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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: C-50/00 P
Rechtsgebiete: Verordnung 1638/98/EWG


Vorschriften:

Verordnung 1638/98/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Europäische Gemeinschaft ist eine Rechtsgemeinschaft, in der die Handlungen ihrer Organe darauf hin kontrolliert werden, ob sie mit dem EG-Vertrag und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, zu denen auch die Grundrechte gehören, vereinbar sind.

Die Einzelnen müssen daher einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch nehmen können, die sie aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleiten, wobei das Recht auf einen solchen Schutz zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehört, die sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben. Dieses Recht ist auch in den Artikeln 6 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert.

( vgl. Randnrn. 38-39 )

2. Der EG-Vertrag hat mit den Artikeln 173 (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) und 184 (jetzt Artikel 241 EG) einerseits und Artikel 177 (jetzt Artikel 234 EG) andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen, das die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe, mit der der Gemeinschaftsrichter betraut wird, gewährleisten soll. Nach diesem System haben natürliche oder juristische Personen, die wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag Gemeinschaftshandlungen allgemeiner Geltung nicht unmittelbar anfechten können, die Möglichkeit, je nach den Umständen des Falles die Ungültigkeit solcher Handlungen entweder inzident nach Artikel 184 EG-Vertrag vor dem Gemeinschaftsrichter oder aber vor den nationalen Gerichten geltend zu machen und diese Gerichte, die nicht selbst die Ungültigkeit der genannten Handlungen feststellen können, zu veranlassen, dem Gerichtshof insoweit Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Es ist somit Sache der Mitgliedstaaten, ein System von Rechtsbehelfen und Verfahren vorzusehen, mit dem die Einhaltung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleistet werden kann.

In diesem Rahmen haben die nationalen Gerichte gemäß dem in Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) aufgestellten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit die nationalen Verfahrensvorschriften über die Einlegung von Rechtsbehelfen möglichst so auszulegen und anzuwenden, dass natürliche und juristische Personen die Rechtmäßigkeit jeder nationalen Entscheidung oder anderen Maßnahme, mit der eine Gemeinschaftshandlung allgemeiner Geltung auf sie angewandt wird, gerichtlich anfechten und sich dabei auf die Ungültigkeit dieser Handlung berufen können.

Insoweit kann einer Auslegung des Rechtsschutzsystems nicht gefolgt werden, nach der eine Direktklage mit dem Ziel der Nichtigerklärung beim Gemeinschaftsrichter möglich sein soll, soweit nach einer konkreten Prüfung der nationalen Verfahrensvorschriften durch diesen Richter dargetan werden kann, dass diese Vorschriften es dem Einzelnen nicht gestatten, eine Klage zu erheben, mit der er die Gültigkeit der streitigen Gemeinschaftshandlung in Frage stellen kann. Denn eine solche Regelung würde es in jedem Einzelfall erforderlich machen, dass der Gemeinschaftsrichter das nationale Verfahrensrecht prüft und auslegt, was seine Zuständigkeit im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Gemeinschaftshandlungen überschreiten würde.

( vgl. Randnrn. 40-43 )

3. Nach dem durch den EG-Vertrag geschaffenen System der Rechtmäßigkeitskontrolle der Gemeinschaftshandlungen allgemeiner Geltung kann eine natürliche oder juristische Person nur dann Klage gegen eine Verordnung erheben, wenn sie nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen ist. Diese Voraussetzung ist zwar im Licht des Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, die einen Kläger individualisieren können, auszulegen; doch kann eine solche Auslegung nicht, ohne dass die den Gemeinschaftsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden, zum Wegfall der fraglichen Voraussetzung, die ausdrücklich im EG-Vertrag vorgesehen ist, führen.

Auch wenn ein anderes System der Rechtmäßigkeitskontrolle der Gemeinschaftshandlungen allgemeiner Geltung als das durch den ursprünglichen Vertrag geschaffene, das in seinen Grundzügen nie geändert wurde, sicherlich vorstellbar ist, so wäre es doch Sache der Mitgliedstaaten, das derzeit geltende System gegebenenfalls gemäß Artikel 48 EU zu reformieren.

