Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: C-13/01
Rechtsgebiete: Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität, Entscheidung Nr. 3052/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1995 zur Einführung eines Verfahrens der gegenseitigen Unterrichtung über einzelstaatliche Maßnahmen, Codice Postale (Postgesetz) (Italien), Gesetz Nr. 689 vom 24. November 1981 (Italien)


Vorschriften:

Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität
Entscheidung Nr. 3052/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1995 zur Einführung eines Verfahrens der gegenseitigen Unterrichtung über einzelstaatliche Maßnahmen Art. 1
Entscheidung Nr. 3052/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1995 zur Einführung eines Verfahrens der gegenseitigen Unterrichtung über einzelstaatliche Maßnahmen Art. 3
Codice Postale (Postgesetz) (Italien) Art. 398
Gesetz Nr. 689 vom 24. November 1981 (Italien) Art. 20 Abs. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung ist es Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die entsprechender innerstaatlicher Klagen (Grundsatz der Gleichwertigkeit) und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität). Außerdem ist es zwar grundsätzlich Sache des nationalen Rechts, die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu bestimmen; doch verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die nationalen Rechtsvorschriften das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht beeinträchtigen.

( vgl. Randnrn. 49-50 )

2. Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Schutzes der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung den Einzelnen verleiht, ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der ein Importeur keinen gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Beschlagnahme an ein Einzelhandelsunternehmen verkaufter Waren beanspruchen kann, die von der öffentlichen Verwaltung gegen dieses betrieben wird, nicht entgegensteht, sofern der Importeur in Anbetracht der Tatsache, dass die genannte öffentliche Verwaltung ihm auch ein Bußgeld auferlegt hat, über einen Rechtsweg verfügt, der die Wahrung der ihm durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte gewährleistet.

Denn das Interesse eines solchen Importeurs, nicht durch eine gemeinschaftsrechtswidrige Vorschrift des nationalen Rechts in seinen Geschäften behindert zu werden, ist hier offensichtlich hinlänglich geschützt, weil er eine Gerichtsentscheidung erwirken kann, die die Unvereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht feststellt.

( vgl. Randnrn. 54-56 und Tenor )


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 11. September 2003. - Safalero Srl gegen Prefetto di Genova. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Giudice di pace di Genova - Italien. - Richtlinie 1999/5/EG - Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen - Effektiver gerichtlicher Schutz der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte - Zulässigkeit verwaltungsrechtlicher Sanktionen des nationalen Rechts - Rechtsbehelf gegen eine gegen einen Dritten gerichtete Beschlagnahme. - Rechtssache C-13/01.

Parteien:

In der Rechtssache C-13/01

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Giudice di pace Genua (Italien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Safalero Srl

gegen

Prefetto di Genova

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Effektivität und des gerichtlichen Schutzes der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, der Richter R. Schintgen und C. Gulmann, der Richterin F. Macken und des Richters J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Safalero Srl, vertreten durch G. Conte und S. Cavanna, avvocati,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten und M. Fiorilli, avvocato dello Stato,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. B. Wainwright und R. Amorosi als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Safalero Srl, vertreten durch G. Conte und G. M. Giacomini, avvocato, der italienischen Regierung, vertreten durch M. Fiorilli, der französischen Regierung, vertreten durch C. Lemaire als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch R. Amorosi, in der Sitzung vom 9. Januar 2003,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 20. März 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Der Giudice di pace Genua hat mit Beschlüssen vom 4. Januar 2001 und vom 30. Juli 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Januar 2001 und am 19. August 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Effektivität und des gerichtlichen Schutzes der von der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage ist im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Safalero Srl (im Folgenden: Safalero) und dem Prefetto di Genova (Präfekt von Genua) in Bezug auf die Beschlagnahme einer Anzahl von Funkfernsteuerungen aufgeworfen worden, die Safalero einem Einzelhandelsunternehmen verkauft hatte und die bei diesem von den italienischen Behörden beschlagnahmt worden waren.

Rechtlicher Rahmen

Die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts

3 Nach ihrem Artikel 1 legt die Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität (ABl. L 91, S. 10, im Folgenden: Richtlinie) einen Regelungsrahmen für das Inverkehrbringen, den freien Verkehr und die Inbetriebnahme von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen fest.

4 Artikel 2 Buchstabe c der Richtlinie definiert Funkanlage als ein Erzeugnis oder ein wesentliches Bauteil davon, das in dem für terrestrische/satellitengestützte Funkkommunikation zugewiesenen Spektrum durch Ausstrahlung und/oder Empfang von Funkwellen kommunizieren kann".

