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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.11.2002
Aktenzeichen: C-471/98
Rechtsgebiete: EGV, Verordnung [EWG] Nr. 2299/89, Verordnung [EWG] Nr. 2407/92, Verordnung [EWG] Nr. 2408/92, Verordnung [EWG] Nr. 2409/92, Verordnung [EWG] Nr. 95/93


Vorschriften:

EGV Art. 43
EGV Art. 10
Verordnung [EWG] Nr. 2299/89
Verordnung [EWG] Nr. 2407/92
Verordnung [EWG] Nr. 2408/92
Verordnung [EWG] Nr. 2409/92
Verordnung [EWG] Nr. 95/93
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Allein die Kommission in ihrer Rolle als Hüterin des Vertrages ist für die Entscheidung zuständig, ob es angebracht ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, und wegen welcher dem betroffenen Mitgliedstaat zuzurechnenden Handlung oder Unterlassung dieses Verfahren zu eröffnen ist.

( vgl. Randnr. 39 )

2. Die nach dem Beitritt eines Mitgliedstaats zu den Europäischen Gemeinschaften erfolgten Änderungen eines zwischen diesem Mitgliedstaat und einem Drittstaat geschlossenen bilateralen Luftverkehrsabkommens belegen, dass über das gesamte Abkommen neu verhandelt wurde. Auch wenn daher einzelne Bestimmungen dieses Abkommens im Rahmen dieser Änderungen nicht förmlich geändert wurden oder nur marginale redaktionelle Änderungen erfahren haben, sind die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen bei diesen Neuverhandlungen bestätigt worden. In einer solchen Situation dürfen die Mitgliedstaaten aber nicht nur keine neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehen, sondern auch keine völkerrechtlichen Verpflichtungen aufrechterhalten, wenn diese gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen.

( vgl. Randnr. 50 )

3. Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 80 Absatz 2 EG) kann zwar vom Rat als Rechtsgrundlage verwendet werden, um der Gemeinschaft im Einzelfall die Befugnis zum Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages über den Luftverkehr zuzuerkennen, es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass er für sich allein eine Außenkompetenz der Gemeinschaft im Luftverkehrsbereich schafft.

Die Zuständigkeit der Gemeinschaft zur Eingehung völkerrechtlicher Verpflichtungen kann sich nicht nur aus einer ausdrücklichen Verleihung durch den Vertrag ergeben, sondern auch stillschweigend aus Vertragsbestimmungen fließen. Eine solche implizite Außenkompetenz besteht nicht nur in allen Fällen, in denen von der internen Zuständigkeit bereits Gebrauch gemacht worden ist, um Maßnahmen zur Verwirklichung einer gemeinsamen Politik zu treffen, sondern auch dann, wenn die internen Maßnahmen der Gemeinschaft erst anlässlich des Abschlusses und der Inkraftsetzung der völkerrechtlichen Vereinbarung ergriffen werden. Somit kann sich die Befugnis, die Gemeinschaft gegenüber Drittstaaten zu verpflichten, stillschweigend aus den die interne Zuständigkeit begründenden Bestimmungen des Vertrages ergeben, sofern die Beteiligung der Gemeinschaft an der völkerrechtlichen Vereinbarung notwendig ist, um eines der Ziele der Gemeinschaft zu erreichen.

Der letztgenannte Fall ist der, dass die interne Zuständigkeit wirksam nur zugleich mit der Außenkompetenz ausgeübt werden kann, der Abschluss der völkerrechtlichen Vereinbarung somit erforderlich ist, um Ziele des Vertrages zu verwirklichen, die sich durch die Aufstellung autonomer Regeln nicht erreichen lassen.

Nichts im Vertrag hindert die Organe daran, im Rahmen der von ihnen erlassenen gemeinsamen Vorschriften konzertierte Aktionen gegenüber einem Drittstaat vorzusehen oder den Mitgliedstaaten ein bestimmtes Verhalten in ihren Außenbeziehungen vorzuschreiben, um die Diskriminierungen oder Wettbewerbsverzerrungen abzustellen, zu denen die Anwendung der Verpflichtungen führen könnte, die verschiedene Mitgliedstaaten mit einem Drittstaat im Rahmen von Open-skies"-Abkommen vereinbart haben. Es ist somit nicht erwiesen, dass sich wegen solcher Diskriminierungen oder Wettbewerbsverzerrungen die Ziele des Vertrages im Luftverkehrsbereich nicht durch Aufstellung autonomer Regeln erreichen lassen.

Diese Feststellung wird nicht durch die Tatsache in Frage gestellt, dass die vom Rat erlassenen Rechtsakte zum Luftverkehrsbinnenmarkt Vorschriften über Staatsangehörige von Drittländern enthalten. Aufgrund des relativ beschränkten Regelungsgehalts dieser Vorschriften kann aus ihnen nicht gefolgert werden, dass die Verwirklichung des freien Dienstleistungsverkehrs im Luftverkehrsbereich zugunsten der Angehörigen der Mitgliedstaaten untrennbar mit der Behandlung von Angehörigen von Drittstaaten in der Gemeinschaft oder von Angehörigen der Mitgliedstaaten in Drittstaaten verbunden ist.

( vgl. Randnrn. 66-68, 70, 72 )

4. In den Bereichen, in denen die Gemeinschaft zur Verwirklichung einer vom Vertrag vorgesehenen gemeinsamen Politik Vorschriften erlassen hat, die in irgendeiner Form gemeinsame Rechtsnormen vorsehen, sind die Mitgliedstaaten weder einzeln noch auch gemeinsam handelnd berechtigt, mit dritten Staaten Verpflichtungen einzugehen, die diese Normen beeinträchtigen oder in ihrer Tragweite ändern; in dem Maße, wie diese Gemeinschaftsrechtsetzung fortschreitet, kann nur die Gemeinschaft mit Wirkung für den gesamten Geltungsbereich der Gemeinschaftsrechtsordnung vertragliche Verpflichtungen gegenüber dritten Staaten übernehmen und erfuellen.

Stuende es den Mitgliedstaaten frei, völkerrechtliche Verpflichtungen einzugehen, die die aufgrund von Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 80 Absatz 2 EG) erlassenen gemeinsamen Rechtsnormen beeinträchtigen, so würde dies die Verwirklichung des mit diesen Rechtsnormen verfolgten Zieles gefährden und die Gemeinschaft folglich daran hindern, ihre Aufgabe bei der Verteidigung des gemeinsamen Interesses zu erfuellen.

Die Gemeinschaft erwirbt aufgrund der Ausübung ihrer internen Zuständigkeit eine Außenkompetenz, wenn die völkerrechtlichen Verpflichtungen in den Anwendungsbereich der gemeinsamen Rechtsnormen fallen oder jedenfalls ein Gebiet erfassen, das bereits weitgehend von solchen Rechtsnormen erfasst ist. Im letztgenannten Fall können die Mitgliedstaaten außerhalb des Rahmens der Gemeinschaftsorgane völkerrechtliche Verpflichtungen nicht eingehen, auch wenn kein Widerspruch zwischen diesen Verpflichtungen und den Gemeinschaftsvorschriften besteht.

Hat die Gemeinschaft in ihre internen Rechtsetzungsakte Klauseln über die Behandlung der Angehörigen von Drittstaaten aufgenommen oder hat sie ihren Organen ausdrücklich eine Zuständigkeit zu Verhandlungen mit Drittstaaten übertragen, erwirbt sie somit eine ausschließliche Außenkompetenz nach Maßgabe des von diesen Rechtsakten erfassten Bereichs.

Dies gilt - selbst in Ermangelung einer ausdrücklichen Klausel, mit der die Organe zu Verhandlungen mit Drittstaaten ermächtigt werden - auch dann, wenn die Gemeinschaft eine vollständige Harmonisierung auf einem bestimmten Gebiet verwirklicht hat, denn die insoweit erlassenen gemeinsamen Rechtsnormen könnten im Sinne des Urteils vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70 (AETR) beeinträchtigt werden, wenn die Mitgliedstaaten die Freiheit zu Verhandlungen mit Drittstaaten behielten.

Dagegen beeinträchtigen etwaige Verzerrungen des Dienstleistungsflusses im Binnenmarkt, die sich aus bilateralen Open-skies"-Abkommen ergeben können, die Mitgliedstaaten mit Drittländern abschließen, nicht für sich die auf diesem Gebiet erlassenen gemeinsamen Rechtsnormen und können daher keine Außenkompetenz der Gemeinschaft begründen.

Denn nichts im Vertrag hindert die Organe daran, im Rahmen der von ihnen erlassenen gemeinsamen Vorschriften konzertierte Aktionen gegenüber Drittländern vorzusehen oder den Mitgliedstaaten ein bestimmtes Verhalten in ihren Außenbeziehungen vorzuschreiben.

( vgl. Randnrn. 90, 92, 94-99 )

5. Die Verordnung Nr. 2408/92 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs betrifft nach ihrem Titel und ihrem Artikel 3 Absatz 1 nur den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken in der Gemeinschaft, wobei Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft nach Artikel 2 Buchstabe b dieser Verordnung Luftfahrtunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung sind, die von einem Mitgliedstaat gemäß der Verordnung Nr. 2407/92 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen ausgestellt wurde.

Die Verordnung Nr. 2407/92 legt nach ihren Artikeln 1 Absatz 1 und 4 die Voraussetzungen für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen durch die Mitgliedstaaten an in der Gemeinschaft niedergelassene Luftfahrtunternehmen fest, die sich unbeschadet der Abkommen und Übereinkommen, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist, unmittelbar oder über Mehrheitsbeteiligung im Eigentum von Mitgliedstaaten und/oder von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten befinden und von diesen Staaten oder deren Staatsangehörigen tatsächlich kontrolliert werden, sowie die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung dieser Betriebsgenehmigungen.

Daraus folgt, dass die Verordnung Nr. 2408/92 nicht die Gewährung von Verkehrsrechten auf innergemeinschaftlichen Strecken an Luftfahrtunternehmen regelt, die keine Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sind. Ebenso regelt die Verordnung Nr. 2407/92 nicht die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen, die keine Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sind und in der Gemeinschaft tätig sind.

Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat geschlossenes bilaterales Luftverkehrsabkommen diese Verordnungen beeinträchtigt, soweit es einem von dem Drittstaat bezeichneten Luftfahrtunternehmen gestattet, auf einem Flug, dessen Ausgangs- oder Bestimmungsort in dem Drittstaat liegt, Passagiere zwischen diesem Mitgliedstaat und einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu befördern.

( vgl. Randnrn. 101, 103-105 )

6. Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) verpflichtet die Mitgliedstaaten, der Gemeinschaft die Erfuellung ihrer Aufgaben zu erleichtern und alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele des Vertrages gefährden könnten.

Im Bereich der auswärtigen Beziehungen wären die Aufgabe der Gemeinschaft und die Ziele des Vertrages gefährdet, wenn die Mitgliedstaaten völkerrechtliche Vereinbarungen eingehen könnten, deren Bestimmungen von der Gemeinschaft erlassene Rechtsnormen beeinträchtigen oder in ihrer Tragweite ändern könnten.

Ein Mitgliedstaat verstößt dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 EG-Vertrag sowie den Verordnungen Nr. 2409/92 über Flugpreise und Luftfrachtraten und Nr. 2299/89 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen, dass er völkerrechtliche Verpflichtungen in Bezug auf die Flugpreise der von einem Drittstaat bezeichneten Luftfahrtunternehmen auf Strecken in der Gemeinschaft und in Bezug auf die in seinem nationalen Hoheitsgebiet zur Benutzung angebotenen oder benutzten computergesteuerten Buchungssysteme eingeht oder trotz ihrer Neuverhandlung aufrechterhält.

( vgl. Randnrn. 124-126 )

7. Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) gilt insbesondere für in einem Mitgliedstaat niedergelassene Luftfahrtunternehmen, die Luftverkehrsdienste zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland leisten. Alle Gesellschaften, die im Sinne von Artikel 52 EG-Vertrag in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind, werden von dieser Bestimmung erfasst, auch wenn der Gegenstand ihrer Tätigkeit in diesem Staat in Dienstleistungen im Verhältnis zu Drittländern besteht.

Die Artikel 52 und 58 EG-Vertrag (jetzt Artikel 48 EG) stellen sicher, dass die Gemeinschaftsangehörigen, die von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht haben, sowie die ihnen dort gleichgestellten Gesellschaften im Aufnahmemitgliedstaat wie Inländer behandelt werden, und dies sowohl in Bezug auf die Aufnahme einer Berufstätigkeit zum Zeitpunkt einer erstmaligen Niederlassung als auch in Bezug auf die Ausübung dieser Tätigkeit durch eine im Aufnahmemitgliedstaat bereits niedergelassene Person.

