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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.10.2000
Aktenzeichen: C-314/98
Rechtsgebiete: EGV, Richtlinie 83/189/EWG


Vorschriften:

EGV Art. 30 a.F.
Richtlinie 83/189/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Um beurteilen zu können, ob eine nationale Regelung, die nach Erlass der Richtlinie 94/10 zur zweiten wesentlichen Änderung der Richtlinie 83/189, aber vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie erlassen worden ist, eine technische Vorschrift darstellt, die nach der Richtlinie 83/189 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der Fassung der Richtlinie 88/182 mitteilungspflichtig ist, sind die späteren Änderungen durch die Richtlinie 94/10 nicht zu berücksichtigen.

Ziel der Richtlinie 94/10 ist nämlich nicht nur eine Verdeutlichung der Begriffe in der Richtlinie 83/189. Die Richtlinie 94/10 enthält, wie sich aus ihrem Titel, der zweiten Begründungserwägung und ihren Bestimmungen ergibt, eine wesentliche Änderung des sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 83/189. (vgl. Randnrn. 31, 33, Tenor 1)

2 Eine nationale Regelung über die Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr fällt nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 83/189 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der Fassung der Richtlinie 88/182.

Vorschriften, die dazu dienen, für die Ausstellung des Kraftfahrzeugscheins den Zeitpunkt der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr zu bestimmen, schreiben nämlich kein Merkmal des Erzeugnisses als solches vor und sind daher keine technischen Spezifikationen im Sinne der Richtlinie 83/189. Sie können daher nicht als technische Vorschriften eingestuft werden, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen. (vgl. Randnrn. 37-40, Tenor 2)

3 Eine nationale Regelung, nach der im Fall eines eingeführten Kraftfahrzeugs als Zeitpunkt der Erstzulassung dieses Fahrzeugs zum Verkehr nur dann der Tag der Ausstellung des Kraftfahrzeugzulassungsscheins festgesetzt werden kann, wenn dieses Fahrzeug in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als zwei Tage zugelassen war, stellt eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) dar.

Selbst wenn die Regelung formell nicht zwischen offiziellen und Parallelimporteuren unterscheidet, benachteiligt sie nämlich in der Praxis die Parallelimporteure, da diese, um Zulassungsscheine zu erhalten, in denen als Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeugs zum Verkehr der Zeitpunkt der Ausstellung des Zulassungsscheins angegeben ist, Vorschriften beachten müssen, die streng und schwer zu erfuellen sind. Die Regelung berührt somit den Vertrieb der von Vertragshändlern eingeführten Fahrzeuge und den Vertrieb der von nicht zugelassenen Händlern parallel eingeführten Fahrzeuge nicht in gleicher Weise.

Eine solche Regelung kann trotz ihrer den freien Warenverkehr beschränkenden Wirkung aus zwingenden Gründen etwa der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes gerechtfertigt sein, wenn sich nachweisen lässt, dass die sich daraus ergebende Beschränkung für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes erforderlich und im Verhältnis zu diesen Zielen nicht unangemessen ist, insbesondere weil andere, weniger einschränkende Maßnahmen nicht möglich sind. (vgl. Randnrn. 46, 48, 60, Tenor 3-4)


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 12. Oktober 2000. - Snellers Auto's BV gegen Algemeen Directeur van de Dienst Wegverkeer. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Raad van State - Niederlande. - Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr - Bestimmung des Zeitpunkts - Normen und technische Vorschriften - Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG). - Rechtssache C-314/98.

Parteien:

In der Rechtssache C-314/98

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom niederländischen Raad van State in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Snellers Auto's BV

gegen

Algemeen Directeur van de Dienst Wegverkeer

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 109, S. 8) in der Fassung der Richtlinie 88/182/EWG des Rates vom 22. März 1988 (ABl. L 81, S. 75) und der Richtlinie 94/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur zweiten wesentlichen Änderung der Richtlinie 83/189/EWG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 100, S. 30) sowie der Artikel 30 und 36 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG und 30 EG)

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann (Berichterstatter) sowie des Richters J.-P. Puissochet und der Richterin F. Macken,

Generalanwalt: P. Léger

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Snellers Auto's BV, vertreten durch Rechtsanwalt W. B. J. van Overbeek, Den Haag,

- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fierstra, Leiter der Abteilung Europarecht im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,

- der belgischen Regierung, vertreten durch J. Devadder, Conseiller général in der Generaldirektion des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigten,

- der französischen Regierung, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und R. Loosli-Surrans, Chargé de mission in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,

- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Stix-Hackl, Gesandte im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte,

- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Assistant Treasury Solicitor J. E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von Barrister M. Hoskins,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater H. van Lier und M. Shotter, dem Juristischen Dienst der Kommission zur Verfügung gestellter nationaler Beamter, als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt M. van der Woude, Brüssel,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Snellers Auto's BV, der niederländischen und der französischen Regierung sowie der Kommission in der Sitzung vom 25. November 1999,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Februar 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Der niederländische Raad van State hat mit Urteil vom 10. August 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 14. August 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) sechs Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 109, S. 8) in der Fassung der Richtlinie 88/182/EWG des Rates vom 22. März 1988 (ABl. L 81, S. 75) und der Richtlinie 94/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur zweiten wesentlichen Änderung der Richtlinie 83/189/EWG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 100, S. 30) sowie der Artikel 30 und 36 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG und 30 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Snellers Auto's BV (im Folgenden: Snellers) mit Sitz in Deurningen (Niederlande) und dem Algemeen Directeur van de Dienst Wegverkeer (Generaldirektor der Straßenverkehrsbehörde) wegen der Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines eingeführten Fahrzeugs zum Verkehr.

