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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.05.1989
Aktenzeichen: 266/87
Rechtsgebiete: EWGV


Vorschriften:

EWGV Art. 30
EWGV Art. 36
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Maßnahmen einer Standesorganisation der Apotheker, in deren Verzeichnis jeder Apotheker eingetragen sein muß, um seinen Beruf auszuüben, die das Standesrecht der Apotheker erlässt und in deren Rahmen nach nationalem Recht ein Disziplinarausschuß besteht, dessen Maßnahmen bis zur Streichung aus dem Register gehen können, können Maßnahmen im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag darstellen, wenn sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinflussen können.

2. Eine nationale Bestimmung eines Mitgliedstaats, die einen Apotheker verpflichtet, auf ein Rezept, in dem ein Arzneimittel mit seinem Warenzeichen oder gesetzlich geschütztem Namen verschrieben wird, nur ein Erzeugnis abzugeben, das dieses Warenzeichen oder diesen Namen trägt, kann aus Gründen des Gesundheitsschutzes nach Artikel 36 EWG-Vertrag gerechtfertigt sein, selbst wenn der Apotheker ihretwegen daran gehindert ist, ein therapeutisch gleichwertiges Erzeugnis abzugeben, das von den zuständigen nationalen Stellen aufgrund von Vorschriften, die gemäß dem Gemeinschaftsrecht erlassen wurden, zugelassen und von demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe oder von einem Lizenznehmer dieses Unternehmens hergestellt worden ist, aber ein Warenzeichen oder einen gesetzlich geschützten Namen trägt, der für das Erzeugnis in einem anderen Mitgliedstaat verwendet wird und der sich von dem in der Verschreibung genannten unterscheidet.

Eine solche Bestimmung geht nämlich nicht über das hinaus, was zur Erreichung des angestrebten Ziels - dem behandelnden Arzt die volle Verantwortung für die Behandlung des Patienten zu belassen - erforderlich ist, zumal der Arzt häufig aus psychosomatischen Gründen zur Verschreibung einer bestimmten Arzneimittelspezialität veranlasst sein wird.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 18. MAI 1989. - THE QUEEN GEGEN ROYAL PHARMACEUTICAL SOCIETY OF GREAT BRITAIN, EX PARTE ASSOCIATION OF PHARMACEUTICAL IMPORTERS UND ANDERE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VON DER COURT OF APPEAL. - ARZNEIMITTEL - PARALLELEINFUHREN - MASSNAHMEN GLEICHER WIRKUNG - SCHUTZ DER OEFFENTLICHEN GESUNDHEIT - WARENZEICHENRECHT. - VORBUNDENE RECHTSSACHEN 266 UND 267/87.

Entscheidungsgründe:

1 Der Court of Appeal, London, hat mit Beschlüssen vom 30. Juli 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 7. September 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, um die Vereinbarkeit bestimmter nationaler Maßnahmen über verschreibungspflichtige Arzneimittel mit diesen Bestimmungen beurteilen zu können.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen zweier Verfahren der Association of Pharmaceutical Importers ( Verband der Arzneimittelimporteure ) und ihrer Mitglieder, die Paralleleinfuhren von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten vornehmen, um sie anschließend im Vereinigten Königreich zu verkaufen, gegen die Pharmaceutical Society of Great Britain ( Apothekerkammer für Großbritannien - Rechtssache 266/87 ) bzw. den Secretary of State for Social Services ( Minister für Soziales - Rechtssache 267/87 ).

3 Um dem Urteil des Gerichtshofes vom 20. Mai 1976 in der Rechtssache 104/75 ( De Peijper, Slg. 1976, 613 ) nachzukommen, hat das Vereinigte Königreich ein vereinfachtes Verfahren für die Erteilung von Lizenzen für den Verkauf solcher parallel eingeführter Arzneimittelspezialitäten geschaffen, die dieselben therapeutischen Wirkungen wie eine bereits im Vereinigten Königreich lizenzierte Spezialität haben und die von demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe oder von einem Lizenznehmer dieses Unternehmens hergestellt worden sind.

