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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: C-209/02
Rechtsgebiete: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten, Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten in der Fassung der Richtlinie 85/411/EWG der Kommission vom 25. Juli 1985


Vorschriften:

Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen Art. 6
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen Art. 7
Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten Art. 4
Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten in der Fassung der Richtlinie 85/411/EWG der Kommission vom 25. Juli 1985 Anhang I d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 29. Januar 2004. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Österreich. - Richtlinie 92/43/EWG - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Erhaltung der natürlichen Lebensräume - Wild lebende Tiere und Pflanzen - Lebensraum des Wachtelkönigs - Besonderes Schutzgebiet 'Wörschacher Moos'. - Rechtssache C-209/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-209/02

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. C. Schieferer als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Feststellung, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 Absätze 3 und 4 in Verbindung mit Artikel 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) verstoßen hat, dass das Projekt zur Erweiterung der Golfanlage der Gemeinde Wörschach im Bundesland Steiermark trotz negativer Ergebnisse einer Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf den Lebensraum des Wachtelkönigs (Crex crex) in dem dort befindlichen besonderen Schutzgebiet nach Artikel 4 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1) bewilligt worden ist,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues und J.-P. Puissochet und der Richterin N. Colneric,

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

6. November 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 4. Juni 2002 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 Absätze 3 und 4 in Verbindung mit Artikel 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7, im Folgenden: Habitatrichtlinie) verstoßen hat, dass das Projekt zur Erweiterung der Golfanlage der Gemeinde Wörschach im Bundesland Steiermark trotz negativer Ergebnisse einer Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf den Lebensraum des Wachtelkönigs (Crex crex) in dem dort befindlichen besonderen Schutzgebiet nach Artikel 4 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie) bewilligt worden ist.

Rechtlicher Rahmen

Die Vogelschutzrichtlinie

2. Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Gebiete, die die durch diese Bestimmungen festgelegten vogelkundlichen Kriterien erfuellen, zu Schutzgebieten zu erklären.

3. Artikel 4 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt:

Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

Die Habitatrichtlinie

4. Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der Habitatrichtlinie bestimmt:

(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.

(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen. Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.

5. Gemäß Artikel 7 der Habitatrichtlinie treten, [w]as die nach Artikel 4 Absatz 1 der [Vogelschutz]Richtlinie zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Artikel 4 Absatz 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt,... die Verpflichtungen nach Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der vorliegenden Richtlinie ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der Richtlinie 79/409/EWG zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 der [Vogelschutz]Richtlinie ergeben.

6. Der Wachtelkönig ist eine in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie in der Fassung der Richtlinie 85/411/EWG der Kommission vom 25. Juli 1985 (ABl. L 233, S. 33) aufgeführte Art.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

7. Die Steiermärkische Landesregierung erteilte mit Bescheid vom 14. Mai 1999 die Genehmigung für die Erweiterung der in der Gemeinde Wörschach gelegenen Golfanlage von Weißenbach durch die Errichtung zweier neuer Spielbahnen in einem als Wörschacher Moos bekannten, zum Schutzgebiet erklärten Gebiet. Die Kommission richtete aufgrund einer Beschwerde am 4. November 1999 ein Mahnschreiben an die Republik Österreich. Darin erläuterte sie, dass die Informationen im Beschwerdevorbringen und die fachlichen Grundlagen des Bescheids vom 14. Mai 1999 eine hohe Wahrscheinlichkeit eines negativen Ergebnisses im Sinne von Artikel 6 Absatz 3 der Habitatrichtlinie für die bestehende Wachtelkönigpopulation erkennen ließen, falls das in Rede stehende Erweiterungsprojekt verwirklicht werde. Daher sei das Projekt nur im Maße der Erfuellung der Voraussetzungen von Artikel 6 Absatz 4 der Habitatrichtlinie genehmigungsfähig gewesen. Keine dieser Voraussetzungen sei aber von den zuständigen Behörden beachtet worden. Die Republik Österreich sei folglich ihren Verpflichtungen aus der Vogelschutzrichtlinie in Verbindung mit den Artikeln 7 und 6 Absätze 3 und 4 der Habitatrichtlinie nicht nachgekommen.

