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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.12.2002
Aktenzeichen: 5 U 93/01
Rechtsgebiete: HOAI, DÜG, EGBGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 15
HOAI § 16
HOAI § 33
DÜG § 1
EGBGB § 5
BGB § 242
BGB § 404
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 287 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 93/01

Verkündet am 6. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K....... sowie die Richter am Oberlandesgericht G.... und D........

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. Juli 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt - aus abgetretenem Recht ihres Vaters (im folgenden Dipl.-Ing. B.) - von den Beklagten Bezahlung von drei Rechnungen für die Tätigkeit ihres Vaters im Zusammenhang mit der Errichtung ihres Einfamilienhauses Im Hunengraben 9 in Kaarst.

Die Beklagten hatten mit der Errichtung des Objektes den Architekten B...... beauftragt. Sie bezogen das Objekt Ende 1999/Anfang 2000 und waren mit den Leistungen ihres Architekten und mit den Arbeiten der Handwerker nicht zufrieden. Sie zogen daher eine Rechtsanwältin zu Rate, auf deren Vorschlag Dipl.-Ing. B. als Baufachmann hinzugezogen wurde.

Am 27. Dezember 1999 fand eine gemeinsame Besprechung statt. Die Beklagten bedankten sich mit Schreiben vom 29. Dezember 1999 für den ersten geduldigen Besuch des Dipl.-Ing. B. in ihrem Neubau und übermittelten eine Mängelliste den Architekten betreffend sowie eine Liste über die Gewerke.

Dipl.-Ing. B. bestätigte am 2. Januar 2000 mit Formblatt den ihm erteilten Auftrag "in der gutachterlichen Stellungnahme" und teilte mit, seine Leistungen würden gemäß ZSEG für das Anfertigen seines Gutachtens u.a. mit 130 DM je Stunde abgerechnet.

Am 14. Januar 2000 übersandten die Beklagten dem Dipl.-Ing. B. Rechnungen der Schlosserfirma Sch...... und des Bauunternehmers St...... mit der Bitte um Prüfung und Empfehlung sowie die Rechnung der Sanitärfirma E...... zur Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 6. März 2000 stellten die Beklagten Dipl.-Ing. B. ihre derzeitige Hauptlinie in der sachgerechten Vollendung ihres Bauvorhabens dar:

"Aufgrund der finanziellen Größenordnungen sollten wir uns auf die Mängel und Unterlassungen an Bauherrn-Information konzentrieren, die dem Architekten B...... anzulasten sind:

1. Flachdach

2. Holzfachwerk-Anlage (Konstruktion und Bearbeitung)

3. Terrassenanlage

4. Garagentor

5. Treppe (im Hinblick auf die strittige Erfordernis der teuren Konstruktion, die nicht erwünscht und abgesprochen war)

Bei den Abrechnungen ist eine Reduktion Ihrer Bearbeitung auf effektive Punkte sinnvoll:

6. Maurer St......

7. Metallbau Sch...... (beschränkt auf Garagentor; die "Bauherrschaft wünscht keinen Streit über sonstige geringwertige Objekte wie Stahlstütze oder Senkgrubendeckel")

8. Tiefbau S...... (Abfolge und Sinnfälligkeit der Maßnahmen, Maße sind geprüft)

9. Heizung E...... (fast fertig)."

Mit Schreiben vom 17. Januar 2000 bestätigten die Beklagten ein in der vergangenen Woche geführtes Gespräch mit Dipl.-Ing. B., in dem sie ihn beauftragt hatten, ein privates Beweissicherungsgutachten zu näher bezeichneten Fragen betreffend die Fensteranlagen zu fertigen zu den gleichen Sätzen aus der Auftragsbestätigung vom 2. Januar 2000 bezüglich der übrigen Betreuung der Neubaumaßnahme. Dieses Gutachten legte Dipl.-Ing. B. am 27. März 2000 vor.

Am 19. März 2000 gab es u.a. eine weitere Besprechung, über die die Beklagten folgendes Protokoll fertigten:

"Die Bearbeitung unserer Hausbauangelegenheiten soll im weiteren Verlauf streng zielorientiert und erfolgsorientiert erfolgen.

