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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 11.04.2002
Aktenzeichen: C-481/01 P (R)
Rechtsgebiete: EGV, EG-Satzung, Entscheidung 2002/165/EG, RL 65/65 EWG


Vorschriften:

EGV Art. 82
EGV Art. 230 Abs. 4
EGV Art. 225
EG-Satzung Art. 50 Abs. 2
Entscheidung 2002/165/EG
RL 65/65 EWG Art. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Nach den Artikeln 225 EG und 51 der Satzung des Gerichtshofes ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt" und erfasst nicht die Würdigung der Tatsachen. Diese Bestimmung gilt auch für Rechtsmittel, die gemäß Artikel 50 Absatz 2 dieser Satzung eingelegt werden.

Allein das Gericht ist zuständig für die Tatsachenfeststellung, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind, und für die Würdigung dieser Tatsachen. Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, daher keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt.

( vgl. Randnrn. 53-54 )

2. Im Rahmen eines Verfahrens der einstweiligen Anordnung, das auf die Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Gemeinschaftsorgans gerichtet ist, muss der Richter der einstweiligen Anordnung prüfen, ob der Antragsteller das Bestehen der Dringlichkeit dargetan und die Notwendigkeit der Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht hat.

Die Rechtsprechung, der zufolge die Prüfung, die der Gerichtshof im Rahmen einer Nichtigkeitsklage in Bezug auf Entscheidungen vornimmt, denen die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten zugrunde liegt, auf die Frage beschränkt ist, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen, kann nicht undifferenziert auf das Verfahren der einstweiligen Anordnung übertragen werden, wenn nicht die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Frage gestellt werden sollen.

Denn eine solche Übertragung, die im Rahmen eines Verfahrens der einstweiligen Anordnung gegen eine Entscheidung mit einstweiligen Maßnahmen voraussetzen würde, dass der Antragsteller sich auf eine besonders ausgeprägte Anscheinsvermutung berufen und das Bestehen offensichtlicher Ermessensfehler bezüglich der Beurteilung der Dringlichkeit und gegebenenfalls der Interessenabwägung durch die Kommission glaubhaft machen können muss, würde die Gefahr mit sich bringen, den vorläufigen Rechtsschutz übermäßig zu verkürzen und das weite Ermessen einzuschränken, über das der Richter der einstweiligen Anordnung für die Ausübung der ihm übertragenen Befugnisse verfügt.

Dass sich die streitige Entscheidung auf den Erlass einstweiliger Maßnahmen durch die Kommission bezieht, stellt diese Beurteilung nicht in Frage. Es ist nämlich nicht gerechtfertigt, solchen vorläufigen Entscheidungen der Kommission im Hinblick auf Anträge auf einstweilige Anordnung einen besonderen Status einzuräumen. Der Richter der einstweiligen Anordnung kann daher bei seiner Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass solcher Anordnungen den vorläufigen Beurteilungen der Kommission nicht größere Bedeutung beimessen als deren endgültigen Beurteilungen.

( vgl. Randnrn. 56-59 )

3. In einem Verfahren der einstweiligen Anordnung müssen die für die Anordnung der Aussetzung des Vollzugs und den Erlass einstweiliger Anordnungen erforderlichen Voraussetzungen Gegenstand einer Gesamtprüfung sein, in deren Rahmen der Richter der einstweiligen Anordnung über ein weites Ermessen verfügt. So kann der Richter der einstweiligen Anordnung das unterschiedliche Gewicht der Rechtsmittelgründe, die geltend gemacht werden, um einen Fumus boni iuris darzutun, bei seiner Beurteilung der Dringlichkeit und gegebenenfalls der Interessenabwägung berücksichtigen.

Was das Argument des dem Urheberrecht beigemessenen Gewichts anbelangt, so kann die Ausübung der Immaterialgüterrechte nur unter außergewöhnlichen Umständen Beschränkungen unterworfen werden, die aufgrund von Artikel 82 EG geboten erscheinen.

Ein Beschluss, der die Intensität des vom Antragsteller geltend gemachten Fumus boni iuris berücksichtigt und insbesondere den Folgen der streitigen Entscheidung für das Urheberrecht, dessen Inhaber er ist, Gewicht beimisst, ist nicht rechtsfehlerhaft.

( vgl. Randnrn. 63-65 )

4. Ein Rechtsfehler hinsichtlich der Auslegung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts kann die Gültigkeit eines Beschlusses, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist, nur dann in Frage stellen, wenn er für die Beurteilung einer der Voraussetzungen für den Erlass einstweiliger Anordnungen entscheidend ist.

( vgl. Randnrn. 81-82 )


Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 11. April 2002. - NDC Health GmbH & Co. KG und NDC Health Corporation gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften und IMS Health Inc. - Rechtsmittel - Beschluss im Verfahren der einstweiligen Anordnung - Erlass einstweiliger Maßnahmen durch die Kommission - Dringlichkeit - Interessenabwägung - Wettbewerb - Missbrauch einer beherrschenden Stellung - Urheberrecht - Datensystem über die Entwicklung des Absatzes von Arzneimitteln. - Rechtssache C-481/01 P (R).

Parteien:

In der Rechtssache C-481/01 P(R)

NDC Health Corporation, früher National Data Corporation, mit Sitz in Atlanta (Vereinigte Staaten von Amerika)

und

NDC Health GmbH & Co. KG mit Sitz in Waldems-Esch (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: F. Fine, solicitor, C. Price, avocat, I. S. Forrester, QC, D. Powell, solicitor, A. F. Gagliardi, avvocato, und J. Killick, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerinnen,

betreffend ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Präsidenten des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Oktober 2001 in der Rechtssache T-184/01 R (IMS Health/Kommission, Slg. 2001, II-3193) wegen Aufhebung dieses Beschlusses,

andere Verfahrensbeteiligte:

IMS Health Inc. mit Sitz in Fairfield (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigte: N. Levy und J. Temple Lang, Solicitors, sowie R. O'Donoghue, Barrister,

Antragstellerin im ersten Rechtszug,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Whelan als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Antragsgegnerin im ersten Rechtszug,

und

AzyX Deutschland GmbH Geopharma Information Services mit Sitz in Neu-Isenburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: G. Vandersanden und L. Levi, avocats,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFES

nach Anhörung des Generalanwalts A. Tizzano

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Die NDC Health Corporation, früher National Data Corporation, und die NDC Health GmbH & Co. KG (im Folgenden gemeinsam: NDC) haben mit Rechtsmittelschrift, die am 12. Dezember 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß den Artikeln 225 EG und 50 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Präsidenten des Gerichts erster Instanz vom 26. Oktober 2001 in der Rechtssache T-184/01 R (IMS Health/Kommission, Slg. 2001, II-3193, im Folgenden: angefochtener Beschluss) eingelegt, mit dem dieser angeordnet hat, dass der Vollzug der Entscheidung 2002/165/EG der Kommission vom 3. Juli 2001 in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag (Sache COMP D3/38.044 - NDC Health/IMS HEALTH: Einstweilige Anordnung) (ABl. 2002, L 59, S. 18, im Folgenden: streitige Entscheidung) bis zum Erlass des Endurteils ausgesetzt wird.

2 Die Kommission, die AzyX Deutschland GmbH Geopharma Information Services (im Folgenden: AzyX) und die IMS Health Inc. (im Folgenden: IMS) haben mit Schriftsätzen, die am 18. Januar 2002 bei der Kanzlei eingegangen sind, Erklärungen beim Gerichtshof abgegeben.

Sachverhalt und Verfahren

3 Mit der streitigen Entscheidung stufte die Kommission IMS als beherrschend auf dem deutschen Markt für Informationsdienste über den Absatz und die Verschreibung von Arzneimitteln ein. Sie stellte fest, dass die Struktur 1 860 Bausteine", die von IMS entwickelt wurde und das geografische Modell für die Analyse des deutschen Marktes bildet, auf dessen Grundlage IMS die regionalen Absatzdaten formatiert und den Kunden anbietet, eine De-facto-Industrienorm auf dem relevanten Markt darstelle. Die Kommission gelangte zu der Schlussfolgerung, dass eine ausreichende Anscheinsvermutung dafür bestehe, dass die Weigerung von IMS, eine Lizenz zur Nutzung dieser Struktur zu erteilen, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstelle. Diese Weigerung hindere die neuen Wettbewerber daran, in diesen Markt einzutreten oder darin zu verbleiben, wodurch ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden für das öffentliche Interesse entstehe.