5 Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie gelten für alle Geräte bestimmte grundlegende Anforderungen. Funkanlagen müssen zudem nach Artikel 3 Absatz 2 so hergestellt sein, dass sie das für Funkkommunikation zugewiesene Spektrum effektiv nutzen, so dass keine funktechnischen Störungen auftreten.

6 Nach Artikel 5 der Richtlinie wird, wenn ein Gerät den einschlägigen harmonisierten Normen entspricht, davon ausgegangen, dass die grundlegenden Anforderungen gemäß Artikel 3 erfuellt sind.

7 Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie lautet:

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Geräte nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie den entsprechenden grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3 und den übrigen einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie bei ordnungsgemäßer Montage und Unterhaltung und bestimmungsgemäßer Verwendung entsprechen. Die Geräte unterliegen in Bezug auf das Inverkehrbringen keinen weiteren einzelstaatlichen Regelungen."

8 Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie lautet:

Im Falle von Funkanlagen, die in Frequenzbändern betrieben werden, deren Nutzung nicht gemeinschaftsweit harmonisiert ist, unterrichtet der Hersteller oder sein in der Gemeinschaft ansässiger Bevollmächtigter oder die für das Inverkehrbringen der Funkanlage verantwortliche Person die einzelstaatliche Behörde, die in dem betreffenden Mitgliedstaat für das Frequenzmanagement zuständig ist, von der Absicht, die betreffende Funkanlage in diesem Mitgliedstaat in Verkehr zu bringen.

Zusammen mit dieser Mitteilung, die mindestens vier Wochen vor dem Beginn des Inverkehrbringens zu erfolgen hat, sind Angaben über die funktechnischen Merkmale der Funkanlage (insbesondere Frequenzbänder, Kanalabstand, Modulationsart und Sendeleistung) und die Kennnummer der benannten Stelle nach Anhang IV bzw. V zu machen."

9 Artikel 7 Absätze 1 und 2 der Richtlinie bestimmt:

(1) Die Mitgliedstaaten gestatten die Inbetriebnahme der Geräte für deren bestimmungsgemäßen Zweck, sofern sie den grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3 und den übrigen einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechen.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 und unbeschadet der mit den Genehmigungen verbundenen Bedingungen für die Bereitstellung des betreffenden Dienstes im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht können die Mitgliedstaaten die Inbetriebnahme von Funkanlagen nur aus Gründen beschränken, die die effektive und angemessene Nutzung des Funkspektrums, die Vermeidung von funktechnischen Störungen oder die öffentliche Gesundheit betreffen."

10 Artikel 8 Absatz 1 lautet:

Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Geräten in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten, beschränken oder behindern, wenn diese mit dem in Anhang VII abgebildeten CE-Kennzeichen versehen sind, das die Konformität mit allen Bestimmungen dieser Richtlinie einschließlich der in Kapitel II genannten Konformitätsbewertungsverfahren bestätigt. Diese Bestimmung gilt unbeschadet des Artikels 6 Absatz 4, des Artikels 7 Absatz 2 und des Artikels 9 Absatz 5."

11 Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie lautet:

Stellt ein Mitgliedstaat fest, dass Geräte im Sinne dieser Richtlinie die Anforderungen dieser Richtlinie nicht erfuellen, so trifft er in seinem Hoheitsgebiet die erforderlichen Maßnahmen, um diese Geräte aus dem Verkehr zu ziehen oder vom betreffenden Dienst auszuschließen, ihr Inverkehrbringen oder ihre Inbetriebnahme zu verbieten oder ihren freien Verkehr einzuschränken."

12 Artikel 9 Absatz 5 der Richtlinie bestimmt:

a) Ungeachtet des Artikels 6 kann ein Mitgliedstaat im Einklang mit dem Vertrag, insbesondere mit den Artikeln 30 und 36, alle geeigneten Maßnahmen treffen, um im Falle von Funkanlagen, einschließlich Typen von Funkanlagen, die funktechnische Störungen, z. B. Störungen von bestehenden bzw. geplanten Diensten auf einzelstaatlich zugewiesenen Frequenzbändern, verursacht haben oder nach begründeter Ansicht dieses Mitgliedstaats verursachen werden,

i) das Inverkehrbringen zu verbieten oder zu beschränken und/oder

ii) die Rücknahme von seinem Markt zu verlangen.

b) Ergreift ein Mitgliedstaat Maßnahmen nach Buchstabe a, so unterrichtet er die Kommission unverzüglich über diese Maßnahmen unter Angabe der entsprechenden Gründe."