8. Im Antwortschreiben der Republik Österreich vom 12. Januar 2000 an die Kommission machte die Steiermärkische Landesregierung geltend, dass nachhaltige Auswirkungen des Projekts auf die Natur und die Landschaft durch die Auflagen im Bescheid vom 14. Mai 1999 von vornherein hätten verhindert werden können und dass es daher nicht für notwendig erachtet worden sei, zu prüfen, ob besondere wirtschaftliche Interessen die des Naturschutzes überwögen. Die Vermeidung von zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen für den Wachtelkönig sei durch die Auflagen sichergestellt worden, mit denen der Bescheid vom 14. Mai 1999 versehen worden sei.

9. Mit Schreiben vom 27. Juli 2000 gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie ausführte, dass ein Fachgutachten, das von den Behörden des Landes Steiermark an Dr. Gepp vom Institut für Naturschutz- und Landschaftsökologie in Graz (Österreich) vergeben worden sei, eine potenzielle erhebliche Gefährdung der Wachtelkönigpopulation durch die geplante Erweiterung des Golfplatzes ergeben habe. Von der Wirksamkeit der im Bescheid vom 14. Mai 1999 vorgesehenen Auflagen für die Behebung der aufgezeigten Gefährdung sei sie nicht überzeugt. Im Übrigen habe der Gutachter von komplexen Auflagen abgeraten, die nur einen Teil der Gefährdungsursachen reduzieren könnten, konkrete Ersatzgrundstücke für die fragliche Erweiterung empfohlen und die Errichtung der beiden Spielbahnen als nicht mit der Erhaltung der Wachtelkönigpopulation vereinbar beurteilt.

10. Die Kommission legte in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme auch dar, dass ihr eine neue Studie mit dem Titel Verbreitung, Biologie und Ökologie des Wachtelkönigs im Steirischen Ennstal vorliege, die von Dr. Schäffer im Auftrag des Instituts für Naturschutz und Landschaftsökologie erstellt worden sei. Danach müsse auf der Grundlage des derzeitigen Wissensstands zur Verhaltensbiologie des Wachtelkönigs davon ausgegangen werden, dass die für das Projekt der Erweiterung der Golfanlage vorgesehenen Flächen vollständig im Bereich der möglicherweise von Wachtelkönigen genutzten Wiesen lägen. Demnach würden genutzte Habitatstrukturen durch die Golfplatzerweiterung vernichtet. Die Zustimmung zur Durchführung der geplanten Erweiterung der Golfanlage in der Gemeinde Wörschach sei somit entgegen den in Artikel 6 Absatz 3 der Habitatrichtlinie genannten Anforderungen trotz der negativen Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf diese Durchführung in dem betreffenden Lebensraum erteilt worden.

11. Die Republik Österreich wurde aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dieser Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen.

12. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2000 antwortete die Republik Österreich, dass die zuständige Landesregierung nach wie vor die Auffassung vertrete, dass nicht gegen die Gemeinschaftsgesetzgebung verstoßen werde, da die Durchführung des streitigen Projekts im vorliegenden Fall keine erheblichen Auswirkungen im Sinne von Artikel 6 Absatz 3 der Habitatrichtlinie haben könne.

13. Am 31. Mai 2002 hat die Kommission die vorliegende Klage eingereicht.

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

14. Die österreichische Regierung macht hauptsächlich geltend, dass der österreichische Verwaltungsgerichtshof am 27. Juni 2002 den Bescheid vom 14. Mai 1999 infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben habe. Da das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Ex-tunc-Wirkung habe, habe der Bescheid vom 14. Mai 1999 nie existiert. Für die vorliegende Vertragsverletzungsklage fehle daher die Klagegrundlage, da sie sich speziell auf diesen Bescheid beziehe. Zudem sei es aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes verboten, die beiden streitigen neuen Golfbahnen zu bespielen. Der neue Bescheid, der aufgrund des Antrags des Golfplatzbetreibers zu erlassen sei, werde in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht erlassen, und das vorliegende Verfahren könne sich nicht präventiv auf einen noch nicht erlassenen Bescheid beziehen.

15. Die Kommission trägt vor, dass der Einwand in Bezug auf den Wegfall der Klagegrundlage aus zwei Gründen fehlgehe. Zum einen werde zwar die Rechtssache durch die Aufhebung des Bescheids vom 14. Mai 1999 in den Stand zurückversetzt, in dem sie sich vor seinem Erlass befunden habe; jedoch habe die zuständige Behörde zwingend einen neuen Bescheid zu erlassen, mit dem über den Antrag der Partei, nämlich des Golfplatzbetreibers, zu entscheiden sei. Da dieser Bescheid von der zuständigen Behörde bis jetzt noch nicht erlassen worden sei, könne auch nicht abschließend beurteilt werden, ob zumindest die formal-rechtliche Seite des Verstoßes weggefallen sei. Zum anderen habe der fragliche Verstoß sowohl formell als auch de facto bei Ablauf der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzt worden sei, noch bestanden.