Insbesondere verpflichtet der Grundsatz der Inländerbehandlung den Mitgliedstaat, der ein bilaterales internationales Abkommen mit einem Drittstaat geschlossen hat, die in diesem Abkommen vorgesehenen Vorteile den Betriebsstätten der Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat unter den gleichen Voraussetzungen wie den Gesellschaften mit Sitz in dem an dem Abkommen beteiligten Mitgliedstaat zu gewähren.

In einem Open-skies"-Luftverkehrsabkommen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat benachteiligt die Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen, die es insbesondere dem Drittstaat ermöglicht, die Betriebsgenehmigungen und technischen Genehmigungen eines von dem Mitgliedstaat bezeichneten Luftfahrtunternehmens, bei dem nicht ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle bei diesem Mitgliedstaat oder bei Staatsangehörigen dieses Staates liegen, zu widerrufen, auszusetzen oder einzuschränken, zweifellos die in dem Mitgliedstaat niedergelassenen Luftfahrtunternehmen, bei denen ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle bei einem anderen Mitgliedstaat als dem Aufnahmemitgliedstaat oder bei Angehörigen eines solchen Mitgliedstaats liegen.

Die letztgenannten Luftfahrtunternehmen - die so genannten Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft - können jederzeit von der Anwendung dieses bilateralen Abkommens ausgeschlossen werden, während dessen Anwendung für die inländischen Luftfahrtunternehmen, bei denen ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle bei dem Mitgliedstaat oder bei Staatsangehörigen dieses Staates liegen, gesichert ist. Infolgedessen erfahren die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft eine Diskriminierung, die sie daran hindert, im Aufnahmemitgliedstaat wie Inländer behandelt zu werden.

Diese Diskriminierung hat ihren unmittelbaren Ursprung nicht in einem etwaigen Verhalten des Drittstaats, sondern darin, dass durch die Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen dem Drittstaat gerade das Recht eingeräumt wurde, sich in einer solchen Weise zu verhalten.

( vgl. Randnrn. 133, 135-138, 140-141 )


Urteil des Gerichtshofes vom 5. November 2002. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Abschluss und Anwendung eines bilateralen 'Open-skies'-Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika durch einen Mitgliedstaat - Abgeleitetes Recht des Luftverkehrsbinnenmarkts (Verordnungen [EWG] Nrn. 2299/89, 2407/92, 2408/92, 2409/92 und 95/93) - Außenkompetenz der Gemeinschaft - Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) - Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG). - Rechtssache C-471/98.

Parteien:

In der Rechtssache C-471/98

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Benyon als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, vertreten durch A. Snoecx als Bevollmächtigte im Beistand von J. H. J. Bourgeois, avocat, und Rechtsanwältin N. F. Köhncke, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

eklagte,

unterstützt durch

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. A. Fierstra und J. van Bakel als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

wegen Feststellung,

- dass das Königreich Belgien durch das individuelle Aushandeln, die Paraphierung, den 1995 erfolgten Abschluss und die Anwendung eines Open-skies"-Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Gebiet des Luftverkehrs gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag, einschließlich der Artikel 5 (jetzt Artikel 10 EG) und 52 (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG), und aus dem daraus abgeleiteten Recht, insbesondere den Verordnungen (EWG) Nrn. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen (ABl. L 240, S. 1), 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (ABl. L 240, S. 8), 2409/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten (ABl. L 240, S. 15), 2299/89 des Rates vom 24. Juli 1989 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen (ABl. L 220, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3089/93 des Rates vom 29. Oktober 1993 (ABl. L 278, S. 1) und 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft (ABl. L 14, S. 1), verstoßen hat,

- hilfsweise und teilweise ergänzend, dass das Königreich Belgien, insofern das Abkommen von 1995 nicht als grundlegende Änderung und somit Ersetzung von zuvor geschlossenen Abkommen anzusehen sind, dadurch, dass es die in diesen vorherigen Abkommen enthaltenen und nicht mit dem EG-Vertrag, insbesondere Artikel 52, oder dem abgeleiteten Recht zu vereinbarenden Bestimmungen nicht aufgehoben oder alle möglichen rechtlichen Schritte dazu ergriffen hat, gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 EG-Vertrag sowie aus dem abgeleiteten Recht verstoßen hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten der Sechsten Kammer J.-P. Puissochet in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, des Kammerpräsidenten R. Schintgen, der Richter C. Gulmann, D. A. O. Edward, A. La Pergola, P. Jann und V. Skouris (Berichterstatter), der Richterinnen F. Macken und N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr und J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: A. Tizzano

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler, und D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten in der Sitzung vom 8. Mai 2001, in der die Kommission durch F. Benyon, das Königreich Belgien durch J. H. J. Bourgeois und N. F. Köhncke und das Königreich der Niederlande durch J. van Bakel, H. G. Sevenster und J. van Haersolte als Bevollmächtigte vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 31. Januar 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 18. Dezember 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung,

- dass das Königreich Belgien durch das individuelle Aushandeln, die Paraphierung, den 1995 erfolgten Abschluss und die Anwendung eines Open-skies"-Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Gebiet des Luftverkehrs gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag, einschließlich der Artikel 5 (jetzt Artikel 10 EG) und 52 (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG), und aus dem daraus abgeleiteten Recht, insbesondere den Verordnungen (EWG) Nrn. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen (ABl. L 240, S. 1), 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (ABl. L 240, S. 8), 2409/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten (ABl. L 240, S. 15), 2299/89 des Rates vom 24. Juli 1989 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen (ABl. L 220, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3089/93 des Rates vom 29. Oktober 1993 (ABl. L 278, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 2299/89) und 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft (ABl. L 14, S. 1), verstoßen hat,

- hilfsweise und teilweise ergänzend, dass das Königreich Belgien, insofern das Abkommen von 1995 nicht als grundlegende Änderung und somit Ersetzung von zuvor geschlossenen Abkommen anzusehen sind, dadurch, dass es die in diesen vorherigen Abkommen enthaltenen und nicht mit dem EG-Vertrag, insbesondere Artikel 52, oder dem abgeleiteten Recht zu vereinbarenden Bestimmungen nicht aufgehoben oder alle möglichen rechtlichen Schritte dazu ergriffen hat, gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 EG-Vertrag sowie aus dem abgeleiteten Recht verstoßen hat,

2 Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 ist das Königreich der Niederlande als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Belgien zugelassen worden.

Rechtlicher Rahmen

3 Nach Artikel 84 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 80 Absatz 1 EG) gilt der den Verkehr betreffende Titel IV des Dritten Teils des Vertrages nur für die Beförderungen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr. Absatz 2 dieses Artikels bestimmt:

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit darüber entscheiden, ob, inwieweit und nach welchen Verfahren geeignete Vorschriften für die Seeschifffahrt und Luftfahrt zu erlassen sind.

Die Verfahrensvorschriften des Artikels 75 Absätze 1 und 3 finden Anwendung."

4 Auf der Grundlage der letztgenannten Bestimmung erließ der Rat zur schrittweisen Einführung des Luftverkehrsbinnenmarkts in den Jahren 1987, 1990 und 1992 drei Maßnahmenpakete", mit denen die Dienstleistungsfreiheit im Luftverkehr und die Anwendung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln in diesem Sektor gewährleistet werden sollten.

5 Die 1992 als drittes Paket" erlassene Regelung besteht aus den Verordnungen Nrn. 2407/92, 2408/92 und 2409/92.

6 Die Verordnung Nr. 2407/92 betrifft nach ihrem Artikel 1 die Voraussetzungen für die Erteilung und die Aufrechterhaltung von Betriebsgenehmigungen durch die Mitgliedstaaten an in der Gemeinschaft niedergelassene Luftfahrtunternehmen. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 3 dieser Verordnung, dass ein in der Gemeinschaft niedergelassenes Unternehmen im Gebiet der Gemeinschaft Fluggäste, Post und/oder Fracht im gewerblichen Luftverkehr nur befördern darf, wenn ihm eine entsprechende Betriebsgenehmigung erteilt worden ist. Nach Artikel 4 Absätze 1 und 2 dieser Verordnung darf ein Mitgliedstaat diese Genehmigung nur Luftfahrtunternehmen erteilen, deren Hauptniederlassung und, soweit vorhanden, deren eingetragener Sitz sich in diesem Mitgliedstaat befinden und - unbeschadet der Abkommen und Übereinkommen, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist - die sich mehrheitlich im Eigentum von Mitgliedstaaten und/oder von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten befinden und von diesen Staaten oder Staatsangehörigen tatsächlich kontrolliert werden.

7 Die Verordnung Nr. 2408/92 betrifft, wie ihr Titel besagt, den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs. Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist nach der Definition in Artikel 2 Buchstabe b dieser Verordnung ein Luftfahrtunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung, die gemäß der Verordnung Nr. 2407/92 ausgestellt wurde. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2408/92 wird Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft von den betroffenen Mitgliedstaaten die Genehmigung erteilt, Verkehrsrechte auf Strecken in der Gemeinschaft auszuüben. Nach Absatz 2 dieses Artikels können jedoch die Mitgliedstaaten bis zum 1. April 1997 für Kabotagerechte eine Ausnahme von dieser Vorschrift vorsehen.

8 Die Artikel 4 bis 7 der Verordnung Nr. 2408/92 regeln insbesondere die Befugnis der Mitgliedstaaten, für bestimmte Strecken gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufzuerlegen. Die Mitgliedstaaten dürfen nach Artikel 8 dieser Verordnung ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder der Identität des Luftfahrtunternehmens die Aufteilung des Verkehrs auf die einzelnen Flughäfen eines Flughafensystems regeln. Nach Artikel 9 dieser Verordnung schließlich kann der verantwortliche Mitgliedstaat im Fall von ernsthafter Überlastung und/oder Umweltproblemen die Ausübung von Verkehrsrechten von bestimmten Bedingungen abhängig machen, einschränken oder verweigern, insbesondere wenn andere Verkehrsträger Dienstleistungen in ausreichendem Umfang zur Verfügung stellen können.

9 Die Verordnung Nr. 2409/92 regelt nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 Kriterien und Verfahren für die Aufstellung von Flugpreisen und Luftfrachtraten für Beförderungen im Flugverkehr ausschließlich innerhalb der Gemeinschaft.

10 Artikel 1 Absätze 2 und 3 dieser Verordnung lauten wie folgt:

(2) Unbeschadet des Absatzes 3 findet diese Verordnung keine Anwendung auf

a) Flugpreise und Luftfrachtraten der Luftfahrtunternehmen, die keine Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sind;

b) Flugpreise und Luftfrachtraten, die im Einklang mit der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen festgesetzt werden.

(3) Nur Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft dürfen neuartige Leistungen oder Flugpreise, die niedriger als die für identische Leistungen sind, anbieten."

11 Neben den 1992 ergangenen Verordnungen Nrn. 2407/92, 2408/92 und 2409/92 erließ der Gemeinschaftsgesetzgeber weitere Rechtsakte zum Luftverkehr, insbesondere die Verordnungen Nrn. 2299/89 und 95/93.

12 Die Verordnung Nr. 2299/89 gilt nach ihrem Artikel 1 für computergesteuerte Systeme zur Buchung von Luftverkehrsprodukten (im Folgenden: CRS), sofern diese Systeme im Gebiet der Gemeinschaft zur Benutzung angeboten und/oder benutzt werden, und zwar ungeachtet des Status oder der Staatsangehörigkeit des Systemverkäufers, der benutzten Informationsquelle oder des Standorts der entsprechenden zentralen Datenverarbeitungsanlage und des Standorts der Flughäfen, zwischen denen die Beförderung mit einem Luftfahrzeug erfolgt.

13 Artikel 7 Absätze 1 und 2 dieser Verordnung bestimmt jedoch:

(1) Die in den Artikeln 3 und 4 bis 6 enthaltenen Verpflichtungen eines Systemverkäufers gelten nicht gegenüber einem Mutterluftfahrtunternehmen eines Drittlandes, soweit dessen CRS außerhalb des Gebiets der Gemeinschaft Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft nicht eine Behandlung gewährleistet, wie sie in dieser Verordnung und in der Verordnung (EWG) Nr. 83/91 der Kommission vorgesehen ist.

(2) Die in den Artikeln 3a, 4 und 8 enthaltenen Verpflichtungen von Mutterluftfahrtunternehmen oder teilnehmenden Luftfahrtunternehmen gelten nicht gegenüber einem CRS, das von einem oder mehreren Luftfahrtunternehmen eines oder mehrerer Drittländer kontrolliert wird, soweit das oder die Mutter- oder teilnehmende[/n] Luftfahrtunternehmen außerhalb des Gebiets der Gemeinschaft nicht eine gleichwertige Behandlung erfährt bzw. erfahren, wie sie in dieser Verordnung und in der Verordnung (EWG) Nr. 83/91 der Kommission vorgesehen ist."

