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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: C-351/99 P
Rechtsgebiete: Verordnung 1785/81, Verordnung 1101/95, Verordnung 1534/95


Vorschriften:

Verordnung 1785/81 Art. 8 Abs. 1
Verordnung 1785/81 Art. 8 Abs. 2 S. 4
Verordnung 1785/81 Art. 46
Verordnung 1101/95 Art. 1 Nr. 13
Verordnung 1534/95 Art. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Aus Artikel 225 EG und Artikel 51 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes sowie aus Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes folgt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss. Diesem Erfordernis entspricht ein Rechtsmittel nicht, das sich - ohne überhaupt eine Argumentation zu enthalten, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers dient, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll - darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein vom Gericht ausdrücklich zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben. Ein solches Rechtsmittel stellt nämlich in Wirklichkeit einen Antrag dar, der nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage abzielt, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt.

( vgl. Randnrn. 35-36 )

2. Die Möglichkeit, dass die Personen, für die eine Maßnahme Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmbar sind, bedeutet nicht, dass diese Personen als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern nur feststeht, daß die Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist.

Dementsprechend betrifft Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95, der den Betrag der Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 festsetzt, die italienischen Zuckererzeuger, die Inhaber von Erzeugungsquoten sind, nicht individuell. Einerseits setzt diese Bestimmung den Betrag der Vergütung für alle Zuckererzeuger in der Gemeinschaft gleich fest, insbesondere unabhängig von der Einstufung des Gebietes, in dem sie niedergelassen sind. Andererseits wird der Betrag der Vergütung weder auf der Grundlage der allein den italienischen zuckererzeugenden Unternehmen zugeteilten Quoten, noch auf der Grundlage der von den Rechtsmittelführerinnen stammenden Zahlenangaben festgesetzt, sondern - entsprechend den Vorgaben der sechsten Begründungserwägung dieser Verordnung - auf der Grundlage der Finanzierungskosten, der Versicherungs- und der eigentlichen Lagerkosten.

( vgl. Randnrn. 46, 49-51 )


Beschluss des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 28. Juni 2001. - Eridania SpA und andere gegen Rat der Europäischen Union. - Rechtsmittel - Gemeinsame Marktorganisation für Zucker - Regelung für Lagerkosten - Genehmigung der Gewährung einer staatlichen Beihilfe - Aufhebung - Wirtschaftsjahr 1995/1996 - Klage von Zuckererzeugern - Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen - Bestimmung über die Festsetzung der Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten für Zucker - Unzulässigkeit. - Rechtssache C-351/99 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-351/99 P

Eridania SpA, vormals Eridania Zuccherifici Nazionali SpA, mit Sitz in Genua (Italien),

Industria Saccarifera Italiana Agroindustriale SpA (ISI) mit Sitz in Padua (Italien),

Sadam Zuccherifici, Abteilung der SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, mit Sitz in Bologna (Italien),

Sadam Castiglionese SpA mit Sitz in Bologna,

Sadam Abruzzo SpA mit Sitz in Bologna,

Zuccherificio del Molise SpA mit Sitz in Termoli (Italien)

und

Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) mit Sitz in Cesena (Italien),

Prozessbevollmächtigte: B. O'Connor, Solicitor, und I. Vigliotti, avvocato, Luxemburg,

Rechtsmittelführerinnen,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Erste Kammer) vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-158/95 (Eridania u. a./Rat, Slg. 1999, II-2219) wegen Aufhebung dieses Urteils,

andere Verfahrensbeteiligte:

Rat der Europäischen Union, vertreten durch I. Díez Parra und J.-P. Hix als Bevollmächtigte, Luxemburg,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. P. Ruggeri Laderchi als Bevollmächtigten, Luxemburg,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

und

Ponteco Zuccheri SpA mit Sitz in Pontelagoscuro (Italien),

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten V. Skouris sowie des Richters R. Schintgen und der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin),

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: R. Grass

nach Anhörung des Generalanwalts,

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Mit am 22. September 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingereichter Rechtsmittelschrift haben die Eridania SpA, vormals Eridania Zuccherifici Nazionali SpA, die Industria Saccarifera Italiana Agroindustriale SpA (ISI), die Sadam Zuccherifici, Abteilung der SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, die Sadam Castiglionese SpA, die Sadam Abruzzo SpA, die Zuccherificio del Molise SpA und die Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-158/95 (Eridania u. a./Rat, Slg. 1999, II-2219, im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem ihre Klage als unzulässig abgewiesen wurde, die im Wesentlichen auf Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1101/95 des Rates vom 24. April 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker und der Verordnung (EWG) Nr. 1010/86 zur Festlegung der Grundregeln für die Produktionserstattung bei der Verwendung von bestimmten Erzeugnissen des Zuckersektors in der chemischen Industrie (ABl. L 110, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 1534/95 des Rates vom 29. Juni 1995 zur Festsetzung der abgeleiteten Interventionspreise für Weißzucker, des Interventionspreises für Rohzucker, der Mindestpreise für A- und B-Zuckerrüben sowie der Vergütung zum Ausgleich der Lagerkosten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 (ABl. L 148, S. 11) gerichtet war.

Rechtlicher Rahmen

2 Die Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 des Rates vom 30. Juni 1981 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 177, S. 4, im Folgenden: Grundverordnung) führte eine Preisregelung, eine Quotenregelung und eine Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten ein.

3 Artikel 8 Absatz 1 der Grundverordnung traf eine Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten..., die eine Pauschalvergütung und deren Finanzierung durch eine Abgabe umfasst". Artikel 8 Absatz 2 Satz 4 bestimmt, dass [d]er Betrag der Vergütung... für die gesamte Gemeinschaft gleich [ist]. Diese Gleichheitsregel gilt auch für die [von den Mitgliedstaaten von jedem Zuckererzeuger erhobene] Abgabe."

