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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.09.1999
Aktenzeichen: 22 U 59/99
Rechtsgebiete: BGB, KO


Vorschriften:

BGB § 560
KO § 82
KO § 127
§ 560 BGB § 82 KO § 127 KO

1. Wenn der Sequester eines Baumarktbetreibers sich mit dem Vermieter der Geschäftsräume über eine Fortsetzung des Nutzungsverhältnisses gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe des bisherigen Mietzinses einigt, nachdem der Sequester mitgeteilt hat, die dazu erforderlichen Mittel aus der Fortführung des Warenverkaufs erwirtschaften zu wollen, billigt der Vermieter damit die Veräußerung der seinem Vermieterpfandrecht unterliegenden Waren, selbst wenn er dem zunächst nach § 56o Satz 1 BGB widersprochen hatte, so daß eine Schadenersatzpflicht des Sequesters wegen Verletzung des Vermieterpfandrechts ausscheidet.

2. Der Vermieter, der gegenüber dem Konkursverwalter ein Absonderungsrecht am Veräußerungserlös von Waren, die seinem Vermieterpfandrecht unterlagen, geltend macht, muß zu den Eigentumsverhältnissen an den Waren im einzelnen vortragen; eine insoweit bestehende Auskunftspflicht des Konkursverwalters kann dieser regelmäßig dadurch abwehren, daß er dem Vermieter Einsicht in die Geschäftsunterlagen anbietet.

OLG Düsseldorf Urteil 10.09.1999 - 22 U 59/99 - 4 O 262/98 LG Krefeld


hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 27. 8. 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und den Richter am Landgericht Galle für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 2. 3. 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 14.500 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaften erbracht werden.

Gründe

Der Beklagte ist Konkursverwalter über das Vermögen der Firma G. Bau-Hobby-Garten Vertriebs GmbH (nachf. Gemeinschuldnerin). Die Gemeinschuldnerin war eine Tochtergesellschaft eines als "G.-Gruppe" bezeichneten Unternehmensverbundes, der zuletzt 105 Baumärkte im In- und Ausland betrieb. Zu den 31 Filialen der Gemeinschuldnerin gehörte ein Baumarkt in A., den sie auf einer mit Mietvertrag vom 8. 2./26. 2. 93 (Bl. 7-21 GA) vom Rechtsvorgänger des Klägers angemieteten Nutzfläche betrieb.

Die Gemeinschuldnerin zahlte in den Monaten Dezember 1997 und Januar 1998 die monatliche Miete von brutto 97.021,29 DM nicht, im Februar blieb sie den anteiligen Mietzins von 25.872,34 DM schuldig. Mit Schreiben vom 2. 2. 1998 (Bl. 23/24 GA) machte der Kläger gegenüber der Gemeinschuldnerin sein Vermieterpfandrecht an den zum Verkauf bestimmten Waren und der Tageskasse geltend und verlangte die Erklärung, daß keine weiteren Verkäufe mehr stattfinden.

Am 6. 2. 1998 ordnete das Amtsgericht Duisburg gemäß § 106 Abs. 1 KO die Sequestration über das Vermögen der Gemeinschuldnerin an, am 1. 4. 1998 erfolgte die Konkurseröffnung. Auch die übrigen inländischen Unternehmen der "G.-Gruppe" gerieten in die Insolvenz. Zum Sequester und später zum Konkursverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin und einiger anderer Unternehmen wurde der Beklagte ernannt. Hinsichtlich der Vermögen der übrigen Unternehmen wurde Rechtsanwalt P., Düsseldorf, zum Sequester/Konkursverwalter bestellt. Wegen der Einzelheiten des aktuellen Verfahrensstandes wird auf Bl. 62-64 GA verwiesen.

