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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.08.2006
Aktenzeichen: 11 K 4646/04 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist, ob die Kläger als Beteiligte der Grundstücksgemeinschaft G Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt haben.

Die Kläger sind getrennt lebende Ehegatten.

Im Februar 2002 erhielt das damals für den Kläger zuständige Finanzamt J eine Kontrollmitteilung des Finanzamts L, aus der sich u. a. ergibt, dass der Kläger im Jahr 1998 verschiedene Zahlungen der X-GmbH in Höhe von insgesamt 49.870 DM und im Jahr 1999 in Höhe von 50.000 DM erhalten hat. Wegen der Einzelheiten dieser Zahlungen wird auf die Kontrollmitteilung in der Einkommensteuerakte für 1998 Bezug genommen.

Der Beklagte führte daraufhin ein einheitliches und gesondertes Feststellungsverfahren für die Einkünfte der Kläger aus Land- und Forstwirtschaft und Vermietung und Verpachtung durch. Die steuerpflichtigen Einnahmen der Kläger, die nach Ansicht des Beklagten als land- und forstwirtschaftliche Einkünfte einzuordnen sind, ermittelte der Beklagte für 1998 auf 35.340 DM und für 1999 auf 100.000 DM. Daraus ergaben sich für die Jahre 1998, 1999 und 2000 folgende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft:

 199817.670 DM
199917.670 DM + 50.000 DM = 67.670 DM
200050.000 DM.

Durch Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1998 vom 3. November 2003 wurden daraufhin die Einkünfte der Kläger aus Land- und Forstwirtschaft auf 17.670 DM und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 10.587 DM sowie sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 64.400 DM festgestellt. Durch gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1998 vom 9. Juli 2004 entfiel die Feststellung sonstiger Einkünfte. Die Einkünfte wurden auf die beiden Beteiligten zu je œ verteilt.

Ebenfalls am 3. November 2003 erließ der Beklagte einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999, in dem neben den bisherigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 17.641 DM Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 67.670 DM berücksichtigt wurden. Die Einkünfte wurden zu je œ auf die beiden Beteiligten verteilt.

Für das Jahr 2000 erließ der Beklagte am 3. November 2003 einen gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in dem die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf 50.000 DM und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 9.285 DM festgesetzt worden. Die Einkünfte wurden zu je œ auf die beiden Beteiligten verteilt.

Den Bescheiden war eine Anlage beigefügt, in der der Beklagte u. a. darlegt, dass die Flurstücke 00 und 02 (inzwischen parzelliert in 003, 005 und 007) einen landwirtschaftlichen Betrieb bildeten, da die Beteiligten der Grundstücksgemeinschaft diese verpachteten Flächen geerbt hätten und weder die Erblasserin noch die Beteiligten der Grundstücksgemeinschaft jemals eindeutig die Betriebsaufgabe erklärt hätten. Die Einlassung, der Betrieb sei bereits durch die Erblasserin aufgegeben worden, sei bisher nicht belegt worden. Die Flächen der Grundstücke 00 und 02 lägen deutlich über der Mindestgröße von 3.000 m², bei der von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werde könne.

Wegen der Belegenheit der Flurstücke 00 und 02 wird auf die Anlage 1 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 7. September 2004 (Blatt 13 der FG-Akte) Bezug genommen.

