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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.12.1989
Aktenzeichen: 26/88
Rechtsgebiete: EWGV, VO Nr. 802/68/EWG


Vorschriften:

EWGV Art. 177
VO Nr. 802/68/EWG Art. 5
VO Nr. 802/68/EWG Art. 6
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Im Sinne von Artikel 5 der Verordnung Nr. 802/68, ausgelegt im Lichte der Bestimmungen des von der Gemeinschaft angenommenen Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren, fallen einfache Zusammensetzungsarbeiten nicht unter den Begriff der für die Bestimmung des Ursprungs einer Ware zu berücksichtigenden wesentlichen Be - oder Verarbeitung. Als solche einfache Zusammensetzungsarbeiten sind Vorgänge anzusehen, die weder Arbeitskräfte mit besonderer Qualifikation für die betreffenden Arbeiten noch hochentwickelte Gerätschaften, noch besonders für die Montage ausgerüstete Fabriken erfordern. Solche Vorgänge können nicht als geeignet angesehen werden, zu den wesentlichen Merkmalen oder Eigenschaften der betreffenden Waren beizutragen.

2. Wie sich sowohl aus Artikel 5 der Verordnung Nr. 802/68 als auch aus den Bestimmungen des von der Gemeinschaft angenommenen Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren ergibt, reicht die reine Montage von vorgefertigten Einzelteilen mit Ursprung in einem anderen Land als dem der Montage aus, um für das dadurch entstandene Erzeugnis den Ursprung in dem Land zu begründen, in dem die Montage stattgefunden hat, sofern die Montage aus technischer Sicht und im Hinblick auf die Definition der betreffenden Ware die entscheidende Herstellungsstufe bildet, auf der die Bestimmung der verwendeten Bestandteile konkretisiert wird und auf der der betreffenden Ware ihre besonderen qualitativen Eigenschaft verliehen werden. Führt die Anwendung dieses Kriteriums nicht zu einem Ergebnis, so ist zu prüfen, ob die Gesamtheit der in Rede stehenden Montagevorgänge eine spürbare Erhöhung des Handelswertes des Enderzeugnisses auf der Stufe ab Werk zur Folge hat; dagegen ist nicht zu prüfen, ob bei der Montage eine eigene geistige Leistung erbracht wird.

3. Artikel 6 der Verordnung Nr. 802/68 über die gemeinsame Begriffsbestimmung für den Warenursprung ist dahin auszulegen, daß die Verlagerung der Montage aus dem Land der Herstellung der Bestandteile in ein anderes Land, in dem bereits vorhandene Produktionsstätten genutzt werden, für sich gesehen nicht die Vermutung rechtfertigt, daß diese Verlagerung nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, die in der Gemeinschaft oder in den Mitgliedstaaten für Waren bestimmter Länder gelten, es sei denn, es besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten der einschlägigen Regelung und der Verlagerung der Montage. In diesem Fall obliegt dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer der Nachweis, daß die Montagevorgänge aus einem sachgerechten Grund und nicht zu dem Zweck, den Folgen der betreffenden Bestimmungen zu entgehen, in dem Land stattgefunden haben, aus dem die Waren eingeführt worden sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 13. DEZEMBER 1989. - BROTHER INTERNATIONAL GMBH GEGEN HAUPTZOLLAMT GIESSEN. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HESSISCHES FINANZGERICHT - DEUTSCHLAND. - WARENURSPRUNG - MONTAGE VON VORGEFERTIGTEN EINZELTEILEN. - RECHTSSACHE 26/88.

Entscheidungsgründe:

1 Das Hessische Finanzgericht hat mit Beschluß vom 17. Dezember 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Januar 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 5 und 6 der Verordnung ( EWG ) Nr. 802/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Begriffsbestimmung für den Warenursprung ( ABl. L 148, S. 1 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Brother International GmbH und dem Hauptzollamt Gießen über die Nacherhebung von Antidumpingzoll.

3 Die Brother International GmbH führte in den Jahren 1984 und 1985 elektronische Schreibmaschinen aus Taiwan in die Bundesrepublik Deutschland ein, die sie als Ware mit Ursprung in Taiwan anmeldete.

