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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 29.06.1993
Aktenzeichen: T-7/92
Rechtsgebiete: EWG


Vorschriften:

EWG Art. 85 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Begründung einer beschwerenden Entscheidung soll ihrem Adressaten ermöglichen, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, damit er gegebenenfalls seine Rechte geltend machen und die Begründetheit der Entscheidung prüfen kann, und den Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzen, seine Kontrolle auszuüben.

Die Kommission braucht in der Begründung von Entscheidungen, die sie erlässt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle von den Betroffenen vor ihr geltend gemachten Argumente einzugehen. Es reicht aus, daß sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt.

2. Die richterliche Kontrolle von Handlungen der Kommission, bei denen komplexe wirtschaftliche Gegebenheiten zu würdigen sind, hat sich notwendigerweise auf die Frage zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmißbrauch vorliegen.

Ist der Kommission bei der Erfuellung ihrer Aufgaben ein Ermessensspielraum eingeräumt, so hat die Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, eine grundlegende Bedeutung. Zu diesen Garantien gehören insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen.

3. Wenn die Kommission im Rahmen der Untersuchung von Anträgen, die ihr auf der Grundlage des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17 vorgelegt werden, auch nicht verpflichtet ist, eine Untersuchung durchzuführen, so verpflichten die Verfahrensgarantien des Artikels 6 der Verordnung Nr. 99/63 sie doch, die ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam zu prüfen, um festzustellen, ob diese eine Verhaltensweise erkennen lassen, die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

Auch muß die Kommission, sobald sie beschließt, eine solche Untersuchung zu eröffnen, diese, soweit nicht ordnungsgemäß dargelegte Gründe entgegenstehen, mit der erforderlichen Sorgfalt, Ernsthaftigkeit und Umsicht durchführen, um die ihr von den Beschwerdeführern zur Beurteilung unterbreiteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte in voller Sachkenntnis würdigen zu können.

4. Der Umstand, daß ein wettbewerbswidriges Verhalten von den Behörden eines Mitgliedstaats begünstigt oder ermutigt worden ist, ist für sich genommen ohne Einfluß auf die Anwendbarkeit des Artikels 85 EWG-Vertrag.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 29. JUNI 1993. - ASIA MOTOR FRANCE SA, JEAN-MICHEL CESBRON, MONIN AUTOMOBILES SA, EUROPE AUTO SERVICE SA UND SOMACO SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - VERPFLICHTUNGEN IM RAHMEN DER SACHVERHALTSERMITTLUNG BEI BESCHWERDEN - RECHTMAESSIGKEIT DER ZURUECKWEISUNGSGRUENDE - OFFENSICHTLICHER BEURTEILUNGSFEHLER - RECHTSIRRTUM. - RECHTSSACHE T-7/92.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die Klägerinnen betreiben den Import von und den Handel mit Fahrzeugen japanischer Marken, die in anderen Staaten der Gemeinschaft, wie z. B. in Belgien und Luxemburg, zum freien Verkehr zugelassen worden sind.

2 Eines der klagenden Unternehmen ° Jean-Michel Cesbron °, das sich als Opfer einer unerlaubten Absprache zwischen fünf Importeuren japanischer Fahrzeuge in Frankreich, nämlich Sidat Toyota France, Mazda France Motors, Honda France, Mitsubishi Sonauto und Richard Nissan SA, sah, reichte am 18. November 1985 bei der Kommission eine Beschwerde wegen Verstosses gegen die Artikel 30 und 85 EWG-Vertrag ein. Dieser Beschwerde folgte am 29. November 1988 eine weitere gegen diese fünf Importeure gerichtete, auf Artikel 85 EWG-Vertrag gestützte Beschwerde der vier übrigen klagenden Unternehmen [J.-M. Cesbron, Asia Motor France SA, Monin Automobiles SA und Europe Auto Service SA (EAS)].

3 Mit der zuletzt genannten Beschwerde machten die Beschwerdeführerinnen im wesentlichen geltend, daß die erwähnten Importeure japanischer Fahrzeuge sich gegenüber der französischen Verwaltung verpflichtet hätten, im Laufe eines Jahres auf dem französischen Binnenmarkt nicht mehr als 3 % der im vorausgegangenen Kalenderjahr für das gesamte französische Staatsgebiet zugelassenen Kraftfahrzeuge zu verkaufen. Diese Quote hätten diese Importeure nach zuvor aufgestellten Regeln unter sich aufgeteilt und davon andere Unternehmen ausgeschlossen, die in Frankreich japanische Fahrzeuge solcher Marken absetzen wollten, die von den Parteien der behaupteten Absprache nicht vertrieben würden.

4 Zum Ausgleich für diese Selbstbeschränkung habe die französische Verwaltung die Hindernisse für den freien Verkehr von Fahrzeugen japanischen Ursprungs anderer als der fünf von den Partnern der behaupteten Absprache vertriebenen Marken vervielfacht. Erstens sei ein von der normalen Regelung abweichendes Zulassungsverfahren für Fahrzeuge eingeführt worden, die Gegenstand von Parallelimporten seien. Diese Fahrzeuge würden als Gebrauchtfahrzeuge angesehen und demnach einer doppelten technischen Überprüfung unterworfen. Zweitens seien Anweisungen an die Gendarmerie nationale ergangen, die Erwerber von japanischen Fahrzeugen zu verfolgen, die mit ausländischen Kennzeichen am Verkehr teilnähmen. Schließlich würden diese Fahrzeuge, obwohl es sich um Nutzfahrzeuge mit einer geringeren als der bei Personenwagen üblichen Mehrwertsteuerbelastung handele, bei der Einfuhr nach Frankreich mit einem erhöhten Mehrwertsteuersatz belastet, der später mit allen Nachteilen, die dies für den Händler gegenüber dem Käufer mit sich bringe, auf den üblichen Satz herabgesetzt werde.

5 Auf der Grundlage des Artikels 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204, nachstehend: Verordnung Nr. 17) bat die Kommission mit Schreiben vom 9. Juni 1989 die betroffenen Importeure um Auskunft. Die Generaldirektion Industrie des französischen Ministeriums für Industrie und Raumordnung wies mit Schreiben vom 20. Juli 1989 die genannten Importeure wie folgt an, eine der ihnen von der Kommission gestellten Fragen nicht zu beantworten:

"Sie haben mir ein Schreiben der Kommission vom 9. Juni 1989 zur Information übersandt.

Mit diesem Schreiben ersucht Sie die Kommission, ihr Informationen über die Politik der französischen Behörden in bezug auf die Einfuhr japanischer Fahrzeuge zu übermitteln.

Es ist nicht Ihre Sache, ihr für diese Behörden und an deren Stelle zu antworten."

6 Daraufhin ersuchten die Dienststellen der Kommission die französischen Behörden mit Schreiben vom 16. Oktober 1989 um Auskünfte. Am 28. November 1989 antworteten die französischen Behörden unter Einschaltung ihrer Ständigen Vertretung bei den Europäischen Gemeinschaften auf dieses Auskunftsersuchen und machten im wesentlichen geltend, daß "... die Befragungen zum Verhalten der im Schreiben der Kommission angeführten Unternehmen, weil dieses Verhalten mit den von den Behörden gewollten Modalitäten der Reglementierung zusammenhängt, in diesem Zusammenhang nicht angebracht [sind], da diese Unternehmen nämlich über keinerlei Autonomie bei der Anwendung dieser Reglementierung verfügen".

