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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.06.2004
Aktenzeichen: 3 K 4577/02 GE
Rechtsgebiete: ErbStG, GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 1
GrEStG § 2 Abs. 2 Nr. 1
GrEStG § 3 Nr. 2
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 9.10.1995, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet und ins Handelsregister eingetragen. Die Stammeinlage war von dem alleinigen Gesellschafter der Klägerin, dem im Jahre 1901 gegründeten gemeinnützigen Verein (im folgenden B), in bar zu erbringen. Ausweislich seiner Satzung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, verfolgt B unter anderem den Zweck, notleidenden und bedrängten Menschen medizinische Hilfe zu bieten. Zweck der Klägerin war ausweislich des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages, der in der Folgezeit in für den Streitfall nicht relevanten Punkten geändert worden ist, unter anderem die Unterhaltung eines Krankenhauses.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20.12.1996, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, bestellte B an seinem mit einem Krankenhaus bebauten Grundstück der Klägerin ein Erbbaurecht, für das ein Erbbauzins nicht zu entrichten war.

Der Beklagte nahm einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang an. Den Wert der Gegenleistung bestimmte er gem. § 8 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG- nach dem Wert des Erbbaurechts. Mit Bescheid vom 19.12.2001 setzte er Grunderwerbsteuer fest.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trägt die Klägerin vor:

Es handele sich um einen nach dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz -ErbStG- steuerbaren, aber steuerfreien Vorgang. Sachverhalte, die dem ErbStG unterfielen, seien von der Grunderwerbsteuer gem. § 3 Nr. 2 GrEStG ausgenommen. Der angefochtene Steuerbescheid sei deshalb aufzuheben.

Zwar sehe der Bundesfinanzhof (-BFH-) Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft regelmäßig nicht als freigiebige Zuwendung an, wenn die Zuwendung in rechtlichem Zusammenhang mit dem Gesellschaftszeck stehe. Der Beklagte gehe jedoch zu Unrecht davon aus, dass dieser Zusammenhang vorliegend bestehe. Um der GmbH den Krankenhausbetrieb zu ermöglichen, sei nicht die Bestellung eines Erbbaurechtes notwendig gewesen, sondern die Überlassung der Gebäude auf schuldrechtlicher Basis (Miete, Verpachtung) hätte ausgereicht. Dieser Vorgang wäre nicht grunderwerbsteuerpflichtig gewesen. Auch hätte B einen weiteren gemeinnützigen Verein gründen und diesem das Krankenhaus zum Betrieb übertragen können, was ebenfalls grunderwerbsteuerfrei möglich gewesen wäre. Es könne aber nicht entscheidend sein, in welcher Rechtsform der Zuwendungsempfänger organisiert sei.

Die Klägerin beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid aufzuheben, bei Klageabweisung die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor:

Die unentgeltliche Einräumung des Erbbaurechts sei keine Schenkung an die Klägerin, sondern als Einlage des Alleingesellschafters B anzusehen. Zwar sei die Zuwendung wegen der Gemeinnützigkeit der Klägerin nicht zum Zweck der Steigerung künftiger Gewinne des B erfolgt, wohl aber dazu, der Klägerin die Erreichung ihres Gesellschaftszweckes zu ermöglichen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Absatz 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Rechtsvorgang vom 20.12.1996 unterliegt der Grunderwerbsteuer. Nach § 1 Abs. 1 GrEStG unterliegen die in der Vorschrift genannten, auf die Übertragung des Eigentums an einem inländischen Grundstück gerichteten oder diese Übertragung herbeiführenden Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer. Den Grundstücken stehen Erbbaurechte gleich (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Der Grundstückseigentümer B hat sich im Vertrag vom 20.12.1996 zur Bestellung eines Erbbaurechtes verpflichtet.

Der Rechtsvorgang ist nicht gem. § 3 Nr. 2 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, da die Einräumung des Erbbaurechtes keine Grundstücksschenkung im Sinne des ErbStG ist.

Nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt eine Schenkung unter Lebenden eine freigiebige Zuwendung voraus, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Die Klägerin ist nicht auf Kosten des B bereichert. Durch die Zuwendung des Erbbaurechts hat sich zwar das Vermögen der Klägerin vermehrt, das des B aber nicht vermindert. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes ( Urteil vom 21.01.1943, III e 38/41, Reichssteuerblatt 1943,589), der sich der Senat anschließt, können Zuwendungen des (Allein-) Gesellschafters an seine Gesellschaft keine Schenkung sein, weil die durch die Zuwendung eingetretene Vermögensminderung dadurch kompensiert wird, dass der Gesellschaftsanteil entsprechend im Wert steigt.

Auch das Tatbestandsmerkmal der Freigiebigkeit der Zuwendung ist nicht erfüllt. Von "Freigiebigkeit" kann nur ausgegangen werden, wenn der Geber dem Empfänger nach dem Inhalt des Geschäfts eine Bereicherung um der Bereicherung willen und nicht zur Regelung sonstiger rechtlicher Beziehungen zukommen lassen will. Die Schenkung ist als ein eigenständiges Geschäft anzusehen, das zwar in Verbindung mit arbeitsrechtlichen, familienrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Geschäften vorkommen kann, jedoch nicht schon allein wegen einer diesen Geschäften inhärenten unentgeltlichen Vermögensmehrung in diese Geschäfte hinein interpretiert werden darf (Meincke, ErbStG 11. Auflage 1997 § 7 Rz. 82).