( vgl. Randnrn. 44-45 )


Urteil des Gerichtshofes vom 25. Juli 2002. - Unión de Pequeños Agricultores gegen Rat der Europäischen Union. - Rechtsmittel - Verordnung (EG) Nr. 1638/98 - Gemeinsame Marktorganisation für Fette - Nichtigkeitsklage - Individuell betroffene Person - Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz - Zulässigkeit. - Rechtssache C-50/00 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-50/00 P

Unión de Pequeños Agricultores mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: J. Ledesma Bartret und J. Jiménez Laiglesia y de Oñate, abogados, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

betreffend ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Dritte Kammer) vom 23. November 1999 in der Rechtssache T-173/98 (Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 1999, II-3357) wegen Aufhebung dieses Beschlusses,

andere Verfahrensbeteiligte:

Rat der Europäischen Union, vertreten durch I. Díez Parra als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter im ersten Rechtszug,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Guerra Fernández und M. Condou-Durande als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, des Kammerpräsidenten P. Jann, der Kammerpräsidentinnen F. Macken und N. Colneric und des Kammerpräsidenten S. von Bahr sowie der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), D. A. O. Edward, A. La Pergola, J.-P. Puissochet, M. Wathelet, R. Schintgen, V. Skouris und J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten in der Sitzung vom 6. November 2001, in der die Unión de Pequeños Agricultores durch J. Jiménez Laiglesia y de Oñate, der Rat durch I. Díez Parra und die Kommission durch J. Guerra Fernández und M. Condou-Durande vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. März 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Unión de Pequeños Agricultores hat mit Rechtsmittelschrift, die am 16. Februar 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 23. November 1999 in der Rechtssache T-173/98 (Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 1999, II-3357, im Folgenden: angefochtener Beschluss) eingelegt, mit dem das Gericht ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1638/98 des Rates vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Verordnung Nr. 136/66/EWG über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Fette (ABl. L 210, S. 32, im Folgenden: angefochtene Verordnung) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Am 22. September 1966 erließ der Rat die Verordnung Nr. 136/66/EWG über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Fette (ABl. 1966, Nr. 172, S. 3025). Durch diese Verordnung wurde u. a. eine gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl geschaffen, die ein System garantierter Preise sowie Erzeugungsbeihilfen vorsah. Die durch die Verordnung geschaffenen Mechanismen wurden mehrfach geändert. Die so geänderte gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl umfasste Regelungen über Interventionspreise, Erzeugungsbeihilfen, Verbrauchsbeihilfen, Lagerhaltung sowie Ein- und Ausfuhren.

3 Am 20. Juli 1998 erließ der Rat die angefochtene Verordnung, durch die u. a. die gemeinsame Marktorganisation für Olivenöl geändert wurde. Die vorhergehende Interventionsregelung wurde aufgehoben und durch eine Beihilferegelung mit Verträgen über private Lagerhaltung ersetzt. Die Verbrauchsbeihilfe und die besondere Beihilfe für Kleinerzeuger wurden abgeschafft. Der Stabilisierungsmechanismus für die Erzeugungsbeihilfe, der auf einer garantierten Hoechstmenge für die gesamte Gemeinschaft beruhte, wurde durch die Einführung einer Aufteilung dieser garantierten Hoechstmenge auf die Erzeugermitgliedstaaten in Form garantierter einzelstaatlicher Mengen geändert. Schließlich wurden die nach dem 1. Mai 1998 angepflanzten Olivenhaine, von Ausnahmen abgesehen, von jeder zukünftigen Beihilferegelung ausgeschlossen.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

4 Mit Klageschrift, die am 20. Oktober 1998 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin, ein Berufs- und Interessenverband von kleinen spanischen Landwirtschaftsbetrieben, der nach spanischem Recht Rechtspersönlichkeit besitzt, gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 4 EG) Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung mit Ausnahme der Bestimmungen über die Beihilferegelung für Tafeloliven.