Die Kläger legten gegen die Feststellungsbescheide für 1998, 1999 und 2000 Einspruch ein. Die Einsprüche wurden durch Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte u. a. aus, dass die Einnahmen aus der Veräußerung des Grundstücks 00 und die Einnahmen aus der Einräumung von Nutzungen für die Flurstücke 00 und 02 zutreffend als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft behandelt und gemäß § 4 a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EStG wegen des für Landwirte geltenden abweichenden Wirtschaftsjahres vom 30. Juni bis 1. Juli auf jeweils zwei Kalenderjahre verteilt worden seien. Da die Kläger unstreitig nie selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet hätten, komme ein fortbestehender land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ausschließlich hinsichtlich der geerbten Flurstücke 00 und 02 in Betracht, da die Erben gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 AO insoweit steuerlich in die Rechtsstellung der Erblasserin eingetreten seien (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. April 1989, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1989, 863). Der Beginn der Betriebsverpachtung habe im Jahr 1950 gelegen, die Eigenbewirtschaftung sei aber bezüglich der nur noch in geringem Umfang betriebenen Rinderhaltung weitergelaufen. Ab 1957 sei dann die Eigenbewirtschaftung ganz eingestellt worden. Die Nutzungsänderungen und Umbauten der Wirtschaftsgebäude hätten erst nach Ende der Eigenbewirtschaftung und nicht in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Verpachtung begonnen. Nach dem BMF-Schreiben vom 1. Dezember 2000 IV A 6-U 5070-9700/00, BStBl I 2001, 1556) komme es weder durch den Verlust der Eigenschaft der Wirtschaftsgebäude als wesentliche Betriebsgrundlage noch durch deren späteren Umbau zu einer Zwangsbetriebsaufgabe, da insofern kein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Beginn der Verpachtung mehr bestehe. Die Umgestaltung des Stalles führe ferner deshalb nicht automatisch zu einer Betriebsaufgabe, weil die eigene Tierhaltung zuletzt nur noch einen sehr geringen Umfang gehabt habe. Zur Begründung dieser Rechtsauffassung beruft sich der Beklagte auf das BFH-Urteil vom 7. Mai 1998 IV B 31/97, Sammlung amtlicht nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1998, 1345. Auch wenn es der Voreigentümerin der streitigen Grundstücke gesundheitlich nicht mehr möglich gewesen sei, die Eigenbewirtschaftung jemals wieder aufzunehmen, so liege die Beweislast dafür, ob sie die Wiederaufnahme durch einen Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger ermöglichen wollte, nach dem Beschluss des BFH vom 20. Januar 1999 IV B 99/98, BFH/NV 1999, 1073 bei den Klägern als Gesamtrechtsnachfolgern der Voreigentümerin. Die Voreigentümerin sei bis zu ihrem Lebensende Eigentümerin von Flächen mit einer Gesamtgröße von 29.146 m² gewesen. Die Flächen hätten somit deutlich über der Mindestgröße für einen fortbestehenden landwirtschaftlichen Betrieb von 3.000 m² gelegen. Eine Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung durch einen Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger sei somit möglich gewesen. Da keine nach den äußeren Umständen objektiv erkennbare Betriebsaufgabe vorliege, könne von einer Betriebsaufgabe durch die Voreigentümerin grundsätzlich nur ausgegangen werden, wenn eine ausdrückliche Aufgabeerklärung abgegeben worden sei. Diese ausdrückliche Aufgabeerklärung sei durch die Kläger nachzuweisen. Da die parzellenweise Betriebsverpachtung bereits vor dem 15. April 1988 begonnen worden sei und die Voreigentümerin für den Veranlagungszeitraum 1988 steuerlich geführt worden sei, sei von einem Fortbestand des Betriebes auszugehen, wenn die Voreigentümerin innerhalb des Zeitraums von Beginn der Betriebsverpachtung bis zur Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 15. Oktober 1987, BStBl II 1988, 260 (Veröffentlichungsdatum 15. April 1988) eine Fortführungserklärung abgegeben und danach keine Betriebsaufgabe erklärt habe. Auch für die Frage, ob eine Fortführungserklärung abgegeben worden sei, läge die Beweislast bei den Klägern. In der Einkommensteuererklärung für 1988 seien für die Voreigentümerin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaf erklärt worden, was als Fortführungserklärung zu bewerten sei.

Die Kläger haben am 10. August 2004 Klage erhoben.

Zur Begründung der Klage berufen sie sich darauf, dass sie gemeinschaftliche Eigentümer der streitbefangenen Flurstücke 00 und ehemals 02 nunmehr 003, 005 und 007, als Gesamtrechtsnachfolger der am 12. Dezember 1992 verstorbenen Frau N seien.

Frau N sei in den 50ger Jahren Eigentümerin der Flurstücke 00, 02, 03, 04, 05, 07 und 08 mit einer Fläche von rund 7 ha gewesen. Sie habe den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb von ihren Eltern übernommen, nachdem ihr Bruder, der einzige Sohn ihrer Eltern, im Krieg gefallen sei. Weitere Nachkommen oder andere für eine Hofnachfolge in Frage kommende Personen seien nicht gefunden worden. Von den Eltern sei die Landwirtschaft mit Viehwirtschaft und Ackerbau betrieben worden. Als im Krieg der Sohn gefallen sei, der als Hoferbe den Hof habe fortführen sollen, hätten die damals schon betagten Eltern und die ledige Tochter den Hof notdürftig bewirtschaftet. Nach dem Tod des Vaters sei der Betrieb von Mutter und Tochter und nach dem Tod der Mutter in den 50er-Jahren von der Tochter fortgeführt worden. Seit dem Krieg sei die Landwirtschaft den Möglichkeiten der Betreiber u. a. durch Wegfall des Ackerbaus angepasst worden. Die betreffenden Teilflächen seien seit 1950 an benachbarte Landwirte verpachtet gewesen. Es müsse sich dabei um die Flurstücke 00, 02, 05, 07 und 08 gehandelt haben. Auf dem Flurstück 03 habe Frau N weiterhin Vieh gehalten. Im Jahr 1957 im Alter von ca. 50 Jahren habe Frau N wegen einer schweren Bandscheibenerkrankung ihre landwirtschaftliche Tätigkeit im Ganzen endgültig eingestellt und die noch verbliebenen vier Kühe und das noch vorhandene Restinventar veräußert. Die Restflächen seien an einen anderen Landwirt verpachtet und die Hofställe (Wohnhaus mit integriertem Stall und Scheune) an Wohnungssuchende und an einen Textilfabrikanten vermietet worden. Im Zuge der Betriebseinstellung habe Frau N den Stall umgebaut. Die Innenausstattung sei insoweit verändert worden, dass die Futtereinrichtung weggefallen sei, die Güllegrube verfüllt, die Güllezuführung und Tore, Türen und Fenster verändert worden seien, um die Räumlichkeiten einer Textilproduktion zugänglich machen zu können. Die Scheune sei zur Unterstellung von Wohnwagen vermietet worden und der bisherige Wohnteil sei aufgeteilt und an Wohnungsinteressenten vermietet worden. In den Folgejahren habe Frau N ausschließlich von den Miet- und Pachteinnahmen aus der Gebäudevermietung und der Landverpachtung gelebt, da ihr weitere Einnahmen zur Sicherung ihrer Existenz im Alter nicht zu Verfügung gestanden hätten.

