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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.06.1994
Aktenzeichen: C-371/92
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 2730/79, Verordnung Nr. 3665/87, Richtlinie 81/177


Vorschriften:

Verordnung Nr. 2730/79 Art. 15
Verordnung Nr. 2730/79 Art. 14
Verordnung Nr. 3665/87 Art. 3 Abs. 1
Verordnung Nr. 3665/87 Art. 3 Abs. 4
Verordnung Nr. 3665/87 Art. 13
Richtlinie 81/177 Art. 7 Abs. 1 Buchst. a
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Anwendung der Gemeinschaftsbestimmungen auf dem Gebiet der Ausfuhrerstattungen fällt in die Zuständigkeit der hierfür bestellten innerstaatlichen Stellen. In diesem Zusammenhang kann die Kommission nur auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften hinweisen, die die Mitgliedstaaten anzuwenden haben, und diesen im Rahmen der administrativen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten mitteilen, wie sie diese Vorschriften in bezug auf ihre Anwendung auslegt. Diese Auslegung ist jedoch nicht bindend und weder für die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten noch ° a fortiori ° für die einzelnen verbindlich.

2. Zur der Zeit, als es auf Gemeinschaftsebene, was die Beachtung bestimmter Hoechstwerte der Radioaktivität bei Lebensmitteln angeht, nur Vorschriften über die Einfuhr bestimmter Gruppen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern gab, waren die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten berechtigt, diese Vorschriften auf Ausfuhren gleichartiger Erzeugnisse in Drittländer gemäß Artikel 15 der Verordnung Nr. 2730/79 und Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 analog anzuwenden. Es war nämlich Sache der Mitgliedstaaten, für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Drittländer selbst die Hoechstwerte der Radioaktivität im Rahmen der Prüfung festzulegen, ob die für die Ausfuhr bestimmten Erzeugnisse "Erzeugnisse von gesunder und handelsüblicher Qualität" im Sinne dieser Vorschriften sind, und die analoge Anwendung der für die Einfuhr geltenden Hoechstwerte, die die von der Kommission empfohlene Gleichbehandlung der eingeführten Erzeugnisse und der ausgeführten Erzeugnisse sicherstellte, ist nicht zu beanstanden.

3. Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 ist in Verbindung mit Artikel 3 Absätze 1 und 4 dieser Verordnung anzuwenden und dahin zu verstehen, daß er die Gewährung von Ausfuhrerstattungen für Erzeugnisse verbietet, die am Tag der Ausfuhr im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität sind.

4. Die Voraussetzungen, von denen Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 81/177 zur Harmonisierung der Verfahren für die Ausfuhr von Gemeinschaftswaren die Berichtigung von Zollanmeldungen abhängig macht, sind eng auszulegen, um Mißbräuche zu vermeiden. Wird eine Berichtigung vom Exporteur beantragt, nachdem die Waren die Zollstelle verlassen haben, so ist sie nur zulässig, wenn sie sich auf Angaben bezieht, deren Richtigkeit die Zollstelle nachprüfen kann, auch wenn die Waren nicht mehr vorhanden sind. Dies ist nicht der Fall bei einer Berichtigung, durch die verschiedene Partien der gleichen Ware, die verschiedene Merkmale aufweisen, und von denen eine Partie bestimmten Erfordernissen nicht entsprach, zu einer einzigen Partie in der Weise zusammengefasst werden sollen, daß die einheitliche Partie diesen Erfordernissen entspricht, da dadurch, daß die Waren der verschiedenen Partien nach der Beladung vermischt worden sind, nicht gewährleistet werden kann, daß die zustande gekommene Mischung so homogen ist, daß sie insgesamt den betreffenden Erfordernissen entspricht. Dabei ist es unerheblich, daß eine Kontrolle von einem Dritten durchgeführt worden ist, denn auf diesem Gebiet sind allein die Zollbehörden zuständig.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 8. JUNI 1994. - ELLINIKO DIMOSIO GEGEN ELLINIKA DIMITRIAKA AE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: DIOIKITIKO EFETEIO ATHINON - GRIECHENLAND. - REGELUNG DER AUSFUHRERSTATTUNGEN - POST-TSCHERNOBYL-VERORDNUNG. - RECHTSSACHE C-371/92.