Die überwiegende Anzahl der Lieferanten und die Kreditversicherer der "G.-Gruppe" organisierten sich zum Zwecke der gemeinsamen Verwertung ihrer Sicherungsrechte an den Warenbeständen und Forderungen der "G.-Gruppe" zu einer "Sicherheiten-Verwertungsgemeinschaft" (nachf. Pool). Der Pool schloß mit den beiden Sequestern unter dem 20. 2. 1998 einen Vertrag, wonach die Verwertung der Warenbestände im ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb in den einzelnen Filialen der "G.-Gruppe" erfolgen sollte. Der Nettoerlös sollte teils den Sequestern, teils der Konkursmasse, teils dem Pool zufließen. Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird auf Bl. 204-214 GA verwiesen. Vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung und anderer Bemühungen um die Substanzerhaltung der Baumärkte wurden die am 6. 2. 1998 geschlossenen Filialen am 12. 2. 1998 wiedereröffnet, was der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 19. 2. 1998 (Bl. 29/30 GA) mitteilte.

Unter dem 27. 3. / 6. 4. 1998 schlossen der Kläger und die Gemeinschuldnerin eine Vereinbarung, wonach die Parteien "bis auf weiteres" eine Fortsetzung des Nutzungsverhältnisses vereinbarten und sich die Gemeinschuldnerin verpflichtete, für die Zeit vom 8. 2. 1998 bis zur Beendigung des Nutzungsverhältnisses eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete zu zahlen. Ferner verpflichtete sich der Kläger, unter näher geregelten Voraussetzungen das Mietverhältnis auf einen vom Beklagten zu benennenden Nachmieter zu übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 34/35 GA verwiesen.

Mit Rundschreiben vom 3. 4. 1998 (Bl. 31/32 GA) teilte der Beklagte dem Kläger u.a. mit, es sei eine lieferantenbezogene Inventarisierung durchgeführt worden, die zur Zeit ausgewertet werde. Lieferantengläubiger, die nicht in den Pool eingetreten seien, gebe er nach Fertigstellung der Auswertung die Möglichkeit, wegen ihrer Sicherungsrechte Einsicht in die Unterlagen zu nehmen.

Die Firma R. übernahm einen Großteil der Baumärkte, u.a. die Filiale in A.. Der Beklagte benannte die Firma R. Großflächen GmbH als Nachmieter (Schreiben vom 14. 5. 1998, Bl. 33 GA). Mit dieser setzt der Kläger das Mietverhältnis seit Juni 1998 fort. Entsprechend der Vereinbarung vom 27. 3. / 6. 4. 1998 zahlte der Beklagte an den Kläger eine Nutzungsentschädigung für die Zeit ab dem 8. 2. 1998. Ende Juni 1998 stellten die Konkursverwalter ihre Verkaufsbemühungen in allen Baumärkten ein.

Mit Schreiben vom 24. 6. 1998 übersandte der Beklagte dem Kläger eine Liste über den Wert des im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehenden Inventars (Bl. 38/39 GA). Er kündigte an, wegen des an diesen Gegenständen bestehenden Vermieterpfandrechts des Klägers an ihn den in der Liste ausgewiesenen Gesamtbetrag von 6. 210 DM auszuzahlen.

Der Kläger macht gegen den Beklagten persönlich und in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin einen Betrag in Höhe der ausstehenden Mieten aus Dezember 1997 bis Februar 1998 geltend.

Er hat mit Nichtwissen bestritten, daß die Warenvorräte zum Zeitpunkt der Anordnung der Sequestration unter dem Eigentumsvorbehalt der Lieferanten gestanden hätten. Es widerspreche der Lebenserfahrung, daß derart umfangreiche Warenbestände nahezu vollständig im Lieferanteneigentum stünden. Er hat die Auffassung vertreten, es sei Obliegenheit des Beklagten, darzulegen und zu beweisen, an welchen Gegenständen dem Vermieterpfandrecht vorgehende Drittrechte bestanden hätten. Der Beklagte hätte das vor der Veräußerung in jedem Einzelfall prüfen müssen. Weil er dies unterlassen habe, habe er sich der Pfandkehr (§ 289 StGB) schuldig gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 219.914,92 DM nebst 4 % Zinsen auf 97.021,29 DM ab 06. 12. 1997, auf weitere 97.021,29 DM ab dem 08. 01. 1998 sowie auf weitere 25.872,34 DM ab dem 07. 02. 1998 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, die "G.-Gruppe" habe über kein funktionierendes Warenwirtschaftssystem verfügt, so daß eine Feststellung, welche Waren welchen Märkten zuzuordnen und in welcher Höhe bezahlt gewesen seien, nicht möglich gewesen sei. Aus den Unterlagen des Rechnungswesens sei hervorgegangen, daß zu Beginn der Sequestration nahezu der gesamte Warenbestand mit Fremdrechten der Warenlieferanten belastet gewesen sei; der rechnerische Prozentsatz bezahlter Ware habe zwischen 2 und 3 % gelegen. Präzise Feststellungen hätten Wochen oder Monate gedauert, mit der Folge, daß keine Mieten ab dem 8. 2. 1998 gezahlt worden wären und kein Anschlußmietvertrag mit der Fa. R. zustande gekommen wäre. Daher habe er im wohlverstandenen Interesse aller am Konkurs Beteiligten, auch des Klägers, davon abgesehen.