Die Kläger sind der Ansicht, dass mangels eigener Rechtsnachfolger und des fortgeschrittenen Alters von Frau N im Jahr 1957 von einer Absicht zur Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht ausgegangen werden könne. Ein Verkauf der Grundstücksflächen sei im Jahre 1957 auf Grund der Kleinstbetriebsstruktur in der Bergischen Region und der unzureichenden Finanzkraft zur Finanzierung eines Erwerbs durch Nachbarn nicht möglich gewesen. In der Region K seien vorwiegend kleinere landwirtschaftliche Betriebe angesiedelt, die in den Folgejahren nach und nach aufgegeben worden seien, weil die Betriebe keine existenzsichernde Grundlage geboten hätten. Deshalb sei auf Grund der faktischen landwirtschaftlichen Verhältnisse in dieser Region für den landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr mit einer Wiederaufnahme der Betriebstätigkeit zu rechnen gewesen. Auch in der Person von Frau N selbst sei auf Grund des Alters, der persönlichen Konstitution und des Personenstandes die objektive Möglichkeit für die Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Betriebstätigkeiten nicht gegeben gewesen.

Zur Sicherung ihrer Existenz habe Frau N beständig versucht, Interessenten für die Veräußerung von Grundstücksflächen zu finden und habe schließlich in den 60-er Jahren die Flurstücke 07 und 08 (rund 2,3 ha) an einen Betriebsfremden verkauft. Soweit den Klägern bekannt, sei die Veräußerung von der Finanzverwaltung weder im Rahmen der laufenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft noch in sonstiger Weise steuerlich erfasst worden.

Auf Grund sehr weitläufiger verwandtschaftlicher Beziehung sei den Klägern Ende der 70-erJahre bekannt geworden, dass Frau N die ehemalige Hofstelle zur Alterssicherung veräußern wollte. Deshalb hätten sie im Jahr 1979 das Flurstück 04 mit Wohnhaus und ehemaligen Wirtschaftsteilen und das Flurstück 03 erworben. Das Flurstück 05 hätte Herr F G erworben. Soweit den Klägern bekannt, sei die Veräußerung von der Finanzverwaltung weder im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft noch in sonstiger Weise steuerlich erfasst worden. Im Jahre 1987 hätten die Kläger den Umbau des ehemaligen Scheunenteils in eine Wohnung abgeschlossen, die sodann von den Klägern bezogen worden sei.

Am 12. Dezember 1992 sei Frau N verstorben. Rechtsnachfolger bezüglich der Flurstücke 02 und 00 seien die Kläger geworden. Erst auf Grund des jahrelangen Zusammenlebens der Kläger mit Frau N in einem Haus sei bei Frau N die Entscheidung gereift, die Kläger bei ihrem Ableben zu ihren Rechtsnachfolgern zu bestimmen.

Für die Jahre 1988 bis 1992 seien von den Klägern nach Aufforderung durch die Finanzverwaltung Einkommensteuerklärungen für die verstorbene Frau N abgegeben worden, in denen für die verpachteten Flächen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in geschätzter Höhe angegeben worden seien.