Wir haben in dem Gewerk Bauschlosser Sch...... die paradoxe Situation, dass die Rechnungsdurchsicht durch den früheren Architekten eine geringere Gesamtsumme ergab als die Prüfung durch B.. Dazu führt nicht nur der Verlust des Skonto durch das Verpassen des Termins, sondern auch das Ergebnis hinsichtlich des Garagentores, das entgegen der früheren Aussage des Herrn Sch......, es kostenlos zu verbessern, jetzt mit einem Aufwand von DM 500 eingebaut werden soll.

Hinsichtlich des doch drängenden Nachbesserungsbedarfs an den nässenden Wänden Treppenhaus Ost erleben wir mit beträchtlicher Frustration, dass sich bis heute keine Perspektive ergeben hat.

Kern-Themen, die geklärt werden und in absehbarer Zeit zu aktiver Nachbesserung führen müssen:

1. Ist das Flachdach fehlerhaft angelegt?

a) Wenn ja, mit welchen Maßnahmen kann Abhilfe geschaffen werden?

b) Welche Kosten sind für diese Maßnahmen zu erwarten?

2. Ist die Terrasse fehlerhaft angelegt?

a) Wenn ja, mit welchen Maßnahmen kann Abhilfe geschaffen werden?

b) Welche Kosten sind für diese Maßnahmen zu erwarten?

3. Ist das Putz-auf-Holz-Verfahren an Fenstern und Türen fehlerhaft?

a) Wenn ja, mit welchen Maßnahmen kann Abhilfe geschaffen werden?

b) Welche Kosten sind für diese Maßnahmen zu erwarten?

4. Ist die schwebende Treppenkonstruktion im Treppenhaus erforderlich?

a) Wenn nicht, welche Alternativen bestehen?

b) Sind die alternativen Verfahren preiswerter?

Weitere Inhalte sollten im Hintergrund bleiben, bis diese wesentlichen Fragen bearbeitet sind.

Wir müssen jetzt insbesondere die juristische Bearbeitung intensivieren und dazu die gutachterlichen Stellungnahmen möglichst vor B.Žs Urlaub (bis zum 26.03.2000) auf der Grundlage der bisherigen ausführlichen Recherchen bekommen."

In einer Folgebesprechung am 20. März 2000 beauftragten die Beklagten Dipl.-Ing. B., zu den oben genannten Punkten ein Sachverständigengutachten zu erstatten. Das Gutachten legte Dipl.-Ing. B. am 28. März 2000 vor.

Dipl.-Ing. B. erteilte den Beklagten verschiedene Rechnungen:

Am 30. Januar 2000 für den Zeitraum vom 27. Dezember 1999 bis zum 30. Januar 2000 13.656,77 DM für 87 Stunden, sowie am 29. Februar 2000 für die Zeit vom 31. Januar 2000 bis zum 28. Februar 2000 11.477,60 DM für 69 Stunden.

Beide Rechnungen sind bezahlt.

Der Rechtsstreit betrifft drei weitere Rechnungen, nämlich:

1. Rechnung vom 27. März 2000 für ein Gutachten zu der Fensteranlage gemäß Auftrag vom 17. Januar 2000 mit 6.274,44 DM (37 Stunden).

2. Rechnung vom 28. März 2000 für das Privatgutachten gemäß Auftrag vom 19./20. März 2000 mit 2.332,76 DM (13,5 Stunden).

3. Schließlich erteilte Dipl.-Ing. B. unter dem 31. März 2000 eine weitere Rechnung für gutachterliche Stellungnahme und Beratertätigkeit gemäß Leistungsnachweis für die Zeit vom 29. Februar 2000 bis zum 28. März 2000 in Höhe von 6.890,03 DM.

Unter dem 2. August 2000 erstellte Dipl.-Ing. B. diese drei Rechnungen neu gemäß HOAI, wobei er wegen Fotokopierkosten bei der Rechnung für das Gutachten vom 27. März 2000 lediglich noch ansetzte 6.094,52 DM.

Die Klageforderung aus den genannten drei Rechnungen beträgt insgesamt 15.317,25 DM.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, Dipl.-Ing. B. sei hinzugezogen worden als Sachverständiger mit dem Auftrag, bestimmte Baumängel gutachterlich festzustellen. Er habe jedoch in der Tätigkeit, die er über den Gutachtenauftrag hinaus ausgeübt habe, eine gute Einnahmequelle gesehen.

