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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 28.04.2005
Aktenzeichen: T-201/04
Rechtsgebiete: Verfahrensordnung


Vorschriften:

Verfahrensordnung Art. 115 § 2 Abs. 2
Verfahrensordnung Art. 43
Verfahrensordnung Art. 44
Verfahrensordnung Art. 44 § 5 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Parteien:

In der Rechtssache T-201/04

Microsoft Corp. mit Sitz in Redmond, Washington (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt J.-F. Bellis und I. Forrester, QC,

Klägerin,

unterstützt durch

Association for Competitive Technology Inc. mit Sitz in Washington, DC (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. Ruessmann,

DMDsecure.com BV mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), MPS Broadband AB mit Sitz in Stockholm (Schweden), Pace Micro Technology plc mit Sitz in Shipley, West Yorkshire (Vereinigtes Königreich), Quantel Ltd mit Sitz in Newbury, Berkshire (Vereinigtes Königreich), Tandberg Television Ltd mit Sitz in Southampton, Hampshire (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Bourgeois,

Exor AB mit Sitz in Uppsala (Schweden), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Martínez Lage, H. Brokelmann und R. Allendesalazar Corcho,

Mamut ASA mit Sitz in Oslo (Norwegen) und TeamSystem SpA mit Sitz in Pesaro (Italien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Berrisch,

The Computing Technology Industry Association Inc. mit Sitz in Oakbrook Terrace, Illinois (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. van Gerven und T. Franchoo sowie Solicitor B. Kilpatrick,

Streithelferinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Wainwright, F. Castillo de la Torre, P. Hellström und A. Whelan als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

AudioBanner.com, handelnd unter der Firma VideoBanner, mit Sitz in Los Angeles, Kalifornien (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. Alvizar,

Free Software Foundation Europe eV mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Piana,

RealNetworks Inc. mit Sitz in Seattle, Washington (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Winckler, M. Dolmans und T. Graf,

Software Information Industry Association mit Sitz in Washington, DC (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigter: Solicitor C. Simpson,

Streithelferinnen,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C(2004) 900 endg. der Kommission vom 24. März 2004 in einem Verfahren nach Artikel 82 EG (Sache COMP/C-3/37.792 - Microsoft) oder Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße

erlässt

DER PRÄSIDENT DER VIERTEN KAMMER

DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte

1. Die Microsoft Corp. (im Folgenden: Microsoft) entwickelt und vertreibt Softwareprogramme. Zu diesen gehören Betriebssysteme für Kunden-Personalcomputer (im Folgenden: PC) mit der Bezeichnung "Windows", "Windows Server" genannte Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver und multimediale Abspielsoftware namens "Windows Media Player".

2. Am 10. Dezember 1998 reichte Sun Microsystems, Inc., mit Sitz in Palo Alto, Kalifornien (Vereinigte Staaten), eine Beschwerde bei der Kommission ein. Diese Beschwerde betraf die Weigerung von Microsoft, Sun Microsystems die erforderlichen Informationen zu geben, um die Interoperabilität von deren Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver mit Windows zu ermöglichen. Die Kommission nahm hierzu Ermittlungen auf.

3. Im Februar 2000 leitete die Kommission zum zweiten Mal Ermittlungen in Bezug auf Microsoft ein. Gegenstand dieser Ermittlungen war die Koppelung von Windows Media Player mit Windows.

4. Beide Ermittlungen wurden dann unter der Sachnummer COMP/C-3/37.792 zusammengefasst.

5. Am 24. März 2004 erließ die Kommission die Entscheidung C(2004) 900 endg. in einem Verfahren nach Artikel 82 EG in der Sache COMP/C-3/37.792 - Microsoft (im Folgenden: Entscheidung).

6. Für die Beurteilung des Verhaltens von Microsoft umschrieb die Kommission erstens drei relevante Märkte, nämlich den für die Betriebssysteme für Kunden-PC (Nrn. 324 bis 342 der Entscheidung), die Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver (Nrn. 343 bis 401 der Entscheidung) und den für die multimediale Abspielsoftware (Nrn. 402 bis 425 der Entscheidung).