4 Für das Wirtschaftsjahr 1995/96 setzte Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 den Betrag der Pauschalvergütung auf monatlich 0,45 ECU je 100 kg Weißzucker" fest.

5 Artikel 46 Absatz 4 der Grundverordnung ermächtigte außerdem die Italienische Republik, [s]ofern die Höhe des Zinssatzes, der in Italien ersten Adressen gewährt wird, die Höhe des Zinssatzes, der für die Berechnung der in Artikel 8 genannten Erstattung Anwendung findet, um mindestens 3 v. H. übersteigt,... in den Wirtschaftsjahren 1981/82 bis 1985/86 die Auswirkungen dieser Differenz auf die Lagerkosten durch eine einzelstaatliche Beihilfe zu decken". Diese Ermächtigung wurde das erste Mal durch Artikel 1 Nummer 10 der Verordnung (EWG) Nr. 934/86 des Rates vom 24. März 1986 zur Änderung der Verordnung Nr. 1785/81 (ABl. L 87, S. 1) für die Wirtschaftsjahre 1986/87 und 1987/88 verlängert, wobei die maßgebende Bestimmung zu Artikel 46 Absatz 5 der Grundverordnung wurde, und sodann für alle späteren Wirtschaftsjahre, zuletzt durch Artikel 1 Nummer 26 der Verordnung (EG) Nr. 133/94 des Rates vom 24. Januar 1994 zur Änderung der Verordnung Nr. 1785/81 (ABl. L 22, S. 7) für das Wirtschaftsjahr 1994/95.

6 Nach Artikel 46 der Grundverordnung in der Fassung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 ist die Italienische Republik nicht mehr berechtigt, die genannte staatliche Beihilfe zu gewähren.

Die Klage vor dem Gericht

7 Unter diesen Umständen haben die Rechtsmittelführerinnen, in Italien ansässige Gesellschaften, die zusammen 92 % der diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Zuckererzeugungsquoten besitzen, aus dem Grund, weil seit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1101/95 nicht mehr die Möglichkeit für Italien bestand, eine nationale Beihilfe zum Ausgleich der Auswirkung der Unterschiede bei den Lagerkosten zu gewähren, gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 4 EG) Klage im Wesentlichen auf Nichtigerklärung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 und des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95 erhoben.

8 Der Rat hat gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts mit besonderem Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit dieser Klage erhoben.

9 Mit Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 19. März 1996 ist die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

10 Für seine Einrede der Unzulässigkeit hat der Rat vier Gründe angeführt. Hinsichtlich des Rechtsmittels sind jedoch nur zwei davon erheblich, da die beiden anderen Gründe gegenstandslos geworden sind.

11 Erstens hat sich der Rat, soweit die Rechtsmittelführerinnen die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95 beantragt hatten, darauf berufen, dass die Klage nicht gegen eine Handlung" im Sinne des Artikels 173 EG-Vertrag gerichtet sei, da diese Verordnung keine Bestimmung in Bezug auf die Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten enthalte; er hat vorgetragen, die Rechtsmittelführerinnen machten ihm in Wirklichkeit zum Vorwurf, dass er Artikel 8 der Grundverordnung nicht eine Bestimmung hinzugefügt habe, die eine Differenzierung des Betrages der Vergütung zum Ausgleich der genannten Lagerkosten vorsehe.

12 Zweitens hat der Rat geltend gemacht, die Rechtsmittelführerinnen seien von den angefochtenen Bestimmungen nicht unmittelbar und individuell betroffen, so dass sie nicht nach Artikel 174 Absatz 4 EG-Vertrag klageberechtigt seien.

13 Was den Grund in Bezug auf den fehlenden anfechtbaren Rechtsakt betrifft, so haben sich die Rechtsmittelführerinnen auf die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts berufen, um die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1101/95 insoweit zu beantragen, als damit die Bestimmung des Artikels 46 der Grundverordnung, die die Italienische Republik zur Gewährung von Beihilfen ermächtigt habe, aufgehoben worden sei.

14 Zu dem zweiten Grund, auf den der Rat die Einrede der Unzulässigkeit gestützt hat, haben die Rechtsmittelführerinnen vorgetragen, sie gehörten einem begrenzten Kreis individualisierter und identifizierbarer Wirtschaftsteilnehmer an, der sich aus den italienischen Zuckererzeugern zusammensetze, die Inhaber von Erzeugungsquoten seien. Sie haben außerdem geltend gemacht, erstens sei den Gemeinschaftsorganen beim Erlass der angefochtenen Rechtsakte ihre Identität bekannt gewesen, zweitens seien ihnen Erzeugungsrechte zugeteilt worden, die aufgrund der Dauer der Anwendung des Quotensystems zu wirklichen individuellen Rechten geworden seien, drittens bildeten sie eine gegenüber den Erzeugern aus anderen Gebieten der Gemeinschaft dadurch hinreichend bestimmte Gruppe, dass sie durch die besondere Auswirkung der Finanzierungskosten auf dem italienischen Markt diskriminiert würden, und schließlich bestehe eine eindeutige Korrelation zwischen ihrer Situation und den vom Rat ergriffenen Maßnahmen.

Das angefochtene Urteil

15 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage abgewiesen, indem es sich auf die beiden vom Rat geltend gemachten und in den Randnummern 11 und 12 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebenen Unzulässigkeitsgründe gestützt hat.