4 Im Dezember 1985 leitete die Kommission ein Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren von elektronischen Schreibmaschinen mit Ursprung in Taiwan ein ( ABl. C 358, S. 7 ). Dieses Verfahren wurde mit Beschluß der Kommission vom 23. Mai 1986 ( ABl. L 140, S. 52 ) mit der Begründung eingestellt, daß die betreffenden Waren ihren Ursprung nicht in Taiwan hätten. In diesem Beschluß führte die Kommission unter anderem aus, "daß die in Taiwan ausgeführten Be - und Verarbeitungsvorgänge nicht ausreichen, um den Waren den Ursprung Taiwan im Sinne der Verordnung ( EWG ) Nr. 802/68 des Rates zu verleihen ".

5 Die Brother Industries Ltd, Japan, die Taiwan Brother Industries Ltd, Taiwan, und die Brother International Europe Ltd, Vereinigtes Königreich, erhoben beim Gerichtshof Klage auf Aufhebung dieses Beschlusses der Kommission, mit der sie geltend machten, die Kommission habe den betreffenden Waren zu Unrecht den Ursprung Taiwan abgesprochen. Diese Klage wurde mit Beschluß vom 30. September 1987 in der Rechtssache 229/86 ( Slg. 1987, 3757 ) mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, daß der angefochtene Beschluß keine die klagenden Unternehmen beschwerende Handlung darstellt, da die Entscheidung über den Warenursprung unbeschadet der Möglichkeit eines Vorabentscheidungsersuchens Sache der nationalen Behörden ist.

6 Im Zuge einer bei der Brother International GmbH im September 1986 durchgeführten Prüfung kamen die deutschen Behörden zu dem Ergebnis, daß die von dem Unternehmen aus Taiwan eingeführten elektronischen Schreibmaschinen als Waren mit Ursprung in Japan anzusehen seien und deshalb unter die Verordnung ( EWG ) Nr. 1698/85 des Rates vom 19. Juni 1985 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren von elektronischen Schreibmaschinen mit Ursprung in Japan ( ABl. L 163, S. 1 ) fielen. Das Hauptzollamt Gießen forderte daher mit Nacherhebungsbescheid vom 12. Mai 1987 insgesamt 3 210 277,83 DM Antidumpingzoll von der Brother International GmbH nach.

7 Die Brother International GmbH legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein und beantragte beim Hauptzollamt Gießen die Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheids. Nach der Ablehnung dieses Antrags beantragte die Brother International GmbH beim Hessischen Finanzgericht die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des Nacherhebungsbescheids. Zur Begründung ihres Antrags führte sie im wesentlichen aus, in Taiwan habe sich eine komplett eingerichtete Fabrik befunden, in der die im wesentlichen in Japan hergestellten und nach Taiwan verbrachten Einzelteile montiert und zu fertigen Schreibmaschinen zusammengesetzt worden seien. Die streitigen Schreibmaschinen seien daher als Ware mit Ursprung in Taiwan anzusehen. Von einer Umgehung von Rechtsvorschriften könne schon deshalb nicht gesprochen werden, weil die Fabrik in Taiwan bereits lange vor dem Inkrafttreten der Antidumpingzollregelung bestanden habe und dort hergestellte Schreibmaschinen schon seit 1982 in die Bundesrepublik Deutschland geliefert worden seien.

8 Nach Ansicht des Hauptzollamts handelt es sich bei der Fabrik des Unternehmens Brother in Taiwan um eine "Schraubenzieherfabrik", in der lediglich Einzelteile ausgepackt und zusammengesetzt würden. Dieser Vorgang stelle keine ursprungsbegründende wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Be - oder Verarbeitung dar. Selbst wenn man aber von einer ursprungsbegründenden Bearbeitung ausgehe, müsse Antidumpingzoll erhoben werden, denn die Verlagerung der Endmontage von Japan nach Taiwan rechtfertige ohne weiteres die Vermutung, daß diese Verlagerung nur die Umgehung der Antidumpingzollregelung bezwecke.

9 Das Hessische Finanzgericht ist der Auffassung, daß seine Entscheidung von der Auslegung der Artikel 5 und 6 der Verordnung ( EWG ) Nr. 802/68 abhängt; es hat dem Gerichtshof daher mit Beschluß vom 17. Dezember 1987 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"Ist Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 802/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Begriffsbestimmung für den Warenursprung ( ABl. L 148, S. 1 ) dahin auszulegen, daß auch die reine Montage von bereits vorgefertigten eingeführten Einzelteilen zu einem neuen Gegenstand als letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Be - oder Verarbeitung ursprungsbegründend ist, oder ist neben der Montage noch eine eigene geistige Leistung erforderlich, damit die Montage ursprungsbegründend wirkt?