14 Die Verordnung Nr. 95/93 schließlich gilt auch für Luftfahrtunternehmen von Drittländern. Artikel 12 dieser Verordnung bestimmt jedoch:

(1) Wenn festgestellt wird, dass ein Drittland bei der Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen

a) Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft nicht eine Behandlung gewährt, die derjenigen von Luftfahrtunternehmen aus diesem Land durch die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vergleichbar ist, oder

b) Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft nicht de facto Inländerbehandlung gewährt oder

c) Luftfahrtunternehmen aus anderen Drittländern eine günstigere Behandlung gewährt als Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft,

können in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um die Lage in Bezug auf die betroffenen Flughäfen abzustellen, wobei die Verpflichtungen, die sich aus dieser Verordnung gegenüber einem Luftfahrtunternehmen aus dem genannten Drittland ergeben, ganz oder teilweise ausgesetzt werden können.

(2) Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission von allen ernsthaften rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten, auf die die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft bei der Erlangung von Zeitnischen auf Flughäfen in Drittländern stoßen."

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Die Initiativen der Kommission im Hinblick auf den Abschluss völkerrechtlicher Verträge über den Luftverkehr durch die Gemeinschaft

15 Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs oder danach schlossen mehrere Staaten, die später Mitgliedstaaten der Gemeinschaft wurden - so auch das Königreich Belgien -, mit den Vereinigten Staaten von Amerika bilaterale Luftverkehrsabkommen.

16 In dem Bestreben, alle diese bilateralen Übereinkünfte durch ein einziges Abkommen der Gemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika zu ersetzen, versuchte die Kommission von Beginn der 90er Jahre an wiederholt, vom Rat ein Mandat zu erhalten, um mit den amerikanischen Stellen ein solches Luftverkehrsabkommen auszuhandeln.

17 Einen ersten dahin gehenden Antrag brachte die Kommission am 23. Februar 1990 mit einem Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein Konsultations- und Genehmigungsverfahren für Abkommen über die Handelsbeziehungen im Luftverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern beim Rat ein. Am 23. Oktober 1992 legte sie einen zweiten, leicht geänderten Vorschlag für eine Entscheidung vor (ABl. 1993, C 216, S. 15). Beide Vorschläge waren auf Artikel 113 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 133 EG) gestützt, da die Kommission davon ausging, dass der Abschluss völkerrechtlicher Verträge über den Luftverkehr der Handelspolitik der Gemeinschaft zuzurechnen sei.

18 Diese Initiativen der Kommission hatten beim Rat keinen Erfolg. Seinen Standpunkt in dieser Frage legte der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 15. März 1993 fest, worin er ausführte,

- dass Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag die angemessene Rechtsgrundlage für die Entwicklung einer externen Luftverkehrspolitik darstelle;

- dass die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit für die Beziehungen zu Drittländern im Luftfahrtbereich vollständig behielten, vorbehaltlich der Maßnahmen, die der Rat in diesem Bereich bereits erlassen habe oder noch erlassen werde. In diesem Zusammenhang wies er jedoch darauf hin, dass die betroffenen Mitgliedstaaten bei bilateralen Verhandlungen den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Verpflichtungen ordnungsgemäß Rechnung zu tragen hätten und sich über die Interessen der anderen Mitgliedstaaten informieren müssten;

- dass Verhandlungen mit Drittländern auf Gemeinschaftsebene nur geführt werden sollten, wenn dies für den Rat dem gemeinsamen Interesse entspreche, weil dadurch für alle Mitgliedstaaten ein besseres Ergebnis erzielt werden könne als mit dem herkömmlichen System bilateraler Abkommen.

19 Im April 1995 warf die Kommission die Frage erneut auf und empfahl dem Rat den Erlass einer Entscheidung, mit der sie ermächtigt würde, mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein Luftverkehrsabkommen auszuhandeln. Auf dieses neue Ersuchen hin erteilte der Rat der Kommission im Juni 1996 ein beschränktes Mandat für Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika - in Zusammenarbeit mit einem vom Rat eigens bestimmten Sonderausschuss - über folgende Punkte: Wettbewerbsregeln, Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen, CRS, code sharing", Konfliktlösung, Leasing, Umweltklauseln und Übergangsmaßnahmen. Für den Fall, dass die Vereinigten Staaten von Amerika dies wünschten, wurde die Kommission ermächtigt, die Verhandlungen auszudehnen auf staatliche Beihilfen und andere Maßnahmen zur Verhinderung des Konkurses von Luftfahrtunternehmen, die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen, die wirtschaftliche und technische Eignung von Luftfahrtunternehmen sowie auf Sicherheitsklauseln, Schutzklauseln und jede andere Frage in Bezug auf die Regelung des Sektors. Dagegen wurde ausdrücklich klargestellt, dass das Mandat nicht Verhandlungen über den Marktzugang (einschließlich des code sharing" und des Leasings, soweit diese sich auf die Verkehrsrechte bezögen), über Kapazitäten, die Benennung der Luftfahrtunternehmen und die Flugpreise umfasse.

20 Dem Protokoll der Sitzung des Rates, in der der Kommission dieses Verhandlungsmandat erteilt wurde, wurden Erklärungen der beiden Organe beigefügt. In einer von beiden Organen gemeinsam verfassten Erklärung (im Folgenden: gemeinsame Erklärung von 1996) hieß es, dass das bestehende System bilateraler Übereinkünfte aufrechterhalten werde und bis zum Abschluss eines neuen Abkommens, das die Gemeinschaft verpflichte, in Kraft bleibe, damit während der gemeinschaftlichen Verhandlungen die Kontinuität der Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Vereinigten Staaten von Amerika gewahrt sei und für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen eine rechtsgültige Ersatzlösung zur Verfügung stehe. In einer eigenen Erklärung bekräftigte die Kommission ihre Ansicht, dass die Gemeinschaft die Zuständigkeit für die Verkehrsrechte erworben habe.

21 Bis heute ist aufgrund des Verhandlungsmandats, das der Kommission 1996 erteilt wurde, kein Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika geschlossen worden.

22 Aus den Akten ergibt sich, dass die Gemeinschaft dagegen 1992 mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden ein mit dem Beschluss 92/384/EWG des Rates vom 22. Juni 1992 (ABl. L 200, S. 20) genehmigtes Abkommen über die Zivilluftfahrt schloss, dass sie auf diesem Gebiet ein grundsätzliches Einvernehmen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielte und dass sie im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage mit zwölf europäischen Ländern in Verhandlungen über ein Abkommen über die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftraums" stand.

Das bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen dem Königreich Belgien und den Vereinigten Staaten von Amerika

23 1946 wurde zwischen dem Königreich Belgien und den Vereinigten Staaten von Amerika erstmals ein bilaterales Luftverkehrsabkommen vom Typ ,Bermuda" geschlossen. Dieses Abkommen enthielt Klauseln über allgemeine Grundsätze, Klauseln über die Bezeichnung, die verlangten, dass die Luftfahrtunternehmen im Eigentum und unter der tatsächlichen Kontrolle der anderen Vertragspartei oder von deren Staatsangehörigen stehen, Klauseln über die Kapazität, die den Bedürfnissen der Öffentlichkeit im Luftverkehrsbereich entsprechen musste, Klauseln über die Festlegung und Genehmigung der Flugtarife, verschiedene Klauseln in Bezug auf Rechtsvorschriften (insbesondere über Zollbefreiung, Schiedsgerichtsbarkeit, Konsultationen und Kündigung) sowie Klauseln in Bezug auf Luftfahrtunternehmen.

24 Dieses Abkommen wurde 1972, 1977 und 1978 mit dem Ziel geändert, den internationalen Luftverkehr zu liberalisieren. Das am 8. November 1978 zwischen dem Königreich Belgien und den Vereinigten Staaten von Amerika unterzeichnete Protokoll (im Folgenden: Protokoll von 1978) brachte mehr Freiheit im Preisbereich, führte die bereits 1972 erfolgte Liberalisierung der Charterdienste fort und hob die einseitigen Beschränkungen bei Volumen, Verkehr, Frequenz und Regelmäßigkeit von Diensten auf. Außerdem verpflichteten sich die beiden Vertragsparteien darin, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um jede Form der Diskriminierung und unfairer Wettbewerbspraktiken gegen Luftfahrtunternehmen der anderen Vertragspartei auszuschließen. Schließlich liberalisierte das Protokoll von 1978 die planmäßigen Luftverkehrsdienste. Was die Verkehrsrechte der Vereinigten Staaten von Amerika angeht, so gewährte Artikel 3 dieses Protokolls diesem Land insbesondere Zugang zu Fluglinien von den Vereinigten Staaten über dazwischen liegende Punkte nach Belgien und darüber hinaus zu jedem Punkt außerhalb Belgiens, ohne Begrenzung in geografischer Hinsicht sowie in Bezug auf Zahl und Art der verwendeten Flugzeuge. Die Verkehrsrechte des Königreichs Belgien wurden auf zwei feste und drei veränderliche Punkte in den Vereinigten Staaten von Amerika erweitert, und die Rechte in Bezug auf darüber hinaus" liegende Punkte wurden für jeden Punkt in Kanada und nach Mexiko von einem in den Vereinigten Staaten von Amerika gelegenen Punkt aus gewährt.

25 Diese Liberalisierung wurde mit dem Luftverkehrsabkommen vom 23. Oktober 1980 zwischen dem Königreich Belgien und den Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden: Abkommen von 1980) fortgeführt. Dieses Abkommen enthält folgende Bestimmungen:

- Die Vertragsparteien greifen in die Preisgestaltung nur ein, um auf Verdrängung ausgerichtete (predatory") oder diskriminierende Praktiken und Preise zu verhindern, die Verbraucher vor ungebührlich hohen oder restriktiven Preisen infolge des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung zu schützen oder die Luftfahrtunternehmen vor künstlich niedrigen Preisen aufgrund von direkten oder indirekten staatlichen Beihilfen zu schützen, wobei klargestellt wird, dass jede Vertragspartei einem Luftfahrtunternehmen erlauben wird, seine Preise an einen niedrigeren oder wettbewerbsfähigeren Preis eines Luftfahrtunternehmens der anderen Vertragspartei anzugleichen; außerdem wird ein System der doppelten Missbilligung der von den Unternehmen einer der Parteien angewandten Preise eingeführt (Artikel 12);

- die Bestimmungen für Charterfluege werden liberalisiert (Anhang II);

- die bilateralen Beschränkungen in Bezug auf Kapazität, Frequenz, Flugzeugtyp und Verkehr werden aufgehoben, und die Parteien verpflichten sich, den Unternehmen der beiden Parteien die gleiche faire Gelegenheit zu bieten, in Wettbewerb zueinander zu treten (Artikel 11);

- die Benutzungsgebühren müssen gerecht, angemessen und nichtdiskriminierend sein (Artikel 10);

- Mehrfachbezeichnung ist zulässig;

- die Verkehrsrechte sind zugunsten der Luftfahrtunternehmen der Vereinigten Staaten von Amerika unbeschränkt; für die Unternehmen des Königreichs Belgien ist dagegen der Zugang zum amerikanischen Passagier- und Frachtverkehrsmarkt auf den im Protokoll von 1978 vorgesehenen Zugang beschränkt. Diese Rechte unterliegen keinen Beschränkungen in geografischer Hinsicht sowie in Bezug auf Flugrichtung oder Änderungen der Art und Zahl der verwendeten Flugzeuge (Anhang I Abschnitte 2 und 3).

26 Eine 1986 erfolgte Änderung beschränkte sich auf die Ersetzung des die Luftverkehrssicherheit betreffenden Artikels 7 des Abkommens von 1980.

27 Aufgrund von 1991 ausgehandelten Anpassungen erhielt das Königreich Belgien außerdem Zugang zu drei festen Punkten (Boston, Chicago und Detroit [Vereinigte Staaten von Amerika]), zu zwei Punkten seiner Wahl und zu zehn zusätzlichen Punkten auf der Grundlage von code sharing". Die Luftfahrtunternehmen erhielten das Recht, eine Kooperation im Marketingbereich zu vereinbaren, allerdings mit Ausnahme von Kabotagedienstleistungen und revenue pooling". In Bezug auf die CRS vereinbarten die Vertragsparteien in einem neuen Anhang III des Abkommens von 1980, dass für diese die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und des fairen Wettbewerbs gelten sollten, und sie gewährten (jeder für seinen Markt) freien Zugang zu den CRS und deren Dienstleistungen in ihrem Hoheitsgebiet. Diese Anpassungen traten erst im Januar 1994 in Kraft, als ein Luftfahrtunternehmen verlangte, von der 1991 vereinbarten neuen Freiheit des Code sharing profitieren zu können.

