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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.12.2001
Aktenzeichen: C-131/00
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 3508/92, VO (EWG) Nr. 3887/92


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 3508/92 Art. 5
VO (EWG) Nr. 3508/92 Art. 8
VO (EWG) Nr. 3887/92 Art. 6
VO (EWG) Nr. 3887/92 Art. 13
VO (EWG) Nr. 3887/92 Art. 10
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 5 der Verordnung Nr. 3508/92 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen in Verbindung mit der Richtlinie 92/102 über die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren und den Artikeln 6 Absatz 5 und 13 der Verordnung Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem in der Fassung der Verordnung Nr. 1648/95 ist dahin auszulegen, dass außer in Fällen höherer Gewalt schon deshalb kein Anspruch auf eine Ausgleichszulage besteht, weil in dem vom Betriebsinhaber geführten Bestandsregister sämtliche Angaben fehlen.

( vgl. Randnr. 33 und Tenor )


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 13. Dezember 2001. - Ingemar Nilsson gegen Länsstyrelsen i Norrbottens län. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Länsrätten i Norrbottens län - Schweden. - Gemeinsame Agrarpolitik - Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 - Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 - Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen - Durchführungsbestimmungen - Vom Betriebsinhaber nicht auf dem neuesten Stand gehaltenes Bestandsregister - Sanktionen. - Rechtssache C-131/00.

Parteien:

In der Rechtssache C-131/00

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Länsrätt i Norrbottens län (Schweden) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Ingemar Nilsson

gegen

Länsstyresen i Norrbottens län

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 355, S. 1)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer S. von Bahr in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. A. O. Edward, A. La Pergola, L. Sevón (Berichterstatter) und C. W. A. Timmermans,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl

Kanzler: R. Grass

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Länsstyrelse i Norrbottens län, vertreten durch G. Plym Forshell als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Guerra Fernandez und L. Parpala als Bevollmächtigte,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. Juli 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Länsrätt i Norrbottens län hat mit Beschluss vom 28. März 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung des Artikels 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 355, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Nilsson, einem Halter von Rindern, und der Länsstyrelse i Norrbottens län (Provinzialregierung der Provinz Norrbotten) wegen einer Ausgleichszulage zugunsten der Landwirtschaft in Berggebieten und bestimmten benachteiligten Gebieten.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Die Verordnung Nr. 3508/92 bestimmt in Artikel 5:

Das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Tieren, die für die Gewährung einer Beihilfe im Sinne dieser Verordnung berücksichtigt werden, ist gemäß den Artikeln 4, 5, 6 und 8 der Richtlinie 92/102/EWG einzurichten."

4 Artikel 8 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 3508/92 sieht vor:

(1) Der Mitgliedstaat überprüft die Beihilfeanträge im Wege der Verwaltungskontrolle.

(2) Die Verwaltungskontrollen werden durch Stichprobenkontrollen vor Ort in ausgewählten Landwirtschaftsbetrieben ergänzt. Für die gesamten Kontrollen stellt der Mitgliedstaat einen Stichprobenplan auf."

5 Die Richtlinie 92/102/EWG des Rates vom 27. November 1992 über die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren (ABl. L 355, S. 32) bestimmt in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a:

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass

a) jeder Halter von Rindern... ein Register führt, das Angaben über die Anzahl der in seinem Betrieb vorhandenen Tiere enthält.

Dieses Register umfasst eine stets auf dem neuesten Stand zu haltende Übersicht über die bei diesen Tieren zu verzeichnenden Geburten, Todesfälle und Bewegungen (Anzahl der Tiere bei jedem Zu- und Abgang) auf der Mindestgrundlage der Gesamtveränderungen des Bestands und unter Angabe des Ursprungs bzw. der Bestimmung der Tiere und des Zeitpunkts dieser Bestandsveränderungen.

..."

6 Die Artikel 5 und 6 der Richtlinie 92/102 regeln die Kennzeichen der Tiere. Artikel 8 der Richtlinie betrifft aus einem Drittland eingeführte Tiere.

7 Artikel 9 der Richtlinie 92/102 bestimmt:

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Verwaltungs- und/oder Strafmaßnahmen, um jede Verletzung der veterinärrechtlichen Vorschriften der Gemeinschaft zu ahnden, wenn festgestellt wird, dass die Kennzeichnung bzw. Identifizierung der Tiere oder die Führung der Register nach Artikel 4 nicht unter Einhaltung der Anforderungen dieser Richtlinie durchgeführt worden sind."