Das Gemeinschaftsrecht

3 Nach Artikel 30 EG-Vertrag sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Nach Artikel 36 EG-Vertrag sind jedoch Einfuhrverbote und -beschränkungen, die namentlich aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sind, zwischen den Mitgliedstaaten erlaubt, sofern sie weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen Mitgliedstaaten darstellen.

4 Nach Artikel 1 Nummer 5 der Richtlinie 83/189 sind unter dem Begriff "technische Vorschrift" zu verstehen "Technische Spezifikationen einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung de jure oder de facto für die Vermarktung oder Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, ausgenommen die von den örtlichen Behörden festgelegten technischen Spezifikationen".

5 Gemäß Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 83/189 ist eine "technische Spezifikation" eine "Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale eines Erzeugnisses vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Abmessungen, einschließlich der Festlegungen über Terminologie, Bildzeichen, Prüfung und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung oder Beschriftung".

6 Die Artikel 8 und 9 der Richtlinie 83/189 verpflichten die Mitgliedstaaten, der Kommission die Entwürfe technischer Vorschriften, die in ihren Geltungsbereich fallen, zu übermitteln, und, in bestimmten Fällen, den Erlass dieser Entwürfe um mehrere Monate zu verschieben, um der Kommission die Möglichkeit zu geben, zu prüfen, ob diese Entwürfe mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, bzw. eine Richtlinie zu der Frage vorzuschlagen oder zu erlassen.

7 Laut der 12. und der 14.Begründungserwägung der Richtlinie 94/10 hat es sich bei der Anwendung der Richtlinie 83/189 erwiesen, dass der Begriff der technischen De-facto-Vorschrift geklärt werden muss, insbesondere hinsichtlich der Bestimmungen, nach denen sich eine Behörde auf technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften bezieht oder zu ihrer Einhaltung auffordert, und haben die Erfahrungen aus der Anwendung der Richtlinie 83/189 weiter gezeigt, dass es angebracht ist, bestimmte Definitionen, Verfahrensvorschriften oder Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der genannten Richtlinie zu klären oder zu präzisieren.

8 Daher enthält Artikel 1 Nummern 2 und 3 der Richtlinie 83/189 in der Fassung der Richtlinie 94/10 folgende neuen Definitionen:

"2. Technische Spezifikation: Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Abmessungen, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung des Erzeugnisses sowie über Konformitätsbewertungsverfahren.

...

3. Sonstige Vorschrift: eine Vorschrift für ein Erzeugnis, die keine technische Spezifikation ist und insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der Umwelt erlassen wird und die seinen Lebenszyklus nach dem Inverkehrbringen betrifft, wie Vorschriften für Gebrauch, Wiederverwertung, Wiederverwendung oder Beseitigung, sofern diese Vorschriften die Zusammensetzung oder die Art des Erzeugnisses bzw. seine Vermarktung wesentlich beeinflussen können."

9 Nach Artikel 1 Nummer 9 der Richtlinie 83/189 in der Fassung der Richtlinie 94/10 versteht man unter einer "technischen Vorschrift" im Sinne dieser Richtlinie "technische Spezifikationen sowie sonstige Vorschriften einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung de jure oder de facto für das Inverkehrbringen oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, sowie - vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 10 - der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses verboten wird".

10 Nach Artikel 2 der Richtlinie 94/10 haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um dieser Richtlinie vor dem 1. Juli 1995 nachzukommen.

Das nationale Recht

11 Die Wegenverkeerswet 1994 (Straßenverkehrsgesetz) ist die Grundlage für die niederländischen Rechtsvorschriften über den Straßenverkehr. Mit diesem Gesetz ist eine Behörde errichtet worden, nämlich der Dienst Wegverkeer (Straßenverkehrsbehörde), die für die Ausstellung der Kraftfahrzeugzulassungsscheine in den Niederlanden zuständig ist.

12 Der Zulassungsschein umfasst drei Teile. Teil I enthält die einzelnen technischen Daten des Fahrzeugs und eine Rubrik "Besonderheiten", in der der Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen angegeben ist.