7 Da die Kommission ihnen gegenüber schwieg, forderten die vier betroffenen Klägerinnen sie mit Schreiben vom 21. November 1989 auf, zu den eingelegten Beschwerden Stellung zu nehmen. Da die Kommission weiterhin schwieg, reichten die vier betroffenen Unternehmen am 20. März 1990 eine Untätigkeits- und Schadensersatzklage beim Gerichtshof ein. Mit Beschluß vom 23. Mai 1990 in der Rechtssache C-72/90 (Asia Motor France/Kommission, Slg. 1990, I-2181) erklärte der Gerichtshof die Untätigkeits- und Schadensersatzklage für unzulässig, soweit sie die Untätigkeit der Kommission gegenüber der angeblichen Verletzung des Artikels 30 EWG-Vertrag betraf, und verwies die Klage an das Gericht, soweit es um die Untätigkeit der Kommission gegenüber der angeblichen Verletzung des Artikels 85 EWG-Vertrag und die sich hieraus ergebende Haftung ging.

8 In der Zwischenzeit hatte der Generaldirektor der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission den vier betroffenen Unternehmen mit Schreiben vom 8. Mai 1990 gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. 1963, 127, S. 2268, nachstehend: Verordnung Nr. 99/63) mitgeteilt, daß die Kommission nicht beabsichtige, ihren Beschwerden stattzugeben, und sie aufgefordert, etwaige schriftliche Bemerkungen dazu abzugeben. Am 29. Juni 1990 reichten diese Unternehmen der Kommission ihre Stellungnahmen ein, in denen sie die Begründetheit ihrer Beschwerden bekräftigten.

9 Mit Urteil vom 18. September 1992 entschied das Gericht, daß die Hauptsache erledigt sei, soweit der Klageantrag auf Artikel 175 EWG-Vertrag gestützt sei. Darüber hinaus wies das Gericht die Schadensersatzanträge der Klägerinnen als unzulässig ab (T-28/90, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2285).

10 Am 5. Juni 1990 legte auch die Firma Somaco bei der Kommission eine Beschwerde gegen die Praktiken der Gesellschaften CCIE, SIGAM, SAVA, SIDA und Auto GM mit Sitz in Lamentin (Martinique) ein, die jeweils Vertragshändler der Marken Toyota, Nissan, Mazda, Honda und Mitsubishi sind und diese Marken auf die Insel einführen. Diese auf Artikel 30 und 85 EWG-Vertrag gestützte Beschwerde wandte sich ebenfalls gegen die Praktiken der französischen Verwaltung, die angeblich Parallelimporte von Fahrzeugen bestimmter japanischer Marken sowie von Fahrzeugen der koreanischen Marke Hyundai durch die Beschwerdeführerin verhindern sollen.

11 Mit Schreiben vom 9. August 1990 teilte die Kommission der Firma Somaco unter Bezugnahme auf ihr an die vier übrigen Klägerinnen gerichtetes Schreiben vom 8. Mai 1990 mit, daß sie nicht beabsichtige, ihrer Beschwerde stattzugeben, und forderte sie auf, gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 etwaige schriftliche Bemerkungen einzureichen. Mit Schreiben vom 28. September 1990 bekräftigte Somaco die Begründetheit ihrer Beschwerde.

12 Mit Schreiben vom 5. Dezember 1991, das von dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Kommissionsmitglied unterzeichnet war, teilte die Kommission den fünf Klägerinnen die Entscheidung mit, die am 18. November 1985, am 29. November 1988 und am 5. Juni 1990 eingelegten Beschwerden zurückzuweisen.

13 In diesem Schreiben heisst es wie folgt:

"Ich beziehe mich auf die folgenden Beschwerden:

1. Beschwerden jeweils für Rechnung von J. M. Cesbron (JMC Automobiles, Luxemburg), Asia Motor France (Luxemburg), Monin Automobiles (Bourg-de-Péage) und EAS (Luxemburg):

° vom 18. November 1985, die sich auf Artikel 30 EWG-Vertrag beziehen und gegen angebliche Praktiken der französischen Verwaltung gerichtet sind;

° vom 29. November 1988, die sich auf Artikel 85 EWG-Vertrag beziehen und gegen die Praktiken der französischen Importeure der fünf japanischen Marken Toyota, Honda, Nissan, Mazda, Mitsubishi gerichtet sind, aber auch den französischen Staat im Hinblick auf Artikel 30 EWG-Vertrag betreffen;

° mit der Begründung, diese Praktiken seien dazu bestimmt, Parallelimporte von in den anderen Mitgliedstaaten, insbesondere in Belgien und im Großherzogtum Luxemburg, zum freien Verkehr zugelassenen Fahrzeugen ° in erster Linie der Marken Isuzu, Daihatsu, Suzuki und Subaru ° in Frankreich durch die beschwerdeführenden Unternehmen zu verhindern.

(Seite 2)

2. Beschwerde für Rechnung der Firma Somaco in Lamentin vom 5. Juni 1990, die sich sowohl auf die Artikel 30 und 36 als auch auf Artikel 85 EWG-Vertrag bezieht und gegen die Praktiken der Firmen CCIE, SIGAM, SAVA, SIDA und Auto GM, alle mit Sitz in Lamentin und jeweils Vertragshändler der japanischen Marken Toyota, Nissan, Mazda, Honda und Mitsubishi und Importeure dieser Marken auf der Insel Martinique, gerichtet ist, aber auch die Praktiken des französischen Staates betrifft, die angeblich Paralleleinfuhren von Fahrzeugen dieser Marken sowie der koreanischen Marke Hyundai durch die Beschwerdeführerin verhindern sollen.

Die Kommission hat die in diesen Beschwerden dargelegten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte geprüft und eine Untersuchung der Angelegenheit bei den betreffenden Unternehmen durchgeführt. Nach dieser Prüfung hat die Kommission den beschwerdeführenden Unternehmen durch Vorabmitteilungen vom 8. Mai 1990 und vom 9. August 1990 gemäß Artikel 6 der Verordnung (EWG) Nr. 99/63 Gelegenheit gegeben, schriftliche Bemerkungen zu ihrer Absicht und ihren Gründen, eine die Beschwerden zurückweisende Entscheidung zu erlassen, einzureichen.

In den Antwortschreiben der Beschwerdeführerinnen an die Kommission vom 29. Juni 1990 bzw. vom 28. September 1990 sind weder neue Tatsachen angeführt noch neue rechtliche Argumente oder Hinweise zur Stützung ihres Antrags vorgetragen worden. Die Kommission sieht mithin keine Gründe, ihre Absicht zu ändern, die besagten Beschwerden aus den folgenden, bereits in ihren Mitteilungen vom 8. Mai 1990 und 9. August 1990 dargelegten Gründen zurückzuweisen:

° Was eine etwaige Anwendung des Artikels 85 EWG-Vertrag betrifft, so haben die Nachforschungen der Dienststellen der Kommission ergeben, daß die Verhaltensweisen der fünf betroffenen Importeure Teil der von den französischen Behörden in bezug auf die Einfuhren japanischer Fahrzeuge in Frankreich verfolgten Politik sind. Insoweit ist daran zu erinnern, daß diese Einfuhren Gegenstand einer Reglementierung sind, die im innerstaatlichen Bereich durchgeführt wird. Im Rahmen dieser Reglementierung legen die französischen Behörden nicht nur die Gesamtmengen der jedes Jahr in Frankreich zugelassenen Fahrzeuge fest, sondern bestimmen auch die Modalitäten der Aufteilung dieser Mengen, insbesondere indem sie sie allein den betreffenden Importeuren vorbehalten. In diesem Sinne haben die französischen Behörden der Kommission mit Note vom 28. November 1989 eine Auskunft erteilt, in der es heisst, daß das Verhalten der fünf Importeure 'mit den von den Behörden gewollten Modalitäten der Reglementierung (zusammenhängt)' und daß die Importeure 'über keinerlei Handlungsfreiheit bei der Anwendung dieser Reglementierung (verfügen)'. Diese Importeure haben also in dieser Angelegenheit keinerlei Handlungsspielraum.