4 Daher erließ die Kommission einstweilige Maßnahmen, mit denen IMS auferlegt wurde, allen Unternehmen, die derzeit am deutschen Markt für regionale Absatzdatendienste tätig sind, auf Antrag unverzüglich eine Lizenz auf nicht diskriminierender Grundlage für die Verwendung der ,Struktur 1 860 Bausteine zu erteilen, um diese Unternehmen in die Lage zu versetzen, gemäß dieser Struktur formatierte regionale Absatzdaten zu verwenden und zu verkaufen" (Artikel 1 der streitigen Entscheidung). Die Kommission entschied auch, dass die festzulegenden Gebühren... durch Übereinkunft zwischen IMS und den Unternehmen festzusetzen [sind], die eine Lizenz beantragen". Sollte zwischen diesen kein Einvernehmen erzielt werden, seien diese Lizenzgebühren von einem oder mehreren unabhängigen Sachverständigen festzusetzen (Artikel 2 der streitigen Entscheidung).

5 IMS hat mit Klageschrift, die am 6. August 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 230 Absatz 4 EG Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben.

6 Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat IMS außerdem beantragt, den Vollzug der streitigen Entscheidung auszusetzen, bis das Gericht erster Instanz ein Urteil erlassen hat.

7 Aufgrund eines weiteren Antrags auf Aussetzung des Vollzugs bis zur Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Anordnung hat der Richter der einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 10. August 2001 gemäß Artikel 105 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ohne Anhörung der Gegenpartei den Vollzug der streitigen Entscheidung bis zur Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Anordnung ausgesetzt.

Angefochtener Beschluss

8 Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Richter der einstweiligen Anordnung dem Antrag von IMS stattgegeben und die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung angeordnet.

9 Der tatsächliche und rechtliche Kontext des Falles, die streitige Entscheidung und das Verfahren vor dem Gericht sind in den Randnummern 1 bis 45 des angefochtenen Beschlusses dargestellt.

10 In dessen Randnummern 49 und 50 hat der Richter der einstweiligen Anordnung zunächst darauf hingewiesen, dass sich die Befugnis der Kommission zum Erlass einstweiliger Maßnahmen in Wettbewerbsverfahren nach der Auslegung des Gerichtshofes in seinem Beschluss vom 17. Januar 1980 in der Rechtssache 792/79 R (Camera Care/Kommission, Slg. 1980, 119), die durch das Urteil vom 28. Februar 1984 in den Rechtssachen 228/82 und 229/82 (Ford/Kommission, Slg. 1984, 1129) bestätigt worden sei, aus Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), ergebe.

11 Der Richter der einstweiligen Anordnung hat dann die Frage des Umfangs seines Tätigwerdens in Bezug auf Entscheidungen mit einstweiligen Maßnahmen geprüft, die die Kommission im Rahmen der Anwendung der Wettbewerbsregeln erlässt. Die Kommission hatte nämlich vorgetragen, dass wegen des beschränkten Umfangs der gerichtlichen Nachprüfung bei Nichtigkeitsklagen gegen Entscheidungen, die auf komplexen wirtschaftlichen Beurteilungen beruhten, IMS im vorliegenden Verfahren glaubhaft machen müsse, dass der Kommission bezüglich der Beurteilung des Fumus boni iuris, der Dringlichkeit und der Interessenabwägung, die den Erlass der in der streitigen Entscheidung beschlossenen einstweiligen Maßnahmen rechtfertigten, offensichtliche Ermessensfehler unterlaufen seien (Randnr. 56 des angefochtenen Beschlusses).

12 In diesem Zusammenhang hat der Präsident des Gerichts in den Randnummern 58 bis 64 des angefochtenen Beschlusses mehrere Beschlüsse des Gerichtshofes und des Gerichts untersucht (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 22. Oktober 1975 in der Rechtssache 109/75 R, National Carbonising Company/Kommission, Slg. 1975, 1193, vom 29. September 1982 in den Rechtssachen 229/82 R und 228/82 R, Ford/Kommission, Slg. 1982, 3091, und vom 19. Juli 1995 in der Rechtssache C-149/95 P[R], Kommission/Atlantic Container Line u. a., Slg. 1995, I-2165; Beschlüsse des Gerichts vom 21. Mai 1990 in der Rechtssache T-23/90 R, Peugeot/Kommission, Slg. 1990, II-195, und vom 10. März 1995 in der Rechtssache T-395/94 R, Atlantic Container u. a./Kommission, Slg. 1995, II-595), angesichts deren er folgende Ausführungen gemacht hat:

65 Aus der erwähnten Rechtsprechung ergeben sich keine Grundsätze, die das Vorbringen, das die Kommission, unterstützt durch [NDC], geltend gemacht hat, untermauern würden, das sich auf die besondere Natur des Fumus boni iuris bezieht, der bei einem Antrag auf einstweilige Anordnung in Bezug auf eine vorläufige Entscheidung der Kommission, mit der Sicherungsmaßnahmen erlassen wurden, vorliegen muss.

66 Es gibt auch keinen anderen überzeugenden Grund, weshalb ein Antragsteller verpflichtet sein sollte, eine besonders ausgeprägte oder ernsthafte Anscheinsvermutung gegen die Gültigkeit einer letztlich vorläufigen Beurteilung des Bestehens eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft durch die Kommission zu begründen. Auf den ,vorläufigen Charakter solcher Entscheidungen der Kommission wurde in den Beschlüssen Ford und Peugeot ausdrücklich hingewiesen... Der Umstand allein, dass der Grund für die Beurteilung der Kommission in der Dringlichkeit des Erlasses von Sicherungsmaßnahmen lag, rechtfertigt es nicht, dass ein Antragsteller, der die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung beantragt, mit der diese Maßnahmen ergriffen werden, eine besonders ausgeprägte Anscheinsvermutung begründen muss. Der Besorgnis der Kommission kann der Richter der einstweiligen Anordnung bei der Prüfung der Frage Rechnung tragen, zu wessen Gunsten die Interessenabwägung geht. Es ist daher nicht gerechtfertigt, solchen vorläufigen Entscheidungen der Kommission im Hinblick auf Anträge auf einstweilige Anordnung einen besonderen Status einzuräumen."

13 Was insbesondere den Umfang des Tätigwerdens des Richters der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Beurteilung der Dringlichkeit und der Interessenabwägung durch die Kommission angeht, hat der Richter der einstweiligen Anordnung folgende Ausführungen gemacht:

72 Die Beurteilung der nach der Camera-Care-Rechtsprechung für den Erlass einer Entscheidung mit einstweiligen Maßnahmen erforderlichen Voraussetzungen durch die Kommission stellt jedenfalls eine der rechtlichen Vorbedingungen für den wirksamen Erlass einer solchen Entscheidung dar. Da das Fehlen einer der beiden in dieser Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen genügt, damit eine Entscheidung mit einstweiligen Maßnahmen ungültig ist, wird die Beurteilung der Dringlichkeit durch die Kommission sowie jede damit zusammenhängende Beurteilung bei der Interessenabwägung durch den Richter der einstweiligen Anordnung in Bezug auf eine solche Entscheidung als Teil der Kontrolle ihrer prima facie vorhandenen Rechtmäßigkeit geprüft.

73 Um einen Fumus boni iuris darzutun, muss der Antragsteller in einem Verfahren der einstweiligen Anordnung wie dem vorliegenden daher glaubhaft machen, dass ernsthafte Gründe bestehen, die an der Richtigkeit der Beurteilung von zumindest einer der nach der Camera-Care-Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen durch die Kommission Zweifel aufkommen lassen. Bei der Feststellung, ob alle in den Artikeln 242 EG und 243 EG sowie in Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung vorgesehenen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfuellt sind, aber insbesondere bei der Beurteilung der Frage, ob die Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers oder der Kommission geht, berücksichtigt der Richter der einstweiligen Anordnung jedoch sowohl die von der Kommission vorgenommene Würdigung der den Erlass der streitigen einstweiligen Maßnahmen begründenden Dringlichkeit als auch die Gründe, weshalb die Abwägung der widerstreitenden Interessen zugunsten des Erlasses solcher Maßnahmen ausgefallen ist."

14 Der Richter der einstweiligen Anordnung ist in Randnummer 74 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorbringen, das die Kommission, unterstützt durch [NDC], bezüglich der Offenkundigkeit des Fumus boni iuris geltend gemacht hat, den ein Antragsteller, der die Aussetzung des Vollzugs einer Entscheidung der Kommission mit einstweiligen Maßnahmen beantragt, zu begründen hat, nicht durch[greift]".

15 In Bezug auf den Fumus boni iuris stellt das Hauptvorbringen von IMS die Richtigkeit der rechtlichen Würdigung in Frage, die der Schlussfolgerung der Kommission zugrunde liegt, wonach die Weigerung dieser Gesellschaft, Lizenzen zu erteilen, einen Missbrauch der beherrschenden Stellung darstelle, die sie auf dem relevanten Markt innehabe.

