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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: C-182/02
Rechtsgebiete: Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten, Décret n° 2000-754 relatif aux dates de chasse aux oiseaux de passage et au gibier deau et modifiant le code rural (Dekret über die Jagdzeiten für Zug- und Wasservögel und zur Änderung des Code rural) vom 1. August 2000 (Frankreich)


Vorschriften:

Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten Art. 9 Abs. 1 Buchst. c
Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten Art. 7
Décret n° 2000-754 relatif aux dates de chasse aux oiseaux de passage et au gibier deau et modifiant le code rural (Dekret über die Jagdzeiten für Zug- und Wasservögel und zur Änderung des Code rural) vom 1. August 2000 (Frankreich) Art. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 79/409 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten erlaubt es einem Mitgliedstaat, von den Jagdzeiten, die sich aus der Berücksichtigung der in Artikel 7 Absatz 4 dieser Richtlinie aufgezählten Ziele ergeben, abzuweichen.

Insoweit kann die als Freizeitbeschäftigung ausgeübte Jagd auf wild lebende Vögel während der in Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie genannten Zeiten ebenso wie der Fang und die Veräußerung von wild lebenden Vögeln auch außerhalb der Jagdzeiten im Hinblick auf ihre Haltung zur Benutzung als lebende Lockvögel oder zu Liebhaberzwecken auf Messen und Märkten eine durch Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie gestattete vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen sein.

( vgl. Randnrn. 11-12, Tenor 1 )

2. Nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten kann die Jagd gestattet werden, sofern es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt; diese Bedingung wäre namentlich dann nicht erfuellt, wenn die Maßnahme, die die Jagd in Abweichung gestattet, nur bezwecken würde, die Jagdzeiten für bestimmte Vogelarten in Gebieten zu verlängern, in denen sich diese Vogelarten bereits während der nach Artikel 7 der Richtlinie festgelegten Jagdzeiten aufhalten.

Außerdem muss die Jagd so geregelt werden, dass sie unter streng überwachten Bedingungen selektiv stattfindet und sie nur bestimmte Vogelarten in geringen Mengen betrifft. Die zuletzt genannte Bedingung ist nicht erfuellt, wenn die in Abweichung gestattete Jagd nicht die Erhaltung der Bestände der betreffenden Arten auf ausreichendem Niveau gewährleistet. Ist diese Bedingung nicht erfuellt, kann die Nutzung der Vögel für die Freizeitjagd zudem nicht als vernünftig und somit im Sinne der Richtlinie zulässig angesehen werden.

Schließlich müssen die Maßnahmen, nach denen die Jagd gestattet ist, die Vogelarten für die die Abweichungen gelten, die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden, die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können, die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können, sowie die Kontrollen, die vorzunehmen sind, angeben.

( vgl. Randnrn. 15, 17-19, Tenor 2 )


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 16. Oktober 2003. - Ligue pour la protection des oiseaux u. a. gegen Premier ministre und Ministre de l'Aménagement du territoire et de l'Environnement. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Conseil d'Etat - Frankreich. - Richtlinie 79/409/EWG - Erhaltung der wild lebenden Vogelarten - Jagdzeiten - Ausnahmen. - Rechtssache C-182/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-182/02

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom französischen Conseil d'État in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Ligue pour la protection des oiseaux u. a.

gegen

Premier ministre,

Ministre de l'Aménagement du territoire et de l'Environnement,

Beteiligte:

Union nationale des fédérations départementales de chasseurs,

Association nationale des chasseurs de gibier d'eau,

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, der Richter R. Schintgen, C. Gulmann (Berichterstatter) und V. Skouris sowie der Richterin N. Colneric,

Generalanwalt: D. Ruíz-Jarabo Colomer,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Ligue pour la protection des oiseaux, vertreten durch A. Bougrain-Dubourg, Präsident,

- des Rassemblement des opposants à la chasse, vertreten durch C. Xavier, avocat,

- der Union nationale des fédérations départementales de chausseurs, vertreten durch H. Farge, avocat,

- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und E. Puisais als Bevollmächtigte,