5 Mit besonderem Schriftsatz, der am 23. Dezember 1998 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rat gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit.

6 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht dieser Einrede der Unzulässigkeit stattgegeben und die Klage als offensichtlich unzulässig abgewiesen.

7 Zunächst hat das Gericht in Randnummer 34 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung Privatpersonen gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag gegen jede Entscheidung vorgehen könnten, die, obwohl als Verordnung ergangen, sie unmittelbar und individuell betreffe, und dass das Kriterium für die Unterscheidung zwischen Verordnung und Entscheidung darin bestehe, ob die fragliche Maßnahme allgemeine Geltung habe; das Gericht ist daher in Randnummer 44 des Beschlusses zu dem Ergebnis gelangt, dass die angefochtene Verordnung aufgrund ihrer Natur und ihres Geltungsumfangs normativen Charakter habe und keine Entscheidung im Sinne des Artikels 189 EG-Vertrag (jetzt Artikel 249 EG) darstelle.

8 Sodann hat das Gericht in Randnummer 45 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass auch ein normativer Akt, der auf alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer Anwendung finde, unter bestimmten Umständen einige Wirtschaftsteilnehmer individuell betreffen könne und dass eine Gemeinschaftshandlung somit gleichzeitig normativen Charakter und in Bezug auf bestimmte betroffene Wirtschaftsteilnehmer Entscheidungscharakter haben könne; weiter hat es ausgeführt:

in Randnummer 46 des Beschlusses, dass eine natürliche oder juristische Person jedoch nachweisen können [muss], dass der streitige Rechtsakt sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt", und

in Randnummer 47 des Beschlusses, dass im Übrigen eine Klage von Vereinigungen jedenfalls dann als zulässig anzusehen sei, wenn eine Rechtsvorschrift berufsständischen Vereinigungen ausdrücklich eine Reihe von Verfahrensrechten einräume, wenn die Vereinigung die Interessen von Unternehmen wahrnehme, die selbst klagebefugt seien, und wenn die Vereinigung individuell betroffen sei, da sich die angefochtene Handlung auf ihre eigenen Interessen als Vereinigung auswirke, namentlich weil ihre Position als Verhandlungsführerin durch die angefochtene Handlung berührt worden sei.

9 Im konkreten Fall ist das Gericht in Randnummer 48 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Rechtsmittelführerin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Klage auf keinen dieser drei Fälle berufen könne.

10 Dazu hat das Gericht in Randnummer 50 des angefochtenen Beschlusses u. a. ausgeführt, dass die Klägerin nicht dargetan [hat], dass die angefochtene Verordnung ihre Mitglieder wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt. Insoweit genügt der Hinweis darauf, dass der Umstand, dass die angefochtene Verordnung zur Zeit ihres Erlasses die Mitglieder der Klägerin, die damals auf dem Olivenölmarkt tätig waren, betraf und möglicherweise zur Beendigung der Tätigkeit einiger von ihnen geführt hat, nicht geeignet ist, sie aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft herauszuheben, die sich in einer objektiv umschriebenen Situation befinden, die mit derjenigen aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer vergleichbar ist, die gegenwärtig oder in Zukunft auf diesen Märkten tätig werden könnten... Die angefochtene Verordnung betrifft die Mitglieder der Klägerin nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmer, die auf diesen Märkten tätig sind, ebenso wie alle anderen auf diesen Märkten tätigen Wirtschaftsteilnehmer."

11 In den Randnummern 53 bis 55 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht hinzugefügt, dass die Rechtsmittelführerin die Zulässigkeit ihrer Klage nicht darauf stützen könne, dass die angefochtene Verordnung besondere Interessen beeinträchtige, die sie als Vereinigung habe, und in Randnummer 58 des Beschlusses festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin nach keinem der Kriterien, die die Rechtsprechung für die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage eines Vereins aufgestellt habe, aus dem Kreis der übrigen Wirtschaftsteilnehmer herausgehoben sei.