8 Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 391, S. 36) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 (ABl. L 156, S. 27, im Folgenden: geänderte Verordnung Nr. 3887/92) sieht in Artikel 1 vor:

Die vorliegende Verordnung enthält unbeschadet besonderer in den Verordnungen für die einzelnen Sektoren enthaltenen Vorschriften die Durchführungsbestimmungen zu dem in der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 vorgesehenen integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (integriertes System)."

9 Artikel 5 Absatz 1 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 bestimmt:

Unbeschadet der in den Verordnungen für die einzelnen Sektoren enthaltenen Vorschriften für die Beihilfeanträge muss der Beihilfeantrag ,Tiere alle erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere:

...

- Zahl und Art der Tiere, für die eine Beihilfe beantragt wird;

...

- eine Bestätigung des Betriebsinhabers, von den Bedingungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen zu haben.

..."

10 Artikel 6 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 sieht vor:

(1) Die Verwaltungskontrollen und die Kontrollen vor Ort werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Bedingungen für die Gewährung der Beihilfen und Prämien eingehalten wurden.

(2) Im Rahmen der Verwaltungskontrolle gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 werden insbesondere Kontrollprüfungen für die gemeldeten Parzellen und Tiere gemacht, um jede ungerechtfertigte doppelte Beihilfegewährung für dasselbe Kalenderjahr zu vermeiden.

...

(5) Die Kontrollen vor Ort werden unangekündigt durchgeführt und erstrecken sich auf sämtliche landwirtschaftlich genutzten Parzellen bzw. Tiere, für die Anträge gestellt wurden. Eine auf das strikte Minimum beschränkte Ankündigungsfrist, die in der Regel 48 Stunden nicht überschreiten darf, ist allerdings zulässig.

Zumindest 50 % des Mindestsatzes der Kontrollen bei Tieren werden während des Haltungszeitraums vorgenommen. Kontrollen außerhalb dieser Zeit sind nur zulässig, wenn das in Artikel 4 der Richtlinie 92/102/EWG des Rates vorgesehene Register vorliegt.

(6) Abweichend von Absatz 5 zweiter Unterabsatz erstreckt sich die Kontrolle vor Ort im Falle der Gewährung der Sonderprämie bei der Schlachtung oder bei der Erstvermarktung der Tiere zwecks Schlachtung gemäß... unter anderem auf folgende Prüfvorgänge:

- Überprüfung anhand des besonderen vom Betriebsinhaber geführten Registers, ob alle Tiere, für die bis zum Zeitpunkt der Kontrolle vor Ort Anträge eingereicht worden sind, während des gesamten Haltungszeitraums auch im Betrieb gehalten wurden,

...

(9) Jedes Tier, für welches die von der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 vorgesehene Ausgleichszulage beantragt wird, muss ab dem auf die Antragstellung folgenden Tag mindestens zwei Monate lang vom Betriebsinhaber gehalten werden."

11 Artikel 10 Absätze 2 bis 5 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 sieht vor:

(2) Wird festgestellt, dass die Zahl der in einem Beihilfeantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei der Kontrolle festgestellten Tiere liegt, so wird der Beihilfebetrag auf der Grundlage der Zahl der festgestellten Tiere berechnet. Vorbehaltlich höherer Gewalt und nach Anwendung von Absatz 5 wird der betreffende Beihilfesatz jedoch wie folgt gekürzt:

a) für den Fall eines höchstens 20 Tiere betreffenden Antrags

- um den Prozentsatz der festgestellten Differenz, wenn diese nicht mehr als 2 Tiere beträgt;

- um den doppelten Prozentsatz der festgestellten Differenz, wenn diese mehr als 2, aber höchstens 4 Tiere beträgt.

Liegt die festgestellte Differenz über 4 Tieren, so wird keinerlei Beihilfe gewährt;

b) für alle anderen Fälle

...

Die Prozentsätze unter Buchstabe a) sind auf der Grundlage der beantragten Anzahl, die unter Buchstabe b) auf der Grundlage der festgestellten Anzahl zu berechnen.

