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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.05.2000
Aktenzeichen: C-384/97
Rechtsgebiete: Richtlinie 76/464/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 76/464/EWG Art. 7 der
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Im Rahmen einer Klage nach Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, die bei Ablauf der Frist besteht, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde; später eingetretene Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden. (vgl. Randnr. 35)

2 Bei den Programmen, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 7 der Richtlinie 76/464 aufzustellen haben, um die Verschmutzung ihrer Gewässer durch die Stoffe aus der Liste II des Anhangs der Richtlinie zu verringern, muß es sich um spezifische Programme handeln, d. h. sie müssen ein kohärentes Gesamtkonzept darstellen, das den Charakter einer konkreten, gegliederten Planung für das gesamte Staatsgebiet hat und die Verringerung der Verschmutzung betrifft, die durch alle die Stoffe der Liste II verursacht wird, die in Verbindung mit den im jeweiligen Programm festgelegten Qualitätszielen für die aufnehmenden Gewässer im nationalen Rahmen jedes einzelnen Mitgliedstaats von Bedeutung sind.

Daher können nationale Maßnahmen, die nur punktuelle Maßnahmen und nicht die Konkretisierung einer solchen umfassenden kohärenten Planung darstellen, die auf einer Untersuchung der Situation der aufnehmenden Gewässer beruht und zu erreichende Qualitätsziele festlegt, nicht als Programme im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie angesehen werden, auch wenn sie eventuell zur Verringerung der Gewässerverschmutzung beitragen können. (vgl. Randnrn. 39-40, 42)


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 25. Mai 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Griechenland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Wasserverschmutzung - Verpflichtung zur Aufstellung von Programmen zur Verringerung der Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe - Nichtumsetzung der Richtlinie 76/464/EWG. - Rechtssache C-384/97.

Parteien:

In der Rechtssache C-384/97

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Condou-Durande, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Klägerin,

gegen

Hellenische Republik, vertreten durch A. Samoni-Rantou, Rechtsberaterin in der Sonderabteilung des Außenministeriums für Rechtsfragen der Europäischen Gemeinschaften, und E.-M. Mamouna, Mitarbeiterin in derselben Abteilung, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Griechische Botschaft, 117, Val Sainte-Croix, Luxemburg,

Beklagte,

"> wegen Feststellung, daß die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und aus Artikel 7 der Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft (ABl. L 129, S. 23) verstoßen hat, daß sie keine Programme mit Qualitätszielen und Fristen für deren Verwirklichung zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch die 99 gefährlichen Stoffe aus der Liste II, erster Gedankenstrich, des Anhangs der Richtlinie 76/464 aufgestellt und daher die Ableitungen, die in Gewässer vorgenommen werden und die möglicherweise einen solchen Stoff enthalten, nicht einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde, in der die Emissionsnormen nach Maßgabe der in diesen Programmen festgesetzten Qualitätsziele festgelegt werden, unterworfen hat,

erläßt

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer R. Schintgen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, G. Hirsch (Berichterstatter), H. Ragnemalm und V. Skouris,

Generalanwalt: P. Léger

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 29. September 1999, in der die Kommission durch M. Condou-Durande und die Hellenische Republik durch E. Skandalou, beigeordnete Rechtsberaterin in der Sonderabteilung des Außenministeriums für Rechtsfragen der Europäischen Gemeinschaften, als Bevollmächtigte, vertreten waren,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Oktober 1999,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit Klageschrift, die am 10. November 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, daß die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und aus Artikel 7 der Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft (ABl. L 129, S. 23; nachstehend: Richtlinie) verstoßen hat, daß sie keine Programme mit Qualitätszielen und Fristen für deren Verwirklichung zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch die 99 gefährlichen Stoffe aus der Liste II, erster Gedankenstrich, des Anhangs der Richtlinie 76/464 aufgestellt und daher die Ableitungen, die in Gewässer vorgenommen werden und die möglicherweise einen solchen Stoff enthalten, nicht einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde, in der die Emissionsnormen nach Maßgabe der in diesen Programmen festgesetzten Qualitätsziele festgelegt werden, unterworfen hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Mit der Richtlinie wird das Ziel verfolgt, die Verschmutzung der Gewässer durch bestimmte besonders gefährliche Stoffe, die in einer Liste, der sogenannten Liste I, aufgeführt sind, zu beseitigen und die Verschmutzung der Gewässer durch bestimmte andere gefährliche Stoffe, die in einer anderen Liste, der sogenannten Liste II, aufgeführt sind, zu verringern; beide Listen sind in einem Anhang der Richtlinie enthalten. Zur Erreichung dieses Zieles haben die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 der Richtlinie die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen.

