigungen durch den Beklagten. Eine weitergehende Konkretisierung war angesichts des Standes der Erkenntnisse weder möglich noch erforderlich.

(2.) Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht in der Bewertung, dass der Beamte im Rahmen des behördlichen Disziplinarverfahrens hinreichend informiert, belehrt und angehört wurde. Die Anforderung des § 26 ThürDG wurde erfüllt. Der Beklagte ist durch das Schreiben des Ermittlungsführers vom 16. Dezember 2002 über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtet worden. Gleichzeitig ist er darüber informiert worden, welche Verfehlungen ihm zur Last gelegt werden (§ 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 ThürDG). Weiterhin ist der Beklagte belehrt worden, dass es ihm frei stehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, und dass er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistandes bedienen kann (§ 26 Abs. 1 Satz 3 ThürDG). Zugleich ist in dem Schreiben die Fristsetzung zur Abgabe einer schriftlichen Äußerung bzw. zur Abgabe einer Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, enthalten (§ 26 Abs. 2 ThürDG).

Auf dieses Schreiben vom 16. Dezember 2002 reagierte der Beklagte auch durch die Bestellung eines Bevollmächtigten, dem sodann eine Ablichtung der bis dahin geführten Ermittlungsakte übersandt wurde. In der Folge nahm der Bevollmächtigte des Beklagten lediglich zu der beamtenrechtlichen Suspendierung und Anordnung der amtsärztlichen Überprüfung der Dienstfähigkeit Stellung, enthielt sich jedoch im Rahmen des behördlichen Disziplinarverfahrens einer weitergehenden Äußerung.

(3.) Es kann dahinstehen, ob die Vernehmungen der Zeuginnen im behördlichen Disziplinarverfahren am 12. und 13. Dezember 2003 an einem Verfahrensmangel leiden, die zur Unverwertbarkeit deren damaliger Aussagen führt.

Insoweit ist allerdings zunächst keine fehlerhafte Protokollierung dieser Aussagen festzustellen. Es wird insoweit auf den Beschluss des Senats vom 26. April 2006 - 8 DO 102/04 - (Bl. 14 des Beschlussumdrucks) Bezug genommen.

Unerheblich ist, ob die Rechte des Beklagten, im behördlichen Disziplinarverfahren an der Vernehmung von Zeugen teilzunehmen (§ 30 Abs. 4 ThürDG), verletzt wurden. Der Beklagte bzw. sein Bevollmächtigter wurden zwar an den Vernehmungen der Zeugen W , S und H am 12. und 13. Dezember 2002 nicht beteiligt. Es bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob ein solcher Ausschluss ausnahmsweise gerechtfertigt war, weil bei einer Teilnahme des Beklagten eine Gefährdung der Ermittlungen möglich war (§ 30 Abs. 4 Satz 3 ThürDG). Selbst wenn ein erheblicher Verfahrensmangel, hier in Form eines Aufklärungsmangels, vorläge, führt dies nicht zur unheilbaren Fehlerhaftigkeit des Disziplinarverfahrens. Der Mangel wurde jedenfalls durch die Vernehmung der Zeuginnen im gerichtlichen Verfahren geheilt, ohne dass es der Zurückverweisung des Verfahrens zur Mängelheilung an den Kläger bedurfte.