Er hat die Auffassung vertreten, dem Kläger obliege es, darzulegen, daß der Warenbestand nicht mit vorgehenden Drittrechten belastet gewesen sei. Die hierzu notwendigen Auskünfte hätte er sich im Wege der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs verschaffen können.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe nicht dargelegt, welche Gegenstände mit Vermieterpfandrechten belastet und ihm im Sinne des § 289 StGB weggenommen worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des angefochtenen Urteils sowie des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 2. 3. 1999 (Bl. 124 bis 129 GA) verwiesen.

Mit der am 6. 4. 1999 eingegangenen Berufung gegen das ihm am 4. 3. 1999 zugestellte Urteil hat der Kläger den erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrag weiterverfolgt. Hilfsweise hat er Auskunft begehrt über den im Baumarkt A. per 6. 2. 1998 vorhanden gewesenen Kassenbestand, die Einrichtungsgegenstände und Waren, über die Eigentumsvorbehaltsrechte an den Waren, über den Verbleib dieser Waren und über die Höhe der aus ihrer Veräußerung erzielten Erlöse.

Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und meint, das Landgericht habe die Beweislastverteilung verkannt. Die Konsequenzen aus den Beweisschwierigkeiten, die dadurch eingetreten seien, daß der Beklagte unter Mißachtung seines Vermieterpfandrechts die Waren einseitig zugunsten des Pools verwertet habe, ohne zuvor die Lieferantenrechte im einzelnen festzustellen, träfen den Beklagten.

Zur Erfüllung des gegen die Masse gerichteten Anspruchs hat der Beklagte eine bei dem Kläger am 17. 08. 1999 eingegangene Zahlung von 105.816,57 DM geleistet. Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit ein Betrag Höhe von 105.816,75 DM gezahlt worden ist. Ferner haben sie den Rechtsstreit hinsichtlich des Auskunftsanspruchs für erledigt erklärt, soweit der Kläger Auskunft über den Kassenbestand begehrt hat.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Krefeld vom 02. 03. 1999 mit dem Aktenzeichen 4 O 262/98

1.

die Beklagten zu verurteilen, an ihn 114.098,35 DM nebst 4 % Zinsen auf 97.021,29 DM vom 06. 12. 1997 bis 16. 08. 1999, auf weitere 8.795,28 DM vom 08. 01. 1998 bis 16. 08. 1999, auf weitere 88.226,01 DM ab dem 08. 01. 1998 und auf weitere 25.872,34 DM ab dem 07. 02. 1998 zu zahlen,

2.