Zu dem auf das Fehlen eines anfechtbaren Rechtsakts gestützten Unzulässigkeitsgrund

16 Zu dem auf das Fehlen eines anfechtbaren Rechtsakts gestützten Grund hat das Gericht Folgendes festgestellt:

51 Nach ständiger Rechtsprechung sind nur solche Maßnahmen, die bindende Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch einen spürbaren Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 EG-Vertrag gegeben ist (Beschluss des Gerichts vom 24. Juni 1998 in der Rechtssache T-596/97, Dalmine/Kommission, Slg. 1998, II-2383, Randnr. 29).

52 Wie die Kommission und der Rat jedoch zu Recht hervorgehoben haben, enthält Artikel 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 keine Bestimmung, die allgemein die Regelung zum Ausgleich der Lagerkosten oder speziell die dem italienischen Staat eröffnete Möglichkeit betrifft, den italienischen Erzeugern eine Beihilfe im Zusammenhang mit diesen Kosten zu gewähren. Die Möglichkeit der Gewährung einer derartigen Beihilfe war das letzte Mal in der Verordnung Nr. 133/94 vorgesehen, deren Artikel 1 Nummer 26 die entsprechende Bestimmung des Artikels 46 Absatz 5 der Grundverordnung verlängert, diese Möglichkeit jedoch auf das Wirtschaftsjahr 1994/1995 begrenzt hat. Folglich ist die Rechtsstellung der Klägerinnen durch die Verordnung Nr. 1101/95 im Hinblick auf das streitige Wirtschaftsjahr, nämlich das Wirtschaftsjahr 1995/96, nicht spürbar beeinträchtigt worden.

53 Sonach ist die Klage unzulässig, soweit sie auf die Nichtigerklärung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 gerichtet ist."

Zu dem auf die fehlende Klageberechtigung gestützten Unzulässigkeitsgrund

17 In Bezug auf die Klageberechtigung der Rechtsmittelführerinnen und insbesondere die Frage, ob diese von Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 individuell betroffen sind, hat das Gericht entschieden:

54 Nach Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag kann eine natürliche oder juristische Person gegen eine Verordnung Klage auf Nichtigerklärung erheben, wenn die angefochtene Verordnung in Wirklichkeit eine sie unmittelbar und individuell betreffende Entscheidung darstellt. Die Verordnung und die Entscheidung sind danach voneinander abzugrenzen, ob die betreffende Handlung eine allgemeine Regelung ist oder nicht. Eine Handlung ist eine allgemeine Regelung, wenn sie für objektiv festgelegte Tatbestände gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (Beschluss des Gerichtshofes vom 24. April 1996 in der Rechtssache C-87/95 P, CNPAAP/Rat, Slg. 1996, I-2003, Randnr. 33; Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1996 in der Rechtssache T-482/93, Weber/Kommission, Slg. 1996, II-609, Randnr. 55, und Beschluss des Gerichts vom 8. Dezember 1998 in der Rechtssache T-39/98, Sadam u. a./Rat, Slg. 1998, II-4207, Randnr. 17).

55 Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 setzt ,die in Artikel 8 [der Grundverordnung] genannte Vergütung... auf monatlich 0,45 ECU je 100 kg Weißzucker fest, wobei Artikel 8 eine ,Pauschalvergütung vorsieht, deren Betrag ,für die gesamte Gemeinschaft gleich ist. Den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 1534/95 zufolge hat der Rat bei der Festsetzung des Betrages der Vergütung die Finanzierungskosten mit einem Zinssatz von 6,75 %, die Versicherungs- und die eigentlichen Lagerkosten berücksichtigt. So sieht die streitige Bestimmung eine pauschale Vergütung vor und gilt für eine unbegrenzte Anzahl von Lagerungen in der Gemeinschaft durch alle Zuckererzeuger der Gemeinschaft. Daraus folgt, dass Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 in Verbindung mit der Grundverordnung für objektiv festgelegte Tatbestände gilt und in einer allgemeinen Formulierung an abstrakt bezeichnete Kategorien von Personen gerichtet ist. Folglich stellt diese Bestimmung eine allgemeine Regelung dar.

56 Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine Bestimmung, die ihrer Natur und Tragweite nach allgemeinen Charakter hat, eine natürliche oder juristische Person individuell betrifft, nämlich dann, wenn diese aufgrund ihrer besonderen Merkmale oder tatsächlicher Umstände durch die Bestimmung so berührt wird, dass sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausgehoben und in ähnlicher Weise individualisiert wird wie der Adressat einer Entscheidung (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Februar 1996 in der Rechtssache C-209/94 P, Buralux u. a./Rat, Slg. 1996, I-615, Randnr. 25)

57 Dem Vorbringen der Klägerinnen, sie seien dadurch individualisiert, dass sie als Inhaberinnen von Zuckererzeugungsquoten zu einem ,geschlossenen Kreis gehörten, kann nicht gefolgt werden. Denn selbst wenn dem Rat zur Zeit des Erlasses der streitigen Verordnung die Identität der Klägerinnen bekannt gewesen wäre, verliert nach ständiger Rechtsprechung ein Rechtsakt seine allgemeine Geltung nicht dadurch, dass sich die Rechtssubjekte, auf die er zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, dass diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt umschrieben ist (Beschluss des Gerichtshofes vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-409/96 P, Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission, Slg. 1997, I-7531, Randnr. 37). Hier jedoch haben die Klägerinnen nichts dafür vorgetragen, dass sich die italienischen Zuckererzeuger in einer so besonderen Lage befunden hätten, dass die Festsetzung des abgeleiteten Interventionspreises für Weißzucker für Italien durch den Rat keine allgemeine Tragweite gehabt, sondern sie individuell betroffen hätte.

