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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.05.2000
Aktenzeichen: 22 U 203/99
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 631
VOB/B § 15
Leitsätze:

1.

Auch für Stundenlohnarbeiten aufgrund eines BGB-Bauvertrags kann der Auftragnehmer nur die Stundenanzahl abrechnen, die bei einer Ausführung mit durchschnittlichem Arbeitstempo angefallen wären.

2.

Nachträglich gefertigte, in sich unstimmige und vom Auftraggeber nicht unterschriebene Stundenzettel sind nicht geeignet, den erforderlichen Stundenaufwand darzulegen und zu beweisen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 203/99 5 O 330/98 LG Krefeld

Verkündet am 5. Mai 2000

Tellmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und den Richter am Landgericht Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 15. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Der Kl begehrt Restwerklohn für Innenausbauarbeiten in dem Neubau des Bekl. Unter dem 2.6.1997 hatte er dem Bekl ein Angebot, das von ca. 250 Facharbeiterstunden zu 80 DM netto ausging und einschließlich Material mit 25.150 DM brutto schloß, gemacht. Nach einer Akontozahlung von 17.250 DM kündigte der Kl am 30.6.1997 einen Gesamtaufwand von 750 Facharbeiterstunden an. Da der Bekl nur insgesamt 30.000 DM zahlen wollte, stellte der Kl am 2.7.1997 seine Arbeiten ein und berechnete für insgesamt 337 Stunden zuzüglich Material unter Abzug der Akontozahlung unter dem 15.7.1997 weitere 16.163,51 DM. Das LG hat ihm 1.587 DM zugesprochen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kl seine Restforderung von 14.576,51 DM weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat in erster Instanz einen weitergehenden Werklohnanspruch nicht schlüssig dargelegt. Sein Vorbringen im Berufungsverfahren ist teilweise unschlüssig, im übrigen war es gem. § 528 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

I.

Der Kläger hat in erster Instanz nicht hinreichend dargelegt, daß die von ihm in Rechnung gestellten 337 Facharbeiterstunden den für die Werkerstellung erforderlichen Stundenaufwand darstellen. Die Abrechnung nach Stunden ist nicht bereits damit schlüssig, daß der Werkunternehmer die erbrachten Stunden aufstellt. Er muß vielmehr, soweit der Auftraggeber die Erforderlichkeit der abgerechneten Stunden bestreitet, ausführen, daß die Stunden im Rahmen einer wirtschaftlichen Betriebsführung erbracht wurden (vgl. dazu § 15 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B) und einen wirtschaftlich vertretbaren Aufwand an Arbeitszeit darstellen (so auch § 15 Nr. 5 VOB/B). Der Werkunternehmer kann für die Arbeiten nur die Stundenanzahl abrechnen, die bei einer Ausführung mit durchschnittlichem Arbeitstempo angefallen wären (Beckscher VOB-Komm./Cuypers, B § 15 Nr. 5 Rn. 25). Dieses Grundsätze sind, da sich im Werkvertragsrecht des BGB keine detaillierten Bestimmungen zum Stundenlohnvertrag finden, auch ohne Vereinbarung der VOB/B auf den Bauvertrag des BGB anwendbar (Beckscher VOB-Komm./Cuypers, B § 15 Nr. 5 Rn. 25; Locher, Baurecht, 6. A. 1996, Rn. 51 a.E.). Dabei kommen dem Kläger Darlegungs- und Beweiserleichterungen aufgrund unterschriebener Stundenzettel nicht zugute. Solche sind erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegt und von dem Beklagten nicht akzeptiert worden. Damit oblag es dem Kläger, umfassend zur Erforderlichkeit der abgerechneten Stunden vorzutragen. Die erstinstanzliche Darlegung des Klägers beschränkt sich jedoch im wesentlichen auf die Vorlage der später erstellten Stundenzettel. Dabei werden nicht einmal die Originale vorgelegt, sondern Stundenzettel, die auf den bereits nicht zeitnah erstellten Originalen basieren sollen. Diese werden einerseits als Stundenzettel vorgelegt (Bl. 89 - 94 d. GA), die mehrere Tage erfassen, andererseits als Tagesstundenzettel (131.19 - 38 d. GA). Dabei sind die Stundennachweise sowohl nach der Stundenzahl als auch nach den beschriebenen Arbeiten nicht einmal identisch, obwohl sie auf der gleichen Grundlage erstellt worden sein sollen. Die mehrere Tage umfassenden Stundenzettel (Bl. 89 - 94 d. GA) ergeben die Gesamtstundenzahl von 337 Stunden, während die Stundenzettel für die einzelnen Tage (Bl. 19 - 38 d. GA) nur eine Stundenzahl von 312 Stunden ergeben. Dabei sind Abweichungen zu den früheren Stundenzetteln insoweit vorhanden, als der Stundenzettel vom 19.06.1997 (Blatt 28 der Gerichtsakten) nur zwei Arbeiter, dazu ohne die geleistete Stundenzahl, anführt. Bei dem Stundenzettel vom 13.06.1997 (Blatt 24 der Gerichtsakten) sind für die beiden Arbeiter je 8 Stunden notiert, während zuvor für diesen Tag 7 Stunden angegeben waren. Auch sind die beschriebenen Arbeiten, insbesondere der zeitlichen Zuordnung nach, teilweise nicht übereinstimmend. Damit sind die Stundenzettel keine ausreichende Grundlage für eine Überprüfung der Erforderlichkeit der geleisteten Arbeiten. Sie beschreiben diese nicht zweifelsfrei.