Für die Jahre bis 1994 hätten sie in ihrer eigenen Einkommensteuerklärung lediglich die Einnahmen aus der Verpachtung der landwirtschaftlichen Fläche Flurstück 02 als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Im Jahr 1995 hätten sie die Flurstücke 07 und 08 wieder erwerben können und für die Jahre 1995 bis 1998 hätten sie auf Grundlage des Einheitswertbescheides auf den 1. Januar 1996 die Einnahmen aus Verpachtung für insgesamt 6,8 ha Stückländerei als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt, ohne jedoch einen landwirtschaftlichen Betrieb je geführt zu haben. Ab dem Jahr 1999 seien die Einnahmen aus der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen von den Klägern als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erklärt worden. Für das Jahr 1998 seien auf Grund getrennter Veranlagung für die Einnahmen aus Verpachtung keine land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte erklärt worden. Erst im Zuge des Rechtsbehelfverfahrens habe die Finanzverwaltung die Einkünfte aus landwirtschaftlicher Verpachtung ab dem Jahre 1998 gesondert und einheitlich festgestellt. Die Entschädigungszahlungen der X-GmbH für das Flurstück 02 und der Veräußerungserlös aus der Veräußerung des Flurstücks 00 an die X-GmbH seien von der Finanzverwaltung als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft klassifiziert worden.

Die Kläger sind der Ansicht, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb von Frau N im Jahre 1957 eingestellt worden sei. Die Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung seien bezüglich der Flurstücke 00 und 02 nicht erfüllt. Auf Grund subjektiver Momente, die in der persönlichen Alterszielsetzung von Frau N begründet gelegen hätten und auf Grund objektiver Momente, die in der persönlichen Situation von Frau N erkennbar gewesen seien (ledig, Bandscheibenerkrankung, keine Nachkommen, keine Fortführungsmöglichkeiten durch Nachbarn auf Grund der strukturellen Probleme der Kleinstbetriebe) sei eine Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebes durch einen Rechtsnachfolger in dem Umfang des Jahres 1957 objektiv nicht möglich gewesen. Sämtliche von Frau N im Jahr 1957 im Rahmen der Betriebseinstellung vorgenommenen Veränderungen hätten äußerlich erkennbar die endgültige Betriebseinstellung dokumentiert und eine Wiederaufnahmemöglichkeit des Kleinstbetriebes mit einen Investitionsaufwand für die Inventarbeschaffung und die Wiederherstellung der Hofstelle wirtschaftlich unmöglich gemacht. Zur Begründung dieser Rechtsansicht berufen sich die Kläger auf das BFH-Urteil vom 16. Dezember 1999 IV R 53/99.

Auch der Betrieb einer Stückländerei mit ca. 6 ha landwirtschaftlicher Fläche sei in der in dieser...Region üblichen und möglichen Mischwirtschaft (Ackerbau und Viehzucht) ohne Hofstellen nicht realisierbar (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 1999 IV R 65/98). Zwar habe der BFH die Möglichkeit einer Betriebsfortführung bei Vorliegen einer Stückländerei bejaht, in dem Entscheidungsfall sei es aber um eine Fläche von 32,5 ha gegangen, die mit Hilfe von Maschinen im Rahmen der Lohnbearbeitung habe bestellt werden können. Im Streitfall handele es sich jedoch um kleinere, zum Teil stark hängige Weide- und Ackerflächen. Daher seien die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung nicht erfüllt. Die Flurstücke 00 und 02 seien seit 1957 als Privatvermögen zu qualifizieren.

Außerdem seien auch nach Auffassung der Finanzverwaltung bis zur Bekanntgabe der BFH-Entscheidung vom 15. Oktober 1987, BStBl II 1988, 260 am 15. April 1988 die Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung dann nicht erfüllt gewesen, wenn die Verpachtung nicht als einheitliches Ganzes mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen an einen Pächter gegeben gewesen sei (vgl. koordinierten Ländererlass vom 17. Dezember 1965, BStBl I 1966, 34 Tz. 1). Die Finanzverwaltung sei in ihren Ländererlassen vom 17. Dezember 1965 davon ausgegangen, dass der Verpächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nur dann die Fortführung wählen konnte, wenn und solange eine Betriebsverpachtung im Ganzen vorgelegen habe. Die Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in der Weise, dass die einzelnen Grundstücksflächen an mehrere Pächter verpachtet worden seien, das lebende und tote Inventar veräußert und die Hofstelle mit den Gebäuden bei dem Verpächter verblieben sei, sei nach Ansicht der Finanzverwaltung einer Betriebsaufgabe gleichgekommen. Dies habe nur dann nicht gegolten, wenn die Verpachtung eine auf besonderen Umständen beruhende, vorübergehende Verpachtung darstellte, der Verpächter die Absicht gehabt habe, den Betrieb später wieder aufzunehmen und nach den gegebenen Verhältnissen diese Möglichkeit nach Ablauf der Pachtzeit auch hinreichend gesichert erschien. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die steuerlichen Veranlagungen von Frau N entsprechend der verwaltungsinternen Vorgabe durchgeführt seien und darin von einer Betriebsaufgabe im Jahr 1950 oder spätestens im Jahr 1957 ausgegangen worden sei. Erst mit einer Verfügung der OFD Münster vom 7. Januar 1991 sei die Finanzverwaltung unter Berücksichtigung der BFH-Entscheidung vom 15. Oktober 1987 in den Fällen der parzellenweisen Verpachtung von seiner Rechtsansicht abgerückt.