Bereits unter Geltung der insoweit vergleichbaren Regelungen der Bundesdisziplinarordnung hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 4. September 1991 - 1 D 35.90 - BVerwGE 90, 151) ausgeführt, dass das Gericht sorgfältig zu prüfen hat, ob es einen festgestellten Verfahrensmangel selbst beheben kann, ohne Rechte der Verfahrensbeteiligten zu beeinträchtigen oder ob es das Verfahren aussetzt, um der Behörde die Behebung des Verfahrensmangels zu ermöglichen. Die Möglichkeit, wesentliche Verfahrensmängel der Untersuchung in der Hauptverhandlung zu heilen, rechtfertigt sich aus Gründen der Prozessökonomie im Interesse des Beamten. Sie muss aber mit Rücksicht auf den auch in § 50 Abs. 2 ThürDG festgelegten Aussetzungszwang auf wenige Ausnahmen beschränkt werden. Dabei ist es sachgerecht, nach Pflichtenkreisen abzugrenzen und zu differenzieren: Gehört eine prozessuale Pflicht ausschließlich in den Pflichtenkreis der Disziplinarbehörde außerhalb des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, kommt die Heilung eines Verstoßes gegen diese Pflicht durch das Gericht nicht in Betracht. Findet hingegen eine prozessuale Pflicht der Disziplinarbehörden ihr Spiegelbild in einer prozessualen Pflicht des Disziplinargerichts in der Hauptverhandlung, kann ausnahmsweise ohne Verfahrensaussetzung der aus einer Pflichtversäumung in der Untersuchung resultierende Verfahrensmangel vom Disziplinargericht geheilt werden. So entspricht die Untersuchungspflicht im behördlichen Disziplinarverfahren in der Hauptverhandlung den umfassenden Anhörungs- und Vernehmungspflichten des Disziplinargerichtes. Daraus folgt regelmäßig, dass die mangelhafte Gewährung rechtlichen Gehörs im Untersuchungsverfahren nachträglich vom Gericht in der Hauptverhandlung geheilt werden kann.

Die Pflicht der Disziplinarbehörde, den betroffenen Beamten an der Beweiserhebung zu beteiligen, folgt unmittelbar aus dessen Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieses entspricht der Beteiligtenstellung des Beamten im gerichtlichen Disziplinarverfahren. Missachtet die Disziplinarbehörde den Gehörsanspruch des Beamten in dieser spezifischen Verfahrenssituation, so kann der Beamte seine Rechtsposition weiterhin und uneingeschränkt im gerichtlichen Verfahren im Rahmen der Beweiserhebung geltend machen. Allein diese Beweiserhebung kann dann, wie auch im vorliegenden Fall, Grundlage der gerichtlichen Beweiswürdigung sein. Der ursprüngliche Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens wird durch das Gericht behoben.

(4.) Ein schwerer Verfahrensmangel ist nicht in dem Umstand begründet, dass der Kläger nach dem durch den Vermerk vom 3. Juni 2003 dokumentierten Abschluss der Ermittlungen vor Erhebung der Disziplinarklage am 13. Juli 2003 den Beklagten nicht angehört hat. Eine solche Anhörung war nach § 27 Abs. 3 ThürDG entbehrlich. Stellt sich nämlich im Laufe der Ermittlungen heraus, dass die Voraussetzungen einer Disziplinarklage vorliegen, ist diese unverzüglich ohne weitere behördliche Ermittlungen zu erheben. Der Beamte muss zwar zuvor Gelegenheit zur Äußerung nach § 26 ThürDG erhalten haben, jedoch unterbleibt in diesen Fällen die abschließende Anhörung nach § 36 ThürDG. Die Vorschrift geht dabei ersichtlich davon aus, dass die notwendige Anhörung des beklagten Beamten sodann im gerichtlichen Verfahren erfolgt und dort der vom Gesetzgeber im Interesse der Beschleunigung und Konzentration des Verfahrens in Kauf genommene Anhörungsmangel geheilt wird. Geboten ist allerdings, dass die Voraussetzungen für die frühzeitige Erhebung der Disziplinarklage gemäß § 27 Abs. 3 ThürDG vorlagen und nach Satz 2 der Vorschrift die Gelegenheit zur Äußerung nach § 26 ThürDG bestanden hat.

Der Senat folgt dabei zunächst der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zum grundlegenden Verständnis und Anwendung dieser bundesweit einmaligen Bestimmung (vgl. insoweit Verwaltungsgericht Meiningen, Beschluss vom 30. September 2002 - 6 D 60012/02.Me - Juris).

Die Bestimmung kann nur dann Anwendung finden, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsstand unter Berücksichtigung des Vorbringens des beschuldigten Beamten im behördlichen Disziplinarverfahren nicht nur lediglich eine Vermutung für ein Disziplinarvergehen des Beamten sondern eine hinreichende Wahrscheinlichkeit spricht. Die Disziplinarbehörde kann nur dann von ihrer Befugnis nach § 27 Abs. 3 ThürDG Gebrauch machen, wenn sie aufgrund des Standes der Ermittlungen und der Einlassungen des Beamten im Verfahren nach § 26 ThürDG in der Lage ist, eine Klageschrift zu erstellen, die den Anforderungen nach §§ 41, 50 ThürDG gerecht wird.