12 Schließlich hat das Gericht das letzte der Argumente der Rechtsmittelführerin, mit denen sie geltend gemacht hatte, sie sei von den Bestimmungen der angefochtenen Verordnung individuell betroffen, geprüft, nämlich die Gefahr, keinen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu erhalten. Dazu hat das Gericht ausgeführt:

61 Mit dem Hinweis auf den mangelnden effektiven gerichtlichen Rechtsschutz rügt die Klägerin das Fehlen innerstaatlicher Rechtsschutzmöglichkeiten, die gegebenenfalls zu einer Überprüfung der Gültigkeit der angefochtenen Verordnung aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Artikel 177 EG-Vertrag [jetzt Artikel 234 EG] führen könnten.

62 Der Grundsatz der Gleichheit aller Rechtsbürger hinsichtlich der Voraussetzungen des Zugangs zum Gemeinschaftsrichter im Wege der Nichtigkeitsklage verbietet es, diese Voraussetzungen von der besonderen Ausgestaltung des Gerichtssystems jedes Mitgliedstaats abhängig zu machen. Zudem sind die Mitgliedstaaten aufgrund des in Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) verankerten Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit gehalten, zur Vervollständigung des Rechtsschutzsystems beizutragen, das mit dem EG-Vertrag geschaffen wurde und innerhalb dessen dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane übertragen ist (vgl. dazu Urteil [vom 23. April 1986 in der Rechtssache 294/83,] Les Verts/Parlament, [Slg. 1986, 1339,] Randnr. 23).

63 Diese Gesichtspunkte können es jedoch nicht rechtfertigen, dass das Gericht von dem in Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag in der Auslegung durch die Rechtsprechung geschaffenen Rechtsschutzsystem abweicht und seine dort festgelegte Zuständigkeit überschreitet.

64 Die Klägerin kann sich auch nicht auf die mögliche Dauer eines Verfahrens gemäß Artikel 177 EG-Vertrag berufen. Dieser Umstand kann nämlich nicht eine Änderung des in den Artikeln 173, 177 und 178 EG-Vertrag (jetzt Artikel 235 EG) geregelten Rechtsschutzsystems rechtfertigen, das dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe überträgt. Keinesfalls kann deshalb eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person für zulässig erklärt werden, die nicht die Voraussetzungen des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag erfuellt (Beschluss des Gerichtshofes vom 24. April 1996 in der Rechtssache C-87/95 P, CNPAAP/Rat, Slg. 1996, I-2003, Randnr. 38)."

13 Nach diesen Erwägungen hat das Gericht in Randnummer 65 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin von der angefochtenen Verordnung nicht individuell betroffen sei und dass die Frage, ob sie von dieser Verordnung unmittelbar betroffen sei, nicht mehr geprüft zu werden brauche, da ihre Klage eine der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag nicht erfuelle.

Das Rechtsmittel

14 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben;

ihre Klage für zulässig zu erklären und die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen.

15 Der Rat beantragt,

das Rechtsmittel für offensichtlich unzulässig, hilfsweise, für offensichtlich unbegründet zu erklären;

der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

16 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 12. September 2000 ist die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

17 Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf vier Gründe.

18 Erstens habe das Gericht in Randnummer 61 des angefochtenen Beschlusses ihr Vorbringen zum mangelnden effektiven gerichtlichen Rechtsschutz im Fall der Unzulässigkeit der Klage falsch ausgelegt. Sie habe dieses Vorbringen nicht allein auf das Fehlen nationaler Rechtsschutzmöglichkeiten gestützt, sondern darauf, dass das mit dem Grundrecht, auf das sie sich berufe, verbundene Erfordernis der Effektivität im vorliegenden Fall durch die Abweisung der Klage als unzulässig nicht beachtet worden sei. Zweitens sei die Begründung des angefochtenen Beschlusses unzureichend, da nicht auf die tatsächlichen und rechtlichen Argumente in ihrer Klageschrift und ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit eingegangen, sondern in Randnummer 63 des Beschlusses nur eines von ihnen überdies unzutreffend wiedergegeben werde. Drittens sei Randnummer 62 des angefochtenen Beschlusses widersprüchlich. Wenn der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit die Schaffung eines nationalen Rechtsbehelfs gebiete, der gegebenenfalls ein Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit eines Rechtsakts der Gemeinschaft ermögliche, dann hänge die Beachtung des Rechts der Bürger auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz von der besonderen Ausgestaltung des Gerichtssystems jedes Mitgliedstaats ab. Viertens sei im vorliegenden Fall nicht geprüft worden, ob die Abweisung der Klage als unzulässig angesichts der gesamten Sach- und Rechtslage nicht zu einem Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz führe; damit verstoße der angefochtene Beschluss gegen ein Grundrecht, das Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft sei.

Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels

19 Der Rat hält ebenso wie die Kommission das Rechtsmittel für offensichtlich unzulässig, da der Rechtsmittelführerin ein Rechtsschutzinteresse fehle. Die gesamten Ausführungen des Gerichts zum effektiven gerichtlichen Rechtsschutz stellten ein Obiter dictum dar, da der wirkliche Grund für die Unzulässigkeit der Klage, wie aus Randnummer 65 des angefochtenen Beschlusses hervorgehe, darin bestehe, dass sie eine der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag nicht erfuelle. Auch wenn das nationale Recht keine Klagemöglichkeit vorsehe, müsse der Gemeinschaftsrichter weiterhin diese Bestimmung des Vertrages anwenden und prüfen, ob die darin aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen vorlägen.

20 Damit ihr Rechtsmittel Erfolg haben könnte, hätte die Rechtsmittelführerin es daher auf einen Verstoß des angefochtenen Beschlusses gegen Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag stützen und insbesondere dartun müssen, dass sie von der angefochtenen Verordnung individuell betroffen sei, nicht aber auf einen angeblich mangelnden effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, der beim gegenwärtigen Stand der Ausgestaltung der Gemeinschaft keinesfalls zur Zulässigkeit des Rechtsmittels führen könne.

21 Insoweit ist daran zu erinnern, dass das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses voraussetzt, dass das Rechtsmittel der Partei, die es eingelegt hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (Urteil vom 13. Juli 2000 in der Rechtssache C-174/99 P, Parlament/Richard, Slg. 2000, I-6189, Randnr. 33).

22 Im angefochtenen Beschluss ist die Klage der Rechtsmittelführerin als unzulässig abgewiesen worden.

23 Würde dem Rechtsmittel stattgegeben, so wäre dies für die Rechtsmittelführerin zweifellos von Vorteil, da ihre Klage in der Sache geprüft werden könnte. Die Frage, ob das geltend gemachte Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz unter bestimmten Umständen zur Zulässigkeit der Klage einer natürlichen oder juristischen Person auf Nichtigerklärung einer Verordnung führen kann, betrifft die Begründetheit des Rechtsmittels und kann jedenfalls nicht für das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses der Rechtsmittelführerin maßgebend sein.

24 Unter diesen Umständen ist das Rechtsmittel zulässig.

Zur Begründetheit des Rechtsmittels

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

25 Mit ihren vier Rechtsmittelgründen, die zusammen zu prüfen sind, macht die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen geltend, die auf die Erwägungen in den Randnummern 61 bis 64 des angefochtenen Beschlusses gestützte Abweisung ihrer Klage als unzulässig verstoße gegen ihr Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz für die Verteidigung ihrer eigenen Interessen oder derjenigen ihrer Mitglieder.

26 Die streitigen Bestimmungen der angefochtenen Verordnung, mit denen die Interventionsregelung, die Verbrauchsbeihilfe und die Beihilfe für Kleinerzeuger abgeschafft würden, verlangten keine nationalen Durchführungsvorschriften und kein Tätigwerden der spanischen Behörden. Infolgedessen habe die Rechtsmittelführerin nach spanischem Recht nicht die Möglichkeit, die Nichtigerklärung eines nationalen Rechtsakts in Bezug auf diese Bestimmungen zu beantragen, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen zur Prüfung ihrer Gültigkeit ausgeschlossen sei. Die Rechtsmittelführerin oder ihre Mitglieder könnten auch nicht gegen derartige Bestimmungen verstoßen, um anschließend die Rechtmäßigkeit der gegebenenfalls gegen sie verhängten Sanktion zu bestreiten.