Die Prüfung der Rechnung St...... sei eine unbrauchbare Schnellprüfung gewesen.

Dipl.-Ing. B. habe - zu Unrecht - einen Komplott zwischen dem Architekten und Handwerkern vermutet. Er habe nur einen Gutachtenauftrag gehabt. Die Beklagten hätten daher angenommen, die zuvor ergangenen Rechnungen im Januar und Februar bezögen sich auf die zu erwartenden Gutachten. Die Stundenaufstellung enthalte auch Leistungen für die Gutachten.

Die Tätigkeit von Dipl.-Ing. B. die Heizungsinstallation betreffend sei weitgehend sinnlos gewesen, weil ihm die entsprechende Qualifikation gefehlt habe. Die Leistungen bezüglich der Rechnungsprüfung Schlosserei Sch...... sei fehlerhaft. Insgesamt stelle B. für zwei Gutachten geradezu horrenden Stundenaufwand in Rechnung. Sie hätten 25.000 DM gezahlt in der Annahme, es handele sich um die Kosten für die zu erwartenden Gutachten.

Die Gutachten seien nicht ohne Mängel, was die Beklagten näher dargelegt haben.

Das Landgericht hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.

Da das Gutachten vom 27. März 2000 betreffend die Fensteranlage die Leistungen des Architekten und von Handwerkern betreffe, hätte Dipl.-Ing. B. die Rechnung aufspalten und zum Teil nach § 33 HOAI abrechnen müssen.

Die Abrechnung für das Gutachten vom 28. März 2000 (Flachdach pp.) entspreche nicht der HOAI, weil das Honorar vor Auftragserteilung nicht schriftlich vereinbart worden sei, so dass nur die Mindestsätze abgerechnet werden könnten.

Mit der Rechnung für März habe Dipl.-Ing. B. Architektenleistungen abgerechnet, für die auf der Basis der Honorartafel gemäß § 16 HOAI habe abgerechnet werden müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.

Sie meint, das Landgericht habe Wiedereinsetzung gewähren müssen, weil die Klägerin Hinweise aus dem Beschluss des Landgerichtes nicht auf die fehlende Prüffähigkeit und Fälligkeit der Rechnungen bezogen habe.

Die Rechnung für März betreffe keine Architektenleistung gemäß Leistungsphase 8 des § 15 HOAI, sondern quasi nur die Prüfung der Rechnungsprüfung des Architekten, sowie die Feststellung des Status quo des Bauvorhabens wegen etwaiger Mängel.

Die Rechnung für das Gutachten vom 27. März 2000 sei nicht zu beanstanden. § 33 HOAI sei nichtig, so dass das Honorar habe frei vereinbart werden können. Jedenfalls sei § 33 HOAI bei gemischten Gutachterleistungen nicht anwendbar.

Die Rechnung für das Gutachten vom 28. März 2000 sei nicht zu beanstanden, der Auftrag hierzu erst am 19. März 2000 erteilt worden.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, an sie 15.317,31 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 vom 3. September 2000 an zu zahlen.

Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Berufung.

Dipl.-Ing. B. sei als Privatsachverständiger hinzugezogen worden und habe aufgrund bloßer Spekulationen nochmalige und weitgehend unbrauchbare Rechnungsprüfung an sich gerissen und so die Kosten auf fast 40.000 DM hochgetrieben, anstatt sich mit maximal 10.000 DM zu begnügen.

Die Prüffähigkeit der Rechnungen fehle, weil er Privatgutachtertätigkeit mit dem sonstigen Tätigkeitsbereich vermengt habe. Zeit- und Kostenaufwand bleibe bestritten.

Eine Abrechnung nach ZSEG sei unzulässig. Dipl.-Ing. B. rechne nun selbst nach HOAI ab, ohne die hiernach geltenden Grundsätze zu beachten. Wenn er davon abweichen wolle, müsse er nach BGB abrechnen.