13 In Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie heißt es:

Ein Gerät, das alle einschlägigen grundlegenden Anforderungen erfuellt, ist mit dem in Anhang VII abgebildeten CE-Kennzeichen zu versehen..."

14 In Artikel 19 Absatz 1 der Richtlinie heißt es:

Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens zum 7. April 2000 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Sie wenden diese Vorschriften ab 8. April 2000 an.

..."

15 Ferner sieht Artikel 1 der Entscheidung Nr. 3052/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1995 zur Einführung eines Verfahrens der gegenseitigen Unterrichtung über einzelstaatliche Maßnahmen, die vom Grundsatz des freien Warenverkehrs in der Gemeinschaft abweichen (ABl. L 321, S. 1), vor:

Wenn ein Mitgliedstaat den freien Verkehr oder das Inverkehrbringen eines Musters oder einer bestimmten Art von Waren verhindert, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt oder auf den Markt gebracht worden sind, so teilt er der Kommission diese Maßnahme mit, sofern diese unmittelbar oder mittelbar Folgendes bewirkt:

- ein grundsätzliches Verbot,

- die Verweigerung der Genehmigung zum Inverkehrbringen,

- die Änderung des Musters oder der Art der betreffenden Ware, damit sie in den Verkehr gebracht werden oder im Verkehr bleiben kann, oder

- die Rücknahme vom Markt."

16 Artikel 3 der Entscheidung Nr. 3052/95 lautet:

(1) Die Verpflichtung zur Mitteilung nach Artikel 1 gilt mit Ausnahme der Gerichtsbeschlüsse für die Maßnahmen der dazu befugten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten.

Ist ein Muster oder eine bestimmte Art von Waren Gegenstand mehrerer Maßnahmen, die inhaltlich und verfahrensmäßig unter gleichen Voraussetzungen getroffen wurden, so gilt die Verpflichtung zur Mitteilung nur für die zuerst erlassene Maßnahme.

(2) Artikel 1 gilt nicht für

- Maßnahmen, die ausschließlich in Anwendung gemeinschaftlicher Harmonisierungsvorschriften getroffen worden sind;

- Maßnahmen, die der Kommission aufgrund besonderer Vorschriften gemeldet werden;

- beabsichtigte Maßnahmen, die der Kommission im Entwurfsstadium aufgrund besonderer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften gemeldet worden sind;

- Maßnahmen, wie z. B. Sicherungs- und Prüfungsmaßnahmen, die lediglich der Vorbereitung der grundlegenden Maßnahme nach Artikel 1 dienen;

- Maßnahmen, die ausschließlich dem Schutz der öffentlichen Sittlichkeit oder der öffentlichen Ordnung dienen;

- Maßnahmen in Bezug auf Gebrauchtgegenstände, die aufgrund ihres Alters oder ihrer Verwendung für das Inverkehrbringen oder die Beibehaltung auf dem Markt ungeeignet sind.

(3) Die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die grundlegende Maßnahme im Sinne von Absatz 1 bewirkt in keinem Fall die Aussetzung der Anwendung des Artikels 1."

Das nationale Recht

17 In Italien sind das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Funkanlagen auch für die nichtgewerbliche Nutzung im Codice Postale (im Folgenden: Postgesetz), eingeführt durch Präsidialdekret Nr. 156 vom 29. März 1973 (GURI Nr. 113 vom 3. Mai 1973, S. 2), geändert durch das Gesetz Nr. 209 vom 22. Mai 1980 (GURI Nr. 155 vom 7. Juni 1980, S. 4988), geregelt.

18 Artikel 398 des Postgesetzes enthält Bestimmungen zur Vorbeugung und Beseitigung von Störungen bei der Funkausstrahlung und dem Funkempfang. In der geänderten Fassung lautet dieser Artikel:

Es ist verboten, elektrische oder funkelektrische Geräte oder Anlagen oder Leitungen für die Übertragung elektrischer Energie, die nicht den Vorschriften zur Vorbeugung gegen oder Beseitigung von Störungen der Ausstrahlung und des Empfangs von Funkwellen entsprechen, zu Handelszwecken, zur Benutzung oder zur Inbetriebnahme, unabhängig vom Grund hierfür, herzustellen oder einzuführen.

Diese Vorschriften, die auch die Methode der Prüfung der Konformität festlegen, werden durch Dekret des Ministers für das Post- und das Fernmeldewesen in Abstimmung mit dem Minister für Industrie, Handel und Handwerk im Einklang mit den Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften bekannt gemacht.