27 Da im angefochtenen Beschluss nicht geprüft werde, ob die Tatsache, dass die Klage auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung als unzulässig abgewiesen werde, in Anbetracht der Umstände des Falles die Effektivität des Rechts der Rechtsmittelführerin auf gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtige, verstoße dieser Beschluss gegen ein Grundrecht, das Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft sei.

28 Das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz setze eine spezifische Prüfung der besonderen Umstände des Einzelfalls voraus. Von tatsächlicher Effektivität eines Rechts könne keine Rede sein, ohne dass der effektive Charakter dieses Rechts konkret geprüft werde. Eine solche Prüfung müsse sich notwendigerweise darauf erstrecken, ob es im jeweiligen Fall einen anderen Rechtsbehelf gebe. Wie sich aus den Randnummern 32 und 33 des Urteils vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-321/95 P (Greenpeace Council u. a./Kommission, Slg. 1998, I-1651) ergebe, sei eine gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag erhobene Nichtigkeitsklage zulässig, wenn es keinen nationalen Rechtsbehelf gebe.

29 Der Rat und die Kommission machen im Wesentlichen geltend, das Rechtsmittel sei jedenfalls offensichtlich unbegründet, da nach Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag die Tatsache, dass die Rechtsmittelführerin nach nationalem Recht keine Klagemöglichkeit habe, kein Kriterium oder Umstand sei, mit dem sich die Zulässigkeit der direkten Klage einer natürlichen oder juristischen Person auf Nichtigerklärung einer Gemeinschaftshandlung allgemeiner Geltung rechtfertigen lasse. Allein maßgebendes Kriterium sei, ob diese Person von der angefochtenen Handlung unmittelbar und individuell betroffen sei. In der Rechtsmittelschrift werde aber nicht auf die Frage eingegangen, ob die Rechtsmittelführerin individuell und unmittelbar betroffen sei, sondern nur auf die vom Gericht vorgenommene Prüfung des Vorbringens zum effektiven gerichtlichen Rechtsschutz.

30 Überdies sei im EG-Vertrag ein vollständiges Rechtsschutzsystem vorgesehen, durch das dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Gültigkeit der Handlungen der Organe, insbesondere der allgemein geltenden, übertragen werde. Ein Mitgliedstaat, der die Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens übermäßig erschwere oder gar unmöglich mache, verstoße zwar gegen das Grundrecht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und verletze damit seine in Artikel 5 EG-Vertrag verankerte Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit. Aber auch in diesem Fall könnte einer derartigen Zuwiderhandlung nicht dadurch begegnet werden, dass der Sinn des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag verfälscht werde, sondern nur durch Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen den betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 226 EG.

31 Die Kommission fügt hinzu, sie verstehe nicht, wie die Rechtsmittelführerin behaupten könne, dass das spanische Recht keinen Rechtsschutz gegen die angefochtene Verordnung biete. Diese sei ein verbindlicher Rechtsakt, der unmittelbar Rechte und Pflichten der Bürger erzeuge, so dass jeder Verstoß gegen seine Bestimmungen vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden könne. Nach spanischem Recht wie zweifellos auch nach dem Recht anderer Mitgliedstaaten müsse die Verwaltung die Anträge der Betroffenen bescheiden. Nähmen die zuständigen Behörden nicht innerhalb einer bestimmten Frist zu solchen Anträgen Stellung, so gelte dieses Schweigen als Ablehnung oder in bestimmten Fällen auch als Zustimmung, so dass der Antragsteller Klage erheben könne, wenn er mit der Antwort nicht einverstanden sei. Vor Gericht hindere ihn nichts daran, sich auf sämtliche gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu berufen und gegebenenfalls eine Vorlage zur Vorabentscheidung über die Auslegung oder die Gültigkeit der streitigen Handlung gemäß Artikel 234 EG zu beantragen.