Hierzu im Einzelnen: Nach der in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers soll die Bestimmung Doppelermittlungen von Disziplinarbehörde und Disziplinargericht vermeiden, "wenn im behördlichen Disziplinarverfahren feststeht, dass Disziplinarklage erhoben wird, bei der wiederum Ermittlungen geführt werden" (Landtagsdrucksache 3/1943 vom 30. Oktober 2001, S. 54). Die Bestimmung dient somit der Konzentration und Beschleunigung des Disziplinarverfahrens.

Die Bestimmung überlässt nicht der Disziplinarbehörde, das behördliche Disziplinarverfahren jederzeit abzubrechen und die Ermittlungen auf das Disziplinargericht zu übertragen. Nicht das Disziplinargericht, sondern die Disziplinarbehörde trifft zunächst die Ermittlungslast. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 3 ThürDG, der verlangt, dass die Voraussetzungen der Erhebung der Disziplinarklage vorliegen müssen. Von diesen Verpflichtungen wird die Disziplinarbehörde nicht befreit. Hierzu gehört, dass die notwendigen Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts vorgenommen und die zur Bemessung einer Disziplinarmaßnahme darüber hinaus bedeutsamen Umstände aufgeklärt sind (vgl. §§ 27 Abs. 1, 50 Abs. 1 Satz 2 ThürDG) und das so festgestellte Dienstvergehen nicht im Wege einer Disziplinarverfügung geahndet werden kann (§§ 39 Abs. 1, 41 Satz 1 ThürDG).

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss die Disziplinarbehörde in der Klageschrift zum Ausdruck bringen. Sie muss darin - wie bereits ausgeführt - alle für eine Entscheidung des Gerichts bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel aufführen. Das Vorliegen eines Dienstvergehens darf nicht lediglich auf Mutmaßungen beruhen, sondern es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine ausschließlich durch das Gericht zu verhängende Disziplinarmaßnahme bestehen. Es müssen jedenfalls hinsichtlich der wesentlichen Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, die Ermittlungen abgeschlossen sein und diese entweder unstreitig sein oder anhand der bisherigen Ermittlungen bewiesen oder zumindest unter Beweis gestellt werden können. Einlassungen des Beamten, die für die Ahndung eines Vergehens relevant sein können, muss nachgegangen worden sein. Nur in diesem beschränkten Maße ermöglicht § 27 Abs. 3 ThürDG eine nicht vollständige Ermittlung des Sachverhalts durch die Disziplinarbehörde. Genügt die Klageschrift nicht diesen Anforderungen, kann das Gericht nach § 51 Abs. 2 Satz 1 ThürDG dem Dienstherrn eine Frist zur Beseitigung des wesentlichen Mangels setzen. Nur durch die Vorlage einer neuen bzw. einer ergänzenden Klageschrift kann dann der Mangel beseitigt werden. Liegen allerdings die Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 ThürDG vor und kann eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Klageschrift erstellt werden, so ist dann die Disziplinarbehörde berechtigt, auch ohne weitere Ermittlungen und ohne abschließende Anhörung des Beamten Klage zu erheben.

Diesen Anforderungen zur Anwendbarkeit des § 27 Abs. 3 ThürDG ist der Kläger gerecht geworden. Wie bereits ausgeführt, hat er eine den Formalien des § 50 Abs. 1 ThürDG entsprechende Klageschrift vorgelegt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Da der Kläger nicht die Möglichkeit der Anhörung nach § 26 ThürDG wahrgenommen hat oder sich eine weitergehende Stellungnahme vorbehalten hat, gab er auch keine Veranlassung, die Klageschrift im Hinblick auf einen abweichenden Vortrag zu substantiieren.