13 Die Vorschriften über die Bestimmung dieses Zeitpunkts enthält die Regeling houdende vaststelling van regels omtrent de wijze waarop de datum van eerste toelating tot de openbare weg op het kentekenbewijs, dan wel het registratiebewijs van een voertuig wordt bepaald (Regelung zur Festlegung der Vorschriften, auf welche Weise der Zeitpunkt der Erstzulassung zum Verkehr auf dem Kraftfahrzeugschein oder der Zulassungsbescheinigung zu bestimmen ist) (im Folgenden: niederländische Regelung). Diese Regelung wurde am 9. Dezember 1994 vom Minister van Verkeer en Waterstaat erlassen und trat am 1. Januar 1995 in Kraft.

14 Für die Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen unterscheidet die niederländische Regelung im Wesentlichen zwischen drei Fällen.

15 Im ersten Fall sind die Kraftfahrzeuge weder in den Niederlanden noch im Ausland zu irgendeinem Zeitpunkt zugelassen worden. Nach Artikel 3 der niederländischen Regelung hat der Dienst Wegverkeer in diesem Fall zu prüfen, ob das Fahrzeug "deutliche Spuren eines Gebrauchs" aufweist. Trifft dies zu, ist der Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeugs zum Verkehr der Herstellungszeitpunkt. Weist das Fahrzeug keine deutlichen Spuren eines Gebrauchs auf, stellt der Dienst Wegverkeer einen "Blanko"-Zulassungsschein aus, d. h. einen Schein, in dem als Zeitpunkt der Erstzulassung der Zeitpunkt der Ausstellung des betreffenden Zulassungsscheins angegeben wird.

16 Im zweiten Fall sind die Kraftfahrzeuge bereits einmal in den Niederlanden zugelassen worden. Nach Artikel 2 der niederländischen Regelung werden in diesem Fall die Angaben aus dem alten niederländischen Kraftfahrzeugzulassungsschein in den neuen Schein übernommen.

17 Der dritte Fall betrifft die Fahrzeuge, die außerhalb der Niederlande bereits einmal zugelassen worden sind. Nach Artikel 4 der niederländischen Regelung hat der Dienst Wegverkeer in diesem Fall zu prüfen, ob das Fahrzeug "deutliche Spuren eines Gebrauchs" aufweist. Ist dies nicht der Fall, darf der Dienst Wegverkeer einen "Blanko"-Zulassungsschein ausstellen, sofern der Antragsteller Folgendes vorlegt:

- einen ausländischen Kraftfahrzeugzulassungsschein, der für höchstens zwei Tage ausgestellt worden ist, und

- die Originalrechnung über den Kauf, auf der die Mehrwertsteuernummer des Verkäufers, der Kilometerstand des Fahrzeugs, der 2 500 km nicht überschritten haben darf, die Kraftfahrzeugidentifizierungsnummer sowie die Erklärung des Verkäufers, dass das Fahrzeug neu und nicht benutzt worden ist, vermerkt sind.

18 Ist das Fahrzeug mehr als zwei Tage im Ausland zugelassen gewesen, stellt der Dienst Wegverkeer einen Zulassungsschein aus, in dem als Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeugs zum Verkehr der Zeitpunkt der Erstzulassung dieses Fahrzeugs im Ausland angegeben ist.

Der Ausgangsrechtsstreit und die Vorlagefragen

19 Am 6. August 1996 ließ das Autohaus Werner Pelster GmbH (im Folgenden: Autohaus Pelster), Gronau (Deutschland), einen Personenwagen der Marke BMW in das Zentrale Fahrzeugregister eintragen. Die für die Kraftfahrzeugzulassung in Deutschland zuständige Stelle stellte einen Kraftfahrzeugbrief mit diesem Datum auf das Autohaus Pelster aus. Nach den deutschen Rechtsvorschriften war das Fahrzeug damit zum Verkehr in Deutschland zugelassen.

20 Am 13. August 1996 verkaufte das Autohaus Pelster, ein zum Händlernetz der BMW AG gehörender offizieller Wiederverkäufer, das Fahrzeug an Snellers, die, ohne zum Händlernetz der BMW AG zu gehören, in den Niederlanden u. a. parallel eingeführte BMW-Fahrzeuge verkauft. Snellers hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen Käufer für das Fahrzeug. Auf der Verkaufsrechnung war vermerkt, dass es sich um ein Neufahrzeug handele und der Kilometerstand von 800 km auf der Überführung des Fahrzeugs ab Fabrik bis nach Gronau beruhe.

21 Am 14. August 1996 holte Snellers das Fahrzeug in Gronau ab und führte es in die Niederlande ein. Am 15. August 1996 stellte sie das Fahrzeug bei der technischen Prüfstelle des Dienst Wegverkeer in Lichtenvoorde zur Untersuchung vor. Bei dieser Untersuchung wurde Snellers ein Anmeldevordruck für die Kraftfahrzeug-/Mehrwertsteuer übergeben, auf dem unter der Rubrik Zeitpunkt der Erstzulassung zum Verkehr "neu" vermerkt war.