Handelt es sich jedoch um falsche Angaben, die absichtlich oder aufgrund grober Fahrlässigkeit gemacht wurden, so wird der betreffende Betriebsinhaber ausgeschlossen

- von der Gewährung der betreffenden Beihilfe im betreffenden Kalenderjahr und

- im Falle absichtlich gemachter falscher Angaben von der Gewährung derselben Beihilfe im folgenden Kalenderjahr.

Wenn der Erzeuger infolge höherer Gewalt nicht seiner Haltungspflicht nachkommen konnte, so bleibt der Prämienanspruch für die Zahl der bei Eintreten der höheren Gewalt tatsächlich prämienfähigen Tiere erhalten.

In keinem Falle werden Prämien für mehr als die im Beihilfeantrag angegebene Zahl der Tiere gewährt.

...

(3) Unbeschadet der Bestimmungen des vorstehenden Absatzes wird - sofern im Rahmen einer Kontrolle vor Ort gemäß Artikel 6 Absatz 6 festgestellt wird, dass die Zahl der im Betrieb vorhandenen und für eine Prämienbeantragung in Betracht kommenden Tiere nicht der Zahl der im besonderen Register geführten Tiere entspricht - der Gesamtbetrag der Sonderprämien, die dem Betriebsinhaber für das betreffende Kalenderjahr zu gewähren sind, außer im Fall höherer Gewalt entsprechend gekürzt.

...

(4) Die im Betrieb vorhandenen Rinder werden nur berücksichtigt, wenn es sich um die im Beihilfeantrag identifizierten Tiere handelt, oder im Falle der Anwendung von Absatz 3, falls sie mit Hilfe des Registers identifiziert werden können.

Jedoch kann eine für die Prämie angegebene Mutterkuh oder ein für die Ausgleichsentschädigung im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 angegebenes Rind durch eine andere Mutterkuh bzw. ein anderes Rind ersetzt werden, sofern dies innerhalb einer Frist von 20 Tagen geschieht, nachdem das Tier den Betrieb verlassen hat und diese Ersetzung spätestens am dritten Tag nach der Ersetzung im besonderen Register eingetragen wird.

...

(5) Ist jedoch der Betriebsinhaber aus Gründen, die mit den natürlichen Lebensumständen seiner Herde zusammenhängen, nicht in der Lage, seiner Verpflichtung nachzukommen, d. h. die für eine Prämie mitgeteilten Tiere so lange zu halten, wie dies erforderlich wäre, so bleibt der Prämienanspruch für die Zahl der tatsächlich prämienfähigen Tiere erhalten, die während der vorgeschriebenen Zeit gehalten werden, sofern der Betriebsinhaber die zuständige Behörde hierüber innerhalb von 10 Werktagen nach Feststellung des zahlenmäßigen Rückgangs seines Tierbestandes schriftlich unterrichtet hat."

12 Artikel 13 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 sieht vor:

Außer in Fällen höherer Gewalt wird der Antrag zurückgewiesen, wenn eine Kontrolle vor Ort aus Gründen, die dem Antragsteller anzulasten sind, nicht durchgeführt werden konnte."

13 Nach Artikel 14 Absatz 1 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 ist der betreffende Betriebsinhaber bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich Zinsen verpflichtet.

Nationales Recht

14 Nach der Förordning (1995:1174) om kompensationsbidrag till jordbruk i bergsområden och mindre gynnade områden (schwedische Verordnung über die Ausgleichszulage zugunsten der Landwirtschaft in Berggebieten und bestimmten benachteiligten Gebieten) kann Landwirten eine Ausgleichszulage für Milchkühe und andere Rinder, die älter als sechs Monate sind, gewährt werden. Für die Kontrollmaßnahmen und Sanktionen im Zusammenhang mit den Ausgleichszulagen für die Tiere verweist § 15 der Verordnung auf die Verordnungen Nrn. 3508/92 und 3887/92.

15 Nach § 7 der Statens jordbruksverks föreskrifter (SJVFS 1994:190) om märkning och registrering av djur (Vorschriften des Zentralamts für Landwirtschaft über die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren) in der Fassung der Statens jordbruksverks föreskrifter (SJVFS 1995:194) hat der Halter von Rindern in einem vom Zentralamt für Landwirtschaft zu genehmigenden, auch Stallbuch" genannten Register die Zahl der Rinder einzutragen.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

16 Am 2. April 1997 beantragte Herr Nilsson für den in Artikel 6 Absatz 9 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 genannten Haltungszeitraum, d. h. zwei Monate ab dem auf die Einreichung des Antrags bei der Länsstyrelse folgenden Tag (4. April bis 3. Juni 1997), eine Ausgleichszulage für neun Milchkühe, drei über zwei Jahre alte Rinder und drei Rinder im Alter von sechs Monaten bis zu zwei Jahren.

