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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 17.07.1998
Aktenzeichen: C-422/97 P
Rechtsgebiete: EGV, Verordnung (EWG) Nr. 17/62, Richtlinie 93/38/EWG, Verfahrensordnung


Vorschriften:

EGV Art. 169
Verordnung (EWG) Nr. 17/62
Richtlinie 93/38/EWG
Verfahrensordnung Art. 48 § 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

6 Im Rahmen einer an die Kommission gerichteten Beschwerde eines Bewerbers um einen unter die Richtlinie 93/38 fallenden öffentlichen Auftrag genügt allein die Erwähnung einer Wettbewerbsbeschränkung nicht, um einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln in Artikel 86 des Vertrages aufzuzeigen, wenn sie im Zusammenhang mit einer Verletzung der Vergaberegeln dieser Richtlinie erfolgt, sondern sie kann rechtmässigerweise dahin ausgelegt werden, daß sie den letztgenannten Vorwurf ergänzen soll. Daß die Kommission gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 die Befugnis hat, eine mögliche Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrages von Amts wegen zu untersuchen, kann an dieser Schlußfolgerung nichts ändern.

7 Ein erstmals im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof vorgebrachtes Angriffsmittel ist als unzulässig zurückzuweisen. Könnte eine Partei vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffsmittel vorbringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, so könnte sie den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind daher die Befugnisse des Gerichtshofes auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt.

8 Aus dem System zur Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge, im vorliegenden Fall derjenigen der Richtlinie 93/38, ergibt sich, daß die Handlungen der Auftraggeber den jeweiligen Mitgliedstaaten zuzurechnen sind und daher im Verfahren zur Feststellung einer Vertragsverletzung nach Artikel 169 des Vertrages geahndet werden können.

9 Das Wettbewerbsverfahren nach der Verordnung Nr. 17 ist von dem nach Artikel 169 des Vertrages zur Feststellung und Abstellung eines gemeinschaftsrechtswidrigen Verhaltens eines Mitgliedstaats unabhängig, da die beiden Verfahren verschiedene Ziele verfolgen und unterschiedlichen Vorschriften unterliegen, so daß die Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 169 des Vertrages nicht ohne weiteres den Erlaß einer Entscheidung aufgrund der Verordnung Nr. 17 nach sich ziehen kann. Die Einstellungsentscheidung der Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren ergeht ausschließlich in diesem und stellt keine stillschweigende Zurückweisung einer angeblich nach der Verordnung Nr. 17 eingereichten Beschwerde dar.

10 Parteien, die die Kommission mit einer Beschwerde befasst haben, haben in einem Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages eine ganz andere Stellung als in einem Wettbewerbsverfahren nach der Verordnung Nr. 17. Die Kommission ist nicht verpflichtet, ein Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages einzuleiten, sondern sie verfügt vielmehr insoweit über ein Ermessen, das ein Recht einzelner, von ihr eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinn zu verlangen, ausschließt. Hieraus folgt, daß der Beschwerdeführer in einem Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages eine etwaige Einstellung des Verfahrens durch die Kommission nicht mit einer Klage beim Gemeinschaftsrichter anfechten kann und daß er keine Verfahrensrechte hat, die es ihm wie die Rechte im Rahmen eines Verfahren nach der Verordnung Nr. 17 ermöglichen, von der Kommission Information und Anhörung zu verlangen.


Beschluss des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 17. Juli 1998. - Société Anonyme de Traverses en Béton Armé (Sateba) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Öffentliche Lieferaufträge - Einstellung des Verfahrens über eine Beschwerde gegen das Verhalten der Vergabebehörde. - Rechtssache C-422/97 P.

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