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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 25.07.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 1196/04
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 6
Es erscheint zweifelhaft, ob ein Arbeitgeber, der in seinem Versorgungsversprechen keine Aussage darüber macht, wie sich die Betriebsrente im Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme berechnet, diese weiterhin ein zweites Mal nach dem m/n-tel Prinzip kürzen kann. Jedenfalls erscheint es nur zulässig, den statistisch geschuldeten Gesamtbetrag der Rente anteilig auf die längere Bezugsdauer zu verteilen. Die Betriebszugehörigkeit ist kein Maßstab für die Mehrkosten, die durch den früheren Rentenbezug ausgelöst werden.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.06.2004 -3 Ca 6875/03 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die richtige Berechnung der vom Kläger mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommenen vorgezogenen Betriebsrente. Der Kläger war insgesamt 28 Jahre Vorstandsmitglied der früheren V A S e . Mit Wirkung zum 03.09.2001 verschmolz diese mit der jetzigen Beklagten. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr Vorstand, sondern lediglich leitender Angestellter mit Prokura. Aufgrund einer eingetretenen Schwerbehinderung endete das Vertragsverhältnis zum 31.07.2003. Ab 01.08.2003 bezog der Kläger Altersrente nach § 35 SGB VI. Dem Kläger war mit Datum vom 07.01.1977 eine Versorgungszusage erteilt worden. Diese sah den Beginn der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit mit dem 01.10.1975 vor. Die Zusage war endgehaltsbezogen und belief sich auf 75 % des pensionsfähigen Gehaltes. Als Versorgungstatbestände waren unter Nr. 1 der Versorgungszusage zum einen die Berufungsunfähigkeit genannt, zum anderen das Erreichen der Altersgrenze gemäß § 12 des Dienstvertrages. Dies war die Vollendung des 65. Lebensjahres. Auf die Versorgungszusage wurden diejenigen Ansprüche aus der Sozialversicherung angerechnet, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitsgebers beruhten. Im Jahre 1997 ergab sich erstmals die Möglichkeit, dass die ursprüngliche Arbeitgeberin mit einer oder mehreren anderen Genossenschaftsbanken fusionieren könnte. Für diesen Fall hielten es die damaligen Arbeitsvertragsparteien für möglich, dass der Kläger nicht mehr in der Funktion eines Vorstandsmitglieds eingesetzt werden würde, sondern auf der Ebene eines Arbeitnehmers mit Gesamtprokura. Dieser Einsatz hätte dann zur Folge, dass die Vergütung gegenüber der bereits erreichten Vergütung als Vorstandsmitglied absinken könnte. Bezogen auf die endgehaltsorientierte Versorgungszusage hätte die Absenkung der Vergütungshöhe damit den Verlust der bis dahin bereits erreichten Versorgungsanteile aufgrund der bis zum Zeitpunkt der Fusion als Vorstandsmitglied erreichten Vergütungshöhe beinhaltet. Deswegen unterzeichneten die Parteien am 24.04.1997 einen Nachtrag zum Dienstvertrag, der die denkbaren Optionen bei einer Fusion der Arbeitgeberin mit einer anderen Bank und bei Nichtweiterbeschäftigung des Klägers als Vorstandsmitglied regelte. Für die Versorgungszusage war unter Nr. 5 Folgendes geregelt: "Die laut Versorgungsvertrag zugesagte Altersversorgung von 75 % des letzten pensionsfähigen Gehaltes unter Anrechnung der Ansprüche aus der BfA-Rente bleibt erhalten; jedoch in eine Tätigkeitszeit als Vorstandsmitglied und als Angestellter mit reduzierten Bezügen gesplittet. Die bisher erdienten Ansprüche sollen voll bis zum Wirksamwerden der Fusion erhalten bleiben. Das bedeutet: 1) mögliche Dienstzeit bis zum 65. Lebensjahr

01.08.2008 gleich 34 Jahre,

7 Monate = 415 Monate

2) zurückgelegte Dienstzeit bis zum Wirksamwerden der Fusion = X Monate.