17 Eine Kontrolle vor Ort wurde am 16. Oktober 1997 durchgeführt, also mehr als vier Monate nach dem Ende des Haltungszeitraums gemäß Artikel 6 Absatz 9 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92. Nach dem Vorlagebeschluss ist unstreitig, dass Herr Nilsson zum Zeitpunkt der Kontrolle tatsächlich sieben Milchkühe, drei über zwei Jahre alte Rinder und drei Rinder im Alter von sechs Monaten bis zu zwei Jahren hielt. Er besaß auch ein genehmigtes Bestandsregister, hatte darin aber keinerlei Angaben zu seinen Tieren eingetragen.

18 Die Länsstyrelse setzte daher die Zahl der den Bedingungen für die Gewährung von Beihilfen entsprechenden Tiere auf null fest und verlangte von Herrn Nilsson mit Bescheid vom 17. Dezember 1997 die Rückzahlung der ihm gezahlten Zulage von 22 632 SEK. Herr Nilsson erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch beim Statens Jordbruksverk, der mit Bescheid vom 1. Juli 1998 zurückgewiesen wurde.

19 Herr Nilsson legte gegen den Bescheid des Statens Jordbruksverk Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht ein.

20 Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts hängt die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits davon ab, ob Herrn Nilsson eine Ausgleichszulage bereits deswegen versagt werden kann, weil das Bestandsregister keine Angaben zu den Tieren enthält.

21 Das vorlegende Gericht verweist in diesem Zusammenhang auf Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3887/92, auf den es sich offenbar in seiner durch die Verordnung Nr. 1648/95 geänderten Fassung bezieht. Nach dieser Vorschrift werde, wenn im Fall eines Antrags für höchstens zwanzig Tiere festgestellt werde, dass die Zahl der im Antrag angegebenen Tiere höher sei als die Zahl der bei der Kontrolle festgestellten Tiere, keine Beihilfe gewährt, wenn die festgestellte Differenz über vier Tieren liege.

22 Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat das Länsrätt i Norrbottens län das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Artikel 5 der Verordnung Nr. 3508/92 des Rates dahin auszulegen, dass das Recht auf eine [Ausgleichs-]Entschädigung ausgeschlossen ist, wenn im Register (Stallbuch) des Tierhalters keine Angaben eingetragen sind?

Zur Vorlagefrage

23 Nach Auffassung der Kommission ist Artikel 5 der Verordnung Nr. 3508/92 dahin auszulegen, dass kein Anspruch auf die Zulage bestehe und die zu Unrecht gezahlten Beträge zurückzuzahlen seien, wenn der Viehhalter nicht die erforderlichen Angaben in das Bestandsregister eintrage. Artikel 5 sehe im Fall eines Verstoßes keine Sanktionen vor. Diese seien in der geänderten Verordnung Nr. 3887/92, insbesondere in Artikel 10 Absätze 3 und 4, festgelegt.

24 Dazu ist festzustellen, dass in der Verordnung Nr. 3508/92 die Grundsätze niedergelegt sind, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der aus Mitteln des EAGFL finanzierten gemeinschaftlichen Agrarinterventionsmaßnahmen sowie bei der Bekämpfung von betrügerischen Handlungen und Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen zu beachten haben.

25 Artikel 5 der Verordnung Nr. 3508/92 verlangt aber lediglich allgemein die Einrichtung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Tieren, die für die Gewährung einer Beihilfe berücksichtigt werden. Für die Ausgestaltung dieses Systems verweist er auf die Artikel 4 bis 6 und 8 der Richtlinie 92/102.

26 Nach den Artikeln 4 bis 6 und 8 der Richtlinie 92/102 müssen die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die Viehhalter im Besitz eines Bestandsregisters sind, in dem sie die nach dieser Richtlinie erforderlichen Eintragungen vornehmen, das sie gemäß bestimmten Vorschriften führen und das sie verfügbar halten. Das Register spielt im Rahmen des gemeinschaftlichen Systems der Identifizierung und Kontrolle der Tiere eine entscheidende Rolle. Dieses System soll es ermöglichen, jedes Tier zu identifizieren und alle seine Bewegungen von der Geburt bis zum Tod zu überwachen, um so den Handel mit Tieren kontrollieren und vor allem die Verwaltung und Kontrolle der gemeinschaftlichen Beihilferegelungen verbessern zu können.