22 Am 10. Januar 1997 stellte der Dienst Wegverkeer einen Zulassungsschein aus, in dem in Teil I unter der Rubrik "Besonderheiten" vermerkt war: "Zeitpunkt der Erstzulassung 060896".

23 Snellers legte mit Schreiben vom 27. Januar 1997 gegen die Festsetzung des Zeitpunkts der Erstzulassung des Fahrzeugs auf den 6. August 1996 Widerspruch beim Dienst Wegverkeer ein. Sie vertrat die Ansicht, dass diese Entscheidung den Wert des Fahrzeugs mindere, da der niederländische Zulassungsschein am 10. Januar 1997 ausgestellt worden sei. Wegen der Angabe "Zeitpunkt der Erstzulassung 060896" im Zulassungsschein werde das Fahrzeug als ein Fahrzeug des Baujahres 1996 angesehen, was den Käufer, den Snellers gefunden habe, dazu veranlassen werde, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Hätte der Dienst Wegverkeer dagegen einen Blankozulassungsschein ausgestellt, hätte das Fahrzeug aufgrund des Zeitpunkts der Ausstellung des Scheines als 1997 gebaut angesehen werden können.

24 Mit Bescheid vom 13. Februar 1997 erklärte der Dienst Wegverkeer die Rügen von Snellers für unbegründet.

25 Snellers erhob hiergegen Klage bei der Arrondissementsrechtbank Almelo und beantragte außerdem den Erlass einstweiliger Anordnungen durch den Präsidenten dieses Gerichts. Mit Entscheidung vom 3. April 1997 erklärte der Präsident der Arrondissementsrechtbank die Klage für begründet und hob den Bescheid vom 13. Februar 1997 auf. Mit Schriftsatz vom 16. April 1997 legte der Dienst Wegverkeer gegen diese Entscheidung Rechtsmittel zur Afdeling Bestuursrechtspraak (Abteilung Verwaltungsstreitigkeiten) des niederländischen Raad van State ein.

26 Im Rechtsmittelverfahren machte Snellers geltend, die niederländische Regelung sei zum einen eine technische Vorschrift im Sinne der Richtlinie 83/189, die der Kommission nicht gemäß der dort festgelegten Verpflichtung mitgeteilt worden sei. Aus diesem Grund könne der niederländische Raad van State nach dem Urteil vom 30. April 1996 in der Rechtssache C-194/94 (CIA Security International, Slg. 1996, I-2201) die Regelung in dem bei ihm anhängigen Verfahren nicht anwenden. Zum anderen sei die Regelung mit den Artikeln 30 und 36 EG-Vertrag unvereinbar, weil sie eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung sei, die nicht durch Erfordernisse des Umweltschutzes oder der Sicherheit des Straßenverkehrs gerechtfertigt werden könne.

Die Vorlagefragen

27 Der niederländische Raad van State hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind bei der Anwendung der Richtlinie 83/189/EWG in der Fassung der Richtlinie 88/182/EWG auf eine am 9. Dezember 1994 erlassene nationale Regelung auch die nach diesem Zeitpunkt durch die Richtlinie 94/10/EG erfolgten Änderungen zu berücksichtigen, und zwar auch angesichts des Wortlauts der Begründungserwägungen dieser Richtlinie?

2. Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Fällt eine Regelung wie die Regelung 1995 in den Anwendungsbereich der Richtlinie 83/189/EWG in der Fassung der Richtlinien 88/182/EWG und 94/10/EG?

3. Wenn Frage 1 zu verneinen ist:

a) Ist der Begriff "technische Spezifikation" in Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 83/189/EWG in der Fassung der Richtlinie 88/182/EWG somit dahin auszulegen, dass er auch eine Regelung wie die Regelung 1995 erfasst?

b) Wenn dies nicht der Fall ist: Wird eine solche Regelung von Artikel 1 Nummer 5 der auf diese Weise geänderten Richtlinie ("technische Vorschrift") erfasst?

4. Liegt eine nach Artikel 30 EG-Vertrag verbotene Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung vor, wenn eine nationale Regelung über die Ausstellung von Blanko-Kraftfahrzeugscheinen, die formell nicht zwischen offiziellen Importeuren und Parallelimporteuren unterscheidet, es Parallelimporteuren tatsächlich schwerer macht, Kraftfahrzeuge mit einem Blanko-Kraftfahrzeugschein zu liefern, weil diese Importeure aus dem Ausland nur zugelassene Fahrzeuge beziehen können, und diese Regelung die Ausstellung eines Blanko-Kraftfahrzeugscheins u. a. davon abhängig macht, dass solche aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Fahrzeuge nicht mehr als zwei Tage in diesem Mitgliedstaat zugelassen waren?

5. Wenn Frage 4 zu bejahen ist: Ist eine Regelung wie die Regelung 1995 durch die Belange der Verkehrssicherheit und/oder der Umwelt namentlich wegen des Zusammenhangs dieser Regelung mit den an das Kraftfahrzeug zu stellenden Anforderungen und der Feststellung des Beginns einer allgemeinen periodischen Untersuchungspflicht gerechtfertigt?