Die Beklagten wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Unbrauchbarkeit und Mangelhaftigkeit der Leistungen des Dipl.-Ing. B. und die hiermit verbundenen Aufrechnungen (GA 39 ff. und 121 f.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie kann von den Beklagten nicht aus abgetretenem Recht ihres Vaters, Dipl.-Ing. B., Zahlung weiteren Honorars in Höhe von insgesamt 15.317,31 DM (= 7.831,62 EUR) verlangen.

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien und das Rechtsverhältnis zwischen den Beklagten und Dipl.-Ing. B. sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 5 EGBGB.

Die Klageforderung setzt voraus, dass Dipl.-Ing. B. mit den Beklagten einen Werkvertrag über die hier abgerechnete Tätigkeit abgeschlossen hat und hiernach der Honoraranspruch gerechtfertigt ist.

Daran fehlt es.

Die Beklagten haben Dipl.-Ing. B. beauftragt, die von ihnen beanstandeten Mängel ihres Bauvorhabens gutachterlich zu prüfen. Diesen Auftrag haben sie ihm erteilt in dem gemeinsamen Gespräch vom 27. Dezember 1999. Im Anschluss an dieses Gespräch haben die Beklagten Dipl.-Ing. B. eine von ihnen erstellte Mängelliste unter Zusammenstellung der einzelnen Gewerke übersandt. Den ihm erteilten Auftrag hat Dipl.-Ing. B. unter dem 2. Januar 2000 bestätigt als Auftrag zu einer "gutachterlichen Stellungnahme". Den Stundensatz für das Anfertigen seines Gutachtens hat er mit 130 DM angegeben und auch die übrigen Kosten der Höhe nach beziffert. Es kann dahinstehen, ob Dipl.-Ing. B., wie er anlässlich seiner Vernehmung als Zeuge vor dem Senat bekundet hat, sich insoweit in dem Formular vergriffen hat. Jedenfalls durften die Beklagten aufgrund seines Bestätigungsschreibens vom 2. Januar 2000 davon ausgehen, dass Dipl.-Ing. B. sich als mit der Fertigung einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragt angesehen hat. Angesichts dessen konnten und durften die Beklagten erwarten, dass Dipl.-Ing. B. sich mit den von den Beklagten beanstandeten Mängeln im Zusammenhang mit deren Bauvorhaben gutachterlich befassen würde. Auch hinsichtlich der Rechnungen, die sie ihm mit Schreiben vom 14. Januar 2000 übersandten, haben die Beklagten ausschließlich Prüfung und Empfehlung erbeten.

Der folgende Schriftverkehr bestätigt, dass die Beklagten Dipl.-Ing. B. mit der Fertigung einer gutachterlichen Stellungnahme und nicht mit einer umfassenden und gegenständlich nicht beschränkten Beratungstätigkeit hinsichtlich ihres vollständigen Bauvorhabens beauftragt hatten. Mit Schreiben vom 17. Januar 2000 haben sie ihn ausdrücklich gebeten, gutachterlich zu konkreten Fragen Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 6. März 2000 haben sie Dipl.-Ing. B. unter dem Betreff "BV Im Hunengraben 9 - Generallinie" ausdrücklich aufgefordert, sich auf bestimmte Probleme/Themen zu konzentrieren. Dem entspricht es, wenn sie schließlich in der Besprechung mit Dipl.-Ing. B. vom 19. März 2000 ausdrücklich vereinbart bzw. bekräftigt haben, die Bearbeitung solle streng ziel- und erfolgsorientiert erfolgen, weitere Inhalte sollten im Hintergrund bleiben, bis die ausdrücklich vereinbarten Kernfragen bearbeitet seien.

Aufgrund dieses Vertragsverhältnisses zwischen den Beklagten und Dipl.-Ing. B. steht diesem gegen die Beklagten kein Werklohnanspruch in Höhe von noch 15.317,31 DM aus den jetzt durch die Klägerin aufgrund abgetretenen Rechts eingeklagten drei Rechnungen zu.