Hinzu kommt, daß der Kläger in erster Instanz keine nachprüfbare Angaben gemacht hat, aus welchem Grund statt der im Angebot vom 2.6.1997 veranschlagten 250 Stunden nunmehr 337 Stunden berechnet werden, obwohl das Werk nicht einmal vollständig ausgeführt wurde. Der Kläger hat lediglich allgemein und damit nicht nachvollziehbar angebliche zeitaufwendige Änderungswünsche des Beklagten behauptet. Zu den stundenmäßigen Auswirkungen dieser Änderungswünsche fehlte jeglicher Vortrag, obwohl der Beklagte vorprozessual und in erster Instanz die langsame Arbeit der Mitarbeiter des Beklagten gerügt hat. Unter diesen Umständen war, was auch für den Kläger auf der Hand lag, eine nähere Darlegung zu den Gründen der ganz erheblichen Stundenausweitung unerläßlich.

II.

Auch im Berufungsverfahren ist der Vortrag des Klägers hierzu teilweise unschlüssig. Der Kläger beziffert den angeblichen Mehraufwand für die Arbeiten im Erkerbereich und im Wohnzimmer mit 90 Stunden (Bl. 242, 243 d. GA). Dabei sollen die zusätzlichen Stunden für die Bearbeitung der Fensterstürze im Erker und für Abkastungen im Wohnzimmer angefallen sein. Diese Arbeiten sollen nach den Angaben des Klägers entsprechend seiner ursprünglichen Stundenaufstellung bis zum 13.6.1997 fertiggestellt gewesen sein (Stundenzettel Nr. 2, Bl. 90 d. GA). Bis zu diesem Zeitpunkt waren jedoch insgesamt nach der dortigen Aufstellung (Bl. 89, 90 d. GA) überhaupt nur 78 Stunden angefallen.

Der Vortrag des Klägers zum erforderlichen Mehraufwand in der Berufungsbegründung vom 11.1.2000 war über diese Widersprüchlichkeit hinaus aber auch insgesamt nicht zu berücksichtigen, da das Vorbringen gem. § 528 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen war. Es handelt sich um neue Tatsachenbehauptungen, die bereits im ersten Rechtszug vorzubringen waren, entgegen § 282 Abs. 1 ZPO aber nicht vorgebracht worden sind. Der Kläger hat dazu, daß das Vorbringen in erster Instanz nicht aus grober Nachlässigkeit unterblieben ist; nichts vorgetragen. Von einer solchen Nachlässigkeit ist im übrigen auszugehen, da sich für den Kläger aufgrund des Bestreitens des Beklagten zur Angemessenheit der Stundenzahl aufdrängen mußte, daß eine weitergehende Substantiierung erforderlich war.

Die Zulassung des verspäteten Vorbringens hätte zu einer Verzögerung des Berufungsrechtszuges geführt. Zur Frage der Erforderlichkeit der vom Kläger abgerechneten Stundenzahl hätte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Ein solches wäre, zumal nach dem Vorbringen des Klägers eine Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit und ggbfs. auch eine Teileröffnung des Werkes hätte erfolgen müssen, in der Zeit bis zur mündlichen Verhandlung nicht erstellt worden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß erst durch die am 2. März 2000 eingegangene Berufungserwiderung feststand, daß das neue Vorbringen bestritten ist und damit einer Beweisaufnahme bedurft hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und Beschwer des Klägers: 14.576,51 DM.

Ende der Entscheidung

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