6. Wenn Frage 5 zu bejahen ist: Muss ein solches Handelshemmnis als dem Ziel angemessen angesehen werden, das mit der nationalen Regelung über die Ausstellung eines Blanko-Kraftfahrzeugscheins angestrebt wird, wenn die Regelung den Nachweis der Neuheit nicht zulässt? Ist es für die Beantwortung dieser Frage von Bedeutung, dass ein Parallelimporteur mit seinem Lieferanten in einem anderen Mitgliedstaat vereinbaren kann, dass dieser Lieferant nach der Ausstellung des ausländischen Kraftfahrzeugscheins eine Unterbrechung der auf diese Weise erteilten Zulassung beantragt und diese Unterbrechung aufheben lässt, wenn der Parallelimporteur die Zulassung im Einfuhrland beantragt?

Zur ersten und zur zweiten Frage

28 Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob für die Beurteilung der Frage, ob eine nationale Regelung wie die niederländische Regelung vom 9. Dezember 1994 eine technische Vorschrift darstellt, die nach der Richtlinie 83/189 mitteilungspflichtig ist, die späteren Änderungen der Richtlinie 94/10 zu berücksichtigen sind.

29 Das vorlegende Gericht stellt in seinem Vorlageurteil fest, dass die niederländische Regelung angesichts des Datums ihres Erlasses aus zeitlichen Gründen nicht der Richtlinie 94/10 unterliege, da die Mitgliedstaaten diese Richtlinie erst zum 1. Juli 1995 als letztmöglichem Zeitpunkt hätten umsetzen müssen. Jedoch könnte die Richtlinie unter Berücksichtigung ihrer Begründungserwägungen nur eine Klarstellung von Begriffen, die bereits in der Richtlinie 83/189 enthalten gewesen seien, und nicht eine Ausweitung oder Änderung dieser Begriffe darstellen.

30 Nach Ansicht von Snellers ist es bezeichnend, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber es in der 14. Begründungserwägung der Richtlinie 94/10 aufgrund der gewonnenen Erfahrungen für zweckmäßig gehalten habe, bestimmte Definitionen der Richtlinie 83/189 zu klären. So sei die Einführung des Ausdrucks "Verkaufsbezeichnung" in Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 83/189 in der Fassung der Richtlinie 94/10 nur eine Verdeutlichung der Definition der "technischen Spezifikation", die in der Richtlinie 83/189 bereits enthalten gewesen sei. Folglich sei die Richtlinie 94/10 heranzuziehen, um dem vorlegenden Gericht die Entscheidung zu ermöglichen, ob die niederländische Regelung zum Zeitpunkt ihres Erlasses hätte mitgeteilt werden müssen.

31 Ziel der Richtlinie 94/10 ist, wie die niederländische, die belgische, die französische, die österreichische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission bemerkt haben, nicht nur eine Verdeutlichung der Begriffe in der Richtlinie 83/189. Tatsächlich enthält die Richtlinie 94/10, wie sich aus ihrem Titel, der zweiten Begründungserwägung und ihren Bestimmungen ergibt, eine wesentliche Änderung des sachlichen Anwendungsbereichs der Richtlinie 83/189.

32 Daher ist in Übereinstimmung mit der Analyse dieser Regierungen und der Kommission festzustellen, dass für die Beurteilung der Frage, ob die niederländische Regelung als eine technische Vorschrift im Sinne des Gemeinschaftsrechts einzustufen ist, auf die Definition dieses Begriffes in der Richtlinie 83/189 abzustellen ist, da sich die Änderung dieser Definition durch die Richtlinie 94/10 nicht auf eine Verdeutlichung des Begriffes beschränkt.

33 Somit ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass für die Beurteilung der Frage, ob eine nationale Regelung wie die niederländische Regelung vom 9. Dezember 1994 eine technische Vorschrift darstellt, die nach der Richtlinie 83/189 mitteilungspflichtig ist, die späteren Änderungen durch die Richtlinie 94/10 nicht zu berücksichtigen sind.

34 Angesichts der Antwort auf die erste Frage erübrigt sich eine Beantwortung der zweiten Frage.

Zur dritten Frage

35 Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine nationale Regelung wie die niederländische über die Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr in den Anwendungsbereich der Richtlinie 83/189 fällt.

36 Snellers ist der Meinung, dass die niederländische Regelung unter die Definition der "technischen Spezifikation" in Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 83/189 falle. Nach dieser Vorschrift würden die Anforderungen an "Kennzeichnung und Beschriftung" der Erzeugnisse von dieser Definition erfasst. Die Angabe des Zeitpunkts der Erstzulassung in einem Schriftstück, je nachdem, ob es sich um Fahrzeuge handele, die mehr oder weniger als zwei Tage zugelassen seien, müsse als Kennzeichnung und Beschriftung eines Erzeugnisses als neu und nicht benutzt angesehen werden.

