Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 12.05.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 1271/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 79
ZPO §§ 578 f
Wiederaufnahmeverfahren - Kausalität i. S. d. § 580 Zf. 7. b ZPO bei der Restitutionsklage.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 1271/04

Verkündet am: 12. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Reulein und Wuchterl für Recht erkannt:

Tenor: I. Die Restitutionsklage wird abgewiesen.

II. Die Beklagte und Restitutionsklägerin hat die Kosten der Restitutionsklage zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Restitutionsklägerin beantragt im Wege der Restitutionsklage die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Kündigungsschutzverfahrens hinsichtlich der Höhe der dort im Rahmen einer gerichtlichen Auflösungsentscheidung festgesetzten Abfindung.

Der am 0.0.1952 geborene Restitutionsbeklagte und Kläger des vorausgegangenen Verfahrens ist Diplom-Mathematiker und war seit 01.07.1985 bei der Restitutionsklägerin und Beklagten des Vorverfahrens als Leiter deren Abteilung Betriebsorganisation bzw. Bereichsdirektor Informationstechnologie und Prokurist beschäftigt, wobei er gleichzeitig seit 1996 (f) jeweils einer der Organgeschäftsführer zweier Tochtergesellschaften der Beklagten war. Die Vergütung des Restitutionsbeklagten betrug zuletzt, einschließlich zweier Tantiemeansprüche, des Zuschusses zu den vermögenswirksamen Leistungen und des geldwerten Vorteils eines ihm auch zur Privatnutzung zur Verfügung stehenden Dienstwagens, ca. 13.000,-- € brutto/Monat.

Nachdem der Kläger/nunmehrige Restitutionsbeklagte auf Grund von Beschlüssen der jeweiligen Gesellschafterversammlung vom 16.07. bzw. 17.07.2002 als Geschäftsführer der beiden Tochtergesellschaften der Restitutionsklägerin abberufen und mit sofortiger Wirkung von seinen Pflichten aus dem jeweiligen Geschäftsführeranstellungsvertrag entbunden und zeitgleich auch im Arbeitsverhältnis mit der Restitutionsklägerin mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt worden war, kündigte letztere nach mehreren Anhörungen des Restitutionsbeklagten das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14.11.2002 fristlos und gleichzeitig hilfsweise ordentlich zum 30.06.2003 bzw. zum nächst zulässigen Beendigungszeitpunkt.

Nachdem der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage erstinstanzlich mit Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 29.07.2003 hinsichtlich sowohl der außerordentlichen als auch der ordentlichen Kündigung sowie einer Leistungsklage auf Zahlung rückständigen Gehaltes bis einschließlich Juni 2003, unter Zurückweisung einer weitergehenden Leistungsklage u. a. auf Weiterbeschäftigung, stattgegeben worden war, hat die erkennende Kammer des Landesarbeitsgerichtes München die Berufungen beider Parteien hiergegen mit, rechtskräftig gewordenem, Urteil vom 12.08.2004 zurückgewiesen und das Arbeitsverhältnis auf, erstmals in der Berufungsinstanz gestellten, Antrag der Beklagten/Restitutionsklägerin zum 30.06.2003 gegen Zahlung einer Abfindung gemäß §§ 9 und 10 KSchG in Höhe von 190.000,-- € aufgelöst. Zur festgesetzten Höhe der Abfindung im Rahmen eines Höchstbetragens von ca. 195.000,-- € ist in diesem Urteil ausgeführt, dass auf Grund der Dauer des Arbeitsverhältnisses (ca. 18 Jahre), des Lebensalters des Klägers/Restitutionsbeklagten zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (50 Jahre), dessen ohne weiteres anzunehmender Schwierigkeiten, zumal angesichts seines Alters jedenfalls in überschaubarer Zeit auch nur eine annähernd adäquate und ähnlich dotierte anderweitige Beschäftigung zu finden, des allerdings erkennbar greifbaren Grades der Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten/Restitutionsklägerin, einer als nicht gering einzuschätzenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten/Restitutionsklägerin und insbesondere auch eines Verlustes der Anwartschaft des Klägers/Restitutionsbeklagten aus einer Regelung zum Vorruhestand gemäß § 9 des Arbeitsvertrages und der von ihm hierzu schlüssig vorgetragenen wirtschaftlichen Vorteile der Beklagten/Restitutionsklägerin bei Auflösung der entsprechenden bilanzierten Rückstellung hierfür als bei der Bemessung der Abfindungshöhe vorwiegend maßgeblicher Faktoren nach sorgfältiger und umfassender Abwägung aller dieser, und weiterer, Umstände eine annähernde Ausschöpfung des gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrages der Abfindung als angemessen anzusehen sei.