hilfsweise

die Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen, welche Einrichtungsgegenstände und welche Waren sich am 06. 02. 1998 in dem Baumarkt A. der Firma G. Bau-Hobby-Gartenvertriebs-GmbH befunden haben, ferner ob und wodurch welche Lieferanten Eigentumsvorbehaltsrechte an diesen Waren geltend gemacht haben, welche dieser Rechte durch die Beklagten wie anerkannt worden sind und ob und inwieweit die Beklagten wie und an wen welche Waren wann herausgegeben haben bzw. welche Verkaufserlöse die Beklagten für welche am 06. 02. 1998 vorhandenen Waren erzielt haben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er hat EDV-Auswertungen über den Warenbestand per 6. 2. 1998 vorgelegt (Anlagen 1 und 2 der Berufungserwiderung = Bl. 170 - 202 GA). Ferner hat er den Kassenbestand per 06. 02. 1998 mit 4.988,57 DM und die Umsatzerlöse aus der Zeit vom 06. 02. 1998 bis Ende Juni 1998 mit 2.593.926,00 DM beziffert (Anl. 3 zur Berufungserwiderung = Bl. 203 GA). Er behauptet, selbst bei Schließung aller Baumärkte wäre es nicht möglich gewesen, exakt festzustellen, welche Waren unter Eigentumsvorbehalt gestanden hätten. Daher hätte der Anteil der nicht mit Drittrechten belasteten Ware nur analog der Abrechnung mit dem Pool ermittelt werden können. Hiernach ergebe sich ein Anteil von 3,75 % (Anl. 5 zur Berufungserwiderung = Bl. 215 GA); zur Erfüllung des daraus resultierenden Anspruchs gegen die Masse habe er eine Rückstellung von 94.618,00 DM gebildet, die ein denkbares Vermieterpfandrecht bezüglich der freien Ware fast vollständig abdecke.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und die diesen beigefügten Unterlagen Bezug genommen.

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat am Vermögen der Gemeinschuldnerin kein Absonderungsrecht nach § 127 Abs. 1 S. 2 KO, ihm steht auch kein Masseanspruch aus § 59 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 KO zu. Er hat auch gegen den Beklagten persönlich keinen Schadensersatzanspruch aus § 82 KO, § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 289 StGB. Es ist zu unterscheiden zwischen dem Zeitraum der Sequestration (6. 2. 1998 bis Konkurseröffnung) und dem Zeitraum ab Konkurseröffnung (1. 4. 1998):

1. Zeitraum der Sequestration

a.

Ein Absonderungsrecht an dem Erlös aus § 127 Abs. 1 S. 2 KO ist schon deshalb nicht gegeben, weil dem Kläger ein etwaiges Vermieterpfandrecht an der während der Sequestration veräußerten Ware nur unter den Voraussetzungen des § 46 KO (analog) ein Ersatzabsonderungsrecht am Erlös gewährt hätte. Der Tatbestand des § 46 KO (analog) ist nicht erfüllt, da die Erlöse aus der Veräußerung der Ware dem Vermögen der Gemeinschuldnerin schon vor der Konkurseröffnung zugeflossen sind. Diese Fallgestaltung steht wegen der unterschiedlichen Funktionen eines Sequesters einerseits und eines Konkursverwalters andererseits den gesetzlichen Voraussetzungen aus § 46 KO (analog) nicht gleich (BGH NJW 1995, 2783, 2787). Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO, da eine vor Konkurseröffnung eingetretene Bereicherung keine Masseschuld erzeugen kann (BGHZ 23, 307, 317/318).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO, da durch Handeln eines Sequesters keine Masseverbindlichkeiten entstehen können (Kuhn-Uhlenbruck, Konkursordnung, 11. A., § 59, RNr. 2f)

b.

Gegen den Beklagten persönlich bestehen keine Ansprüche aus § 82 KO (analog) oder aus unerlaubter Handlung, weil sich der Kläger mit den Warenveräußerungen während der Sequestration einverstanden erklärt hat.

Der Kläger hat der Entfernung von Waren mit Schreiben vom 2. 2. 98 zunächst wirksam widersprochen (§ 560 S. 1 BGB).

Dem Widerspruch stand die Duldungspflicht aus § 560 S. 2 BGB nicht entgegen. Hiernach kann der Vermieter der Entfernung von Sachen im ordentlichen Geschäftsgang nicht widersprechen. Ein solcher war nach der Anordnung der Sequestration nicht mehr gegeben. § 560 S. 2 BGB liegt der Rechtsgedanke zugrunde, daß im regelmäßigen Geschäftsverkehr Warenein- und Warenausgang ungefähr gleich hoch sind (OLG Köln ZIP 1984, 89, 90). Das war seit dem 6. 2. 1998 nicht mehr gewährleistet, da mit der Einrichtung der Sequestration die Liquidation des Geschäftsbetriebs eingeleitet wurde.