Auf die Bedenken des Beklagten gegenüber der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts kommt es hingegen nicht an. Der Senat folgt nicht der weitergehenden Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Anwendung des § 27 Abs. 3 ThürDG dann ausgeschlossen ist, wenn nach einer objektiven Sicht das behördliche Disziplinarverfahren abgeschlossen ist, da der vom Gesetzgeber mit der Bestimmung verfolgte Zweck der Vermeidung von Doppelermittlungen nicht mehr erreicht werden könne und die Anhörungsrechte des Beamten ausgehöhlt würden. Eine solche Beschränkung findet sich im Gesetzeswortlaut nicht. Danach kann im Interesse eines beschleunigten und konzentrierten Verfahrens, sobald die Voraussetzungen der Erhebung der Disziplinarklage im dargelegten Sinne vorliegen, ohne weitere Ermittlungen und abschließende Anhörung des Beamten Klage erhoben werden. Es obliegt der Behörde, in ihrer Klageschrift die Voraussetzungen der Erhebung der Disziplinarklage darzulegen. Die Disziplinarbehörde trägt das Risiko, dass bei unterbliebener Ermittlung und Abschlussanhörung des Beamten die Klageschrift den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Der Gesetzgeber hat durch diese Bestimmung deutlich gemacht, dass der Mangel des abschließenden rechtlichen Gehörs durch die Möglichkeit des Beamten im gerichtlichen Verfahren umfassend Stellung nehmen zu können, geheilt werden kann.

Auch dann, wenn man die Heilung eines etwaigen Anhörungsmangels im behördlichen Disziplinarverfahren vor Erhebung der Disziplinarklage im weiteren gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht für möglich hält und etwa für die gleichwohl nötige Anhörung des Beamten im Sinne des § 26 ThürDG fordert, dass er sich vor Erhebung der Disziplinarklage zu dem bis dahin erreichten Ermittlungsstand erklären können muss, sodass etwa im Sinne der früheren Rechtsprechung (hinsichtlich der Folgen einer unterbliebenen Schlussanhörung) von einem nicht mehr heilbaren Verfahrensfehler gesprochen werden müsste (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 12. April 2006 - 2 WDB 3/05 - Juris), blieben nach der Thüringer Rechtslage die Folgen zunächst beschränkt. Ohnehin käme zunächst - wie bereits oben erörtert -nur eine Zurückverweisung an die Disziplinarbehörde zur Mängelbeseitigung in Betracht (§§ 60 Abs. 2, 51 Abs. 2 ThürDG); diese Entscheidung steht wiederum im Ermessen des Gerichts. Erst aus der in deren Folge unterbliebenen Mängelbeseitigung ergäbe sich dann die gebotene Verfahrenseinstellung durch das Disziplinargericht gemäß § 51 Abs. 2 Satz 3 ThürDG.

Dem Pflichtenkreis der Disziplinarbehörde korrespondiert insoweit der Pflichtenkreis des Disziplinargerichts. Anders als unter Geltung der Bundesdisziplinarordnung ist auch dem Dienstherrn unter Würdigung der Klageerwiderung des Beamten die Möglichkeit eröffnet, die Disziplinarklage zurückzunehmen (§ 54 ThürDG; § 61 Abs. 1 BDG). Er kann sich auf im gerichtlichen Verfahren gewonnene Erkenntnisse einstellen und ist in die Lage versetzt, allein über das weitere Verfahren zu befinden. Für den Schutz der Interessen des Disziplinarbeklagten vor einer "übereilten" Klage gibt es daher auch kein praktisches Bedürfnis.

(5.) Ungeachtet dessen, ob eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes (§ 25 Abs. 1 ThürDG) vorliegt, führt deren Nichtbeachtung nicht zur Rechtswidrigkeit des Disziplinarverfahrens (Gansen: Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Band 1, 19. Aktualisierung, § 4 BDG Rz. 6 m. w. N.).