7. Zweitens stellte die Kommission fest, dass jeder dieser Märkte von weltweiter Bedeutung sei (Nr. 427 der Entscheidung).

8. Drittens gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass Microsoft auf zwei der genannten Märkte eine beherrschende Stellung innehabe, nämlich bei Betriebssystemen für Kunden-PC (Nrn. 429 bis 472 der Entscheidung) und bei Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver (Nrn. 473 bis 541 der Entscheidung).

9. Viertens stellte die Kommission fest, dass Microsoft durch sein Verhalten auf diesen beiden Märkten gegen Artikel 82 EG verstoßen habe. Microsoft habe seine beherrschende Stellung von Oktober 1998 bis zur Mitteilung der Entscheidung durch die Weigerung missbraucht, Informationen für die Interoperabilität zur Verfügung zu stellen und deren Nutzung für die Entwicklung und den Absatz von Erzeugnissen zu gestatten, die mit Microsoft-Produkten auf dem Markt der Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver konkurrieren (Nrn. 546 bis 791 und Artikel 2 Buchstabe a der Entscheidung). Ferner stellte die Kommission fest, dass Microsoft seine beherrschende Stellung dadurch missbraucht habe, dass es von Mai 1999 bis zur Mitteilung der Entscheidung die Bereitstellung von Windows vom gleichzeitigen Erwerb eines Windows Media Players abhängig gemacht habe (Nrn. 792 bis 989 und Artikel 2 Buchstabe b der Entscheidung).

10. Fünftens gab die Kommission Microsoft auf, diese Verstöße zu beenden, jedes gleiche oder ähnliche Verhalten zu unterlassen und allen Abhilfemaßnahmen innerhalb bestimmter Fristen nachzukommen (Nrn. 994 bis 1053 und Artikel 4 bis 8 der Entscheidung).

11. Sechstens belegte die Kommission Microsoft mit einer Geldbuße in Höhe von 497 196 304 Euro (Nrn. 1054 bis 1080 und Artikel 3 der Entscheidung).

Verfahren

12. Mit Klageschrift, die am 7. Juni 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Microsoft die vorliegende Klage erhoben.

13. Mit Schriftsatz, der am 17. Dezember 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das European Committee for Interoperable Systems (im Folgenden: ECIS) mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Paemen und N. Dodoo, beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zum Rechtsstreit zugelassen zu werden.

14. Die Kommission und Microsoft haben ihre schriftliche Stellungnahme zu diesem Antrag durch Schriftsätze abgegeben, die am 1. und am 7. März 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind.

Zum Streithilfeantrag

Zur Zulässigkeit des Streithilfeantrags

15. Nach Ansicht von Microsoft ist der Streithilfeantrag unzulässig, da er nicht den Formvorschriften der Verfahrensordnung des Gerichts genügt.

16. Artikel 115 der Verfahrensordnung knüpft die Zulässigkeit eines Streithilfeantrags an Voraussetzungen, die die Frist, innerhalb deren der Antrag gestellt werden muss (§ 1), den materiellen Inhalt des Antrags (§ 2 Absatz 1) und die gerichtliche Vertretung des Streithelfers (§ 3) betreffen.

17. Der vorliegende Streithilfeantrag entspricht diesen Voraussetzungen.

18. Ferner macht Artikel 115 § 2 Absatz 2 der Verfahrensordnung die Zulässigkeit eines Streithilfeantrags von der Erfüllung von Formvorschriften abhängig, die in den Artikeln 43 und 44 der Verfahrensordnung enthalten sind. Insbesondere müssen nach Artikel 44 § 5 Buchstabe b juristische Personen des Privatrechts mit dem Streithilfeantrag den Nachweis vorlegen, dass die Prozessvollmacht ihres Anwalts von einem hierzu Berechtigten ordnungsgemäß ausgestellt ist.

19. Nach Ansicht von Microsoft wurden die Beschlüsse, die Zulassung als Streithelfer zu beantragen und die Rechtsanwälte D. Paemen und N. Dodoo zu diesem Zweck zu bevollmächtigen, vom ECIS-Vorstand am 16. Dezember 2004 nicht ordnungsgemäß gefasst. Microsoft räumt zwar ein, dass diese Beschlüsse am 12. Januar 2005 von der Generalversammlung von ECIS bestätigt wurden, macht aber geltend, diese Bestätigung sei erst erfolgt, nachdem der Antrag auf Zulassung als Streithelfer gestellt worden sei, und sei womöglich ebenfalls ungültig.

20. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass Vorsicht hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit der Beschlüsse des ECIS-Vorstands vom 16. Dezember 2004 geboten ist und es daher nicht als sicher angesehen werden kann, dass die Rechtsanwälte D. Paemen und N. Dodoo über eine von einem hierzu Berechtigten ordnungsgemäß ausgestellte Prozessvollmacht verfügten, als der Streithilfeantrag am 17. Dezember 2004 gestellt wurde. Doch ist auf jeden Fall festzustellen, dass die "rechtmäßig zusammengesetzte" Generalversammlung von ECIS mit Beschluss vom 12. Januar 2005 erklärt hat, die genannte Entscheidung "vorbehaltlos zu bestätigen" und sie zu "genehmig[en], ohne dass dies nach der Satzung von ECIS oder nach belgischem Recht unbedingt erforderlich ist". Daraus ist abzuleiten, dass der Streithilfeantrag den Erfordernissen des Artikels 44 § 5 Buchstabe b der Verfahrensordnung genügt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 11. Mai 1989 in den verbundenen Rechtssachen 193/87 und 194/87, Maurissen u. a./Rechnungshof, Slg. 1989, 1045, Randnr. 33).

21. Der Antrag von ECIS auf Zulassung als Streithelfer ist daher zulässig.

Zur Begründetheit des Streithilfeantrags

Vorbringen des Streithilfeantragstellers und der Parteien

22. ECIS erklärt, die Voraussetzungen für das Beitrittsrecht repräsentativer Vereinigungen zu erfüllen, so dass es als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen werden müsse.

23. Microsoft widerspricht diesem Antrag und bezweifelt, dass ECIS eine repräsentative Vereinigung darstellt, alle Voraussetzungen für das Beitrittsrecht repräsentativer Vereinigungen erfüllt und somit als Streithelfer zugelassen werden kann.

24. Nach Ansicht der Kommission kann ECIS als Streithelfer zugelassen werden.

Würdigung durch den Präsidenten

25. Nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 53 Absatz 1 dieser Satzung für das Verfahren vor dem Gericht gilt, kann jeder, der ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines Rechtsstreits mit Ausnahme von Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Gemeinschaftsorganen oder zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen glaubhaft macht, dem Rechtsstreit beitreten.

26. Ein derartiges Interesse machen repräsentative Vereinigungen glaubhaft, wenn ihr Ziel der Schutz ihrer Mitglieder in Rechtssachen ist, die Grundsatzfragen aufwerfen, die sich auf diese Mitglieder auswirken können. Diese weite Auslegung des Beitrittsrechts soll es ermöglichen, den Rahmen der Rechtssachen besser zu beurteilen und zugleich eine Vielzahl individueller Beitritte, die die Wirksamkeit und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen könnten, zu vermeiden (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 17. Juni 1997 in den verbundenen Rechtssachen C-151/97 P [I] und C-157/97 P [I], National Power und PowerGen, Slg. 1997, I-3491, Randnr. 66, und vom 28. September 1998 in der Rechtssache C-151/98 P, Pharos/Kommission, Slg. 1998, I-5441, Randnr. 6, sowie Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 9. März 2005 in der Rechtssache T-201/04, Microsoft/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37).

27. ECIS ist eine Vereinigung zur Vertretung von Unternehmen, die auf dem Gebiet der Informationstechnologie tätig sind. Das Verzeichnis der von ECIS vertretenen Mitglieder und die Liste im Protokoll der Generalversammlung von ECIS vom 12. Januar 2005 zeigen zwar, dass die Mitgliederzahl dieser Vereinigung begrenzt ist und nicht alle Mitglieder im Sektor der Informationstechnologie tätig sind; die genannten Listen bestätigen jedoch, dass mehrere Mitglieder in größerem Umfang eine Tätigkeit in diesem Sektor ausüben. ECIS kann somit als repräsentative Vereinigung angesehen werden.