Der Kläger hat aber mit Abschluß des Vertrags vom 27. 3. / 9. 4. 1998 (Bl. 34/35 GA) die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs, mithin die während der Sequestration erfolgten Warenveräußerungen gebilligt. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 19. 2. 98 (Bl. 29 GA) seine Absicht angekündigt, die nach Sequestrationsanordnung fällig gewordenen Mieten aus der Fortsetzung des Geschäftsbetriebs zu erwirtschaften. In dem Schreiben heißt es u.a.:

"Allerdings ist die Liquidität nur aus den Warenumsätzen zu erzielen. Die seit ... Wiedereröffnung der Märkte erzielten Tageseinnahmen sind ... noch nicht auf meinen Anderkonten eingegangen. Nach Zahlungseingang werden Sie über Zahlungstermine der ab dem 7. 2. 1998 fällig werdenden Mieten unterrichtet."

Der Kläger hat diese Verfahrensweise durch Unterzeichnung des Vertrags vom 27. 3. / 9. 4. 1998 akzeptiert. Unter Ziffer 2 verpflichtete sich die Gemeinschuldnerin zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit ab dem 8. 2. 1998. Aufgrund des Schreibens vom 19. 2. 1998 konnte kein Zweifel daran bestehen, daß die hierfür notwendigen Geldmittel aus dem Warenverkauf erwirtschaftet worden waren, so daß aus Sicht des Beklagten die Bereitschaft des Klägers zum Abschluß des Vertrags vom 27. 3. / 9. 4. 1998 als Billigung der dem Vermieterpfandrecht zuwidergelaufenen Verkäufe zu verstehen war. Auch Ziff. 3 b) S. 2 des Vertrags bestätigt diese Sichtweise. Hiernach sollten die verbleibenden Mietzinsforderungen als Konkursforderung geltend gemacht werden. Es kann dahinstehen, ob diese Bestimmung nicht sogar als Verzicht auf Absonderungsrechte bzw. Ansprüche gegen die Masse anzusehen ist. Jedenfalls gibt sie zu erkennen, daß der Kläger die Nachteile hinsichtlich der Durchsetzbarkeit der Mieten aus dem Zeitraum vor dem 8. 2. 1998 erkannt hat, desungeachtet mit der Verfahrensweise des Beklagten einverstanden war, weil hierdurch die Fortzahlung der Mieten/Nutzungsentschädigung ab dem 8. 2. 1998 sichergestellt war.

Der Kläger hat zu den damaligen Vorgängen vorgetragen, er sei damals davon ausgegangen, sein Vermieterpfandrecht würde ordnungsgemäß berücksichtigt (S. 4 der Klageschrift = Bl. 4 GA). Hierfür gab es nach der - dem Kläger sicherlich bekannt gewordenen - Wiedereröffnung der Filiale A. (12. 2. 1998), spätestens nach Erhalt des Schreibens vom 19. 2. 98 keine Anhaltspunkte. Denn der Kläger konnte nicht davon ausgehen, daß der Beklagte - dem Widerspruch vom 2. 2. 1998 gehorchend - vor der Wiedereröffnung die bezahlte Ware mit Rücksicht auf das Vermieterpfandrecht aussortiert hatte. Daß dies schon aus Zeitgründen nicht möglich war - die Filiale wurde schon 6 Tage nach Anordnung der Sequestration wiedereröffnet - mußte sich geradezu aufdrängen, zumal der Beklagte dem Verlangen aus dem Schreiben vom 2. 2. 1998, Lieferantenrechte glaubhaft zu machen, nicht nachgekommen war. Unter diesen Umständen hätte der Kläger sein Beharren auf dem im Schreiben vom 2. 2. 98 eingenommenen Standpunkt durch eine Ablehnung des Vertrags vom 27. 3. / 9. 4. 1998 zum Ausdruck bringen müssen.

c.

Aus dem Vorstehenden folgt, daß bezüglich des Zeitraums der Sequestration auch keine Auskunftsansprüche bestehen.

2. Zeitraum nach Konkurseröffnung

a.