(Seite 3)

Nach alledem ist die Kommission der Auffassung, daß zwischen Ihren Interessen und dem behaupteten Verstoß gegen Artikel 85 kein Zusammenhang besteht, weil eine etwaige Anwendung des Artikels 85 die Situation, die Ihnen abträglich sein soll, nicht bereinigen könnte. Die Festlegung von Gesamtmengen durch die Behörden fällt nämlich nicht unter Artikel 85 EWG-Vertrag, und die Anwendung dieser Vorschrift auf die Aufteilung wäre nicht geeignet, die Zulassung Ihrer Gesellschaft als Importeur herbeizuführen. Zum einen ist nicht recht zu sehen, wie Sie an einer Aufteilung beteiligt werden sollten, die Sie selbst als wettbewerbswidrige Absprache gekennzeichnet haben. Zum anderen gestattet es die nationale Reglementierung, wie vorstehend ausgeführt, nicht, andere Importeure als die fünf betroffenen Unternehmen bei der Aufteilung zu berücksichtigen. Unter diesen Umständen würde die Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 85 EWG-Vertrag ihre Stellung gegenüber den betreffenden Importeuren in keiner Weise verändern.

Die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, die sich gegebenenfalls aus der Unmöglichkeit, koreanische Fahrzeuge der Marke Hyundai in Frankreich einzuführen, ergeben könnte, muß wegen der schwachen Marktposition dieser Marke in der Gemeinschaft als unwesentlich eingestuft werden.

° Eine etwaige Anwendung des Artikels 30 muß mangels Gemeinschaftsinteresses im Hinblick auf die gemeinsame Handelspolitik ausser Betracht bleiben.

Ich teile Ihnen folglich mit, daß die Kommission aus den genannten Gründen beschlossen hat, die für die Unternehmen JMC Automobiles, Asia Motor, Monin und EAS am 18. November 1985 und am 29. November 1988 eingelegten Beschwerden sowie die Beschwerde der Firma Somaco vom 5. Juni 1990 zurückzuweisen."

Verfahren und Anträge der Parteien

14 Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 4. Februar 1992 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage gegen die Entscheidung der Kommission vom 5. Dezember 1991 erhoben.

15 Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen und am 17. November 1992 beendet worden.

16 Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Es hat zuvor im Rahmen prozeßleitender Maßnahmen den Parteien zunächst am 13. Februar 1993 aufgegeben, bestimmte Schriftstücke vorzulegen und sie sodann am 2. April 1993 aufgefordert, bestimmte schriftliche Fragen zu beantworten. Die Klägerinnen und die Beklagte haben die geforderten Schriftstücke vorgelegt und die Fragen des Gerichts mit Schriftsätzen, die am 22. März 1993 und am 23. März und 15. April 1993 eingetragen worden sind, beantwortet. Sie haben in der öffentlichen Sitzung vom 22. April 1993 mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

17 Die Klägerinnen beantragen in ihrer Klageschrift,

° festzustellen, daß die sowohl für das Mutterland als auch für das Gebiet von Martinique beanstandeten abgestimmten Verhaltensweisen einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstellen;

° die Entscheidung der Kommission vom 5. Dezember 1991, soweit sie auf Artikel 85 EWG-Vertrag gestützt ist, für nichtig zu erklären.

18 Die Kommission beantragt,

° den ersten Teil der Klage, mit dem die Feststellung beantragt wird, daß die sowohl für das Mutterland als auch für Martinique beanstandeten abgestimmten Verhaltensweisen einen Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag darstellen, als unzulässig abzuweisen;

° die Nichtigkeitsklage insgesamt als unbegründet abzuweisen;

° den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

19 In ihrer Erwiderung beantragen die Klägerinnen,

° der Nichtigkeitsklage der Klägerinnen stattzugeben;

° zu berücksichtigen, daß die Klägerinnen im Anschluß an die formellen Bemerkungen der Kommission die Fassung ihres Antrags abändern und nicht mehr die Feststellung der beanstandeten rechtswidrigen Verhaltensweise, sondern lediglich die Nichtigerklärung des Schreibens vom 5. Dezember 1991 beantragen, aus der die Kommission die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen hat.

Zum Umfang der Klage

20 Vorab ist festzustellen, daß die Klägerinnen in ihrer Erwiderung die ursprünglich gestellten Anträge fallengelassen haben, die auf die Feststellung gerichtet waren, die beanstandeten Verhaltensweisen stellten einen Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag dar. Demgemäß hat das Gericht nur noch über den allein rechtshängigen Antrag zu befinden, d. h. den auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 5. Dezember 1991, soweit sie auf Artikel 85 EWG-Vertrag beruht. Die Zulässigkeit dieses Antrags wird nicht in Frage gestellt.

Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung

21 Die Klägerinnen berufen sich zur Stützung ihrer Klage ausdrücklich auf fünf Klagegründe, nämlich auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, eine Verletzung des EWG-Vertrags, eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, eine Verletzung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung und auf einen Ermessensmißbrauch.

Zum ersten Klagegrund einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften

Vorbringen der Parteien

22 Die Klägerinnen machen geltend, die Entscheidung vom 5. Dezember 1991 sei insoweit unzureichend begründet, als sie nicht angebe, auf welche Rechtsgrundlage, welche Gemeinschaftsvorschriften oder welche Auslegung durch den Gerichtshof die Kommission sich für die Ablehnung der Verurteilung der beanstandeten Verhaltensweise stütze.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes müsse die Begründung einer Entscheidung klar und unzweideutig den Gedankengang des Gemeinschaftsorgans, das die angefochtene Handlung vorgenommen habe, erkennen lassen, damit der Betroffene die Gründe für die erlassene Maßnahme erfahren und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben könne.

23 In ihrer Erwiderung legen die Klägerinnen zwei besondere Aspekte des Klagegrundes, mit dem die fehlende Begründung gerügt wird, dar.

24 Sie werfen der Kommission zunächst vor, auf die erhobenen Rügen nicht geantwortet zu haben und angesichts der in die Erörterung eingebrachten Tatsachen insbesondere die Feststellung, daß die fünf betroffenen Importeure nicht über einen Handlungsspielraum verfügten, nicht gerechtfertigt zu haben. Sie machen insbesondere geltend, die Entscheidung entbehre deshalb der Begründung, weil die Kommission die Behauptung, daß sich die Lage auf den betreffenden Märkten ausnahmslos als Ergebnis einer Politik der Behörden darstelle, aufgestellt habe, ohne durch substantiierte Darlegungen gezeigt zu haben, wie sie zu dieser Auffassung gelangt sei.

25 Die Klägerinnen werfen der Kommission weiterhin vor, die Behauptungen der französischen Regierung hingenommen zu haben, ohne die notwendigen Untersuchungsmaßnahmen zur Prüfung ihrer Begründetheit durchgeführt zu haben. In Wirklichkeit sei nicht bewiesen, daß die Aufteilung der Einfuhrquote von 3 % im Mutterland und von 15 % in Martinique nur auf einer einseitigen Handlung der französischen Regierung beruhe, vielmehr gehe umgekehrt aus den der Kommission vorgelegten Unterlagen hervor, daß die fünf betreffenden Importeure mit Hilfe einer fortgesetzten Abstimmung im Rahmen ihres Berufsverbandes aktiv an der Aufteilung des Marktes beteiligt seien. Die Klägerinnen erinnern daran, daß die französische Regierung diese Importeure angewiesen habe, eine der Fragen der Kommission, die die Vorlage aller Schriftstücke über die Einführung und die Aufteilung der Importquote verlangt hatte, nicht zu beantworten. Die von den französischen Behörden geschaffene Reglementierung beruhe nicht auf einer zwingenden Gesetzes- oder Verwaltungsvorschrift, sondern stelle eine einfache Verwaltungspraxis dar. Unter Hinweis auf mehrere Auszuege aus Fachzeitschriften, die belegten, daß die fünf Importeure in dieser Angelegenheit einen Handlungsspielraum hätten, gelangen sie zu dem Ergebnis, daß die Kommission nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes verpflichtet gewesen sei, die von ihnen vorgetragenen Tatsachen zu prüfen, um sich so von der Richtigkeit der Behauptungen der französischen Behörden zu überzeugen. Die Begründung der Entscheidung sei mithin angreifbar, weil sie die Richtigkeit der Behauptungen der französischen Behörden nicht belege, sondern sich einfach mit deren Kenntnisnahme zufriedengebe.