Entscheidungsgründe:

1 Das Dioikitiko Efeteio Athen (Oberverwaltungsgericht Athen) hat mit Beschluß vom 19. März 1992, beim Gerichtshof eingegangen am 23. September 1992, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 2730/79 der Kommission vom 29. November 1979 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 317, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 (ABl. L 351, S. 1) geänderten Fassung zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem griechischen Staat und der Firma Ellinika Dimitriaka (im folgenden: Klägerin) über die Voraussetzungen des Bezugs von Erstattungen bei der Ausfuhr von Hartweizen nach Südkorea.

3 Artikel 15 der Verordnung Nr. 2730/79, an dessen Stelle Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 getreten ist, bestimmt:

"Eine Ausfuhrerstattung wird nicht gewährt, wenn die Erzeugnisse nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität sind; sind diese Erzeugnisse zur menschlichen Ernährung bestimmt, so darf ihre Verwendung zu diesem Zweck aufgrund ihrer Eigenschaften oder ihres Zustands nicht ausgeschlossen oder wesentlich eingeschränkt sein."

4 Nach dem Unfall im Kernkraftwerk von Tschernobyl am 26. April 1986 teilte die Kommission mit vom Generaldirektor für Landwirtschaft unterzeichneten Fernschreiben vom 24. Juli 1986 den ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten ihre Auffassung in bezug auf die Beachtung der Voraussetzungen für den Ankauf zur Intervention und die Gewährung von Ausfuhrerstattungen mit. Dieses Fernschreiben (Geschäftszeichen: VI-B-1/1178/86 PA/GG/gb) lautet wie folgt:

"Die Mitgliedstaaten werden darauf aufmerksam gemacht, daß die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften bezueglich des Ankaufs zur Intervention allgemein vorsehen, daß die angebotenen Erzeugnisse von gesunder und handelsüblicher Qualität sein müssen oder keine Stoffe enthalten dürfen, die der menschlichen Gesundheit schaden können. Überdies darf ein wegen seiner Merkmale nicht vermarktungsfähiges landwirtschaftliches Erzeugnis auch nicht Gegenstand eines Ankaufsvertrags sein.

Was andererseits die Erzeugnisse angeht, für welche eine Ausfuhrerstattung beantragt wird, so wird die Erstattung bekanntlich gemäß Artikel 15 der Verordnung (EWG) Nr. 2730/79 (ABl. Nr. L 317 vom 12.12.1979) für Erzeugnisse von gesunder und handelsüblicher Qualität gewährt, die wegen ihrer Eigenschaften oder wegen ihres Zustands nicht von der menschlichen Ernährung ausgeschlossen werden dürfen.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen und unter Berücksichtigung der Verordnung (EWG) Nr. 1707/86 des Rates (ABl. Nr. L 146 vom 31.5.1986) können Erzeugnisse, bei denen die in Artikel 3 der genannten Verordnung festgesetzten Hoechstwerte der Radioaktivität überschritten sind, nicht als Erzeugnisse angesehen werden, welche die für den Interventionskauf oder für den Erhalt der Ausfuhrerstattung erforderlichen Voraussetzungen erfuellen. Die diesbezueglichen Kosten werden deshalb vom EAGFL nicht übernommen."

