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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: C-22/03
Rechtsgebiete: Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, Gesetz betreffend die Aufsicht über den Wertpapierhandel vom 16. November 1995 (Niederlande), Regelung über die Aufsichtskosten in Verbindung mit dem Gesetz betreffend die Aufsicht über den Wertpapierhandel 1995 in der geänderten Fassung von 2000 (Niederlande)


Vorschriften:

Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital Art. 4 Abs. 1
Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital Art. 10
Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital Art. 11
Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital Art. 12 Abs. 1
Gesetz betreffend die Aufsicht über den Wertpapierhandel vom 16. November 1995 (Niederlande) Art. 42
Regelung über die Aufsichtskosten in Verbindung mit dem Gesetz betreffend die Aufsicht über den Wertpapierhandel 1995 in der geänderten Fassung von 2000 (Niederlande) Art. 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 10. März 2005. - Optiver BV und andere gegen Stichting Autoriteit Financiële Markten. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank te Rotterdam - Niederlande. - Richtlinie 69/335/EWG - Indirekte Besteuerung der Ansammlung von Kapital - Abgabe auf die von Wertpapierinstituten erzielten Bruttoerlöse. - Rechtssache C-22/03.

Parteien:

In der Rechtssache C-22/03

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Rechtbank Rotterdam (Niederlande) mit Entscheidung vom

21. Januar 2003

, beim Gerichtshof eingegangen am

23. Januar 2003

, in dem Verfahren

Optiver BV u. a.

gegen

Stichting Autoriteit Financiële Markten , Rechtsnachfolgerin der Stichting Toezicht Effectenverkeer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter), P. Kris und G. Arestis,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom

30. September 2004,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Optiver BV, Optrix BV und Optra BV, Prozessbevollmächtigte: H. Speyart und M. Scheele, advocaten,

- der All Options International BV, Prozessbevollmächtigte: E. Kuijpers und G. J. G. Bolderman, advocaten,

- der Robeco Obligatie DividendFunds NV u. a., Prozessbevollmächtigte: H. Speyart und A. J. P. Tillema, advocaten,

- der Stichting Autoriteit Financiële Markten, Rechtsnachfolgerin der Stichting Toezicht Effectenverkeer, Prozessbevollmächtigte: H. J. Sachse, F. Leeflang und T. van Wagensveld, advocaten,

- der niederländischen Regierung, vertreten durch S. Terstal und C. Wissels als Bevollmächtigte,

- des Vereinigten Königreichs, vertreten durch P. Ormond als Bevollmächtigte im Beistand von J. Stratford, Barrister,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und W. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

9. November 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25).

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Optiver BV und 38 weiteren Gesellschaften (im Folgenden: Optiver u. a.), bei denen es sich um Wertpapierinstitute mit Sitz in den Niederlanden handelt, einerseits und der Stichting Autoriteit Financiële Markten (im Folgenden: AFM), Rechtsnachfolgerin der Stichting Toezicht Effectenverkeer, andererseits wegen der Erhebung einer Abgabe auf die Bruttoerlöse, die diese Gesellschaften mit diesen Tätigkeiten erzielen.

Rechtlicher Rahmen

Die Gemeinschaftsregelung

3. Mit der Richtlinie 69/335 soll gemäß ihrer ersten Begründungserwägung ein freier Kapitalverkehr gefördert werden, der als eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Schaffung einer Wirtschaftsunion mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Binnenmarkt bezeichnet wird.

4. Gemäß der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 69/335 setzt die Verfolgung dieses Zieles in Bezug auf die Besteuerung der Ansammlung von Kapital voraus, dass die bis dahin in den Mitgliedstaaten geltenden indirekten Steuern aufgehoben werden und dass stattdessen im Gemeinsamen Markt nur einmal eine Steuer erhoben wird, die in allen Mitgliedstaaten gleich hoch sein muss.

5. Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 69/335 bestimmt:

Der Gesellschaftsteuer unterliegen die nachstehenden Vorgänge:

a) die Gründung einer Kapitalgesellschaft;

b) die Umwandlung einer Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristischen Person, die keine Kapitalgesellschaft ist, in eine Kapitalgesellschaft;

c) die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art;

d) die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art, für die nicht Gesellschaftsrechte gewährt werden, die einen Anteil am Kapital oder am Gesellschaftsvermögen verkörpern, sondern Rechte, wie sie Gesellschaftern gewährt werden...;

...

6. Gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben e bis h der Richtlinie 69/335 unterliegen die Verlegung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung oder des satzungsmäßigen Sitzes einer Kapitalgesellschaft von einem Drittland in einen Mitgliedstaat oder von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat ebenfalls der Gesellschaftsteuer.

7. In Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 69/335 werden die verschiedenen Vorgänge genannt, die der Gesellschaftsteuer unterworfen werden können.

8. Die Richtlinie 69/335 sieht gemäß ihrer letzten Begründungserwägung auch die Aufhebung anderer indirekter Steuern mit den gleichen Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer oder die Wertpapiersteuer vor, deren Beibehaltung die Zielsetzungen der Richtlinie gefährdet. Diese Steuern, die zu erheben verboten ist, werden u. a. in Artikel 10 der Richtlinie 69/335 aufgezählt, der folgendermaßen lautet:

Abgesehen von der Gesellschaftsteuer erheben die Mitgliedstaaten von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf:

a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge;

b) die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge;

c) die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann.

9. Artikel 11 der Richtlinie 69/335 bestimmt:

Die Mitgliedstaaten erheben keine Steuer irgendwelcher Art:

a) auf die Ausfertigung, die Ausgabe, die Börsenzulassung, das Inverkehrbringen von oder den Handel mit Aktien, Anteilen oder anderen Wertpapieren gleicher Art sowie Zertifikaten derartiger Wertpapiere, ungeachtet der Person des Emittenten;

b) auf Anleihen einschließlich Renten, die durch Ausgabe von Obligationen oder anderen handelsfähigen Wertpapieren aufgenommen werden, ungeachtet der Person des Emittenten, auf alle damit zusammenhängenden Formalitäten sowie auf die Ausfertigung, Ausgabe oder Börsenzulassung, das Inverkehrbringen von oder den Handel mit diesen Obligationen oder anderen handelsfähigen Wertpapieren.

10. Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 69/335 bestimmt:

In Abweichung von den Artikeln 10 und 11 können die Mitgliedstaaten Folgendes erheben:

a) pauschal oder nicht pauschal erhobene Börsenumsatzsteuern;

...

e) Abgaben mit Gebührencharakter;

...

Die nationale Regelung

11. Die Wet toezicht effectenverkeer 1995 (Gesetz betreffend die Aufsicht über den Wertpapierhandel 1995) vom 16. November 1995 (Stbl. 1995, Nr. 574, im Folgenden: Gesetz von 1995) regelt die Aufsicht über die Wertpapiergeschäfte. Nach Artikel 1 betrifft dieses Gesetz u. a. Effektenmakler und Vermögensverwalter; beide Kategorien werden auch als Wertpapierinstitute bezeichnet.

12. Nach Artikel 7 Absatz 1 des Gesetzes von 1995 ist es Personen, die nicht als Effektenmakler oder als Vermögensverwalter zugelassen sind, untersagt, in den Niederlanden oder von den Niederlanden aus Dienstleistungen anzubieten. Gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Gesetzes erteilt der Finanzminister die Zulassung, wenn bestimmte qualitative Voraussetzungen erfüllt sind.

13. Artikel 42 des Gesetzes von 1995 bestimmt:

Unser Minister oder eine juristische Person, der gemäß Artikel 40 Aufgaben und Befugnisse übertragen wurden, kann die Kosten, die für die Durchführung dieser Aufgaben und die Ausübung dieser Befugnisse gemäß den durch unseren Minister aufzustellenden Regeln entstehen, Betreibern von Wertpapierbörsen, Einrichtungen, zu deren Lasten Wertpapiere ausgegeben wurden, die an einer aufgrund von Artikel 22 anerkannten Wertpapierbörse zur Notierung zugelassen sind, Wertpapierinstituten, Personen, die eine Genehmigung gemäß Artikel 7 Absatz 1... beantragen..., in Rechnung stellen.

14. Die Behörde, der die Befugnisse nach Artikel 40 des Gesetzes von 1995 eingeräumt wurden, ist die AFM. Die Höhe der Kosten, die diese den nach Artikel 7 Absatz 1 des Gesetzes von 1995 zugelassenen Gesellschaften in Rechnung stellen kann, richtet sich nach dem Haushalt der AFM.