4 Nach den Akten wurde nach diesem vereinfachten Verfahren für ungefähr 220 Erzeugnisse eine Lizenz erteilt. 50 von ihnen führen ein anderes Warenzeichen als dasjenige, das die zuvor im Vereinigten Königreich lizenzierte gleichwertige Spezialität trägt. Auch in diesen Fällen haben Apotheker häufig auf eine Verschreibung hin die parallel eingeführte Spezialität abgegeben, obwohl die Verschreibung das Warenzeichen der davor lizenzierten Spezialität ausdrücklich genannt hatte. Das erklärt sich daraus, daß die Apotheker die parallel eingeführten Erzeugnisse billiger erwerben können und somit eine grössere Gewinnspanne haben.

5 Nach Section 58 ( 2 ) des Medicines Act 1968 ( Arzneimittelgesetz ) ist es verboten, im Einzelhandel oder unter entsprechenden Umständen bestimmte Arzneimittel ohne ärztliche ( zahn -, tierärztliche ) Verschreibung abzugeben. Dem Arzt steht es im allgemeinen frei, das fragliche Arzneimittel entweder generisch zu bezeichnen oder eine Spezialität unter Angabe ihres Warenzeichens zu verschreiben.

6 Die Pharmaceutical Society of Great Britain, die Standesorganisation der Apotheker, hat einen Ehrenkodex sowie "Guidance Notes" ( Hinweise dazu ) angenommen, die es dem Apotheker u. a. verbieten, ausser in Notfällen ein in der Verschreibung namentlich genanntes Erzeugnis durch ein anderes zu ersetzen, selbst wenn er die therapeutische Wirkung und die Qualität des anderen Erzeugnisses für identisch erachtet. Weiter soll der Apotheker bei der Abgabe eines Arzneimittels von den Anweisungen des verschreibenden Arztes nur abweichen, wo dies zum Schutz der Gesundheit des Patienten nötig ist.

7 Angesichts der genannten Praktik bestimmter Apotheker, parallel eingeführte Erzeugnisse mit einem anderen Warenzeichen als dem auf der Verschreibung angegebenen abzugeben, hat der Vorstand der Pharmaceutical Society am 12. Juli 1968 eine Verlautbarung abgegeben, worin er bestätigt, daß die vorgenannte standesrechtliche Regelung "für eingeführte Arzneimittel ebenso gilt wie für solche, die für den Markt des Vereinigten Königreichs hergestellt sind ". Diese Verlautbarung, die zu widerrufen die Organisation abgelehnt hat, bildet den Gegenstand des Verfahrens, das zum Vorabentscheidungsersuchen 266/87 führte.

8 Die Parteien im Ausgangsverfahren in der Rechtssache 267/87 sind sich darüber einig, daß ungefähr 95 % der auf Verschreibung abgegebenen Arzneimittel im Rahmen des National Health Service ( Nationaler Gesundheitsdienst ) abgegeben werden; sie haben eine entsprechende Erklärung beim Court of Appeal eingereicht. Im Rahmen des National Health Service belässt das Vereinigte Königreich mit bestimmten Ausnahmen den Ärzten die Freiheit, Arzneimittelspezialitäten unter ihrem gesetzlich geschützten Namen zu verschreiben, wenn es auch die Verwendung von generischen Bezeichnungen fördert. Nach den "Terms of Service for Chemists under the National Health Service" ( Dienstanweisung für Apotheker des staatlichen Gesundheitswesens ) muß ein Apotheker verschriebene Arzneimittel verschreibungsgemäß abgeben. Hat somit ein Arzt von seinem Recht Gebrauch gemacht, ein Erzeugnis unter seinem Warenzeichen zu verschreiben, kann der Apotheker nur das Erzeugnis mit diesem Warenzeichen abgeben. Die Anwendung dieser Bestimmung auf parallel eingeführte Arzneimittelspezialitäten ist Streitgegenstand des Verfahrens, das zu dem Vorabentscheidungsersuchen 267/87 führte.

9 Die Association of Pharmaceutical Importers und ihre Mitglieder mussten feststellen, daß nach der genannten Verlautbarung der Pharmaceutical Society of Great Britain und der gleichzeitigen Anwendung der "Terms of Service" auf eingeführte Erzeugnisse die Paralleleinfuhren von Arzneimittelspezialitäten mit einem anderen Warenzeichen als dem des ursprünglich zensierten Erzeugnisses praktisch versiegten; sie haben daraufhin gegen diese beiden Maßnahmen vor dem Divisional Court geklagt und, nachdem sie dort keinen Erfolg hatten, Berufung zum Court of Appeal eingelegt.