Die in Absatz 1 genannten Geräte dürfen erst nach Ausstellung eines Zertifikats oder einer Bescheinigung über die Konformität oder nach Vorlage einer Erklärung über die Konformität, die im Einzelnen durch Dekret gemäß Absatz 2 festzulegen sind, zu Handelszwecken in den Verkehr gebracht oder eingeführt werden.

Der Minister für das Post- und Fernmeldewesen bezeichnet im Einvernehmen mit dem Minister für Industrie, Handel und Handwerk im Verordnungswege die Stellen oder Personen, die die Kennzeichen oder Bescheinigungen über die Konformität gemäß Absatz 3 ausstellen."

19 Die Vorschriften im Sinne von Artikel 398 Absatz 2 des Postgesetzes wurden durch das Ministerialdekret vom 15. Juli 1977 (GURI Nr. 226 vom 20. August 1977, S. 6104) betreffend die Funkanlagen mit schwacher Leistung vorbehaltenen Frequenzen, geändert durch Ministerialdekret vom 8. November 1996 (GURI Nr. 274 vom 22. November 1996, S. 9), erlassen, das die Verpflichtung zur Anbringung eines Kennzeichens vorsieht, das die Zulassung durch die Postverwaltung (jetzt: Ministerium für Kommunikation) bescheinigt.

20 In Artikel 2 des Ministerialdekrets vom 15. Juli 1977 ist namentlich vorgesehen:

Die in Artikel 1 genannten Geräte müssen einem von der Verwaltung auf der Grundlage der in Anhang 1 dieses Dekrets aufgestellten technischen Normen zugelassenen Typ entsprechen.

In der Zulassungsurkunde sind der Zweck, zu dem das Gerät benutzt wird, und die Hauptmerkmale der Zulassung anzugeben. Diese Hauptmerkmale sind auf dem in Artikel 334 Absatz 2 Buchstabe c des Codice Postale vorgesehenen Kennzeichen nach dem Muster des Anhangs 2 anzugeben.

Die Benutzung der Geräte ist nur zulässig, wenn der Eigentümer über die erwähnte Zulassung verfügt."

21 Artikel 399 des Postgesetzes in der geänderten Fassung regelt, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen Artikel 398 dieses Gesetzes Anwendung finden. Er lautet wie folgt:

Wer gegen die Bestimmungen des Artikels 398 verstößt, wird mit einem Bußgeld von 15 000 ITL bis zu 300 000 ITL belegt.

Gehört der Zuwiderhandelnde zu den Herstellern oder Einführern von elektrischen oder funkelektrischen Geräten oder Anlagen, so wird ein Bußgeld von 50 000 ITL bis zu 1 000 000 ITL verhängt, und daneben erfolgt die Einziehung der Erzeugnisse und der Anlagen, die nicht der Konformitätsbescheinigung im Sinne von Artikel 398 entsprechen."

22 Die italienische Regierung hat die Richtlinie nicht innerhalb der darin vorgeschriebenen Frist in nationales Recht umgesetzt. Allerdings sieht der Runderlass GM/123709/4517 DL/CR des Ministeriums für Kommunikation vom 17. April 2000 (GURI Nr. 101 vom 3. Mai 2000, S. 67) vor:

(1) Die Dienststellen des Ministeriums für Kommunikation beachten in Bezug auf das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Telekommunikationseinrichtungen und Funkanlagen die Vorschriften der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 in den in Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie vorgesehenen Grenzen.

(2) Das Ministerium für Kommunikation ergreift die notwendigen Maßnahmen, um das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von den vorgesehenen Bedingungen nicht entsprechenden Geräten zu untersagen, diese Geräte vom Markt zu nehmen, sie stillzulegen oder ihren freien Verkehr zu beschränken."

23 Im Übrigen sieht das Gesetz Nr. 689 vom 24. November 1981 (GURI Nr. 329 vom 30. November 1981, Supplemento ordinario) zur Änderung des strafrechtlichen Systems in Artikel 20 Absatz 4 vor: Die behördliche Einziehung der Waren, deren Herstellung, Gebrauch, Versendung, Lagerung oder Veräußerung eine Ordnungswidrigkeit darstellt, wird immer angeordnet, auch wenn kein Mahnbescheid erlassen worden ist."

24 In seinem Vorlagebeschluss fügt der Giudice di pace Genua hinzu, dass sich der Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens - nach der Rechtsprechung der italienischen Corte Suprema di Cassazione zu den Ordnungswidrigkeiten - auf die Feststellung beschränke, ob die gegen den Täter verhängte Sanktion rechtmäßig sei; an einem solchen Verfahren könnten Dritte weder im Wege der Streithilfe noch dem der Streitverkündung oder einer Garantieklage beteiligt werden.