58 Zwar erteilen die Mitgliedstaaten, wie der Rat in der mündlichen Verhandlung von den Klägerinnen unwidersprochen vorgetragen hat, der Kommission vor Festsetzung der verschiedenen Zuckerpreise für jedes Wirtschaftsjahr Auskünfte über die Entwicklung der Zuckererzeugung und den Zuckerverbrauch in ihrem Hoheitsgebiet und über die bereits zugeteilten Erzeugungsquoten... Bei Erlass der streitigen Verordnung besaß der Rat jedoch keine besonderen Informationen über jedes einzelne italienische Unternehmen, das Inhaber von Zuckererzeugungsquoten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 war.

59 Auch die Rechtsprechung, die die Klägerinnen insoweit zur Begründung für die Zulässigkeit ihrer Klage anführen, ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Diese Rechtsprechung bezieht sich nämlich auf bestimmte Situationen, die Einzelanträge auf Einfuhrlizenzen betreffen, die während eines kurzen Zeitraums für bestimmte Mengen gestellt wurden (vgl. die Urteile [vom 1. Juli 1965 in den Rechtssachen 106/63 und 107/63,] Töpfer u. a./Kommission [, Slg. 1965, 547], [vom 13. Mai 1971 in den Rechtssachen 41/70, 42/70, 43/70 und 44/70,] International Fruit Company u. a./Kommission [, Slg. 1971, 411,] und [vom 6. November 1990 in der Rechtssache C-354/87,] Weddel/Kommission [, Slg. 1990, I-3847]), oder die die Verpflichtung der Gemeinschaftsorgane implizieren, die Konsequenzen des Rechtsakts, den sie zu erlassen beabsichtigen, für die Situation bestimmter Einzelner zu berücksichtigen (vgl. Urteile [vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-152/88,] Sofrimport/Kommission [, Slg. 1990, I-2477,] und [vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82,] Piraiki-Patraiki/Kommission [, Slg. 1985, 207]). Hier liegen jedoch keine derartigen Umstände vor. Insbesondere haben die Klägerinnen das Vorliegen einer Verpflichtung des Rates, den italienischen Erzeugern im Rahmen der Ausgleichsregelung für Lagerkosten einen weiter gehenden Schutz zu gewähren als den anderen, ihre Erzeugnisse ebenfalls lagernden Gemeinschaftserzeugern, weder behauptet noch bewiesen (vgl. auch Urteil Buralux u. a./Rat, Randnrn. 32 bis 34).

60 Soweit die Klägerinnen dem Rat vorwerfen, den Betrag der Vergütung in der angefochtenen Bestimmung einheitlich festgesetzt und auf diese Weise eine Diskriminierung der italienischen Zuckererzeuger vorgesehen zu haben, deren Finanzierungskosten für die Lagerung besonders hoch seien, genügt der Hinweis, dass es nach gefestigter Rechtsprechung dem Charakter einer Bestimmung als Verordnungsvorschrift nicht entgegensteht, dass sie sich auf die Personen, für die sie gilt, im konkreten Fall unterschiedlich auswirken kann, sofern nur ihr Tatbestand objektiv festgelegt ist (Beschluss des Gerichts vom 4. Oktober 1996 in der Rechtssache T-197/95, Sveriges Betodlares und Henriksen/Kommission, Slg. 1996, II-1283, Randnr. 29). Nach alledem hat die angefochtene Verordnungsbestimmung allgemeine Tragweite.

...

62... [V]or Erlass der streitigen Verordnung [war] die Zuteilung von Erzeugungsquoten an die Klägerinnen nicht mit einem Anspruch auf Festsetzung einer Vergütung verbunden..., die die tatsächlich allein von den italienischen Zuckererzeugern getragenen Finanzierungskosten der Lagerung berücksichtigt. Die Rechtsstellung der Klägerinnen unterschied sich somit nicht von der der anderen Inhaber von Erzeugungsquoten, die sich alle mit der vom Rat pauschal und einheitlich für jedes Wirtschaftsjahr festgesetzten Vergütung abfinden mussten (Urteil des Gerichtshofes vom 24. April 1980 in der Rechtssache 92/79, Kommission/Italien, Slg. 1980, 1411, Randnr. 16).

63 Folglich sind die Klägerinnen von Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 nicht individuell betroffen, so dass die Klage unzulässig ist, soweit sie auf die Nichtigerklärung dieser Bestimmung gerichtet ist."

Das Rechtsmittel

18 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Klage für unzulässig erklärt wird, die sie auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1534/95, insbesondere ihres Artikels 4, und der Verordnung Nr. 1101/95 - soweit deren Artikel 1 Nummer 13, der an die Stelle des Artikels 46 der Grundverordnung getreten ist, die für die Italienische Republik bestehende Möglichkeit aufgehoben hat, den italienischen Zuckererzeugern Beihilfen für die durch die hohen Zinssätze in Italien verursachten Lagerkosten zu gewähren - und auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Grundverordnung, insbesondere ihres Artikels 8, erhoben hatten.

19 Sie stützen ihr Rechtsmittel auf den Vorwurf, das Gericht sei einem doppelten Rechtsirrtum erlegen, indem es die vom Rat vorgebrachten Unzulässigkeitsgründe anerkannt habe, die sich hinsichtlich des Antrags auf Nichtigerklärung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 auf das Fehlen eines anfechtbaren Rechtsakts und hinsichtlich des Antrags auf Nichtigerklärung des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95 darauf gestützt hätten, dass die Rechtsmittelführerinnen von dieser Vorschrift nicht individuell betroffen seien.