27 In Bezug auf die Verordnung Nr. 3887/92 hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass mit ihr Bestimmungen zur effektiven Vermeidung und Ahndung von Unregelmäßigkeiten und Betrugsfällen erlassen werden sollten (Urteil vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-354/95, National Farmers' Union u. a., Slg. 1997, I-4559, Randnr. 51).

28 Artikel 10 Absatz 3 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 führt ausdrücklich den Fall an, dass die Zahl der im Betrieb vorhandenen und für eine Prämienbeantragung in Betracht kommenden Tiere nicht der Zahl der im besonderen Register geführten Tiere entspricht". Dieser Absatz stellt jedoch eine Ausnahme dar, die nur in einem ganz bestimmten Fall gilt, nämlich in dem der Kontrollen vor Ort, die gemäß Artikel 6 Absatz 6 dieser Verordnung im Hinblick auf die Gewährung der Sonderprämie bei der Schlachtung oder bei der Erstvermarktung der Tiere zwecks Schlachtung" stattfinden, um die es aber im Ausgangsverfahren nicht geht. Artikel 10 Absatz 3 ist daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

29 Tatsächlich enthält Artikel 10 Absatz 2 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 die allgemeinen Bestimmungen für die Fälle, in denen die Zahl der in einem Beihilfeantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei der Kontrolle festgestellten Tiere liegt.

30 Aus dem errichteten Kontrollsystem ergibt sich, dass die regelmäßige Führung des Bestandsregisters eine wesentliche Rolle spielt. Denn die Zahl der bei der Kontrolle vorhandenen und zu diesem Zeitpunkt erfassten Tiere allein ist nicht ausschlaggebend für die Prüfung der Frage, ob der Beihilfeantrag korrekt ist. Vielmehr ermöglicht es das Register, bei der Kontrolle die Zahl und die Identität der während des Haltungszeitraums vorhandenen Tiere, für die die Beihilfe gewährt werden kann, festzustellen.

31 Unter diesen Umständen stellt das Fehlen sämtlicher Angaben im Bestandsregister einen schweren Verstoß gegen die Vorschriften über die Identifikation und Registrierung der Tiere dar, da dadurch das in der Verordnung Nr. 3508/92 vorgesehene integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem nicht funktionieren kann und eine effektive Verwaltung der gemeinschaftlichen Beihilferegelungen unmöglich gemacht wird. Diese Feststellung wird übrigens durch Artikel 6 Absatz 5 Unterabsatz 2 Satz 2 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 bestätigt, der die Bedeutung widerspiegelt, die der Gesetzgeber diesem Register beimisst.

32 Kann vor Ort keine effektive Kontrolle durchgeführt werden, weil überhaupt kein Bestandsregister geführt wird, so ist davon auszugehen, dass die Kontrolle aus Gründen, die dem Antragsteller anzulasten sind, nicht durchgeführt werden konnte, und der Beihilfeantrag ist - außer in Fällen höherer Gewalt - gemäß Artikel 13 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 zurückzuweisen.

33 Auf die Frage des vorlegenden Gericht ist somit zu antworten, dass Artikel 5 der Verordnung Nr. 3508/92 in Verbindung mit der Richtlinie 92/102 und den Artikeln 6 Absatz 5 und 13 der geänderten Verordnung Nr. 3887/92 dahin auszulegen ist, dass außer in Fällen höherer Gewalt schon deshalb kein Anspruch auf eine Ausgleichszulage besteht, weil in dem vom Betriebsinhaber geführten Bestandsregister sämtliche Angaben fehlen.

Kostenentscheidung:

Kosten

34 Die Auslagen der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Länsrätt i Norrbottens län mit Beschluss vom 28. März 2000 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen in Verbindung mit der Richtlinie 92/102/EWG des Rates vom 27. November 1992 über die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren und den Artikeln 6 Absatz 5 und 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 ist dahin auszulegen, dass außer in Fällen höherer Gewalt schon deshalb kein Anspruch auf eine Ausgleichszulage besteht, weil in dem vom Betriebsinhaber geführten Bestandsregister sämtliche Angaben fehlen.

Ende der Entscheidung

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