Die Rechtssache Radiosistemi

25 Auf Ersuchen des Giudice di pace Genua um Vorabentscheidung in einem Rechtsstreit, in dem es um die Beschlagnahme einer Anzahl von Funkfernsteuerungsanlagen für maßstäblich verkleinerte selbstfahrende Modelle von Automobilen ging, hat der Gerichtshof mit Urteil vom 20. Juni 2002 in den Rechtssachen C-388/00 und C-429/00 (Radiosistemi, Slg. 2002, I-5845) wie folgt für Recht erkannt:

1. Artikel 28 EG steht nationalen Regelungen und nationalen Verwaltungspraktiken entgegen, die es den Marktbeteiligten dadurch, dass sie die Verfahren zur Beurteilung der Konformität im Hinblick auf das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Funkanlagen in das Ermessen der Verwaltung stellen, untersagen, Funkgeräte ohne eine nationale Zulassung einzuführen, in den Verkehr zu bringen oder zum Verkauf anzubieten, ohne dass sie die Möglichkeit hätten, in gleichwertiger und weniger kostspieliger Weise den Nachweis der Konformität dieser Geräte mit den Bedingungen einer angemessenen Nutzung der durch das nationale Recht zugewiesenen Funkfrequenzen zu erbringen.

2. Artikel 6 Absatz 1 Satz 2, Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie... verleihen den Bürgern Rechte, auf die sie sich vor den nationalen Gerichten berufen können, auch wenn die Richtlinie bei Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist nicht förmlich in nationales Recht umgesetzt worden ist. Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie gestattet die Aufrechterhaltung nationaler Rechtsvorschriften oder Praktiken nicht, die das Inverkehrbringen oder die Inbetriebnahme von Funkanlagen, die kein nationales Zulassungszeichen tragen, nach dem 8. April 2000 verbieten, wenn festgestellt wurde oder leicht feststellbar ist, dass das durch das nationale Recht zugewiesene Funkspektrum richtig und effektiv genutzt worden ist.

3. Der Begriff ,Maßnahme im Sinne des Artikels 1 der Entscheidung Nr. 3052/95... erfasst mit Ausnahme der Gerichtsbeschlüsse alle Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die eine Beschränkung des freien Verkehrs von Waren bewirken, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt oder auf den Markt gebracht worden sind. Die Aufrechterhaltung der behördlichen Beschlagnahme eines bestimmten Modells oder einer bestimmten Art von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig auf den Markt gebracht worden sind, nachdem die für die technischen Kontrollen zuständigen nationalen Behörden die Übereinstimmung des Erzeugnisses mit der nationalen und der Gemeinschaftsregelung geprüft haben, fällt unter den Begriff ,Maßnahme, die der Kommission nach der genannten Bestimmung mitzuteilen ist.

4. Wenn eine nationale Regelung für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar befunden worden ist, ist es ebenfalls mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, für eine Zuwiderhandlung gegen diese Regelung Geldbußen oder andere Zwangsmaßnahmen zu verhängen."

Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage

26 Safalero ist ein italienisches Unternehmen, das maßstäblich verkleinerte Flugzeugmodelle herstellt, die durch Verbrennungs- oder Elektromotoren angetrieben und mit Funkfernsteuerungen gelenkt werden. Die Firma stellt die Modelle, aber nicht die Funkfernsteuerungen her. Diese werden aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingeführt und dann vom Importeur, hier Safalero, vertrieben, der den vollständigen Satz von Modell, Motor und Funkfernsteuerung an Einzelhandelsunternehmen verkauft.

27 Am 8. Februar 2000 begaben sich Bedienstete der Postpolizei von Ligurien in die Geschäftsräume des Unternehmens Vitale (im Folgenden: Vitale), das in Genua (Italien) als Einzelhändler auf dem Gebiet des Modellbaus tätig ist. Sie beschlagnahmten sieben Funkfernsteuerungen, die dieses Unternehmen bei Safalero gekauft hatte, mit der Begründung, dass sie nicht mit dem Zulassungszeichen im Sinne von Artikel 398 des Postgesetzes versehen seien.

28 Vitale legte beim Präfekt von Genua einen Rechtsbehelf ein. Mit Beschluss vom 26. April 2000 wies dieser den Rechtsbehelf zurück, verhängte gegen Vitale eine Geldbuße von 33 000 ITL und verfügte die Einziehung und Zerstörung des zuvor beschlagnahmten Materials. Gegen diese Entscheidung des Präfekten legte Vitale keinen Rechtsbehelf bei Gericht ein.