26 Die Kommission entgegnet, die streitige Entscheidung sei ordnungsgemäß begründet und das Gericht sei in der Lage, ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen. Die Entscheidung beziehe sich auf die Vorschriften des EWG-Vertrags, in deren Licht sie die Beschwerde geprüft habe; sie enthalte eine Zusammenfassung der Beschwerden, eine Aufstellung der eingeleiteten Untersuchungsmaßnahmen und des Schriftwechsels sowie eine Darlegung der Gründe und ein Ergebnis. Die Durchsicht der dargelegten Gründe mache die Argumentation verständlich, die sie zur Zurückweisung der Beschwerden geführt habe; es sei eindeutig gezeigt worden, daß sie auf der Feststellung beruhe, der Beschwerde könne nicht stattgegeben werden, weil die behaupteten Tatsachen das Ergebnis einer Politik der öffentlichen Hand und nicht einer abgestimmten Verhaltensweise der fünf Importeure seien. Auch sei sie nicht verpflichtet, in einer Entscheidung, mit der eine Beschwerde zurückgewiesen werde, die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes anzugeben.

27 Nach ihrer Auffassung verwechseln die Klägerinnen die Frage, ob die angefochtene Handlung den Anforderungen des Artikels 190 EWG-Vertrag entspreche, mit der Frage, ob die der Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen ausreichend belegt seien. Die Erwiderung zeige, daß die Klägerinnen ihre Argumentation vollständig begriffen hätten, auch wenn sie deren Begründetheit bestritten.

28 Sie habe die französische Regierung formell befragt. Zwar erlaube ihr die Verordnung Nr. 17, ein Auskunftsersuchen an einen Mitgliedstaat zu richten, sie gebe ihr aber nicht die notwendigen Mittel an die Hand, um nachzuprüfen, ob die erteilte Auskunft richtig sei. Es stehe ihr nicht zu, die Antwort eines Mitgliedstaats ausser acht zu lassen oder sie als unzutreffend zu behandeln.

Würdigung durch das Gericht

29 Das Gericht weist vorab darauf hin, daß die Klägerinnen mit ihrem ersten Klagegrund nicht nur geltend machen, die streitige Entscheidung sei unzureichend begründet, sondern daß sie auch die Rechtmässigkeit der ersten von der Kommission für die Zurückweisung angegebenen Begründung, die betreffenden Importeure besässen bei der Aufteilung des Marktes keine Handlungsfreiheit, in Frage stellen wollen.

° Zur unzureichenden Begründung

30 Insoweit ist zunächst festzustellen, daß es die Begründung einer beschwerenden Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts ihrem Adressaten ermöglichen soll, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, damit er gegebenenfalls seine Rechte geltend machen und die Begründetheit der Entscheidung prüfen kann (Urteil vom 24. Januar 1992 in der Rechtssache T-44/90, La Cinq/Kommission, Slg. 1992, II-1), und daß sie den Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzen soll, seine Kontrolle auszuüben.

31 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts die Kommission in der Begründung von Entscheidungen, die sie erlässt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle Argumente einzugehen braucht, die die Betroffenen für ihren Antrag vorbringen. Es reicht vielmehr aus, daß die Kommission die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. zuletzt Urteil La Cinq/Kommission, a. a. O.).

32 Das Gericht stellt nach Durchsicht der streitigen Entscheidung fest, daß diese die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, auf denen sie beruht, anführt und die Klägerinnen so in die Lage versetzt, ihre Begründetheit zu bestreiten, und dem Gericht die Rechtmässigkeitskontrolle ermöglicht. Die streitige Entscheidung weist also keinen Begründungsmangel auf.

° Zur Richtigkeit der Begründung des ersten Teils der Entscheidung

33 Insoweit ist daran zu erinnern, daß sich die richterliche Kontrolle von Handlungen der Kommission, bei denen komplexe wirtschaftliche Gegebenheiten zu würdigen sind, notwendigerweise auf die Frage zu beschränken hat, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmißbrauch vorliegen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den verbundenen Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, und zuletzt Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnrn. 23 und 25).

34 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß in den Fällen, in denen der Kommission ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, damit sie ihre Aufgaben erfuellen kann, die Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, eine um so grundlegendere Bedeutung hat. Zu diesen Garantien gehören insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90, Technische Universität München, Slg. 1991, I-5469; Urteil La Cinq/Kommission, a. a. O.).

35 Demgemäß hat das Gericht im Rahmen der Untersuchung von Anträgen, die der Kommission auf der Grundlage des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17 vorgelegt werden, entschieden: "Wenn... die Kommission auch nicht verpflichtet ist, eine Untersuchung durchzuführen, so verpflichten die Verfahrensgarantien... des Artikels 6 der Verordnung Nr. 99/63 sie doch, die ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam zu prüfen, um festzustellen, ob diese eine Verhaltensweise erkennen lassen, die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen" (Urteil des Gerichts vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90, Automec/Kommission, Slg. 1992, II-2223, und die dort angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofes).

36 Auch wenn schließlich die Kommission nach der angeführten Rechtsprechung des Gerichts nicht verpflichtet ist, jede der bei ihr eingereichten Beschwerden zu untersuchen, so muß sie doch, sobald sie beschließt, eine solche Untersuchung zu eröffnen, diese, soweit nicht ordnungsgemäß dargelegte Gründe entgegenstehen, mit der erforderlichen Sorgfalt, Ernsthaftigkeit und Umsicht durchführen, um die ihr von den Beschwerdeführern zur Beurteilung unterbreiteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte in voller Sachkenntnis würdigen zu können.

37 Demgemäß sind bei der Würdigung der Rechtmässigkeit des ersten Grundes für die Zurückweisung der Beschwerde zunächst die von den Beschwerdeführern vorgelegten Beweismittel zu prüfen; sodann ist zu untersuchen, ob die angefochtene Entscheidung eine angemessene Prüfung der der Kommission zur Beurteilung unterbreiteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erkennen lässt.

38 Im vorliegenden Fall geht es bei den von den Beschwerdeführern behaupteten Zuwiderhandlungen, wie sich aus den drei genannten Beschwerden ergibt, um folgendes:

° zum einen um eine Absprache zwischen den Importeuren von Fahrzeugen der japanischen Marken Toyota, Honda, Nissan, Mazda und Mitsubishi in Frankreich und der französischen Verwaltung, wonach die Importeure der genannten Marken für Frankreich ihr Einverständnis erklärt haben sollen, als Gegenleistung für eine Verpflichtung der französischen Behörden, ihnen den Bereich der Fahrzeuge japanischer Herkunft ausschließlich vorzubehalten, ihren Gesamtanteil am französischen Binnenmarkt für Fahrzeuge auf 3 % zu begrenzen, und um eine Absprache zwischen den betreffenden Unternehmen über die Aufteilung ihres Gesamtmarktanteils untereinander (Beschwerde Cesbron vom 18. November 1983 und Beschwerde Cesbron, Asia Motor, Monin Automobiles, EAS vom 29. November 1988);

° zum anderen um eine Absprache zwischen den Vertragshändlern der genannten Marken auf der Insel Martinique und der Verwaltung, wonach diese Vertragshändler sich als Gegenleistung für die Zusage, ihnen den Bereich der Fahrzeuge japanischer Herkunft ausschließlich vorzubehalten, damit einverstanden erklärt haben sollen, ihren Anteil am Fahrzeugmarkt in Martinique auf 15 % zu begrenzen, und eine Absprache zwischen diesen Unternehmen über die Aufteilung ihres Gesamtmarktanteils (Beschwerde Somaco vom 5. Juni 1990).