16 In diesem Rahmen hat der Richter der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass geprüft werden müsse, ob IMS glaubhaft gemacht habe, dass ernsthafte Zweifel an der Gültigkeit der streitigen Entscheidung bestuenden (Randnr. 90 des angefochtenen Beschlusses). Zu diesem Zweck hat er in dessen Randnummern 94 bis 105 die Rechtsprechung über die außergewöhnlichen Umstände" untersucht, unter denen die Ausübung des Urheberrechts durch seinen Inhaber einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann (Urteile vom 6. April 1995 in den Rechtssachen C-241/91 P und C-242/91 P, RTE und ITP/Kommission, Slg. 1995, I-743, und vom 26. November 1998 in der Rechtssache C-7/97, Bronner, Slg. 1998, I-7791).

17 Der Richter der einstweiligen Anordnung ist davon ausgegangen, dass die Kommission die streitige Entscheidung anscheinend auf der Grundlage einer nicht kumulativen Auslegung der Voraussetzungen erlassen habe, die im Urteil RTE und ITP/Kommission als außergewöhnliche Umstände" angesehen worden seien (Randnr. 100 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission hatte versucht, diese Auslegung durch die Bezugnahme auf das Urteil Bronner zu rechtfertigen, aber der Richter der einstweiligen Anordnung hat entschieden, dass, [a]uch wenn die Auslegung der Kommission zutreffen mag,... nicht ausgeschlossen werden [kann], dass berechtigte Gründe für die Schlussfolgerung bestehen, dass die ,außergewöhnlichen Umstände... kumulativ vorliegen müssen" (Randnr. 104 des angefochtenen Beschlusses). Der Richter der einstweiligen Anordnung hat insbesondere die Ansicht vertreten, dass das Vorbringen von IMS, wonach die Rechtsprechung verlange, dass die Lizenzverweigerung das Entstehen eines neuen Produktes auf einem Markt verhindern müsse, der sich von dem Markt unterscheide, auf dem das fragliche Unternehmen eine beherrschende Stellung besitze,... eine schwierige Rechtsfrage auf[wirft], die der eingehenden Prüfung durch das Gericht im Hauptsacheverfahren bedarf" (Randnr. 105 des angefochtenen Beschlusses).

18 Als Ergebnis wird in dem angefochtenen Beschluss festgestellt, dass ernsthafte Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der grundlegenden rechtlichen Schlussfolgerung bestehen, die die angefochtene Entscheidung trägt," wodurch das Vorliegen eines Fumus boni iuris begründet werde (Randnr. 106 des angefochtenen Beschlusses).

19 Der Richter der einstweiligen Anordnung hat außerdem entschieden, dass die Voraussetzung der Dringlichkeit angesichts der tatsächlichen konkreten Gefahr, dass der Vollzug der streitigen Entscheidung IMS vor Erlass des Endurteils einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden zufügen könnte, erfuellt sei (Randnr. 132 des angefochtenen Beschlusses). Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, hat er sich insbesondere auf folgende Erwägungen gestützt:

127 Die angeblich rein vorübergehende Natur der erheblichen Beeinträchtigung des spezifischen Gegenstands des Rechts des geistigen Eigentums der Antragstellerin reicht für sich allein nicht aus, um die tatsächliche Gefahr eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Interessen der Antragstellerin zu verringern.

128 Erstens besteht die eindeutige Gefahr, dass die gegenwärtigen Kunden von IMS Health, von denen viele selbst große Pharmaunternehmen oder wirtschaftlich mächtigen multinationalen Gruppen angehörende Unternehmen sind, es nicht gern sehen werden, dass sie, wenn sie über zwei bis drei Jahre zwischen konkurrierenden Erbringern von auf der Struktur 1 860 Bausteine beruhenden regionalen Absatzdatendiensten wählen konnten, gezwungenermaßen zu einem einzigen Dienst zurückzukehren haben, der von einem monopolistischen Dienstleistungserbringer zu einem höheren Preis angeboten wird. Zweitens wird die Unzufriedenheit der Kunden von IMS Health größer werden, wenn - wie die Streithelferinnen dem Richter der einstweiligen Anordnung in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - die Einzelheiten der von ihnen angebotenen Absatzdatendienste, wenn auch zwangsläufig auf die Struktur 1 860 Bausteine gestützt, erheblich von denen abweichen, die die Antragstellerin anbietet. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass sich diese Unzufriedenheit in der Bereitschaft niederschlagen könnte, die notwendigen Kosten auf sich zu nehmen, um Absatzdaten in einem mit der Struktur 1 860 Bausteine nicht kompatiblen Format akzeptieren zu können und dadurch nicht zu einer Situation zurückkehren zu müssen, in der die Antragstellerin auf dem relevanten Markt eine Quasi-Monopolstellung innehat. Dies gilt um so mehr, als viele dieser Kunden, wie in der angefochtenen Entscheidung (Ziffern 75 bis 84) festgestellt wird, durch den RPM Arbeitskreis offenbar eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Struktur 1 860 Bausteine gespielt haben. Die bloße Tatsache, dass sich manche von ihnen, wie AzyX vorträgt, bei der von ihr organisierten Zusammenkunft am 15. März 2001 in Frankfurt am Main während einer viereinhalbstuendigen Sitzung anscheinend nicht bereit gezeigt haben, den Wechsel zu einem anderen Format zu befürworten, schließt nicht aus, dass sie ihre Haltung ändern würden, falls die angefochtene Entscheidung - deren erwarteten Erlass man bei dieser Sitzung zu unterstützen beschlossen hatte - später für nichtig erklärt würde.

129 In tatsächlicher Hinsicht ist daher festzustellen, dass ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass viele der Marktentwicklungen, zu denen der sofortige Vollzug der Entscheidung wahrscheinlich führen würde, nur sehr schwer oder überhaupt nicht wieder rückgängig gemacht werden könnten, falls der Klage stattgegeben würde...

130 Ferner lässt sich nicht ausschließen, dass der Vollzug der angefochtenen Entscheidung die Freiheit der Antragstellerin einschränken würde, ihre Geschäftspolitik festzulegen... Aus ihren Erklärungen im vorliegenden Verfahren ergibt sich, dass die Antragstellerin bei Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht mehr die gleiche Geschäftspolitik wie bisher auf einen Markt anwenden könnte, auf dem ihre Wettbewerber berechtigt wären, gegen sie frei in Wettbewerb zu treten, sofern sie nur der Verpflichtung zur Zahlung von Gebühren nachkämen. Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung haben sowohl NDC Health als auch AzyX Dienstleistungen entweder aufgrund der Struktur 1 860 Bausteine (und damit aller Wahrscheinlichkeit nach unter Verletzung des Urheberrechts der Antragstellerin) oder aufgrund anderer ähnlicher Bausteinstrukturen erbracht, die möglicherweise das Urheberrecht verletzende ,Ableitungen dieser Struktur darstellten (und bezüglich deren ein Klima der Rechtsunsicherheit herrschte). Die Verpflichtung der Antragstellerin zur Erteilung von Lizenzen an NDC Health und AzyX würde die gegebenen Marktbedingungen deutlich verändern. Die Tatsache allein, dass die Antragstellerin selbst durch ihre anfängliche Weigerung, ihren Wettbewerbern Lizenzen zu erteilen, zu dieser Rechtsunsicherheit beigetragen hat, ändert, wie die Kommission bemerkt, nichts an der Art der Veränderung der Marktbedingungen, die durch die künftige Rechtmäßigkeit des Verhaltens von NDC und AzyX infolge der Lizenzerteilung nach Vollzug der angefochtenen Entscheidung bewirkt würde.

131 Wie die Kommission in ihren ergänzenden Erklärungen vorträgt, kann in einem Fall, in dem sich nicht mit Sicherheit feststellen lässt, ob die ,gegenwärtigen Bausteinstrukturen der Wettbewerber der Antragstellerin deren ,Urheberrecht verletzen, und in dem zumindest einer dieser Wettbewerber, nämlich NDC, öffentlich bestreitet, dass seine Bausteinstruktur mit 3 942 Segmenten dieses Urheberrecht verletzt, die Gefahr nicht als rein hypothetisch abgetan werden, dass NDC und AzyX den Zeitraum des Schutzes gegen Klagen wegen Urheberrechtsverletzung, für den der Vollzug der angefochtenen Entscheidung sorgen würde, nutzen könnten, um ihre gegenwärtigen und zukünftigen Kunden davon zu überzeugen, dass von der Struktur 1 860 Bausteine zu anderen Strukturen übergewechselt werden sollte, die angeblich keine Urheberrechtsverletzung darstellen. Auf den ersten Blick erscheint es wahrscheinlich, dass diese Gefahr von der Antragstellerin bei der Formulierung ihrer Geschäftspolitik bis zum Erlass des Endurteils berücksichtigt werden müsste."