20 Um den auf das Fehlen eines anfechtbaren Rechtsakts gestützten Grund zu widerlegen, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, sie hätten die Nichtigerklärung des Artikels 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 beantragt, weil er die Möglichkeit aufgehoben habe, den italienischen Zuckererzeugern Beihilfen zu gewähren, die bis zur Anwendung dieser Vorschrift in Artikel 46 der Verordnung Nr. 1785/81 vorgesehen gewesen sei. Um die Bedeutung der letztgenannten Bestimmung aufzuzeigen, zeichnen sie die Geschichte der einschlägigen Rechtsvorschriften bis zur Aufhebung dieser Möglichkeit, die Beihilfen zu gewähren, nach.

21 Hinsichtlich des zweiten, auf die fehlende Klageberechtigung der Rechtsmittelführerinnen gestützten Unzulässigkeitsgrundes, den das Gericht anerkannt hat, ziehen die Rechtsmittelführerinnen seine Begründetheit mit sechs Rügen in Zweifel.

22 Erstens werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, den normativen Charakter des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95 allein aufgrund der Prüfung der Anzahl von Lagerungen, die in der Gemeinschaft vorgenommen würden und von dieser Vorschrift erfasst werden könnten, bejaht zu haben.

23 Zweitens werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, es habe in Randnummer 57 des angefochtenen Urteils das Vorbringen, sie bildeten einen geschlossenen Kreis", als nicht stichhaltig zurückgewiesen, während es im Wesentlichen anerkannt habe, dass dem Rat beim Erlass der Verordnung Nr. 1534/85 die Identität der Rechtsmittelführerinnen und ihre Stellung als italienische Zuckererzeuger, die Erzeugungsquoten innegehabt hätten, tatsächlich bekannt gewesen sei.

24 Drittens tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, es handele sich bei den angefochtenen Bestimmungen nicht um Maßnahmen mit Verordnungscharakter, sondern um individuelle Maßnahmen oder sogar ein Bündel von Einzelfallentscheidungen, die hinsichtlich bestimmter Personen getroffen worden seien, deren Identität dem Rat genau bekannt gewesen sei. Sie machen insbesondere geltend, dass in diesem Fall eine eindeutige Verbindung zwischen den streitigen Vorschriften und ihrer besonderen Situation als italienische Zuckererzeuger, die Quoten besäßen, bestehe.

25 Viertens werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, es habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie sich in einer besonderen Lage befänden, die sich von der der anderen Zuckererzeuger in der Gemeinschaft unterscheide, und zwar aufgrund ihrer durch eine Diskriminierung als Folge der besonderen Auswirkung der Finanzierungskosten auf dem italienischen Markt gekennzeichneten Situation.

26 Fünftens berufen sich die Rechtsmittelführerinnen darauf, es sei ein Irrtum, anzunehmen, wie es das Gericht in Randnummer 58 des angefochtenen Urteils getan habe, dass der Rat nur über allgemeine Daten verfügt habe, nicht aber über spezielle Informationen über jedes einzelne italienische Unternehmen, das Zuckererzeugungsquoten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 zugeteilt bekommen habe. Diese Bemerkung stehe im Widerspruch zu den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 787/83 der Kommission vom 29. März 1983 über die Mitteilungen im Zuckersektor (ABl. L 88, S. 6), die die Mitgliedstaaten ausdrücklich verpflichteten, der Kommission die Daten für jedes auf ihrem Gebiet gelegene Zuckerherstellungsunternehmen mitzuteilen.

27 Sechstens machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, die Bestimmungen, deren Nichtigerklärung sie begehrten, berührten ihre Rechtsstellung und beeinträchtigten ihre wirtschaftlichen Rechte insbesondere durch Auswirkungen auf die getätigten Investitionen, die Rentabilität der Unternehmen und ihr wirtschaftliches Überleben. Zum einen decke nämlich die in Artikel 8 der Grundverordnung vorgesehene Pauschalvergütung nicht die tatsächlich eingegangenen Kostenverbindlichkeiten, zum anderen seien sie im Wettbewerb gegenüber den Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten benachteiligt.

28 Zu seiner Verteidigung entgegnet der Rat, der erste Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerinnen greife unter Verstoß gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofes nur die Argumente wieder auf, die bereits in der ersten Instanz vorgetragen worden seien. Obwohl er der Auffassung ist, dass derselbe Vorwurf auch gegenüber dem zweiten Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerinnen erhoben werden könne, bemüht sich der Rat, jedes im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes angeführte Argument im Einzelnen zu widerlegen.

29 So erinnert der Rat, um vor allem dem dritten Argument der Rechtsmittelführerinnen entgegenzutreten, insbesondere an das Urteil des Gerichtshofes vom 21. Januar 1999 in der Rechtssache C-73/97 P (France/Comafrica u. a., Slg. 1999, I-185, Randnrn. 33 bis 38). Wie sich aus diesem Urteil ergebe, müssten den Rechtsmittelführerinnen, damit eine Verordnung als Bündel von Einzelfallentscheidungen qualifiziert werden könne, vor dem Erlass der streitigen Verordnung bestimmte Rechte verliehen worden sein. Die Rechtsmittelführerinnen hätten jedoch kein Recht auf einen bestimmten Betrag als Vergütung der Lagerkosten besessen.

30 Gegenüber dem fünften Argument der Rechtsmittelführerinnen macht der Rat geltend, dass die Festsetzung des Betrages der Vergütung der Lagerkosten nicht auf den individuellen Zahlen jedes einzelnen betroffenen Unternehmens beruhe, sondern insbesondere auf der Grundlage des Zinssatzes, der Mietkosten und der Versicherungskosten in der Gemeinschaft bestimmt werde.