39 Die Klägerinnen haben bei der Einreichung ihrer Beschwerden oder im Rahmen der Untersuchung dieser Beschwerden der Kommission als Beleg für ihre Behauptungen insbesondere zwei Schriftstücke vorgelegt, denen nicht auf den ersten Blick ohne eine vertiefte Untersuchung Beweiskraft abgesprochen werden kann. Es handelt sich hierbei zunächst um die Kopie der Niederschrift über eine interministerielle Sitzung, die am Montag, dem 19. Oktober 1987, stattgefunden hat und an der die Vertreter der in der Beschwerde vom 5. Juni 1990 gerügten Unternehmen sowie bestimmte Vertreter der französischen Behörden teilgenommen haben (siehe Anlage 23 zur Klageschrift). Ausweislich dieser Niederschrift haben die anwesenden Vertragshändler im Anschluß an eine Erörterung unter allen Teilnehmern insbesondere beschlossen, "eine Selbstbeschränkung für alle Marken in Höhe von 15 % des Gesamtmarktes hinzunehmen und diese Selbstbeschränkung, gegebenenfalls durch Selbstkontrolle, ausnahmslos einzuhalten". Dieses Schriftstück sieht auch die Modalitäten für die allmähliche Bereinigung eines Überhangs vor, der sich aus der Überschreitung einer zuvor von den Unterzeichnern des Schriftstücks einem der Vertragshändler zugedachten Quote in der Vergangenheit ergeben hat. Schließlich soll "in der Folge ein Protokoll über eine Vereinbarung zwischen den Vertragshändlern für japanische Fahrzeuge in Martinique erstellt werden".

40 Aus den Akten und insbesondere aufgrund der vom Gericht angeordneten prozeßleitenden Maßnahmen ergibt sich, daß dieses Schriftstück einem Schreiben beigefügt war, das die Beschwerdeführer Cesbron, Asia Motor, Monin Automobiles und EAS im Rahmen der Untersuchung der Beschwerde vom 29. November 1988 am 25. August 1989 an die Kommission gerichtet haben. Es war ebenfalls der Beschwerde von Somaco vom 5. Juni 1990 beigefügt. Mithin ist es der Kommission vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung zur Kenntnis gebracht worden.

41 Weiterhin ist der Niederschrift über die erwähnte interministerielle Sitzung ein Schriftstück mit der Überschrift "Vereinbarungsprotokoll" beigefügt (siehe Anlage 24 zur Klageschrift), das die Unterschriften aller gesetzlichen Vertreter der Vertragshändler trägt. Es heisst darin:

"Es wurde folgendes vereinbart:

Die unterzeichnenden Vertragshändler vereinbaren in Übereinstimmung mit den Behörden, die von der Verwaltung zugewiesene und auf 15 % des Gesamtmarktes für neue Fahrzeuge sämtlicher Marken in Martinique festgesetzte Quote bei der Einfuhr neuer Fahrzeuge japanischer Marken einzuhalten.

Sie vereinbaren, daß der Verteilungsschlüssel für diese 15 % wie 1982 festgelegt wird, d. h.:

° Toyota: 46,93 %

° Nissan: 26,01 %

° Mazda: 15,00 %

° Honda: 7,99 %

° Mitsubishi: 4,07 %

...

Die Unterzeichner haben weiterhin die Niederschrift über die interministerielle Sitzung vom Montag, dem 19. Oktober 1987, die in einer Ausfertigung dem vorliegenden Vereinbarungsprotokoll beigefügt ist, zur Kenntnis genommen und billigen ihren Inhalt.

Folglich wird in der Präfektur von Martinique zu Beginn jedes Jahres eine Sitzung stattfinden, bei der nach den in der genannten Niederschrift und in dem vorliegenden Vereinbarungsprotokoll festgelegten Modalitäten die Zahl der (für die Einfuhr eines Fahrzeugs notwendigen) Übereinstimmungszertifikate festgesetzt wird, auf die jeder Vertragshändler für japanische Fahrzeuge in Martinique jährlich Anspruch hat.

Bei Nichtbeachtung einer der vorgenannten Klauseln durch eine der Parteien wird das vorliegende Protokoll unwirksam."

42 Dieses Schriftstück ist auch dem genannten Schreiben an die Kommission vom 25. August 1989 beigefügt worden. Es findet sich ebenfalls als Anhang zur Beschwerde von Somaco vom 5. Juni 1990.

43 Angesichts dieser Beweisunterlagen ist das Gericht zunächst der Auffassung, daß diesem "Vereinbarungsprotokoll" bei einer ersten Prüfung ein starker Beweiswert für das wahrscheinliche Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen den auf dem Gebiet des Departements Martinique tätigen Vertragshändlern der betreffenden Importeure zukommt, die die Aufteilung der den Wirtschaftsteilnehmern von den französischen Behörden vorgeschriebenen Marktquote von 15 % untereinander zum Gegenstand hat. Das Gericht weist darauf hin, daß die Niederschrift über die interministerielle Sitzung, aufgrund deren das Vereinbarungsprotokoll erstellt wurde, keinerlei Hinweis auf eine irgendwie geartete Aufteilung dieser Einfuhrquote durch die öffentlichen Stellen enthält; vielmehr scheint sich diese auf den ersten Blick allein als Ergebnis der Initiative der Unternehmen darzustellen, die an dem Vereinbarungsprotokoll beteiligt waren. Die Kommission hat aber in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts erklärt, daß nach ihrer Kenntnis die Modalitäten für die Aufteilung des Einfuhrvolumens für Martinique zwischen 1987 und Ende 1991 nicht geändert worden seien.

44 Aus den Unterlagen und den dem Gericht erteilten Auskünften ergibt sich somit, daß das System der Aufteilung auf die fünf Vertragshändler, wie es in dem vorstehend untersuchten Protokoll festgelegt war, nach seiner Verlängerung am 5. Dezember 1991, als die Kommission die angefochtene Entscheidung erlassen hat, immer noch in Kraft war. Dieser Akteninhalt stellt auf den ersten Blick ein ernstzunehmendes Indiz für das Vorliegen einer echten Handlungsfreiheit der fünf betroffenen Importeure bei der Aufteilung des Marktes dar. Dieses System kann als solches unter Artikel 85 EWG-Vertrag fallen.

45 An dieser Stelle sind ferner diese tatsächlichen Feststellungen über die von den Klägerinnen vorgebrachten Beweismittel mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung zu vergleichen, damit festgestellt werden kann, ob die Kommission bei der Zurückweisung der bei ihr eingelegten Beschwerden die vorstehend geprüften und ihr von den Beschwerdeführern vorgetragenen Tatsachen in angemessener Weise zurückgewiesen hat.