Das sogenannte Verpächterwahlrecht zur Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Ganzen sei erst durch die Entscheidung des Großen Senates des BFH (BFH-Beschluss vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 100) nach Abkehr von einer 25-jährigen Rechtsprechung zu den Grundsätzen des ruhenden Gewerbebetriebes im Ganzen entwickelt worden. In dieser Entscheidung gehe der Große Senat davon aus, dass der Steuerpflichtige gehalten sei, den Finanzbehörden gegenüber klar zum Ausdruck zu bringen, wie er sich nach der Verpachtung des Betriebes den weiteren Vorgang denke. Diese sogenannte alternativ mögliche Aufgabeerklärung habe dann Eingang in Abschnitt 39 EStR gefunden. Nach der vor 1963 geltenden Rechtsprechung zum ruhenden Gewerbebetrieb habe das Ruhen des Gewerbebetriebes zwar regelmäßig nicht die Aufgabe des Gewerbebetriebes bedeutet, sondern nur das Ruhen gewerblicher Einkünfte mit der Folge, dass lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt wurden. Man sei damals jedoch davon ausgegangen, dass die zum Zeitpunkt des Ruhens des Gewerbebetriebes vorhandenen stillen Reserven eingefroren und erst zu einem späteren Zeitpunkt versteuert werden mussten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung seien nur die bei Pachtbeginn vorhandenen stillen Reserven zu versteuern gewesen und diese hätten besonders festgestellt werden müssen, sodass sie dann bei einer späteren tatsächlichen Überführung der verpachteten Wirtschaftgüter in das Privatvermögen oder einer Veräußerung versteuert werden konnten. Übertragen auf den Streitfall bedeute dies, dass bei der von der Finanzverwaltung angenommenen Betriebsverpachtung im Ganzen die in 1950 bzw. 1957 begründeten stillen Reserven nur in Höhe der aus 1950 bzw. 1957 festgeschriebenen stillen Reserven besteuert werden dürften. Dies sei jedoch weder in den 60-er Jahren noch beim Verkauf weiterer Teilflächen und Hofflächen und des Wirtschafts- und Wohngebäudes im Jahre 1979 - soweit ihnen bekannt - geschehen.

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung könne in der Deklaration von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in den von den Rechtsnachfolgern im Jahre 1993 für Frau N für die Jahre 1988 bis 1992 abgegebenen Steuererklärungen keine Betriebsfortführungserklärung gesehen werden, wenn der Betrieb bereits in 1957 eingestellt worden sei. Wie auch die Finanzverwaltung in der Anlage zum Feststellungsbescheid für 1998 vom 3. November 2003 ausgeführt habe, hätten die Rechtsnachfolger weder beabsichtigt, den Betrieb fortzuführen, noch auf Grund ihrer beruflichen Situation den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb fortführen können. Mangels landwirtschaftlicher Betätigung scheide somit die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes aus und die Flurstücke 00 und 02 seien nicht als landwirtschaftliches Betriebsvermögen zu qualifizieren.

Entgegen der Ansicht des Beklagten komme es auf eine Fortführungserklärung im Streitfall nicht an, da der land- und forstwirtschaftliche Betrieb weder in der Person der Frau N noch mangels eines Rechtsnachfolgers von einer anderen Person fortgeführt werden sollte bzw. konnte.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

1. den Feststellungsbescheid für 1998 vom 9. Juli 2004 und die Feststellungsbescheide für 1999 und 2000, beide Bescheide vom 3. November 2003 und alle Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2004, bezüglich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aufzuheben,

2. hilfsweise, die Revision zuzulassen,

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte darauf, dass auch er davon ausgehe, dass ein fortbestehender landwirtschaftlicher Betrieb ausschließlich hinsichtlich der geerbten Flurstücke 00 und 02 in Betracht komme, da die Erben gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 AO insoweit steuerlich in die Rechtsstellung der Erblasserin eingetreten seien (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1989, BStBl II 1989, 863).

Die Betriebsverpachtung habe zwar bereits 1950 begonnen, eine Eigenbewirtschaftung in Form der noch in geringem Umfang betriebenen Rinderhaltung sei noch bis zur Einstellung der Eigenbewirtschaftung im Jahr 1957 erfolgt. Die Nutzungsänderungen und Umbauten der Wirtschaftsgebäude seien erst nach Beginn der Eigenbewirtschaftung und nicht mehr in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Beginn der Verpachtung begonnen worden. Nach dem BMF-Schreiben vom 1. Dezember 2000 IV A 6-O 5970-9700/00, BStBl I 2001, 1556, komme es weder durch den Verlust der Eigenschaft der Wirtschaftsgebäude als wesentlicher Betriebsgrundlage noch durch ihren späteren Umbau zu einer Zwangsbetriebsaufgabe, sofern kein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Beginn der Verpachtung mehr bestehe. Die Umgestaltung des Stalles führe nicht automatisch zu einer Betriebsaufgabe, weil die eigene Tierhaltung zuletzt nur noch in sehr geringem Umfang betrieben worden sei.