- der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos und I. Chalkias als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G.Valero Jordana und X. Lewis als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Ligue pour la protection des oiseaux, der Union nationale des fédérations départementales de chausseurs, der französischen und der griechischen Regierung sowie der Kommission in der Sitzung vom 3. April 2003,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Mai 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Der Conseil d'État hat mit Entscheidung vom 25. Januar 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Mai 2002, nach Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen von Klagen der Ligue pour la protection des oiseaux (Vogelschutzliga), der Association pour la protection des animaux sauvages (Verein für den Schutz wild lebender Tiere) und des Rassemblement des opposants à la chasse (Sammlungsbewegung der Jagdgegner) vor dem Conseil d'État auf Nichtigerklärung des Décret n° 2000-754 relatif aux dates de chasse aux oiseaux de passage et au gibier d'eau et modifiant le code rural (Dekret über die Jagdzeiten für Zug- und Wasservögel und zur Änderung des Code rural) vom 1. August 2000 (JORF vom 5. August 2000, S. 12178, im Folgenden: angefochtenes Dekret) wegen Überschreitung von Befugnissen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 7 der Richtlinie bestimmt:

(1) Die in Anhang II aufgeführten Arten dürfen aufgrund ihrer Populationsgröße, ihrer geografischen Verbreitung und ihrer Vermehrungsfähigkeit in der gesamten Gemeinschaft im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bejagt werden. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Jagd auf diese Vogelarten die Anstrengungen, die in ihrem Verbreitungsgebiet zu ihrer Erhaltung unternommen werden, nicht zunichte macht.

(2) Die in Anhang II Teil 1 aufgeführten Arten dürfen in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, bejagt werden.

(3) Die in Anhang II Teil 2 aufgeführten Arten dürfen nur in den Mitgliedstaaten, bei denen sie angegeben sind, bejagt werden.

(4) Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass bei der Jagdausübung - gegebenenfalls unter Einschluss der Falknerei -, wie sie sich aus der Anwendung der geltenden einzelstaatlichen Vorschriften ergibt, die Grundsätze für eine vernünftige Nutzung und eine ökologisch ausgewogene Regulierung der Bestände der betreffenden Vogelarten, insbesondere der Zugvogelarten, eingehalten werden und dass diese Jagdausübung hinsichtlich der Bestände dieser Arten mit den Bestimmungen aufgrund von Artikel 2 vereinbar ist. Sie sorgen insbesondere dafür, dass die Arten, auf die die Jagdvorschriften Anwendung finden, nicht während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit bejagt werden. Wenn es sich um Zugvögel handelt, sorgen sie insbesondere dafür, dass die Arten, für die die einzelstaatlichen Jagdvorschriften gelten, nicht während der Brut- und Aufzuchtzeit oder während ihres Rückzugs zu den Nistplätzen bejagt werden. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle zweckdienlichen Angaben über die praktische Anwendung der Jagdgesetzgebung."

4 Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Richtlinie lautet:

(1) Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt, aus den nachstehenden Gründen von den Artikeln 5, 6, 7 und 8 abweichen :

a) - im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit,

- im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt,

- zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern,

- zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt;

b) zu Forschungs- und Unterrichtszwecken, zur Aufstockung der Bestände, zur Wiederansiedlung und zur Aufzucht im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen;

c) um unter streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andre vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu ermöglichen.

(2) In den abweichenden Bestimmungen ist anzugeben,

- für welche Vogelarten die Abweichungen gelten,

- die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden,

- die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können,

- die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können,

- welche Kontrollen vorzunehmen sind."

Nationales Recht

5 Nach Artikel 2 des angefochtenen Dekrets können die Präfekten von dem Verbot, außerhalb der behördlich festgesetzten Jagdzeiten und während bestimmter, für die Vögel kritischer Zeiten zu jagen, Ausnahmen zulassen, um den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung von Gänsen, Ringeltauben und Drosseln in kleinen Mengen bis zum 20. Februar zu ermöglichen. Der für die Jagd zuständige Minister regelt nach Stellungnahme des Conseil national de la chasse et de la faune sauvage (Nationaler Rat für Jagd und wild lebende Tiere) durch Erlass die Bedingungen, unter denen diese jagdlichen Maßnahmen erlaubt werden können, sowie die Überwachungsmodalitäten. Dieser Minister legt zudem nach Stellungnahme der Fédération nationale de la chasse (Nationaler Jagdverband) und des Office national de la chasse et de la Faune sauvage (Nationales Amt für Jagd und wild lebende Tiere) für jede Vogelart die Hoechstzahl der Vögel fest, die in diesem Rahmen pro Departement gejagt werden können. Die Präfekten setzen die Hoechstzahl der Vögel fest, die von den Begünstigten der Ausnahmeregelung gejagt werden dürfen.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