29 Mit Protokollen vom 17. Februar 2000 legte die Postpolizei Safalero als der Gesellschaft, die die beschlagnahmten Geräte verkauft hatte, zur Last, sie habe die Artikel 398 und 399 des Postgesetzes nicht beachtet, und verhängte gegen sie ein Bußgeld in Höhe von 100 000 ITL für jede festgestellte Zuwiderhandlung, was einen Gesamtbetrag von 300 000 ITL ergibt.

30 Am 18. April 2000 legte Safalero einen Rechtsbehelf gegen diese Bescheide beim Präfekt von Genua ein und beantragte die Aufhebung der Beschlagnahme der Funkfernsteuerungen, die Vitale bei ihr gekauft hatte. Zur Begründung machte sie insbesondere geltend, dass die beschlagnahmten Geräte technisch der geltenden nationalen Regelung entsprächen, da sie nur auf den zugewiesenen Funkfrequenzen arbeiteten und ordnungsgemäß mit dem CE-Kennzeichen versehen seien.

31 Der Präfekt von Genua wies mit Bescheid vom 21. April 2000 Safaleros Rechtsbehelf und Antrag auf Aufhebung der Beschlagnahme zurück und ordnete an, dass Safalero als Bußgeld für die ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlungen 330 000 ITL zu zahlen habe. Er stützte seine Entscheidung darauf, dass Safalero nicht befugt sei, die sich gegen Vitale richtende Entscheidung, durch die eine solche Beschlagnahme angeordnet worden sei, anzufechten, dass die fehlende Anbringung des nationalen Zulassungszeichens allein schon einen Verstoß gegen Artikel 398 des Postgesetzes darstelle und dass dieser Artikel mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehe.

32 Safalero erhob am 22. Juni 2000 beim Giudice di pace Genua Klage gegen diesen Bescheid des Präfekten, wobei sie geltend machte, die Beschlagnahmeentscheidung in Bezug auf die Funkfernsteuerungen stelle ein grundsätzliches Verbot" im Sinne der Entscheidung Nr. 3052/95 dar, das der Kommission nach Artikel 1 dieser Entscheidung mitzuteilen sei. Außerdem trug Safalero vor, dass eine solche Beschlagnahme sowohl dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den die Gemeinschaftsrechtsordnung gewährleiste, als auch der Richtlinie widerspreche, weil sie nicht als Sicherungsmaßnahme oder zu Beweiszwecken angeordnet worden sei, sondern mit dem Ziel, die genannten Geräte endgültig einzuziehen.

33 In seinem Vorlagebeschluss stellt der Giudice di pace fest, dass sich die Konformität der in Rede stehenden Geräte nicht nur aus den von Safalero beigebrachten Unterlagen ergebe, sondern dass sie in technischer Hinsicht auch vom Präfekten anerkannt und seitdem nicht bestritten worden sei.

34 Außerdem hat der Giudice di pace festgestellt, dass der Erstverkäufer bei Kettenverkäufen nicht unmittelbar gegenüber der öffentlichen Verwaltung geltend machen könne, dass das beim Erwerber beschlagnahmte Gerät den rechtlichen Anforderungen entspreche, da sich das Rechtsbehelfsverfahren, wie es in der besonderen Regelung des Gesetzes Nr. 689 ausgestaltet sei, auf die Prüfung beschränke, ob die Sanktion gegen den Ordnungswidrigkeitstäter rechtmäßig sei.

35 Der Giudice di pace hat ferner hervorgehoben, dass nach den Artikeln 1490 und 1497 des Codice civile der Verkäufer sowohl gegenüber seinem Käufer als auch gegenüber dem Endverbraucher für die Beschaffenheit und die Gebrauchsfähigkeit der Kaufsache einstehen müsse.

36 Unter diesen Umständen hat der Giudice di pace Genua mit Beschluss vom 4. Januar 2001 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

37 Mit Beschluss vom 30. Juli 2002 hat er unter Hinweis darauf, dass das oben zitierte Urteil Radiosistemi die zweite von ihm gestellte Frage beantworte, diese zurückgezogen, aber das Vorabentscheidungsersuchen für die erste Frage aufrechterhalten. Diese lautet wie folgt:

Sind mit den im Vertrag niedergelegten und/oder in der Rechtsprechung des Gerichtshofes herausgearbeiteten und aufgestellten Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Wirksamkeit und des angemessenen gerichtlichen Schutzes der von der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannten subjektiven Rechte die Vorschriften des Gesetzes Nr. 689 vom 24. November 1981 über das Verfahren und die Sanktionen bei Ordnungswidrigkeiten vereinbar, wenn