In diesem Verhältnis (m/n-tel Methode) des erreichbaren Endanspruches ist der Pensionsanspruch aus dem pensionsfähigen Gehalt als Vorstandsmitglied erdient und bleibt erhalten.

Dieser Anspruch kürzt sich noch um den für diesen Zeitraum anfallenden Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Restbetrag der Pension ergibt sich aus dem 75 %-igen Anspruch aus dem verringerten, pensionsfähigen Jahresgehalt. Die anteilige Ermittlung erfolgt ebenfalls nach der obigen m/n-tel Methode."

Am 06.04.2001/30.04.2001 schlossen die Parteien des Rechtsstreits einen Anstellungsvertrag im Hinblick auf die bevorstehende Verschmelzung mit der bisherigen Arbeitgeberin. Einleitend vor den in Paragraphen gegliederten Regelungsgegenständen des Anstellungsvertrages legten die Parteien Folgendes nieder: Beendigung des Dienstverhältnisses

"Das Dienstverhältnis endet spätestens am Ende des Monats, in dem Herr O das 65. Lebensjahr vollendet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Herr O verpflichtet sich zum frühestmöglichen Zeitpunkt Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu beantragen, soweit dies zu einer gesetzlichen Dauerrente führt und infolge dessen gem. § 6 BetrAVG die betriebliche Altersversorgung zu gewähren ist. Mit dem Zeitpunkt dieses Rentenbeginns endet das Dienstverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf."

Hinsichtlich der Pensionszusage regelten die Parteien im Vertrag, dass die bisherige Pensionszusage einschließlich der hierzu getroffenen weiteren Regelungen weiterhin Anwendung findet und der Kläger nicht unter die bis dahin eigenständige Versorgungsordnung der Beklagten fällt.

Der Kläger stellte die Arbeitsleistungen zum 31.07.2003 ein, da er seit 01.08.2003 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht. Die Beklagte berechnete die Betriebsrente wie folgt:

Zunächst ermittelte sie die Durchschnittsvergütung der letzten 12 Monate der Vorstandstätigkeit, d.h. die Durchschnittsvergütung für die Zeit vom 01.09.2000 bis 31.08.2001 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 100.345 EUR. Für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.07.2003 betrug die Jahresvergütung 83.635 EUR. Die Zeit bis zum Vollendung des 65. Lebensjahres setzte die Beklagte rechnerisch richtig mit 394 Monaten fest. Hierauf entfielen 311 Monate der tatsächlich durchgeführten Vorstandstätigkeit sowie 83 Monate, die der Angestelltentätigkeit zugerechnet wurden. Dementsprechend ergab sich ein pensionsfähiges Gehalt, das sich zu 78,93 % aus der Vorstandstätigkeit und 21,07 % aus der Angestelltentätigkeit zusammensetzte. Hiervon wurden 75 % = 72.618 EUR als pensionsfähiges Gehalt zugrundegelegt. Diese Summe kürzte die Beklagte zunächst einmal nach § 2 BetrAVG nämlich im Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit von 334 Monaten zur geschuldeten Gesamtdienstzeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von 394 Monaten. Diese Kürzung hat der Kläger mit der Berufung nicht mehr angegriffen. Darüber hinaus kürzte die Beklagte die Versorgung weiterhin um einen monatlichen Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente. Dies sind insgesamt 18 % von 5.129,92 EUR = 923,39 EUR. Diesen Betrag macht der Kläger mit der Berufung noch geltend. Er ist der Ansicht, dass sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergebe, dass diese Kürzung unzulässig sei. Auch vertritt er weiterhin die Ansicht, die Beklagte habe ihn vor Eintritt in den Ruhestand auf diese Kürzungsmöglichkeit hinweisen müssen. Zu keinem Zeitpunkt sei bei der Verhandlung über den Nachtrag zum Dienstvertrag vom 24.04.1997 oder zum Anstellungsvertrag vom 30.04.2001 von dieser Kürzungsmöglichkeit die Rede gewesen.