2. Nach Überzeugung des Senats hat der Beklagte die ihm in der Klageschrift vorgeworfenen Taten begangen. Der Beklagte hat im Wintersemester 2002/2003 die Zeuginnen W und S und im Mai 2003 die Zeugin H sexuell belästigt. Wegen der Feststellungen im Einzelnen nimmt der Senat auf die - im Tatbestand wiedergegebenen - Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils Bezug (§ 21 ThürDG i. V. m. § 130b Satz 2 VwGO). Insbesondere schließt sich der Senat der vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht weiter substantiiert bestrittenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an und macht sich diese zu Eigen. Der Beklagte hat durch sein erstinstanzliches Vorbringen die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung nicht zu erschüttern vermocht. Insbesondere waren die Aussagen nicht von solchen Erinnerungslücken geprägt, dass die Zeuginnen die Vorwürfe nicht mehr bestätigen konnten. Wenn auch nachvollziehbar im Einzelnen Details nicht mehr erinnerlich waren, so haben alle Zeuginnen in der gerichtlichen Vernehmung die wesentlichen den Schuldvorwurf gegen den Beklagten begründenden Tatsachen bestätigt. Der Senat ist auch ausgehend von der umfassenden nicht weiter bestrittenen erstinstanzlichen Beweiserhebung zu einer nochmaligen Beweisaufnahme nicht verpflichtet (§ 60 Abs. 4 Satz 3 ThürDG).

3. Durch die festgestellten Taten hat der Beklagte seine besondere beamtenrechtliche Pflicht verletzt, mit seinem Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 81 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 57 Satz 3 ThürBG).

Die Achtungswürdigkeit im Sinne der vorgenannten Vorschrift bedeutet die Integrität eines Beamten im äußeren Verhältnis zur Umwelt sowie das Ansehen bei den Mitbürgern einschließlich der Kollegen. Die vorzunehmende dienst- und disziplinarrechtliche Bewertung bezieht sich auf die Achtung und das Ansehen in Bezug auf die dienstliche Stellung als Beamter mit ihren Ausstrahlungen auf das Ansehen der Verwaltung. Es geht hierbei darum, das Vertrauen der Allgemeinheit in den sachgerechten Verwaltungsvollzug durch den einzelnen Beamten und damit das Vertrauen in die Achtungswürdigkeit und die Integrität der Verwaltung als solche zu wahren. Dabei hängen die Anforderungen, die an den einzelnen Beamten zur Wahrung von Achtung und Ansehen zu stellen sind, sowohl von dessen dienstlicher Stellung und den dienstlichen Aufgaben als auch davon ab, wie eng der Bezug zwischen dem konkreten Fehlverhalten und dem Dienst ist. Je höher die dienstliche Stellung des Beamten und je gewichtiger sein dienstliches Aufgabengebiet ist, umso mehr wird er als Repräsentant seines Dienstherrn und als eine die Amtsführung einer Verwaltung prägende Person betrachtet und umso größer ist auch das Ausmaß einer Ansehensschädigung durch ein Fehlverhalten, das Rückschlüsse auf die dienstliche Tätigkeit erlaubt. Die Vertrauenswürdigkeit eines Beamten meint seine integre Stellung im innerdienstlichen Verhältnis zu seinem Dienstherrn. Sie bedeutet die Gewähr des Dienstherrn über die dienstliche Zuverlässigkeit des Beamten, die darin besteht, dass dieser seiner Dienstleistungspflicht ordnungsgemäß nachkommt und die ihm obliegenden besonderen Dienstpflichten beachtet (vgl. Urteil des Senats vom 29. September 2005 - 8 DO 330/02 - ThürVBl 2006, 273 m. w. N.).

Der Beklagte hat, indem er in seiner dienstlichen Stellung die Zeuginnen W , S und H sexuell belästigt hat, gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen. Das Ansehen und Vertrauen, das ein Professor in der Öffentlichkeit genießt, sowie die von ihm zu erfüllende Vorbildfunktion verlangen es, dass es bei der Amtsausübung zu keinerlei sexuellen Belästigungen kommt. Von einem Professor muss grundsätzlich im Interesse eines ordnungsgemäßen Lehrbetriebs verlangt werden, dass er das durch die Ausbildungssituation bestehende Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnis nicht zu seinem Vorteil ausnutzt. Gerade die Nähe im Einzelunterricht gebietet ein besonders hohes Maß an Zurückhaltung und Neutralität gegenüber den Studierenden. Gegen diese Pflicht zu einem respektvollen Umgang mit Mitgliedern des anderen Geschlechts hat der Beklagte wiederholt und massiv verstoßen. Er hat damit zugleich sein Ansehen und das der Beamtenschaft, insbesondere der Hochschullehrer, beeinträchtigt. Sein Fehlverhalten begründet auch erhebliche Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit gegenüber seinem Dienstherrn. Der Beklagte hat die ihm obliegende Pflicht auch vorsätzlich und mithin schuldhaft verletzt. Es sind auch keine Anhaltspunkte für ein Fehlen seiner Schuldfähigkeit ersichtlich.