6 Der Conseil d'État vertritt im Rahmen der bei ihm anhängigen Verfahren über die Nichtigerklärung des angefochtenen Dekrets wegen Überschreitung von Befugnissen im Wesentlichen die Ansicht, dass Artikel 2 dieses Dekrets eine Vorschrift zur Durchführung des Artikels 9 Absatz 1 der Richtlinie sei. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieses Artikels 2 hänge davon ab, ob es Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie erlaube, von den Jagdzeiten abzuweichen, die in Anbetracht der in Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie genannten Ziele festgesetzt worden seien, bejahendenfalls weiter von den Kriterien und den Grenzen, in denen diese Ausnahmen vorgesehen werden könnten.

7 Der Conseil d'État hat Artikel 1 des angefochtenen Dekrets teilweise für nichtig erklärt, soweit dieser die Jagdzeiten für bestimmte Arten betrifft, und das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Erlaubt es Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 einem Mitgliedstaat, von den Jagdzeiten, die sich aus der Berücksichtigung der in Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie aufgezählten Ziele ergeben, abzuweichen?

2. Im Fall der Bejahung dieser Frage: Anhand welcher Kriterien sind die Grenzen dieser Abweichung zu bestimmen?

Zur ersten Frage

8 Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten, sofern es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt, u. a. von Artikel 7 der Richtlinie abweichen können, um unter streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu ermöglichen.

9 Damit eröffnet Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie die Möglichkeit, unter Beachtung der dort aufgeführten Bedingungen den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten während der in Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie genannten Zeiten zu gestatten, in denen das Überleben der wild lebenden Vögel besonders bedroht ist.

10 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes gestattet Artikel 9 der Richtlinie es den Mitgliedstaaten, von den Bestimmungen u. a. bezüglich der Jagd abzuweichen (Urteil vom 8. Juli 1987 in der Rechtssache 247/85, Kommission/Belgien, Slg. 1987, 3029, Randnr. 7). Ferner hat der Gerichtshof die Möglichkeit anerkannt, insbesondere aus dem in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie genannten Grund von dem Verbot der Bejagung bestimmter Vogelarten, die nicht im Anhang II der Richtlinie, auf den Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie verweist, erwähnt sind, abzuweichen (Urteil vom 7. März 1996 in der Rechtssache C-118/94, Associazione Italiana per il WWF u. a., Slg. 1996, I-1223, Randnr. 21).

11 Nach alledem kann die als Freizeitbeschäftigung ausgeübte Jagd auf wild lebende Vögel während der in Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie genannten Zeiten ebenso wie der Fang und die Veräußerung von wild lebenden Vögeln auch außerhalb der Jagdzeiten im Hinblick auf ihre Haltung zur Benutzung als lebende Lockvögel oder zu Liebhaberzwecken auf Messen und Märkten eine durch Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie gestattete vernünftige Nutzung sein (vgl. Urteil vom 8. Juli 1987 in der Rechtssache 262/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 3073, Randnr. 38).

12 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie es einem Mitgliedstaat erlaubt, von den Jagdzeiten, die sich aus der Berücksichtigung der in Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie aufgezählten Ziele ergeben, abzuweichen.

Zur zweiten Frage

13 Nach Artikel 9 der Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten von dem in den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie niedergelegten allgemeinen Verbot der Bejagung geschützter Arten nur durch Maßnahmen abweichen, die eine hinreichend ausführliche Bezugnahme auf die in Artikel 9 Absätze 1 und 2 genannten Punkte enthalten (Urteil Associazione Italiana per il WWF u. a., Randnr. 26).