Aus Vereinfachungsgründen gehe die Finanzverwaltung bei Flächen von maximal 3.000 m² davon aus, dass, wenn nicht Sonderkulturen mit geringem Flächenbedarf vorlägen, eine Fortführung des Betriebes nicht möglich sei. Im Streitfall lägen die bis zum Lebensende von Frau N in deren Eigentum verbliebenen Flächen von insgesamt 29.146 m² (4.996 m² + 24.150 m²) deutlich über der Mindestgröße für einen fortbestehenden landwirtschaftlichen Betrieb (vgl. Erlass des FinMin NRW vom 26. April 1972 S. 2188 V B 2, EStG-Kartei NRW Fach 2 Nr. 1 Tz. 3 zu §§ 13, 13 a EStG). Im Streitfall sei somit eine Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung durch einen Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger weiterhin möglich gewesen. Auch wenn es der Frau N aus Gesundheitsgründen nicht mehr möglich gewesen sei, die Eigenbewirtschaftung wiederaufzunehmen, so liege die Beweislast dafür, ob sie die Wiederaufnahme durch einen Gesamtrechts- oder Einzelrechtsnachfolger weiterhin ermöglichen wollte, nach dem Beschluss des BFH vom 20. Januar 1999 IV B 99/98, BFH/NV 1999, 1073 bei den Klägern als Gesamtrechtsnachfolgern. Eine nach den äußeren Umständen objektiv erkennbare Betriebsaufgabe liege nicht vor, da die Größe der verbliebenen Flächen zur Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung ausgereicht habe. Daher könne von einer Betriebsaufgabe nur ausgegangen werde, wenn eine ausdrückliche Aufgabeerklärung nachgewiesen würde (BFH-Beschluss vom 7. Mai 1998 IV B 31/97).

Da die parzellenweise Betriebsverpachtung bereits vor dem 15. April 1988 begonnen habe und die Erblasserin für den Veranlagungszeitraum 1988 steuerlich geführt worden sei, sei von einem Fortbestand des Betriebes auszugehen, wenn die Erblasserin innerhalb des Zeitraums vom Beginn der Betriebsverpachtung bis zur Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 15. Oktober 1987 am 17. April 1988 eine Fortführungserklärung abgegeben und danach keine Betriebsaufgabe erklärt habe. Die Fortführungserklärung sei im Streitfall dadurch abgegeben worden, dass die Kläger in der von ihnen als Erben für die Erblasserin nachgereichten Einkommensteuererklärung für 1988 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt hätten.

Es sei zutreffend, dass das BFH-Urteil vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BStBl III 1964, 124, eindeutig die vorherige Rechtsauffassung des BFH bezüglich der Behandlung der stillen Reserven bei verpachteten Betrieben geändert habe. Vorher sei der BFH davon ausgegangen, dass mit dem Beginn einer Betriebsverpachtung die stillen Reserven eingefroren und dann bei einer späteren Betriebsaufgabe nur die zu Beginn der Verpachtung vorhandenen stillen Reserven zu versteuern gewesen seien. Daraus ergebe sich jedoch im vorliegenden Fall kein Vertrauensschutz, da im jeweils erstmaligen Bescheid des Beklagten über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft für keines der Streitjahre von der bis zum 13. November 1963 bestehenden Rechtslage ausgegangen worden sei.

Wenn die durch Frau N in den 60-er Jahren und in 1979 veräußerten Flächen nicht versteuert worden sein sollten, so könne dies auch daran liegen, dass mangels steuerlicher Auswirkung die laufenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht ausreichend überwacht worden seien. Eine Betriebsaufgabe sei damit nicht nachgewiesen.

