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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 09.06.2005
Aktenzeichen: C-270/03
Rechtsgebiete: Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991, Gesetzesdekrets Nr. 22 vom 5. Februar 1997 zur Umsetzung der Richtlinien 91/156/EWG über Abfälle, 91/689/EWG über gefährliche Abfälle und 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle, geändert durch Art. 1 Abs. 19 des Gesetzes


Vorschriften:

Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 Art. 12
Gesetzesdekrets Nr. 22 vom 5. Februar 1997 zur Umsetzung der Richtlinien 91/156/EWG über Abfälle, 91/689/EWG über gefährliche Abfälle und 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle, geändert durch Art. 1 Abs. 19 des Gesetzes Art. 30 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 9. Juni 2005. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Umwelt - Abfallbewirtschaftung - Richtlinie 75/442/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG - Beförderung und Einsammlung von Abfällen - Artikel 12. - Rechtssache C-270/03.

Parteien:

In der Rechtssache C270/03

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 23. Juni 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Visaggio und R. Amorosi als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J.P. Puissochet (Berichterstatter), S. von Bahr, J. Malenovský und U. Lõhmus,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2005,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. April 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof die Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 12 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) (im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie den Unternehmen nach Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets Nr. 22 vom 5. Februar 1997 zur Umsetzung der Richtlinien 91/156/EWG über Abfälle, 91/689/EWG über gefährliche Abfälle und 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle (GURI Nr. 38 vom 15. Februar 1997, supplemento ordinario), geändert durch Artikel 1 Absatz 19 des Gesetzes Nr. 426 vom 9. Dezember 1998 (GURI Nr. 291 vom 14. Dezember 1998) (im Folgenden: Gesetzesdekret), gestattet hat,

- die Einsammlung und Beförderung ihrer eigenen nicht gefährlichen Abfälle als gewöhnliche und regelmäßige Tätigkeit durchzuführen, ohne in das Albo nazionale delle imprese esercenti servizi di smaltimento (nationales Verzeichnis der Abfallbeseitigungsunternehmen) eingetragen sein zu müssen,

- sowie ihre eigenen gefährlichen Abfälle in einer Menge von bis zu 30 Kilogramm oder 30 Litern pro Tag zu befördern, ohne in das genannte Verzeichnis eingetragen sein zu müssen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

2. Die Richtlinie definiert in ihrem Artikel 1 Buchstabe a Absatz 1 Abfall als alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

3. Artikel 1 Buchstabe c der Richtlinie definiert den Besitzer als den Erzeuger der Abfälle oder die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle befinden.

4. Artikel 4 der Richtlinie sieht vor:

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne dass Verfahren oder Methoden verwendet werden, welche die Umwelt schädigen können, insbesondere ohne dass

- Wasser, Luft, Boden und die Tier- und Pflanzenwelt gefährdet werden;

- Geräusch oder Geruchsbelästigungen verursacht werden;

- die Umgebung und das Landschaftsbild beeinträchtigt werden.

Die Mitgliedstaaten ergreifen ferner die erforderlichen Maßnahmen, um eine unkontrollierte Ablagerung oder Ableitung von Abfällen und deren unkontrollierte Beseitigung zu verbieten.

5. Artikel 8 der Richtlinie bestimmt:

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Vorkehrungen, damit jeder Besitzer von Abfällen

- diese einem privaten oder öffentlichen Sammelunternehmen oder einem Unternehmen übergibt, das die in Anhang II A oder II B genannten Maßnahmen durchführt, oder

- selbst die Verwertung oder Beseitigung unter Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie sicherstellt.

6. Nach Artikel 9 der Richtlinie bedürfen u. a. für die Zwecke ihres Artikels 4 alle Anlagen oder Unternehmen, die die in Anhang II A genannten Maßnahmen durchführen, einer Genehmigung durch die zuständige Behörde. Diese Genehmigung erstreckt sich insbesondere auf Art und Menge der Abfälle, die technischen Vorschriften, die Sicherheitsvorkehrungen, den Ort der Beseitigung und die Beseitigungsmethode.