37 In Übereinstimmung mit den Ausführungen der niederländischen, der französischen und der österreichischen Regierung sowie der Kommission ist festzustellen, dass Vorschriften die wie die im Ausgangsverfahren streitigen der Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr dienen, keine technischen Spezifikationen im Sinne der Richtlinie 83/189 darstellen und daher nicht als technische Vorschriften eingestuft werden können, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.

38 Nach Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 83/189 ist nämlich eine technische Spezifikation im Sinne dieser Richtlinie, soweit Erzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren streitigen hiervon betroffen sind, eine "Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale eines Erzeugnisses vorschreibt". Die technischen Spezifikationen im Sinne der Richtlinie 83/189 müssen sich somit auf das Erzeugnis als solches beziehen, was im Übrigen durch die in Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie beispielhaft wiedergegebene Liste der betreffenden Spezifikationen bestätigt wird, die nicht erschöpfend ist.

39 Die niederländische Regelung schreibt Kriterien vor, um für die Ausstellung eines Zulassungsscheins den Zeitpunkt zu bestimmen, von dem an ein Fahrzeug nach der Wegenverkeerswet als erstmals zum Verkehr zugelassen angesehen wird. Diese Regelung schreibt also kein Merkmal für das Erzeugnis als solches vor.

40 Somit ist auf die dritte Frage zu antworten, dass eine nationale Regelung wie die niederländische über die Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 83/189 fällt.

Zur vierten Frage

41 Mit der vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine nationale Regelung, nach der im Fall eines eingeführten Fahrzeugs als Zeitpunkt der Erstzulassung dieses Fahrzeugs zum Verkehr nur dann der Tag der Ausstellung des Kraftfahrzeugzulassungsscheins festgesetzt werden kann, wenn dieses Fahrzeug in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als zwei Tage zugelassen war (im Folgenden: streitige Voraussetzung), eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag darstellt.

42 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die niederländische Regelung formell nicht zwischen offiziellen und Parallelimporteuren unterscheide, ihre Anwendung in der Praxis aber zu einer Benachteiligung der Parallelimporteure gegenüber den offiziellen Importeuren führe.

43 Nach Ansicht von Snellers ist die niederländische Regelung eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag. In der Praxis sei es für Parallelimporteure fast unmöglich, nicht zugelassene Fahrzeuge von Vertragshändlern in einem anderen Mitgliedstaat zu beziehen, da die Hersteller und Fahrzeuglieferanten den Vertragshändlern den Verkauf von nicht zugelassenen Fahrzeugen generell untersagt hätten. Außerdem führe die niederländische Regelung dazu, dass Snellers die Fahrzeuge nur zu einem niedrigeren Preis als dem Einkaufspreis verkaufen könne, obwohl sie die Käufer darauf hinweise, dass es sich um neue, nicht benutzte Fahrzeuge handele. Die Käufer bezögen nämlich auch den Preis in ihre Überlegungen mit ein, den sie erzielen könnten, wenn sie das Fahrzeug später als Gebrauchtfahrzeug verkauften. In den Niederlanden hänge dieser Preis im Wesentlichen vom Zeitpunkt der im niederländischen Kraftfahrzeugzulassungsschein angegebenen Erstzulassung ab. Denn im Fall des Weiterverkaufs gebe es kein Dokument, dem sich entnehmen ließe, ob das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Scheines neu und nicht benutzt gewesen sei, da dies nicht aus dem Schein hervorgehe. Gerade weil das Fahrzeug nur zu einem niedrigeren Preis weiterzuverkaufen sei, kauften die niederländischen Käufer solche Fahrzeuge nicht oder nicht zum selben Preis.

44 Nach Ansicht der niederländischen Regierung stellt die Art, wie der Zeitpunkt der Erstzulassung zum Verkehr in den Niederlanden bestimmt werde, keine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag dar. Wie sich aus der niederländischen Regelung ergebe, werde, wenn in den Niederlanden ein Zulassungsschein für ein Kraftfahrzeug beantragt werde, das bereits zu einem früheren Zeitpunkt zum Verkehr zugelassen worden sei, grundsätzlich dieser frühere Zeitpunkt als Zeitpunkt der Erstzulassung zum Verkehr in den Zulassungsschein eingetragen. Dabei werde nicht nach dem Ort der Erstzulassung unterschieden. Wenn der Parallelimporteur behindert werde, folge dies aus den Bedingungen, die der Hersteller den Vertragshändlern vorschreibe.

45 Die österreichische Regierung und die Kommission sind der Ansicht, dass eine nationale Regelung wie die niederländische die parallelen Vertriebswege gegenüber dem Händlernetz benachteilige und daher als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag angesehen werden könne.