28 Den Akten ist zu entnehmen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika 1992 die Initiative ergriffen und einzelnen europäischen Staaten den Abschluss eines bilateralen Open-skies"-Abkommens vorschlugen. Ein Abkommen dieses Typs sollte Allianzen zwischen amerikanischen und europäischen Luftfahrtunternehmen erleichtern und hatte eine Reihe von Kriterien zu erfuellen, die die amerikanische Regierung festgelegt hatte, z. B. freier Zugang zu allen Routen, Gewährung unbegrenzter Linien- und Verkehrsrechte, Preisfestlegung nach einem System der doppelten Missbilligung" für Luftverkehrsstrecken zwischen den Vertragsparteien, Möglichkeit des code sharing" usw.

29 In den Jahren 1993 und 1994 verstärkten die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Bemühungen, an der Open-skies"-Politik ausgerichtete bilaterale Luftverkehrsabkommen mit möglichst vielen europäischen Staaten abzuschließen.

30 In einem an die Mitgliedstaaten gerichteten Schreiben vom 17. November 1994 wies die Kommission auf die negativen Auswirkungen dieser bilateralen Abkommen für die Gemeinschaft hin und stellte fest, dass ein Abkommen dieses Typs die interne Regelung der Gemeinschaft beeinträchtigen könnte. Die Verhandlungen über solche Abkommen könnten wirkungsvoll und in rechtlich zulässiger Weise nur auf Gemeinschaftsebene geführt werden.

31 Im Laufe der Verhandlungen vom 28. Februar und 1. März 1995 erzielten Vertreter der belgischen und der amerikanischen Regierung eine Einigung über eine neue Änderung des Abkommens von 1980, die anschließend durch einen diplomatischen Notenwechsel bestätigt wurde. Folgende Änderungen wurden vorgenommen (im Folgenden: Änderungen von 1995): Im Hauptteil des Abkommens wurden Artikel 1 (Begriffsbestimmungen), Artikel 3 (Bezeichnung und Genehmigung), Artikel 6 (Sicherheit), Artikel 7 (Sicherheit der Luftfahrt), Artikel 8 (Wirtschaftliche Möglichkeiten), Artikel 9 (Zölle und Abgaben), Artikel 10 (Benutzungsgebühren), Artikel 11 (Fairer Wettbewerb), Artikel 12 (Preisfestlegung), Artikel 13 (Erdgebundener Verkehr/Intermodale Dienstleistungen), Artikel 14 (Kommissionen), Artikel 15 (Anwendung), Artikel 17 (Beilegung von Meinungsverschiedenheiten) und Artikel 20 (Multilaterale Übereinkunft) so geändert oder gestrichen, dass dieses Abkommen dem amerikanischen Open-skies"-Standard entsprach. Außerdem wurden die Anhänge I und II des Abkommens von 1980 mit Bestimmungen zu planmäßigen Flugdiensten und Betriebsmöglichkeiten geändert, um sie diesem Standard anzupassen (z. B. hinsichtlich Linien, Flexibilität im Betrieb, Charterverkehr usw.).

32 Nach Artikel 3 des Abkommens von 1980 ist die Gewährung der entsprechenden Betriebsgenehmigungen und erforderlichen technischen Genehmigungen durch jede Vertragspartei an Luftfahrtunternehmen, die von der anderen Vertragspartei bezeichnet worden sind, von der Voraussetzung abhängig, dass ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle dieses Luftfahrtunternehmens bei der Vertragspartei, die es bezeichnet hat, bei Staatsangehörigen dieser Partei oder bei beiden liegt" (im Folgenden: Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen). Nach Artikel 4 dieses Abkommens können diese Genehmigungen widerrufen, ausgesetzt oder eingeschränkt werden, wenn die genannte Voraussetzung nicht erfuellt ist.

Vorprozessuales Verfahren

33 Nachdem die Kommission Kenntnis davon erhalten hatte, dass die Verhandlungen zur Änderung des Abkommens von 1980 erfolgreich abgeschlossen waren, richtete sie am 2. Juni 1995 an die belgische Regierung eine schriftliche Aufforderung zur Äußerung, in der sie im Wesentlichen feststellte, dass die Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet des Luftverkehrs eine vollständige Regelung zur Errichtung des Luftverkehrsbinnenmarkts geschaffen hätten. Die Mitgliedstaaten seien daher nicht mehr befugt, bilaterale Abkommen wie dasjenige zu schließen, das das Königreich Belgien soeben mit den Vereinigten Staaten von Amerika ausgehandelt habe. Im Übrigen verstoße ein solches Abkommen gegen primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht.

34 Nachdem die belgische Regierung in ihrer Antwort vom 4. September 1995 dem Standpunkt der Kommission entgegengetreten war, richtete diese am 16. März 1998 an das Königreich Belgien eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie zu der Schlussfolgerung gelangte, dass die bilateralen Verpflichtungen aus den 1995 vorgenommenen Änderungen des Abkommens von 1980 einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellten, und diesen Mitgliedstaat aufforderte, dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen.

35 Da die Kommission die Antwort der belgischen Regierung vom 26. Juni 1998 nicht für zufrieden stellend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

Zulässigkeit

36 Für die belgische Regierung stellt die Erhebung der vorliegenden Klage einen Verfahrensmissbrauch dar, weil die Kommission damit eine Zuständigkeit der Gemeinschaft erreichen wolle, die sie im Rat nicht habe durchsetzen können und die sie nur mit einer Klage gegen den Rat erlangen könne. Hilfsweise macht die belgische Regierung in ihrer Gegenerwiderung geltend, dass die vorliegende Klage das berechtigte Vertrauen verletze, das bei dem Königreich Belgien aufgrund der nach Übersendung des Mahnschreibens vom 2. Juni 1995 abgegebenen gemeinsamen Erklärung von 1996 bestanden habe, aus der hervorgehe, dass das gegen Belgien eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren nicht weitergeführt werde.

37 Dazu ist zu beachten, dass die vorliegende Klage auf die Feststellung gerichtet ist, dass das Königreich Belgien gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, indem es mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein bilaterales Luftverkehrsabkommen geschlossen hat.

38 Die Kommission hat mit der Erhebung der Vertragsverletzungsklage nach Artikel 169 EG-Vertrag die Bestimmungen dieses Vertrages fehlerfrei angewandt, da sie die Klage gewählt hat, die der Vertrag speziell für den Fall vorsieht, dass ein Mitgliedstaat nach ihrer Ansicht eine seiner Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verletzt.

39 Zum Vorbringen der belgischen Regierung in Bezug auf die Gründe, aus denen sich die Kommission dafür entschieden haben soll, die vorliegende Klage zu erheben anstatt gegen den Rat vorzugehen, ist daran zu erinnern, dass allein die Kommission in ihrer Rolle als Hüterin des Vertrages für die Entscheidung zuständig ist, ob es angebracht ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, und wegen welcher dem betroffenen Mitgliedstaat zuzurechnenden Handlung oder Unterlassung dieses Verfahren zu eröffnen ist (vgl. Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-431/92, Kommission/Deutschland, Slg. 1995, I-2189, Randnrn. 21 und 22).

40 Daher ist diese Einrede zurückzuweisen.

41 Zu der hilfsweise geltend gemachten Einrede des Königreichs Belgien ist darauf hinzuweisen, dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nach Artikel 42 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

42 Die Einrede der Verletzung des berechtigten Vertrauens ist erstmals in der Gegenerwiderung vorgebracht worden, und sie ist nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

43 Daher ist diese Einrede unzulässig.

Notwendigkeit einer Entscheidung über das Bestehen eines neuen, aus den Änderungen von 1995 resultierenden Abkommens

44 Aus der Formulierung des Hauptantrags und des Hilfsantrags der Kommission ergibt sich, dass die materielle Prüfung des einen oder des anderen Antrags nach Meinung der Kommission notwendig voraussetzt, dass der Gerichtshof zu der Vorfrage Stellung nimmt, ob die Änderungen von 1995 eine Umwandlung des bereits bestehenden Abkommens von 1980 in ein neues, so genanntes Open-skies"-Abkommen zur Folge hatten, in das sich die Vorschriften des Abkommens von 1980 in der später geänderten Fassung einfügten. Wenn diese Folge tatsächlich eingetreten sei, müsste der Gerichtshof nach Ansicht der Kommission nur über den Hauptantrag entscheiden und die Vereinbarkeit des neuen Abkommens mit den 1995 geltenden einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften beurteilen. Andernfalls bestehe kein Anlass, über den Hauptantrag zu entscheiden, und der Gerichtshof hätte dann über den Hilfsantrag zu entscheiden und die Vereinbarkeit der Vorschriften der zuvor geschlossenen Abkommen, namentlich des Abkommens von 1980, insbesondere mit Artikel 5 EG-Vertrag zu beurteilen.

45 Die belgische Regierung trägt vor, das Abkommen von 1980 sei schon vor den 1995 vorgenommenen Änderungen ein liberales Luftverkehrsabkommen gewesen. Die Kommission überschätze die Tragweite dieser Änderungen erheblich, indem sie insbesondere auf die Zahl der geänderten Klauseln abstelle. Die belgische Regierung untersucht diese Änderungen Punkt für Punkt und macht geltend, dass sie sich im Wesentlichen darauf beschränkten, dem Königreich Belgien dieselben unbeschränkten Verkehrsrechte einzuräumen, wie sie den Vereinigten Staaten von Amerika seit dem Protokoll von 1978 zustuenden. Abgesehen von den Änderungen des Anhangs I des Abkommens von 1980 zur Vervollständigung des Austauschs der Verkehrsrechte im Bereich der planmäßigen Flugdienste seien die anderen Änderungen von 1995 rein redaktioneller Art. Daher könnten sie kein neu geschlossenes Abkommen darstellen.

46 Die Kommission untersucht zur Stützung ihrer Ansicht eingehend die Änderungen von 1995. Sie weist zunächst darauf hin, dass mehrere Bestimmungen des Abkommens von 1980, wie insbesondere die Artikel 7 und 8, grundlegend geändert worden seien. Sodann seien die Artikel 10, 13 und 20 des Abkommens von 1980 ersetzt worden, während die Artikel 14 und 15 gestrichen worden seien. Schließlich habe Anhang I, der geändert worden sei, um der Entwicklung der Verkehrsrechte zwischen den Vertragsparteien Rechnung zu tragen, das Abkommen von 1980 vollständig von einem klassischen Bermuda"-Abkommen in ein Open-skies"-Abkommen nach amerikanischem Standard umgewandelt.

47 Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die materielle Prüfung des Hauptantrags der Kommission nicht notwendig eine Stellungnahme des Gerichtshofes zu der Frage voraussetzt, ob die Änderungen von 1995 eine Umwandlung des vorherigen Abkommens von 1980 in ein neues Abkommen bewirkt haben.

48 Das Abkommen von 1980 hat sich zwar infolge der vor 1995 vorgenommenen Änderungen zu einem Open-skies"-Abkommen gewandelt, doch ergibt sich aus den Akten und den Erörterungen vor dem Gerichtshof, dass die in Randnummer 31 des vorliegenden Urteils geschilderten, 1995 erfolgten Änderungen eine völlige Liberalisierung des Luftverkehrs zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Königreich Belgien bewirkt haben durch die Gewährung freien Zugangs zu allen Routen zwischen allen in diesen beiden Staaten gelegenen Punkten, ohne Beschränkung von Kapazität und Frequenz, ohne Einschränkungen in Bezug auf dazwischen liegende sowie auf davor oder dahinter liegende Punkte (behind, between and beyond rights") und mit allen gewünschten Kombinationen von Maschinen (change of gauge"). Diese völlige Freiheit wurde durch Vorschriften über die Möglichkeiten für die betroffenen Luftfahrtunternehmen, Vereinbarungen über die Teilung von Codes (code sharing") zu treffen, und durch Vorschriften vervollständigt, die den Wettbewerb oder die Nichtdiskriminierung fördern.

49 Daraus folgt, dass die Änderungen, die 1995 am Abkommen von 1980 vorgenommen wurden, den Rahmen für eine eingehendere Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Königreich Belgien geschaffen haben, aus dem sich für das Königreich Belgien neue, bedeutende völkerrechtliche Verpflichtungen ergeben.

50 Außerdem belegen die Änderungen von 1995, dass über das gesamte Abkommen von 1980 neu verhandelt wurde. Auch wenn daher einzelne Bestimmungen dieses Abkommens im Rahmen der 1995 erfolgten Änderungen nicht förmlich geändert wurden oder nur marginale redaktionelle Änderungen erfahren haben, sind die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen bei diesen Neuverhandlungen bestätigt worden. In einer solchen Situation dürfen die Mitgliedstaaten aber nicht nur keine neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehen, sondern auch keine völkerrechtlichen Verpflichtungen aufrechterhalten, wenn diese gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-62/98, Kommission/Portugal, Slg. 2000, I-5171, und in der Rechtssache C-84/98, Kommission/Portugal, Slg. 2000, I-5215).