Gleichzeitig mit den festgestellten Tatbeständen hat der Beklagte auch schuldhaft gegen das Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (Beschäftigtenschutzgesetz) vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1406), das im vorliegenden Fall nach § 33 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) weiterhin Geltung beansprucht, verstoßen. Zu sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz gehören neben sexuellen Handlungen, die nach strafrechtlichen Vorschriften unter Strafe gestellt sind, gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Beschäftigtenschutzgesetz auch sonstige sexuelle Handlungen und die Aufforderung zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen und Bemerkungen sexuellen Inhalts, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden.

4. Die dem nunmehr im Ruhestand befindlichen Beklagten nachgewiesenen Taten, die ihm als einheitliches Dienstvergehen vorgeworfen werden, erfordern die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme, nämlich die Aberkennung des Ruhegehalts.

Einem Ruhestandsbeamten, der im aktiven Dienst ein schweres Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Dienst nach sich gezogen hätte, ist das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 ThürDG). Durch die Maßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts wird das Ruhestandsbeamtenverhältnis beendet. Dem liegen zum einen generalpräventive Erwägungen zugrunde. Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehenen Titel zu führen. Zum anderen gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Beamter, der nach Begehung eines zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führenden Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (vgl. nur Urteil des Senats vom 15. November 2007 - 8 DO 996/05 -; BVerwG, Urteile vom 27. Juli 1993 - 1 D 9.92 - Juris m. w. N. und - zur aktuellen Rechtslage - vom 24. Mai 2007 - 2 C 25.06 - DokBer B 2007, 295).

Der im Ruhestand befindliche Beklagte hat die ihm vorgeworfenen Taten im aktiven Dienst begangen. Wäre er noch im aktiven Dienst, wäre er aus dem Dienst zu entfernen.

Die Entfernung aus dem Dienst ist regelmäßig auszusprechen, wenn der Beamte durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. nunmehr § 11 Abs. 2 Satz 1 ThürDG). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss dabei unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Die Verhängung der Höchstmaßnahme ist dann gerechtfertigt, wenn die Abwägung aller Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Beamten ergibt, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zuzumuten ist, mit dem betroffenen Beamten das Beamtenverhältnis fortzusetzen. Neben der Schwere des Dienstvergehens sind dabei auch die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen zu berücksichtigen. Die notwendige Feststellung des Vertrauensverlustes beinhaltet dabei eine Prognose, ob sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit zukünftig so verhalten wird, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich zu erwarten ist. Das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter, daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung. Ob und ggf. inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern die Frage, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten belastenden und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in die zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde. Dies unterliegt uneingeschränkt der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Ein Beurteilungsspielraum des Dienstherrn besteht nicht (vgl. umfassend BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - NVwZ 2006, 469). Die gesamte Prognosegrundlage, also die Bewertung der Schwere des Dienstvergehens wie auch aller anderen Bemessungsgesichtspunkte, die im Hinblick auf entlastende Kriterien nicht nur auf sog. anerkannte Milderungsgründe beschränkt sind, muss ergeben, ob der Schluss auf einen verbliebenen Rest an Vertrauen in die Person des Beamten noch möglich oder der Vertrauensverlust umfassend eingetreten ist; dies ist eine Frage der Gesamtabwägung im Einzelfall.

