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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 22.09.1988
Aktenzeichen: 199/87
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 1078/77 EWG, Verordnung Nr. 1391/78 EWG


Vorschriften:

Verordnung Nr. 1078/77 EWG
Verordnung Nr. 1391/78 EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Ausdrücke "Betriebsnachfolger" in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände und "überlässt" in Artikel 9 Absatz 4 der zur Durchführung dieser Verordnung erlassenen Verordnung Nr. 1391/78 erfassen auch den Fall, daß der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs infolge einer Zwangsversteigerung wechselt.

Der Wechsel des Eigentümers eines landwirtschaftlichen Betriebs im Wege der Zwangsversteigerung stellt keinen Fall höherer Gewalt im Sinne von Artikel 12 der Verordnung Nr. 1391/78 in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung Nr. 1799/79 dar, sofern die Zwangsversteigerung des Betriebs nicht die Folge eines aussergewöhnlichen, vom Willen des Betriebsinhabers unabhängigen Ereignisses ist und für ihn daher nicht unvorhersehbar und unvermeidbar ist.

2. Nach Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 sowie Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1391/78 ist der Betrag der ausgezahlten Prämien für die Nichtvermarktung von Milch auch bei nur teilweiser Nichterfuellung der Verpflichtungen aus der Prämienregelung Verpflichtungen in vollem Umfang zu erstatten.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 22. SEPTEMBER 1988. - MADS PEDER JENSEN GEGEN LANDBRUGSMINISTERIET. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM HOEJESTERET. - PRAEMIEN FUER DIE NICHTVERMARKTUNG VON MILCH. - RECHTSSACHE 199/87.

Entscheidungsgründe:

1 Der dänische Höjesteret hat mit Entscheidung vom 23. Juni 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Juni 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände ( ABl. L 131, S. 1 ) sowie der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 mit geänderten Durchführungsbestimmungen zur Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände ( ABl. L 167, S. 45 ) in der Fassung der Verordnung Nr. 1799/79 der Kommission vom 13. August 1979 ( ABl. L 206, S. 12 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Mads Peter Jensen, Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs ( Beklagter ), und dem dänischen Landwirtschaftsministerium ( Ministerium ). Der Beklagte schloß am 12. September 1979 mit dem Ministerium einen Vertrag über die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen während eines Zeitraums von fünf Jahren. Die Prämie, welche die Gegenleistung für die eingegangenen Verpflichtungen darstellte, war nach diesem Vertrag zurückzuerstatten, wenn der Empfänger die sich aus der Prämienregelung ergebenden Verbindlichkeiten nicht einhalten oder wenn ein etwaiger Erwerber des Betriebs sie nicht übernehmen würde. Die Hälfte der Prämie von insgesamt 289 120 DKR wurde zu Beginn des fünfjährigen Nichtvermarktungszeitraums gezahlt, während der Restbetrag in zwei Raten in Höhe von je 25 % der Prämie bis Ende des dritten beziehungsweise des fünften Jahres entrichtet werden sollte.

3 Am 15. April 1981 wurde der Betrieb im Wege der Zwangsversteigerung an den Dansk Landbrugs Realkreditfond ( dänischer Fonds für Kredite an die Landwirtschaft ) verkauft, der ihn später an einen Privatmann weiterveräusserte. Da dieser die Verpflichtungen des Beklagten aus dem Nichtvermarktungsvertrag nicht übernommen hatte, verlangte das Ministerium von letzterem die Erstattung des bereits ausbezahlten Prämienbetrags in Höhe von 144 560 DKR.