28. ECIS erklärt zudem, insbesondere die Förderung und den Schutz der immateriellen und materiellen Interessen seiner Mitglieder zum Ziel zu haben. Aus Artikel 4 der Satzung dieser Vereinigung geht hervor, dass dies zutrifft. ECIS hat somit den Schutz seiner Mitglieder zum Ziel.

29. Bestimmte mit der Rechtssache aufgeworfene Fragen können überdies als Grundsatzfragen angesehen werden, die den Sektor der Informationstechnologie betreffen, so dass sich das Urteil auf die ECIS-Mitglieder auswirken kann, die in diesem Bereich tätig sind.

30. ECIS macht demnach ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft.

31. ECIS ist somit als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zuzulassen.

Zu den Verfahrensrechten des Streithelfers

Vorbringen der Beteiligten

32. ECIS beantragt, am schriftlichen Verfahren teilnehmen zu dürfen. Die Streithilfevorschriften (Artikel 115 und 116 der Verfahrensordnung) ließen es zu, diesem Antrag stattzugeben. Dies sei jedenfalls bei Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt (Artikel 45 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes) oder zumindest unter außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt. ECIS macht hierbei geltend, dass die Computer Communications Industry Association (im Folgenden: CCIA), wovon einige Mitglieder auch ECIS angehörten, ihren am 23. Juni 2004 gestellten Antrag auf Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission am 10. November 2004 zurückgenommen habe.

33. Microsoft widerspricht diesem Antrag und führt aus, dass ihm die Artikel 115 und 116 der Verfahrensordnung entgegenstünden. ECIS beweise weder das Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt noch außergewöhnliche Umstände, die eine Abweichung von diesen Bestimmungen rechtfertigen könnten.

34. Nach Ansicht der Kommission kann einem Streithelfer wie ECIS die Teilnahme am schriftlichen Verfahren nur unter außergewöhnlichen Umständen gestattet werden, wozu im vorliegenden Fall der Rücktritt von CCIA gehören könne.

Würdigung durch den Präsidenten

35. Nach Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung können Anträge auf Zulassung als Streithelfer nur binnen sechs Wochen nach der Veröffentlichung der Mitteilung über die Klageerhebung im Amtsblatt der Europäischen Union oder andernfalls vor dem Beschluss zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

36. Nach Artikel 116 § 2 der Verfahrensordnung sind dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Schriftstücke zu übermitteln, wenn ein Beitritt, der innerhalb der genannten Frist von sechs Wochen beantragt worden ist, zugelassen wird.

37. Nach Artikel 116 § 4 der Verfahrensordnung setzt der Präsident in den in Artikel 116 § 2 genannten Fällen dem Streithelfer eine Frist, innerhalb deren dieser einen Streithilfeschriftsatz einreichen kann; dieser muss Folgendes enthalten: die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei des Verfahrens zur Hauptsache zu dienen bestimmt sind, die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers und gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

38. Nach Artikel 116 § 6 der Verfahrensordnung kann der Streithelfer auf der Grundlage des ihm übermittelten Sitzungsberichts in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen, wenn sein Zulassungsantrag nach Ablauf der genannten Frist von sechs Wochen gestellt wird.

39. Aus der Gesamtheit dieser Bestimmungen geht hervor, dass die Verfahrensrechte des Streithelfers unterschiedlich sind, je nachdem, ob er seinen Streithilfeantrag vor Ablauf der Frist von sechs Wochen nach der Veröffentlichung der Mitteilung über die Klageerhebung im Amtsblatt der Europäischen Union oder nach Ablauf dieser Frist, jedoch vor dem Beschluss zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt hat.

40. Hat der Streithelfer seinen Antrag vor Ablauf der genannten Frist gestellt, so kann er sowohl am schriftlichen Verfahren als auch an der mündlichen Verhandlung teilnehmen. Zu diesem Zweck sind ihm die Schriftstücke des Verfahrens zu übermitteln, und er kann einen Streithilfeschriftsatz einreichen, der Folgendes enthält: seine Anträge, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung der Anträge einer Partei des Verfahrens zur Hauptsache dienen, seine Angriffs- und Verteidigungsmittel und Argumente sowie gegebenenfalls die Bezeichnung seiner Beweismittel.