Nach gesamter Abwägung aller Umstände verbleibt es bei der Feststellung des die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigenden endgültigen Vertrauensverlustes. Der Senat schließt sich umfassend den in der Berufungsbegründung vom Beklagten nicht näher angegriffenen und im Tatbestand wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts im streitigen Urteil an (Blatt 24 bis 28 des Urteilsumdrucks) und nimmt darauf Bezug (§ 21 ThürDG i. V. m. § 130b Satz 2 VwGO). Das Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und Beklagten war endgültig durch die besondere Schwere der Tat zerstört. Zwar haben die dem Beklagten vorgeworfenen Taten von sexuellen Berührungen und Zudringlichkeiten möglicherweise die Grenze zur strafrechtlichen Relevanz noch nicht überschritten, gleichwohl sprechen die besonderen Umstände der dem Beklagten vorgeworfenen Handlungen für ein schwerwiegendes Dienstvergehen, insbesondere das besondere Abhängigkeitsverhältnis zwischen Ausbilder und Auszubildenden, die Ausnutzung einer hervorgehobenen Stellung, das Wissen darum, dass sich die Frauen dem Einflussbereich des Ausbilders nicht ohne weiteres entziehen können, das jugendliche Alter der Frauen, die Häufigkeit der Vorfälle wie auch die Hartnäckigkeit des Vorgehens. Auch bestanden zwischen dem Beklagten und den Studentinnen sowie der Dezernatsekretärin keine dermaßen persönlichen Verhältnisse, die eine andere Bewertung seines Verhaltens rechtfertigen könnten. Die Verhängung der Höchstmaßnahme wird auch nicht durch andere Umstände in der Person des Beklagten oder in der Tat in Frage gestellt. Auch wenn zu seinen Gunsten zu berücksichtigen ist, dass er weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet ist, so vermag dies aufgrund der Schwere des Dienstvergehens, das sich nicht als einmaliges Augenblicksversagen darstellt, den Vertrauensbruch in Frage zu stellen. Ebenso fällt das vom Beklagten nach der Tat gezeigte Verhalten nicht mildernd ins Gewicht. Zu Recht erkennt das Verwaltungsgericht, dass es der Hochschule überdies nicht zumutbar ist, weiterhin Auszubildende der vom Beklagten ausgenutzten Situation auszusetzen.

Der Verlust der Versorgungsbezüge ist auch nicht unverhältnismäßig. Dabei kommt es nicht auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den angeschuldigten Beamten an. In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die dementsprechend verhängte Maßnahme. Hat ein Beamter - wie hier - durch ihn vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, dann ist die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig; sie beruht vielmehr auf ihm zurechenbarem Verhalten (BVerwG, Urteile vom 5. Oktober 1994 - 1 D 23.94 -, und vom 17. April 1996 - 1 D 54.95 - Juris, jeweils m. w. N.). Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Ruhestandsbeamte der Nachversicherung unterliegt, die aus der Aberkennung des Ruhegehalts ergebenden wirtschaftlichen Folgen müssen sozialrechtlich und nicht disziplinarrechtlich gelöst werden.

Der Ausspruch einer milderen Disziplinarmaßnahme ist auch nicht durch die Dauer des Disziplinarverfahrens gerechtfertigt. Die Disziplinarmaßnahme der Entfernung des Beamten aus dem Dienst bzw. der Aberkennung des Ruhegehalts knüpft daran an, dass das Vertrauensverhältnis zu dem Beamten zerstört ist. Die Dauer des Verfahrens ist kein Umstand, der zu der Beurteilung führen könnte, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten bestehen geblieben ist. Wenn aber die Vertrauensgrundlage zerstört ist, bleibt hinsichtlich der Disziplinarmaßnahme für die Berücksichtigung der Dauer des Disziplinarverfahrens kein Raum. Die Verhängung der Höchstmaßnahme ist in diesem Fall die einzig mögliche Entscheidung, die dem Zweck des Disziplinarrechts gerecht wird, die Integrität des Berufsbeamtentums zu wahren und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1998 - 1 D 12.97 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 16).

Der Senat weist abschließend darauf hin, dass mangels einer anderweitig zu treffenden Regelung nach § 55 Abs. 3 ThürDG dem Beklagten ein Anspruch auf Unterhaltsbeitrag nach § 10 Abs. 4 ThürDG zusteht.

Die Kosten der erfolglosen Berufung fallen dem Beklagten zur Last (§ 73 ThürDG).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§§ 62 Abs. 3, 66 Abs. 1 ThürDG i. V. m. § 132 VwGO).

Ende der Entscheidung

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