46 Selbst wenn die niederländische Regelung formell nicht zwischen offiziellen und Parallelimporteuren unterscheidet, benachteiligt sie in der Praxis die Parallelimporteure, da diese, um Zulassungsscheine zu erhalten, in denen als Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeugs zum Verkehr der Zeitpunkt der Ausstellung des Zulassungsscheins angegeben ist, Vorschriften beachten müssen, die streng und schwer zu erfuellen sind. Die niederländische Regelung beeinträchtigt somit den Vertrieb der von Vertragshändlern eingeführten Fahrzeuge und den Vertrieb der von nicht zugelassenen Händlern parallel eingeführten Fahrzeuge nicht in gleicher Weise.

47 Auch wenn, wie die niederländische Regierung vorgetragen hat, die Schwierigkeiten, die die Parallelimporteure bei der Erfuellung der streitigen Voraussetzung haben, durch die Schwierigkeiten hervorgerufen sein können, mit denen sie konfrontiert sind, wenn sie von Vertragshändlern in einem anderen Mitgliedstaat Fahrzeuge beziehen wollen, die zu einem Zeitpunkt zugelassen sind, der ihnen die Einhaltung der streitigen Voraussetzung ermöglicht, bedeutet das noch nicht, dass diese Voraussetzung kein Hindernis für den freien Warenverkehr im Sinne des Artikels 30 EG-Vertrag darstellt.

48 Somit ist auf die vierte Frage zu antworten, dass eine nationale Regelung, nach der im Fall eines eingeführten Kraftfahrzeugs als Zeitpunkt der Erstzulassung dieses Fahrzeugs zum Verkehr nur dann der Tag der Ausstellung des Kraftfahrzeugzulassungsscheins festgesetzt werden kann, wenn dieses Fahrzeug in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als zwei Tage zugelassen war, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag darstellt.

Zur fünften und zur sechsten Frage

49 Mit seiner fünften und seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine nationale Regelung wie die niederländische trotz ihrer den freien Warenverkehr beschränkenden Wirkung aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes gerechtfertigt werden kann, und wenn ja, ob eine solche Beschränkung in angemessenem Verhältnis zu diesen Zielen steht.

50 In diesem Zusammenhang wird um Aufklärung ersucht, ob es für die Beantwortung der Fragen von Bedeutung ist, wenn der Parallelimporteur mit seinem im Ausfuhrmitgliedstaat niedergelassenen Lieferanten vereinbaren kann, dass der Lieferant nach der Ausstellung des Kraftfahrzeugzulassungsscheins im Ausfuhrmitgliedstaat eine Unterbrechung der auf diese Weise erteilten Zulassung beantragt und diese Unterbrechung aufheben lässt, wenn der Parallelimporteur die Zulassung des Fahrzeugs im Einfuhrmitgliedstaat beantragt.

51 Nach Ansicht von Snellers können Erwägungen der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes die streitige Voraussetzung nicht rechtfertigen. Im Übrigen könnte ein solches Handelshindernis, selbst wenn es gerechtfertigt wäre, nicht als dem angestrebten Ziel angemessen angesehen werden, wenn es nicht den Nachweis ermögliche, dass das Fahrzeug neu sei.

52 Nach Ansicht der niederländischen Regierung ist die streitige Voraussetzung durch zwingende Gründe der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes gerechtfertigt. Die niederländische Regelung verfolge mit der Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung für den Verkehr Belange, die nur in ganz begrenztem Umfang Ausnahmen von dem Grundsatz zuließen, dass der Zeitpunkt entsprechend der tatsächlichen Situation zu bestimmen sei. Die angestrebten Ziele könnten andernfalls nicht oder nur ungenügend verwirklicht werden. Die niederländische Regelung sehe eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, dass der Zeitpunkt der erstmaligen namentlichen Zulassung entscheidend sei. Diese Erleichterung könne nur unter strengen Voraussetzungen gewährt werden.

53 Nach Ansicht der französischen Regierung kann der Gesundheits- und Umweltschutz, der durch die Vorschriften über die Kontrolle von Kraftfahrzeugen und der Abgasschadstoffe dieser Fahrzeuge erreicht werde, die niederländische Regelung rechtfertigen. Was die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme betreffe, so erlaube die geografische Lage der Niederlande, ein Kraftfahrzeug in einem Umkreis von 2 500 km innerhalb von zwei Tagen parallel zum offiziellen Netz aus sämtlichen Mitgliedstaaten einzuführen.

54 Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Verkehrssicherheit ein Rechtfertigungsgrund für eine Beschränkung des freien Warenverkehrs sein könne. Je älter und abgenutzter ein Fahrzeug sei, umso mehr sei darauf zu achten, dass es noch den grundlegenden Sicherheitsanforderungen genüge. Die nationale Regelung müsse aber für das Ziel, das sie verfolge, notwendig und ihm angemessen sein, was im vorliegenden Fall nicht zutreffe. Eine zwei Tage überschreitende Zulassung eines Fahrzeugs in einem anderen Mitgliedstaat sage nämlich nichts über das Alter und den Grad der Abnutzung des Fahrzeugs aus.

