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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 17.09.1998
Aktenzeichen: C-400/96
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 30
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Die Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln verlangt, daß eine gemäß Artikel 4 oder 8 erteilte vorherige Zulassung bei der zuständigen Behörde jedes Mitgliedstaats eingeholt wird, in dem ein in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallendes Schädlingsbekämpfungsmittel in den Verkehr gebracht wird.

2 Eine nationale Regelung, die es verbietet, ein Biozid-Produkt in den Verkehr zu bringen, das nicht vorher von der zuständigen Behörde zugelassen worden ist, stellt eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 des Vertrages dar, die nach Artikel 36 gerechtfertigt ist, auch wenn das Erzeugnis bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist, sofern nicht unnötigerweise technische oder chemische Analysen oder Laborversuche verlangt werden, wenn die gleichen Analysen und Versuche bereits in diesem anderen Mitgliedstaat durchgeführt worden sind und ihre Ergebnisse den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats zur Verfügung stehen oder auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden können.


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 17. September 1998. - Strafverfahren gegen Jean Harpegnies. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal correctionnel de Charleroi - Belgien. - Pflanzenschutzmittel - Nationale Regelung, die eine Zulassung durch die zuständigen Behörden verlangt - Artikel 30 EG-Vertrag. - Rechtssache C-400/96.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal correctionnel Charleroi hat mit Urteil vom 21. Oktober 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 30 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Strafverfahren gegen den Landwirt Harpegnies, dem zur Last gelegt wird, Pflanzenschutzmittel ohne vorherige Zulassung in den Verkehr gebracht und Pflanzenschutzmittel ohne vorherige Zulassung durch den Minister für Landwirtschaft hergestellt, eingeführt oder verpackt zu haben. Ihm wird ausserdem zur Last gelegt, 210 l eines Herbizids mit der Bezeichnung "Printagal", 700 g eines Herbizids mit der Bezeichnung "Allie" und 4 leere 5-Liter-Kanister, die ein Herbizid mit der Bezeichnung "Madit Dispersion" enthalten hatten, betrügerisch im eigenen Interesse vernichtet oder beiseite geschafft zu haben.

3 Die mehrfach geänderte Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1) bezweckt insbesondere die Einführung einheitlicher Vorschriften über die Voraussetzungen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und über die Zulassungsverfahren sowie den Schutz der Menschen, der Tiere und der Umwelt vor den Risiken und Gefahren einer unzureichend kontrollierten Verwendung dieser Mittel. Darüber hinaus soll die Richtlinie die Hemmnisse für den freien Verkehr von Pflanzenschutzmitteln beseitigen.

4 Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie bestimmt:

"Im Sinne dieser Richtlinie sind:

1. Pflanzenschutzmittel

Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in welcher sie an den Anwender geliefert werden, und die dazu bestimmt sind,

1.1. Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen, insoweit diese Stoffe oder Zubereitungen im folgenden nicht anders definiert werden;

1.2. in einer anderen Weise als ein Nährstoff die Lebensvorgänge von Pflanzen zu beeinflussen (z. B. Wachstumsregler);

1.3. Pflanzenerzeugnisse zu konservieren, soweit solche Stoffe oder Zubereitungen nicht besonderen Vorschriften des Rates oder der Kommission über konservierende Stoffe unterliegen;

1.4. unerwünschte Pflanzen zu vernichten oder

1.5. Pflanzenteile zu vernichten oder ein unerwünschtes Wachstum von Pflanzen zu hemmen bzw. einem solchen Wachstum vorzubeugen."

5 In Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie heisst es: "Die Mitgliedstaaten schreiben vor, daß in ihrem Gebiet nur die Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht und angewendet werden dürfen, die sie nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen haben..."

6 Artikel 4 der Richtlinie nennt die Voraussetzungen, die ein Pflanzenschutzmittel für eine Zulassung erfuellen muß. Erforderlich ist insbesondere, daß seine Wirkstoffe in dem Verzeichnis in Anhang I der Richtlinie aufgeführt sind. Es ist noch kein Wirkstoff in diesem Anhang aufgeführt.

7 Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie sieht Übergangs- und Ausnahmeregelungen vor, nach denen Artikel 4 keine Anwendung findet.

8 Sowohl das Verfahren nach Artikel 4 als auch das nach Artikel 8 der Richtlinie gilt nur für den erstmaligen Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels, das in dem Mitgliedstaat, in dem die Zulassung beantragt wird, noch nicht zugelassen worden ist.