41. Hat der Streithelfer seinen Antrag hingegen nach Ablauf der genannten Frist gestellt, so kann er nur an der mündlichen Verhandlung teilnehmen, sofern er das Gericht vor deren Eröffnung befasst hat. Zu diesem Zweck ist ihm der Sitzungsbericht zu übermitteln, und er kann auf dieser Grundlage in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen.

42. Diese Bestimmungen sind zwingend (Beschluss des Gerichts vom 30. Mai 2002 in der Rechtssache T-52/00, Coe Clerici Logistics/Kommission, Slg. 2002, II-2553, Randnrn. 24 und 31); sie dulden keine Abweichung durch die Parteien oder durch das Gericht.

43. Die Mitteilung über die Klageerhebung wurde im vorliegenden Fall am 10. Juli 2004 veröffentlicht (ABl. C 179, S. 18). Der Streithilfeantrag von ECIS ist am 17. Dezember 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen. Er ist somit offensichtlich nach Ablauf der in Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist von sechs Wochen zuzüglich der in Artikel 102 § 2 der Verfahrensordnung genannten Entfernungsfrist von zehn Tagen eingereicht worden.

44. Somit kann ECIS nur die Verfahrensrechte nach Artikel 116 § 6 der Verfahrensordnung beanspruchen.

45. ECIS erklärt jedoch, dass der Rücktritt von CCIA ein Zufall oder ein Fall höherer Gewalt sei.

46. Nach Artikel 45 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes hat der Ablauf von Fristen keinen Rechtsnachteil zur Folge, wenn der Betroffene nachweist, dass ein Zufall oder ein Fall höherer Gewalt vorliegt.

47. Die Bestimmungen über die Verfahrensfristen unterliegen einer strikten Anwendung, die dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit entspricht, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Rechtspflege zu vermeiden (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1984 in der Rechtssache 209/83, Ferriera Valsabbia/Kommission, Slg. 1984, 3089, Randnr. 14, und Beschluss des Gerichtshofes vom 18. Januar 2005 in der Rechtssache C-325/03 P, Zuazaga Meabe/HABM, Slg. 2005, I-0000, Randnr. 16).

48. Artikel 45 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, der eine Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt und daher strikt auszulegen ist, gilt für zwingende Verfahrensfristen, deren Ablauf den Verlust des bis dahin einer natürlichen oder juristischen Person eröffneten Klagerechts (Urteil des Gerichtshofes vom 2. März 1967 in den verbundenen Rechtssachen 25/65 und 26/65, Simet u. a./Hohe Behörde, Slg. 1967, 42, 56) oder eines Rechts, einen Antrag auf Zulassung als Streithelfer zu stellen (Beschluss des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 22. März 1994 in den verbundenen Rechtssachen T-244/93 und T-486/93, TWD Textilwerke Deggendorf/Kommission, Randnrn. 18 bis 20, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), mit sich bringt.

49. Sofern Artikel 45 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes auch auf die in Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung genannte Frist von sechs Wochen anwendbar ist, deren Ablauf nicht den Verlust des Rechts, einen Antrag auf Zulassung als Streithelfer zu stellen, sondern, wie im vorliegenden Fall, eine Begrenzung der Verfahrensrechte des Streithelfers mit sich bringt, kann im Sinne dieses Artikels nach ständiger Rechtsprechung von den Gemeinschaftsvorschriften über die Verfahrensfristen nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen - bei Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt - abgewichen werden (Urteil Ferriera Valsabbia/Kommission, Randnr. 14, und Beschluss Zuazaga Meabe/HABM, Randnr. 16).

50. Zudem umfassen die Begriffe höhere Gewalt und Zufall neben einem objektiven Merkmal, das sich auf ungewöhnliche, außerhalb der Willenssphäre des Betroffenen liegende Umstände bezieht, auch ein subjektives Merkmal, das mit der Verpflichtung des Betroffenen zusammenhängt, sich gegen die Folgen ungewöhnlicher Ereignisse zu wappnen, indem er geeignete Maßnahmen trifft und insbesondere den Ablauf des Verfahrens genau überwacht und Sorgfalt walten lässt (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1994 in der Rechtssache C-195/91 P, Bayer/Kommission, Slg. 1994, I-5619, Randnr. 32, und Beschluss Zuazaga Meabe/HABM, Randnr. 25).