15. Die von den Wertpapierinstituten geschuldeten Beträge setzen sich zusammen zum einen aus den Gebühren für die diesen Instituten tatsächlich geleisteten spezifischen Dienstleistungen und zum anderen aus einer Abgabe, die den genannten Instituten auf der Grundlage der Bruttoerlöse berechnet wird, die sie in dem Geschäftsjahr erzielt haben, das dem Jahr vorausgeht, für das der Haushalt der AFM festgelegt wurde (im Folgenden: Abgabe).

16. Artikel 5 Absatz 1 der Regeling toezichtkosten Wet toezicht effectenverkeer 1995 (Regelung über die Aufsichtskosten in Verbindung mit dem Gesetz betreffend die Aufsicht über den Wertpapierhandel 1995) in der geänderten Fassung von 2000 (Staatscourant 2000, Nr. 137, S. 10, im Folgenden: Regelung) bestimmt:

Den gemäß Artikel 7 Absatz 1 des Gesetzes zugelassenen Wertpapierinstituten mit Sitz in den Niederlanden wird jährlich ein Betrag in Rechnung gestellt, der nach der in Absatz 3 genannten Staffelung der Einkünfte dieser Wertpapierinstitute in dem dem Haushalt vorangehenden Jahr festgestellt wird.

17. In Artikel 5 Absatz 3 der Regelung ist die genannte Staffelung der Einnahmen in zehn verschiedenen Stufen festgelegt.

18. Nach den Begründungserwägungen der Regelung ist unter Einkünften der aus dem normalen Betrieb resultierende Bruttoerlös zu verstehen, soweit er sich aus Tätigkeiten der in Artikel 7 Absatz 1 des Gesetzes von 1995 genannten Art ergibt. Diese Einkünfte können u. a. erzielt werden durch Provision oder Courtage für Wertpapierdienstleistungen, Nettohandel, Rückvergütung, Vermögensverwaltung, Repogeschäfte, Kursgewinne aus Wertpapiergeschäften, Übernahme und Platzierung von Emissionen, Verwahrung und Verwaltung, Verwahrungsbetrieb, Clearing- und Settlementtätigkeiten sowie Einkünfte aus Marktpflege.

19. In Artikel 3 der Vaststellingsregeling bedragen Regeling toezichtskosten Wet toezicht effectenverkeer 1995 voor 2000 (Durchführungsregelung zur Festlegung der Höhe der Abgaben für das Jahr 2000 gemäß der Regelung über die Aufsichtskosten nach dem Gesetz betreffend die Aufsicht über den Wertpapierhandel von 1995, Staatscourant 2000, Nr. 137, S. 9) sind die Beträge nach Artikel 5 Absatz 1 der Regelung festgelegt.

Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage

20. Optiver BV u. a. sind zur Durchführung von Wertpapiergeschäften im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 des Gesetzes von 1995 zugelassen.

21. Mit Entscheidungen vom 15. August 2000 erhob die AFM von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens für das am 31. Dezember 2000 abgelaufene Geschäftsjahr eine Abgabe auf die von ihnen mit Wertpapieren erzielten Einkünfte.

22. Da diese Abgabe ihrer Ansicht nach gegen die Richtlinie 69/335 verstößt, legten Optiver u. a. gegen diese Entscheidungen jeweils Beschwerde ein. Nach der Zurückweisung dieser Beschwerden erhoben sie Klage bei der Rechtbank Rotterdam mit dem Vortrag, dass diese Abgabe, die auf das Inverkehrbringen und den Handel mit Wertpapieren erhoben werde, gegen Artikel 11 der Richtlinie 69/335 verstoße.

23. Die AFM macht geltend, dass die genannte Abgabe keine Abgabe auf den Handel mit Wertpapieren darstelle, sondern auf die mit diesen Wertpapiergeschäften erzielten Einkünfte erhoben werde. Hilfsweise trägt sie vor, dass diese Abgabe unter eine der in Artikel 12 Absatz 1 Buchstaben a und e der Richtlinie 69/335 vorgesehenen Ausnahmeregelungen falle.

24. Da die Entscheidung des ihr vorliegenden Rechtsstreits nach Ansicht der Rechtbank Rotterdam von der Auslegung der Richtlinie 69/335 abhängt, hat sie das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Steht die Richtlinie 69/335, insbesondere die Auslegung ihrer Artikel 11 und 12, der Erhebung einer Abgabe zu Lasten von Wertpapierinstituten auf die Bruttoerlöse aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wertpapieren entgegen?