5 Durch die Verordnung (EWG) Nr. 1707/86 des Rates vom 30. Mai 1986 über die Einfuhrbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in Drittländern nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl (ABl. L 146, S. 88) wurde die Einfuhr in die Gemeinschaft für bestimmte Gruppen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, u. a. Hartweizen, mit Ursprung in Drittländern vorbehaltlich der Beachtung bestimmter Radioaktivitätsgrenzwerte zugelassen. Nach Artikel 3 dieser Verordnung sind die Hoechstwerte wie folgt festgesetzt:

"Die maximale kumulierte Radioaktivität von Cäsium 134 und 137 darf folgende Werte nicht überschreiten:

- 370 Bq/kg für Milch der Tarifnummern 04.01 und 04.02 des Gemeinsamen Zolltarifs sowie für Lebensmittel für die Ernährung speziell von Kleinkindern während der vier bis sechs ersten Lebensmonate, die für sich genommen dem Nahrungsbedarf dieses Personenkreises genügen und in Packungen für den Einzelhandel dargeboten werden, die eindeutig als 'Zubereitungen für Kleinkinder' gekennzeichnet und etikettiert sind,

- 600 Bq/kg für alle anderen betroffenen Erzeugnisse."

6 Der in dem genannten Fernschreiben zum Ausdruck gebrachte Grundsatz, daß bei Überschreitung der für die Einfuhr geltenden jeweiligen Grenzwerte von 370 und 600 Bq/kg keine Ausfuhrerstattung gewährt werden könne, wurde mit der Verordnung (EWG) Nr. 3494/88 der Kommission vom 9. November 1988 bestätigt, durch die verschiedene Verordnungen, u. a. die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen geändert wurden (ABl. L 306, S. 24). Mit Artikel 3 dieser Verordnung wurde in Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 folgender Absatz angefügt:

"Eine Erstattung wird nur für Erzeugnisse gewährt, bei denen die nach dem Gemeinschaftsrecht zulässigen Radioaktivitätshöchstwerte nicht überschritten sind. Die Hoechstwerte, die auf die infolge des Unfalls im Kernkraftwerk Tschernobyl kontaminierten Erzeugnisse unabhängig von ihrem Ursprung anzuwenden sind, sind die mit Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3955/87 des Rates festgesetzten Werte..."

7 Im April und im Mai 1988 wurden 55 000 Tonnen Hartweizen auf Rechnung der Klägerin auf ein Schiff zur Ausfuhr nach Südkorea verladen. Die Ladung bestand aus 25 000 Tonnen Hartweizen aus Griechenland, der eine radioaktive Kontaminierung in Höhe von 1 078 Bq/kg aufwies, und zwei Partien von 24 500 Tonnen und 5 500 Tonnen Hartweizen aus Frankreich, der gesund oder kaum radioaktiv kontaminiert war.

8 Da der griechische Hartweizen zu radioaktiv war, als daß er den Normen entsprochen hätte, die die Kommission im Fernschreiben vom 24. Juli 1986 festgelegt hatte, wurden die griechischen und die französischen Hartweizenpartien auf dem Schiff vermischt. Nach einer Untersuchung, die die Wirtschaftskammer Weser-Ems auf der Grundlage von Proben vornahm, die die englische Kontrollfirma Caleb Brett auf Aufforderung der Klägerin in den Laderäumen des Schiffes entnommen hatte, zeigte sich, daß die ausgeführte Hartweizenmischung nach der Ladung eine radioaktive Kontaminierung in Höhe von 470 Bq/kg aufwies, d. h. eine Kontaminierung, die unter den in der gemeinschaftsrechtlichen Regelung vorgesehenen Grenzwerten für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern in die Gemeinschaft lag.

9 Die Ausfuhr erfolgte jedoch nicht mit einer einzigen, die gesamte Ladung umfassenden Zollanmeldung, sondern mit vier Anmeldungen, wobei die erste sich auf eine Partie von 14 000 Tonnen nicht vermischten griechischen Hartweizen bezog (Anmeldung 502/88), die zweite auf 7 000 Tonnen französischen Weizen (Anmeldung 530/88), die dritte auf 28 500 Tonnen Hartweizen, die aus 17 500 Tonnen französischem Weizen und 11 000 Tonnen griechischem Weizen bestanden (Anmeldung 536/88), während sich die vierte Anmeldung auf die verbleibenden 5 500 Tonnen französischen Weizen bezog (Anmeldung 643/88).