9 Artikel 4 der belgischen Königlichen Verordnung vom 5. Juni 1975 über die Aufbewahrung, die Vermarktung und die Verwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln und Pflanzenschutzmitteln verbietet es, Pflanzenschutzmittel, die nicht vorher von dem für die Landwirtschaft zuständigen Minister zugelassen worden sind, in den Verkehr zu bringen, zu erwerben, anzubieten, auszustellen oder feilzuhalten, zu besitzen, herzustellen, zu befördern, zu verkaufen, entgeltlich oder unentgeltlich abzugeben, einzuführen oder zu verwenden. Nach Artikel 8 Absatz 1 dieser Königlichen Verordnung und Artikel 8 Absätze 1 bis 5 des Gesetzes vom 11. Juli 1969 über Schädlingsbekämpfungsmittel und Grundstoffe für die Landwirtschaft, den Gartenbau, die Forstwirtschaft und die Tierhaltung werden Verstösse gegen dieses Verbot mit Geldstrafe und/oder Freiheitsstrafe bestraft.

10 Unter diesen Umständen hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Stellt das Vorgehen Belgiens, soweit es für Pflanzenschutzmittel, die in einem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht worden sind, noch eine Zulassung durch seine Behörden verlangt, einen Verstoß gegen die Vorschriften über den freien Warenverkehr in der Gemeinschaft dar, wie er in Artikel 30 EWG-Vertrag definiert ist?

11 Vorab ist daran zu erinnern, daß der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der Anwendung von Artikel 177 des Vertrages nicht befugt ist, über die Vereinbarkeit einer nationalen Bestimmung mit dem Gemeinschaftsrecht zu entscheiden. Er kann aber aus der Frage des vorlegenden Gerichts unter Berücksichtigung der von diesem gelieferten Angaben das herausschälen, was die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betrifft, um diesem Gericht die Lösung der ihm vorliegenden Rechtsfrage zu ermöglichen (vgl. u. a. Urteile vom 3. März 1994 in den Rechtssachen C-332/92, C-333/92 und C-335/92, Eurico Italia u. a., Slg. 1994, I-711, Randnr. 19, und vom 15. Januar 1998 in der Rechtssache C-15/96, Schöning-Kougebetopoulou, Slg. 1998, I-47, Randnr. 9).

12 Das vorlegende Gericht möchte demnach mit seiner Frage im wesentlichen wissen, ob Artikel 30 des Vertrages der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die für ein Pflanzenschutzmittel, bevor es in diesem Staat in den Verkehr gebracht wird, eine Zulassung verlangt, obwohl das Mittel bereits von den zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats zugelassen worden ist.

13 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das vorlegende Gericht die in der Vorlagefrage genannten Erzeugnisse nicht genau bezeichnet hat. Aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergibt sich, daß es sich um Erzeugnisse verschiedener Marken handelt.

14 Nach dem Vorbringen des Vereinigten Königreichs stellen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisse Schädlingsbekämpfungsmittel dar, die also unter die Richtlinie fielen.

15 Die Kommission vertritt demgegenüber die Auffassung, daß diese Erzeugnisse auch Pflanzenschutzmittel seien und folglich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fielen, da das Vorlageurteil auf die Königliche Verordnung vom 5. Juni 1975 verweise, die ebenfalls im Mittelpunkt der Rechtssache Brandsma (Urteil vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C-293/94, Slg. 1996, I-3159) gestanden habe, in der es zweifelsfrei um die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln zum nichtlandwirtschaftlichen Gebrauch gegangen sei.

16 Obwohl ihre Ausgangsposition in bezug auf den Sachverhalt und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen unterschiedlich sind, gelangen sowohl das Vereinigte Königreich als auch die Kommission zu dem Ergebnis, daß die Beibehaltung der vorherigen Zulassung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.

17 Dazu ist zu bemerken, daß die Bestimmungen der Königlichen Verordnung vom 5. Juni 1975 über die vorherige Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ursprünglich ohne Unterschied auf Pflanzenschutzmittel zum landwirtschaftlichen Gebrauch wie auf Pflanzenschutzmittel zum nichtlandwirtschaftlichen Gebrauch angewandt wurden.