Würdigung durch den Gerichtshof

16. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen, in der sich der fragliche Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzt wurde, befand, und später eingetretene Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (vgl. insbesondere Urteile vom 18. März 1999 in der Rechtssache C-166/97, Kommission/Frankreich, Slg. 1999, I-1719, Randnr. 18, und vom 30. Januar 2002 in der Rechtssache C-103/00, Kommission/Griechenland, Slg. 2002, I-1147, Randnr. 23).

17. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der Bescheid vom 14. Mai 1999, den die Kommission als Ursache der Vertragsverletzung der Republik Österreich ansieht, bei Ablauf der Frist, die diesem Mitgliedstaat von der Kommission dafür gesetzt wurde, der mit Gründen versehenen Stellungnahme nachzukommen, noch in Kraft war. Im Übrigen waren inzwischen, was auch die österreichische Regierung einräumt, die beiden neuen Spielbahnen errichtet worden, auf die sich der Bescheid bezog.

18. Folglich kann bei der vorliegenden Vertragsverletzungsklage jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Klagegrundlage weggefallen sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. März 1988 in der Rechtssache 240/86, Kommission/Griechenland, Slg. 1988, 1835, Randnrn. 12 bis 15).

19. Der von der Republik Österreich geltend gemacht Einwand ist daher zurückzuweisen.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Parteien

20. Die Kommission trägt vor, dass die geplante Erweiterung der fraglichen Golfanlage in einem zum Schutzgebiet erklärten Gebiet gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Habitatrichtlinie nicht hätte genehmigt werden dürfen. Denn sie sei geeignet gewesen, dieses Gebiet und die Wachtelkönigpopulation erheblich zu beeinträchtigen und damit die Funktion des Schutzgebietes im Hinblick auf die in der Gemeinschaftsregelung festgelegten Erhaltungsziele erheblich zu vermindern. Im Übrigen hätten die Genehmigungsvoraussetzungen für das fragliche Projekt nach Artikel 6 Absatz 4 der Habitatrichtlinie nicht vorgelegen.

21. Die österreichische Regierung macht geltend, dass unter Berücksichtigung der ordnungsgemäß durchgeführten Verträglichkeitsprüfung und der daraufhin im Bescheid vom 14. Mai 1999 angeordneten Auflagen eine erhebliche Gefährdung der Wachtelkönigpopulation im besonderen Schutzgebiet Wörschacher Moos ausgeschlossen worden sei. Weiter sei es für die Genehmigung der Erweiterung der fraglichen Golfanlage nicht erforderlich gewesen, die Voraussetzungen des Artikels 6 Absatz 4 der Habitatrichtlinie zu erfuellen.

Würdigung durch den Gerichtshof

22. In Bezug auf die nach Artikel 4 der Vogelschutzrichtlinie zu Schutzgebieten erklärten Gebiete bestimmt Artikel 6 Absatz 3 der Habitatrichtlinie in Verbindung mit deren Artikel 7, dass Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Schutzgebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die dieses jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Schutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen erfordern. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Schutzgebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

23. Es ist unstreitig, dass 1998 im Rahmen des Untersuchungsverfahrens, das vor dem Erlass des Bescheids vom 14. Mai 1999 durchgeführt wurde, im Auftrag der Behörden des Landes Steiermark ein Fachgutachten von Dr. Gepp vom Institut für Naturschutz- und Landschaftsökologie in Graz erstellt worden war. Dieses Fachgutachten wurde im Bescheid vom 14. Mai 1999 wiedergegeben.