51 Diese Feststellung gilt insbesondere für den Zugang zu den innergemeinschaftlichen Luftverkehrsstrecken, der den von den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichneten Luftfahrtunternehmen gewährt wird. Auch wenn dieser Zugang, wie die belgische Regierung vorträgt, seinen Ursprung in Verpflichtungen hat, die vor 1995 vereinbart wurden, ergibt sich aus Anhang I Abschnitt 1 des Abkommens von 1980 über den Fluglinienplan in der 1995 geänderten Fassung, dass der Zugang der von den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichneten Luftfahrtunternehmen zu den innergemeinschaftlichen Luftverkehrsstrecken 1995 im Rahmen des von beiden Staaten vereinbarten Austauschs von Verkehrsrechten zumindest noch einmal bestätigt wurde.

52 Außerdem ist, was die Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen anbelangt, davon auszugehen, dass, wie der Generalanwalt in den Nummern 136 bis 138 seiner Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, die Änderungen, die 1995 am Abkommen insgesamt vorgenommen wurden, die Tragweite derjenigen Bestimmungen berühren, die dabei - wie die genannte Klausel - nicht förmlich oder nur leicht geändert wurden.

53 Daraus folgt, dass alle mit dem Hauptantrag beanstandeten völkerrechtlichen Verpflichtungen im Hinblick auf die von der Kommission zur Begründung dieses Antrags angeführten gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sind, die im Zeitpunkt der Eingehung oder Bestätigung dieser Verpflichtungen, also jedenfalls 1995, in Kraft waren.

54 Da der Gerichtshof in der Lage ist, über den Hauptantrag zu entscheiden, besteht kein Anlass für eine Entscheidung über den Hilfsantrag. Nach dem Wortlaut des Hilfsantrags hängt nämlich dessen Prüfung nicht davon ab, inwieweit dem Hauptantrag stattgegeben wird, sondern von der Frage, ob sich der Gerichtshof in der Lage sieht, über den Hauptantrag zu entscheiden.

Vertragsverletzung durch Verletzung der Außenkompetenz der Gemeinschaft

55 Die Kommission wirft dem Königreich Belgien die Verletzung der Außenkompetenz der Gemeinschaft durch Eingehung der streitigen Verpflichtungen vor. Diese Zuständigkeit ergebe sich zum einen aus der Erforderlichkeit im Sinne des Gutachtens 1/76 vom 26. April 1977 (Slg. 1977, 741), ein Abkommen, das solche Verpflichtungen enthalte, auf Gemeinschaftsebene zu schließen, und zum anderen daraus, dass die streitigen Verpflichtungen die von der Gemeinschaft im Luftverkehrsbereich erlassenen Vorschriften im Sinne des Urteils AETR" vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70 (Kommission/Rat, Slg. 1971, 263) beeinträchtigten.

Bestehen einer Außenkompetenz der Gemeinschaft im Sinne des Gutachtens 1/76

Vorbringen der Parteien

56 Die Kommission trägt vor, nach dem Gutachten 1/76, das durch die Gutachten 1/94 vom 15. November 1994 (Slg. 1994, I-5267) und 2/92 vom 24. März 1995 (Slg. 1995, I-521) präzisiert worden sei, bestehe auch bei Fehlen von Gemeinschaftsvorschriften in dem betreffenden Bereich eine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge, wenn dieser Abschluss zur Erreichung der Ziele des EG-Vertrags in diesem Bereich erforderlich sei, weil die Ziele nicht einfach durch Aufstellung autonomer gemeinsamer Regeln erreicht werden könnten.

57 Wie im Gutachten 2/92 ausgeführt worden sei, stuenden die Erwägungen des zuvor abgegebenen Gutachtens 1/94 in keiner Weise dem Ergebnis des Gutachtens 1/76 entgegen. Der Verweis in Randnummer 86 des Gutachtens 1/94 auf das Fehlen einer untrennbaren Verbindung zwischen der Verwirklichung des freien Dienstleistungsverkehrs zugunsten der Angehörigen der Mitgliedstaaten und der Behandlung von Angehörigen von Drittstaaten in der Gemeinschaft betreffe den Bereich der Dienstleistungen allgemein. Im Luftverkehrsbereich seien rein interne Maßnahmen in Anbetracht des internationalen Charakters der ausgeübten Tätigkeiten und der Unmöglichkeit einer Trennung der internen und externen Märkte wenig wirkungsvoll. Aus diesem Grund habe es sich auch in vielen Fällen als notwendig erwiesen, die Behandlung von Verkehrsunternehmen aus Drittländern in Gemeinschaftsmaßnahmen zum Luft- und Seeverkehr zu regeln und entsprechende Abkommen zu schließen.

58 Die Diskriminierungen, die Wettbewerbsverfälschungen und die Störungen des Gemeinschaftsmarktes, die sich aus den von verschiedenen Mitgliedstaaten geschlossenen bilateralen Open-skies"-Abkommen ergäben, bewiesen, dass die Ziele der gemeinsamen Luftverkehrspolitik nicht ohne Abschluss eines Abkommens zwischen der Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika erreicht werden könnten.

59 Insbesondere führten die streitigen Verpflichtungen - für sich allein betrachtet oder in Verbindung mit den von anderen Mitgliedstaaten übernommenen entsprechenden Verpflichtungen - strukturelle Änderungen des Verkehrsflusses in die Vereinigten Staaten von Amerika herbei und ermöglichten es den amerikanischen Luftfahrtunternehmen, auf dem innergemeinschaftlichen Markt tätig zu sein, ohne dass sie allen Verpflichtungen des mit den gemeinsamen Regeln eingeführten Systems unterlägen, und folglich mit den Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft in Wettbewerb zu treten.

60 Die Notwendigkeit des Tätigwerdens der Gemeinschaft im Verhältnis zu Drittländern lasse sich anhand der Vertragsbestimmungen über den Verkehr leicht belegen. Ungeachtet der Tatsache, dass Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag den spezifischen Inhalt der in Bezug auf den Luftverkehr zu erlassenden Vorschriften nicht im Voraus bestimme, erkläre er doch ausdrücklich die Verfahrensvorschriften des Artikels 75 Absatz 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 71 Absatz 2 EG) für anwendbar. Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag verleihe somit der Gemeinschaft eindeutig die Befugnis zum Abschluss von Luftverkehrsabkommen mit Drittländern, was außerdem durch die Berufung auf diesen Artikel für den Abschluss eines Luftverkehrsabkommens mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden im Jahr 1992 in der Praxis belegt werde.

61 Die ausschließliche Außenkompetenz, über die die Gemeinschaft in dem von den streitigen Verpflichtungen erfassten Bereich verfüge, hindere das Königreich Belgien daran, solche Verpflichtungen einzugehen, auch wenn die Gemeinschaft diese Zuständigkeit nicht ausgeübt habe.

62 Nach Ansicht der belgischen Regierung müssen für die Gewährung einer impliziten Außenkompetenz im Sinne des Gutachtens 1/76 an die Gemeinschaft zwei Voraussetzungen erfuellt sein: Bestehen einer internen Zuständigkeit, mit der ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll, und Erforderlichkeit einer Beteiligung der Gemeinschaft an einer völkerrechtlichen Verpflichtung, um dieses Ziel zu erreichen. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Außenkompetenz im Sinne des Gutachtens 1/76 an die Gemeinschaft unterschieden sich von denen für die Außenkompetenz im Sinne des Urteils AETR, da nach diesem Gutachten die Gemeinschaft diese Außenkompetenz ausgeübt haben müsse, damit sie zu einer ausschließlichen werde, wie der Gerichtshof im Gutachten 1/94 ausgeführt habe.

63 In dem letztgenannten Gutachten habe der Gerichtshof außerdem ausgeführt, dass im Dienstleistungsbereich die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs zugunsten der Angehörigen der Mitgliedstaaten nicht untrennbar damit verbunden sei, wie Drittstaatsangehörige in der Gemeinschaft oder Angehörige der Mitgliedstaaten in Drittstaaten behandelt würden.

64 Selbst wenn im Übrigen der Gerichtshof der Meinung sein sollte, dass aufgrund der von der Kommission behaupteten wirtschaftlichen Auswirkungen die Ausübung der Außenkompetenz durch die Gemeinschaft im Sinne des Gutachtens 1/76 erforderlich sei, habe der Rat bis heute nicht die Frage entschieden, ob ein Gemeinschaftsabkommen gegenüber dem bestehenden System bilateraler Beziehungen erhebliche Vorteile mit sich bringe. Er habe somit die Ausübung dieser Außenkompetenz nicht für erforderlich gehalten.

Würdigung durch den Gerichtshof

65 In Bezug auf den Luftverkehr beschränkt sich Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag darauf, eine Handlungsbefugnis der Gemeinschaft vorzusehen, die jedoch von einer vorherigen Entscheidung des Rates abhängig ist.

66 Diese Vorschrift kann daher zwar vom Rat als Rechtsgrundlage verwendet werden, um der Gemeinschaft im Einzelfall die Befugnis zum Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages über den Luftverkehr zuzuerkennen, es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass sie für sich allein eine Außenkompetenz der Gemeinschaft im Luftverkehrsbereich schafft.

67 Der Gerichtshof hat zwar bereits entschieden, dass sich die Zuständigkeit der Gemeinschaft zur Eingehung völkerrechtlicher Verpflichtungen nicht nur aus einer ausdrücklichen Verleihung durch den Vertrag ergeben, sondern auch stillschweigend aus Vertragsbestimmungen fließen kann. Eine solche implizite Außenkompetenz besteht nicht nur in allen Fällen, in denen von der internen Zuständigkeit bereits Gebrauch gemacht worden ist, um Maßnahmen zur Verwirklichung einer gemeinsamen Politik zu treffen, sondern auch dann, wenn die internen Maßnahmen der Gemeinschaft erst anlässlich des Abschlusses und der Inkraftsetzung der völkerrechtlichen Vereinbarung ergriffen werden. Somit kann sich die Befugnis, die Gemeinschaft gegenüber Drittstaaten zu verpflichten, stillschweigend aus den die interne Zuständigkeit begründenden Bestimmungen des Vertrages ergeben, sofern die Beteiligung der Gemeinschaft an der völkerrechtlichen Vereinbarung notwendig ist, um eines der Ziele der Gemeinschaft zu erreichen (vgl. Gutachten 1/76, Randnrn. 3 und 4).

68 In seiner späteren Rechtsprechung hat der Gerichtshof klargestellt, dass das Gutachten 1/76 den Fall betrifft, dass die interne Zuständigkeit wirksam nur zugleich mit der Außenkompetenz ausgeübt werden kann (Gutachten 1/94, Randnr. 89), der Abschluss der völkerrechtlichen Vereinbarung somit erforderlich ist, um Ziele des Vertrages zu verwirklichen, die sich durch die Aufstellung autonomer Regeln nicht erreichen lassen.

69 Dies ist hier nicht der Fall.

70 Nichts im Vertrag hindert die Organe nämlich daran, im Rahmen der von ihnen erlassenen gemeinsamen Vorschriften konzertierte Aktionen gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika vorzusehen oder den Mitgliedstaaten ein bestimmtes Verhalten in ihren Außenbeziehungen vorzuschreiben, um die Diskriminierungen oder Wettbewerbsverzerrungen abzustellen, zu denen die Anwendung der Verpflichtungen führen könnte, die verschiedene Mitgliedstaaten mit den Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen von Open-skies"-Abkommen vereinbart haben (vgl. Gutachten 1/94, Randnr. 79). Es ist somit nicht erwiesen, dass sich wegen solcher Diskriminierungen oder Wettbewerbsverzerrungen die Ziele des Vertrages im Luftverkehrsbereich nicht durch Aufstellung autonomer Regeln erreichen lassen.

71 Außerdem hat der Rat 1992 das dritte Maßnahmenpaket" erlassen können, das der Kommission zufolge den auf dem freien Dienstleistungsverkehr beruhenden Luftverkehrsbinnenmarkt verwirklicht hat, ohne dass es damals erforderlich erschienen wäre, dass die Gemeinschaft dafür ein Luftverkehrsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika schließt. Im Gegenteil ergibt sich aus den Akten, dass der Rat, der nach dem Vertrag über die Zweckmäßigkeit eines Tätigwerdens im Luftverkehrsbereich zu befinden und den Umfang des Eingreifens der Gemeinschaft in diesem Bereich festzulegen hat, es nicht für erforderlich gehalten hat, auf Gemeinschaftsebene Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zu führen (siehe Randnr. 18 des vorliegenden Urteils). Erst im Juni 1996, also nachdem von der internen Zuständigkeit Gebrauch gemacht worden war, hat der Rat die Kommission ermächtigt, mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein Luftverkehrsabkommen auszuhandeln, und ihr dafür ein beschränktes Mandat erteilt, wobei er im Übrigen in seiner gemeinsam mit der Kommission abgegebenen Erklärung von 1996 auf die Klarstellung geachtet hat, dass das System der bilateralen Übereinkünfte mit diesem Land bis zum Abschluss eines neuen Abkommens, das die Gemeinschaft verpflichte, aufrechterhalten werde (siehe Randnrn. 19 und 20 des vorliegenden Urteils).