10 Aus diesem Grund behandelten die zuständigen griechischen Stellen die Ausfuhr der 55 000 Tonnen Hartweizen nicht als die Lieferung eines einzigen vermischten Erzeugnisses, sondern als die Lieferung von zwei getrennten Partien Weizen, d. h. der Partie griechischer Weizen und der Partie französischer Weizen. Nach dem im Fernschreiben der Kommission vom 24. Juli 1986 zum Ausdruck gebrachten Grundsatz wandten die griechischen Stellen dann die Norm von 600 Bq/kg an, die für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Drittländern wie für die Ausfuhr aus der Gemeinschaft in Drittländer vorgesehen war. Infolgedessen zahlten sie Erstattung bei der Ausfuhr nach Südkorea für 30 000 Tonnen französischen Weizen, verweigerten sie aber für die 25 000 Tonnen griechischen Weizen, die mit dem französischen Weizen vermischt worden waren.

11 Die Klägerin wandte sich daraufhin an die Kommission. Diese erklärte sich gegenüber der griechischen Regierung damit einverstanden, daß der EAGFL die Kosten aus der vollständigen Gewährung der Ausfuhrerstattung sowohl für den französischen als auch für den griechischen Hartweizen übernehme, sofern sich die griechischen Stellen im Gegenzug bereit erklärten, die von der Klägerin eingereichten Zollanmeldungen zu berichtigen, um sie in Einklang mit der Richtlinie 81/177/EWG des Rates vom 24. Februar 1981 zur Harmonisierung der Verfahren für die Ausfuhr von Gemeinschaftswaren (ABl. L 83, S. 40) zu bringen.

12 Die griechischen Stellen nahmen diesen Vorschlag der Kommission jedoch nicht an. Sie teilten der Kommission mit, daß weder die Richtlinie 81/177 noch das zur Durchführung dieser Richtlinie erlassene griechische Gesetz die Ersetzung der vier ursprünglichen Zollanmeldungen durch ein einziges Dokument zuließen.

13 Nach Ausschöpfung aller Verwaltungsverfahren rief die Klägerin das Verwaltungsgericht Athen an; dieses gab ihrer Klage statt und verurteilte den griechischen Staat dazu, ihr die von ihr beantragten Ausfuhrerstattungen zu zahlen und die Kautionen freizugeben, die sie für die streitige Hartweizenausfuhr gestellt hatte.

14 Der griechische Staat legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel beim Dioikitiko Efeteio Athen ein; dieses hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Ist das Fernschreiben der Kommission vom 24. Juli 1986, durch das auch für die Ausfuhren von Erzeugnissen in Drittländer die maximalen Grenzwerte der Radioaktivität festgelegt werden, die für Einfuhren der gleichen Erzeugnisse in die Gemeinschaft durch die Verordnung (EWG) Nr. 1707/86 bestimmt werden, rechtswirksam und für die Mitgliedstaaten verbindlich?

2) Ist die Kommission oder aber sind die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten dazu befugt, mangels einer ausdrücklichen Bestimmung Artikel 15 der seinerzeit geltenden Verordnung (EWG) Nr. 2730/79 (jetzt Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87) auszulegen und für Ausfuhren entsprechende Regelungen zu erlassen, wie sie für Einfuhren in bezug darauf gelten, was unter einem Erzeugnis gesunder und handelsüblicher Qualität zu verstehen ist, oder ist vielmehr, was die Frage der Erstattungen angeht, damit von der nationalen Stelle entschieden werden kann, daß der Ausführer gemäß Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 keinen Anspruch auf eine Gemeinschaftsbeihilfe hat, eine gemeinschaftsrechtliche Regelung verbindlichen Charakters erforderlich, die genau die Fälle regelt, in denen die Gewährung von Erstattungen ausgeschlossen ist, und war insbesondere für den Ausschluß von Erstattungen bei der Ausfuhr von Erzeugnissen, die mit einer höheren als der für Einfuhren entsprechender Erzeugnisse festgelegten Radioaktivität belastet sind, der Erlaß der Verordnung Nr. 3494/88 erforderlich?