20 In Bezug auf die Interessenabwägung ist der Richter der einstweiligen Anordnung zu dem Ergebnis gelangt, dass sie für eine Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung bis zum Erlass des Endurteils [spricht]" (Randnr. 149 des angefochtenen Beschlusses). Er hat seine Beurteilung auf folgende Erwägungen gestützt:

143 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das öffentliche Interesse am Schutz der Eigentumsrechte im Allgemeinen und der Rechte des geistigen Eigentums im Besonderen in den Artikeln 30 EG und 295 EG zum Ausdruck kommt. Der bloße Umstand, dass die Antragstellerin ihr Urheberrecht an der Struktur 1 860 Bausteine aus wirtschaftlichen Gründen geltend gemacht und durchzusetzen versucht hat, schmälert nicht ihre Berechtigung, das ihr nach nationalem Recht zustehende ausschließliche Recht geltend zu machen, um eine Vergütung für die Innovation zu erhalten (vgl. Urteil Warner Brothers, Randnr. 13, Urteile des Gerichtshofes vom 20. Oktober 1993 in den Rechtssachen C-92/92 und C-326/92, Phil Collins u. a., Slg. 1993, I-5145, Randnr. 20, vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-200/96, Metronome Musik, Slg. 1998, I-1953, Randnrn. 15 und 24, sowie vom 22. September 1998 in der Rechtssache C-61/97, FDV, Slg. 1998, I-5171, Randnrn. 13 bis 18).

144 Im vorliegenden Verfahren, in dem auf den ersten Blick ein klares öffentliches Interesse besteht, das dem Bestreben der Antragstellerin zugrunde liegt, den spezifischen Gegenstand ihres Urheberrechts an der Struktur 1 860 Bausteine durchzusetzen und zu nutzen, würde es der Ausnahmecharakter der Befugnis zum Erlass einstweiliger Maßnahmen normalerweise verlangen, dass das Verhalten, dessen Abstellung oder Änderung durch solche Maßnahmen bezweckt wird, eindeutig in den Anwendungsbereich der Wettbewerbsregeln des Vertrages fällt. Die Qualifizierung der im vorliegenden Verfahren streitigen Verweigerung einer Lizenz als missbräuchlich hängt jedoch dem ersten Anschein nach davon ab, ob die Auslegung der Rechtsprechung über den Anwendungsbereich der ,außergewöhnlichen Umstände durch die Kommission richtig ist. Diese Rechtsprechung erläutert die ganz besonderen Situationen, in denen der mit Artikel 82 EG verfolgte Zweck gegenüber demjenigen, der der Gewährung von Rechten des geistigen Eigentums zugrunde liegt, Vorrang haben kann. Im vorliegenden Kontext, in dem die Missbräuchlichkeit des Verhaltens der Antragstellerin im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung nicht offenkundig ist und in dem die konkrete Gefahr besteht, dass ihr ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen würde, wenn sie in der Zwischenzeit gezwungen wäre, ihren Wettbewerbern Lizenzen zu erteilen, spricht die Interessenabwägung für einen unverminderten Schutz ihres Urheberrechts bis zum Erlass des Endurteils.

145 Dies gilt insbesondere im vorliegenden Verfahren, in dem klar ist, dass sich das von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung geltend gemachte öffentliche Interesse im Kern vorrangig auf die Interessen der Wettbewerber der Antragstellerin bezieht. [NDC] behaupten, dass den Verbrauchern der Vorteil dieses Wettbewerbs zugute käme. Die Antragstellerin hebt jedoch hervor, ohne dass ihr in diesem Punkt widersprochen worden wäre, dass, da die Kosten des Erwerbs von Absatzdaten für Pharmaunternehmen einen kleinen Anteil ihrer gesamten Vertriebs- und Absatzaufwendungen bildeten, es keine (oder zumindest keine spürbare) Auswirkung auf die Endverbraucher von Arzneimitteln hätte, wenn ihr ausschließliches Recht bis zum Erlass des Endurteils aufrechterhalten würde. Es ist daher, zumindest dem ersten Eindruck nach, nicht auszuschließen, dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Interessenabwägung, die die Interessen von NDC und AzyX mit den Interessen des Wettbewerbs gleichzusetzen scheint..., den Hauptzweck des Artikels 82 EG verkennt, der darin besteht, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern und insbesondere die Interessen der Verbraucher zu wahren, und nicht, die Situation einzelner Wettbewerber zu schützen (Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Bronner, Nr. 58).

146 Auch wenn für AzyX die größere Gefahr eines dauerhaften oder zumindest langfristigen Ausschlusses vom relevanten Markt, wie in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt wird, droht, spricht die Interessenabwägung im vorliegenden Verfahren doch nicht für den sofortigen Vollzug dieser Entscheidung. Aus den dem Richter der einstweiligen Anordnung vorgelegten Angaben über die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. September 2001 und aus der Begründung des Urteils geht hervor, dass es AzyX nicht länger gerichtlich untersagt ist, am Wettbewerb auf dem relevanten Markt unter Verwendung von Bausteinstrukturen teilzunehmen, die das Urheberrecht der Antragstellerin an der Struktur 1 860 Bausteine verletzen können. Sollte sich AzyX dazu entschließen, solche Strukturen weiterhin zu verwenden, so würde sie Gefahr laufen, wenn die Gültigkeit des Urheberrechts von IMS Health an dieser Struktur später endgültig bestätigt würde, IMS Health wegen Verletzung dieses Urheberrechts Schadensersatz leisten zu müssen. Das öffentliche Interesse daran, dass IMS Health bis zum Erlass des Endurteils auf dem relevanten Markt einem Wettbewerb ausgesetzt ist, kann jedoch nicht in dem Maße gegenüber dem Interesse, ihr Urheberrecht schützen zu müssen, überwiegen, dass AzyX auf der Grundlage einer vorläufigen Anwendung von Artikel 82 EG eine Lizenz erteilt werden sollte, um sie gegen das Risiko eines nachteiligen Urteils zu schützen, das gegen sie in dem Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung zwischen ihr und IMS Health in Deutschland ergehen könnte, das - wie IMS dem Richter der einstweiligen Anordnung mitgeteilt hat - am 21. November 2001 vor dem Landgericht Frankfurt am Main erneut zur Verhandlung ansteht.

147 Was die Bedenken der Kommission angeht, dass NDC Health wahrscheinlich nicht in der Lage sein würde, bis zum Erlass des Endurteils auf dem relevanten Markt weiterhin tätig zu sein, so erscheint diese Gefahr mit Rücksicht auf die Wirtschaftskraft der Unternehmensgruppe NDC nicht wesentlich größer als die von der Kommission in Abrede gestellte Gefahr, dass der finanzielle Verlust, der der Antragstellerin bei Vollzug der angefochtenen Entscheidung drohen würde, den Fortbestand von IMS Health auf diesem Markt gefährden könnte...

148 Soweit die Bezugnahme der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen auf ,andere Interessen, die durch die angefochtene Entscheidung geschützt würden, als eine Erläuterung und nicht als eine Erweiterung der Interessen anzusehen wäre, die von der Kommission in dieser Entscheidung geltend gemacht werden, würde sie keine andere Beurteilung der Interessenabwägung im vorliegenden Fall rechtfertigen. Der bloße Umstand, dass einige Pharmaunternehmen mit dem Preis und dem Standard der von IMS Health angebotenen Dienstleistungen unzufrieden sein mögen, würde daher nicht bedeuten, dass deren Interessen durch eine vorläufige Aussetzung der angefochtenen Entscheidung eine schwere und nicht wieder gutzumachende Beeinträchtigung erfahren."

21 Daher hat der Richter der einstweiligen Anordnung die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung bis zum Erlass des Endurteils angeordnet (Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Beschlusses).

Rechtsmittel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Vorbringen von NDC, von AzyX und der Kommission

22 NDC, unterstützt durch AzyX und die Kommission, beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, den von IMS beim Gericht gestellten Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen und ihr die Kosten aufzuerlegen. Sie stützen ihr Rechtsmittel auf vierzehn Gründe.

23 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügen NDC, dass der Richter der einstweiligen Anordnung seine richterliche Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen der Kommission gesetzt habe, was den Grundsätzen für die gerichtliche Nachprüfung in Fällen mit komplexen wirtschaftlichen Beurteilungen zuwiderlaufe, die in einer auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rechtsakts beschränkten Nachprüfung bestehe. Diese Beschränkung der Rolle des Gerichts gelte insbesondere im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Anordnung. Nach Ansicht von NDC hätte der angefochtene Beschluss nur dann von den Tatsachenfeststellungen der Kommission abweichen dürfen, wenn festgestanden hätte, dass sie offensichtlich falsch seien. Der Richter der einstweiligen Anordnung hätte prüfen müssen, ob ein Fumus boni iuris hinsichtlich eines offensichtlichen Fehlers geltend gemacht worden sei. Die Gesellschaften führen mehrere Beispiele an, die belegten, dass der Richter der einstweiligen Anordnung zu Tatsachenfeststellungen gelangt sei, die von denen der Kommission abwichen, ohne zu erläutern, unter welchem Gesichtspunkt deren Entscheidung rechtlich fehlerhaft sei.