4 Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach. Das Ministerium verklagte ihn daraufhin vor dem Vestre Landsret. Gegen das Urteil des Vestre Landsret vom 31. August 1983, mit dem der Klage in der ersten Instanz stattgegeben wurde, legte der Beklagte Berufung beim Höjesteret ein, wobei er im wesentlichen geltend machte, die Voraussetzungen für eine Rückerstattung lägen nicht vor. Von einer Nichterfuellung des Vertrages könne nämlich nur bei einer freiwilligen Abtretung die Rede sein, nicht dagegen bei einer Veräusserung im Wege der Zwangsversteigerung. Hilfsweise trug er vor, der Nichtvermarktungsvertrag sei in jedem Falle während eines Zeitraums von zwei Jahren, d. h. von 40 % seiner Laufzeit eingehalten worden, was einem Teilbetrag der Prämie von 115 648 DKR entspreche, der infolgedessen von der tatsächlich gezahlten Summe von 144 560 DKR abzuziehen sei.

5 Nach Ansicht des Höjesteret hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung der Gemeinschaftsregelung über die Nichtvermarktungsprämien ab. Es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"1 ) Erfassen die Begriffe 'Betriebsnachfolger' (' overtager' ) im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates und 'überlässt' (' overdrager' bzw. 'afstaar' ) im Sinne von Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission und von Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission auch den Fall, daß der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs aufgrund einer Zwangsversteigerung wechselt?

2 ) Wird der Fall, daß der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs aufgrund einer Zwangsversteigerung wechselt, von den Bestimmungen des Artikels 12 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission in der Fassung des Artikels 1 der Verordnung Nr. 1799/79 der Kommission betreffend höhere Gewalt erfasst?

3 ) Sind die Artikel 6 Absatz 1 und 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates sowie 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission, wonach die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen treffen, um bereits gezahlte Prämienbeträge wieder einzuziehen, dahin auszulegen, daß ein Rückerstattungsanspruch nur anteilig für den Zeitraum erhoben werden kann, in dem die sich aus der Prämienregelung ergebenden Verpflichtungen nicht erfuellt worden sind?"

6 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des einschlägigen Gemeinschaftsrechts, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Sachverhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zum einschlägigen Gemeinschaftsrecht

7 Zur sachdienlichen Beantwortung der gestellten Fragen bedarf es zunächst einer Darstellung der anwendbaren Gemeinschaftsregelung.

8 Um die Überschüsse bei der Produktion von Milch und Milcherzeugnissen zu begrenzen, hat die Verordnung Nr. 1078/77 des Rates ein System von Prämien eingeführt, die an diejenigen Landwirte zu zahlen sind, welche entweder auf die Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen verzichten ( Nichtvermarktungsprämie ) oder ihre Milchkuhbestände auf Bestände zur Fleischerzeugung umstellen ( Umstellungsprämie ). Die Nichtvermarktungsprämien, um die es vorliegend geht, werden auf Antrag jedem Milcherzeuger gewährt, der sich verpflichtet, während eines Zeitraums von fünf Jahren Milch oder Milcherzeugnisse aus seinem Betrieb weder zu verkaufen noch kostenlos abzugeben ( Artikel 1 und 2 ).

9 Besondere Regeln sind für den Fall der Abtretung des Betriebs vorgesehen. So heisst es in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77, daß "jeder Betriebsnachfolger sich schriftlich verpflichten (( kann )), die von seinem Vorgänger eingegangenen Verpflichtungen weiterhin zu erfuellen ". "In diesem Fall" - so fährt die Bestimmung fort - "behält der Vorgänger die bereits gezahlten Beträge, und der Restbetrag wird an den Nachfolger gezahlt", während "andernfalls... die bereits gezahlten Beträge von dem Vorgänger zurückgezahlt (( werden ))".

10 Gemäß Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung treffen die Mitgliedstaaten - abgesehen von bestimmten Sonderfällen, die hier nicht vorliegen - "die erforderlichen Maßnahmen, um bei der Nichteinhaltung der Verpflichtungen die bereits gezahlten Prämienbeträge wiedereinzuziehen ".