- derjenige, der eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, gegen eine Beschlagnahme durch die öffentliche Verwaltung keine Klage einreichen kann, bis die Verwaltung, ohne dabei an Verfahrensfristen gebunden zu sein, einen Mahnbescheid erlässt oder die Einziehung anordnet;

- der unmittelbar und individuell von einer Maßnahme der öffentlichen Verwaltung Betroffene dann keine Klage bei Gericht einreichen kann, wenn diese Maßnahme gegen einen Dritten gerichtet ist;

- derjenige, der unmittelbar und individuell von einer gegen einen Dritten gerichteten Maßnahme der öffentlichen Verwaltung betroffen ist, dem von diesem Dritten gegen diese Maßnahme angestrengten Gerichtsverfahren nicht, auch nicht als Streithelfer, beitreten kann;

- bei einer bloßen Ordnungswidrigkeit, bei der die Hauptsanktion wirtschaftlicher Art ist und in der Zahlung einer auch nur verhältnismäßig bescheidenen Summe besteht, als Nebenfolge die Einziehung der Ware vorgeschrieben ist, ohne dass das Gericht anders und nach seinem Ermessen urteilen kann?

Würdigung durch den Gerichtshof

38 Die erste Unterfrage dieser Vorlagefrage betrifft den Fall, dass die öffentliche Verwaltung weder einen Mahnbescheid erlässt noch die Einziehung anordnet.

39 Hierzu ergibt sich aus den Akten, die dem Gerichtshof von dem nationalen Gericht übermittelt worden sind, dass dieser Fall im Ausgangsverfahren nicht gegeben ist, weil der Präfekt von Genua mit seinem Bescheid vom 26. April 2000 die Einziehung der beschlagnahmten Geräte angeordnet hat.

40 Da es sich um eine hypothetische Frage handelt, muss diese nicht beantwortet werden (vgl. Urteil vom 13. März 2001 in der Rechtssache C-379/98, PreussenElektra, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 39).

41 Die dritte Unterfrage der Vorlagefrage bezieht sich auf den Fall, dass derjenige, der von einer gegen einen anderen gerichteten Maßnahme der öffentlichen Verwaltung betroffen ist, dem von diesem anderen gegen die Maßnahme angestrengten Gerichtsverfahren nicht beitreten kann.

42 Wie die Generalanwältin in Nummer 39 ihrer Schlussanträge hervorgehoben hat, handelt es sich bei der Frage, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, dass der von der Maßnahme Betroffene - hier Safalero - nicht einem von dem anderen - hier von Vitale - gegen diese Maßnahme angestrengten Gerichtsverfahren beitreten kann, um eine hypothetische Frage, die nicht beantwortet werden muss, weil Vitale gegen die gegen sie erlassene Maßnahme nicht gerichtlich vorgegangen ist.

43 Zur vierten Unterfrage der Vorlagefrage stellt das vorlegende Gericht fest, dass die fraglichen Geräte nur deswegen beschlagnahmt worden sind, weil sie nicht mit dem vom italienischen Recht vorgesehenen nationalen Zulassungszeichen versehen waren.

44 Das oben zitierte Urteil Radiosistemi weist (insbesondere in seinen Randnummern 47 und 66) darauf hin, dass eine solche Anforderung des nationalen Rechts nicht dem unmittelbar wirkenden Gemeinschaftsrecht entspricht, ob es sich dabei nun um Artikel 28 EG handelt oder aber um Bestimmungen der Richtlinie, denen eine solche unmittelbare Wirkung nach Ablauf ihrer Umsetzungsfrist zukommt.

45 Außerdem ergibt sich aus dem oben zitierten Urteil Radiosistemi (insbesondere aus seinen Randnummern 79 und 80), dass eine Sanktionsregelung, die Geldbußen oder andere Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung einer nationalen Regelung vorsieht, die für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar befunden worden ist, schon allein aus diesem Grund als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar erachtet werden muss, ohne dass ihre Vereinbarkeit mit dem Diskriminierungsverbot oder dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprüft zu werden braucht.

46 Folglich ist eine Beschlagnahme von Gütern, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Daher ist es nicht erforderlich, die Frage zu beantworten, ob die Beschränkung der richterlichen Befugnisse auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der vorgesehenen Sanktion, ohne dass das Gericht anders und nach seinem Ermessen urteilen kann, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

47 Mit ihrer zweiten Unterfrage bezieht sich die Vorlagefrage nicht auf die Geldbuße, die gegenüber Safalero verhängt wurde, sondern nur auf deren Antrag auf Aufhebung der beim Erwerber vorgenommenen Beschlagnahme der fraglichen Geräte. Hierzu ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss und den Verfahrensakten des Ausgangsverfahrens, dass der Präfekt von Genua mit seiner Entscheidung vom 21. April 2000 diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass Safalero nicht befugt sei, die sich gegen Vitale richtende Entscheidung, durch die eine solche Beschlagnahme angeordnet worden sei, anzufechten.