3 Bezüglich der Stoffe der Liste I müssen die Mitgliedstaaten gemäß den Artikeln 3 und 5 der Richtlinie die Ableitung in Gewässer einer vorherigen Genehmigung der zuständigen Behörden unterwerfen und Emissionsnormen festlegen, die die Grenzwerte nicht überschreiten dürfen, die vom Rat nach Maßgabe der Auswirkungen der Stoffe auf die Gewässer festgesetzt worden sind.

4 Bezüglich der Stoffe der Liste II erlegt Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, Programme zur Verringerung der Gewässerverschmutzung (nachstehend: Programme) aufzustellen, die Qualitätsziele für die Gewässer umfassen, die nach Maßgabe der Auswirkungen der Stoffe auf die in dem Gewässer lebenden Organismen festgesetzt worden sind. Gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie müssen Ableitungen, die einen der Stoffe aus der Liste II enthalten können, einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige nationale Behörde unterworfen werden, in der die Emissionsnormen festgelegt werden. Gemäß Artikel 7 Absatz 6 der Richtlinie müssen die Programme und die Ergebnisse ihrer Durchführung der Kommission in zusammenfassenden Übersichten mitgeteilt werden.

5 In der Liste II ist vorgesehen, daß die Stoffe aus der Liste I, für die der Rat noch keine Grenzwerte festgesetzt hat, von der Liste II umfaßt werden.

6 Da die Stoffe der Liste I überwiegend als Gruppen aufgeführt sind, mußte zur Festsetzung von Grenzwerten zuerst bestimmt werden, welche Stoffe im einzelnen zu diesen Gruppen gehören. Um diese Aufgabe zu erfuellen, erstellte die Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten eine Liste von 129 Stoffen, die der Rat in seiner Entschließung vom 7. Februar 1983 zur Bekämpfung der Gewässerverschmutzung (ABl. C 46, S. 17) als Grundlage "der weiteren Arbeit zur Durchführung der Richtlinie" bezeichnete. Diese Liste wurde später um drei weitere Stoffe ergänzt. Für 18 dieser 132 Stoffe aus der Liste I setzte der Rat Grenzwerte und Qualitätsziele fest, während 15 weitere Stoffe Gegenstand eines von der Kommission am 14. Februar 1990 vorgelegten Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/464 (ABl. C 55, S. 7) sind. Es bleiben also 99 Stoffe aus der Liste I übrig, die wegen nicht festgesetzter Grenzwerte zur Liste II gehören, für die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie Programme aufzustellen haben.

7 Bei Zusammenkünften nationaler Sachverständiger am 31. Januar und 1. Februar 1989 wurde eine Liste vorrangiger Stoffe aus der Liste II erstellt.

8 Die Richtlinie enthält keine Frist für die Umsetzung. In ihrem Artikel 12 Absatz 2 ist jedoch vorgesehen, daß die Kommission soweit möglich binnen 27 Monaten nach Bekanntgabe ihre ersten auf der Grundlage der Gegenüberstellung der Programme der Mitgliedstaaten beruhenden Vorschläge übermittelt. Da die Mitgliedstaaten nach Ansicht der Kommission nicht in der Lage waren, ihr die erheblichen Angaben innerhalb dieser Frist zu übermitteln, schlug sie ihnen mit Schreiben vom 3. November 1976 vor, als Termin für die Aufstellung der Programme den 15. September 1981 und für ihre Durchführung den 15. September 1986 festzusetzen.