72 Die in den vorstehenden Randnummern getroffene Feststellung wird nicht durch die Tatsache in Frage gestellt, dass die vom Rat erlassenen Rechtsakte zum Luftverkehrsbinnenmarkt Vorschriften über Staatsangehörige von Drittländern enthalten (siehe z. B. Randnrn. 12 bis 14 des vorliegenden Urteils). Aufgrund des relativ beschränkten Regelungsgehalts dieser Vorschriften kann aus ihnen entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht gefolgert werden, dass die Verwirklichung des freien Dienstleistungsverkehrs im Luftverkehrsbereich zugunsten der Angehörigen der Mitgliedstaaten untrennbar mit der Behandlung von Angehörigen von Drittstaaten in der Gemeinschaft oder von Angehörigen der Mitgliedstaaten in Drittstaaten verbunden ist.

73 Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall keine Situation gegeben ist, in der die interne Zuständigkeit wirksam nur zugleich mit der Außenkompetenz ausgeübt werden konnte.

74 Nach alledem ist festzustellen, dass die Gemeinschaft zu der Zeit, als das Königreich Belgien die Änderungen von 1995 mit den Vereinigten Staaten von Amerika vereinbart hat, keine ausschließliche Außenkompetenz im Sinne des Gutachtens 1/76 für den Abschluss eines Luftverkehrsabkommens mit diesem Land für sich in Anspruch nehmen konnte.

75 Daher liegt die Vertragsverletzung, die in der Verletzung einer solchen Zuständigkeit durch das Königreich Belgien bestehen soll, nicht vor.

Bestehen einer Außenkompetenz der Gemeinschaft im Sinne des Urteils AETR

Vorbringen der Parteien

76 Die Kommission trägt vor, der Gemeinschaftsgesetzgeber habe mit dem rechtlichen Rahmen des dritten Maßnahmenpakets" zur Liberalisierung des Luftverkehrs umfassende gemeinsame Regeln erlassen, mit denen ein auf der Dienstleistungsfreiheit beruhender Luftverkehrsbinnenmarkt geschaffen worden sei. In diesen gemeinsamen Rechtsnormen habe die Gemeinschaft die Bedingungen für das Funktionieren des Binnenmarkts festgelegt, und zwar insbesondere hinsichtlich des Zugangs zu diesem Markt in Form von Verkehrsrechten für Strecken zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb derselben. Viele dieser Rechtsvorschriften enthielten darüber hinaus Bestimmungen, die Luftfahrtunternehmen aus Drittländern oder die Länder beträfen, in denen und von denen aus solche Luftfahrtunternehmen Flugdienste betrieben. Zu dieser Gesamtheit von Regeln kämen die Verordnungen Nrn. 2299/89 und 95/93 als Beispiele für Maßnahmen, die den Mitgliedstaaten ein bestimmtes Verhalten in ihren Beziehungen zu Drittländern vorschrieben.

77 Angesichts dieses vollständigen Systems gemeinsamer Rechtsnormen seien die Mitgliedstaaten - ob einzeln oder gemeinsam handelnd - nicht mehr dafür zuständig, Verpflichtungen einzugehen, die diese Rechtsnormen durch den Austausch von Verkehrsrechten und die Öffnung des Zugangs für Luftfahrtunternehmen aus Drittländern zum innergemeinschaftlichen Markt beeinträchtigen könnten. Die Verhandlung und der Abschluss solcher völkerrechtlicher Verpflichtungen fielen somit in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Urteil AETR sowie den Gutachten 1/94 und 2/92.

78 Solche völkerrechtlichen Verpflichtungen, die nicht von der Gemeinschaft übernommen worden seien, widersprächen dem Gemeinschaftsrecht und nähmen diesem seine Wirksamkeit, da es durch die Teilnahme von Luftverkehrsunternehmen aus Drittländern am Gemeinschaftsmarkt zu Diskriminierungen, Wettbewerbsverfälschungen und Marktstörungen komme. Die amerikanischen Luftverkehrsunternehmen könnten so in der Gemeinschaft tätig sein, ohne allen gemeinschaftlichen Verpflichtungen zu unterliegen, der Verkehr werde von anderen Mitgliedstaaten in den betreffenden Mitgliedstaat verlagert, und das mit der Einführung gemeinsamer Regeln angestrebte Gleichgewicht werde gestört.

79 Aus den Randnummern 25 und 26 des Gutachtens 2/91 vom 19. März 1993 (Slg. 1993, I-1061) ergebe sich, dass die Mitgliedstaaten selbst dann keine völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehen dürften, wenn sie darin den bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsnormen folgten, da dies zu einer Festschreibung der gemeinschaftlichen Rechtsnormen führe, wodurch deren Anpassung und Änderung behindert würden, was diese Rechtsnormen beeinträchtige".

80 Hilfsweise macht die Kommission geltend, selbst wenn gänzlich vollständige gemeinsame Rechtsnormen nicht geschaffen worden sein sollten, wäre dies für den Erfolg der Klage unerheblich, da, wie der Gerichtshof in den Randnummern 25 und 26 des Gutachtens 2/91 bekräftigt habe, die Zuständigkeit der Gemeinschaft gegeben sei, wenn die betreffende Übereinkunft ein Gebiet betreffe, das bereits weitgehend von Gemeinschaftsvorschriften erfasst sei, die schrittweise erlassen worden seien, was hier der Fall sei.

81 Sollte der Gerichtshof gleichwohl feststellen, dass die Gemeinschaftsregelung nicht als umfassend angesehen werden könne, weil ihr, wie das Königreich Belgien geltend mache, noch einige Elemente fehlten, so würde auch dies nichts entscheidend am Erfolg der Klage ändern. Wenn nämlich die Gemeinschaft für den Abschluss der streitigen Verpflichtungen in ihrer Gesamtheit nicht ausschließlich zuständig sei, sei das Königreich Belgien dies ebenfalls nicht und könne daher jedenfalls nicht individuell diese Verpflichtungen eingehen, wie die Kommission ihm dies vorgeworfen habe.

82 Die belgische Regierung vertritt die Ansicht, die Gemeinschaft habe in diesem Bereich keine ausschließliche Außenkompetenz, und das Königreich Belgien habe in Bezug auf Verkehrsrechte die Zuständigkeit für Aushandlung und Abschluss der Abkommen und erst recht für Aushandlung und Abschluss der Änderungen von Luftverkehrsabkommen behalten. Solche Rechte fielen entweder nicht unter Gemeinschaftsvorschriften (Verkehrsrechte nach und von außerhalb der Gemeinschaft liegenden Punkten) oder beträfen Punkte, zu denen der Zugang mit dem dritten Maßnahmepaket" bereits liberalisiert worden sei (Verkehrsrechte in Bezug auf vor Belgien liegende Punkte innerhalb der Gemeinschaft, da nach der Verordnung Nr. 2408/92 der Zugang zu solchen Punkten für das Königreich Belgien unabhängig von den streitigen Verpflichtungen bestehe).

83 Außerdem regele das dritte Maßnahmenpaket" zur Liberalisierung des Luftverkehrs offensichtlich nicht die Luftverkehrsdienste von der Gemeinschaft nach Drittstaaten und umgekehrt. Vielmehr sei sich der Rat damals der Probleme bewusst gewesen, die die Ausweitung des dritten Pakets" auf die Luftverkehrsdienste zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen geschaffen hätte, die in diesem Bereich weiterhin nach einem bilateralen System zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten organisiert seien.

84 Die belgische Regierung führt weiter aus, dass sich bereits aus dem Wortlaut der Verordnung Nr. 2408/92 ergebe, dass diese weder für Luftfahrtunternehmen von Drittstaaten und deren Zugang zu den innergemeinschaftlichen Luftverkehrsstrecken noch für den Zugang der Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu den Luftverkehrsstrecken nach Drittstaaten gelte. Dies folge gleichermaßen aus den Artikeln 1 und 3 Absatz 1 dieser Verordnung. Die Verordnung Nr. 2408/92 erfasse somit nicht die Verkehrsrechte der Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft in Bezug auf Drittstaaten, wie sie dem Königreich Belgien nach den 1995 erfolgten Änderungen des Abkommens von 1980 eingeräumt worden seien, und ebenso wenig die Rechte in Bezug auf davor liegende Punkte außerhalb der Gemeinschaft, die den Vereinigten Staaten von Amerika eingeräumt worden seien.

85 Daher beeinträchtigten die Verpflichtungen, die die belgische Regierung mit dem Abkommen von 1980 in der Fassung von 1995 eingegangen sei, nicht die gemeinsamen Rechtsnormen, weil zwischen dem Inhalt der Verpflichtungen und dem der Rechtsnormen kein Widerspruch bestehe. Insbesondere sei insoweit das Vorbringen der Kommission in Bezug auf die Verkehrsrechte, die Bezeichnung der Luftfahrtunternehmen, die Zeitnischen, die CRS und die Flugtarife zurückzuweisen.

86 Schließlich könne das Vorbringen der Kommission zu den wirtschaftlichen Auswirkungen, die die von den Mitgliedstaaten mit den Vereinigten Staaten von Amerika vereinbarten bilateralen Verpflichtungen auf den Luftverkehrsbinnenmarkt hätten, keine Außenkompetenz der Gemeinschaft im Sinne des Urteils AETR dartun und könne dem Königreich Belgien somit nicht seine Zuständigkeit nehmen, Änderungen des Abkommens von 1980 auszuhandeln und zu vereinbaren.

87 Für den Fall, dass der Gerichtshof entscheiden sollte, dass das Königreich Belgien nicht mehr über diese Zuständigkeit verfüge, macht die belgische Regierung hilfsweise geltend, dass der Rat das Königreich Belgien ermächtigt habe, seine bilateralen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika, also das Abkommen von 1980 in der Fassung von 1995, aufrechtzuerhalten. Sie stützt sich insoweit auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 15. März 1993 (siehe Randnr. 18 des vorliegenden Urteils) und auf die gemeinsame Erklärung von 1996 (siehe Randnr. 20 des vorliegenden Urteils).

Würdigung durch den Gerichtshof

88 Wie bereits in den Randnummern 65 und 66 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, schafft Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag zwar keine Außenkompetenz der Gemeinschaft im Luftverkehrsbereich, doch sieht er eine - wenn auch von einer vorherigen Entscheidung des Rates abhängige - Handlungsbefugnis der Gemeinschaft in diesem Bereich vor.

89 Der Rat hat für den Erlass des dritten Maßnahmenpakets" im Luftverkehrsbereich auch diesen Artikel als Rechtsgrundlage herangezogen.

90 Der Gerichtshof hat in den Randnummern 16 bis 18 und 22 des Urteils AETR bereits entschieden, dass sich die Zuständigkeit der Gemeinschaft zum Abschluss völkerrechtlicher Vereinbarungen nicht nur aus einer ausdrücklichen Erteilung durch den Vertrag ergibt, sondern dass sie auch aus anderen Vertragsbestimmungen und aus in ihrem Rahmen ergangenen Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane fließen kann. Insbesondere sind in den Bereichen, in denen die Gemeinschaft zur Verwirklichung einer vom Vertrag vorgesehenen gemeinsamen Politik Vorschriften erlassen hat, die in irgendeiner Form gemeinsame Rechtsnormen vorsehen, die Mitgliedstaaten weder einzeln noch auch gemeinsam handelnd berechtigt, mit dritten Staaten Verpflichtungen einzugehen, die diese Normen beeinträchtigen oder in ihrer Tragweite ändern. In dem Maße, wie diese Gemeinschaftsrechtsetzung fortschreitet, kann nur die Gemeinschaft mit Wirkung für den gesamten Geltungsbereich der Gemeinschaftsrechtsordnung vertragliche Verpflichtungen gegenüber dritten Staaten übernehmen und erfuellen.

91 Da diese Beurteilung bedeutet, dass der Gemeinschaft aufgrund des Erlasses interner Rechtsakte eine ausschließliche Außenkompetenz zuerkannt wird, stellt sich die Frage, ob sie auch im Rahmen einer Vorschrift wie Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag gilt, der dem Rat die Befugnis verleiht, zu entscheiden, ob, inwieweit und nach welchen Verfahren geeignete Vorschriften" für den Luftverkehr, einschließlich also des externen Luftverkehrs, zu erlassen sind".