Im Streitfall handelte sich um eine Zuwendung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen. Der Alleingesellschafter B hat der Klägerin unentgeltlich notwendiges Betriebsvermögen überlassen. Das Erbbaugrundstück nebst den darauf stehenden Gebäuden diente unmittelbar dem Unternehmen der Klägerin (vgl. zum Begriff des notwendigen Betriebsvermögens Schmidt/Heinicke § 4 Rz. 104), deren Gesellschaftszweck die Führung und Unterhaltung des Krankenhauses war. Es würde eine der Verkehrsauffassung widersprechende Beurteilung sein, wollte man die unentgeltliche Ausstattung einer Gesellschaft mit den zur Betriebsführung notwendigen Mitteln durch ihren Gesellschafter als steuerpflichtige Schenkungen ansehen.

Soweit die Klägerin einwendet, sie hätte ihren Betrieb auch mit gemieteten Räumen führen können, rechtfertigt dies keine andere schenkungssteuerliche Beurteilung des Sachverhaltes. Der dahinter stehende Gedanke, jede Ausstattung der Gesellschaft durch ihren Gesellschafter, die über das zur Betriebsführung unbedingt notwendige Maß hinaus geht, sei eine Schenkung, lässt sich weder dem Gesetz (vgl. § 7 ErbStG und die obigen Ausführungen zur Freigiebigkeit der Zuwendung), noch der allgemeinen Anschauung über den Begriff "Schenkung" entnehmen. Es wäre auch ein befremdendes Ergebnis. Da jeder Betrieb mit (vom Gesellschafter) gemieteten/geleasten/gepachteten Gegenständen geführt werden kann, wäre im Falle der Übereignung von zur Betriebsführung verwendeten Gegenständen, mithin bei jeder Einlage, ein steuerpflichtiger Vorgang nach dem ErbStG anzunehmen. Eine derartige Ausweitung des Begriffs der Schenkung wird weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung vertreten und vom erkennenden Senat als unzutreffend angesehen.

Der Einwand der Klägerin, die Festsetzung der Grunderwerbsteuer sei im Streitfall nicht rechtsformneutral, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes. Unabhängig von der Frage, ob eine Steuer überhaupt rechtsformneutral sein muss (vgl. etwa Beschluss des BFH vom 3. 12. 2003 IV B 192/03 Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFHE- 204,290, in dem die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuerpflicht einer freiberuflich tätigen GmbH bejaht wird, obwohl die Gewerbesteuerpflicht allein an die Rechtsform des Unternehmens anknüpft), greift das Argument der Klägerin schon aus anderen Gründen nicht. Ihr ist zwar beizupflichten, dass möglicherweise bei der Übertragung auf einen anderen gemeinnützigen Verein Grunderwerbsteuer wegen des Vorranges des ErbStG nicht angefallen wäre. Dies hat seinen Grund aber nicht etwa darin, dass die Grunderwerbsteuer an eine bestimmte Rechtsform anknüpft. Ursache ist vielmehr allein, dass bei dieser Gestaltung tatsächlich eine Schenkung vorläge. Anders als bei der Übertragung auf eine GmbH wird die Vermögensminderung des Zuwendenden nicht ausgeglichen, da es einen dem GmbH- Anteil entsprechenden Anteil am Vereinsvermögen, dessen Wert gesteigert werden könnte, nicht gibt.

Sonstige Gründe, aus denen die Grunderwerbsteuerfestsetzung rechtswidrig sein könnte, sind weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Zwar hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg (Urteil vom 16.12.2003 3 K 899/02 Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2004,835) in einem vergleichbaren Fall, in dem es die Klage mit nahezu identischer Begründung wie der erkennende Senat abgewiesen hat, die Revision zugelassen.

Der Senat sieht gleichwohl die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht als erfüllt an.

Es wurde weder von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes noch von der eines anderen Finanzgerichtes abgewichen.

Die Rechtsfrage, ob Leistungen (Einlagen) der (Allein-) Gesellschafter an ihre Kapitalgesellschaft als Zuwendungen unter Lebenden der Schenkungssteuer unterliegen, ist höchstrichterlich geklärt (vgl. etwa Urteile des Reichsfinanzhofes vom 20.12.1927 V e A 548/27 Reichssteuerblatt 1928,101 und vom 21.1.1943 III e 38/41 Reichssteuerblatt 1943,589) und in der Literatur ersichtlich nicht umstritten (vgl. etwa Meincke ErbStG § 7 Rz. 72 ff und die umfassende Darstellung der aktuellen Literatur bei Claßen, Anmerkung zu FG Brandenburg vom 16.12.2003, EFG 2004,837).

Der Senat geht nicht davon aus, dass wegen der Gemeinnützigkeit der Klägerin andere als die oben dargestellten Grundsätze zur Anwendung kommen könnten. Es ist nicht ersichtlich, dass der Begriff "Schenkung", um dessen Beurteilung es für die Frage des Vorranges des ErbStG allein geht, je nach der Person des Zuwendungsempfängers unterschiedlich definiert werden kann. § 7 ErbStG sieht eine solche Differenzierung nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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