18 Infolge der Umsetzung der Richtlinie in das nationale Recht der Mitgliedstaaten sind die Schädlingsbekämpfungsmittel als Pflanzenschutzmittel zum landwirtschaftlichen Gebrauch Gegenstand auf Gemeinschaftsebene harmonisierter Rechtsvorschriften. Sie fallen unter die Definition der Pflanzenschutzmittel in Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie, wie sie in Randnummer 4 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist.

19 Bestimmte andere Pflanzenschutzmittel zum nichtlandwirtschaftlichen Gebrauch einschließlich einiger sogenannter Biozid-Produkte, fallen nicht unter die Richtlinie.

20 Da die Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (ABl. L 123, S. 1) zur Zeit der Ereignisse des Ausgangsverfahrens noch nicht erlassen war, hatte die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats die Bestimmungen über die Einfuhr und die Zulassung dieser Erzeugnisse in seinem Hoheitsgebiet festzulegen.

21 In Ermangelung genauer Angaben über die Art des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisses ist die Vorlagefrage so zu beantworten, als ob das Ausgangsverfahren sowohl Schädlingsbekämpfungsmittel als auch Biozid-Produkte beträfe.

22 Dementsprechend zerfällt die Vorlagefrage in zwei verschiedene Teile. Erstens ist zu prüfen, ob die Richtlinie verlangt, daß eine gemäß Artikel 4 oder 8 erteilte vorherige Zulassung bei der zuständigen Behörde jedes Mitgliedstaats, in dem ein in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallendes Schädlingsbekämpfungsmittel in den Verkehr gebracht wird, eingeholt wird, obwohl das Mittel bereits von den zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats zugelassen worden ist. Zweitens ist zu prüfen, ob Artikel 30 des Vertrages der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die für ein Biozid-Produkt, bevor es in diesem Staat in den Verkehr gebracht wird, eine vorherige Zulassung verlangt, obwohl das Produkt bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist.

23 Was erstens Schädlingsbekämpfungsmittel angeht, so besteht eines der Hauptziele der Richtlinie, die auf diese Erzeugnisse Anwendung findet, darin, einheitliche Vorschriften über die Voraussetzungen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und über die Zulassungsverfahren einzuführen.

24 Zur Erreichung dieses Zieles sind die Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie verpflichtet, sich zu vergewissern, daß in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallende Pflanzenschutzmittel in ihrem Hoheitsgebiet nicht ohne vorherige Zulassung durch die zuständige Behörde in den Verkehr gebracht werden. Die Vorschriften über diese Zulassung sind insbesondere in Artikel 4 der Richtlinie niedergelegt, wonach die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen haben, daß ein Pflanzenschutzmittel nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen wird.

25 Obwohl Artikel 8 der Richtlinie Übergangs- und Ausnahmeregelungen vorsieht, bleibt die in der Richtlinie verlangte vorherige Zulassung auch dann obligatorisch, wenn es sich um ein Schädlingsbekämpfungsmittel handelt, für das bereits gemäß der Richtlinie eine Zulassung von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats erteilt worden ist.

26 Auf den ersten Teil der Frage ist daher zu antworten, daß die Richtlinie verlangt, daß eine gemäß Artikel 4 oder 8 erteilte vorherige Zulassung bei der zuständigen Behörde jedes Mitgliedstaats eingeholt wird, in dem ein in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallendes Schädlingsbekämpfungsmittel in den Verkehr gebracht wird.

27 Was zweitens Biozid-Produkte angeht, auf die die Richtlinie nicht anwendbar ist, so bestehen auf dem Gebiet ihrer Herstellung und Vermarktung keine auf Gemeinschaftsebene harmonisierten Vorschriften.

28 Die Vereinbarkeit einer Regelung wie der des Ausgangsverfahrens mit dem Gemeinschaftsrecht ist daher an der Elle des Artikels 30 des Vertrages zu messen.

29 Nach Artikel 30 des Vertrages sind im Handel zwischen Mitgliedstaaten mengenmässige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung verboten. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, als Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung anzusehen (vgl. insbesondere Urteil vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837, Randnr. 5). Nach Artikel 36 des Vertrages steht Artikel 30 Einfuhrverboten oder -beschränkungen jedoch nicht entgegen, die insbesondere zum Schutz der Gesundheit von Menschen gerechtfertigt sind, sofern diese Verbote und Beschränkungen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen Mitgliedstaaten darstellen.