31 Die Kommission trägt zunächst vor, das vorliegende Rechtsmittel stelle unter Verletzung des Artikels 113 § 1 zweiter Gedankenstrich der Verfahrensordnung einen neuen Antrag dar. Die Rechtsmittelführerinnen gingen dagegen vor, dass die nationalen Beihilfen für Lagerkosten, die die Italienische Republik nicht über das Wirtschaftsjahr 1994/95 hinaus habe gewähren können, nicht wieder eingeführt worden seien, während sie mit ihrer am 11. August 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Klage die Festsetzung von nach den Mitgliedstaaten differenzierten Vergütungen der Gemeinschaft verlangt hätten.

32 Die Kommission weist insbesondere wiederholt darauf hin, dass sich der Adressatenkreis des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95 nicht auf die Inhaber von Erzeugungsquoten beschränke. Nach Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1358/77 des Rates vom 20. Juni 1977 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für den Ausgleich der Lagerkosten für Zucker und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 750/68 (ABl. L 156, S. 4) werde die Vergütung Zuckerherstellern, die über eine Grundquote verfügten, Zuckerraffinerien, Interventionsstellen sowie Herstellern von Zuckergrieß, von Agglomeratzucker und Kandis und auf dem Zuckersektor spezialisierten Handelsbetrieben gewährt, die von dem Mitgliedstaat anerkannt seien, in dessen Hoheitsgebiet sich der Ort ihrer Niederlassung befinde. Der - erkennbar offene - Kreis der von der erwähnten Bestimmung erfassten Personen sei demnach größer, als das Gericht angenommen habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

33 Nach Artikel 119 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof das Rechtsmittel, wenn es offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen, ohne die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund in Bezug auf Artikel 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95

34 Mit diesem Rechtsmittelgrund gehen die Rechtsmittelführerinnen gegen die Auffassung des Gerichts in Randnummern 51 bis 53 des angefochtenen Urteils vor, Artikel 1 Nummer 13 der Verordnung Nr. 1101/95 habe ihre Rechtsstellung nicht in qualifizierter Weise berührt und stelle deshalb keinen anfechtbaren Rechtsakt dar.

35 In dieser Hinsicht folgt aus Artikel 225 EG und Artikel 51 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes sowie aus Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss (insbesondere Urteil vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C-8/95 P, New Holland Ford/Kommission, Slg. 1998, I-3175, Randnr. 23, Beschlüsse vom 6. März 1997 in der Rechtssache C-303/96 P, Bernardi/Parlament, Slg. 1997, I-1239, Randnr. 37, und vom 9. Juli 1998 in der Rechtssache C-317/97 P, Smanor u. a./Kommission, Slg. 1998, I-4269, Randnr. 20).

36 Nach ständiger Rechtsprechung entspricht diesem Erfordernis ein Rechtsmittel nicht, das sich - ohne überhaupt eine Argumentation zu enthalten, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers dient, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll - darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein vom Gericht ausdrücklich zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben. Ein solches Rechtsmittel stellt nämlich in Wirklichkeit einen Antrag auf bloße Überprüfung der beim Gericht eingereichten Klage dar, wofür der Gerichtshof nicht zuständig ist (insbesondere Urteile New Holland Ford/Kommission, Randnr. 24, und vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-352/98 P, Bergaderm und Goupil/Kommission, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 35, sowie Beschluss Smanor u. a./Kommission, Randnr. 21).

37 Im Licht dieser Rechtsprechung ist festzustellen, dass sich die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Rechtsmittel darauf beschränken, die Entstehungsgeschichte der aufgehobenen Regelung, die die Möglichkeit vorsah, den italienischen Zuckererzeugern Beihilfen zu gewähren, zu schildern, ohne den Rechtsfehler anzugeben, mit dem die Begründung des angefochtenen Urteils behaftet sein soll.

38 Dieser Rechtsmittelgrund ist deshalb als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund in Bezug auf die Klageberechtigung der Rechtsmittelführerinnen

39 Nach Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag kann jede natürliche oder juristische Person gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

Zum Argument der alleinigen Berücksichtigung der Anzahl der Vorgänge

40 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes besteht das Kriterium für die Unterscheidung zwischen einer Verordnung und einer Entscheidung darin, ob die betreffende Handlung allgemeine Geltung hat (Beschlüsse vom 23. November 1995 in der Rechtssache C-10/95 P, Asocarne/Rat, Slg. 1995, I-4149, Randnr. 28, und vom 24. April 1996 in der Rechtssache C-87/95 P, CNPAAP/Rat, Slg. 1996, I-2003, Randnr. 33). Eine Handlung hat allgemeine Geltung, wenn sie für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (Beschluss vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache C-447/98 P, Molkerei Großbraunshain und Bene Nahrungsmittel/Kommission, Slg. 2000, I-9097, Randnr. 67, und Urteil vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-229/88, Cargill u. a./Kommission, Slg. 1990, I-1303, Randnr. 18).

41 Soweit die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem ersten Argument dem Gericht vorwerfen, es habe den normativen Charakter des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95 nur aufgrund der Prüfung der Anzahl der Vorgänge, die von dieser Vorschrift erfasst werden konnten, bejaht, so ist zunächst festzustellen, dass das Gericht in Randnummer 55 des angefochtenen Urteils bestrebt war, die Natur dieser Vorschrift auf der Grundlage der beiden Bedingungen zu bestimmen, auf die sich die in der vorstehenden Randnummer zitierte Rechtsprechung bezieht.