7. Artikel 12 der Richtlinie lautet:

Die Anlagen oder Unternehmen, die gewerbsmäßig Abfälle einsammeln oder befördern oder die für die Beseitigung oder Verwertung von Abfällen für andere sorgen (Händler oder Makler), müssen bei den zuständigen Behörden gemeldet sein, sofern sie keine Genehmigung benötigen.

Nationale Regelung

8. Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets lautet:

Unternehmen, die die Tätigkeit der Einsammlung und Beförderung von Dritten erzeugter nicht gefährlicher Abfälle ausüben, und Unternehmen, die gefährliche Abfälle einsammeln und befördern, soweit es sich nicht um Beförderungen gefährlicher Abfälle in einer Menge von bis zu 30 Kilogramm pro Tag oder 30 Litern pro Tag durch den Erzeuger dieser Abfälle handelt, müssen in das [nationale] Verzeichnis [der Abfallbeseitigungsunternehmen] eingetragen sein.

Vorverfahren

9. In der Erwägung, dass Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets gegen Artikel 12 der Richtlinie verstoße, forderte die Kommission die Italienische Republik mit Mahnschreiben vom 24. Oktober 2001 auf, sich innerhalb einer Frist von zwei Monaten dazu zu äußern.

10. Die italienischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 27. Februar 2002 auf dieses Mahnschreiben. Darin wandten sie sich gegen den Standpunkt der Kommission und stützten sich insbesondere auf eine Note des Ministeriums für Umwelt und Landschaftsschutz vom 25. Januar 2002.

11. Da diese Argumentation sie nicht überzeugte, richtete die Kommission am 27. Juni 2002 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Italienische Republik, in der sie ihr eine Frist von zwei Monaten nach Bekanntgabe der Stellungnahme setzte, um dieser nachzukommen.

12. Da die Kommission auf die mit Gründen versehene Stellungnahme keine Antwort erhielt, hat sie den Gerichtshof mit der vorliegenden Klage befasst.

Zur Klage

Vorbringen der Parteien

13. Die Kommission macht geltend, was sie auch in der Rechtssache vorgetragen hatte, die zum Beschluss des Gerichtshofes vom 29. Mai 2001 (C311/99, Caterino, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) geführt hat, dass sich der in Artikel 12 der Richtlinie verwendete Begriff Unternehmen, die gewerbsmäßig Abfälle einsammeln oder befördern, nicht auf Unternehmen beschränke, die diese Tätigkeiten für Rechnung eines Dritten ausübten. Dieser Begriff beziehe sich auch auf die Unternehmen, die diese Tätigkeiten für eigene Rechnung ausübten, wenn die Beförderung oder die Einsammlung zusammen mit ihren übrigen Aufgaben eine der gewöhnlichen Tätigkeiten darstelle, aus denen sie einen Gewinn oder einen anderen wirtschaftlichen Vorteil zögen. Diese Auslegung entspreche den mit der Richtlinie verfolgten Zielen des Umweltschutzes, der zwölften Begründungserwägung der Richtlinie 91/156 und Artikel 8 der Richtlinie, der auf jeden Abfallbesitzer Anwendung finde, und sie sei vom Gerichtshof in Randnummer 25 des Beschlusses Caterino auch stillschweigend bestätigt worden.

14. Dadurch, dass Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets in Bezug auf nicht gefährliche Abfälle den Ausdruck von Dritten erzeugt statt den in Artikel 12 der Richtlinie verwendeten Ausdruck gewerbsmäßig gebrauche, schließe er entgegen der Richtlinie diejenigen Unternehmen von der Eintragungspflicht aus, die in Ausübung ihrer spezifischen gewerblichen Tätigkeit Abfälle für eigene Rechnung einsammelten und beförderten. Diese beiden Ausdrücke bezögen sich notwendigerweise auf unterschiedliche Begriffe und könnten nicht zusammenfallen.