Der Kläger vertritt auch die Ansicht, dass die Beklagte die Versorgungsleistungen auch nicht ein zweites Mal nach dem m/n-tel Prinzip aus § 2 BetrAVG im Sinne eines sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlags kürzen dürfe. Bei Zulässigkeit einer solchen Kürzung ergibt sich eine rechnerisch um 142,18 EUR monatlich höhere Betriebsrente, als sie derzeit von der Beklagten geleistet wird. Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.06.2004 - 3 Ca 6875/03 - 5.540,34 EUR brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2003, 01.10.2003, 01.11.2003, 01.12.2003, 01.01.2004 und dem 01.02.2004 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie vertritt die Ansicht, dass sie grundsätzlich die Kosten, die dadurch zusätzlich auf sie zukämen, dass der Kläger vor Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf Betriebsrente nach § 6 BetrAVG realisiert, auf den Kläger umlegen könne. Durch die vorzeitige Inanspruchnahme dürfe eine Mehrbelastung des Arbeitgebers nicht eintreten. Sie hat zunächst die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dahin verstanden, dass ein echter versicherungsmathematischer Abschlag neben der einmaligen Kürzung aus § 2 BetrAVG auch dann erstmals bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden könne, wenn dieser vorher in der Versorgungsordnung nicht niedergelegt war. Hilfsweise stellt sie die Berechnung der Mehrbelastung durch die vorgezogene Rente aufgrund der Sterbetafel von Heubeck dar. Im Übrigen vertritt sie die Ansicht, dass weitergehende Aufklärungs- und Hinweispflichten gegenüber dem Kläger nicht bestanden haben und sich insbesondere aus dem ersten Nachtrag zum Dienstvertrag vom 24.04.1997 ergebe, dass die Parteien des Arbeitsvertrages und der ursprünglichen Versorgungszusage auch im Jahr 1997 noch das 65. Lebensjahr als feste Altersgrenze festgeschrieben haben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere der geäußerten Rechtsansichten wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein höherer Betriebsrentenanspruch als derzeit von der Beklagten geleistet wird nicht zu. Deshalb bedurfte auch der Zinsantrag nicht der Auslegung dahingehend, dass der Kläger möglicherweise statt 5 % Zinsen tatsächlich 5 Prozentpunkte Zinsen begehrt und dass möglicherweise versehentlich die Klarstellung unterblieben ist, dass die Zinsen aus je 923,39 EUR monatlich begehrt werden. Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte berechtigt ist, Mehrbelastungen, die sich ihrer Ansicht nach daraus ergeben, dass der Kläger bereits 60 Monate vor Vollendung des 65. Lebensjahres einen Rentenanspruch gegen die Beklagte erworben hat, auf diesen umzulegen. Voraussetzung einer solchen Rentenkürzung ist zunächst, dass es sich überhaupt um eine vorzeitige Altersleistung im Sinne des § 6 BetrAVG handelt. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn das Betriebsrentenversprechen für den Bezug der Vollleistung eine andere Altersgrenze als das 65. Lebensjahr vorsehen würde. Tatsächlich haben die Parteien des Arbeitsvertrages und des Versorgungsversprechens dieses allerdings an das Erreichen des 65. Lebensjahres gebunden. Nur für den Fall der Invalidität soll es nicht auf das Erreichen eines bestimmten Lebensalters ankommen. Der Kläger bezieht allerdings keine Invalidenrente, d.h. keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sondern eine Regelaltersrente, deren Beginn lediglich aufgrund der Schwerbehinderung vorgezogen ist. Aus den vertraglichen Regelungen sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Parteien während des Laufs des