3) Falls bejaht wird, daß die Gewährung von Erstattungen im Wege der Auslegung versagt werden kann, wenn Erzeugnisse gemäß den für die Einfuhr der gleichen Erzeugnisse in die Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht gesund sind, stellt dann die Ausfuhranmeldung an dem Tag, an dem sie gemäß Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 von der Zollbehörde angenommen wird, die einzige und ausschließliche Angabe über die Merkmale der Ladung dar, und ist es daher nach diesem Zeitpunkt für die Zahlung von Gemeinschaftsbeihilfen unerheblich, daß die Ladung in den Laderäumen des Schiffes vermischt wird, damit das ausgeführte Erzeugnis, das nicht mehr getrennt werden kann, die maximalen Grenzwerte der Radioaktivität nicht überschreitet, oder zwingt dieser Umstand vielmehr dazu, die Ausfuhranmeldungen nach ihrer Annahme durch die Zollbehörde zu ändern?

4) Bezieht sich Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 ausschließlich auf die Berechnung der Ausfuhrerstattungen und betrifft er Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 nicht, der sich auf den Ausschluß der Gewährung der oben genannten Gemeinschaftsbeihilfe bezieht, wenn die ausgeführten Erzeugnisse nicht von gesunder Qualität sind, so daß eine Änderung der entsprechenden Anmeldungen nicht erforderlich ist?

Zur ersten Frage

15 Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob das Fernschreiben der Kommission vom 24. Juli 1986, durch das die Hoechstwerte der Radioaktivität für die Ausfuhren von Erzeugnissen nach Drittländern festgesetzt werden, rechtswirksam ist und einen Akt darstellt, der für die Mitgliedstaaten verbindlich ist.

16 Unstreitig fällt die Anwendung der Gemeinschaftsbestimmungen auf dem Gebiet der Ausfuhrerstattungen in die Zuständigkeit der hierfür bestellten innerstaatlichen Stellen (Urteil vom 27. März 1980 in der Rechtssache 133/79, Sucrimex, Slg. 1980, 1299).

17 In diesem Zusammenhang kann die Kommission nur auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften hinweisen, die die Mitgliedstaaten anzuwenden haben, und diesen im Rahmen der administrativen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten mitteilen, wie sie diese Vorschriften in bezug auf ihre Anwendung auslegt. Diese Auslegung ist nicht bindend und weder für die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten noch - a fortiori - für die einzelnen verbindlich.

18 In Anbetracht ihrer Rechtsnatur stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit einer solcher Auslegung, mag sie richtig oder falsch sein, nicht.

19 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß das Fernschreiben der Kommission vom 24. Juli 1986, durch das die Hoechstwerte der Radioaktivität für Ausfuhren von Erzeugnissen nach Drittländern festgesetzt werden, keinen Akt darstellt, der für die Mitgliedstaaten verbindlich ist.

Zur zweiten Frage

20 Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten mangels einschlägiger gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften bei den streitigen Ausfuhrgeschäften berechtigt waren, auf diese Geschäfte analog Maßnahmen anzuwenden, die für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 2730/79 und nach Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 getroffen worden waren.

21 Zur Zeit des Unfalls von Tschernobyl bestand auf Gemeinschaftsebene, was Hoechstsätze radioaktiver Kontaminierung von Lebensmitteln angeht, tatsächlich eine Regelungslücke. Diese Regelungslücke wurde erst nach und nach durch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften über Hoechstwerte der Radioaktivität geschlossen, nämlich für die Einfuhren bestimmter Gruppen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern in die Gemeinschaft durch die Verordnung Nr. 1707/86, und für die Ausfuhren dieser Erzeugnisse in Drittländer durch die Verordnung Nr. 3494/88.