51. Der Rücktritt von CCIA stellt vielleicht einen außerhalb der Willenssphäre von ECIS liegenden Umstand dar, obgleich, wie ECIS einräumt, diese beiden repräsentativen Vereinigungen gemeinsame Mitglieder haben.

52. Er ist jedoch nicht als ungewöhnlicher Vorgang anzusehen. Jeder Streithelfer ist nämlich jederzeit berechtigt, auf seine Streithilfe zu verzichten, ebenso wie jeder Kläger jederzeit berechtigt ist, seine Klage gemäß Artikel 99 der Verfahrensordnung zurückzunehmen. Der Rücktritt eines Streithelfers ist demnach als solcher nicht ungewöhnlich. Zudem ermöglicht es im vorliegenden Fall keines der von ECIS genannten Sachverhaltselemente, den Rücktritt von CCIA als ungewöhnlich anzusehen. Wenn insbesondere eine Person wie CCIA als interessierte Dritte an einem Verwaltungsverfahren teilnimmt, um die Kommission vom Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes zu überzeugen, die Kommission eine Entscheidung in diesem Sinne erlässt, die Urheberin des Verstoßes die Nichtigerklärung dieser Entscheidung beantragt und die betreffende Person dem Rechtsstreit beitritt, um ihre Interessen wahrzunehmen, kann es nicht als ungewöhnlich angesehen werden, dass sie letztlich beschließt, ihre Strategie zu ändern und sich mit dem Kläger außergerichtlich und, falls ihr dies als angemessen erscheint, gegen Leistung einer Ausgleichszahlung zu einigen.

53. ECIS belegt zudem nicht und versucht im Übrigen auch gar nicht ernsthaft, zu belegen, dass es seiner Verpflichtung, sich gegen die Folgen dieses Ereignisses zu wappnen, durch geeignete Maßnahmen nachgekommen ist.

54. Somit weist ECIS nicht das Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt nach.

55. ECIS erklärt ferner, der Rücktritt von CCIA stelle einen außergewöhnlichen Umstand dar.

56. Selbst wenn indessen anzunehmen wäre, dass einem Streithelfer, der seinen Streithilfeantrag nach Ablauf der in Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung genannten Frist von sechs Wochen gestellt hat, aufgrund bestimmter außergewöhnlicher Umstände ein anderes Verfahrensrecht zugute kommen könnte als die Rechte, die ihm nach Artikel 116 § 6 der Verfahrensordnung zustehen, wäre zu bedenken, dass die von ECIS vorgetragenen Sachverhaltselemente es nicht ermöglichen, den Rücktritt von CCIA als ungewöhnlich oder außergewöhnlich zu betrachten.

57. Somit stehen ECIS nur die Rechte aus Artikel 116 § 6 der Verfahrensordnung zu.

58. Soweit der Antrag von ECIS auf Teilnahme am schriftlichen Verfahren nicht als Inanspruchnahme eines Rechts, sondern als Bereitschaft zur Mitwirkung bei einer prozessleitenden Maßnahme zu verstehen ist, mit der das Gericht gemäß Artikel 64 § 3 Buchstabe b der Verfahrensordnung ECIS auffordern könnte, schriftlich Stellung zu nehmen, ist es Sache der Vierten Kammer des Gerichts, zu gegebener Zeit die Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme zu erwägen.

Kostenentscheidung:

Kosten

59. Nach Artikel 87 § 1 der Verfahrensordnung ist über die Kosten im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet, zu entscheiden.

60. Die Kostenentscheidung bleibt somit in diesem Verfahrensstadium vorbehalten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DER VIERTEN KAMMER

beschlossen:

1. Das European Committee for Interoperable Systems wird in der Rechtssache T-201/04 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

2. Das European Committee for Interoperable Systems kann auf der Grundlage des ihm zu übermittelnden Sitzungsberichts in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 28. April 2005

Ende der Entscheidung

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