Arbeitsverhältnisses die feste Altersgrenze des 65. Lebensjahres für den Vollbezug der Rente herabgesetzt hätten. Insbesondere auf der Vereinbarung vom 24.04.1997 ergibt sich, dass die Parteien auch zu diesem Zeitpunkt noch von dem Erreichen des 65. Lebensjahres ausgegangen sind. Damit ist insgesamt festzustellen, dass die Parteien kein anderes Lebensalter als das 65. Lebensjahr für einen Anspruch auf vollen Bezug der Versorgungsleistung zugrundegelegt haben. Die vertraglichen Regelungen sind auch nicht dahingehend auszulegen, dass die Beklagte auf eine Kürzungsmöglichkeit wegen des vorgezogenen Bezugs der Rente verzichtet hätte. Ein solcher Verzicht auf die Kürzungsmöglichkeit ergibt sich insbesondere nicht deshalb, weil in der Versorgungsordnung eine solche Kürzungsmöglichkeit ausdrücklich nicht enthalten ist. Insoweit folgt das Landesarbeitsgericht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die für Arbeitgeber, die ihre Versorgungsordnung bislang nicht ausdrücklich an § 6 BetrAVG angepasst haben zumindest bis zur Ankündung einer Rechtsprechungsänderung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten Anwendung finden muss. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 11.09.1980 - 3 AZR 185/80 - (AP Nr. 3 zu § 6 BetrAVG) die Ansicht vertreten, dass Versorgungszusagen, die eine eigenständige Gestaltung der Regelung der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nicht enthalten, durch die Einführung von § 6 BetrAVG lückenhaft und ergänzungsbedürftig geworden sind. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht bislang ständig aufrecht erhalten. Deshalb ergab sich für Arbeitgeber, die eine eigene Gestaltung insbesondere für Neuzusagen nicht vornehmen wollten, ein Vertrauensschutz dahingehend, dass es auch bei einem Schweigen der Versorgungsordnung möglich ist, die Verteuerung der Betriebsrente, die dadurch eintritt, dass durch § 6 BetrAVG entgegen der Versorgungsordnung ein früheres Bezugsdatum und damit eine längere Bezugszeit begründet werden, auszugleichen. Zwar kann die Ansicht vertreten werden, dass, nachdem diese Regelung im BetrAVG nunmehr 30 Jahre in Kraft ist, der Vertrauensschutz auf Arbeitgeberseite möglicherweise hinter dem Klarstellungsinteresse auf Arbeitnehmerseite zurücktreten muss. Denn mit der ungeschriebenen und durch die Rechtsprechung eingeführten Kürzungsmöglichkeit ergibt sich ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit der betroffenen Arbeitnehmer, die weder durch Einsichtnahme in das Gesetz noch in die für sie anwendbare Versorgungsordnung erkennen können, dass sie bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente einer weiteren Kürzung ihres Anspruchs unterliegen. Bedenken an der schrankenlosen Fortführung der stillschweigenden Kürzungsmöglichkeit ergeben sich zudem auch aus § 305 c Abs. 2 BGB (vgl. Reineke, Hinweis- Aufklärungs- und Beratungspflichten im Betriebsrentenrecht, Recht der Arbeit 2005, Seite 129). Insbesondere da das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 23.01.2001 - 3 AZR 164/00 - (NZA 2002, Seite 93) noch zum Ausdruck gebracht hat, dass Arbeitgeber sich auf den Fortbestand der Rechtsprechung verlassen können, nach der sie auch ohne ausdrückliche Aufnahme der Kürzungsmöglichkeit in die Versorgungsordnung zu einer weiteren Kürzung der Versorgungszusage bei vorzeitiger und längerer Inanspruchnahme berechtigt sind, erscheint es jedenfalls ohne Ankündigung einer Rechtsprechungsänderung nicht möglich, die Kürzungsmöglichkeit im vorliegenden Versorgungsverhältnis ersatzlos entfallen zu lassen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist allerdings eine Anpassung des Versorgungsversprechens, wie es die Beklagte vorgenommen hat, nämlich durch Einführung eines echten versicherungsmathematischen Abschlags von 0,3 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nicht zulässig (BAG vom 13.03.1990 - 3 AZR 398/89 - NZA 190, Seite 692). Das Bundesarbeitsgericht hat sich seit dieser Entscheidung ununterbrochen dafür eingesetzt, dass der Arbeitgeber die für ihn durch die vorzeitige Inanspruchnahme eintretende Mehrbelastung nicht durch die Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlags im Rentenfall vornehmen darf, sondern lediglich zweimal die ratierliche Kürzung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG durchführen kann. Vorliegend würde dies zu einem um 142,18 EUR höheren Betriebsrentenanspruch führen als die Beklagte derzeit leistet. Die Höhe dieser Summe ist rechnerisch und sachlich unstreitig. Das Landesarbeitsgericht hegt allerdings Bedenken, dass eine zweifache m/n-tel Kürzung nach § 2 BetrAVG die Mehrbelasung des Arbeitgebers durch die vorgezogene Rente tatsächlich richtig wiedergibt. Denn insbesondere bei endgehaltsbezogenen Rentenzusagen gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem Kürzungsprozentsatz, der sich aus dem Verhältnis von gesamtgeschuldeter Betriebszugehörigkeit zur Dauer des vorgezogenen Rentenbezuges ergibt und den Kosten der vorgezogenen Rente. Denn die Mehrkosten, die sich für den Arbeitgeber aus der früheren und damit auf die Gesamtzeit der Rentenbelastung auch längeren Rentenzahlung ergeben stehen allein in einem rechnerischen Verhältnis zu dem Betrag, den der Arbeitgeber aufgrund seiner Zusage für die Zeit ab Vollendung seines 65. Lebensjahres schuldet. Wie das BAG in den o.g. Entscheidungen ausgeführt hat, regelt § 6 BetrAVG nicht, wie die Mehrbelastung für den Arbeitgeber ausgeglichen werden soll. Dies setzt aber voraus, dass nur die Mehrbelastung und genau diese ausgeglichen wird. Damit ist es nach Ansicht der erkennenden Kammer ausgeschlossen, einen Faktor zugrundezulegen, der mit der bis zur Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder bis zum vorgezogenen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zurückgelegten Betriebszugehörigkeit zusammenhängt. Um die Überlegungen der Kammer zu verdeutlichen soll anhand eines Beispielfalles erklärt werden, wie die Kammer zu dem vorliegenden Prozessergebnis gelangt ist. Es soll unterstellt werden, dass zwei Arbeitnehmer nach vorgezogenem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und bereits durchgeführter Kürzung nach § 2 BetrAVG jeweils eine aufrechterhaltene Anwartschaft von 1.000 EUR als Betriebsrente erwarten können. Der eine der Arbeitnehmer hat hierfür allerdings lediglich 20 Jahre im Betrieb zugebracht, der andere Arbeitnehmer 30. Beide Arbeitnehmer nehmen die vorgezogene Altersrente 60 Monate früher (d.h. 5 Jahre) in Anspruch. Aus Sicht des Arbeitgebers ist die Mehrbelastung die durch die vorgezogene Inanspruchnahme ausgelöst wird identisch. Denn bei beiden Arbeitnehmern kann mit der gleichen statistischen Lebenserwartung gerechnet werden, beide hätten in Summe ab dem 65. Lebensjahr die gleiche Betriebsrente zu erwarten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei dem Mitarbeiter, der vor seinem Ausscheiden 20 Betriebszugehörigkeitsjahre aufweisen kann die Betriebsrente um insgesamt 1/5 zu kürzen (maximale Betriebszugehörigkeit 25 Jahre). Bei dem Mitarbeiter der zuvor 30 Jahre im Betrieb war, wird die Rente nur um 1/7 verringert (maximale Betriebszugehörigkeit 35 Jahre). Dies obwohl die