(Nur) gegen die Höhe der im rechtskräftigen Urteil der Berufungskammer vom 12.08.2004 festgesetzten Abfindung richtet sich die vorliegende Restitutionsklage mit Schriftsatz vom 12.11.2004, am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung die Restitutionsklägerin/Beklagte des Vorverfahrens gleichzeitig vorgetragen hat, dass sie bereits im Vorprozess im Zusammenhang mit der Begründung ihres Auflösungsantrages dargelegt gehabt habe, dass erhebliche Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass der Restitutionsbeklagte/Kläger des Vorverfahrens in der Zwischenzeit offensichtlich wieder einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei und weiterhin nachgehe, für die Firma G. GmbH, die zur Restitutionsklägerin bzw. zu mit dieser verbundenen Unternehmen in unmittelbarer Konkurrenzsituation stehe; der Restitutionsbeklagte habe sich regelmäßig und in erheblichem Umfang in den Geschäftsräumen der Firma G. GmbH aufgehalten, dort Besprechungen geführt usw. und von dieser einen Betrag in Höhe von ca. 9.300,-- € mit dem Verwendungszweck "Beratung September 2003" auf sein Konto bei der Stadtsparkasse erhalten gehabt - ohne dass zu diesem Zeitpunkt bereits eindeutige und verwertbare Informationen zu etwaigen weiteren Zahlungen vorgelegen hätten. Erst auf Grund einer mit Verfügung der Staatsanwaltschaft München I vom 29.09.2004 genehmigten Einsicht in die Akten des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Restitutionsbeklagten, das auf Grund einer Strafanzeige der Restitutionsklägerin vom 04.05.2004 eingeleitet worden sei, habe diese davon Kenntnis erlangt, dass der Restitutionsbeklagte seit dem 17.02.2003 Zeichnungsvollmacht für das Konto der Firma G. GmbH gehabt habe, vom Girokonto der Firma G. GmbH im Zeitraum vom 06.10.2003 bis 12.03.2004 laufende Zahlungen mit dem Verwendungszweck "Beratung" auf das gemeinsame Konto des Restitutionsbeklagten und seiner Ehefrau ebenfalls bei der Stadtsparkasse München in Höhe von insgesamt 77.172,48 € sowie mehrfache Zahlungen mit dem Verwendungszweck "verauslagte Spesen" oder "Reiseauslagen" für den Zeitraum 08/2003 bis zumindest 02/2004 in Höhe von insgesamt 1.440,50 € und weiter zwei Zahlungen jeweils mit dem Verwendungszweck "Lohn-Gehalt" in Höhe von jeweils 399,50 € für die Zeit 02/2004 bzw. 03/2004 eingegangen gewesen seien. Im Laufe des Wiederaufnahmeverfahrens hat die Restitutionsklägerin ergänzend ausgeführt, dass die vom Restitutionsbeklagten nunmehr erstmals aufgestellte Behauptung, nicht er, sondern seine Ehefrau habe von der Firma G. GmbH Beratungshonorare erhalten, als reine Schutzbehauptung völlig unglaubwürdig sei. Eine "Konstruktion" über (Beratungs-)Leistungen eines Ehepartners stelle eine anerkannte Fallgruppe der unzulässigen Umgehung eines Wettbewerbsverbotes dar, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Verschleierung und Vertuschung der tatsächlichen Verhältnisse rechtlich irrelevant sei, zumal im Rahmen einer Hausdurchsuchung in den Geschäftsräumen der Firma G. GmbH am 23.11.2004, bei der weitere Unterlagen sichergestellt und auch Laptops und EDV überprüft worden seien, sich u. a. eine E-Mail an eine E-Mail-Adresse des Restitutionsbeklagten bei der Firma G. GmbH aufgefunden habe und weiter festgestellt worden sei, dass die Firma G. GmbH eine Kreditkarte des Restitutionsbeklagten zur Abrechnung betrieblichen Aufwands genutzt habe - wobei auch eine Reihe weiterer Rechnungen von Drittfirmen an die Firma G. GmbH bzw. an den Restitutionsbeklagten adressiert gewesen seien -, es ferner eine VISA-Card Abrechnung der Stadtsparkasse München für den Restitutionsbeklagten, G., gebe und Leitz-Ordner mit persönlichen Unterlagen des Restitutionsbeklagten nicht etwa in dem von ihm angeblich in den Geschäftsräumen dieser Firma angemieteten Büro, sondern an deren Empfang aufgefunden worden seien und weiter die Firma G. GmbH eine Flugreise gezahlt habe, an der der Restitutionsbeklagte mit seiner Ehefrau teilgenommen gehabt habe, weshalb davon auszugehen sei, dass dieser wirtschaftlich bereits lange zuvor deren Beschäftigter gewesen sei.