30 Daher stellt eine Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats, die es untersagt, Biozid-Produkte ohne vorherige Zulassung in den Verkehr zu bringen, zu erwerben, anzubieten, auszustellen oder feilzuhalten, zu besitzen, herzustellen, zu befördern, zu verkaufen, entgeltlich oder unentgeltlich abzugeben, einzuführen oder zu verwenden, eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 des Vertrages dar (vgl. Urteil Brandsma, a. a. O., Randnr. 6).

31 Somit ist zu prüfen, ob eine nationale Regelung wie die des Ausgangsverfahrens im Hinblick auf die in Artikel 36 des Vertrages genannten Ausnahmen gerechtfertigt sein kann.

32 Da Biozid-Produkte für die Bekämpfung von Organismen verwendet werden, die für die Gesundheit von Menschen oder Tieren schädlich sind oder Schäden an Naturprodukten oder gewerblichen Erzeugnissen verursachen können, enthalten sie zwangsläufig gefährliche Stoffe (vgl. Urteil Brandsma, a. a. O., Randnr. 11).

33 Nach ständiger Rechtsprechung haben die Mitgliedstaaten bei Fehlen von Harmonisierungsvorschriften darüber zu entscheiden, in welchem Umfang sie den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gewährleisten wollen und ob sie für das Inverkehrbringen solcher Erzeugnisse eine vorherige Zulassung verlangen (vgl. Urteil Brandsma, a. a. O., Randnr. 11).

34 Jedoch verlangt der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, der Artikel 36 Satz 2 des Vertrages zugrunde liegt, daß die Befugnis der Mitgliedstaaten, die Einfuhr von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten zu verbieten, auf das Maß dessen beschränkt wird, was zur Erreichung der berechtigterweise verfolgten Ziele erforderlich ist (vgl. Urteil vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 174/82, Sandoz, Slg. 1983, 2445, Randnr. 18).

35 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat (Urteil vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 272/80, Frans-Nederlandse Maatschappij voor Biologische Producten, Slg. 1981, 3277, Randnr. 14), steht es zwar den Mitgliedstaaten frei, ein Biozid-Produkt, das bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist, einem erneuten Untersuchungs- und Zulassungsverfahren zu unterwerfen, doch sind die Behörden der Mitgliedstaaten gehalten, zur Erleichterung der Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel beizutragen und die technischen oder chemischen Analysen sowie die Laborversuche zu berücksichtigen, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführt worden sind (vgl. Urteil Brandsma, a. a. O., Randnr. 12).

36 Auf den zweiten Teil der Frage ist daher zu antworten, daß eine nationale Regelung, die es verbietet, ein Biozid-Produkt in den Verkehr zu bringen, das nicht vorher von der zuständigen Behörde zugelassen worden ist, eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 des Vertrages darstellt, die nach Artikel 36 des Vertrages gerechtfertigt ist, auch wenn das Erzeugnis bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist, sofern nicht unnötigerweise technische oder chemische Analysen oder Laborversuche verlangt werden, wenn die gleichen Analysen und Versuche bereits in diesem anderen Mitgliedstaat durchgeführt worden sind und ihre Ergebnisse den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats zur Verfügung stehen oder auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden können.

Kostenentscheidung:

Kosten

37 Die Auslagen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

auf die ihm vom Tribunal correctionnel Charleroi mit Urteil vom 21. Oktober 1996 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

38 Die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln verlangt, daß eine gemäß Artikel 4 oder 8 erteilte vorherige Zulassung bei der zuständigen Behörde jedes Mitgliedstaats eingeholt wird, in dem ein in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallendes Schädlingsbekämpfungsmittel in den Verkehr gebracht wird.

39 Eine nationale Regelung, die es verbietet, ein Biozid-Produkt in den Verkehr zu bringen, das nicht vorher von der zuständigen Behörde zugelassen worden ist, stellt eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag dar, die nach Artikel 36 des Vertrages gerechtfertigt ist, auch wenn das Erzeugnis bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist, sofern nicht unnötigerweise technische oder chemische Analysen oder Laborversuche verlangt werden, wenn die gleichen Analysen und Versuche bereits in diesem anderen Mitgliedstaat durchgeführt worden sind und ihre Ergebnisse den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats zur Verfügung stehen oder auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden können.

Ende der Entscheidung

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