48 Die Frage geht also im Wesentlichen dahin, ob das Gemeinschaftsrecht unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Importeur keinen gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Beschlagnahme an ein Einzelhandelsunternehmen verkaufter Waren beanspruchen kann, die von der öffentlichen Verwaltung gegen dieses betrieben wird.

49 Zunächst ist daran zu erinnern, dass es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die entsprechender innerstaatlicher Klagen (Grundsatz der Gleichwertigkeit) und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. insbesondere Urteile vom 16. Dezember 1976 in der Rechtssache 33/76, Rewe, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5, und vom 20. September 2001 in der Rechtssache C-453/99, Courage und Crehan, Slg. 2001, I-6297, Randnr. 29).

50 Außerdem ist es zwar grundsätzlich Sache des nationalen Rechts, die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu bestimmen; doch verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die nationalen Rechtsvorschriften das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht beeinträchtigen (vgl. insbesondere Urteil vom 11. Juli 1991 in den verbundenen Rechtssachen C-87/90 bis C-89/90, Verholen u. a., Slg. 1991, I-3757, Randnr. 24).

51 Wie sich aus den Randnummern 27 und 43 des vorliegenden Urteils ergibt, wurden die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Geräte bei Vitale nur deswegen beschlagnahmt, weil sie nicht mit dem in Artikel 398 des Postgesetzes vorgesehenen nationalen Zulassungszeichen versehen waren.

52 In Randnummer 44 des vorliegenden Urteils ist darauf hingewiesen worden, dass das Gemeinschaftsrecht einer solchen Anforderung des nationalen Rechts entgegensteht.

53 Wie in den Randnummern 29 und 31 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist Safalero auch zur Last gelegt worden, sie habe in ihrer Eigenschaft als Gesellschaft, die die beschlagnahmten Geräte verkauft habe, Artikel 398 des Postgesetzes nicht beachtet, und es wurde deswegen gegen sie ein Bußgeld verhängt.

54 Da ein Importeur wie Safalero unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Möglichkeit hat, im Rahmen einer Klage gegen die öffentliche Verwaltung die auf einem Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht beruhende Rechtswidrigkeit der Geldbuße geltend zu machen, die gegen ihn deshalb verhängt worden ist, weil die verkauften Geräte nicht mit dem in Artikel 398 des Postgesetzes vorgesehenen Zulassungszeichen versehen waren, ist davon auszugehen, dass er über einen Rechtsweg verfügt, der ihm einen effektiven gerichtlichen Schutz in Bezug auf die Rechte gewährleistet, die ihm aus der Gemeinschaftsrechtsordnung erwachsen.

55 Denn das Interesse eines solchen Importeurs, nicht durch eine gemeinschaftsrechtswidrige Vorschrift des nationalen Rechts in seinen Geschäften behindert zu werden, ist hier offensichtlich hinlänglich geschützt, weil er eine Gerichtsentscheidung erwirken kann, die die Unvereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht feststellt.

56 In Anbetracht des oben Ausgeführten ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Schutzes der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung den Einzelnen verleiht, dahin gehend auszulegen ist, dass er unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einer nationalen Regelung, nach der der Importeur keinen gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Beschlagnahme an ein Einzelhandelsunternehmen verkaufter Waren beanspruchen kann, die von der öffentlichen Verwaltung gegen dieses betrieben wird, nicht entgegensteht, sofern der Importeur über einen Rechtsweg verfügt, der die Wahrung der ihm durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte gewährleistet.

Kostenentscheidung:

Kosten

57 Die Auslagen der italienischen und der französischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Giudice di pace Genua mit Beschlüssen vom 4. Januar 2001 und vom 30. Juli 2002 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Schutzes der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung den Einzelnen verleiht, ist dahin gehend auszulegen, dass er unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einer nationalen Regelung, nach der der Importeur keinen gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Beschlagnahme an ein Einzelhandelsunternehmen verkaufter Waren beanspruchen kann, die von der öffentlichen Verwaltung gegen dieses betrieben wird, nicht entgegensteht, sofern der Importeur über einen Rechtsweg verfügt, der die Wahrung der ihm durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte gewährleistet.

Ende der Entscheidung

Zurück