Nachdem das Landesarbeitsgericht München in seinem Urteil vom 12.08.2004 bei der Bemessung der Höhe der dem Restitutionsbeklagten zugesprochenen Abfindung von einer falschen Annahme ausgegangen sei, als es dort auf die ohne weiteres anzunehmenden Schwierigkeiten des dortigen Klägers, zumal angesichts seines Alters jedenfalls in überschaubarer Zeit auch nur eine annähernd adäquate und ähnlich dotierte anderweitige Beschäftigung zu finden, abgestellt und nicht berücksichtigt habe, dass der Restitutionsbeklagte bereits wieder einer neuen und hochdotierten Beschäftigung bei einem Konkurrenzunternehmen nachgehe, sei im Hinblick auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Restitutionsbeklagten gemäß der §§ 9, 10 KSchG lediglich eine deutlich niedrigere Abfindung gerechtfertigt, was zu einer für die Restitutionsklägerin günstigeren Entscheidung geführt hätte.

Die Restitutionsklägerin beantragt:

I. Das rechtskräftige Urteil umgekehrten Rubrums des Landesarbeitsgerichts München vom 12.08.2004, Az.: 4 Sa 1227/03 wird aufgehoben.

II. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 80.000,-- brutto, steuerfrei in den Grenzen des § 3 Ziff. 9 EStG zum Ablauf des 30.06.2003 aufgelöst.

Hilfsweise zum Antrag gemäß Ziff. II:

III. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber € 80.000,-- nicht überschreiten sollte, zum Ablauf des 30.06.2003 aufgelöst.