Zwar ist der Klägerin der Nachweis gelungen, dass ihr Vater tatsächlich den in Rechnung gestellten Zeitaufwand geleistet hat. Als Zeuge hierzu vernommen hat Dipl.-Ing. B. bestätigt, er habe jede Tätigkeit für die Beklagten - im Wortsinne - minutiös festgehalten und unmittelbar im Anschluss an die betreffende Tätigkeit in einem - grundsätzlich hinter ihm liegenden - Abrechnungsformular notiert und zugleich den Gegenstand seiner Tätigkeit vermerkt. Dabei habe er - wie er es sich seit langem angewöhnt habe - in das Dezimalsystem umgerechnete Zeitangaben verwendet. Der Zeuge war auf Nachfragen in der Lage, die Stundenaufstellung beispielhaft zu erläutern. So gab er an, die am 18. Februar 2000 eingetragenen 0,75 Stunden "Helfer, Einladungen zur Post" beträfen einen Botengang seiner Ehefrau und beruhten auf deren Angabe. Er müsse allerdings einräumen, dass er wohl versehentlich vergessen habe, die im Zusammenhang mit diesem Termin entstandenen Fahrkosten anzusetzen. Weiter legte der Zeuge Telefonkostenabrechnungen der Post vor, aus denen sich ergab, dass die von ihm unter dem 17. und 21. März 2000 notierten Telefonate von je 0,917 Stunden (entspricht 55 Minuten) nach Abrechnung der Post tatsächlich 54 Minuten und 12 Sekunden gedauert haben.

Dem hiernach "formal" grundsätzlich gerechtfertigten Honoraranspruch des Dipl.-Ing. B. steht wegen des dargestellten und von ihm betriebenen Zeitaufwandes, der den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Betriebsführung eklatant widerspricht, ein Gegenanspruch der Beklagten wegen positiver Vertragsverletzung zu. Hierauf berufen die Beklagten sich im Berufungsrechtszug zu Recht, indem sie beanstanden, der von Dipl.-Ing. B. betriebene Zeitaufwand sei überhöht. Gerechtfertigt sei maximal ein Aufwand entsprechend einem Honorar von 10.000 DM.

Anders als bei einem Pauschalpreisvertrag, einem Einheitspreisvertrag oder der Abrechnung nach angemessener, üblicher oder taxmäßiger Vergütung, bei denen es dem Besteller auf wirtschaftliches Arbeiten des Unternehmers nicht entscheidend ankommt, weil unwirtschaftliches Verhalten des Unternehmers nicht unmittelbar in die Abrechnung einfließt, spielt der erforderliche Zeitaufwand bei vereinbarter Vergütung nach geleisteter Zeit eine entscheidende Rolle. Wenn auch in der Regel bei der Vereinbarung einer Vergütung nach Zeitaufwand der Streit um die Erforderlichkeit des Zeitaufwandes abgeschnitten werden soll, so bedeutet dies nicht, dass eine zeitabhängige Vergütung von Qualität und Quantität der Leistung unabhängig sei. Vielmehr begründet die Vereinbarung einer zeitabhängigen Vergütung nach Treu und Glauben, § 242 BGB, eine Verpflichtung des Unternehmers (hier des Dipl.-Ing. B.) gegenüber dem Besteller (hier den Beklagten) zu wirtschaftlicher Betriebsführung (BGH BauR 2000, 1196 = NJW 2000, 1107).

Diese vertragliche Nebenpflicht hat Dipl.-Ing. B. verletzt.

Er hat - dies steht nach seiner Vernehmung als Zeuge zu den hier eingeklagten drei Rechnungen sowie unter Berücksichtigung der beiden nicht streitgegenständlichen Rechnungen fest - im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagten insgesamt einen Zeitaufwand von 248,16 Stunden betrieben, nämlich 92,16 Stunden aus den streitgegenständlichen Rechnungen und darüber hinaus 87 bzw. 69 Stunden aus den bereits von den Beklagten beglichenen Rechnungen. Dieser Zeitaufwand sollte nach Auffassung von Dipl.-Ing. B. nicht einmal abschließend sein. Unstreitig hat er seine Tätigkeit nicht etwa deshalb beendet, weil er seine Aufgabe als erledigt angesehen hat, sondern deshalb, weil die Beklagten sich schließlich im März 2000 veranlasst gesehen haben - wie die Klägerin meint, mit "kriminalistischer List" -, die Herausgabe der Unterlagen von Dipl.-Ing. B. herbeizuführen und die Zusammenarbeit ihrerseits zu beenden.