11 Zur Durchführung der vom Rat geschaffenen Regelung hat die Kommission u. a. die Verordnung Nr. 1391/78 erlassen, die an die Stelle der Verordnung Nr. 1307/77 vom 15. Juni 1977 ( ABl. L 150, S. 24 ) getreten ist. Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1391/78 bestimmt : "Überlässt der Begünstigte seinen Betrieb ganz oder teilweise anderen, so teilt er dies vorher der für die Prämiengewährung zuständigen Stelle mit und weist gegebenenfalls nach, inwieweit der Übernehmer die Verpflichtungen der Prämienregelung übernimmt. Die zuständige Stelle... zieht (( gegebenenfalls ))... die an den Begünstigsten gezahlten Beträge wieder ein."

12 Artikel 12 der Verordnung Nr. 1391/78 in der Fassung der Verordnung Nr. 1799/79 mildert den Rückerstattungsgrundsatz für den Fall höherer Gewalt in gewissem Umfang ab. Insbesondere gestattet Artikel 12 Absatz 1 den Mitgliedstaaten, die bereits gezahlten Prämien nicht wiedereinzuziehen, wenn "der Begünstigte oder sein... Betriebsnachfolger... nicht oder nur mit unverhältnismässigen Opfern in der Lage (( ist )), eine sich aus der Prämienregelung ergebende Verpflichtung einzuhalten ". Artikel 12 Absatz 2 führt Fälle auf, in denen neben anderen Maßnahmen die Nichtwiedereinziehung der gezahlten Prämien - "unbeschadet konkreter Umstände, die in jedem Einzelfall zu berücksichtigen sind" - gerechtfertigt sein kann. Diese Liste umfasst den Tod und die dauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten, die Enteignung und die zufällige Zerstörung des Betriebs, Naturkatastrophen sowie schließlich den Seuchenbefall des Viehbestands des Begünstigten.

Zur ersten Frage

13 In Anbetracht des in der Vorlageentscheidung mitgeteilten Sachverhalts ist die erste Frage im wesentlichen dahin zu verstehen, ob die Begriffe "Betriebsnachfolger" in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 und "überlässt" in Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 auch den Fall erfassen, daß der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs infolge einer Zwangsversteigerung wechselt.

14 Ministerium und Kommission stimmen darin überein, daß diese Bestimmungen nach ihrem Wortlaut wie nach den mit der Prämienregelung verfolgten Zielen für jede Form der Überlassung eines landwirtschaftlichen Betriebs unabhängig davon geltend müssen, auf welchem Wege die Übertragung stattgefunden habe.

15 Dem ist zu folgen. Die wörtliche Auslegung der Ausdrücke "Betriebsnachfolger" und "überlässt" sowie ihrer Entsprechungen in den anderen sprachlichen Fassungen, die sämtlich ohne Einschränkung gebraucht sind, ergibt nämlich, daß die in Rede stehenden Bestimmungen in allen Fällen der Überlassung des landwirtschaftlichen Betriebs an einen Dritten anwendbar sind, ohne daß es auf die Art und Weise der Übertragung ankäme. Die genannten Bestimmungen gelten deshalb auch für den Fall, daß der Eigentümer des Betriebs im Wege der Zwangsversteigerung wechselt.

16 Diese weite Auslegung entspricht der Zielsetzung der Regelung, die Weitererfuellung der vom Prämienbegünstigten eingegangenen Verpflichtungen dadurch zu sichern, daß dem Betriebsnachfolger gestattet wird, diese Verpflichtungen mit befreiender Wirkung für den früheren Inhaber zu übernehmen, dessen Verpflichtung, die empfangene Prämie zurückzuzahlen, alsdann erlöschen kann.

17 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß die Ausdrücke "Betriebsnachfolger" in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 und "überlässt" in Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 auch den Fall erfassen, daß der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs infolge einer Zwangsversteigerung wechselt.

Zur zweiten Frage

18 Die zweite Frage geht im wesentlichen dahin, ob der Wechsel des Eigentümers eines landwirtschaftlichen Betriebs infolge einer Zwangsversteigerung einen Fall höherer Gewalt im Sinne von Artikel 12 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung Nr. 1799/79 der Kommission vom 13. August 1979 darstellt.