24 Die Kommission ist der Ansicht, dass dieser Rechtsmittelgrund insbesondere im Hinblick auf die Beurteilungen zur Dringlichkeit und zur Interessenabwägung durchgreife. Der angefochtene Beschluss habe die Tatsachenfeststellung in der streitigen Entscheidung missachtet, wonach die Struktur 1 860 Bausteine eine De-facto-Industrienorm darstelle, die für den Zugang zu dem relevanten Markt unerlässlich sei. Er habe außerdem die Tatsachenfeststellungen hinsichtlich der Irreversibilität der Marktentwicklungen nach Durchführung der streitigen Entscheidung missachtet. Der Richter der einstweiligen Anordnung habe entgegen seinen Ausführungen in Randnummer 73 des angefochtenen Beschlusses diese Feststellungen der Kommission nicht berücksichtigt.

25 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügen NDC, dass der Richter der einstweiligen Anordnung die Stichhaltigkeit der rechtlichen Argumente zum Fumus boni iuris im Rahmen seiner Prüfung der Dringlichkeit und der Interessenabwägung berücksichtigt habe, insbesondere soweit er den Folgen jeglicher Beschränkung der aus dem Urheberrecht folgenden Rechte von IMS Gewicht beigemessen habe (Randnrn. 123 bis 133 und 144 des angefochtenen Beschlusses). Die Prüfung des Fumus boni iuris unterscheide sich von der Prüfung der Dringlichkeit und der Interessenabwägung. Der Richter der einstweiligen Anordnung habe diese Unterscheidung nicht beachtet.

26 Der dritte Rechtsmittelgrund von NDC wird daraus abgeleitet, dass der Richter der einstweiligen Anordnung bei der Prüfung des irreparablen Charakters des von IMS geltend gemachten Schadens ein falsches rechtliches Kriterium angewandt habe. Dies ergebe sich aus der Verwendung von Formulierungen wie es lässt sich... nicht ausschließen" oder es kann... nicht als rein hypothetisch abgetan werden" (Randnrn. 128, 130 und 131 des angefochtenen Beschlusses), die nicht ausreichten, um einen konkreten schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden festzustellen.

27 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund rügen NDC, dass der Richter der einstweiligen Anordnung bei der Prüfung der Dringlichkeit ein falsches rechtliches Kriterium angewandt habe. Statt der Unzufriedenheit" des Kundenstamms von IMS Gewicht beizumessen, hätte er prüfen müssen, ob es Hindernisse struktureller oder rechtlicher Art" gebe, die es ausschließen würden, dass IMS bei einem Erfolg der Klage ihren Marktanteil zurückgewinnen würde (Randnrn. 128 und 129 des angefochtenen Beschlusses). NDC berufen sich zur Untermauerung dieses Rechtsmittelgrundes auf den Beschluss vom 11. April 2001 in der Rechtssache C-459/00 P(R) (Kommission/Trenker, Slg. 2001, I-2823, Randnr. 102).

28 Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund rügen NDC, dass der Richter der einstweiligen Anordnung in Randnummer 128 des angefochtenen Beschlusses ein falsches Kriterium angewandt habe, um festzustellen, ob die Voraussetzung der Dringlichkeit erfuellt sei, insbesondere da er seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, zu prüfen, ob der von IMS geltend gemachte Schaden eine unmittelbare Folge" der streitigen Entscheidung sei. NDC verweisen zur Untermauerung dieses Rechtsmittelgrundes auf den Beschluss vom 30. Juni 1999 in der Rechtssache T-13/99 R (Pfizer Animal Health/Rat, Slg. 1999, II-1961).

29 Der sechste Rechtsmittelgrund von NDC wird daraus abgeleitet, dass der Richter der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Dringlichkeit ein falsches rechtliches Kriterium angewandt habe, indem er festgestellt habe, dass eine Zwangslizenz notwendigerweise eine Einschränkung der Freiheit von IMS zur Festlegung ihrer Geschäftspolitik darstelle, die somit die Aussetzung des Vollzugs rechtfertige (Randnrn. 130 und 131 des angefochtenen Beschlusses).

30 Mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund rügen NDC, dass der Richter der einstweiligen Anordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet habe. Er sei seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, zu prüfen, ob die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung notwendig sei, um einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden zu verhindern. Der Präsident des Gerichts hätte prüfen müssen, ob eine andere Maßnahme ausgereicht hätte, um der Besorgnis von IMS gerecht zu werden.

31 Mit ihrem achten Rechtsmittelgrund tragen NDC vor, dass Artikel 295 EG rechtsfehlerhaft als ein Gesichtspunkt zugunsten der Aussetzung des Vollzugs angeführt worden sei. Diese Bestimmung sei nicht anwendbar, wenn - wie im vorliegenden Fall - das angebliche Urheberrecht durch eine Gemeinschaftsrichtlinie geschaffen worden sei, die die Rechte, die sie gewähre, von der Anwendung der Wettbewerbsregeln abhängig mache (Randnr. 143 des angefochtenen Beschlusses).

32 Zu diesem Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass zwar der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums für das öffentliche Interesse von Bedeutung sei, dass aber die Voraussetzungen, unter denen die streitige Entscheidung IMS zur Erteilung von Lizenzen verpflichte - insbesondere deren vorläufiger Charakter und die Festsetzung angemessener Gebühren -, verhältnismäßig und geeignet seien, sicherzustellen, dass der dem öffentlichen Interesse am Schutz der Rechte des geistigen Eigentums entstehende Schaden nicht über die unvermeidlichen, vorübergehenden negativen Begleiterscheinungen hinausgehe, die in der Natur des Erlasses der Sicherungsmaßnahme lägen. Die Schlussfolgerung des Richters der einstweiligen Anordnung sei aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Interessen, die normalerweise gegenüber dem Interesse am Schutz des Urheberrechts abzuwägen gewesen wären, fehlerhaft.

33 Mit ihrem neunten Rechtsmittelgrund rügen NDC, dass der Richter der einstweiligen Anordnung dem Umstand rechtliche Bedeutung beigemessen habe, dass die Verbraucher unabhängig von der Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung nicht mehr für Arzneimittel zahlen würden. Die Rechtsprechung habe niemals darauf hingedeutet, dass das angebliche Fehlen von Auswirkungen auf den Endverbraucher einen maßgeblichen Gesichtspunkt im Hinblick auf die Aussetzung des Vollzugs einer Entscheidung darstelle (Randnr. 145 des angefochtenen Beschlusses).

34 Zur Untermauerung dieses Rechtsmittelgrundes rügt AzyX, dass der Richter der einstweiligen Anordnung in Randnummer 145 des angefochtenen Beschlusses davon ausgegangen sei, dass zumindest dem ersten Eindruck nach, nicht auszuschließen [ist], dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Interessenabwägung, die die Interessen von NDC und AzyX mit den Interessen des Wettbewerbs gleichzusetzen scheint..., den Hauptzweck des Artikels 82 EG verkennt, der darin besteht, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern und insbesondere die Interessen der Verbraucher zu wahren, und nicht, die Situation einzelner Wettbewerber zu schützen". Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. insbesondere Urteil vom 21. Februar 1973 in der Rechtssache 6/72, Europemballage und Continental Can/Kommission, Slg. 1973, 215, Randnr. 26) ergebe sich, dass Artikel 82 EG verschiedene Ziele verfolge und dass der Schutz der Interessen der Verbraucher nicht das entscheidende Ziel sei. Die streitige Entscheidung bezwecke nicht, die Situation einzelner Wettbewerber zu schützen, sondern vielmehr, durch den Schutz der Chancengleichheit der Wirtschaftsteilnehmer den Wettbewerb auf dem relevanten Markt wiederherzustellen.

35 In diesem Zusammenhang macht die Kommission geltend, dass der Wettbewerb auch dem Schutz der Interessen der Kunden diene, im vorliegenden Fall der Pharmaunternehmen, die die fraglichen Dienste nutzten. Ebenfalls unter Bezugnahme auf das Urteil Europemballage und Continental Can/Kommission verweist sie darauf, dass es dem öffentlichen Interesse entspreche, einen wirksamen Wettbewerb auf allen Produktionsebenen sicherzustellen.

36 Mit ihrem zehnten Rechtsmittelgrund tragen NDC vor, dass die Feststellung, wonach ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass viele der Marktentwicklungen... nur sehr schwer oder überhaupt nicht wieder rückgängig gemacht werden könnten" (Randnr. 129 des angefochtenen Beschlusses), durch die ihr vorausgehende Begründung nicht gerechtfertigt sei.