15. Außerdem sehe Artikel 12 der Richtlinie vor, dass alle Unternehmen, die gewerbsmäßig Abfälle einsammelten oder beförderten, unabhängig von der Menge und der Gefährlichkeit dieser Abfälle bei den zuständigen Behörden gemeldet sein müssten, sofern sie keine Genehmigung benötigten. Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets verstoße daher dadurch gegen die Richtlinie, dass er eine Ausnahme von dieser Verpflichtung zugunsten der Unternehmen einführe, die nicht mehr als 30 Liter oder 30 Kilogramm an Abfällen pro Tag beförderten.

16. In ihrer Klagebeantwortung macht die italienische Regierung geltend, dass nach keiner Gemeinschaftsbestimmung die Einsammlung und die Beförderung von Abfällen durch Gewerbetreibende, die im Verhältnis zu den Erzeugern dieser Abfälle Dritte seien, zu erfolgen hätten. Für die Verwirklichung der Ziele der Richtlinie, die in der Vermeidung und der integrierten Bewirtschaftung der Abfälle bestünden, sei es wesentlich, dass eine Kontrolle des Abfallkreislaufs gewährleistet sei. Die Gemeinschaftsregelung lege die Haftung des Erzeugers der Abfälle bis zu dem Zeitpunkt fest, zu dem er sich ihrer zu ihrer Wiederverwendung, ihres Wiedereinsatzes oder ihrer Beseitigung entledige. Artikel 12 der Richtlinie beziehe sich deshalb auf die Kontrolle der Abfälle zu dem Zeitpunkt, zu dem sie diese Haftungssphäre des Erzeugers verließen.

17. Der Abfallerzeuger, der die Abfälle unmittelbar zu seiner Wiederverwertungs oder Beseitigungsanlage befördere, entledige sich dieser Abfälle erst im Zeitpunkt ihrer Ablieferung bei dieser Anlage. Daher bestehe keinerlei Notwendigkeit für ihn, sich in das Verzeichnis eintragen zu lassen, weil die Eintragungspflicht nur auf Unternehmen Anwendung finde, die die Tätigkeit der Beförderung oder Einsammlung von Abfällen gewerbsmäßig, d. h. als gewöhnliche Tätigkeit, ausübten.

18. Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets beeinträchtige daher nicht die Ziele der Richtlinie.

Würdigung durch den Gerichtshof

19. Die Bestimmungen der Richtlinie sind im Licht ihrer Zielsetzung auszulegen, die nach ihrer dritten Begründungserwägung im Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gegen nachteilige Auswirkungen der Sammlung, Beförderung, Behandlung, Lagerung und Ablagerung von Abfällen besteht, sowie im Licht des Artikels 174 Absatz 2 EG, wonach die Umweltpolitik auf ein hohes Umweltschutzniveau abzielt und insbesondere auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung beruht (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 18. April 2002 in der Rechtssache C9/00, Palin Granit und Vehmassalon kansanterveystyön kuntayhtymän hallitus, Slg. 2002, I3533, Randnr. 23).

20. In ihrer ursprünglichen Fassung sah die Richtlinie in Artikel 10 vor, dass die Unternehmen, die ihre Abfälle befördern, der Überwachung durch die zuständige Behörde unterliegen, unabhängig davon, ob diese Beförderung für eigene oder fremde Rechnung erfolgte. Diese Bestimmung spiegelte sich in der siebten Begründungserwägung der Richtlinie wider, wonach [z]ur Gewährleistung des Umweltschutzes... eine Überwachung der Firmen [vorgesehen werden muss], die ihre Abfälle selbst beseitigen oder fremde Abfälle sammeln.

21. Die Richtlinie 91/156 bezweckte insbesondere, die Kontrolle durch die Behörden zu verstärken. So heißt es in ihrer zwölften Begründungserwägung, dass, [d]amit die Überwachung der Abfälle von ihrem Entstehen bis zu ihrer endgültigen Beseitigung sichergestellt werden kann,... auch andere in der Abfallwirtschaft tätige Unternehmen wie Sammelunternehmen, Transportunternehmen und Makler einer Genehmigungs- oder Meldepflicht sowie einer angemessenen Kontrolle zu unterwerfen [sind]. Zu diesem Zweck wurden neue Bestimmungen in Artikel 12 der Richtlinie eingefügt. Diese sehen u. a. vor, dass die Unternehmen, die Abfälle befördern, einer Meldepflicht unterliegen, sofern sie keine Genehmigung benötigen, und dass die von dieser Verpflichtung betroffenen Unternehmen solche sind, die eine derartige Beförderung gewerbsmäßig vornehmen. Die Richtlinie 91/156 hat somit die bloße Überwachung, die als solche nicht mehr in der Richtlinie erscheint, durch die Meldepflicht ersetzt.