Zur Vorlagefrage

25. Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 69/335 dahin auszulegen ist, dass sie der Erhebung einer Abgabe entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren streitige Abgabe zu Lasten von Wertpapierinstituten auf die Bruttoerlöse aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wertpapieren erhoben wird.

26. Um auf diese Frage eine zweckdienliche Antwort geben zu können, ist zu prüfen, ob die Abgabe in den Anwendungsbereich der Richtlinie 69/335 fällt.

27. Aus der Richtlinie 69/335 ergibt sich, dass sie die Aufhebung anderer indirekter Steuern als der Gesellschaftsteuer, die die gleichen Merkmale wie die Gesellschaftsteuer haben, zum Ziel hat, d. h. derjenigen Steuern, die auf Vorgänge im Sinne dieser Richtlinie erhoben werden.

28. Bezüglich der Qualifikation der im Ausgangsverfahren gegenständlichen Abgabe als Steuer ist darauf hinzuweisen, dass Effektenmakler und Vermögensverwalter nach niederländischem Recht über eine Zulassung in den Niederlanden verfügen müssen, um ihre Dienstleistungen in diesem Mitgliedstaat anbieten zu dürfen.

29. Durch das Gesetz von 1995 wird die AFM mit der Ausübung der dem Finanzminister zugewiesenen Befugnis zur Aufsicht über die Wertpapiergeschäfte beauftragt. Sie darf ihre Betriebskosten u. a. auf die Wertpapierinstitute abwälzen, insbesondere durch die Erhebung der diesen auferlegten Abgabe, die jährlich nach einer in der Regelung festgelegten Tabelle anhand der Bruttoerlöse berechnet wird, die diese Wertpapierinstitute in dem Geschäftsjahr erzielt haben, das dem Jahr vorausgeht, für das der Haushalt der AFM festgelegt wurde.

30. Demnach wird eine derartige Abgabe, die aufgrund einer vom Staat erlassenen rechtlichen Regelung geschuldet wird, von privaten Personen an eine Einrichtung, die eine staatliche Aufgabe ausübt, gezahlt, um deren Finanzierung zu gewährleisten.

31. Wie zum einen aber die Kommission zu Recht geltend macht, kann zwar in Anbetracht der genannten Merkmale nicht behauptet werden, dass die Abgabe keine Steuer sei, doch ist sie gleichwohl keine unzulässige Besteuerung im Sinne der Richtlinie 69/335, da sie nicht in deren Anwendungsbereich fällt.

32. Der Entstehungstatbestand der Abgabe liegt nämlich nicht in der Durchführung eines spezifischen Vorgangs der in den Artikeln 4, 10 und 11 der Richtlinie 69/335 genannten Art, sondern in der Ausübung einer breiten Palette allgemein mit Wertpapieren zusammenhängender Tätigkeiten.

33. Zum anderen entspricht die Abgabe, deren Bemessungsgrundlage die Bruttoerlöse bilden, die die Wertpapierinstitute in Ausübung verschiedener Tätigkeiten erzielt haben, eher einer direkten Einkommensteuer und fällt daher in eine von der Richtlinie 69/335 nicht erfasste Kategorie von Steuern (vgl. u. a. Urteile vom 26. September 1996 in der Rechtssache C287/94, Frederiksen, Slg. 1996, I4581, Randnr. 21, und vom 18. Januar 2001 in der Rechtssache C113/99, P. P. Handelsgesellschaft, Slg. 2001, Randnrn. 24 und 27).

34. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass eine Abgabe der im Ausgangsverfahren streitigen Art nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 69/335 fällt und daher keine verbotene Besteuerung im Sinne dieser Richtlinie darstellt.

35. Darum ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Richtlinie 69/335 dahin auszulegen ist, dass sie der Erhebung einer Abgabe nicht entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren streitige Abgabe zu Lasten von Wertpapierinstituten auf die Bruttoerlöse aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wertpapieren erhoben wird.

Kostenentscheidung:

Kosten

36. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital ist dahin auszulegen, dass sie der Erhebung einer Abgabe nicht entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren streitige Abgabe zu Lasten von Wertpapierinstituten auf die Bruttoerlöse aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wertpapieren erhoben wird.

Ende der Entscheidung

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