19 Ministerium und Kommission weisen darauf hin, daß die Zwangsversteigerung in Artikel 12 Absatz 2 nicht erwähnt wird, der eine Aufzählung der Fälle enthält, in denen die Nichtwiedereinziehung der gezahlten Prämien wegen höherer Gewalt gerechtfertigt sein kann. Sie falle auch nicht unter den allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Begriff der höheren Gewalt, auf den Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung Bezug nehme. Dieser Begriff erfasse nicht Sachverhalte, die einem üblichen wirtschaftlichen Risiko entsprächen. Überdies stehe fest, daß der Begriff der höheren Gewalt eine Ausnahme von dem Grundsatz bilde, daß eingegangene Verpflichtungen einzuhalten seien, und daß er daher eng auszulegen sei.

20 Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1391/78 in seiner geänderten Fassung enthält keine abschließende Aufzählung der Fälle, in denen unter anderem die Nichtwiedereinziehung der bereits gezahlten Prämien gerechtfertigt sein kann. Daß die Zwangsversteigerung des Betriebs in dieser Liste nicht erwähnt ist, steht daher dem nicht entgegen, eine solche Versteigerung unter Artikel 12 Absatz 1 zu fassen, soweit dessen Tatbestand erfuellt ist. Es ist daher zu prüfen, ob die Zwangsversteigerung des Betriebs einen Fall höherer Gewalt im Sinne des Artikels 12 Absatz 1 darstellen kann.

21 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sind unter höherer Gewalt ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse zu verstehen, auf die der betroffene Wirtschaftsteilnehmer keinen Einfluß hatte und deren Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können ( vgl. Urteil vom 22. Januar 1986 in der Rechtssache 266/84, Denkavit France, Slg. 1986, 164 ).

22 Nach diesen Kriterien kann die Zwangsversteigerung eines Betriebs vor allem dann grundsätzlich keinen Fall höherer Gewalt darstellen, wenn die finanziellen Schwierigkeiten, die zu der Zwangsversteigerung geführt haben, zu den normalen wirtschaftlichen Risiken gehören, mit denen der Betriebsinhaber bei vernünftiger Betrachtungsweise fertig zu werden hat. Anders kann es sich jedoch verhalten, wenn die Zwangsversteigerung des Betriebs die Folge eines derart aussergewöhnlichen, vom Willen des Betroffenen unabhängigen Ereignisses war, daß sie für ihn einen unvorhersehbaren und unvermeidbaren Umstand im Sinne der angeführten Rechtsprechung darstellt.

23 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung der vom Gerichtshof dargelegten Auslegungsgesichtspunkte festzustellen, ob diese Voraussetzungen erfuellt sind.

24 Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, daß der Wechsel des Eigentümers eines landwirtschaftlichen Betriebs im Wege der Zwangsversteigerung keinen Fall höherer Gewalt im Sinne von Artikel 12 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung Nr. 1799/79 der Kommission vom 13. August 1979 darstellt, sofern die Zwangsversteigerung des Betriebs nicht die Folge eines aussergewöhnlichen, vom Willen des Betriebsinhabers unabhängigen Ereignisses ist und für ihn daher nicht unvorhersehbar und unvermeidbar ist.

Zur dritten Frage

25 Mit seiner dritten Frage will das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob die ausgezahlten Prämienbeträge bei teilweiser Nichterfuellung der Verpflichtungen aus der Prämienregelung nach Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 sowie Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 in vollem Umfang oder nur in einer Höhe zurückzuerstatten sind, die dem Zeitraum entspricht, während dessen diese Verpflichtungen nicht erfuellt wurden.