42 Dazu hat das Gericht die Modalitäten der Festsetzung des Betrages der in Artikel 8 der Grundverordnung vorgesehenen Vergütung und insbesondere die Kriterien - wie die Finanzierungskosten, die Versicherungskosten und die spezifischen Lagerkosten -, die die Festsetzung dieses Betrages ermöglichen, untersucht. Es ist, ohne einen Rechtsfehler zu begehen, zu der Schlussfolgerung gelangt, dass Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 für objektiv bestimmte Situationen gelte, da er einen Pauschalvergütungssatz einführe und auf eine unbestimmte Anzahl von Lagerungsvorgängen, die in der Gemeinschaft von sämtlichen Zuckererzeugern vorgenommen würden, anwendbar sei.

43 Eine derartige Prüfung zeigt deutlich, dass sich das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht allein auf die unbestimmte Anzahl der erwähnten Vorgänge gestützt hat, sondern in überzeugender Weise eine eingehende Analyse der Modalitäten der Berechnung der genannten Vergütung vorgenommen hat.

44 Das Gericht hat demzufolge keinen Rechtsfehler begangen, als es den normativen Charakter des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1534/95 bejaht hat. Der Vorwurf der Rechtsmittelführerinnen hinsichtlich der alleinigen Berücksichtigung der Anzahl der Lagerungsvorgänge kann deshalb offensichtlich nicht durchgreifen.

Zum Argument der Existenz eines geschlossenen Kreises" sowie der Mitteilung spezieller Informationen bezüglich der italienischen Unternehmen an die Gemeinschaftsorgane

45 Wie das Gericht in Randnummer 56 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Bestimmung, die ihrer Natur und Tragweite nach allgemeinen Charakter hat, eine natürliche oder juristische Person individuell betrifft, nämlich wenn sie diese wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten einer Entscheidung (insbesondere Urteil Buralux u. a./Rat, Randnr. 25, und Beschluss Molkerei Großbraunshain und Bene Nahrungsmittel/Kommission, Randnr. 65).

46 Das Gericht hat sich in den Randnummern 57 bis 60 des angefochtenen Urteils zutreffend auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes gestützt, wonach die Möglichkeit, dass die Personen, auf die eine Maßnahme wie Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmbar sind, nicht bedeutet, dass diese Personen als von dieser Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern feststeht, dass diese Anwendung aufgrund einer durch den betreffenden Rechtsakt bestimmten objektiven Situation rechtlicher oder tatsächlicher Art erfolgt (Urteil Buralux u. a./Rat, Randnr. 24, und Beschluss Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission, Randnr. 37).

47 In Anwendung dieser Rechtsprechung ist das Gericht in Randnummer 57 des angefochtenen Urteils zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht hätten darlegen können, dass die Festsetzung des Interventionspreises für Weißzucker sie individualisiert habe. In Randnummer 58 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zudem ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerinnen auch nicht deshalb als individualisiert angesehen werden könnten, weil der Rat über spezielle Informationen über jedes einzelne der italienischen Unternehmen verfügt habe, das Erzeugungsquoten für das Wirtschaftsjahr 1995/96 besaß.

48 Mit ihrem Rechtsmittel werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht zum einen vor, es habe die Existenz eines geschlossenen Kreises" verneint, der sich allein aus den italienischen Zuckererzeugern, die Inhaber von Erzeugungsquoten seien, zusammensetze. Zum anderen machen sie geltend, das Gericht habe die Tatsache verkannt, dass der Rat beim Erlass der Verordnung Nr. 1534/95 über spezielle Informationen über jedes einzelne der italienischen Unternehmen verfügt habe.

49 Soweit es erstens um das mit der Existenz eines geschlossenen Kreises" der italienischen Zuckererzeuger mit Erzeugungsquoten begründete Argument geht, so genügt der Hinweis, dass Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 den Betrag der in Artikel 8 der Grundverordnung vorgesehenen Vergütung für alle Zuckererzeuger in der Gemeinschaft in gleicher Weise, insbesondere unabhängig von der Einstufung des Gebietes, in dem sie niedergelassen sind, festsetzt. Im Übrigen ist Zuckererzeuger im Sinne der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker nur der, der Inhaber einer Erzeugungsquote ist.

50 Zweitens wird der Betrag der in Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 vorgesehenen Vergütung, wie das Gericht in Randnummer 55 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, weder auf der Grundlage der allein den italienischen zuckererzeugenden Unternehmen zugeteilten Quoten noch auf der Grundlage der von den Rechtsmittelführerinnen stammenden Zahlenangaben festgesetzt, sondern - entsprechend den Vorgaben der sechsten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1534/95 - auf der Grundlage der Finanzierungskosten sowie der Versicherungs- und der eigentlichen Lagerkosten.

51 Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Mitteilung eines bestimmten Zahlenmaterials hinsichtlich der individuellen Zuckererzeugung jeder einzelnen Rechtsmittelführerin diese in Bezug auf den Betrag der in Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 vorgesehenen Vergütung nicht individualisieren kann.

52 Diese Feststellungen lassen klar erkennen, dass die Argumente der Rechtsmittelführerinnen hinsichtlich der Existenz eines geschlossenen Kreises", der sich aus den italienischen Zuckererzeugern mit Erzeugungsquoten zusammensetze, und der Mitteilung eines bestimmten, diese Erzeugung betreffenden Zahlenmaterials offensichtlich nicht durchgreifen können und als unbegründet zurückzuweisen sind.

Zur behaupteten Natur des Artikels 4 der Verordnung 1534/95 als Bündel von Einzelfallentscheidungen

53 Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, die genannte Vorschrift enthalte ein Bündel von Einzelfallentscheidungen, wird im angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich widerlegt. Doch erwähnen die zitierten Urteile Töpfer und Getreide-Import/Kommission, International Fruit Company u. a./Kommission und Weddel/Kommission, auf die sich das Gericht in Randnummer 59 des angefochtenen Urteils bezieht, diesen Begriff (vgl. z. B. Urteil Weddel/Kommission, Randnrn. 20 bis 23).