Der Restitutionsbeklagte/Kläger des vorangegangenen Verfahrens trägt zur Begründung seines Antrages auf Abweisung der Restitutionsklage vor, dass die Tatsache, dass die Restitutionsklägerin die von ihr bereits im Kündigungsschutzverfahren in Bezug genommenen Kontoauszüge nach wie vor nicht vorlege, vermutlich darauf zurückzuführen sei, dass sie diese nicht in rechtmäßiger Weise erlangt haben könne. Auch dürfte(n) die Urkunde(n), auf die eine Restitutionsklage gemäß § 580 Ziff. 7 b ZPO gestützt werde, nicht lediglich behauptet, sondern müsste(n) dem Gericht tatsächlich zugängig gemacht werden, andernfalls sei die Restitutionsklage unschlüssig. Wie bereits im Berufungsverfahren dargelegt, habe der Restitutionsbeklagte die von der Restitutionsklägerin behaupteten Zahlungen seitens der Firma G. GmbH nicht erhalten und an diese auch keine Rechnungen gestellt, auf welche hin solche Zahlungen geflossen sein könnten. Die Firma G. GmbH habe mit der Ehefrau des Restitutionsbeklagten und Ärztin, Frau P., Beratungsverträge vom 01.01./11.01.2003 (Bl. 920 bis 924 d. A.) und vom 28.12.2004/01.01.2005 (Bl. 925 bis 929 d. A.) abgeschlossen, auf Grund derer diese - die an der Firma G. GmbH seit längerem eine Beteiligung halte und zu deren Geschäftsführern auch der Restitutionsbeklagte seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen unterhalte - Beratungsleistungen erbracht habe, deren Honorare auf das gemeinsame Konto des Restitutionsbeklagten und seiner Ehefrau geflossen seien. Die Firma G. GmbH, deren angebliches Konkurrenzverhältnis zur Restitutionsklägerin in keiner Weise dargelegt sei, betreibe zwei Produktlinien, nämlich zum einen den Bereich Vertriebslösungen für Finanzdienstleister und zum anderen die Entwicklung von medizinischen Expertensystemen insbesondere für die Überprüfung von Privatliquidationen von Ärzten, in welchem Zusammenhang die Ehefrau des Restitutionsbeklagten medizinische Beratungsleistung für Projekte zur Entwicklung medizinischer Expertensysteme erbracht und in Rechnung gestellt habe. Die Tatsache, dass die Eheleute ein gemeinsames Konto unterhielten, seien nicht strafbar und zu beanstanden. Auch "Spesen" bzw. "Reiseauslagen" seien in begrenztem Umfang von Frau P., nicht jedoch von dem Restitutionsbeklagten, mit der Firma G. GmbH abgerechnet worden. Die beiden von der Restitutionsklägerin angezogenen Lohnzahlungen hätten Aushilfstätigkeiten der Tochter und des Sohnes des Restitutionsbeklagten im Zeitraum 02/2004 und 03/2004 im Rahmen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse für die Firma G. GmbH betroffen. Das auf Strafanzeige der Restitutionsklägerin eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den Restitutionsbeklagten sei von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I zwischenzeitlich gemäß § 170 Abs. 2 ZPO eingestellt worden. Einkünfte aus Erwerbstätigkeit habe der Restitutionsbeklagte bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses nicht bezogen - was, wenn überhaupt, für die Restitutionsklage allein relevant sein könne.

Wegen des Sachvortrags der Parteien zum Wiederaufnahmeverfahren im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 12.11.2004, vom 23.12.2004, vom 04.03.2005, vom 03.05.2005, vom 04.05.2005, vom 09.05.2005 und vom 11.05.2005, nebst der jeweiligen Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 12.05.2005.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Restitutionsklage hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die Restitutionsklage ist gemäß §§ 578 Abs. 1, 580 Abs. 1 Ziff. 7. b ZPO statthaft.

Die Restitutionsklageschrift entspricht den (Form)Erfordernissen der §§ 587 und 588 Abs. 1 ZPO. Das Unterlassen der Beifügung der Urkunden, auf die die Restitutionsklägerin dieser Klage stützt (welche erst in der mündlichen Verhandlung übergeben wurden), zum Klageschriftsatz ist unschädlich, da es sich bei der gesetzlichen Regelung des § 588 Abs. 2 ZPO, wonach diese dem Restitutionsklageschriftsatz beizufügen sind, nach allgemeiner Auffassung nur um eine Sollvorschrift handelt (vgl. RG, U. v. 04.02.1932, RGZ 135, S. 123 f/129; Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 588 Rz. 5; MünchKommZPO-Braun, Bd. 2, 2. Aufl. 2000, § 588 Rz. 5).

Die Restitutionsklägerin/Beklagte des Vorverfahrens hat mit ihrer vom 12.11.2004 datierenden und am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Restitutionsklage gegen das rechtskräftige Urteil der Berufungskammer vom 12.08.2004 auch die einmonatige Klagefrist gemäß § 586 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gewahrt, nachdem sie unbestritten vorgetragen und durch Vorlage einer Kopie der entsprechenden staatsanwaltschaftlichen Verfügung vom 29.09.2004 ausreichend glaubhaft gemacht hat (§§ 589 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO), dass sie erst durch die hierdurch gewährte Akteneinsicht Kenntnis von den in den Ermittlungsakten befindlichen Unterlagen/Urkunden, auf die sie ihre Restitutionsklage stützt, erhalten hat. Auch liegt auf Grund des insoweit ebenfalls unbestrittenen Vorbringens der Restitutionsklägerin die unverschuldete Unmöglichkeit früherer Geltendmachung der Restitutionsgründe vor (§ 582 ZPO - was BGH, LM Nr. 1 zu § 582 ZPO, als Problem der Zulässigkeit der Restitutionsklage ansieht).