Sachverhalt

9 Mit Schreiben vom 26. April 1989 verlangte die Kommission von der Hellenischen Republik Auskunft über die Anwendung der Programme betreffend einige Stoffe aus der Liste II der Richtlinie. Die griechischen Stellen teilten der Kommission daraufhin mit, welche Rechtsvorschriften in Griechenland in bezug auf die Verringerung der Stoffe aus der Liste II gälten, welche Arbeiten zur Kontrolle der Ableitungen von Stoffen vorgesehen seien, um die Lage in den städtischen Gebieten von Saloniki und Athen zu verbessern, sowie welche Untersuchungen zur Verringerung der Verschmutzung liefen. Diese Antwort enthielt jedoch keine Angabe dazu, welche Fristen für die Durchführung der konkreten Programme zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch Stoffe aus der Liste II der Richtlinie festgesetzt worden waren.

10 Am 4. April 1990 sandte die Kommission an die Hellenische Republik ein zweites Schreiben, um sie auf die Anwendung von Artikel 7 der Richtlinie hinzuweisen. Dieses Schreiben enthielt den Hinweis, daß die Kommission nach und nach eine Liste von 132 vorrangigen Stoffen aus der Liste I erstellt habe, von denen 33 bereits Gegenstand von "Folgerichtlinien" oder Richtlinienvorschlägen seien.

11 In diesem Schreiben betonte die Kommission, daß die übrigen 99 Stoffe den Verpflichtungen nach Artikel 7 unterworfen seien, da sie nicht Gegenstand einer Gemeinschaftsregelung seien. Die Kommission forderte die Hellenische Republik daher auf, folgendes zu übermitteln bzw. mitzuteilen:

- eine aktualisierte Liste derjenigen der 99 Stoffe, die in die griechischen Gewässer abgeleitet würden;

- welche Qualitätsziele bei der Erteilung von Ableitungsgenehmigungen (für einen oder mehrere der genannten Stoffe) für die verschiedenen von diesen Ableitungen betroffenen Gebiete gälten,

- soweit keine Ziele festgelegt worden seien, die Gründe dafür sowie einen Zeitplan mit Angabe des Zeitpunkts, zu dem diese Qualitätsziele festgelegt würden.

12 Die griechischen Stellen beantworteten dieses Schreiben nicht.

13 Aufgrund dessen leitete die Kommission das Verfahren gemäß Artikel 169 EG-Vertrag ein. In ihrer schriftlichen Aufforderung zur Äußerung vom 27. Dezember 1990 unterrichtete die Kommission die Hellenische Republik, daß diese nach ihrer Auffassung gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie, insbesondere deren Artikel 7, und aus dem EG-Vertrag verstoßen habe, und forderte sie daher auf, binnen zwei Monaten Stellung zu nehmen.

14 Mit einem weiteren Schreiben vom 5. Oktober 1993 reichte die Kommission die vollständige Liste der 99 Stoffe nach, die in dem Aufforderungsschreiben gefehlt hatte, und wiederholte die Aufforderung.

15 Am 12. August 1994 antworteten die griechischen Stellen mit dem Hinweis, gegenüber der Situation von 1990 sei nur der Umstand neu, daß mit der Universität der Ägäis ein Vertrag über die Durchführung einer spezifischen Studie unterzeichnet worden sei. Außerdem gaben sie bestimmte Auskünfte zum etwaigen Vorhandensein von Stoffen aus der Liste II in den Gewässern.

16 Sie wiesen insbesondere darauf hin, daß 32 Stoffe, die Bestandteil von Pestiziden seien oder für die Verpackung von Pestiziden verwendet würden, aufgrund ihrer geringen Menge photochemisch oder mikrobiell abgebaut und nicht unmittelbar in die Gewässer abgeleitet würden und daß neun Stoffe in Griechenland nicht im Handel seien. Die griechischen Stellen erkannten im übrigen an, daß 17 Stoffe potentiell in Abwässern enthalten sein könnten, darunter ein Stoff, der nicht in oberirdisches Wasser abgeleitet werde. Bezüglich zehn anderer Stoffe und der Stoffe, zu denen sie keine Angaben gemacht hätten, werde eine Studie eingeholt, um Daten über die Konzentrationen dieser Stoffe in den Ableitungen von Produktionsanlagen sowie über das etwaige Vorhandensein von anderen Stoffen aus der Liste II in den Gewässern zu beschaffen.