Falls die blosse Montage von vorgefertigten Einzelteilen ursprungsbegründend im Sinne des Artikels 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 802/68 wirkt, ist Artikel 6 der Verordnung ( EWG ) Nr. 802/68 dahin gehend auszulegen, daß bereits die Umleitung der Exporte unter Ausnutzung schon vorhandener Produktionsstätten die Vermutung rechtfertigt, daß die Umleitung die Umgehung von Bestimmungen ( Antidumpingzoll ) bezweckt?"

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Ablaufs des Verfahrens und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Auslegung von Artikel 5 der Verordnung Nr. 802/68

11 Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, unter welchen Voraussetzungen die reine Montage von vorgefertigten Einzelteilen mit Ursprung in einem anderen Land als dem der Montage ausreicht, um den Ursprung des dadurch entstandenen Erzeugnisses in dem Land zu begründen, in dem die Montage stattgefunden hat.

12 Artikel 5 der Verordnung Nr. 802/68 sieht folgendes vor :

"Eine Ware, an deren Herstellung zwei oder mehrere Länder beteiligt sind, hat ihren Ursprung in dem Land, in dem die letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Be - oder Verarbeitung stattgefunden hat, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen worden ist und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt."

13 Die Brother International GmbH ist der Ansicht, daß Artikel 5 der Verordnung Kriterien technischer Art aufstelle und daß die Montage ein klassischer Verarbeitungsvorgang im Sinne dieser Vorschrift sei, soweit sie wie im vorliegenden Fall darin bestehe, aus einer Vielzahl von Einzelheiten ein neues sinnhaftes Ganzes zusammenzusetzen. Eine nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 802/68 erlassene Durchführungsverordnung zur Festlegung von ursprungsbegründenden Voraussetzungen könne wirtschaftliche Kriterien einer Montage definieren, nicht aber Kriterien für deren geistigen Gehalt.

14 Nach Ansicht der Kommission kann dagegen die reine Montage von vorgefertigten Einzelteilen nicht als eine wesentliche Be - oder Verarbeitung im Sinne von Artikel 5 der Verordnung angesehen werden, wenn dieser Vorgang nach dem erforderlichen Arbeits - und Sachaufwand und der erzielten Wertschöpfung von deutlich geringerer Bedeutung sei als die in einem oder mehreren anderen Ländern stattfindenden Be - oder Verarbeitungsvorgänge.

15 Aus Artikel 5 der Verordnung in seiner Auslegung durch den Gerichtshof ergibt sich, daß das entscheidende Kriterium dasjenige der letzten wesentlichen Be - oder Verarbeitung ist. Diese Beurteilung wird im übrigen durch die Norm 3 der Anlage D.1 zum Internationalen Übereinkommen zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren ( Übereinkommen von Kyoto ) bestätigt, die mit dem Beschluß 77/415/EWG des Rates vom 3. Juni 1977 ( ABl. L 166, S. 1 und 3 ) im Namen der Gemeinschaft angenommen worden ist. Diese Norm lautet : "Sind an der Herstellung einer Ware zwei oder mehrere Länder beteiligt, so wird der Ursprung dieser Ware nach dem Kriterium der wesentlichen Verarbeitung bestimmt."

16 Artikel 5 der Verordnung regelt nicht, inwieweit Montagevorgänge als wesentliche Be - oder Verarbeitung eingestuft werden können. In der Norm 6 des Übereinkommens von Kyoto heisst es :

"Nicht als wesentliche Be - oder Verarbeitung gelten Arbeitsvorgänge, die nicht oder nur wenig zu den wesentlichen Merkmalen oder Eigenschaften der Waren beitragen, insbesondere solche, die ausschließlich aus einem oder mehreren der folgenden Vorgänge bestehen :

c ) einfachen Zusammensetzungsarbeiten;

..."

17 Als einfache Zusammensetzungsarbeiten sind Vorgänge anzusehen, die weder Arbeitskräfte mit besonderer Qualifikation für die betreffenden Arbeiten noch hochentwickelte Gerätschaften, noch besonders für die Montage ausgerüstete Fabriken erfordern. Solche Vorgänge können nicht als geeignet angesehen werden, zu den wesentlichen Merkmalen oder Eigenschaften der betreffenden Waren beizutragen.