Die Zuständigkeit des Landesarbeitsgerichtes ergibt sich aus § 584 Abs. 1 ZPO.

II.

Die Restitutionsklage ist weder im Hauptantrag noch im Hilfsantrag begründet.

1. Zwar mag die Beschränkung des Wiederaufnahmeantrages nur auf die im Urteil der Kammer vom 12.08.2004 im Rahmen des Auflösungsurteils als Gestaltungsentscheidung festgesetzte Abfindungshöhe zulässig sein, weil nach herrschender, richtiger, Ansicht auch insoweit Rechtsmittel eingelegt werden können (vgl. nur KR-Spilger, 7. Aufl. 2004, § 9 Rz. 97 f, m. w. N).

2. Jedoch fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen den durch Akteneinsicht im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens der Restitutionsklägerin zur Kenntnis gelangten Unterlagen (insbesondere Kontoauszüge des gemeinsamen Kontos des Restitutionsbeklagten und seiner Ehefrau bei der Stadtsparkasse München) über erfolgte Zahlungen seitens der Firma G. GmbH dorthin als Urkunden im Sinne des § 580 Ziff. 7. b ZPO und der mit der Restitutionsklage allein angegriffenen Abfindungshöhe, die im Verfahren umgekehrten Rubrums durch Urteil der Kammer vom 12.08.2004 festgesetzt wurde.

a) Nach § 580 Ziff. 7. b ZPO, auf den sich die Restitutionsklägerin stützt und mit ihrem Wiederaufnahmeantrag allein stützen kann, findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

b) Es kann aus nachstehenden Gründen offen bleiben, ob die Kontoauszüge über die Geldeingänge auf das gemeinsame Konto des Restitutionsbeklagten und seiner Ehefrau im Zeitraum vom Oktober 2003 bis März 2004 - somit vor Verkündung des Berufungsurteils vom 12.08.2004 im Vorprozess - als Urkunden im Sinne des § 580 Ziff. 7. b ZPO lediglich als Restitutionsgrund geeignet sein oder dazu führen müssen, dass eine der Restitutionsklägerin günstigere Entscheidung im Vorprozess ergangen wäre (vgl. BGH, U. v. 21.10.2004, NJW 2005, S. 222 f/224 = MDR 2005, S. 471 f - II. 2. d der Gründe -, m. w. N. zur einschlägigen Rechtsprechung).

c)

aa) Zum einen lassen unstreitige Details des Sachverhaltes allerdings zumindest heftig vermuten, dass der Kläger/Restitutionsbeklagte auch während der Zeit des Vorprozesses für die - nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung zuletzt ca. im August/September 2002 gegründete (siehe den im Vorprozess vorgelegten Eintragungsantrag vom 26.07.2002 (Anlage BK 8, Bl. 600/601 d. A.) und den dort vorgelegten Gesellschaftsvertrag gleichen Datums (Bl. 602 f d. A.), nebst Gesellschafterliste (Anlage BK 9, Bl. 611 d. A.), sowie notarielle Niederschrift der Gesellschafterversammlung vom 04.12.2002 (Anlage BK 10, Bl. 612 f d. A.), wonach u. a. Frau P. 52 % (26.000,-- €) der Erhöhung der Stammeinlage durch diesen Gesellschaftsvertrages von 50.000,-- € übernahm) - Firma G. GmbH, in deren Räumen er sich jedenfalls objektiv umfänglich aufgehalten, für deren Girokonto bei der Stadtsparkasse München er seit 17.02.2003 unbestritten Zeichnungsvollmacht besaß, unter deren Firmenbezeichnung er über eine eigene E-Mail-Adresse verfügte, die eine Kreditkarte des Restitutionsbeklagte benutzte - wobei der Firmenname der Firma G. GmbH auch auf den Abrechnungen einer weiteren Kreditkarte des Restitutionsbeklagten auftauchte - und die etwa eine Flugreise des Restitutionsbeklagten und seiner Ehefrau im Oktober 2004 nach Lissabon bezahlte, nicht lediglich gelegentlich und zufällig Tätigkeiten entfaltete - zumal der Restitutionsbeklagte, wiederum nach seinem eigenen Vorbringen zuletzt, seit Dezember 2004 einer der Geschäftsführer dieses Unternehmens und seine Ehefrau mit einem nicht unerheblichen Anteil am Stammkapital deren Gesellschafterin sind (weiter fällt ins Auge, dass der Restitutionsbeklagte mit Schreiben vom 12.11.2003 (Anlage BK 14, Bl. 624 f d. A. des Vorprozesses) bei der Restitutionsklägerin die Genehmigung einer "temporären Nebentätigkeit als Berater" u. a. für die Firma G. GmbH zu einem "ihm dort angebotenen Honorar von 65,-- € pro Stunde" beantragte, während die von ihm im Wiederaufnahmeverfahren vorgelegten Verträge seiner Ehefrau mit der Firma G. GmbH vom 01./11.01.2003 und vom 28.12.2004/01.01.2005 jeweils eine Honorarregelung von 1.080,-- (netto)/Tag, bezogen auf acht Stunden/Tag, somit von 135,-- €/Stunde beinhalten ...).