22. Da die Richtlinie 91/156 ein höheres Niveau der Kontrolle der Abfallbeförderungstätigkeiten durch die Behörden erreichen wollte, als sich aus der Richtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung ergab, würde es diesem Ziel zuwiderlaufen, wenn der Begriff Unternehmen, das gewerbsmäßig Abfälle befördert, in Artikel 12 der Richtlinie in dem Sinne ausgelegt würde, dass er die Unternehmen ausschließt, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit die Beförderung von Abfällen für eigene Rechnung durchführen. Würde man von dieser Auslegung ausgehen, so wären diese Unternehmen bei ihrer Abfallbeförderungstätigkeit jeder Kontrolle entzogen.

23. Der Gerichtshof hat im Übrigen bereits festgestellt, dass der in Artikel 12 der Richtlinie verwendete Begriff der gewerbsmäßigen Abfallbeförderung nicht nur den erfasst, der im Rahmen seines Gewerbes als Transportunternehmer von Dritten erzeugte Abfälle befördert, sondern auch den, der, ohne das Gewerbe des Transportunternehmers auszuüben, doch im Rahmen seiner eigenen gewerblichen Tätigkeit von ihm selbst erzeugte Abfälle befördert (Beschluss Caterino, Randnr. 25).

24. Entgegen dem Vorbringen der italienischen Regierung umfasst das mit der Richtlinie verfolgte Ziel der Überwachung des Abfallkreislaufs die Verfolgung der Abfälle von ihrer Entstehung an und insbesondere, wie in Artikel 12 der Richtlinie vorgesehen, auch die Kontrolle der Bedingungen, unter denen sie eingesammelt und befördert werden. Zwar kann der Abfallerzeuger in bestimmten Fällen selbst für deren Einsammlung oder Beförderung sorgen und sich dieser Abfälle erst bei Abschluss des Einsammlungs oder Beförderungsvorgangs wirksam entledigen; dieser Umstand wirkt sich jedoch nicht auf die Einordnung der Abfälle und der gesammelten oder beförderten Stoffe oder Gegenstände und folglich auch nicht auf die Meldepflicht aus, die diesem Erzeuger aufgrund eines solchen Vorgangs obliegt.

25. Artikel 12 der Richtlinie bezieht sich jedoch nicht auf alle Unternehmen, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit die von ihnen erzeugten Abfälle befördern.

26. Zunächst ist der in diesem Artikel enthaltene Ausdruck gewerbsmäßig nicht bedeutungsgleich mit den Ausdrücken im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeiten oder aus Anlass ihrer gewerblichen Tätigkeiten, die der Gemeinschaftsgesetzgeber wahrscheinlich verwendet hätte, wenn er alle Unternehmen hät te erfassen wollen, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeiten die von ihnen erzeugten Abfälle befördern.

27. Sodann ergibt sich aus der zwölften Begründungserwägung der Richtlinie 91/156, dass die in dieser Richtlinie vorgesehenen neuen Genehmigungs- und Meldepflichten auf in der Abfallwirtschaft tätige Unternehmen wie Sammelunternehmen, Transportunternehmen und Makler Anwendung finden. Der Gebrauch des Ausdrucks tätige und die nicht erschöpfende Aufzählung auf den Abfallbereich spezialisierter Berufe weisen darauf hin, dass Artikel 12 der Richtlinie auf die Unternehmen Anwendung findet, die sich üblicherweise mit der Einsammlung oder Beförderung von Abfällen befassen.

28. Schließlich bedeutet das Erfordernis der gewerbsmäßigen Beförderung, dass die Tätigkeit der Abfallbeförderung, auch wenn Artikel 12 nicht verlangt, dass sie die ausschließliche oder auch nur hauptsächliche Tätigkeit der betroffenen Unternehmen ist, eine gewöhnliche und regelmäßige Tätigkeit dieser Unternehmen darstellen muss.

29. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass Artikel 12 der Richtlinie die Anlagen oder Unternehmen, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten gewöhnlich und regelmäßig die Beförderung von Abfällen besorgen, einer Meldepflicht unterwirft, unabhängig davon, ob diese Abfälle von Dritten oder von ihnen selbst erzeugt worden sind. Im Übrigen geht aus keiner Bestimmung der Richtlinie hervor, dass es von dieser Pflicht Ausnahmen je nach Abfallort oder menge gäbe.

30. Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets stellt Eintragungspflichten auf, die je nachdem variieren, ob die gesammelten oder beförderten Abfälle gefährlich sind oder nicht.

31. Hinsichtlich der nicht gefährlichen Abfälle erlegt diese Vorschrift eine Verpflichtung zur Eintragung in das nationale Verzeichnis der Abfallbeseitigungsunternehmen nur denjenigen Unternehmen auf, die die Tätigkeiten der Einsammlung oder Beförderung von Dritten erzeugter Abfälle ausüben, und schließt somit die Unternehmen aus, die ihre eigenen Abfälle sammeln oder befördern.

32. Hinsichtlich der gefährlichen Abfälle sieht Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets zwar vor, dass alle Unternehmen, die derartige Abfälle sammeln oder befördern, dieser Eintragungspflicht unterliegen. Die Vorschrift enthält dagegen keine Einschränkung in Bezug auf die Gewerbsmäßigkeit dieser Einsammlungs und Beförderungstätigkeit und hat daher insoweit einen weiteren Anwendungsbereich als Artikel 12 der Richtlinie.

33. Die Vorschrift befreit jedoch von der mit ihr eingeführten Eintragungspflicht die Beförderungen gefährlicher Abfälle in einer Menge von bis zu 30 Kilogramm oder 30 Litern pro Tag durch den Erzeuger dieser Abfälle, Ausnahmen, die in keiner Bestimmung der Richtlinie vorgesehen sind. Die italienische Regierung hat im Übrigen nicht erklärt, welche Erwägungen für die Festsetzung dieser Mindestmenge maßgebend waren.

34. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets gegen Artikel 12 der Richtlinie verstößt. Unter diesen Umständen ist die Klage der Kommission als begründet anzusehen.

35. Demnach ist festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 12 der Richtlinie verstoßen hat, dass sie den Unternehmen nach Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets gestattet hat,

- die Einsammlung und Beförderung ihrer eigenen nicht gefährlichen Abfälle als gewöhnliche und regelmäßige Tätigkeit durchzuführen, ohne in das nationale Verzeichnis der Abfallbeseitigungsunternehmen eingetragen sein zu müssen,

- sowie ihre eigenen gefährlichen Abfälle in einer Menge von bis zu 30 Kilogramm oder 30 Litern pro Tag zu befördern, ohne in das genannte Verzeichnis eingetragen sein zu müssen.

Kosten

36. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Italienischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 12 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 verstoßen, dass sie den Unternehmen nach Artikel 30 Absatz 4 des Gesetzesdekrets Nr. 22 vom 5. Februar 1997 zur Umsetzung der Richtlinien 91/156/EWG über Abfälle, 91/689/EWG über gefährliche Abfälle und 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle, geändert durch Artikel 1 Absatz 19 des Gesetzes Nr. 426 vom 9. Dezember 1998, gestattet hat,

- die Einsammlung und Beförderung ihrer eigenen nicht gefährlichen Abfälle als gewöhnliche und regelmäßige Tätigkeit durchzuführen, ohne in das Albo nazionale delle imprese esercenti servizi di smaltimento (nationales Verzeichnis der Abfallbeseitigungsunternehmen) eingetragen sein zu müssen,

- sowie ihre eigenen gefährlichen Abfälle in einer Menge von bis zu 30 Kilogramm oder 30 Litern pro Tag zu befördern, ohne in das genannte Verzeichnis eingetragen sein zu müssen.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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