14 Folglich steht eine nationale Maßnahme, die wie die in Randnummer 5 dieses Urteils genannte die Möglichkeit vorsieht, nach Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie von Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie abzuweichen, nicht in Einklang mit Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie, wenn sie keinen Hinweis darauf enthält, dass eine solche Abweichung nur zulässig ist, wenn es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt (in diesem Sinne Urteil Kommission/Italien, Randnr. 39).

15 Was sodann speziell die Jagd anbelangt, so darf diese nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie nur gestattet werden, wenn

- es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt,

- sie so geregelt wird, dass sie unter streng überwachten Bedingungen selektiv stattfindet und

- sie nur bestimmte Vogelarten in geringen Mengen betrifft.

16 Die erste der in der vorstehenden Randnummer erwähnten Bedingungen ist nicht erfuellt, wenn die in Abweichung vorgesehene Jagdzeit ohne Not mit den Zeiten zusammenfällt, für die die Richtlinie einen besonderen Schutz gewähren will (in diesem Sinne Urteil Kommission/Italien, Randnr. 39). Dies wäre namentlich dann der Fall, wenn die Maßnahme, die die Jagd in Abweichung gestattet, nur bezwecken würde, die Jagdzeiten für bestimmte Vogelarten in Gebieten zu verlängern, in denen sich diese Vogelarten bereits während der nach Artikel 7 der Richtlinie festgelegten Jagdzeiten aufhalten.

17 Die dritte dieser Bedingungen ist nicht erfuellt, wenn die in Abweichung gestattete Jagd nicht die Erhaltung der Bestände der betreffenden Arten auf ausreichendem Niveau gewährleistet. Ist diese Bedingung nicht erfuellt, kann die Nutzung der Vögel für die Freizeitjagd zudem nicht als vernünftig und somit im Sinne der elften Begründungserwägung der Richtlinie zulässig angesehen werden.

18 Schließlich müssen die Maßnahmen, nach denen die Jagd gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie gestattet ist, nach Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie angeben,

- die Vogelarten, für die die Abweichungen gelten,

- die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden,

- die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können,

- die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können, und

- die Kontrollen, die vorzunehmen sind.

19 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie die Jagd gestattet werden kann, sofern

- es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt; diese Bedingung wäre namentlich dann nicht erfuellt, wenn die Maßnahme, die die Jagd in Abweichung gestattet, nur bezwecken würde, die Jagdzeiten für bestimmte Vogelarten in Gebieten zu verlängern, in denen sich diese Vogelarten bereits während der nach Artikel 7 der Richtlinie festgelegten Jagdzeiten aufhalten;

- die Jagd so geregelt wird, dass sie unter streng überwachten Bedingungen selektiv stattfindet;

- sie nur bestimmte Vogelarten in geringen Mengen betrifft und

- angegeben sind

a) die Vogelarten, für die die Abweichungen gelten,

b) die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden,

c) die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können,

d) die Stelle, die befugt ist, zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können, und

e) die Kontrollen, die vorzunehmen sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

20 Die Auslagen der französischen und der griechischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Conseil d'État mit Entscheidung vom 25. Januar 2002 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten erlaubt es einem Mitgliedstaat, von den Jagdzeiten, die sich aus der Berücksichtigung der in Artikel 7 Absatz 4 dieser Richtlinie aufgezählten Ziele ergeben, abzuweichen.

2. Nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 79/409 kann die Jagd gestattet werden, sofern

- es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt; diese Bedingung wäre namentlich dann nicht erfuellt, wenn die Maßnahme, die die Jagd in Abweichung gestattet, nur bezwecken würde, die Jagdzeiten für bestimmte Vogelarten in Gebieten zu verlängern, in denen sich diese Vogelarten bereits während der nach Artikel 7 der Richtlinie 79/409 festgelegten Jagdzeiten aufhalten;

- die Jagd so geregelt wird, dass sie unter streng überwachten Bedingungen selektiv stattfindet;

- sie nur bestimmte Vogelarten in geringen Mengen betrifft und

- angegeben sind

a) die Vogelarten, für die die Abweichungen gelten,

b) die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden,

c) die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können,

d) die Stelle, die befugt ist, zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können, und

e) die Kontrollen, die vorzunehmen sind.

Ende der Entscheidung

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