Allerdings lassen es selbst diese durchaus denkwürdigen Umstände - wobei die im Berufungsverfahren umgekehrten Rubrums vorgetragenen Einlassungen des Restitutionsbeklagten das Gericht im Urteil vom 12.08.2004 zum Hinweis veranlasst hatten, diese überforderten "ansatzweise allerdings die Gutgläubigkeit der Kammer ..." (II. 2. c cc aE der Gründe, S. 25) - noch nicht ohne weiteres bereits zu, seine bestreitenden Einlassungen im Rahmen des vorliegenden Wiederaufnahmeverfahrens als gänzlich unglaubhaft vom Tisch zu wischen und vor allem auch damit die positive Annahme zu rechtfertigen, insbesondere die dargelegten Honorarzahlungen seitens der Firma G. GmbH auf das gemeinsame Konto des Restitutionsbeklagten und seiner Ehefrau seien allein oder maßgeblich ihm zuzuordnen, die vorgelegten Beratungsverträge vom 01./11.01.2003 und vom 28.12.2004/01.01.2005 zwischen Frau P. als freier Mitarbeiterin (und Gesellschafterin) und der Firma G. GmbH seien etwa bloße Scheingeschäfte im Sinne des § 117 BGB, die vom Restitutionsbeklagten so bezeichneten Honorarzahlungen ausschließlich im Rahmen dieser Drittverträge seien deshalb in Wirklichkeit ihm zuzurechnen, seine Ehefrau habe allein die Funktion einer "Strohfrau" für ihn, den Restitutionsbeklagten, gemäß der angezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur unzulässigen Umgehung von Wettbewerbsverboten durch Vorschieben eines Angehörigen gehabt o. ä.. Immerhin war - anders als etwa in der Konstellation des vorgelegten Urteils des Bundesgerichtshofs vom 30.11.2004 (ZIP 2005, S. 296 f) - die Ehefrau des Klägers/Restitutionsbeklagten damals Gesellschafterin der Firma G. GmbH, deren eine von zwei Produktlinien nach seinem nicht bestrittenen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung die Entwicklung von medizinischen Expertensystemen darstellt, für die seine Ehefrau als berufstätige Ärztin eine berufsspezifische Kompetenz mitbringt. Honorierte Beratungsverträge einer (Minderheits-)Gesellschafterin eines Unternehmens mit diesem sind nicht ungewöhnlich und hier auch nicht von vornherein unnachvollziehbar.