Würdigung durch den Gerichtshof

32 Die Rechtsmittelführerin wendet sich nicht gegen die Feststellung des Gerichts in Randnummer 44 des angefochtenen Beschlusses, dass die angefochtene Verordnung allgemeine Geltung habe. Sie wendet sich auch nicht gegen die Feststellung in Randnummer 56 dieses Beschlusses, dass die angefochtene Verordnung ihre eigenen Interessen nicht beeinträchtige, oder gegen die Feststellung in Randnummer 50, dass die angefochtene Verordnung ihre Mitglieder nicht wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berühre.

33 Daher ist zu prüfen, ob die Rechtsmittelführerin als Vertreterin der Interessen ihrer Mitglieder gleichwohl unter Beachtung von Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung erheben kann, und zwar allein deshalb, weil das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz dies in Anbetracht des behaupteten gänzlichen Fehlens eines Rechtsbehelfs vor den nationalen Gerichten gebieten würde.

34 Nach Artikel 173 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag ist der Gerichtshof für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt, sowie für Klagen des Europäischen Parlaments, des Rechnungshofes und der Europäischen Zentralbank, die auf die Wahrung ihrer Rechte abzielen. Nach Absatz 4 dieses Artikels kann jede natürliche oder juristische Person... unter den gleichen Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen".

35 Im Rahmen von Artikel 173 EG-Vertrag kann somit eine Verordnung als Handlung allgemeiner Geltung von keinem anderen Rechtssubjekt als den Organen, der Europäischen Zentralbank und den Mitgliedstaaten angefochten werden (in diesem Sinne Urteil vom 6. März 1979 in der Rechtssache 92/78, Simmenthal/Kommission, Slg. 1979, 777, Randnr. 40).

36 Eine Handlung allgemeiner Geltung wie eine Verordnung kann allerdings unter Umständen bestimmte natürliche oder juristische Personen individuell betreffen und damit ihnen gegenüber Entscheidungscharakter haben (vgl. u. a. Urteile vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I-2501, Randnr. 13, vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnr. 19, und vom 31. Mai 2001 in der Rechtssache C-41/99 P, Sadam Zuccherifici u. a./Rat, Slg. 2001, II-4239, Randnr. 27). Dies ist dann der Fall, wenn die fragliche Handlung eine natürliche oder juristische Person wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten (vgl. u. a. Urteile vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 238, und vom 22. November 2001 in der Rechtssache C-452/98, Nederlandse Antillen/Rat, Slg. 2001, I-8973, Randnr. 60).

37 Eine natürliche oder juristische Person, die diese Voraussetzung nicht erfuellt, kann keinesfalls Nichtigkeitsklage gegen eine Verordnung erheben (vgl. insoweit Beschluss CNPAAP/Rat, Randnr. 38).

38 Die Europäische Gemeinschaft ist jedoch eine Rechtsgemeinschaft, in der die Handlungen ihrer Organe darauf hin kontrolliert werden, ob sie mit dem EG-Vertrag und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, zu denen auch die Grundrechte gehören, vereinbar sind.

39 Die Einzelnen müssen daher einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch nehmen können, die sie aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleiten, wobei das Recht auf einen solchen Schutz zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehört, die sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben. Dieses Recht ist auch in den Artikeln 6 und 13 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert (vgl. u. a. Urteile vom 15. Mai 1986 in der Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, 1651, Randnr. 18, und vom 27. November 2001 in der Rechtssache C-424/99, Kommission/Österreich, Slg. 2001, I-9285, Randnr. 45).