22 Zur Zeit der streitigen Ausfuhrgeschäfte gab es also, was die Beachtung bestimmter Hoechstwerte der Radioaktivität in der Gemeinschaft angeht, nur Vorschriften über die Einfuhr bestimmter Gruppen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, u. a. Hartweizen, mit Ursprung in Drittländern. Dagegen gab es seinerzeit für die Ausfuhr der gleichen Erzeugnisse keine entsprechende gemeinschaftsrechtliche Vorschrift.

23 Da es keine einschlägigen verbindlichen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften gab, war es Sache der Mitgliedstaaten, für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Drittländer selbst die Hoechstwerte der Radioaktivität im Rahmen der Prüfung festzulegen, ob die für die Ausfuhr in Drittländer bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnisse "Erzeugnisse... von gesunder und handelsüblicher Qualität" im Sinne des Artikels 15 der Verordnung Nr. 2730/79 und des Artikels 13 der Verordnung Nr. 3665/87 waren.

24 Die griechischen Stellen haben von dieser Befugnis Gebrauch gemacht und die Hoechstwerte, die bereits für Einfuhren von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in die Gemeinschaft galten, auf Ausfuhren von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Drittländer angewandt. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, da der Grundsatz einer solchen Gleichbehandlung sich bereits in Punkt 2 der Empfehlung 86/156/EWG der Kommission vom 6. Mai 1986 an die Mitgliedstaaten zur Koordinierung der im Anschluß an die radioaktiven Niederschläge aus der Sowjetunion für Agrarerzeugnisse ergriffenen nationalen Maßnahmen (ABl. L 118, S. 28) sowie im zitierten Fernschreiben der Kommission vom 24. Juli 1986 fand.

25 Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, daß die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten mangels verbindlicher einschlägiger gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften bei den streitigen Ausfuhrgeschäften berechtigt waren, auf Ausfuhren gleichartiger Erzeugnisse in Drittländer die Maßnahmen analog anzuwenden, die für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern nach Artikel 15 der Verordnung Nr. 2730/79 und nach Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 getroffen worden waren.

Zur vierten Frage

26 Die vierte Frage des vorlegenden Gerichts, die vor der Behandlung der dritten Vorabentscheidungsfrage zu beantworten ist, geht dahin, ob Artikel 3 der Verordnung Nr. 3665/87 auch in den in Artikel 13 dieser Verordnung genannten Fällen anwendbar ist, d. h. wenn die ausgeführten Erzeugnisse nicht von "gesunder und handelsüblicher Qualität" sind und wenn aus diesem Grund keine Erstattung gewährt werden kann.

27 Artikel 3 der Verordnung Nr. 3665/87 bestimmt:

"1. Als Tag der Ausfuhr gilt der Zeitpunkt, an dem die Zollbehörden die Ausfuhranmeldung, aus der hervorgeht, daß eine Erstattung beantragt wird, annehmen.

2. Der Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung ist maßgebend für

a) den anzuwendenden Erstattungssatz...

b) die gegebenenfalls vorzunehmenden Berichtigungen des Erstattungssatzes...

3. Der Annahme der Ausfuhranmeldung ist jede andere Handlung gleichgestellt, die die gleiche Rechtswirkung wie diese Annahme hat.

4. Der Tag der Ausfuhr ist maßgebend für die Feststellung von Menge, Art und Eigenschaften des ausgeführten Erzeugnisses.

5. Das bei der Ausfuhr für die Inanspruchnahme einer Ausfuhrerstattung verwendete Dokument muß alle für die Berechnung des Ausfuhrerstattungsbetrags erforderlichen Angaben enthalten und insbesondere:

...

Handelt es sich bei dem in diesem Absatz bezeichneten Dokument um die Ausfuhranmeldung, so muß diese ebenfalls alle Angaben und den Vermerk 'Erstattungscode' enthalten.