Der Kläger hat über den vom Beklagten akzeptierten Umfang hinausgehend weder ein Absonderungsrecht am Veräußerungserlös (§ 127 Abs. 1 S. 2 KO), noch einen Masseanspruch (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 KO). Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, an welchen Waren ein Vermieterpfandrecht bestand. Zur Beschaffung der erforderlichen Tatsachen stand ihm ein aus § 242 BGB herzuleitender Auskunftsanspruch gegen den Beklagten zu. Diesen hat der Beklagte schon durch das im Schreiben vom 3. 4. 1998 (Bl. 32 GA) enthaltene Angebot, Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu nehmen (wiederholt im Schriftsatz vom 11. 11. 1998, S. 9 (= Bl. 59 GA, 3. Abs., 2. Satz)), erfüllt. Im einzelnen:

Der Kläger hatte an dem Warenbestand per 1. 4. 1998 - soweit die Gemeinschuldnerin Eigentümerin oder Anwartschaftsberechtigte war - ein Vermieterpfandrecht, das sich nach Veräußerung am Erlös fortsetzte (§ 127 Abs. 1 S. 2 KO). Dem steht nicht entgegen, daß er sich in der Vereinbarung vom 27. 3. / 9. 4. 1998 mit der Veräußerung der Waren einverstanden erklärt hatte (s.o. 1. b.). Denn nach § 127 Abs. 1 S. 1 KO ist der Konkursverwalter zur Verwertung dem Vermieterpfandrecht unterliegender Sachen unabhängig davon befugt, ob der Vermieter widerspricht oder nicht; der Vermieter hat kein Selbstverwertungsrecht aus § 127 Abs. 2 S. 1 KO (OLG Düsseldorf, ZIP 1990, 1014). Als Folge davon setzt sich das Vermieterpfandrecht am Erlös fort (BGH NJW 1995, 2783, 2787).

Es war Aufgabe des Klägers, die Eigentumsverhältnisse an der Ware im einzelnen vorzutragen. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB ist weder direkt noch analog heranzuziehen (RGZ 146, 334, 339/340). Zwar wird vertreten, daß von dem, der das Vermieterpfandrecht nicht anerkennt, ein begründetes Bestreiten zu verlangen sei (RGZ a.a.O., OLG Köln ZIP 1984, 89, 90). Das gilt aber nicht gegenüber einem Konkursverwalter. Seine Aufgabe besteht nicht darin, den absonderungsberechtigten Gläubigern zur Durchsetzung ihrer Rechte zu verhelfen und in der Hektik der Verfahrensabwicklung unübersichtliche Sicherungsrechte zu klären. Es ist grundsätzlich Sache des Sicherungsgläubigers, die abzusondernden Gegenstände im einzelnen näher zu bezeichnen (Kuhn-Uhlenbruck a.a.O. § 6 RNr. 53d). Dem Umstand, daß der Vermieter regelmäßig außerstande ist, die Eigentumsverhältnisse am Warenbestand eines Unternehmens festzustellen, wird durch die von der Rechtsprechung entwickelte Auskunftspflicht des Konkursverwalters (BGHZ 70, 86, 88/90) hinreichend Rechnung getragen. Hiernach kann der Sicherungsgläubiger im Rahmen des Zumutbaren (§ 242 BGB) Auskunft über die Gegenstände verlangen, an denen er Sicherungsrechte geltend machen will.

Der Beklagte hat den Auskunftsanspruch schon durch das Schreiben vom 3. 4. 1998 erfüllt, weshalb der Hilfsantrag auch für die Zeit ab dem 1. 4. 1998 keinen Erfolg hat. Wie dargelegt, bemißt sich der Umfang des Auskunftsanspruchs nach der Zumutbarkeit. Abzuwägen ist der Arbeits- und Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen und das schutzwürdige Interesse des Auskunftsberechtigten. Zu berücksichtigen ist insbesondere, daß der Konkursverwalter im Interesse aller Beteiligten auf eine zügige Verfahrensabwicklung bedacht sein muß (BGHZ 70, 86 90). Hiernach wird der Konkursverwalter den Auskunftsanspruch regelmäßig dadurch abwehren können, daß er dem Gläubiger Einsicht in die Geschäftsunterlagen anbietet (Kuhn-Uhlenbruck a.a.O. § 6 RNr. 53d). Das ist mit Schreiben vom 3. 4. 1998 geschehen. Das Angebot zur Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen war zwar dem Wortlaut nach an die Lieferantengläubiger gerichtet. Aus dem Umstand, daß der Beklagte dieses Rundschreiben auch dem Kläger als Vermieter übersandt hat, war die Bereitschaft des Beklagten zu erkennen, auch diesem die Einsichtnahme zur Verfolgung seiner Recht zu ermöglichen.