17 Die Kommission folgerte daraus, daß die griechischen Behörden in bezug auf 72 der 99 Stoffe aus der Liste II nicht alle Maßnahmen ergriffen hätten, um die Wasserverschmutzung durch diese Stoffe zu verringern. Dabei handelt es sich um 59 Stoffe, zu denen keine Auskünfte gegeben wurden, zehn Stoffe, deren potentielles Vorhandensein in den Gewässern anerkannt wurde, und drei Stoffe, für die keine genauen Angaben gemacht wurden.

18 Am 23. Dezember 1996 richtete die Kommission daher an die Hellenische Republik eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie ausführte, daß die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 der Richtlinie und Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) verstoßen habe, daß sie keine Programme mit Qualitätszielen und Fristen für deren Verwirklichung zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch gefährliche Stoffe aus der Liste II aufgestellt und die Ableitungen, die in Gewässer vorgenommen werden und die möglicherweise einen solchen Stoff enthalten, nicht einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde unterworfen hat, in der die Emissionsnormen nach Maßgabe der in diesen Programmen festgesetzten Qualitätsziele festgelegt werden.

19 Mit Schreiben vom 20. März 1997 unterrichtete die Hellenische Republik die Kommission über die Maßnahmen, die das Ministerium für Raumordnung, Umwelt und öffentliche Arbeiten hinsichtlich der Stoffe der Liste II getroffen habe, und insbesondere über das Vorhaben, die Universität der Ägäis mit einer Studie über die hinsichtlich dieser Stoffe in Griechenland bestehende Situation zu beauftragen.

Entscheidungsgründe

20 Die Kommission macht geltend, die Hellenische Republik hätte gemäß Artikel 7 der Richtlinie Programme aufstellen müssen, um die Verschmutzung ihrer Gewässer durch die Stoffe aus der Liste II, d. h. die 99 mitgeteilten Stoffe sowie die Stoffamilien und Stoffgruppen des zweiten Gedankenstrichs dieser Liste, zu verringern.

21 Im Zeitpunkt der Klageerhebung habe die Hellenische Republik jedoch keine ordnungsgemäßen Programme zur Verringerung der bestehenden Verschmutzung der Binnengewässer und der Küstengewässer durch die Stoffe aus der Liste II der Richtlinie mitgeteilt. Daher würden die Ableitungen, die in Gewässer vorgenommen würden und die möglicherweise einen Stoff aus der Liste II enthielten, nicht, wie dies in der Richtlinie verlangt werde, einer vorherigen Genehmigung unterworfen, in der die Emissionsnormen nach Maßgabe der in den Programmen zur Verringerung der Verschmutzung festgesetzten Qualitätsziele festgelegt würden.

22 Insbesondere handele es sich, soweit es nach Angabe der griechischen Stellen für den Schutz der aufnehmenden Gewässer genaue Rechtsvorschriften gebe und soweit zu diesem Zweck in bestimmten Bezirken Qualitätsziele und in anderen Bezirken Schwellenwerte für Emissionen in aufnehmende Gewässer erlassen worden seien, um Bestimmungen, die nach Inhalt, Natur und Geltung unterschiedlich seien, wie z. B.