Kostenerhöhung in beiden Fällen gleich ist. Die zweimalige Kürzung nach dem m/n-tel Prinzip stellt deshalb keinen an der Mehrbelastung orientierten Ausgleich dar. Gestattet man dem Arbeitgeber, die Mehrbelastungen, die aus § 6 BetrAVG resultieren, aber auch nur diese, durch eine Rentenkürzung auszugleichen, so ist wie folgt vorzugehen: Zunächst ist der Gesamtbetrag festzustellen, der sich im Mittel bei einer üblichen Lebenserwartung ab dem 65. Lebensjahr für den Betriebsrentner noch ergeben würde. Die Beklagte hat hierzu nach den Sterbetafeln von Heubeck mitgeteilt, dass die Lebenserwartung eines durchschnittlichen 60jährigen männlichen Altersrentners 20,3043 Jahre betrug. Nach dem ursprünglichen Versorgungsversprechen brauchte die Beklagte ihre Betriebsrente jedoch nur für voraussichtlich 15,3043 Jahre zu erbringen, nämlich nur für die Zeit ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Unter Berücksichtigung der effektiven monatlichen Rentenbelastung hätte die Beklagte damit 15,3043 Jahre lang monatlich einen Betrag von 3.410,90 EUR leisten müssen. Verteilt man diese Summe auf die längere Bezugsdauer von 20,3043 Jahren ergibt sich eine Monatsrente von 2.570,95 EUR. Bei korrekter Umlegung der Mehrbelastung müsste die Beklagte damit an den Kläger monatlich 83,44 EUR mehr bezahlen. Die im Schriftsatz vom 19.04.2005 errechnete Summe von 2.147,64 EUR beruht darauf, dass die Beklagte die gesetzliche Rente erst als letzten Rechenschritt abzieht. Dies hat das erkennende Gericht auch erst bei der Urteilsabsetzung bemerkt. Diese Vorgehensweise ist fehlerhaft, denn die effektive Rentenbelastung der Beklagten ergibt sich, wenn die gesetzliche Rente vor der Dreisatzberechnung abgezogen wird. Denn nur in diesem Falle ist die korrekte nur die Beklagte betreffende Mehrbelastung durch den vorzeitigen Zahlungsanspruch berücksichtigt. Dem Kläger wären deshalb richtigerweise 83,44 Euro monatlich nebst Zinsen zuzusprechen gewesen. Die erkennende Kammer hat sich für diese Form der Berechnung der Mehrbelastung auch deshalb entschieden, weil auch für die Frage der steuerlichen Rückstellungen, die für die zukünftige Rentenbelastung im Unternehmensergebnis berücksichtigt werden können, die Sterbetafeln ohne Weiteres zur Anwendung gelangen. Für den hier vorgeschlagenen Berechnungsweg spricht deshalb, dass der Auszahlungsbetrag den Rückstellungsbetrag nicht über- oder unterschreitet. Zwar lässt sich gegen die Anwendung der Sterbetafeln auch vorbringen, dass sich das individuelle Risiko je nach Branche und Tätigkeit oder nach der Frage Nichtraucher/Raucher unterschiedlich darstellt. Gleichwohl hält die Kammer eine anteilige Kürzung der Betriebsrente, die sich an den Mehrbelastungen für die Gesamtzeit der Rentenzahlung orientiert für sachgerechter als eine Kürzung, die sich an der vergangenen Betriebszugehörigkeit orientiert. Auch ist der Kammer bewusst, dass der gewählte Rechenweg letztendlich auch nur eine annäherungsweise Errechnung der Mehrbelastung des Arbeitgebers berücksichtigt. In die Berechnung ist nicht eingeflossen, dass der Arbeitnehmer, der wie im Beispielsfall 5 Jahre vor dem eigentlichen Rentenbezugsbeginn bereits die erste Rate seiner Rente konsumieren kann, hieraus einen Zinsvorteil zu Lasten des Arbeitgebers gewinnt. Dies wird dadurch kompensiert, dass bei 5 Jahre späterem Rentenbeginn sich die Sterbetafeln erneut verändert haben dürften. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wurde wegen der allgemeinen Bedeutung des Rechtsstreits zugelassen.

Ende der Entscheidung

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