55 Nach ständiger Rechtsprechung können Beschränkungen des freien Warenverkehrs im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag durch zwingende Erfordernisse des Schutzes der Verkehrssicherheit (Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-55/93, Van Schaik, Slg. 1994, I-4837) und des Umweltschutzes (Urteil vom 14. Juli 1998 in der Rechtssache C-341/95, Bettati, Slg. 1998, I-4355, Randnr. 62) gerechtfertigt sein. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass nationale Rechtsvorschriften wie die niederländische Regelung, die die Kriterien für die Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr festlegen, gerechtfertigt sein können. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies im Ausgangsrechtsstreit der Fall ist.

56 Stellt das vorlegende Gericht aufgrund dieser Prüfung fest, dass eine solche Regelung durch Erwägungen des Schutzes der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes gerechtfertigt ist, so ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil Bettati, Randnrn. 63 und 64) noch festzustellen, ob die Beschränkung des freien Warenverkehrs, die sich aus der streitigen Voraussetzung gerade für die Parallelimporteure ergibt, für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes erforderlich ist und ob sie im Hinblick auf diese Ziele nicht unverhältnismäßig ist, insbesondere weil andere, weniger einschränkende Maßnahmen nicht möglich sind.

57 Wie die Kommission vorgetragen hat, sagt die Tatsache, dass ein Kraftfahrzeug mehr als zwei Tage in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen war, nichts über sein Alter und seinen Abnutzungsgrad aus. Darüber hinaus lässt sich durch die technische Kontrolle zumindest in einem bestimmten Umfang der technische Zustand des Fahrzeugs feststellen und die Richtigkeit der Erklärung des Verkäufers überprüfen, dass das Fahrzeug neu und nicht gebraucht sei.

58 Zudem kann die Möglichkeit von Vereinbarungen zwischen dem Parallelimporteur und seinem Lieferanten, wie sie in Randnummer 50 dieses Urteils erwähnt worden sind, bei der Beurteilung der Frage berücksichtigt werden, ob die streitige Voraussetzung ihrem Ziel angemessen ist. Dieser Gesichtspunkt kann aber nur berücksichtigt werden, wenn der Parallelimporteur tatsächlich eine solche Möglichkeit hat.

59 Somit ist es Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die streitige Voraussetzung für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes tatsächlich erforderlich ist und ob die sich daraus ergebende Beschränkung im Verhältnis zu diesen Zielen nicht unangemessen ist, insbesondere weil andere, weniger einschränkende Maßnahmen nicht möglich sind.

60 Nach alledem ist auf die fünfte und die sechste Frage zu antworten, dass eine nationale Regelung wie die niederländische trotz ihrer den freien Warenverkehr beschränkenden Wirkung aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes gerechtfertigt sein kann, wenn sich nachweisen lässt, dass die sich daraus ergebende Beschränkung für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes erforderlich und im Verhältnis zu diesen Zielen nicht unangemessen ist, insbesondere weil andere, weniger einschränkende Maßnahmen nicht möglich sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

61 Die Auslagen der niederländischen, der belgischen, der französischen und der österreichischen Regierung sowie der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

auf die ihm vom niederländischen Raad van State mit Urteil vom 10. August 1998 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Für die Beurteilung der Frage, ob eine nationale Regelung wie die am 9. Dezember 1994 erlassene Regeling houdende vaststelling van regels omtrent de wijze waarop de datum van eerste toelating tot de openbare weg op het kentekenbewijs, dan wel het registratiebewijs van een voertuig wordt bepaald eine technische Vorschrift darstellt, die nach der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der Fassung der Richtlinie 88/182/EWG des Rates vom 22. März 1988 mitteilungspflichtig ist, sind die späteren Änderungen durch die Richtlinie 94/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur zweiten wesentlichen Änderung der Richtlinie 83/189 nicht zu berücksichtigen.

2. Eine nationale Regelung über die Bestimmung des Zeitpunkts der Erstzulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr wie die Regeling houdende vaststelling van regels omtrent de wijze waarop de datum van eerste toelating tot de openbare weg op het kentekenbewijs, dan wel het registratiebewijs van een voertuig wordt bepaald fällt nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 83/189 in der Fassung der Richtlinie 88/182.

3. Eine nationale Regelung, nach der im Fall eines eingeführten Kraftfahrzeugs als Zeitpunkt der Erstzulassung dieses Fahrzeugs zum Verkehr nur dann der Tag der Ausstellung des Kraftfahrzeugzulassungsscheins festgesetzt werden kann, wenn dieses Fahrzeug in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als zwei Tage zugelassen war, stellt eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) dar.

4. Eine solche nationale Regelung kann trotz ihrer den freien Warenverkehr beschränkenden Wirkung aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes gerechtfertigt sein, wenn sich nachweisen lässt, dass die sich daraus ergebende Beschränkung für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit und/oder des Umweltschutzes erforderlich und im Verhältnis zu diesen Zielen nicht unangemessen ist, insbesondere weil andere, weniger einschränkende Maßnahmen nicht möglich sind.

Ende der Entscheidung

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