10 Dieser hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die er in der Rechtssache 266/87 wie folgt abfasste :

"1 ) Ist eine nationale Bestimmung eines Mitgliedstaats unvereinbar mit Artikel 30 EWG-Vertrag, die einen Apotheker verpflichtet, auf ein Rezept, in dem ein Arzneimittel mit seinem Warenzeichen oder gesetzlich geschütztem Namen verschrieben wird, nur ein Erzeugnis abzugeben, das dieses Warenzeichen oder diesen gesetzlich geschützten Namen trägt, wenn der Apotheker ihretwegen daran gehindert ist, ein therapeutisch gleichwertiges Erzeugnis abzugeben, das von den zuständigen nationalen Stellen aufgrund von Vorschriften, die gemäß dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 104/75 erlassen wurden, zugelassen und von demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe oder von einem Lizenznehmer dieses Unternehmens hergestellt worden ist, aber ein Warenzeichen oder einen gesetzlich geschützten Namen trägt, der für das Erzeugnis in einem anderen Mitgliedstaat verwendet wird und der sich von dem in dem Rezept angegebenen Warenzeichen oder gesetzlich geschützten Namen unterscheidet?

2)Falls die erste Frage bejaht wird : Lässt sich eine solche nationale Bestimmung aus Gründen des Gesundheits - oder des Schutzes des gewerblichen oder kommerziellen Eigentums rechtfertigen?

3)In jedem Fall : War die am 12. Juli 1986 im Pharmaceutical Journal veröffentlichte Verlautbarung des Vorstands der Pharmaceutical Society of Great Britain oder die in dessen Schreiben vom 12. August 1986 enthaltene Entscheidung, diese Erklärung nicht zu widerrufen, eine "Maßnahme" im Sinne von Artikel 30 EWG-Vertrag?"

11 In der Rechtssache 267/87 hat der Court of Appeal zwei Vorabentscheidungsfragen vorgelegt, die im wesentlichen mit den beiden ersten Fragen in der Rechtssache 266/87 identisch sind. Deswegen hat der Gerichtshof mit Beschluß vom 11. November 1987 die beiden Rechtssachen für die Zwecke des Verfahrens und der Entscheidung verbunden.

12 Weitere Einzelheiten des Sachverhalts der Ausgangsverfahren, des anwendbaren nationalen Rechts, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen finden sich im Sitzungsbericht, auf den verwiesen wird. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur dritten Frage

13 Der Prüfung, ob die fraglichen Maßnahmen dem Verbot des Artikels 30 EWG-Vertrag unterliegen oder ob sie nach Artikel 36 gerechtfertigt sind, muß die Prüfung der dritten Vorlagefrage vorausgehen, ob nämlich eine von einer Standesorganisation wie der Pharmaceutical Society of Great Britain getroffene Maßnahme unter diese Artikel fallen kann.

14 Nach den Akten erlangte die Pharmaceutical Society im Jahre 1843 durch Royal Charter Rechtspersönlichkeit; sie ist auch im britischen Recht vorgesehen. Sie ist die einzige Standesorganisation der Apotheker. Sie führt das Verzeichnis, in dem jeder Apotheker eingetragen sein muß, um seinen Beruf auszuüben. Nach dem Vorlagebeschluß erlässt sie das Standesrecht der Apotheker. Nach britischem Recht wurde ausserdem im Rahmen der Royal Society ein Ausschuß geschaffen, der gegen Apotheker Disziplinarmaßnahmen wegen Verstosses gegen Standesrecht verhängen kann - die Disziplinarmaßnahmen gehen bis zur Streichung aus dem Register - und dessen Entscheidungen vor dem High Court angefochten werden können.

15 Maßnahmen einer Standesorganisation, der nach nationalem Recht derartige Befugnisse zustehen, stellen Maßnahmen im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag dar, wenn sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinflussen können.

16 Auf die dritte Frage ist somit zu antworten, daß Maßnahmen einer Standesorganisation wie der Pharmaceutical Society of Great Britain, die das Standesrecht für die Standesangehörigen erlässt und in deren Rahmen nach nationalem Recht ein Disziplinarausschuß besteht, der Maßnahmen bis zur Streichung aus dem Register verfügen kann, in dem die zur Berufsausübung zugelassenen Personen verzeichnet sind, Maßnahmen im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag darstellen können.