46 Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, daß in den Beschwerden vom 29. November 1988 und 5. Juni 1990 zehn verschiedene Unternehmen beschuldigt worden sind. Die Beschwerde vom 29. November 1988 betraf die französischen Importeure der fünf japanischen Marken Toyota, Honda, Nissan, Mazda und Mitsubishi und die vom 5. Juni 1990 die Unternehmen CCIE, SIDA, SIGAM, SAVA und Auto GM, die Vertragshändler für die in der Beschwerde vom 29. November 1988 genannten Marken auf der Insel Martinique waren. Die streitige Entscheidung weist die beiden vorgenannten Beschwerden sowie die ursprüngliche Beschwerde vom 18. November 1985 zurück, von der die Kommission annahm, sie betreffe ausschließlich Artikel 30 EWG-Vertrag. In ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts hat die Kommission aber dargelegt, daß sie aus eigener Initiative die Beschwerden vom 29. November 1988 und vom 5. Juni 1990 "angesichts der Identität der Gesichtspunkte: gleiche Waren, gleiche gerügte Verhaltensweisen, gleiches Vorbringen, gleiche Anträge usw." zusammen behandelt habe. Die Kommission hat demgemäß auf die bei ihr eingereichten Beschwerden, die sowohl das französische Mutterland als auch das Departement Martinique betrafen, eine gemeinsame und auf die gleichen Gründe gestützte Antwort gegeben.

47 Auf Seite 2 der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission dar, daß die Nachforschungen ihrer Dienststellen gezeigt hätten, daß die Verhaltensweisen der "fünf betroffenen Importeure" integrierender Bestandteil der Politik der französischen Behörden im Bereich der Einfuhr japanischer Fahrzeuge nach Frankreich seien. Im Rahmen dieser Politik legten die französischen Behörden nicht nur die Gesamtmengen der Fahrzeuge fest, die jedes Jahr nach Frankreich eingeführt werden könnten, sondern sie bestimmten auch die Modalitäten der Aufteilung dieser Mengen, insbesondere durch deren ausschließliche Zuweisung an die betroffenen Importeure.

48 Das Gericht stellt erstens fest, daß das zur Stützung der zuletzt genannten Feststellung von der Kommission allein angeführte Element sich aus der vorstehend geprüften, an die Kommission gerichteten Note der französischen Behörden vom 28. November 1989 ergibt. Die Behauptung der französischen Behörden (siehe Randnr. 6 dieses Urteils), die in die angefochtene Entscheidung einfach übernommen wurde und wonach die Wirtschaftsteilnehmer über keinerlei Handlungsspielraum bei der Durchführung der von den französischen Behörden festgelegten Reglementierung verfügen sollen, wird indessen durch keinerlei schriftlichen Beweis gestützt.

49 Das Gericht stellt zweitens fest, daß die Kommission selbst einräumt, daß diese Behauptung sowohl für die Importeure des Mutterlandes als auch für deren Vertragshändler in Martinique gelte. Zumindest bei den letztgenannten wird diese Behauptung aber durch die Prüfung der vorstehend untersuchten Schriftstücke und insbesondere durch das Vereinbarungsprotokoll unmittelbar widerlegt.

50 Das Gericht weist schließlich darauf hin, daß die Klägerinnen weitere Schriftstücke als Beweis vorgelegt haben, die die durch die vorstehend untersuchten Schriftstücke begründete Vermutung bestärken und die von der Kommission sorgfältig und unparteiisch zu prüfen waren. Das Gericht bezieht sich insoweit zum einen auf ein Schreiben des Ministeriums für Industrie, Post und Telekommunikation sowie Fremdenverkehr vom 1. Juli 1987 und zum anderen auf ein Urteil des Tribunal de commerce Paris vom 16. März 1990.

51 In dem Schreiben vom 1. Juli 1987 (siehe Anlage 41 zur Klageschrift), das die Klägerinnen, wie sie in der mündlichen Verhandlung ohne Widerspruch der Kommission erklärt haben, dieser während der Untersuchung der Beschwerden unterbreitet haben, legt der Minister unter Hinweis auf die Gefahren von Parallelimporten für das System der Selbstbeschränkung beim Absatz japanischer Fahrzeuge dar, daß die Parallelimporte, die in unmittelbarem Wettbewerb zur Tätigkeit der fünf zugelassenen Importeure stuenden, allmählich zu einer Beeinträchtigung der tatsächlichen Ausschließlichkeit führen könnten, die ihnen als Gegenleistung für ihre Verpflichtung zur Selbstbeschränkung zuerkannt worden sei. Es heisst darin weiter, daß "die Entwicklung solcher Praktiken die Gefahr mit sich bringt, daß das gesamte System der Selbstbeschränkung bald von den zugelassenen Importeuren in Frage gestellt [wird]". Dieses Schriftstück bestätigt bei erster Prüfung, daß die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer auch nach Auffassung der französischen Behörden im Gegensatz zur Begründung der Zurückweisung der Beschwerden nicht ohne jede Handlungsfreiheit sind.

52 Ebenso ist das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Absprache zwischen den fünf betroffenen Importeuren letztlich vom Tribunal de commerce Paris in einem Urteil vom 16. März 1990 festgestellt worden, das die Beschwerdeführer der Kommission ebenfalls zur Kenntnis gebracht haben (siehe Anlage 19 zur Klageschrift), auch wenn dieses Gericht seine Entscheidung bis zur Entscheidung der Kommission über die ihr vorgelegten Beschwerden ausgesetzt hatte.

53 In diesem Punkt ist das Gericht angesichts der gesamten ihm zur Würdigung vorgelegten Unterlagen der Auffassung, daß die genauen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des innerstaatlichen Gerichts, auch wenn sie die Kommission nicht gebunden haben, doch Anlaß für sie hätten sein müssen, ihre Untersuchung fortzuführen, um die Vereinbarkeit der von den französischen Behörden erteilten Auskünfte mit all den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten, die die Beschwerdeführer ihr vorgetragen hatten, zu prüfen. Das beklagte Organ musste also, bevor es zu der in der ersten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Ansicht kommen konnte, daß die Importeure "keinen Handlungsspielraum in dieser Angelegenheit haben", den Versuch unternehmen, mit den Mitteln, die es nach den Umständen des vorliegenden Falles als die passendsten ansah, mit einem ausreichenden Grad an Sicherheit festzustellen, ob die behaupteten Tatsachen zutrafen oder nicht.

54 Die bisherige Prüfung der gesamten Unterlagen und insbesondere die Antwort der Kommission auf eine der ihr hierzu vom Gericht gestellten schriftlichen Fragen lässt aber mit hinreichender Sicherheit erkennen, daß die Kommission trotz des Widerspruchs zwischen der Antwort der französischen Behörden vom 28. November 1989 und den von den Beschwerdeführern der Kommission zur Würdigung vorgelegten Unterlagen nach dem 28. November 1989 keine neuen Untersuchungsmaßnahmen getroffen hat, um die ursprünglich verlangten Auskünfte zu erhalten oder die Richtigkeit der Antwort der französischen Behörden zu überprüfen. Die Kommission hat insbesondere nach dem 5. Juni 1990, dem Eingang der Beschwerde der Firma Somaco, die sich gerade gegen die in Martinique festgestellten Praktiken wandte, keine Untersuchungsmaßnahme eingeleitet.

55 Demnach weist die streitige Entscheidung, soweit sie die Beschwerden mit der Begründung zurückweist, daß die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer nicht über eine Handlungsfreiheit oder einen "Handlungsspielraum" verfügten, obwohl diese Begründung durch die von den Beschwerdeführern der Kommission unterbreiteten genauen und ins einzelne gehenden Beweismittel widerlegt wird, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich des Sachverhalts auf, der eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung der Anwendbarkeit des Artikels 85 EWG-Vertrag auf die Verhaltensweisen der betreffenden Wirtschaftsteilnehmer nach sich zog.