37 Mit ihrem elften Rechtsmittelgrund werfen NDC dem Richter der einstweiligen Anordnung einen Widerspruch in der Begründung vor, soweit er in Randnummer 128 des angefochtenen Beschlusses feststelle, dass die Unzufriedenheit der Kunden größer werde, weil die Angebote von NDC und AzyX erheblich von denen abweichen", die IMS bereitstelle, während er in Randnummer 101 erklärt habe, dass diese Angebote allenfalls neue Varianten derselben Dienstleistungen" seien.

38 Nach dem zwölften Rechtsmittelgrund von NDC ist es auch widersprüchlich und stellt eine Entstellung der Beweismittel dar, einerseits festzustellen, dass die streitige Entscheidung IMS dazu zwinge, ihre Geschäftspolitik zu ändern, weil ihre Wettbewerber, darunter AzyX, dann berechtigt wären, gegen sie frei in Wettbewerb zu treten" (Randnr. 130 des angefochtenen Beschlusses), und andererseits festzustellen, dass es AzyX nicht länger gerichtlich untersagt ist, am Wettbewerb... teilzunehmen" (Randnr. 146 des angefochtenen Beschlusses).

39 Der dreizehnte Rechtsmittelgrund von NDC wird daraus abgeleitet, dass der Richter der einstweiligen Anordnung die ihm vorgelegten Beweismittel nicht berücksichtigt habe, aus denen sich ergebe, dass IMS ihr Unternehmen in anderen Ländern, insbesondere im Vereinigten Königreich, mit Erfolg führe, ohne dass ihr das Urheberrecht zustehe, von dem sie behaupte, dass es für ihre Tätigkeiten in Deutschland wesentlich sei.

40 Schließlich rügen NDC mit ihrem vierzehnten Rechtsmittelgrund, dass der Richter der einstweiligen Anordnung die wesentlichen Aspekte der in der streitigen Entscheidung getroffenen Feststellungen nicht berücksichtigt habe. Er habe deren Inhalt bezüglich der wahrscheinlichen Auswirkungen der Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung auf NDC und AzyX bzw. der Ablehnung der Aussetzung des Vollzugs auf IMS verfälscht (Randnr. 147 des angefochtenen Beschlusses).

Vorbringen von IMS

41 IMS beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und NDC die Kosten aufzuerlegen. Sie ist der Auffassung, dass die geltend gemachten Rechtsmittelgründe teilweise offensichtlich unzulässig seien, soweit sie die Würdigung des Sachverhalts durch den Richter der einstweiligen Anordnung beträfen, und teilweise unbegründet seien.

42 Zum ersten Rechtsmittelgrund trägt IMS vor, dass damit die Rolle des Richters der einstweiligen Anordnung verkannt werde, der lediglich gehalten sei, die für den Erlass einstweiliger Anordnungen erforderlichen Voraussetzungen anzuwenden, was ihn dazu veranlassen könne, tatsächliche und rechtliche Feststellungen zu treffen. IMS führt hierzu Randnummer 23 des Beschlusses Kommission/Atlantic Container Line u. a. an, wonach der Richter der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Art und Weise, in der die Voraussetzungen für den Erlass einstweiliger Anordnungen zu prüfen seien, über ein weites Ermessen [verfügt]". Die tatsächlichen Erwägungen des angefochtenen Beschlusses fielen in das Ermessen des Richters der einstweiligen Anordnung. Dieser dürfe nur dann von den Tatsachenfeststellungen der Kommission abweichen, wenn diese offensichtlich falsch seien; andernfalls würde der Umfang des vorläufigen Rechtsschutzes erheblich verkürzt. Der Präsident des Gerichts habe die Auffassung vertreten, dass, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass eine ausgeprägte Anscheinsvermutung begründet werden müsse, die Voraussetzung des Fumus boni iuris im vorliegenden Fall erfuellt wäre (Randnr. 106 des angefochtenen Beschlusses).

43 Auf den zweiten Rechtsmittelgrund von NDC erwidert IMS, dass der Richter der einstweiligen Anordnung die im vorliegenden Fall bestehenden Interessen durchaus abgewogen habe, nämlich zum einen das Interesse von IMS und das öffentliche Interesse am Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und zum anderen die Interessen von IMS, NDC und AzyX, die darin bestuenden, einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden zu verhindern, sowie die Notwendigkeit, durch die Aufrechterhaltung der vor der streitigen Entscheidung bestehenden Situation für die Stabilität des relevanten Marktes zu sorgen. Die Stärke des Fumus boni iuris - also die Stichhaltigkeit ihrer rechtlichen Argumente - sei für die Interessenabwägung maßgeblich. Ein Unternehmen dürfte aufgrund einer Sicherungsmaßnahme keinen Schaden erleiden, wenn keine hohe Wahrscheinlichkeit für ein gegen die Wettbewerbsregeln verstoßendes Verhalten bestehe. Der Richter der einstweiligen Anordnung habe zu Recht dem Schutz des geistigen Eigentums gegenüber den anderen bestehenden Interessen eine vorrangige Bedeutung eingeräumt, da die Weigerung, eine Lizenz zu erteilen, nur unter außergewöhnlichen Umständen gegen die Wettbewerbsregeln verstoße.

44 Zum dritten Rechtsmittelgrund macht IMS geltend, dass der Richter der einstweiligen Anordnung das richtige rechtliche Kriterium bezüglich der Dringlichkeit angewandt habe. Die von NDC ausgewählten Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen und nicht repräsentativ für das in dem angefochtenen Beschluss angewandte Kriterium.

45 In Bezug auf den vierten Rechtsmittelgrund wendet sich IMS gegen das Argument, dass der Richter der einstweiligen Anordnung hätte prüfen müssen, ob es Hindernisse struktureller oder rechtlicher Art" gebe, die es ausschließen könnten, dass IMS bei einem Erfolg der Klage ihren Marktanteil zurückgewinnen würde. Der Richter der einstweiligen Anordnung sei nicht verpflichtet, das Bestehen solcher Hindernisse festzustellen, wenn er bereits zu dem Ergebnis gelangt sei, dass aufgrund der Ablehnung der Kunden von IMS, zu einer monopolistischen Situation zurückzukehren, ein beträchtliches Hindernis bestehe.

46 Im Hinblick auf den fünften Rechtsmittelgrund, der sich darauf bezieht, dass in dem angefochtenen Beschluss nicht der Frage nachgegangen worden sei, ob die möglichen Schäden, die IMS durch die streitige Entscheidung entstehen würden, deren unmittelbare Folgen seien, geht IMS davon aus, dass dies offensichtlich der Fall sei. In diesem Zusammenhang vertritt sie die Auffassung, dass der Beschluss Pfizer Animal Health/Rat nicht einschlägig sei. Denn die in diesem Beschluss geprüfte Situation habe tatsächlich von der streitigen Entscheidung unabhängige Schäden hervorgebracht.

47 Zum sechsten Rechtsmittelgrund von NDC betreffend die geschäftliche Freiheit macht IMS geltend, dass er sich auf eine Tatsachenfrage beziehe und daher unzulässig sei. Soweit er als zulässig angesehen werde, vertritt IMS die Auffassung, dass Sicherungsmaßnahmen den Status quo aufrechterhalten oder gar wiederherstellen müssten, statt ein Unternehmen zur Änderung seiner Geschäftspolitik zu verpflichten; die streitige Entscheidung würde hingegen diesen Status quo grundlegend verändern, was ernste Folgen für die geschäftliche Freiheit von IMS mit sich bringen würde.

48 In Bezug auf den siebten Rechtsmittelgrund trägt IMS vor, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vom Richter der einstweiligen Anordnung beachtet worden sei. Gemäß diesem Grundsatz seien in der mündlichen Verhandlung anderen Optionen - insbesondere die Stellung einer Bankgarantie durch NDC und AzyX - angesprochen worden.

49 Im Hinblick auf den achten Rechtsmittelgrund von NDC vertritt IMS die Auffassung, dass die Bezugnahme auf Artikel 295 EG gerechtfertigt sei, da ihr Urheberrecht seinen Ursprung im deutschen Recht habe. Dagegen lasse sich das Vorbringen, dass Artikel 295 EG auf harmonisierte Eigentumsrechte nicht anwendbar sei, aus der Rechtsprechung nicht herleiten.