- gemeinsame Ministerialerlasse betreffend die Umsetzung in die griechische Rechtsordnung der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung (ABl. L 194, S. 23), der Richtlinie 76/403/EWG des Rates vom 6. April 1976 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und Terphenyle (ABl. L 108, S. 41) und der Richtlinie 78/319/EWG des Rates vom 20. März 1978 über giftige und gefährliche Abfälle (ABl. L 84, S. 43);

- einen Ministerialerlaß betreffend den Schutz der für die Wasserversorgung der Region Athen herangezogenen Gewässer vor Verschmutzung und Verseuchung;

- Erlasse von Präfekten oder Ministerialerlasse, in denen die aufnehmenden Gewässer bestimmt würden, in die Abwässer aus verschiedenen Regionen eingeleitet würden, so z. B. Komotini, Alexandroupolis, der See Vistonis, der Saranische Golf, Florina, Kavalla, wobei die meisten dieser Erlasse Schwellenwerte für Emissionen enthielten, die nur einige der 99 gefährlichen Stoffe erfaßten, die Gegenstand der Klage seien; und

- andere Erlasse, durch die die Verwendung der oberirdischen Gewässer in verschiedenen Regionen festgelegt werde (die Festlegung der Verwendung der ober- und der unterirdischen Gewässer betrifft insbesondere die Region Florina, die Verwendung des Wassers der Flüsse Aliakmon und Pinion) und die Qualitätsziele festgesetzt würden, nach deren Maßgabe die Verwendung dieser Gewässer zulässig sei.

23 Solche Bestimmungen könnten nicht als Programme im Sinne des Artikels 7 der Richtlinie eingestuft werden, da ihr Ziel und ihr Zweck von denen der Richtlinie abwichen und ihr Erlaß anderen Bedürfnissen diene.

24 Die getroffenen Maßnahmen trügen zwar dazu bei, eine gewisse Qualität der Binnengewässer sicherzustellen, doch könnten sie die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen nicht ersetzen, nämlich Programme zu erlassen und der Kommission mitzuteilen, wie sie sich aus der Studie ergeben würden, mit der die Universität der Ägäis beauftragt worden sei, eben mit dem Ziel, eine Verringerung der bestehenden Gewässerverschmutzung durch die gefährlichen Stoffe, die zu den Stoffamilien und Stoffgruppen der Liste II des Anhangs der Richtlinie gehörten, zu erreichen.

25 Um diese Verringerung zu erreichen, müßten jedoch zunächst die Quellen der Verschmutzung im gesamten Staatsgebiet kartographisch erfaßt, die Stoffe aus der Liste II aufgespürt und dann die zur Verringerung der bestehenden Verschmutzung erforderlichen Maßnahmen festgelegt werden; dazu gehöre der Aufbau eines Überwachungsnetzes. Solche Programme seien der Kommission allerdings noch nicht mitgeteilt worden.

26 Überdies sei, was die Qualitätsziele angehe, offensichtlich, daß diese nur für einige Regionen und nur für einige der Stoffe aus der Liste II festgesetzt worden seien. Diese Qualitätsziele ergäben sich nicht aus einer konkreten Studie, in der die bestehende Verschmutzung behandelt und das Vorgehen beschrieben werde, um eine Verringerung dieser Verschmutzung zu erreichen. Es könne also nicht beurteilt werden, welche Bedeutung sie in bezug auf die Richtlinie hätten. Überdies hingen diese Qualitätsziele nicht mit der Verringerung einer festgestellten Verschmutzung zusammen, wie dies die Richtlinie verlange.

27 Schließlich sei das Vorbringen unbegründet, Programme mit Qualitätszielen müßten nicht für Bezirke aufgestellt werden, in denen es keine industrielle Tätigkeit gebe. Die griechischen Stellen behaupteten, in 24 von 52 Präfekturen gebe es keine industrielle Anlage mit Stoffen der Liste II und die Gewässer in diesen Präfekturen seien daher von der Verpflichtung gemäß Artikel 7 der Richtlinie zur Aufstellung eines Programms ausgenommen. Jedoch könne es in diesen Regionen sehr wohl andere Verschmutzungsquellen geben, die auf Pflanzenschutzprodukten, Anlagen zur Fischzucht oder der Verwendung chemischer Stoffe in kleinem Maßstab durch verschiedene kleinere Gewerbeeinrichtungen beruhten. Zudem könnten diese Gewässer durch benachbarte Regionen verschmutzt werden. Im übrigen hätten die griechischen Stellen selbst Qualitätsrichtwerte für bestimmte Stoffe aus der Liste II in Regionen festgesetzt, in denen es keine Industrieanlagen gebe, wie Florina und Kastoria.