56 Mithin hat das Gericht dem ersten Klagegrund stattzugeben. Die Kommission hat sich bei der Zurückweisung der ihr vorgelegten Anträge allerdings auch darauf gestützt, daß die Feststellung eines Verstosses gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln, selbst wenn er vorliegen sollte, unter den Umständen des vorliegenden Falles doch nicht geeignet wäre, die Lage der Beschwerdeführer zu ändern. Nun wird zwar die zweite Begründung für die Zurückweisung der Beschwerden in der angefochtenen Entscheidung "im Lichte der Feststellungen" der Kommission dargelegt, die im Rahmen der ersten Begründung für die Zurückweisung getroffen worden sind, also der Begründung, die, wie söben ausgeführt, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich des Sachverhalts und einen Rechtsirrtum aufweist; das Gericht ist aber doch der Auffassung, daß dieser zweiten Begründung in Wirklichkeit im Verhältnis zu der vorstehend untersuchten ersten Begründung selbständige Bedeutung zukommt. Das Gericht hat daher über den zweiten der fünf Klagegründe zu entscheiden, mit dem die Klägerinnen in Wirklichkeit die Rechtmässigkeit der zweiten Begründung für die Zurückweisung ihrer Beschwerden durch die Kommission in Frage stellen.

Zum zweiten Klagegrund einer Verletzung des EWG-Vertrags

Vorbringen der Parteien

57 Gegenüber der zweiten Begründung der Kommission für die Zurückweisung, wonach "die Festlegung von Gesamtmengen durch die Behörden nicht unter Artikel 85 EWG-Vertrag [fällt], und auch die Anwendung dieser Vorschrift auf die Aufteilung nicht geeignet wäre, eine Zulassung der Beschwerdeführer herbeizuführen", betonen die Klägerinnen, daß sie nicht das Vorliegen einer Importquote in Frage stellen wollten, sondern ihre Nichtbeteiligung an dieser Quote als Ergebnis der Absprache unter den begünstigten Unternehmen sowie das Fehlen jeden Wettbewerbs wegen unantastbarer Unterquoten. Die Versagung der Zulassung als Importeur, auf die sich die französischen Behörden berufen hätten, sei in den Beschwerden niemals in Frage gestellt worden, denn auch ohne diese Zulassung hätten die von der Absprache nicht betroffenen Marken keinem Hindernis bei ihrer Vermarktung begegnen dürfen, und zwar wegen der Parallelimporte, die eine solche Vermarktung ermöglicht hätten.

58 Auf das Vorbringen der Kommission, die Klägerinnen verlangten die Beteiligung an Quoten, die sie selbst als rechtswidrig betrachteten, erwidern die Klägerinnen, sie hätten niemals verlangt, an der rechtswidrigen Absprache beteiligt zu werden; ihre Beschwerden zielten vielmehr einzig und allein auf die Wiederherstellung des freien Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt mit der Wirkung ab, daß sie im Rahmen eines lauteren Wettbewerbs zwischen allen Marken asiatischen Ursprungs ihre Geschäftstätigkeit frei ausüben könnten.

59 Die Klägerinnen treten ferner dem Vorbringen der Kommission entgegen, wonach die Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 85 EWG-Vertrag die Stellung der Klägerinnen gegenüber den fünf Importeuren in keiner Weise verändern würde, weil die Reglementierung seitens der französischen Behörden anderen als den fünf betroffenen Importeuren eine Beteiligung am Verteilungsschlüssel nicht gestatte. Zunächst einmal sei es nicht ihr Wunsch, an dem für die Importquote geltenden Verteilungsschlüssel beteiligt zu werden, und auch der Umfang eines Marktes rechtfertige es nicht, daß die Zahl der an diesem Markt beteiligten Wirtschaftsteilnehmer von den Behörden eines Mitgliedstaats begrenzt werde. Der Argumentation der Kommission müsse ausserdem widersprochen werden, weil sie voraussetze, daß die Importeure nicht umhingekonnt hätten, ein wettbewerbswidriges Verhalten an den Tag zu legen. Aus den vorgebrachten Beweismitteln ergebe sich, daß die beanstandete Absprache auf einer Willensübereinstimmung der betreffenden Unternehmen beruhe, die sich insbesondere zu Beginn jedes Jahres über die Unterquoten einigten und bei der Überschreitung der einem Teilnehmer an der Absprache von den anderen Teilnehmern zugebilligten Unterquote Vertragsstrafen vorsähen.

60 Die Klägerinnen machen schließlich geltend, daß eine ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes alle rechtswidrigen Absprachen verbiete, auch wenn sie mit Rechtsvorschriften oder Praktiken der Mitgliedstaaten zusammenhingen (vgl. insbesondere Urteil vom 4. Mai 1988 in der Rechtssache 30/87, Bodson, Slg. 1988, 2479). Die Kommission habe selbst hervorgehoben, daß es kein Hindernis für die Feststellung des Vorliegens einer wettbewerbswidrigen Absprache darstelle, wenn ein Unternehmen einer gegebenen Verhaltensweise unter starkem Druck und sogar gegen sein eigenes wirtschaftliches Interesse zugestimmt habe (vgl. insbesondere die Entscheidung 88/86/EWG der Kommission vom 18. Dezember 1987 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag [V/31.017 ° Fisher-Price/Quaker Oats Ltd ° Toyco, ABl. 1988, L 49, S. 19]).

61 Die Kommission erinnert daran, daß es nach ihrer Auffassung keinen Grund gibt, die Richtigkeit der Behauptung der französischen Behörden zu bezweifeln, die betreffenden Unternehmen besässen bei der Durchführung der von den Behörden gewollten Marktregulierung keine Handlungsfreiheit. Es sei nicht auf das Verhalten der von den Beschwerdeführern beschuldigten fünf Importeure zurückzuführen, wenn den Klägerinnen eine Zulassung zur Einfuhr "nach Typen" versagt worden sei und ihre Einfuhren folglich als "Einzeleinfuhren" durchgeführt werden müssten.

Würdigung durch das Gericht

62 Mit diesem zweiten Klagegrund ziehen die Klägerinnen die Rechtmässigkeit der zweiten Begründung für die Zurückweisung ihrer Beschwerden in Zweifel, in der die Auffassung vertreten wird, daß angesichts der Versagung der Zulassung der Klägerinnen die Feststellung eines Verstosses gegen die Wettbewerbsregeln durch die in den Beschwerden beschuldigten Parteien nicht geeignet sei, die Stellung der Klägerinnen auf dem Markt zu ändern (siehe Randnr. 13 a. E. dieses Urteils).

63 Im Rahmen der prozeßleitenden Maßnahmen hat das Gericht die Kommission ersucht, ihm weitere Angaben zu ihrer Auslegung des Begriffes "Zulassung als Importeur" zu machen, auf den sie sich in der angefochtenen Entscheidung bezieht. Mit einer ersten Reihe schriftlicher Fragen wurde das beklagte Organ ersucht, den Sinn dieses Begriffes zu erläutern und anzugeben, ob es davon ausgehe, daß er sich auf den Handelsverkehr beziehe und daher einer Einfuhrlizenz gleichgestellt werden könne, oder ob er zum Bereich des französischen Rechts der Kraftwagenverkehrspolizei gehöre und deshalb unabhängig von den Voraussetzungen für die Vermarktung des Fahrzeugs Wirkungen lediglich bezueglich der Art und Weise der Abnahmeprüfung und der Zulassung der Fahrzeuge habe.

64 Die Kommission hat diese erste Frage wie folgt beantwortet:

"Nach den der Kommission zur Verfügung stehenden Auskünften Frankreichs gehört der Begriff 'Zulassung als Importeur' zum französischen Recht der Kraftwagenverkehrspolizei. Artikel 106 der französischen Strassenverkehrsordnung bestimmt nämlich: 'Für Fahrzeuge oder Fahrzeugteile, die nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der EWG hergestellt oder zusammengebaut werden, ist hingegen die Typenzulassung nur gestattet, wenn der Hersteller in Frankreich einen Repräsentanten besitzt, der beim Verkehrsministerium besonders zugelassen ist. In diesem Fall findet sie auf Antrag dieses Repräsentanten statt.' "

65 Mit einer zweiten Reihe von Fragen ist die Kommission ersucht worden, insbesondere die Gründe darzulegen, aus denen ihrer Meinung nach allein die fünf beschuldigten Importeure bei der Schaffung des Systems an der Aufteilung der Einfuhrmenge beteiligt worden sind.