50 Zum neunten Rechtsmittelgrund macht IMS geltend, dass der Richter der einstweiligen Anordnung die fehlenden Auswirkungen der streitigen Entscheidung auf den Endverbraucher zu Recht berücksichtigt habe, um die Interessen Dritter zu wahren, die nicht im Verfahren der einstweiligen Anordnung vertreten seien. Sie unterstützt die Feststellung des Richters der einstweiligen Anordnung, dass die von der Kommission in der streitigen Entscheidung vorgenommene Interessenabwägung die Interessen von NDC und AzyX mit den Interessen des Wettbewerbs gleichzusetzen scheine und dabei den Hauptzweck des Artikels 82 EG verkenne (Randnr. 145 des angefochtenen Beschlusses). Durch diese Entscheidung werde sie verpflichtet, ihren wichtigsten Wettbewerbsvorteil mit ihren Wettbewerbern zu teilen. Diese könnten somit weitgehend gleichartige Dienste anbieten, was darauf hinauslaufe, die Wettbewerber zu schützen, statt den Wettbewerb zu fördern.

51 In Bezug auf den zehnten bis vierzehnten Rechtsmittelgrund vertritt IMS die Auffassung, dass sie die Würdigung des Sachverhalts durch den Richter der einstweiligen Anordnung beträfen. Diese Gründe seien daher unzulässig. Hilfsweise macht sie geltend, dass diese Gründe nicht stichhaltig seien.

Würdigung

52 Da die schriftlichen Erklärungen der Verfahrensbeteiligten alle Informationen enthalten, die für die Entscheidung über das Rechtsmittel erforderlich sind, besteht kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

53 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach den Artikeln 225 EG und 51 der EG-Satzung des Gerichtshofes das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt" ist und nicht die Würdigung der Tatsachen erfasst. Diese Bestimmung gilt auch für Rechtsmittel, die gemäß Artikel 50 Absatz 2 dieser Satzung eingelegt werden.

54 Allein das Gericht ist zuständig für die Tatsachenfeststellung, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind, und für die Würdigung dieser Tatsachen. Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, daher keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt (vgl. insbesondere Urteil vom 11. Februar 1999 in der Rechtssache C-390/95 P, Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Slg. 1999, I-769, Randnr. 29).

Zum ersten Rechtsmittelgrund

55 Der erste Rechtsmittelgrund betrifft die Frage der Intensität der Nachprüfung durch den Richter der einstweiligen Anordnung, soweit es um Entscheidungen mit einstweiligen Maßnahmen der Kommission in Wettbewerbsangelegenheiten geht.

56 NDC berufen sich auf die Rechtsprechung, der zufolge die Prüfung, die der Gerichtshof im Rahmen einer Nichtigkeitsklage in Bezug auf Entscheidungen vornimmt, denen die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten zugrunde liegt, auf die Frage beschränkt ist, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. insbesondere Urteil vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia u. a./Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 34). Nach Ansicht von NDC setzt diese Rechtsprechung im Rahmen eines Verfahrens der einstweiligen Anordnung gegen eine Entscheidung mit einstweiligen Maßnahmen der Kommission voraus, dass der Antragsteller sich auf eine besonders ausgeprägte Anscheinsvermutung berufen und das Bestehen offensichtlicher Ermessensfehler bezüglich der Beurteilung der Dringlichkeit und gegebenenfalls der Interessenabwägung durch die Kommission glaubhaft machen können muss.

57 Hierzu ist festzustellen, dass im Rahmen eines Verfahrens der einstweiligen Anordnung, das auf die Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Gemeinschaftsorgans gerichtet ist, der Richter der einstweiligen Anordnung prüfen muss, ob der Antragsteller das Bestehen der Dringlichkeit dargetan und die Notwendigkeit der Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht hat (Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts).

58 Die von NDC angeführte Rechtsprechung kann nicht undifferenziert auf das Verfahren der einstweiligen Anordnung übertragen werden, wenn nicht die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Frage gestellt werden sollen. Eine solche Übertragung mit den von NDC befürworteten Folgen für die in der Verfahrensordnung vorgesehenen Voraussetzungen für den Erlass einstweiliger Anordnungen würde die Gefahr mit sich bringen, den vorläufigen Rechtsschutz übermäßig zu verkürzen und das weite Ermessen einzuschränken, über das der Richter der einstweiligen Anordnung für die Ausübung der ihm übertragenen Befugnisse verfügt (vgl. in diesem Sinne Beschluss Kommission/Atlantic Container Line u. a., Randnr. 23).

59 Dass sich im vorliegenden Fall die streitige Entscheidung auf den Erlass einstweiliger Maßnahmen durch die Kommission bezieht, stellt diese Beurteilung nicht in Frage. Wie in Randnummer 66 des angefochtenen Beschlusses festgestellt wurde, ist es nämlich nicht gerechtfertigt, solchen vorläufigen Entscheidungen der Kommission im Hinblick auf Anträge auf einstweilige Anordnung einen besonderen Status einzuräumen. Der Richter der einstweiligen Anordnung kann daher bei seiner Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass solcher Anordnungen den vorläufigen Beurteilungen der Kommission nicht größere Bedeutung beimessen als deren endgültigen Beurteilungen.

60 Auf die Bedeutung des vorläufigen Schutzes der Rechte der Betroffenen gegenüber einstweiligen Maßnahmen der Kommission hat der Gerichtshof in Randnummer 20 des Beschlusses Camera Care/Kommission ausdrücklich hingewiesen.

61 Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

62 Der zweite Rechtsmittelgrund bezieht sich auf die Frage, ob der Richter der einstweiligen Anordnung einen Rechtsfehler begangen hat, indem er die Stichhaltigkeit der rechtlichen Argumente zum Fumus boni iuris im Rahmen seiner Prüfung der Dringlichkeit und der Interessenabwägung berücksichtigt hat, insbesondere soweit er den Folgen jeglicher Beschränkung des Urheberrechts von IMS Gewicht beigemessen hat.

63 Hierzu ist festzustellen, dass die für die Anordnung der Aussetzung des Vollzugs und den Erlass einstweiliger Anordnungen erforderlichen Voraussetzungen Gegenstand einer Gesamtprüfung sein müssen, in deren Rahmen der Richter der einstweiligen Anordnung über ein weites Ermessen verfügt (Beschluss Kommission/Atlantic Container Line u. a., Randnr. 23). So kann der Richter der einstweiligen Anordnung das unterschiedliche Gewicht der Rechtsmittelgründe, die geltend gemacht werden, um einen Fumus boni iuris darzutun, bei seiner Beurteilung der Dringlichkeit und gegebenenfalls der Interessenabwägung berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 23. Februar 2001 in der Rechtssache C-445/00 R, Österreich/Rat, Slg. 2001, I-1461, Randnr. 110).

64 Im Hinblick auf das Argument, das sich auf das dem Urheberrecht von IMS beigemessene Gewicht bezieht, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass die Ausübung der Immaterialgüterrechte nur unter außergewöhnlichen Umständen Beschränkungen unterworfen werden kann, die aufgrund von Artikel 82 EG geboten erscheinen (vgl. insbesondere Urteile vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 238/87, Volvo, Slg. 1988, 6211, Randnrn. 7 bis 9, sowie RTE und ITP/Kommission, Randnrn. 48 bis 50).

65 Der angefochtene Beschluss wird dadurch, dass die Intensität des von IMS geltend gemachten Fumus boni iuris berücksichtigt wird und dass insbesondere den Folgen der streitigen Entscheidung für das Urheberrecht, dessen Inhaber IMS ist, Gewicht beigemessen wird, nicht rechtsfehlerhaft.

66 Der zweite Rechtsmittelgrund ist ebenfalls zurückzuweisen.

Zu den die Dringlichkeit betreffenden Rechtsmittelgründen

67 Mit ihrem dritten bis siebten Rechtsmittelgrund, die zusammen zu prüfen sind, rügen NDC, dass der Richter der einstweiligen Anordnung bei seiner Beurteilung der Dringlichkeit falsche rechtliche Kriterien angewandt habe.

68 Zum dritten Rechtsmittelgrund ist festzustellen, dass die Schlussfolgerung in Randnummer 132 des angefochtenen Beschlusses, wonach die tatsächliche konkrete Gefahr besteht, dass der Vollzug der angefochtenen Entscheidung der Antragstellerin vor Erlass des Endurteils einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden zufügen könnte," auf einer Gesamtheit von Erwägungen beruht, die in den Randnummern 124 bis 131 dieses Beschlusses dargelegt sind.

69 Dass einige der in diesen Erwägungen festgestellten Risiken mit den Formulierungen es lässt sich... nicht ausschließen" oder es kann... nicht als rein hypothetisch abgetan werden" gekennzeichnet werden, führt nicht dazu, dass die Beurteilung der Dringlichkeit durch den Richter der einstweiligen Anordnung mit einem Rechtsfehler behaftet ist.