6. Im Zeitpunkt dieser Annahme oder der Vornahme dieser Handlung werden die Erzeugisse bis zum Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft unter Zollkontrolle gestellt."

28 Wie Artikel 3 Absatz 4 ausdrücklich bestimmt, verpflichtet Artikel 3 zur "Feststellung von Menge, Art und Eigenschaften des ausgeführten Erzeugnisses". Genau diese Frage, nämlich die Eigenschaften oder der Zustand der Erzeugnisse, wird aber in Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 behandelt.

29 Artikel 3 gehört zu den allgemeinen Vorschriften der Verordnung Nr. 3665/87. Artikel 13 der Verordnung Nr. 3665/87 ist daher in Verbindung mit Artikel 3 Absätze 1 und 4 dieser Verordnung anzuwenden und dahin zu verstehen, daß er die Gewährung von Ausfuhrerstattungen für Erzeugnisse verbietet, die am Tag der Ausfuhr nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität waren.

30 Auf die vierte Frage ist daher zu antworten, daß Artikel 3 der Verordnung Nr. 3665/87 auch in den in Artikel 13 dieser Verordnung genannten Fällen anwendbar ist, wenn also die ausgeführten Erzeugnisse nicht von "gesunder und handelsüblicher Qualität" sind und daher keine Erstattung gewährt werden kann.

Zur dritten Frage

31 Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob die Voraussetzungen, die für die nachträgliche Berichtigung von Zollanmeldungen gelten, unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, erfuellt sind.

32 Die Voraussetzungen für die nachträgliche Berichtigung einer Ausfuhranmeldung sind in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 81/177 genannt. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"(1) Dem Anmelder wird unter den nachstehenden Voraussetzungen auf Antrag gestattet, die... Anmeldungen... zu berichtigen:

a) Die Berichtigung ist zu beantragen, bevor die Waren die Zollstelle oder den zu diesem Zweck beeichneten Ort verlassen haben, es sei denn, dieser Antrag bezieht sich auf Angaben, deren Richtigkeit die Zollstelle feststellen kann.

b) Die Berichtigung kann nicht mehr zugelassen werden, wenn sie beantragt wird, nachdem die Zollstelle dem Anmelder mitgeteilt hat, daß sie die Waren beschauen will, oder nachdem sie selbst festgestellt hat, daß die betreffenden Angaben unrichtig sind.

c) Die Berichtigung darf nicht dazu führen, daß die Anmeldung für andere Waren gilt als die, für die sie ursprünglich bestimmt war.

(2) Die Zollstelle kann zulassen oder verlangen, daß Berichtigungen nach Absatz 1 durch die Abgabe einer neuen Anmeldung als Ersatz für die ursprüngliche Anmeldung vorgenommen werden. In diesem Fall gilt als Zeitpunkt für die Festsetzung der Ausfuhrabgaben auf die betreffenden Waren sowie für die Anwendung der übrigen Bestimmungen, die für die Ausfuhr gelten, der Zeitpunkt der Annahme der ursprünglichen Anmeldung."

33 Unstreitig ist in dem Fall, der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegt, keine Berichtigung der Anmeldung beantragt worden, "bevor die Waren die Zollstelle oder den zu diesem Zweck bezeichneten Ort verlassen haben". Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 81/177 konnte eine Berichtigung daher nur dann zugelassen werden, wenn der Antrag auf Berichtigung der Anmeldungen sich auf Angaben bezog, deren Richtigkeit die Zollstelle feststellen konnte, auch wenn die Waren nicht mehr vorhanden waren.

34 Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dies sei im Ausgangsverfahren der Fall gewesen. Die griechischen Stellen, die die Radioaktivität der einzelnen Partien griechischen und französischen Hartweizens kontrolliert hätten, hätten die Radioaktivität der Mischung dieser Partien nach einer mathematischen Methode unter Berücksichtigung des Durchschnitts der Radioaktivität jeder einzelnen Partie Hartweizen berechnen und daher die Richtigkeit der zur Begründung des Antrags auf Berichtigung der Anmeldungen gemachten Angaben feststellen können.