Zu den ersten beiden Fragen

17 Nach Artikel 30 EWG-Vertrag sind "mengenmässige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung... zwischen den Mitgliedstaaten verboten ". Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ( seit dem Urteil vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837 ) ist jede Maßnahme eine Maßnahme gleicher Wirkung, die den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell behindern können.

18 Nach dem Vorlagebeschluß in der Rechtssache 266/87 sind sich die Parteien im Ausgangsverfahren darüber einig, daß die etwa 50 parallel eingeführten Erzeugnisse, die andere Warenzeichen tragen als die gleichwertigen, zuvor im Vereinigten Königreich lizenzierten Erzeugnisse, im Vereinigten Königreich während einiger Jahre in erheblichem Umfang abgesetzt wurden, daß ihre Einfuhr aber im Laufe des Sommers 1986 praktisch zum Erliegen kam, als die Verlautbarung der Pharmaceutical Society of Great Britain veröffentlicht und damit die Standesregel, daß Apotheker ein in einer Verschreibung namentlich bezeichnetes Erzeugnis nicht durch ein anderes ersetzen dürfen, selbst wenn dieses dieselbe therapeutische Wirkung hat, erneuert und bestätigt wurde, daß diese Regel auf eingeführte Erzeugnisse ebenso Anwendung fand wie auf einheimische.

19 Wenn der Kausalzusammenhang zwischen den Parteien auch umstritten ist, so kann der Gerichtshof unter diesen Umständen doch nicht die Möglichkeit ausschließen, daß die fragliche Standesregel unter den besonderen Umständen der Rechtssache den innergemeinschaftlichen Handel behindern kann. Ohne daß es einer allgemeinen Entscheidung darüber bedürfte, ob eine Regel, die es einem Apotheker verbietet, das vom behandelnden Arzt verschriebene Arzneimittel durch ein anderes mit derselben therapeutischen Wirkung zu ersetzen, eine Maßnahme gleicher Wirkung gemäß Artikel 30 EWG-Vertrag darstellt, ist deswegen zu prüfen, ob eine solche Regel nach Artikel 36 gerechtfertigt sein kann ( zweite Frage ).

20 Von den in Artikel 36 aufgeführten Gemeinwohlgesichtspunkten kann nur der Schutz der Gesundheit in Betracht kommen. Eine Regel nämlich, die es einem Händler verböte, ein unter einem Warenzeichen bestelltes Erzeugnis selbst mit Zustimmung des Verbrauchers durch ein anderes Erzeugnis zu ersetzen, ginge über das hinaus, was zum Schutze des gewerblichen und kommerziellen Eigentums nötig sein könnte. Wenn es der Gerichtshof in seinem Urteil vom 10. Oktober 1978 in der Rechtssache 3/78 ( Centrafarm, Slg. 1978, 1823 ) für gerechtfertigt im Sinne des Artikels 36 EWG-Vertrag erklärt hat, daß sich der Inhaber eines in einem Mitgliedstaat geschützten Warenzeichens dagegen verwahrt, daß eine Ware von einem Dritten unter diesem Warenzeichen auf den Markt gebracht wird, selbst wenn diese Ware zuvor in einem anderen Mitgliedstaat unter einem anderen, dort demselben Inhaber zustehenden Warenzeichen rechtmässig in den Verkehr gebracht worden ist, so hat er doch einen Vorbehalt für den Fall gemacht, daß die unterschiedlichen Warenzeichen für die gleichen Waren mit dem Ziel verwendet werden, die Märkte künstlich abzuschotten.

21 Die Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Ärzten und Apothekern, insbesondere diejenigen über die Verschreibungsfreiheit des behandelnden Arztes und die allfällige Möglichkeit des Apothekers, ein anderes als das verschriebene Arzneimittel abzugeben, gehören demgegenüber der Regelung des nationalen Gesundheitswesens an. Solange diese Fragen gemeinschaftsrechtlich nicht geregelt sind, ist es in den Grenzen des Artikels 36 Sache der Mitgliedstaaten, über das Niveau, auf dem sie die Gesundheit und das Leben von Menschen schützen wollen, und über die Art zu entscheiden, in der dieses Niveau zu erreichen ist.