40 Der EG-Vertrag hat mit den Artikeln 173 und 184 (jetzt Artikel 241 EG) einerseits und Artikel 177 andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen, das die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe, mit der der Gemeinschaftsrichter betraut wird, gewährleisten soll (in diesem Sinne Urteil Les Verts/Parlament, Randnr. 23). Nach diesem System haben natürliche oder juristische Personen, die wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag Gemeinschaftshandlungen allgemeiner Geltung nicht unmittelbar anfechten können, die Möglichkeit, je nach den Umständen des Falles die Ungültigkeit solcher Handlungen entweder inzident nach Artikel 184 EG-Vertrag vor dem Gemeinschaftsrichter oder aber vor den nationalen Gerichten geltend zu machen und diese Gerichte, die nicht selbst die Ungültigkeit der genannten Handlungen feststellen können (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1987 in der Rechtssache 314/85, Foto-Frost, Slg. 1987, 4199, Randnr. 20), zu veranlassen, dem Gerichtshof insoweit Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

41 Es ist somit Sache der Mitgliedstaaten, ein System von Rechtsbehelfen und Verfahren vorzusehen, mit dem die Einhaltung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleistet werden kann.

42 In diesem Rahmen haben die nationalen Gerichte gemäß dem in Artikel 5 EG-Vertrag aufgestellten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit die nationalen Verfahrensvorschriften über die Einlegung von Rechtsbehelfen möglichst so auszulegen und anzuwenden, dass natürliche und juristische Personen die Rechtmäßigkeit jeder nationalen Entscheidung oder anderen Maßnahme, mit der eine Gemeinschaftshandlung allgemeiner Geltung auf sie angewandt wird, gerichtlich anfechten und sich dabei auf die Ungültigkeit dieser Handlung berufen können.

43 Insoweit ist, wie der Generalanwalt in den Nummern 50 bis 53 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, festzustellen, dass einer Auslegung des Rechtsschutzsystems nicht gefolgt werden kann, wie sie die Rechtsmittelführerin vertritt und nach der eine Direktklage mit dem Ziel der Nichtigerklärung beim Gemeinschaftsrichter möglich sein soll, soweit nach einer konkreten Prüfung der nationalen Verfahrensvorschriften durch diesen Richter dargetan werden kann, dass diese Vorschriften es dem Einzelnen nicht gestatten, eine Klage zu erheben, mit der er die Gültigkeit der streitigen Gemeinschaftshandlung in Frage stellen kann. Denn eine solche Regelung würde es in jedem Einzelfall erforderlich machen, dass der Gemeinschaftsrichter das nationale Verfahrensrecht prüft und auslegt, was seine Zuständigkeit im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Gemeinschaftshandlungen überschreiten würde.

44 Schließlich ist zu bemerken, dass nach dem durch den EG-Vertrag geschaffenen System der Rechtmäßigkeitskontrolle eine natürliche oder juristische Person nur dann Klage gegen eine Verordnung erheben kann, wenn sie nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen ist. Diese Voraussetzung ist zwar im Licht des Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, die einen Kläger individualisieren können, auszulegen (vgl. z. B. Urteil vom 2. Februar 1988 in den Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, 219, Randnr. 14, sowie Urteile Extramet Industrie/Rat, Randnr. 13, und Codorniu/Rat, Randnr. 19); doch kann eine solche Auslegung nicht, ohne dass die den Gemeinschaftsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden, zum Wegfall der fraglichen Voraussetzung, die ausdrücklich im EG-Vertrag vorgesehen ist, führen.

45 Auch wenn ein anderes System der Rechtmäßigkeitskontrolle der Gemeinschaftshandlungen allgemeiner Geltung als das durch den ursprünglichen Vertrag geschaffene, das in seinen Grundzügen nie geändert wurde, sicherlich vorstellbar ist, so wäre es doch Sache der Mitgliedstaaten, das derzeit geltende System gegebenenfalls gemäß Artikel 48 EU zu reformieren.

46 Demnach ist festzustellen, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es die Klage der Rechtsmittelführerin für unzulässig erklärte, ohne zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ein Rechtsbehelf vor einem nationalen Gericht gegeben war, der die Prüfung der Gültigkeit der angefochtenen Verordnung ermöglicht hätte.

47 Das Rechtsmittel ist somit zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

48 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat die Verurteilung der Rechtsmittelführerin beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

49 Nach Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung, der ebenfalls gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Danach hat die Kommission ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsmittelführerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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