70 In Bezug auf den vierten Rechtsmittelgrund ist zu bemerken, dass Randnummer 102 des Beschlusses Kommission/Trenker, auf den NDC ihre Argumentation stützen, lediglich feststellt, dass in diesem Fall die Antragstellerin im ersten Rechtszug nicht dargetan hatte, dass Hindernisse struktureller oder rechtlicher Art" bestanden, die sie an der Rückerlangung der Marktanteile für die fraglichen Produkte hindern konnten. Aus dieser Feststellung, die zu einer Gesamtheit von Gesichtspunkten gehört, die für die Beurteilung der Dringlichkeit und der Interessenabwägung in diesem Fall berücksichtigt wurden, kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass allgemein nur strukturelle oder rechtliche Hindernisse für die Rückerlangung von Marktanteilen das Bestehen der Dringlichkeit im Rahmen des Verfahrens der einstweiligen Anordnung begründen können.

71 Die tatsächlichen Beurteilungen des Richters der einstweiligen Anordnung betreffend die Folgen der streitigen Entscheidung für IMS können aus den in den Randnummern 53 und 54 des vorliegenden Beschlusses dargelegten Gründen im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nicht geprüft werden.

72 Zum fünften Rechtsmittelgrund ist lediglich zu bemerken, dass die Randnummern 128 und 129 des angefochtenen Beschlusses eindeutig einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen dem Vollzug der streitigen Entscheidung und dem Schaden, den deren sofortiger Vollzug IMS zufügen könnte, aufzeigen.

73 Im Hinblick auf den sechsten Rechtsmittelgrund von NDC genügt der Hinweis, dass damit Tatsachenfeststellungen des Richters der einstweiligen Anordnung betreffend die vorhersehbaren Folgen der streitigen Entscheidung für die Geschäftspolitik von IMS in Frage gestellt werden. Daher ist der Rechtsmittelgrund aus den in den Randnummern 53 und 54 des vorliegenden Beschlusses dargelegten Gründen unzulässig.

74 Zum siebten Rechtsmittelgrund von NDC ist festzustellen, dass diese lediglich vorbringen, dass der Richter der einstweiligen Anordnung es versäumt habe, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, ohne bestimmte Teile des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen. Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aber aus den Artikeln 225 EG, 51 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes und 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss (vgl. insbesondere Urteil vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-73/95 P, Viho/Kommission, Slg. 1996, I-5457, Randnr. 25).

75 Außerdem lässt Randnummer 122 des angefochtenen Beschlusses erkennen, dass die Alternative, nämlich eine Bankgarantie in die endgültigen Lizenzbedingungen aufzunehmen, - eine Lösung, die von der Kommission akzeptiert, von NDC aber abgelehnt wurde, - vom Richter der einstweiligen Anordnung in Betracht gezogen wurde.

76 Nach alledem sind der dritte bis siebte Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und als teilweise unbegründet zurückzuweisen.

Zu den die Interessenabwägung betreffenden Rechtsmittelgründen

77 Der achte und der neunte Rechtsmittelgrund, die zusammen zu prüfen sind, beziehen sich auf angebliche Rechtsfehler bei der Abwägung der Interessen.

78 Mit dem achten Rechtsmittelgrund wird gerügt, dass der Richter der einstweiligen Anordnung Artikel 295 EG berücksichtigt habe, obwohl diese Bestimmung im vorliegenden Fall unerheblich sei.

79 Mit dem neunten Rechtsmittelgrund, wie er von AzyX und der Kommission aufgenommen und ausgeführt worden ist, wird gerügt, dass der angefochtene Beschluss dem Umstand rechtliche Folgen zugeschrieben habe, dass die Verbraucher im Fall der Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung nicht mehr für Arzneimittel zahlen würden.

80 Die Rüge gilt im Wesentlichen der Auslegung von Artikel 82 EG in Randnummer 145 des angefochtenen Beschlusses, wonach der Hauptzweck dieser Bestimmung insbesondere darin bestehe, die Interessen der Verbraucher zu wahren, und nicht, die Situation einzelner Wettbewerber zu schützen. Eine solche Auslegung stehe im Widerspruch zu einer ständigen Rechtsprechung, der zufolge sich diese Bestimmung nicht nur auf Verhaltensweisen [bezieht], durch die den Verbrauchern ein unmittelbarer Schaden erwachsen kann, sondern auch auf solche, die ihnen durch einen Eingriff in die Struktur des tatsächlichen Wettbewerbs... Schaden zufügen" (Urteil Europemballage und Continental Can/Kommission, Randnr. 26).

81 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsfehler hinsichtlich der Auslegung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts, der für die Beurteilung einer der Voraussetzungen für den Erlass einstweiliger Anordnungen entscheidend ist, die Gültigkeit eines Beschlusses, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist, in Frage stellen kann.

82 Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass der Rückgriff auf Artikel 295 EG in Randnummer 143 des angefochtenen Beschlusses für das Ergebnis der Interessenabwägung nicht entscheidend ist. Denn der Richter der einstweiligen Anordnung erwähnt diese Bestimmung, Artikel 30 EG und mehrere Urteile des Gerichtshofes, um die Auslegung zu rechtfertigen, wonach der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums im öffentlichen Interesse liege. Unter diesen Umständen greift der achte Rechtsmittelgrund jedenfalls nicht durch, ohne dass auf die Erheblichkeit von Artikel 295 EG in diesem Zusammenhang einzugehen wäre.

83 Zum neunten Rechtsmittelgrund ist zu bemerken, dass der Richter der einstweiligen Anordnung, soweit er in Randnummer 145 des angefochtenen Beschlusses erklärt, dass der Zweck des Artikels 82 EG darin bestehe, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern", sich nicht im Widerspruch zum Urteil Europemballage und Continental Can/Kommission befindet.

84 Demgegenüber lässt sich den Ausführungen, die in dieser Randnummer 145 gemacht werden, insoweit nicht vorbehaltlos zustimmen, als sie dahin verstanden werden könnten, dass sie den Schutz der Interessen der Konkurrenzunternehmen aus dem mit Artikel 82 EG verfolgten Zweck ausschließen, obwohl sich solche Interessen von der Aufrechterhaltung einer Struktur des tatsächlichen Wettbewerbs nicht trennen lassen.

85 Für die Zwecke des vorliegenden Rechtsmittels ist jedoch lediglich festzustellen, dass der Richter der einstweiligen Anordnung im Rahmen der Beurteilung der Interessenabwägung die Folgen der Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung für die Interessen der Verbraucher berücksichtigen konnte und dass Randnummer 145 des angefochtenen Beschlusses zu einer Gesamtheit von in dessen Randnummern 143 bis 148 dargelegten Argumenten gehört, aufgrund deren der Richter der einstweiligen Anordnung zu der Auffassung gelangt ist, dass die Interessenabwägung zugunsten von IMS ausfällt. Daher war der etwaige Rechtsfehler hinsichtlich der Auslegung von Artikel 82 EG für die Beurteilung der Interessenabwägung durch den Richter der einstweiligen Anordnung nicht entscheidend.

86 Nach alledem sind der achte und der neunte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zu den offensichtliche Ermessensfehler oder Verfälschungen der Beweismittel betreffenden Rechtsmittelgründen

87 Mit ihren letzten fünf Rechtsmittelgründen machen NDC offensichtliche Ermessensfehler und Verfälschungen der Beweismittel geltend.

88 Wie in den Randnummern 53 und 54 des vorliegenden Beschlusses dargelegt, ist die Würdigung der ihm vorgelegten Beweismittel durch das Gericht, sofern diese Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die der Kontrolle des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt.

89 Mit ihrem zehnten Rechtsmittelgrund wenden sich NDC gegen die tatsächlichen Beurteilungen des Richters der einstweiligen Anordnung betreffend die Dringlichkeit, da sie durch die Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht gerechtfertigt seien. Mit dem dreizehnten und dem vierzehnten Rechtsmittelgrund wird gerügt, dass der Richter der einstweiligen Anordnung bestimmte Beweismittel oder Tatsachenfeststellungen der streitigen Entscheidung nicht berücksichtigt habe. Zum einen werden aber dessen Beurteilungen betreffend die Dringlichkeit in den Randnummern 127 bis 131 des angefochtenen Beschlusses ausreichend begründet. Zum anderen haben NDC nicht dargelegt, inwiefern die tatsächlichen Beurteilungen des Richters der einstweiligen Anordnung, soweit sie von denen der Kommission abweichen oder bestimmte Beweismittel nicht berücksichtigen, eine Verfälschung der Tatsachen darstellen sollen.

90 Der elfte und der zwölfte Rechtsmittelgrund beschränken sich ihrerseits darauf, angebliche Widersprüche zwischen Satzteilen des angefochtenen Beschlusses anzuführen, die aus dem Zusammenhang gerissen werden, ohne zu erläutern, inwiefern sie eine Verfälschung der tatsächlichen Gesichtspunkte darstellen, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen kann.

91 Folglich sind der zehnte bis vierzehnte Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen.

92 Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

93 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da NDC mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem entsprechenden Antrag von IMS die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFES

beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die NDC Health Corporation und die NDC Health GmbH & Co. KG tragen die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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