Der Senat hat die Einheitswertakten des Finanzamts J für die land- und forstwirtschaftliche Einheit...Flur Nr. 04, 07 bis 08, 003 bis 008 und für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ..., Straße, EW-Nr....von Frau N N zum Verfahren hinzugezogen. Aus der Akte zur Einheitswert-Nr. ... ergibt sich u. a., dass Eigentümer des Betriebes im Jahr 1938 H N war und der Betrieb eine Fläche von 7 ha 83 ar und 71 m² umfasste. Mit Zurechnungsfortschreibung und Fortschreibungsveranlagung auf den 1. Januar 1958 wurde der landwirtschaftliche Betrieb nicht mehr Herrn H N sondern Frau N N zugerechnet. Mit Einheitswertbescheid (Hauptfeststellung auf den 1. Januar 1964) wurde für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft - Stückländerei - ..., Straße der Einheitswert auf 11.500 DM festgesetzt. Bei der Festsetzung wurde eine Hoffläche von 7 ha 55 ar und 6 m² berücksichtigt. Mit Einheitswertbescheid (Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1974) stellte das Finanzamt I für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft - Stückländerei - ..., Straße...den Einheitswert auf 7.900 DM fest. Dabei berücksichtigte es nur noch eine Fläche von 5 ha 31 ar und 9 m². Mit Einheitswertbescheid (Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1979) vom 26. Januar 1981 stellte das Finanzamt J für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ..., Flur , Nr. 00 und 01 den Einheitswert auf 3.900 DM fest. Bei der Einheitswertfeststellung berücksichtigte es nur noch eine Fläche von 2 ha 91 ar und 50 m². Mit Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1993) vom 13. September 1993 für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft - Stückländerei - ..., Flur ..., Nr. 00 und 02 stellte das Finanzamt J auf den 1. Januar 1993 fest, dass das Grundstück nicht mehr Frau N N sondern den Klägern zugerechnet wird. Wegen der weiteren Einzelheiten der Einheitswertakten wird auf diese Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Kläger aus den Grundstücken Gemarkung ..., Flur ..., Flurstücke 00 und 02 land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielt haben. Die im Verfahren ermittelten Indizien lassen nach Auffassung des Senates die Feststellung zu, dass die Rechtsvorgängerin der Kläger, Frau N N, den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bereits Ende der fünfziger Jahre aufgegeben hat.

Zwar liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes seit dem Urteil des Großen Senats vom 13. November 1963, GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, eine Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht schon dann vor, wenn der Landwirt die Selbstbewirtschaftung der eigenen Nutzflächen aufgibt und sie an andere Landwirte verpachtet, das lebende und tote Inventar verkauft und die Hofgebäude für andere Zwecke nutzt. Der Betrieb kann dann als sog. Verpachtungsbetrieb mit der Folge fortbestehen, dass alle Wirtschaftsgüter, einschließlich der verpachteten, Betriebsvermögen bleiben (BFH-Urteil vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303). In einem solchen Fall kann die Einstellung der bisherigen Betätigung entweder endgültig oder bloß eine vorübergehende Betriebsunterbrechung sein. Die Annahme einer bloßen Betriebsunterbrechung setzt voraus, dass objektiv die im wirtschaftlichen Eigentum des bisherigen Betriebsinhabers verbleibenden und in der Regel verpachteten Wirtschaftsgüter es erlauben, die unterbrochene Tätigkeit wieder aufzunehmen und fortzuführen; d.h. die Wiederaufnahme des Betriebs muss objektiv möglich sein, so dass eine Zwangsaufgabe nur anzunehmen ist, wenn keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden sind, die die Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit erlauben. Zusätzlich muss der Betriebsinhaber die Absicht haben, die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit künftig wieder aufzunehmen. Er muss die Betriebsfortführung aber nicht für die eigene Person planen. Es reicht aus, wenn die Absicht von einem Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger verwirklicht werden soll. Da es danach letztlich auf die subjektiven Absichten des Steuerpflichtigen ankommt, ist in den Fällen der Betriebsverpachtung eine bloße Betriebsunterbrechung anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige keine eindeutige Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem FA abgibt, es sei denn, aus den äußerlich erkennbaren Umständen ergibt sich, dass der Betrieb endgültig eingestellt werden soll. Der Steuerpflichtige trägt die sog. objektive Beweislast für seine Behauptung, durch die Verpachtung der bisher selbstbewirtschafteten Flächen sei der Betrieb aufgegeben worden (BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 IV B 99/98, BFH/NV 1999, 1073 m. w. N.).

Im Streitfall ist nach Ansicht des Senates auf Grund von Indizien davon auszugehen, dass die Rechtsvorgängerin der Kläger den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Ende der fünfziger Jahre aufgegeben hat. Zwar haben weder die Kläger irgendwelche Steuerunterlagen ihrer Rechtsvorgängerin vorlegen können noch hat der Beklagte außer der Einheitswertakte irgendwelche Steuerakten oder sonstige Informationen für die Zeit vor 1988. Auf Grund folgender Indizien geht der Senat jedoch davon aus, dass die Rechtsvorgängerin der Kläger den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bereits Ende der fünfziger Jahre aufgegeben hat und seitdem nicht wieder hat aufleben lassen:

Der Senat hält die Behauptung der Kläger, dass die unverheiratete, 1909 geborene Rechtsvorgängerin der Kläger Ende der fünfziger Jahre nicht in der Lage gewesen sei, den vom Vater 1957 übernommenen Hof zu bewirtschaften, für glaubhaft. Die Hofbewirtschaftung war zu dieser Zeit auf Grund des geringen Automatisierungsgrades mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden und die wirtschaftlichen Aussichten eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebes in dieser Region mit ca. 6 ha Ackerfläche und ca. 1,5 ha Grünland waren schlecht.