18 Das Übereinkommen von Kyoto beschränkt sich darauf, vom Begriff der wesentlichen Be - oder Verarbeitung einfache Zusammensetzungsarbeiten auszunehmen; es legt nicht fest, unter welchen Voraussetzungen andere Montagearten eine wesentliche Be - oder Verarbeitung darstellen können. Ob diese anderen Montagearten eine wesentliche Be - oder Verarbeitung darstellen, muß in jedem Einzelfall anhand objektiver Kriterien festgestellt werden.

19 Ein Montagevorgang kann als ursprungsbegründend angesehen werden, wenn er aus technischer Sicht und im Hinblick auf die Definition der betreffenden Ware die entscheidende Herstellungsstufe bildet, auf der die Bestimmung der verwendeten Bestandteile konkretisiert wird und auf der der Ware ihre besonderen qualitativen Eigenschaften verliehen werden ( siehe das Urteil vom 31. Januar 1979 in der Rechtssache 114/78, Yoshida, Slg. 1979, 151 ).

20 Bei der Vielzahl der unter den Begriff der Montage fallenden Vorgänge kann es jedoch Sachverhalte geben, bei denen sich der Ursprung einer Ware nicht anhand technischer Kriterien bestimmen lässt. In diesen Fällen ist hilfsweise das Kriterium der durch die Montage erzielten Wertschöpfung heranzuziehen.

21 Die Erheblichkeit dieses Kriteriums wird im übrigen durch das Übereinkommen von Kyoto bestätigt; in den Anmerkungen zu der Norm 3 der Anlage D.1 zu diesem Übereinkommen heisst es, daß das Kriterium der wesentlichen Verarbeitung in der Praxis in der Regel des prozentualen Wertanteils zum Ausdruck kommen kann, wenn der Prozentsatz des Wertes der verwendeten Waren oder der Prozentsatz des Wertzuwachses eine bestimmte Höhe erreicht.

22 Bei der Anwendung dieses Kriteriums und insbesondere bei Beantwortung der Frage, wie hoch die Wertschöpfung sein muß, um den Ursprung der betreffenden Ware zu bestimmen, ist davon auszugehen, daß die Gesamtheit der in Rede stehenden Montagevorgänge zu einer spürbaren Erhöhung des Handelswertes des Enderzeugnisses auf der Stufe ab Werk führen muß. Insoweit ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es das Ausmaß der Wertschöpfung im Land der Montage im Vergleich zur Wertschöpfung in anderen Ländern rechtfertigt, das Land der Montage als Ursprungsland anzusehen.

23 Sind an der Herstellung einer Ware nur zwei Länder beteiligt und erweist sich die Prüfung anhand technischer Kriterien als ungeeignet für die Bestimmung des Warenursprungs, so genügt die reine Montage dieser Ware in dem einen Land aus vorgefertigten, aus dem anderen Land stammenden Einzelteilen nicht, um für das daraus entstandene Erzeugnis den Ursprung im Land der Montage zu begründen, wenn die dort erzielte Wertschöpfung spürbar geringer ist als die Wertschöpfung in dem anderen Land. Es ist klarzustellen, daß bei einem solchen Sachverhalt eine prozentuale Wertschöpfung von weniger als 10 % - was der von der Kommission in ihren Erklärungen vorgetragenen Schätzung entspricht - in keinem Fall als ausreichend angesehen werden kann, um für das Enderzeugnis den Ursprung im Land der Montage zu begründen.

24 Der Ursprung einer Ware, die Gegenstand einer Montage war, ist anhand der vorgenannten Kriterien zu bestimmen, ohne daß zu prüfen ist, ob bei der Montage eine eigene geistige Leistung erbracht wird, denn dieses Kriterium ist in Artikel 5 der Verordnung nicht vorgesehen.

25 Auf die erste Vorlagefrage ist demnach zu antworten, daß die reine Montage von vorgefertigten Einzelteilen mit Ursprung in einem anderen Land als dem der Montage ausreicht, um für das dadurch entstandene Erzeugnis den Ursprung in dem Land zu begründen, in dem die Montage stattgefunden hat, sofern die Montage aus technischer Sicht und im Hinblick auf die Definition der betreffenden Ware die entscheidende Herstellungsstufe bildet, auf der die Bestimmung der verwendeten Bestandteile konkretisiert wird und auf der der betreffenden Ware ihre besonderen qualitativen Eigenschaften verliehen werden; führt die Anwendung dieses Kriteriums nicht zu einem Ergebnis, so ist zu prüfen, ob die Gesamtheit der in Rede stehenden Montagevorgänge eine spürbare Erhöhung des Handelswertes des Enderzeugnisses auf der Stufe ab Werk zur Folge hat.