28 Die griechische Regierung macht geltend, daß alle erforderlichen Maßnahmen getroffen worden seien, um der Richtlinie nachzukommen.

29 Erstens sei mit Beschluß vom 4. Juni 1997 die Universität der Agäis mit einer Studie beauftragt worden, die eine Untersuchung der Situation in Griechenland in bezug auf die fraglichen Stoffe umfasse.

30 Die erste Phase dieser Studie (Erstellung eines Verzeichnisses der bestehenden Verschmutzungsquellen, der toxischen Stoffe aus der Liste II, Auswertung der Daten, Erstellung einer Liste der möglicherweise in den Gewässern vorhandenen Stoffe sowie Aufbau eines Überwachungsnetzes für die oberirdischen Gewässer in bezug auf die betreffenden Stoffe) sei im März 1998 abgeschlossen worden.

31 In der mündlichen Verhandlung hat die griechische Regierung ausgeführt, auf diese Weise seien in den oberirdischen Gewässern in Griechenland 35 Stoffe entdeckt worden, die aber aus anderen Ländern, insbesondere durch die Grenzfluesse, zugeflossen seien. Dann sei ein Entwurf für eine gesetzliche Rahmenregelung ausgearbeitet worden, in der bezüglich der Ableitung von Stoffen, die im Anhang der Richtlinie aufgeführt seien, die Qualitätsziele für die oberirdischen Gewässer festgesetzt worden seien. Dieser Entwurf werde in Griechenland für die Grenzwerte dieser Stoffe in den oberirdischen Gewässern angewendet, und die bestehenden Maßnahmen würden an diesen Entwurf angepaßt.

32 Die zweite Phase der Studie (Entnahme von Proben und Analyse der aufnehmenden oberirdischen Gewässer, vorläufige technische Berichte mit den Ergebnissen der Proben und vollständiger Bericht mit den Vorschlägen von Programmen zur Verringerung der Ableitung der im Anhang der Richtlinie genannten Stoffe in die aufnehmenden Gewässer) sei im Juli 1998 begonnen worden und werde demnächst abgeschlossen.

33 Zweitens seien für die aufnehmenden Gewässer, die in besonderem Maß Ableitungen von gefährlichen Stoffen der Liste II der Richtlinie ausgesetzt seien, bereits Qualitätsziele festgesetzt worden, um eine Verringerung dieser Verschmutzung zu erreichen.

34 Insoweit seien eine Anzahl von Maßnahmen auf legislativer und administrativer Ebene getroffen worden wie z. B. interministerielle Erlasse und Erlasse für mehrere oder einzelne Departements, die im Rahmen der Erteilung der erforderlichen Genehmigungen für die Ableitung von verschmutzenden Abwässern maßgeblich seien.

35 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, die bei Ablauf der Frist besteht, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde. Später eingetretene Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (Urteil vom 25. November 1998 in der Rechtssache C-214/96, Kommission/Spanien, Slg. 1998, I-7661, Randnr. 25).

36 In der vorliegenden Rechtssache wurde die Hellenische Republik mit einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 23. Dezember 1996 aufgefordert, dieser binnen zwei Monaten nachzukommen.

37 Erst mit Beschluß vom 4. Juni 1997 beauftragte die griechische Regierung die Universität der Agäis, die Situation hinsichtlich der fraglichen Stoffe in einer Studie zu untersuchen.

38 Die griechische Regierung räumt ein, daß die erste Phase dieser Studie, die insbesondere die Erstellung eines Verzeichnisses der Verschmutzungsquellen und einer Liste der möglicherweise in den Gewässern vorhandenen Stoffe umfaßte, erst im März 1998 abgeschlossen wurde. Bei Fristablauf war es der Regierung also unmöglich, vollständige Daten über die Situation der oberirdischen Gewässer hinsichtlich ihrer Verschmutzung durch die Stoffe, auf die sich die Studie bezieht, zu liefern.