66 Das beklagte Organ hat darauf wie folgt geantwortet:

"Was den letzten Teil der Frage des Gerichts angeht, kann die Kommission nur bestätigen, daß wegen Artikel 106 der französischen Strassenverkehrsordnung nur die Fahrzeuge zugelassener Marken eingeführt werden dürfen. Die bei der Schaffung des Systems zur Dämpfung der Einfuhren aus Japan nicht zugelassenen Importeure konnten daher an der fraglichen Aufteilung nicht teilnehmen."

67 Das Gericht weist darauf hin, daß nach den Akten jedes Fahrzeug, das der Zulassung bedarf, nach französischem Recht vom Ministerium für Industrie eine "Betriebserlaubnis" erhalten muß, um am öffentlichen Verkehr teilnehmen zu können. Die japanischen Fahrzeughersteller fallen unter die Vorschriften des Artikels R 106 des Code de la route, wonach ausserhalb des Gebietes der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hergestellte Fahrzeuge eine Typenbetriebszulassung nur erhalten können, wenn der Hersteller einen bei den Behörden zugelassenen Beauftragten hat. Die Fahrzeuge von Herstellern, die wie im Fall der von den Klägerinnen eingeführten Fahrzeuge nicht über einen solchen Beauftragten verfügen, müssen im Verfahren der sogenannten "Einzelbetriebserlaubnis" zugelassen werden, das durch Ministerialerlaß vom 19. Juli 1954 in der heute geltenden Fassung geregelt ist. Im Gegensatz zur Typenbetriebserlaubnis, die die Erteilung einer Betriebserlaubnis für einen Fahrzeugtyp gestattet ° spätere Kontrollen ermöglichen die Sicherstellung einer tatsächlichen Übereinstimmung der hergestellten Fahrzeuge mit dem zugelassenen Modell °, bedeutet die Einzelbetriebserlaubnis, daß diese jeweils für das einzelne Fahrzeug erteilt wird (siehe Entscheidung Nr. 91-D-52 des Conseil français de la concurrence vom 20. November 1991, Anlage 10 zur Klageschrift).

68 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof zur Frage der Vereinbarkeit des französischen Systems der "Einzelbetriebserlaubnis" mit Artikel 30 EWG-Vertrag, über die übrigens im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zu entscheiden ist, die Auffassung vertreten hat, daß es nach einer Regelung über die Erteilung der Betriebserlaubnis für aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführte Kraftfahrzeuge, für die dort bereits eine Betriebserlaubnis erteilt worden ist oder die dort bereits zugelassen waren, dem Importeur möglich sein muß, die Kontrollen durch die Vorlage von im Ausfuhrmitgliedstaat ausgestellten Dokumenten zu ersetzen, sofern diese die erforderlichen Angaben auf der Grundlage bereits durchgeführter Kontrollen enthalten und das Kontrollverfahren nicht mit unangemessenen Kosten oder Verzögerungen verbunden ist (Urteil vom 11. Juni 1987 in der Rechtssache 406/85, Gofette und Gilliard, Slg. 1987, 2525).

69 Zu Unrecht hat daher die Kommission geltend gemacht, daß nur Fahrzeuge zugelassener Marken eingeführt werden dürften (siehe Randnr. 66 dieses Urteils). Das in den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehene Zulassungsverfahren betrifft nicht das Recht zur Einfuhr, sondern nur die Frage, ob die vor der Teilnahme des Fahrzeugs am öffentlichen Strassenverkehr erforderliche Betriebserlaubnis für importierte Fahrzeuge nach Fahrzeugtyp oder nach dem Verfahren der sogenannten "Einzelbetriebserlaubnis" erteilt wird. Die angeführten Vorschriften des französischen Code de la route als solche können daher nicht die unmittelbare Einfuhr von Fahrzeugen durch Importeure ausschließen, die andere japanische Fahrzeughersteller als die vertreten, die über einen beim französischen Ministerium für Industrie, Post und Telekommunikation sowie Tourismus zugelassenen Beauftragten verfügen. Dies genau trifft auf die Situation der Hersteller zu, deren Importeure für Frankreich die klagenden Unternehmen sind. So gesehen konnten, wie die Klägerinnen vorgebracht haben, weder die von den französischen Behörden beschlossene Kontingentierung der Einfuhren von Fahrzeugen japanischer Herkunft noch das Zulassungsverfahren, die beide nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, als solche verhindern, daß die klagenden Unternehmen sich unter Beachtung der Wettbewerbsregeln mit gleichem Recht wie ihre Wettbewerber, die zugelassene Marken vertreiben, an der Vermarktung von Fahrzeugen beteiligten, die im Rahmen der Kontingentierungsmaßnahme in das französische Hoheitsgebiet gelangen konnten.

70 Ferner haben die Klägerinnen entgegen der Behauptung im zweiten Teil der Begründung der Entscheidung der Kommission niemals verlangt, an der von ihnen angezeigten wettbewerbswidrigen Absprache teilnehmen zu dürfen.

71 Schließlich ist nach gefestigter Rechtsprechung der Umstand, daß das wettbewerbswidrige Verhalten der zugelassenen Importeure, sollte es vorgelegen haben, von den französischen Behörden begünstigt oder ermutigt worden ist, für sich genommen ohne Einfluß auf die Anwendbarkeit des Artikels 85 EWG-Vertrag (Urteile des Gerichtshofes vom 10. Januar 1985 in der Rechtssache 229/83, Leclerc u. a., Slg. 1985, 1, und vom 29. Januar 1985 in der Rechtssache 231/83, Cullet und Chambre syndicale des réparateurs automobiles et détaillants de produits pétroliers, Slg. 1985, 305).

72 Demnach hätte die von der Kommission angeordnete Einstellung der behaupteten wettbewerbswidrigen Praktik, wenn sie vorgelegen haben sollte, sehr wohl für die klagenden Unternehmen die Zugangsbedingungen zum französischen Automobilmarkt ändern können, und zwar unabhängig von der Frage ihrer Zulassung durch die französischen Behörden.

73 Mithin wird in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht die Auffassung vertreten, daß es keine Verbindung zwischen den Interessen der Klägerinnen und der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag auf eine Praxis gebe, die eine Beschränkung des Zugangs zum Automobilmarkt für Fahrzeuge japanischer Marken auf fünf besondere Marken bezweckt oder bewirkt. Die angefochtene Entscheidung weist in diesem Punkt einen Rechtsfehler auf.

74 Aus alledem ergibt sich, daß die erste Begründung, mit der die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die drei ihr von den Klägerinnen wegen Verstosses gegen Artikel 85 EWG-Vertrag vorgelegten Beschwerden zurückgewiesen hat, auf einer unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Würdigung der Gesichtspunkte beruht, die ihr von den Klägerinnen zur Beurteilung unterbreitet wurden, und daß zum anderen die zweite von der Kommission für die Zurückweisung angeführte Begründung rechtsfehlerhaft ist. Die angefochtene Entscheidung ist somit, ohne daß das Gericht die übrigen von den Klägerinnen vorgebrachten Klagegründe zu prüfen hätte, für nichtig zu erklären, soweit sie Artikel 85 EWG-Vertrag betrifft.

Kostenentscheidung:

Kosten

75 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen keinen Kostenantrag gestellt haben, haben sie ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Entscheidung der Kommission vom 5. Dezember 1991 wird für nichtig erklärt, soweit sie Artikel 85 EWG-Vertrag betrifft.

2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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