35 Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Wie die Kommission selbst zu Recht vorgetragen hat, sind die Voraussetzungen, von denen Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie die Berichtigung von Zollanmeldungen abhängig macht, eng auszulegen, um Mißbräuche zu vermeiden. Wenn die Gemeinschaft aber zuließe, daß für eine Mischung verschiedener Hartweizenpartien eine Erstattung allein auf der Grundlage von mathematischen Erwägungen gewährt würde, ohne zu prüfen, ob die Vermischung tatsächlich erfolgt ist, wäre nicht gewährleistet, daß die einzelnen Partien so stark vermischt sind, daß sie in ihrer Gesamtheit unterhalb der geltenden Hoechstsätze der Radioaktivität blieben.

36 Die Klägerin ist der Meinung, in Anbetracht der besonderen Umstände der streitigen Ausfuhr sei die Ablehnung der Anwendung des Artikels 7 der Richtlinie 81/177 nicht gerechtfertigt und unverhältnismässig. Sie macht geltend, im Ausgangsverfahren sei hinreichend nachgewiesen worden, daß die Vermischung in den Laderäumen des Schiffes ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, was die Zollbehörde von Stilida im übrigen in einem Schreiben vom 12. Juni 1989 ausdrücklich anerkenne. Darüber hinaus habe sich nach einer auf Ersuchen dieser Behörde durchgeführten Analyse, deren Richtigkeit nicht bestritten werde, ergeben, daß die ausgeführte Hartweizenmischung nach der Ladung eine Radioaktivität in Höhe von 470 Bq/kg aufgewiesen habe, also einen Grad der Kontaminierung, der unter den in der gemeinschaftsrechtlichen Regelung für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern in die Gemeinschaft vorgesehenen Grenzwerten liege.

37 Auch dem ist nicht zu folgen.

38 Hier wird verkannt, daß die nachträgliche Berichtigung von Zollanmeldungen nur zulässig ist, wenn die nationalen Zollbehörden die Richtigkeit von Angaben über das ausgeführte Erzeugnis kontrollieren, die gegenüber den ursprünglichen Zollanmeldungen neu oder geändert sind.

39 Diese Befugnis weist das Gemeinschaftsrecht ausschließlich den nationalen Zollbehörden zu; sie kann daher nicht Kontrollen gleichgestellt werden, die auf Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers von Stellen durchgeführt werden, die dazu von den zuständigen nationalen Behörden nicht ermächtigt sind. Die ausschließliche Zuständigkeit der nationalen Zollbehörden soll nämlich jede Form von Mißbrauch verhindern.

40 Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, daß die nachträgliche Berichtigung von Zollanmeldungen unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens nicht zulässig ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

41 Die Auslagen der griechischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Dioikitiko Efetio Athen mit Beschluß vom 19. März 1992 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Das Fernschreiben der Kommission vom 24. Juli 1986, durch das die Hoechstwerte der Radioaktivität für Ausfuhren von Erzeugnissen nach Drittländern festgesetzt werden, stellt keinen Akt dar, der für die Mitgliedstaaten verbindlich ist.

2) Die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten waren mangels verbindlicher einschlägiger gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften bei den streitigen Ausfuhrgeschäften berechtigt, auf Ausfuhren gleichartiger Erzeugnisse in Drittländer analog die Maßnahmen anzuwenden, die für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern nach Artikel 15 der Verordnung (EWG) Nr. 2730/79 und nach Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 getroffen worden waren.

3) Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 ist auch in den in Artikel 13 dieser Verordnung genannten Fällen anwendbar, wenn also die ausgeführten Erzeugnisse nicht von "gesunder und handelsüblicher Qualität" sind und daher keine Erstattung gewährt werden kann.

4) Die nachträgliche Berichtigung von Zollanmeldungen ist unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens nicht zulässig.

Ende der Entscheidung

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