39 Zudem muß es sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bei den nach Artikel 7 der Richtlinie aufzustellenden Programmen um spezifische Programme handeln; ein mit allgemeinen Sanierungsprogrammen verfolgtes Ziel der Verringerung der Verschmutzung entspricht nicht notwendig dem spezifischeren Ziel der Richtlinie (Urteile vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-298/95, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-6747, Randnrn. 22 und 26; vom 11. Juni 1998 in den Rechtssachen C-232/95 und C-233/95, Kommission/Griechenland, Slg. 1998, I-3343, Randnr. 35, und vom 21. Januar 1999 in der Rechtssache C-207/97, Kommission/Belgien, Slg. 1999, I-275, Randnr. 39).

40 Nach ständiger Rechtsprechung besteht der spezifische Charakter der fraglichen Programme darin, daß sie ein kohärentes Gesamtkonzept darstellen, das den Charakter einer konkreten, gegliederten Planung für das gesamte Staatsgebiet hat und die Verringerung der Verschmutzung betrifft, die durch alle die Stoffe der Liste II verursacht wird, die in Verbindung mit den im jeweiligen Programm festgelegten Qualitätszielen für die aufnehmenden Gewässer im nationalen Rahmen jedes einzelnen Mitgliedstaats von Bedeutung sind. Sie unterscheiden sich daher sowohl von einem allgemeinen Sanierungsprogramm als auch von einem Komplex punktueller Maßnahmen zur Verringerung der Gewässerverschmutzung (Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 40).

41 Außerdem sind die in den Genehmigungen festzulegenden Emissionsnormen nach Maßgabe der Qualitätsziele zu berechnen, die in den Programmen aufgrund einer Untersuchung der aufnehmenden Gewässer festgelegt wurden. Im übrigen müssen diese Programme der Kommission in einer Form mitgeteilt werden, die ihr die mühelose Prüfung im Hinblick auf einen Vergleich und auf die harmonisierte Durchführung in allen Mitgliedstaaten ermöglicht (Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 41).

42 Auch wenn bestimmte der von der griechischen Regierung angeführten Maßnahmen eventuell zur Verringerung der Gewässerverschmutzung beitragen können sollten, so stellen sie doch nur punktuelle Maßnahmen und nicht die Konkretisierung einer umfassenden kohärenten Planung zur Verringerung der Verschmutzung dar, die auf einer Untersuchung der Situation der aufnehmenden Gewässer beruht und zu erreichende Qualitätsziele festlegt (vgl. Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 45).

43 Daher hat die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 der Richtlinie 76/464 verstoßen, daß sie keine Programme zur Verringerung der Verschmutzung mit Qualitätszielen hinsichtlich der gefährlichen Stoffe aus der Liste II, erster Gedankenstrich, des Anhangs dieser Richtlinie aufgestellt hat.

44 Der Antrag auf Feststellung, daß die Hellenische Republik außerdem dadurch, daß sie die Ableitungen, die in Gewässer vorgenommen werden und die möglicherweise einen der genannten Stoffe enthalten, nicht einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde unterworfen hat, in der die Emissionsnormen nach Maßgabe der in diesen Programmen festgesetzten Qualitätsziele festgelegt werden, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 der Richtlinie verstoßen hat, ist gegenstandslos geworden und nicht zu prüfen, weil infolge der Nichtaufstellung der Programme im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie auch keine Genehmigungen nach Artikel 7 Absatz 2 erteilt werden konnten (vgl. Urteil Kommission/Griechenland, Randnrn. 27 bis 29).

Kostenentscheidung:

Kosten

45 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission einen entsprechenden Antrag gestellt hat und die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 der Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft verstoßen, daß sie keine Programme zur Verringerung der Verschmutzung mit Qualitätszielen hinsichtlich der gefährlichen Stoffe aus der Liste II, erster Gedankenstrich, des Anhangs dieser Richtlinie aufgestellt hat.

2. Die Hellenische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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