92 Stuende es den Mitgliedstaaten frei, völkerrechtliche Verpflichtungen einzugehen, die die aufgrund von Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag erlassenen gemeinsamen Rechtsnormen beeinträchtigen, so würde dies die Verwirklichung des mit diesen Rechtsnormen verfolgten Zieles gefährden und die Gemeinschaft folglich daran hindern, ihre Aufgabe bei der Verteidigung des gemeinsamen Interesses zu erfuellen.

93 Daher gelten die Feststellungen, die der Gerichtshof im Urteil AETR getroffen hat, auch dann, wenn der Rat wie im vorliegenden Fall auf der Grundlage von Artikel 84 Absatz 2 EG-Vertrag gemeinsame Rechtsnormen erlassen hat.

94 Zu prüfen ist weiter, unter welchen Voraussetzungen die betreffenden völkerrechtlichen Verpflichtungen die Tragweite der gemeinsamen Rechtsnormen beeinträchtigen oder ändern können und unter welchen Voraussetzungen die Gemeinschaft daher aufgrund der Ausübung ihrer internen Zuständigkeit eine Außenkompetenz erwirbt.

95 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist dies der Fall, wenn die völkerrechtlichen Verpflichtungen in den Anwendungsbereich der gemeinsamen Rechtsnormen fallen (Urteil AETR, Randnr. 30) oder jedenfalls ein Gebiet erfassen, das bereits weitgehend von solchen Rechtsnormen erfasst ist (Gutachten 2/91, Randnr. 25). Im letztgenannten Fall hat der Gerichtshof entschieden, dass die Mitgliedstaaten außerhalb des Rahmens der Gemeinschaftsorgane völkerrechtliche Verpflichtungen nicht eingehen können, auch wenn kein Widerspruch zwischen diesen Verpflichtungen und den Gemeinschaftsvorschriften besteht (Gutachten 2/91, Randnrn. 25 und 26).

96 Hat die Gemeinschaft in ihre internen Rechtsetzungsakte Klauseln über die Behandlung der Angehörigen von Drittstaaten aufgenommen oder hat sie ihren Organen ausdrücklich eine Zuständigkeit zu Verhandlungen mit Drittstaaten übertragen, erwirbt sie somit eine ausschließliche Außenkompetenz nach Maßgabe des von diesen Rechtsakten erfassten Bereichs (Gutachten 1/94, Randnr. 95, und 2/92, Randnr. 33).

97 Dies gilt - selbst in Ermangelung einer ausdrücklichen Klausel, mit der die Organe zu Verhandlungen mit Drittstaaten ermächtigt werden - auch dann, wenn die Gemeinschaft eine vollständige Harmonisierung auf einem bestimmten Gebiet verwirklicht hat, denn die insoweit erlassenen gemeinsamen Rechtsnormen könnten im Sinne des Urteils AETR beeinträchtigt werden, wenn die Mitgliedstaaten die Freiheit zu Verhandlungen mit Drittstaaten behielten (vgl. Gutachten 1/94, Randnr. 96, und 2/92, Randnr. 33).

98 Dagegen ergibt sich aus den Erwägungen in den Randnummern 78 und 79 des Gutachtens 1/94, dass etwaige Verzerrungen des Dienstleistungsflusses im Binnenmarkt, die sich aus bilateralen Open-skies"-Abkommen ergeben können, die Mitgliedstaaten mit Drittländern abschließen, nicht für sich die auf diesem Gebiet erlassenen gemeinsamen Rechtsnormen beeinträchtigen und daher keine Außenkompetenz der Gemeinschaft begründen können.

99 Denn nichts im Vertrag hindert die Organe daran, im Rahmen der von ihnen erlassenen gemeinsamen Vorschriften konzertierte Aktionen gegenüber Drittländern vorzusehen oder den Mitgliedstaaten ein bestimmtes Verhalten in ihren Außenbeziehungen vorzuschreiben (Gutachten 1/94, Randnr. 79).

100 Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist zu beurteilen, ob die von der Kommission im vorliegenden Verfahren angeführten gemeinsamen Rechtsnormen durch die völkerrechtlichen Verpflichtungen, die das Königreich Belgien eingegangen ist oder 1995 bestätigt hat, beeinträchtigt werden können.

101 Es steht fest, dass die streitigen Verpflichtungen einen Austausch von Rechten der Fünften Freiheit umfassen, wonach ein von den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichnetes Luftfahrtunternehmen berechtigt ist, auf einem Flug, dessen Ausgangs- oder Bestimmungsort in den Vereinigten Staaten von Amerika liegt, Passagiere zwischen dem Königreich Belgien und einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu befördern. Die Kommission macht zunächst geltend, dass diese Verpflichtung - insbesondere in Kombination mit allen bilateralen Verpflichtungen dieses Typs, die von Mitgliedstaaten durch Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten von Amerika eingegangen worden seien - dadurch, dass sie es den Luftfahrtunternehmen der Vereinigten Staaten von Amerika ermögliche, innergemeinschaftliche Strecken zu bedienen, ohne die in der Verordnung Nr. 2407/92 vorgesehenen Bedingungen zu erfuellen, diese Verordnung sowie die Verordnung Nr. 2408/92 beeinträchtige.

102 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

103 Die Verordnung Nr. 2408/92 betrifft nach ihrem Titel und ihrem Artikel 3 Absatz 1 nur den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken in der Gemeinschaft, wobei Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft nach Artikel 2 Buchstabe b dieser Verordnung Luftfahrtunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung sind, die von einem Mitgliedstaat gemäß der Verordnung Nr. 2407/92 ausgestellt wurde. Die Verordnung Nr. 2407/92 legt nach ihren Artikeln 1 Absatz 1 und 4 die Voraussetzungen für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen durch die Mitgliedstaaten an in der Gemeinschaft niedergelassene Luftfahrtunternehmen fest, die sich unbeschadet der Abkommen und Übereinkommen, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist, unmittelbar oder über Mehrheitsbeteiligung im Eigentum von Mitgliedstaaten und/oder von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten befinden und von diesen Staaten oder deren Staatsangehörigen tatsächlich kontrolliert werden, sowie die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung dieser Betriebsgenehmigungen.

104 Daraus folgt, dass die Verordnung Nr. 2408/92 nicht die Gewährung von Verkehrsrechten auf innergemeinschaftlichen Strecken an Luftfahrtunternehmen regelt, die keine Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sind. Ebenso regelt die Verordnung Nr. 2407/92 nicht die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen, die keine Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sind und in der Gemeinschaft tätig sind.

105 Da die streitigen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht in einen von den Verordnungen Nrn. 2407/92 und 2408/92 bereits erfassten Bereich fallen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie diese Verordnungen aus dem von der Kommission geltend gemachten Grund beeinträchtigen.

106 Außerdem zeigt der Umstand, dass diese beiden Verordnungen nicht die Situation der in der Gemeinschaft tätigen Luftfahrtunternehmen von Drittländern regeln, dass das dritte Maßnahmenpaket" entgegen dem Vorbringen der Kommission keine umfassende Regelung ist.

107 Die Kommission macht sodann geltend, dass die Diskriminierungen und die Wettbewerbsverfälschungen, die sich aus den streitigen völkerrechtlichen Verpflichtungen in Kombination mit den von anderen Mitgliedstaaten eingegangenen entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen ergäben, das normale Funktionieren des Luftverkehrsbinnenmarkts beeinträchtigten.

108 Wie jedoch in Randnummer 98 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, beeinträchtigt diese Art von Situation nicht die gemeinsamen Rechtsnormen und kann daher keine Außenkompetenz der Gemeinschaft begründen.

109 Die Kommission trägt schließlich vor, die von ihr angeführte Gemeinschaftsregelung enthalte zahlreiche Vorschriften über Drittländer und Luftfahrtunternehmen von Drittländern. Dies sei insbesondere bei den Verordnungen Nrn. 2409/92, 2299/89 und 95/93 der Fall.

110 Dazu ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 2409/92 nach ihrem Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a auf Flugpreise und Luftfrachtraten der Luftfahrtunternehmen, die keine Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sind, keine Anwendung findet, allerdings unbeschadet des Absatzes 3" dieses Artikels. Nach Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2409/92 dürfen nur Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft neuartige Leistungen oder Flugpreise anbieten, die niedriger als die für identische Leistungen sind.

111 Aus diesen Vorschriften zusammen ergibt sich, dass die Verordnung Nr. 2409/92 den in der Gemeinschaft tätigen Luftfahrtunternehmen von Drittländern mittelbar, aber mit Bestimmtheit verbietet, neuartige Leistungen oder Flugpreise anzubieten, die niedriger als die für identische Leistungen sind. Damit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die Preisgestaltungsfreiheit dieser Luftfahrtunternehmen beschränkt, wenn sie aufgrund von Rechten der Fünften Freiheit, über die sie verfügen, Strecken in der Gemeinschaft bedienen. Die Gemeinschaft hat daher nach Maßgabe des von Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2409/92 erfassten Bereichs die ausschließliche Zuständigkeit erworben, durch Vereinbarung mit Drittländern Verpflichtungen einzugehen, die sich auf diese Beschränkung der Preisgestaltungsfreiheit der Luftfahrtunternehmen, die keine Unternehmen der Gemeinschaft sind, beziehen.

112 Daraus folgt, dass das Königreich Belgien seit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2409/92 allein keine völkerrechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf die von Luftfahrtunternehmen von Drittländern auf innergemeinschaftlichen Strecken zu erhebenden Flugpreise mehr vereinbaren oder trotz der Neuverhandlung des Abkommens von 1980 aufrechterhalten durfte.

113 Eine derartige Verpflichtung ergibt sich aber aus Artikel 12 des Abkommens von 1980 in der Fassung von 1995. Das Königreich Belgien hat damit die sich aus Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2409/92 ergebende ausschließliche Außenkompetenz der Gemeinschaft verletzt.

114 Das Vorbringen der belgischen Regierung, wonach diese Verpflichtung, soweit sie den Grundsatz der freien Preisfestlegung aufstelle und das Eingreifen der Vertragsparteien in die Preisgestaltung auf bestimmte anomale Situationen (predatory" oder diskriminierende Preise, ungebührlich hohe Preise aufgrund von Missbräuchen einer beherrschenden Stellung oder künstlich niedrige Preise aufgrund staatlicher Beihilfen) beschränke, der Verordnung Nr. 2409/92 nicht zuwiderlaufe, die selbst auf dem Grundsatz der freien Preisfestlegung beruhe, kann die in der vorstehenden Randnummer getroffene Feststellung nicht in Frage stellen. Die Vertragsverletzung des Königreichs Belgien ergibt sich nämlich daraus, dass es nicht ermächtigt war, allein eine solche Verpflichtung einzugehen oder im Rahmen der Neuverhandlung des Abkommens von 1980 aufrechtzuerhalten, auch wenn der Inhalt dieser Verpflichtung dem Gemeinschaftsrecht nicht zuwiderläuft.

115 Zweitens ergibt sich aus den Artikeln 1 und 7 der Verordnung Nr. 2299/89, dass diese Verordnung vorbehaltlich der Gegenseitigkeit auch für Staatsangehörige von Drittländern gilt, wenn sie im Gebiet der Gemeinschaft ein CRS zur Benutzung anbieten oder benutzen.

116 Aufgrund dieser Verordnung hat die Gemeinschaft daher die ausschließliche Zuständigkeit erworben, durch Vereinbarung mit Drittländern Verpflichtungen in Bezug auf die in ihrem Gebiet zur Benutzung angebotenen oder benutzten CRS einzugehen.

117 Es ist aber unstreitig, dass das Königreich Belgien und die Vereinigten Staaten von Amerika 1991 in das Abkommen von 1980 einen Anhang III über Grundsätze für CRS - einschließlich Grundsätze für im Gebiet des Königreichs Belgien zur Benutzung angebotene oder benutzte CRS - eingefügt haben, der 1994 in Kraft getreten ist. Bei der 1995 erfolgten Neuverhandlung des Abkommens von 1980 hat das Königreich Belgien diesen Anhang aufrechterhalten. Damit hat dieser Mitgliedstaat die sich aus der Verordnung Nr. 2299/89 ergebende ausschließliche Außenkompetenz der Gemeinschaft verletzt.