Zur Auslegung von Artikel 6 der Verordnung Nr. 802/68

26 Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bereits die Verlagerung der Montage aus dem Land der Herstellung der Bestandteile in ein anderes Land, in dem schon vorhandene Produktionsstätten genutzt werden, die Vermutung rechtfertigt, daß die Verlagerung nur die Umgehung von Bestimmungen, insbesondere eines Antidumpingzolls, im Sinne von Artikel 6 der Verordnung bezweckt.

27 Diese Bestimmung lautet :

"Im Falle einer Be - oder Verarbeitung, bei der festgestellt worden ist oder bei der die festgestellten Tatsachen die Vermutung rechtfertigen, daß sie nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, die in der Gemeinschaft oder in den Mitgliedstaaten für Waren bestimmter Länder gelten, kann den so gewonnenen Waren nicht im Sinne von Artikel 5 die Eigenschaft von Ursprungserzeugnissen des Be - oder Verarbeitungslandes zuerkannt werden."

28 Die Verlagerung der Montage aus dem Land der Herstellung der Bestandteile in ein anderes Land unter Nutzung bereits vorhandener Produktionsstätten begründet für sich gesehen eine solche Vermutung nicht. Es kann nämlich eine Reihe anderer Gründe geben, die eine solche Verlagerung rechtfertigen können. Besteht jedoch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten der einschlägigen Regelung und der Verlagerung der Montage, so obliegt dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer der Nachweis, daß die Montagevorgänge aus einem sachgerechten Grund und nicht zu dem Zweck, den Folgen der betreffenden Bestimmungen zu entgehen, in dem Land stattgefunden haben, aus dem die Waren ausgeführt worden sind.

29 Auf die zweite Frage des vorlegenden Gerichts ist daher zu antworten, daß die Verlagerung der Montage aus dem Land der Herstellung der Bestandteile in ein anderes Land, in dem bereits vorhandene Produktionsstätten genutzt werden, für sich gesehen nicht die Vermutung rechtfertigt, daß diese Verlagerung nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, es sei denn, es besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten der einschlägigen Regelung und der Verlagerung der Montage. In diesem Fall obliegt dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer der Nachweis, daß die Montagevorgänge aus einem sachgerechten Grund und nicht zu dem Zweck, den Folgen der betreffenden Bestimmungen zu entgehen, in dem Land stattgefunden haben, aus dem die Waren ausgeführt worden sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

30 Die Auslagen der französischen und der niederländischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Fünfte Kammer )

auf die ihm vom Hessischen Finanzgericht mit Beschluß vom 17. Dezember 1987 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Die reine Montage von vorgefertigten Einzelteilen mit Ursprung in einem anderen Land als dem der Montage reicht aus, um für das dadurch entstandene Erzeugnis den Ursprung in dem Land zu begründen, in dem die Montage stattgefunden hat, sofern die Montage aus technischer Sicht und im Hinblick auf die Definition der betreffenden Ware die entscheidende Herstellungsstufe bildet, auf der die Bestimmung der verwendeten Bestandteile konkretisiert wird und auf der der betreffenden Ware ihre besonderen qualitativen Eigenschaften verliehen werden; führt die Anwendung dieses Kriteriums nicht zu einem Ergebnis, so ist zu prüfen, ob die Gesamtheit der in Rede stehenden Montagevorgänge eine spürbare Erhöhung des Handelswertes des Enderzeugnisses auf der Stufe ab Werk zur Folge hat.

2 ) Die Verlagerung der Montage aus dem Land der Herstellung der Bestandteile in ein anderes Land, in dem bereits vorhandene Produktionsstätten genutzt werden, rechtfertigt für sich gesehen nicht die Vermutung, daß diese Verlagerung nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, es sei denn, es besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten der einschlägigen Regelung und der Verlagerung der Montage. In diesem Fall obliegt dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer der Nachweis, daß die Montagevorgänge aus einem sachgerechten Grund und nicht zu dem Zweck, den Folgen der betreffenden Bestimmungen zu entgehen, in dem Land stattgefunden haben, aus dem die Waren ausgeführt worden sind.

Ende der Entscheidung

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