22 Den Akten ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß eine Regel, die es den Apothekern verbietet, ein in einer Verschreibung namentlich bezeichnetes Arzneimittel durch ein anderes zu ersetzen, selbst wenn dieses die gleiche therapeutische Wirkung hat, über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels - dem behandelnden Arzt die volle Verantwortung für die Behandlung des Patienten zu belassen - erforderlich ist. Insbesondere lassen sich die psychosomatischen Gründe nicht von der Hand weisen, die nach den Erklärungen der Pharmaceutical Society of Great Britain und mehrerer Mitgliedstaaten zur Verschreibung einer bestimmten Arzneimittelspezialität anstelle des generischen Erzeugnisses oder einer anderen Spezialität mit derselben therapeutischen Wirkung führen können.

23 Das Vorbringen der Association of Pharmaceutical Importers bietet auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Anwendung einer solchen allgemeinen Regel auf Erzeugnisse, die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt wurden, in denen ihre Vermarktung gestattet ist, ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Artikels 36 Satz 2 darstellt.

24 Auf die ersten beiden Vorlagefragen ist somit zu antworten, daß eine nationale Bestimmung eines Mitgliedstaats, die einen Apotheker verpflichtet, auf ein Rezept, in dem ein Arzneimittel mit seinem Warenzeichen oder gesetzlich geschützten Namen verschrieben wird, nur ein Erzeugnis abzugeben, das dieses Warenzeichen oder diesen gesetzlich geschützten Namen trägt, aus Gründen des Gesundheitsschutzes nach Artikel 36 EWG-Vertrag gerechtfertigt sein kann, selbst wenn der Apotheker ihretwegen daran gehindert ist, ein therapeutisch gleichwertiges Erzeugnis abzugeben, das von den zuständigen nationalen Stellen aufgrund von Vorschriften, die gemäß dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 104/85 erlassen wurden, zugelassen und von demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe oder von einem Lizenznehmer dieses Unternehmens hergestellt worden ist, aber ein Warenzeichen oder einen gesetzlich geschützten Namen trägt, der für das Erzeugnis in einem anderen Mitgliedstaat verwendet wird und der sich von dem in der Verschreibung angegebenen Warenzeichen oder gesetzlich geschützten Namen unterscheidet.

Kostenentscheidung:

Kosten

25 Die Auslagen des Königreichs Belgien, des Vereinigten Königreichs, des Königreichs Dänemark und des Königreichs der Niederlande sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem vor dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Court of Appeal, London, mit Beschluß vom 30. Juli 1987 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Maßnahmen einer Standesorganisation wie der Pharmaceutical Society of Great Britain, die das Standesrecht für die Standesangehörigen erlässt und in deren Rahmen nach nationalem Recht ein Disziplinarausschuß besteht, der Maßnahmen bis zur Streichung aus dem Register verfügen kann, in dem die zur Berufsausübung zugelassenen Personen verzeichnet sind, können die Maßnahmen im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag darstellen.

2 ) Eine nationale Bestimmung eines Mitgliedstaats, die einen Apotheker verpflichtet, auf ein Rezept, in dem ein Arzneimittel mit seinem Warenzeichen oder gesetzlich geschütztem Namen verschrieben wird, nur ein Erzeugnis abzugeben, das dieses Warenzeichen oder diesen gesetzlich geschützten Namen trägt, kann aus Gründen des Gesundheitsschutzes nach Artikel 36 EWG-Vertrag gerechtfertigt sein, selbst wenn der Apotheker ihretwegen daran gehindert ist, ein therapeutisch gleichwertiges Erzeugnis abzugeben, das von den zuständigen nationalen Stellen aufgrund von Vorschriften, die gemäß dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 104/85 erlassen wurden, zugelassen und von demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe oder von einem Lizenznehmer dieses Unternehmens hergestellt worden ist, aber ein Warenzeichen oder einen gesetzlich geschützten Namen trägt, der für das Erzeugnis in einem anderen Mitgliedstaat verwendet wird und der sich von dem in der Verschreibung angegebenen Warenzeichen oder gesetzlich geschützten Namen unterscheidet.

Ende der Entscheidung

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