Mehr als die Einsicht in die aufbereiteten Geschäftsunterlagen durfte der Kläger nicht erwarten. Angesichts des Umfangs des Konkursverfahrens konnte er nicht verlangen, daß der Beklagte vor der Veräußerung jeden einzelnen Artikels darauf überprüft, ob und in welchem Umfang daran Sicherungsrechte bestanden. Da die Anzahl der Lieferanten in die Hunderte geht, hätte das zu einer massiven Behinderung der Konkursabwicklung geführt. Einer solchen Verfahrensweise standen nicht nur die berechtigten Interessen der übrigen Konkursbeteiligten, sondern auch das mit Abschluß des Vertrags vom 27. 3. / 9. 4. 1998 erklärte Einverständnis mit der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs entgegen.

b.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß der Kläger auch keine Ansprüche gegen den Beklagten persönlich hat. Der Beklagte war nach § 127 Abs. 1 S. 1 KO befugt, die dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Waren zu verwerten. Ebensowenig ist ihm vorzuwerfen, daß er es unterlassen hat, vor der Veräußerung den Umfang der Lieferantenrechte festzustellen. Der Kläger hat mit Abschluß des Vertrags vom 27. 3. / 9. 4. 1998 das Einverständnis mit der Verfahrensweise des Beklagten erklärt.

Der Schriftsatz des Klägers vom 31. August 1999 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits nach §§ 91a Abs. 1 ZPO i. V. m. 93 ZPO analog 92 Abs. 2 ZPO analog aufzuerlegen.

In Höhe der Zahlung von 105.816,57 DM ist Erfüllung des Zahlungsanspruchs eingetreten, so daß nach § 93 ZPO, der in einer solchen Konstellation im Rahmen des § 91a Abs. 1 ZPO analoge Anwendung findet (Zöller, ZPO, 21. A., § 91a, RNr. 25), der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, wenn er Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. Das ist hinsichtlich eines Teilbetrags von 6.210,00 DM der Fall, da der Beklagte den Erlös aus der Verwertung des Inventars trotz seiner vorprozessualen Zahlungszusage (Schreiben vom 24. 06. 1998) nicht geleistet hat. Im übrigen hat der Beklagte keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, da es - wie oben ausgeführt - dem Kläger oblag, die Waren, an denen ein Vermieterpfandrecht bestand, im einzelnen zu bezeichnen. Da der auf das Inventar entfallende Teilbetrag (6.210,00 DM) im Verhältnis zur Gesamtforderung (219.914,92 DM) verhältnismäßig geringfügig ist und ein Zahlungsklage in Höhe von 213.704,92 DM (= 219.914,92 DM - 6.210,00 DM) keine niedrigeren Prozeßkosten ausgelöst hätte, ist dem Beklagten in analoger Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO keine Kostenquote aufzuerlegen.

Den Auskunftsanspruch bezüglich des Kassenbestandes hat der Beklagte, wie oben unter 2a) dargelegt, schon vorprozessual durch das Schreiben vom 3. 4. 1998 erfüllt, so daß der Auskunftsantrag von Anfang an unbegründet war.

Im übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz:

1) bis zum 26. 08. 1999

a) Zahlungsantrag: 219.914,92 DM

b) Auskunftsantrag: 0,00 DM (betrifft denselben Gegenstand wie der Zahlungsantrag, § 19 Abs. 1 S. 3 GKG).

2) ab 27. 08. 1999

Der Streitwert entspricht dem Wert des nicht erledigt erklärten Teils (BGH NJW-RR 1991, 1211):

a) Hauptforderung: 114.098,35 DM,

b) Selbständige Zinsen: 7.152,50 DM, insgesamt 121.250,85 DM. Beschwer für den Kläger: über 60.000 DM

Ende der Entscheidung

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