Res olet - eine zur Überzeugung der Kammer gemäß § 286 Abs. 1 ZPO (und den hierzu nach ständiger Rechtsprechung des BAG und des BGH geltenden Grundsätzen) annähernd zweifelsfreie Zuordnung der Honorarzahlungen auf das gemeinsame Konto des Restitutionsbeklagten und dessen Ehefrau als solche des erstgenannten, vollständig oder jedenfalls zum maßgeblichen Teil, ist unter Berücksichtigung aller Umstände jedoch nicht möglich.

bb) Zum anderen und ungeachtet dessen wäre selbst die Zuordnung der Honorarzahlungen auf das gemeinsame Konto, allein oder maßgeblich, als solche des Restitutionsbeklagten nicht geeignet gewesen, die mit der Restitutionsklage allein angegriffene Höhe der im Urteil der Kammer vom 12.08.2004 festgesetzten Abfindung in dort entscheidungserheblicher Weise zu beeinflussen:

Die Berufungskammer hatte im Rahmen ihrer ausführlich begründeten Abwägungsüberlegungen bei der Festsetzung der Höhe der Abfindung im rechtskräftigen Urteil vom 12.08.2004 primär sechs maßgebliche Parameter hierfür berücksichtigt - neben den ohne weiteres anzunehmenden Schwierigkeiten des dortigen Klägers, zumal angesichts seines Alters jedenfalls in überschaubarer Zeit eine auch nur annähernd adäquate und ähnlich dotierte anderweitige Beschäftigung zu finden - auf welches Argument sich die Restitutionsklägerin hier ausschließlich bezieht - die (lange) Dauer des Arbeitsverhältnisses von ca. 18 Jahren und dessen Lebensalter (50 Jahre), den als erkennbar greifbar angesehenen Grad der Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung vom 14.11.2002, die nicht als gering einzuschätzende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der dortigen Beklagten sowie "insbesondere" auch einen Verlust der nach Vortrag des dortigen Klägers nicht unverfallbaren Anwartschaft aus einer Vorruhestandsregelung und der hierzu schlüssig dargelegten wirtschaftlichen Vorteile der dortigen Beklagten und Restitutionsklägerin bei Auflösung der entsprechenden, bilanzierten, Rückstellung hierfür (II. 2. f der Gründe, S. 29 des Urteils).

Das Urteil vom 12.08.2004 hat somit bei der Abfindungshöhe auf antizipierte Berufsperspektiven des Klägers/Restitutionsbeklagten nur als eines von einer Reihe von Parametern abgestellt - wobei, wie aus der Begründung der Abfindungshöhe unschwer ersichtlich ist, die dort abschließend genannte Leistungsfähigkeit der Beklagten/Restitutionsklägerin und vor allem der Verlust der Vorruhestandsanwartschaft des Klägers/Restitutionsbeklagten und hierbei insbesondere deren mit einer Auflösungs-/Abfindungsentscheidung gemäß §§ 9, 10 KSchG gleichzeitig verbundenen, die Belastung mit einer Abfindungszahlung im Ergebnis konterkarierenden, wirtschaftlichen Vorteile der Beklagten/Restitutionsklägerin (Auflösung der bilanzierten Rückstellung hierfür) akzentuiert hervorgehoben wurden.

Des Weiteren indiziert der bei der Entscheidung zur Abfindungshöhe verwendete Begriff der anzunehmenden Schwierigkeit des Findens einer anderweitigen - derjenigen bei der Beklagten/Restitutionsklägerin adäquaten ! - "Beschäftigung" ersichtlich, dass hierbei nicht lediglich irgendwelche anderweitigen Einkünfte des Klägers/Restitutionsbeklagten, aus welchen Vertragsverhältnissen auch immer, sondern solche aus einer abhängigen Beschäftigung im eigentlichen Sinne - mit entsprechender sozialer Absicherung und Kündigungsschutz qua Arbeitnehmerstatus, in vergleichbarer Position - gemeint waren - so dass etwa Honorareinnahmen aus einer freiberuflichen Beratungstätigkeit o. ä. in diesem Zusammenhang indiziell zunächst irrelevant sind (es entspricht allerdings einer gewissen Erfahrung der Kammer - und wurde von ihr hier bei der Auflösungsentscheidung/Festlegung der Abfindungshöhe durchaus einbezogen -, dass leitende Angestellte nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, zumal ab einem bestimmten Alter, bei fehlender kurzfristiger anderweitiger "klassischer" Beschäftigungsperspektive eine freiberufliche Tätigkeit etwa als Unternehmensberater aufnehmen - was an ihrer Situation im Grundsatz nichts ändert). Schließlich behauptet auch die Restitutionsklägerin nicht, dass selbst eine Zurechnung nicht unerheblicher Honorareinnahmen des Restitutionsbeklagten als solche etwa die Annahme einer "annähernd adäquaten" und "ähnlich dotierten" anderweitigen - zumal - "Beschäftigung" rechtfertigen können würde.