24. In dem Fachgutachten wird ausgeführt, dass in dem Schutzgebiet, in dem die streitige Erweiterung der Golfanlage durchgeführt werden soll, eine Wachtelkönigpopulation besteht. Die Erweiterung der Golfanlage würde insbesondere zu einem teilweisen Verlust an Nahrungs- und Rückzugsräumen dieser Vogelart sowie zur Zerstörung räumlicher Funktionszusammenhänge und Habitatstrukturen durch die Zerstückelung der verschiedenen vom Wachtelkönig genutzten Gebiete führen. Die Maßnahmen, die unter Umständen die durch die Umsetzung des streitigen Projekts verursachten Störungen vermindern könnten, seien nur teilweise wirksam, sie seien schwer umzusetzen und ihre langfristige Wirksamkeit sei zweifelhaft. Schließlich drohe die Errichtung der beiden fraglichen Golfbahnen den Erhalt der Wachtelkönigpopulation im Schutzgebiet Wörschacher Moos - der einzigen reproduktiven inneralpinen Wachtelkönigpopulation - zu gefährden. In dem Fachgutachten würden daher Ersatzgrundstücke für die Durchführung der Golfplatzerweiterung angegeben.

25. Im Auftrag der Behörden des Landes Steiermark hat R.Lentner am 26. Juni 1999 ein Fachgutachten zur Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens von Dr. Gepp unter Berücksichtigung der von den genannten Behörden daraus gezogenen Schlussfolgerungen erstellt. Die Ausführung im Bescheid vom 14. Mai 1999, dass durch die Auflagen die negativen Auswirkungen auf die Wachtelkönigpopulation vermieden werden könnten und der Erhalt dieser Population sichergestellt werden könne, wird nach R. Lentner nicht durch das Gutachten von Dr. Gepp oder andere den Behörden vorliegende ornithologische Gutachten oder Stellungnahmen gedeckt. Diese als Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Auflagen seien nicht geeignet, entsprechende Auswirkungen mit einem gewissen Maß an Sicherheit abzumindern.

26. Im Hinblick auf die Bedeutung der Fachgutachten und mangels gegenteiliger Beweise ist festzustellen, dass die österreichischen Behörden beim Erlass des Bescheids vom 14. Mai 1999 nicht zu Recht davon ausgingen, dass durch die geplante Erweiterung der Golfanlage, um die es im vorliegenden Fall geht, mit den in diesem Bescheid angeordneten Auflagen die Wachtelkönigpopulation im Schutzgebiet Wörschacher Moos nicht erheblich gefährdet und dieses Schutzgebiet nicht beeinträchtigt wird.

27. Die Feststellungen aus der vorstehenden Randnummer dieses Urteils werden auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Stellungnahme, die Dr. Gepp auf Antrag der Steiermärkischen Landesregierung am 15. Juli 2002 zur Interpretation der Beurteilungen und Ergebnisse seines Fachgutachtens abgegeben hat, anscheinend in gewisser Weise deren Bedeutung abschwächt. Dasselbe gilt für die in den Jahren 2000 und 2002 erhobenen Bestandszahlen der das Schutzgebiet Wörschacher Moos aufsuchenden Wachtelkönigpopulation, in denen drei bzw. zwei balzende Männchen verzeichnet sind und auf die sich die österreichische Regierung zum Nachweis dafür beruft, dass die Durchführung der Golfplatzerweiterung keinen erheblichen Rückgang dieser Population zur Folge gehabt habe.

28. Nach alledem wurde der Bescheid vom 14. Mai 1999 nicht unter Berücksichtigung der Anforderungen des Artikels 6 Absatz 3 der Habitatrichtlinie erlassen. Außerdem steht fest, dass die Voraussetzungen des Artikels 6 Absatz 4 der Habitatrichtlinie im vorliegenden Fall nicht erfuellt waren.

29. Daher ist festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 Absätze 3 und 4 in Verbindung mit Artikel 7 der Habitatrichtlinie verstoßen hat, dass das Projekt zur Erweiterung der Golfanlage der Gemeinde Wörschach im Bundesland Steiermark trotz negativer Ergebnisse einer Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf den Lebensraum des Wachtelkönigs (Crex crex) in dem dort befindlichen, nach Artikel 4 der Vogelschutzrichtlinie zum besonderen Schutzgebiet erklärten Wörschacher Moos bewilligt worden ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

30. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Österreich mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 Absätze 3 und 4 in Verbindung mit Artikel 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen verstoßen, dass das Projekt zur Erweiterung der Golfanlage der Gemeinde Wörschach im Bundesland Steiermark trotz negativer Ergebnisse einer Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf den Lebensraum des Wachtelkönigs (Crex crex) in dem dort befindlichen, nach Artikel 4 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten zum besonderen Schutzgebiet erklärten Wörschacher Moos bewilligt worden ist.

2) Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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