Der von Dipl.-Ing. B. betriebene Zeitaufwand - das machen die Beklagten zu Recht geltend - ist im Rahmen des ihm erteilten Auftrages zur Begutachtung der von den Beklagten beanstandeten Mängel ihres Bauvorhabens nicht mehr gerechtfertigt.

Soweit Dipl.-Ing. B. hierzu als Zeuge vor dem Senat vernommen und die Höhe des von ihm betriebenen Zeitaufwandes damit zu erläutern versucht hat, er habe zunächst einmal das heillose Durcheinander klären müssen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Beklagten hatten Dipl.-Ing. B. unmittelbar nach dem Auftragsgespräch vom 27. Dezember 1999 eine Liste der vermeintlichen Mängel übersandt. Diese Liste enthält zwar eine Vielzahl verschiedener Positionen. Jedoch betreffen die meisten dieser Positionen lediglich einfache Fragen (etwa: 2 Fenster nicht ausreichend öffenbar; Heizkörper Kellerflur nicht geplant; Bettnische im Elternschlafzimmer abweichend vom Plan zu klein ...). Zu einem anderen Teil enthält die Mängelliste der Beklagten Rechtsfragen, die Dipl.-Ing. B. nicht zu beantworten hatte (Flachdach trotz gegenteiliger Absprache; keine Information über Kostensteigerungen in den Gewerken; Kunststofffenster nicht rechtzeitig bestellt ...). Soweit darüber hinaus verschiedene Positionen einer Begutachtung durch Dipl.-Ing. B. grundsätzlich zugänglich waren und soweit die Beklagten im späteren Schriftwechsel - s.o. - ihren Gutachterauftrag an Dipl.-Ing. B. konkretisiert haben, bedurfte es zur ordnungsgemäßen Bearbeitung dieses Auftrages durch Dipl.-Ing. B. nicht des von ihm geltend gemachten Zeitaufwandes von ca. 250 Stunden. Ein solcher Stundenaufwand entspräche bei einem wöchentlichen Stundenpensum von 40 Wochenstunden in der Zeit von Januar bis März schon der hälftigen Arbeitszeit des Sachverständigen; setzt man 60 Wochenstunden an, so würde die Arbeit für die Beklagten immerhin 1/3 der gesamten Arbeitszeit des Dipl.-Ing. B. in Anspruch genommen haben. Dies ist ersichtlich unangemessen.

Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in Bausachen und aus der Prüfung einer Vielzahl von Honorarabrechnungen gerichtlicher oder privater Sachverständiger schätzt der Senat gestützt auf § 287 Abs. 2 ZPO (zur Zulässigkeit einer solchen Schätzung vgl. BGH BauR 2000, 1196), dass im Rahmen der gebotenen wirtschaftlichen Betriebsführung der an Dipl.-Ing. B. gegebene Auftrag jedenfalls zu erfüllen gewesen wäre mit dem von ihm für die Monate Januar und Februar in Rechnung gestellten Aufwand von 156 Gutachterstunden. Es mag dahinstehen, ob nicht bereits dieser Aufwand unangemessen hoch war; denn die Beklagten haben Rückzahlung der nicht streitgegenständlichen und von ihnen bereits bezahlten Rechnungen nicht verlangt. Keinesfalls aber war ein höherer Stundenaufwand des Dipl.-Ing. B. gerechtfertigt.

Nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung, die gewohnheitsrechtlich anerkannt sind, steht den Beklagten mithin gegenüber Dipl.-Ing. B. ein Schadensersatzanspruch zu, der seiner Höhe nach mindestens dem Betrag der Klageforderung entspricht. Diesen Schadensersatzanspruch können die Beklagten der Honorarforderung des Dipl.-Ing. B. gemäß § 242 BGB entgegenhalten. Denn es ist rechtsmissbräuchlich, eine Leistung zu fordern, die alsbald zurückzugewähren wäre. Dies gilt insbesondere im Falle der Geltendmachung einer Forderung, wenn der Gläubiger das Geleistete als Schadensersatz erstatten müsste (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 242, 52 m.N.). Dieser Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greift auch gegenüber der Klägerin, an die Dipl.-Ing. B. seinen Honoraranspruch abgetreten hat, § 404 BGB.

Mithin ist die Klageforderung unbegründet; die Berufung der Klägerin daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 7.831,62 EUR.

Ende der Entscheidung

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