26 Ministerium und Kommission vertreten übereinstimmend die Auffassung, daß die ausgezahlten Prämien nach der streitigen Regelung - von bestimmten Sonderfällen wie dem der höheren Gewalt abgesehen - vollständig zurückzuerstatten seien, wenn die Bedingungen für ihre Gewährung nicht während des gesamten fünfjährigen Nichtvermarktungszeitraums erfuellt würden. Die Kommission bemerkt weiterhin, diese Auslegung stehe nicht in Widerspruch zu dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit, da nur dann gewährleistet sei, daß die Erzeuger die streitige Regelung während des gesamten Zeitraums der Nichtvermarktung befolgten, wenn bei Nichteinhaltung der eingegangenen Verpflichtung der gesamte ausgezahlte Betrag erstattet werden müsse.

27 Der Wortlaut der hier zu prüfenden Bestimmungen lässt klar erkennen, daß bei Nichterfuellung der sich aus der Prämienregelung ergebenden Verpflichtungen der bereits ausgezahlte Prämienbetrag in vollem Umfang und nicht lediglich in einer Höhe zurückzuerstatten ist, die dem Zeitraum entspricht, während dessen diese Verpflichtungen nicht erfuellt wurden.

28 Dieser Auslegung steht nicht entgegen, daß die Prämie nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 im Laufe des ersten, des dritten und des fünften Jahres des Nichtvermarktungszeitraums in Teilbeträgen von 50 % und zweimal 25 % gezahlt wird. Nach den Begründungserwägungen der Verordnung soll dieser Zahlungsmodus die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen aus der Anwendung der Prämienregelung erleichtern. Aus der genannten Vorschrift können daher keine Argumente für die Begrenzung dieser Verpflichtungen abgeleitet werden.

29 Dieser Auslegung lässt sich auch nicht entgegenhalten, daß eine Regelung, die für den Fall der teilweisen Nichterfuellung der eingegangenen Verpflichtungen die Erstattung des gesamten ausgezahlten Betrages vorschreibt, ausser Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stuende.

30 Die Vorschriften über die Nichtvermarktungsprämien sollen die Überschüsse von Milch und Milcherzeugnissen auf dem Markt dadurch verringern helfen, daß sie den Landwirten einen Anreiz dafür bieten, während eines bestimmten Zeitraums auf die Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen zu verzichten. Im Lichte dieser Zielsetzung zeigen die genannten Vorschriften, daß der maßgebliche Rechtsgrund für die Gewährung und den endgültigen Erwerb der Nichtvermarktungsprämien die tatsächliche Einstellung jeder Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen während des gesamten vorgesehenen Fünfjahreszeitraums ist, so daß selbst eine nur teilweise Verletzung dieser Verpflichtung die Rechtfertigung und die Rechtsgrundlage für die Gewährung der Prämie und das Recht, sie zu behalten, entfallen lässt. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist damit nicht verletzt.

31 Aus all diesen Gründen ist die dritte Frage dahin zu beantworten, daß nach Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 sowie Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 der Betrag der ausgezahlten Prämien auch bei nur teilweiser Nichterfuellung der Verpflichtungen aus der Prämienregelung in vollem Umfang zu erstatten ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

32 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Dritte Kammer )

auf die ihm vom dänischen Höjesteret mit Antrag von 23. Juni 1987 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Die Ausdrücke "Betriebsnachfolger" in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 und "überlässt" in Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 erfassen auch den Fall, daß der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs infolge einer Zwangsversteigerung wechselt.

2 ) Der Wechsel des Eigentümers eines landwirtschaftlichen Betriebs im Wege der Zwangsversteigerung stellt keinen Fall höherer Gewalt im Sinne von Artikel 12 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung Nr. 1799/79 der Kommission vom 13. August 1979 dar, sofern die Zwangsversteigerung des Betriebs nicht die Folge eines aussergewöhnlichen, vom Willen des Betriebsinhabers unabhängigen Ereignisses ist und für ihn daher nicht unvorhersehbar und unvermeidbar ist.

3 ) Nach Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 sowie Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1391/78 der Kommission vom 23. Juni 1978 ist der Betrag der ausgezahlten Prämien auch bei nur teilweiser Nichterfuellung der Verpflichtungen aus der Prämienregelung in vollem Umfang zu erstatten.

Ende der Entscheidung

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