118 Was das von der belgischen Regierung hilfsweise vorgetragene Argument anbelangt, der Rat habe das Königreich Belgien ermächtigt, das Abkommen von 1980 in der Fassung von 1995 aufrechtzuerhalten, so kann dahingestellt bleiben, ob die Schlussfolgerungen des Rates vom 15. März 1993 und die gemeinsame Erklärung von 1996 für die Bestimmung der objektiven Tragweite der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts relevant sind; es genügt die Feststellung, dass in diesen Dokumenten keinesfalls eine Ermächtigung des Königreichs Belgien gesehen werden kann, die sich aus den Verordnungen Nrn. 2409/92 und 2299/89 ergebende Außenkompetenz der Gemeinschaft zu verletzen.

119 Daher ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

120 Drittens schließlich gilt die Verordnung Nr. 95/93 über die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft, wie in Randnummer 14 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, vorbehaltlich der Gegenseitigkeit für Luftfahrtunternehmen von Drittländern, und die Gemeinschaft verfügt daher seit dem Inkrafttreten dieser Verordnung über eine ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss von diesen Bereich betreffenden Abkommen mit Drittländern.

121 Wie jedoch der Generalanwalt in Nummer 107 seiner Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, hat die Kommission nicht dartun können, dass die Klausel über den fairen Wettbewerb in Artikel 11 des Abkommens von 1980 in der Fassung von 1995 - wie von ihr vorgetragen - auch für die Zuweisung von Zeitnischen gilt.

122 Diese Klausel bestimmt nämlich lediglich, dass [j]ede Vertragspartei... den von beiden Vertragsparteien bezeichneten Luftfahrtunternehmen die gleiche faire Gelegenheit bieten [soll], bei der Erbringung der unter [das] Abkommen [von 1980] fallenden internationalen Luftverkehrsdienste miteinander zu konkurrieren". Aufgrund dieser allgemeinen Formulierung kann aus ihr ohne relevante Gesichtspunkte, aus denen sich eindeutig der Wille beider Parteien ergibt, keine Verpflichtung in Bezug auf die Zuweisung von Zeitnischen hergeleitet werden, die das Königreich Belgien eingegangen wäre. Die Kommission hat sich aber für ihre Ansicht nur auf einen Bericht der Verwaltung der Vereinigten Staaten von Amerika berufen, wonach derartige Klauseln normalerweise auch die Zuweisung von Zeitnischen erfassen.

123 Daher ist der gegenüber dem Königreich Belgien insoweit erhobene Vorwurf der Vertragsverletzung nicht begründet.

124 Artikel 5 EG-Vertrag verpflichtet die Mitgliedstaaten, der Gemeinschaft die Erfuellung ihrer Aufgaben zu erleichtern und alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele des Vertrages gefährden könnten.

125 Zum Bereich der auswärtigen Beziehungen hat der Gerichtshof entschieden, dass die Aufgabe der Gemeinschaft und die Ziele des Vertrages gefährdet wären, wenn die Mitgliedstaaten völkerrechtliche Vereinbarungen eingehen könnten, deren Bestimmungen von der Gemeinschaft erlassene Rechtsnormen beeinträchtigen oder in ihrer Tragweite ändern könnten (vgl. Gutachten 2/91, Randnr. 11; vgl. auch Urteil AETR, Randnrn. 21 und 22).

126 Aus alledem ergibt sich, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seien Verpflichtungen aus Artikel 5 EG-Vertrag sowie den Verordnungen Nrn. 2409/92 und 2299/89 verstoßen hat, dass es völkerrechtliche Verpflichtungen in Bezug auf die Flugpreise der von den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichneten Luftfahrtunternehmen auf Strecken in der Gemeinschaft und in Bezug auf die in Belgien zur Benutzung angebotenen oder benutzten CRS eingegangen ist oder trotz der Neuverhandlung des Abkommens von 1980 aufrechterhalten hat.

Vertragsverletzung durch Verstoß gegen Artikel 52 EG-Vertrag

Vorbringen der Parteien

127 Die Kommission trägt vor, die Klausel über Eigentum und Kontrolle von Luftfahrtunternehmen sei mit Artikel 52 EG-Vertrag unvereinbar, da das Königreich Belgien Angehörigen anderer Mitgliedstaaten einschließlich in diesen Mitgliedstaaten ansässiger und im Königreich Belgien niedergelassener Unternehmen nicht die belgischen Staatsangehörigen vorbehaltene Behandlung gewähre.

128 Die belgische Regierung macht geltend, die Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen falle nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 52 EG-Vertrag. Da sie die Ausübung der Verkehrsrechte in Bezug auf Punkte in Drittländern regele, betreffe sie nicht die Niederlassungsfreiheit, sondern das Recht der Luftfahrtunternehmen, Dienstleistungen nach Drittländern anzubieten.

129 Außerdem ginge die Zurückweisung eines vom Königreich Belgien bezeichneten Luftfahrtunternehmens nach dieser Klausel von den Vereinigten Staaten von Amerika aus.

130 Für den Fall, dass der Gerichtshof entscheiden sollte, dass diese Klausel gegen Artikel 52 EG-Vertrag verstoße, trägt die belgische Regierung hilfsweise vor, dass das Königreich Belgien 1995 den Vereinigten Staaten von Amerika eine Änderung dieser Klausel dahin gehend vorgeschlagen habe, dass dieses Land nicht mehr die Möglichkeit habe, die Bezeichnung eines Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft, das kein belgisches Luftfahrtunternehmen sei, zurückzuweisen. Auch wenn die Vereinigten Staaten von Amerika diesen Vorschlag abgelehnt hätten, habe das Königreich Belgien damit die Maßnahmen ergriffen, die es vernünftigerweise habe ergreifen können, um die erwähnte Unvereinbarkeit zu beseitigen.

Würdigung durch den Gerichtshof

131 Zur Anwendbarkeit von Artikel 52 EG-Vertrag im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung, gegen die das Königreich Belgien verstoßen haben soll, im Luftverkehrsbereich Anwendung findet.

132 Während nämlich Artikel 61 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 51 EG) die Anwendung der Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr auf den Verkehr ausschließt, da für diesen die Bestimmungen des Titels über den Verkehr gelten, schließt kein Artikel des Vertrages die Anwendung der Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit auf den Verkehr aus.

133 Artikel 52 EG-Vertrag gilt insbesondere für in einem Mitgliedstaat niedergelassene Luftfahrtunternehmen, die Luftverkehrsdienste zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland leisten. Alle Gesellschaften, die im Sinne von Artikel 52 EG-Vertrag in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind, werden von dieser Bestimmung erfasst, auch wenn der Gegenstand ihrer Tätigkeit in diesem Staat in Dienstleistungen im Verhältnis zu Drittländern besteht.

134 Zur Frage, ob das Königreich Belgien gegen Artikel 52 EG-Vertrag verstoßen hat, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut dieses Artikels die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 48 Absatz 2 EG), nach den Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats für seine eigenen Angehörigen umfasst.

135 Die Artikel 52 und 58 EG-Vertrag stellen somit sicher, dass die Gemeinschaftsangehörigen, die von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht haben, sowie die ihnen dort gleichgestellten Gesellschaften im Aufnahmemitgliedstaat wie Inländer behandelt werden (vgl. Urteil vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-307/97, Saint-Gobain ZN, Slg. 1999, I-6161, Randnr. 35), und dies sowohl in Bezug auf die Aufnahme einer Berufstätigkeit zum Zeitpunkt einer erstmaligen Niederlassung als auch in Bezug auf die Ausübung dieser Tätigkeit durch eine im Aufnahmemitgliedstaat bereits niedergelassene Person.

136 Der Gerichtshof hat entschieden, dass der Grundsatz der Inländerbehandlung den Mitgliedstaat, der ein bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Drittstaat geschlossen hat, verpflichtet, die in diesem Abkommen vorgesehenen Vorteile den Betriebsstätten der Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat unter den gleichen Voraussetzungen wie den Gesellschaften mit Sitz in dem an dem Abkommen beteiligten Mitgliedstaat zu gewähren (vgl. Urteile Saint-Gobain ZN, Randnr. 59, und vom 15. Januar 2002 in der Rechtssache C-55/00, Gottardo, Slg. 2002, I-413, Randnr. 32).

137 Im vorliegenden Fall ermöglicht die Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen insbesondere den Vereinigten Staaten von Amerika, die Betriebsgenehmigungen und technischen Genehmigungen eines vom Königreich Belgien bezeichneten Luftfahrtunternehmens, bei dem nicht ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle bei diesem Mitgliedstaat oder bei belgischen Staatsangehörigen liegen, zu widerrufen, auszusetzen oder einzuschränken.

138 Zweifellos können von dieser Klausel die im Königreich Belgien niedergelassenen Luftfahrtunternehmen nachteilig betroffen sein, bei denen ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle bei einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien oder bei Angehörigen eines solchen Mitgliedstaats liegen (im Folgenden: Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft).

139 Dagegen ergibt sich aus der Formulierung dieser Klausel, dass die Vereinigten Staaten von Amerika grundsätzlich verpflichtet sind, die entsprechenden Betriebsgenehmigungen und erforderlichen technischen Genehmigungen den Luftfahrtunternehmen zu gewähren, bei denen ein wesentlicher Teil des Eigentums und die tatsächliche Kontrolle beim Königreich Belgien oder bei belgischen Staatsangehörigen liegen (im Folgenden: belgische Luftfahrtunternehmen).

140 Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft jederzeit von der Anwendung des Luftverkehrsabkommens zwischen dem Königreich Belgien und den Vereinigten Staaten von Amerika ausgeschlossen werden können, während für die belgischen Luftfahrtunternehmen dessen Anwendung gesichert ist. Infolgedessen erfahren die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft eine Diskriminierung, die sie daran hindert, im Aufnahmemitgliedstaat, d. h. im Königreich Belgien, wie Inländer behandelt zu werden.

141 Entgegen dem Vorbringen des Königreichs Belgien hat diese Diskriminierung ihren unmittelbaren Ursprung nicht in einem etwaigen Verhalten der Vereinigten Staaten von Amerika, sondern darin, dass durch die Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen den Vereinigten Staaten von Amerika gerade das Recht eingeräumt wurde, sich in einer solchen Weise zu verhalten.

142 Daraus folgt, dass die Klausel über Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen gegen Artikel 52 EG-Vertrag verstößt.

143 Die Bemühungen des Königreichs Belgien im Jahr 1995, die Unvereinbarkeit dieser Klausel mit Artikel 52 EG-Vertrag zu beseitigen, sind, so lobenswert sie auch waren, offenkundig nicht geeignet, die in der vorstehenden Randnummer getroffene Feststellung in Zweifel zu ziehen.

144 Unter diesen Umständen ist der gegenüber dem Königreich Belgien wegen Verstoßes gegen Artikel 52 EG-Vertrag erhobene Vorwurf der Vertragsverletzung begründet.

145 Nach alledem ist festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 5 und 52 EG-Vertrag sowie den Verordnungen Nrn. 2409/92 und 2299/89 verstoßen hat, dass es durch Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten von Amerika völkerrechtliche Verpflichtungen eingegangen ist oder trotz der Neuverhandlung des Abkommens von 1980 aufrechterhalten hat,

- die die Flugpreise der von den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichneten Luftfahrtunternehmen auf Strecken in der Gemeinschaft betreffen,

- die die in Belgien zur Benutzung angebotenen oder benutzten CRS betreffen und

- mit denen den Vereinigten Staaten von Amerika das Recht eingeräumt wird, die Verkehrsrechte zu widerrufen, auszusetzen oder einzuschränken, wenn die vom Königreich Belgien bezeichneten Luftfahrtunternehmen nicht im Eigentum Belgiens oder im Eigentum belgischer Staatsangehöriger stehen.

Kostenentscheidung:

Kosten

146 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Belgien in die Kosten beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

147 Gemäß Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung trägt das Königreich der Niederlande seine eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) und 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) sowie den Verordnungen (EWG) Nr. 2409/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten und Nr. 2299/89 des Rates vom 24. Juli 1989 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3089/93 des Rates vom 29. Oktober 1993 verstoßen, dass es durch Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten von Amerika völkerrechtliche Verpflichtungen eingegangen ist oder trotz der Neuverhandlung des Luftverkehrsabkommens vom 23. Oktober 1980 zwischen dem Königreich Belgien und den Vereinigten Staaten von Amerika aufrechterhalten hat,

- die die Flugpreise der von den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichneten Luftfahrtunternehmen auf Strecken in der Gemeinschaft betreffen,

- die die in Belgien zur Benutzung angebotenen oder benutzten computergesteuerten Buchungssysteme betreffen und

- mit denen den Vereinigten Staaten von Amerika das Recht eingeräumt wird, die Verkehrsrechte zu widerrufen, auszusetzen oder einzuschränken, wenn die vom Königreich Belgien bezeichneten Luftfahrtunternehmen nicht im Eigentum Belgiens oder im Eigentum belgischer Staatsangehöriger stehen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Das Königreich Belgien trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Königreich der Niederlande trägt seine eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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