Auf Grund der damals geltenden Verwaltungsauffassung war die Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen durch die Rechtsvorgängerin der Kläger an verschiedene Pächter eindeutig als Betriebsaufgabe zu werten. Die Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorgenommenen Weise, dass die einzelnen Grundstücke an mehrere Pächter verpachtet wurden, das lebende und tote Inventar veräußert und ihr die Hofstelle mit den Gebäuden verblieb, war nach der damals geltenden Rechtsauffassung der Finanzverwaltung in der Regel eine Betriebsaufgabe. Nur wenn diese Verpachtung eine auf besonderen Umständen beruhende vorübergehende Maßnahme darstellte, der Verpächter die Absicht gehabt hat, den Betrieb später wieder aufzunehmen und nach den gegebenen Verhältnissen diese Möglichkeit nach Ablauf der Pachtzeit auch hinreichend gesichert erschien, was im Streitfall nicht vorliegt, wurde es als unbillig angesehen, die im Zeitpunkt der Verpachtung frei werdenden stillen Reserven der Besteuerung zu unterwerfen (vgl. den Erlass des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 17. Dezember 1965 S 2140 - 96 - 311, BStBl II 1966, 34). Gemäß den Verfügungen der OFDen Köln und Münster vom 7. Januar 1991 S 2230-17-St 121 soll es bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, die den Grund und Boden vor Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260 parzellenweise verpachtet haben und die nach der alten Verwaltungsauffassung als aufgegeben zu behandeln waren, grundsätzlich bei der Betriebsaufgabe bleiben (vgl. Juris-Dokument: FMNR073420091).

Zwar lässt sich heute nicht mehr feststellen, ob die Betriebsaufgabe damals erklärt wurde und ob sie überhaupt zu einer Einkommensteuerfestsetzung führte. Da aber bis zur Neuregelung der Bodengewinnbesteuerung durch das Zweite Steueränderungsgesetz 1971 die Entnahme des Grund und Bodens bei allen Land- und Forstwirten, bei denen der Gewinn nicht nach § 5 EStG, sondern nach § 4 Abs. 1 oder 3 EStG ermittelt wurde, auf Grund der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG in der damals gültigen Fassung nicht der Einkommensbesteuerung unterlag (vgl. Plückebaum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 4 Rdnr. A 102 ff. m. w. N.), ist fraglich, ob damals überhaupt ein steuerpflichtiger Aufgabegewinn entstand. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass in dem nur in geringem Umfang vorhandenen lebenden und toten Inventar oder in den Gebäuden größere stille Reserven enthalten waren. Angesichts der damaligen Rechtslage ist es verständlich, dass weder die Rechtsvorgängerin der Kläger noch die Finanzverwaltung irgendwelche Dokumente über die Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes aufgehoben haben.

Da auf der anderen Seite nichts dafür spricht, dass die Rechtsvorgängerin der Kläger den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht Ende der fünfziger Jahre aufgegeben sondern mit Fortführungsabsicht verpachtet hat, geht der Senat von einer Betriebsaufgabe der Rechtsvorgängerin der Kläger Ende der fünfziger Jahre aus. Die Rechtsvorgängerin der Kläger hatte keine Kinder, so dass sie den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht, wie das sonst häufig geschieht, mit der Intention verpachtet haben wird, dass er in der Zukunft wieder von Familienmitgliedern bewirtschaftet werden kann. Dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin bereit war, die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke zu veräußern, wenn sich die Gelegenheit bot, zeigt sich daran, dass sie in den sechziger Jahren zwei Parzellen und auch später noch weitere Parzellen veräußert hat. Für eine Fortführung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gab es für die Rechtsvorgängerin der Kläger auch keine steuerlichen Gründe. Wie oben bereits dargelegt, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass in dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nennenswerte steuerpflichtige stille Reserven enthalten waren. Bewertungsrechtlich galt die Stückländerei der Rechtsvorgängerin weiter als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, so dass eine Fortführung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes auch nicht zu einer niedrigeren Grundsteuerbelastung geführt hätte.

Da der Senat auf Grund von Indizien feststellen konnte, dass die Rechtsvorgängerin der Kläger den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bereits Ende der fünfziger Jahre aufgegeben hat, kann er offen lassen, ob im Streitfall zugunsten der Kläger ein Beweis des ersten Anscheins eingreift, ob das Beweismaß auf Grund des langen Zeitablaufs und der damals anderen Rechtauffassung herabgesetzt ist oder ob die sog. objektive Beweislast für die Behauptung, durch die Verpachtung der bisher selbstbewirtschafteten Flächen sei der Betrieb aufgegeben worden, auf Grund der damals anderen Rechtsauffassung beim Beklagten liegt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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