54 Das Gericht hat allerdings zu Recht in dieser Randnummer 59 ausgeführt, dass die genannte Rechtsprechung nur einige besondere Situationen betrifft. Diese sind hinsichtlich des Begriffes des Bündels von Einzelfallentscheidungen dadurch gekennzeichnet, dass einem Wirtschaftsteilnehmer von der zuständigen Verwaltung individuell und befristet ein Recht wie das durch eine Einfuhrlizenz gewährte eingeräumt worden ist.

55 Eine derartige Situation ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Auch wenn nach dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen eine eindeutige Verbindung zwischen der streitigen Regelung und ihrer speziellen Situation besteht, so lässt doch kein Schriftstück und keine Angabe in den Akten den Schluss zu, dass diese Verbindung ein Recht im Sinne der in Randnummer 53 des vorliegenden Beschlusses zitierten Rechtsprechung begründet.

56 Aus dem Vorstehenden ergibt sich deshalb klar, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begehen konnte, als es ausgeführt hat, dass diese Rechtsprechung vorliegend nicht einschlägig sei.

Zum Argument einer Diskriminierung aufgrund der besonderen Auswirkung der Finanzierungskosten

57 Zum Vorwurf der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe die Diskriminierung unzureichend berücksichtigt, die sie aufgrund der besonderen Auswirkung der Finanzierungskosten erlitten hätten, die auf dem italienischen Markt höher als in anderen Mitgliedstaaten seien, genügt die Feststellung, dass das Gericht in Randnummer 60 des angefochtenen Urteils einen solchen Vorwurf unter Bezugnahme auf seinen Beschluss Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission (Randnr. 29) zu Recht zurückgewiesen hat.

58 Das Gericht hat dementsprechend entschieden, dass der Umstand, dass sich eine Bestimmung eines Rechtsakts für die verschiedenen Personen, auf die sie anwendbar sei, im konkreten Fall unterschiedlich auswirken könne, ihrem normativen Charakter nicht entgegenstehe, sofern diese Situation objektiv bestimmt sei. Diese Beurteilung kann umso weniger in Zweifel gezogen werden, als sie vom Gerichtshof in seinem Beschluss Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission (Randnr. 37) bestätigt worden ist.

59 Mit ihrem Rechtsmittel tragen die Rechtsmittelführerinnen nichts vor, was die Existenz eines angeblich vom Gericht insbesondere bei der Anwendung des Beschlusses Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission begangenen Rechtsfehlers belegen könnte.

60 Da demnach dem Gerichtshof nicht ermöglicht worden ist, die Begründetheit dieses Vorwurfs in voller Sachkenntnis zu beurteilen, ist klar, dass der Vorwurf nicht als begründet angesehen werden kann.

Zu dem auf die Verletzung der wirtschaftlichen Rechte der Rechtsmittelführerinnen bezogenen Argument

61 In den Randnummern 61 und 62 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass das Argument der Rechtsmittelführerinnen hinsichtlich eines angeblichen Eingriffs durch Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 in ihre individuellen Erzeugungsrechte, über die sie als Inhaberinnen von Erzeugungsquoten verfügten, nicht stichhaltig sei, da die Zuteilung von Erzeugungsquoten an sie vor dem Erlass dieser Verordnung nicht mit einem wohlerworbenen Recht auf Festsetzung eines Vergütungsbetrags unter Berücksichtigung der allein von den italienischen Zuckererzeugern tatsächlich getragenen Finanzierungskosten der Lagerung verbunden gewesen sei.

62 Das Gericht ist demnach zu dem Schluss gelangt, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht über spezifische Rechte im Sinne des Urteils vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89 (Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853) verfügten. In der diesem Urteil zugrunde liegenden Rechtssache ging es um eine Bildmarke, die in Spanien mindestens seit 1924 benutzt wurde.

63 Soweit die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vorwerfen, es habe nicht hinreichend den Eingriff in ihre Rechtsstellung und in ihre wirtschaftlichen Rechte berücksichtigt, während sie im Wettbewerb gegenüber den Unternehmen der anderen Mitgliedstaaten benachteiligt seien, genügt die Feststellung, dass sie sich, im Übrigen wenig detailliert, nur auf wirtschaftliche Interessen berufen und dass diese ganz eindeutig keine spezifischen Rechte im Sinne des Urteils Codorniu/Rat darstellen.

64 Demzufolge ist festzustellen, dass der auf einen Eingriff in die wirtschaftlichen Rechte der Rechtsmittelführerinnen gestützte Vorwurf nicht durchgreifen kann.

65 Da keines der Argumente der Rechtsmittelführerinnen stichhaltig ist, ist ihr zweiter Rechtsmittelgrund, wonach sie klageberechtigt und von Artikel 4 der Verordnung Nr. 1534/95 individuell betroffen seien, zurückzuweisen.

66 Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Rechtsmittel entweder als offensichtlich unzulässig oder als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

67 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat die Verurteilung der Rechtsmittelführerinnen beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldnerinnen aufzuerlegen. Nach Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Eridania SpA, die Industria Saccarifera Italiana Agroindustriale SpA (ISI), die Sadam Zuccherifici, Abteilung der SECI - Società Esercizi Commerciali Industriali SpA, die Sadam Castiglionese SpA, die Sadam Abruzzo SpA, die Zuccherificio del Molise SpA und die Società Fondiaria Industriale Romagnola SpA (SFIR) tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldnerinnen.

3. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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