Die Berufungskammer hat des Weiteren bei ihrer Auflösungsentscheidung vom 12.08.2004 sehr wohl berücksichtigt - und mit der gebotenen Zurückhaltung auch erkennbar zum Ausdruck gebracht -, dass schon zu diesem Zeitpunkt einiges dafür sprechen musste, dass der Kläger/Restitutionsbeklagte bei der Firma G. GmbH, in deren Räumen er sich nach dem dort dokumentierten Sachverhalt umfänglich aufgehalten hatte, nicht lediglich "gesellige Kicker-Turniere" ausgetragen haben dürfte, sondern zumindest faktisch involviert schien - was die Beklagte im Schriftsatz vom 10.03.2004 zum Vorprozess (Bl. 546 f d. A.) ausführlich dargelegt und die entsprechende Korrespondenz vorgelegt hatte (Antrag auf Nebentätigkeitsgenehmigung u. a. bei der Firma G. GmbH mit Schreiben vom 12.11.2003 - Anlage BK 14 -, woraufhin die dortige Beklagte den dortigen Kläger mit Schreiben vom 20.11.2003 zur Mitteilung näherer Einzelheiten hierzu aufforderte - Anlage BK 15 -, was der dortige Kläger sodann mit ausführlichem Schreiben vom 28.11.2003 beantwortete - Anlage BK 16 -, woraufhin die dortige Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 08.12.2003 - Anlage BK 19 - mitteilte, dass dieser sich nach den vorhandenen Informationen offensichtlich bereits seit 30.01.2003 regelmäßig und für längere Zeiträume in den Geschäftsräumen der Firma G. GmbH aufhalte, wozu der dortige Kläger mit umgehendem Schreiben vom 10.12.2003 wiederum die erbetene Stellungnahme hierzu abgab - Anlage BK 20 -).

Der Kammer war also die Betätigung des dortigen Klägers/Restitutionsbeklagten für die Firma G. GmbH und dessen Antrag auf Genehmigung einer bezahlten Nebentätigkeit für diese schon Ende 2003, vor der Auflösungsentscheidung vom 12.08.2004, bekannt und es wurden deren Umstände hierbei bei der Auflösungsentscheidung und insbesondere bei der Festlegung der Abfindungshöhe durchaus berücksichtigt.

Sonach wäre selbst eine konkrete Kenntnis/Annahme der Kammer, der Kläger/Restitutionsbeklagte selbst erziele in nicht unerheblichem Umfang Honorareinkünfte aus einer Beratungstätigkeit für die Firma G. GmbH, nicht im Rahmen einer hypothetischen Überlegung, im Sinne eines Restitutionsgrundes gemäß § 580 Ziff. 7. b ZPO, auch nur geeignet gewesen, eine der Restitutionsklägerin günstigere Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Abfindung zu bewirken. Die Kammer hatte die sich aufdrängende Vermutung einer gewissen Involvierung des Restitutionsbeklagten bei der Firma G. GmbH bei der Festlegung der Abfindung berücksichtigt (u. a. hierauf bezieht sich ersichtlich der abschließende Passus im Urteil vom 12.08.2004 - unter II. 2. f aE, Seite 29 - , dass die Festsetzung der Abfindung nach "Abwägung aller dieser, und weiterer, Umstände" in der geschehenen Höhe erfolgt sei) und hätte nach allem auch dem Restitutionsbeklagten zuzurechnende Honorareinkünfte in nicht unerheblicher Höhe hierbei nicht entscheidungserheblich angesetzt.

c) Damit kann die Restitutionsklage im Hinblick auf die Anforderungen des § 580 Ziff. 7. b ZPO keinen Erfolg haben.

III.

Die Restitutionsklägerin hat damit die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens zu tragen (§§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG die Restitutionsklägerin hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

Zurück