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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: II-1 UF 59/05
Rechtsgebiete: BGB, BSHG


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 1601
BGB § 1602
BGB § 1603 Abs. 1
BGB § 1606 Abs. 3
BGB § 1609 Abs. 1
BGB § 1609 Abs. 2
BSHG § 91
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 07.01.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort -15 F 53/02- unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 06.07.2000 bis zum 31.12.2001 einen Unterhaltsrückstand von 5.394,44 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 03.02.2002 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits tragen zu 46 % die Klägerin und zu 54 % die Beklagte. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen zu 14 % die Klägerin und zu 86 % die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen die am 23.12.1946 geborene Beklagte als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Gegenstand der Klage sind Ansprüche aus der Zeit vom 06.07.2000 bis zum 31.12.2001.

Die am 04.04.1919 geborene Mutter der Beklagten, Frau J. S., lebte in der Zeit vom 06.07.2000 bis zum 31.12.2001 im Altenheim M A. Die Mutter ist am 26.02.2005 verstorben. Die Kosten des Heimaufenthalts konnten durch die von der Mutter der Beklagten bezogene Rente und das Pflegegeld nicht vollständig bestritten werden. Es verblieb - nunmehr unstreitig - ein ungedeckter Betrag in Höhe von 9.746,99 €, in dessen Höhe an die Mutter der Beklagten Sozialhilfe geleistet wurde. Mit Schreiben vom 30.06.2000 wurde der Beklagten gegenüber die Hilfegewährung angezeigt.

Die Mutter der Beklagten hat eine weitere Tochter, die Zeugin H. G.

Die Schwester der Beklagten ist verheiratet. Einer Erwerbstätigkeit geht sie nicht nach, ihr Ehemann bezieht eine Rente in Höhe von ca. 1.500 €.

Die Beklagte ist alleinstehend und als Chefsekretärin vollschichtig erwerbstätig. Im Jahr 2000 erzielte sie ein Jahresnettoeinkommen in Höhe von 44.755,31 DM (= 22.883,07 €), im Jahr 2001 in Höhe von 47.137,75 DM (=24.101,14 €), Blatt 27 und 29 der Gerichtsakte.

Mit der vorliegenden Klage, der ein Ende Januar 2002 eingeleitetes Mahnverfahren vorausging, hat die Klägerin übergeleitete Unterhaltsansprüche in Höhe von insgesamt 9.746,99 € zuzüglich Zinsen gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

Die Beklagte hat vorgebracht, dass ihre Schwester von der Mutter einen Geldbetrag in Höhe von 100.000,00 DM erhalten habe. Den Kontakt zu ihrer Mutter habe sie vor langer Zeit abgebrochen, der Unterhaltsanspruch sei aus diesem Grunde verwirkt.

Zudem hat die Beklagte mangelnde Leistungsfähigkeit eingewandt. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass von ihrem Einkommen Kosten der jährlichen Ayurveda-Kuren in Höhe von monatlich 748,75 DM abzuziehen seien, da die Kuren zur Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit erforderlich seien. Zudem habe sie als Chefsekretärin einen erhöhten Kleiderbedarf, insoweit beziffert die Beklagte den Mehrbedarf auf monatlich 200,00 DM. Weiter müsse sie aus gesundheitlichen Gründen Gymnastik betreiben, ihr entstünden dadurch Kosten in Höhe von monatlich 120,00 DM.

Schließlich sei es erforderlich gewesen, ihren aus dem Jahre 1991 stammenden Pkw Seat Marbella durch ein anderes Fahrzeug zu ersetzen. Im Mai 2001 habe sie deshalb einen Nissan Micra erworben, der Kauf sei über einen Kredit finanziert worden. Die Beklagte macht geltend, dass sie seit dem 01.08.2001 Tilgungsraten in Höhe von monatlich 219,86 € zu zahlen habe.

Das Amtsgericht hat zu der Frage Beweis erhoben, ob Frau H. G. einen Betrag in Höhe von 100.000,00 DM erhalten hat. Mit Urteil vom 07.01.2005 hat das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Unterhalt für ihre Mutter J. S. für die Zeit vom 06.07.2000 bis 31.12.2001 in Höhe von insgesamt 2.376,37 € zzgl. Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Eine Verwirkung des Anspruchs hat das Amtsgericht verneint. Die Zahlung eines Geldbetrages an die Schwester in Höhe von 100.000,00 DM habe nicht festgestellt werden können.

Das Amtsgericht hat bei der Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens die Kosten der Ayurveda-Kuren in Höhe von monatlich 255,22 €, einen "erhöhten Kleiderbedarf" in Höhe von 76,69 € und Kosten für "Sport" in Höhe von monatlich 17,00 € als abzugsfähig angesehen. Ab dem 01.08.2001 hat es weiter die Kreditrate für das Auto in Höhe von monatlich 219,86 € als Abzugsposten anerkannt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin, sie begehrt die Verurteilung der Beklagten zu weiteren 3.844,78 €, insgesamt damit in Höhe von 6.221,15 €.

Die Klägerin wendet ein, dass die Kosten der Kuren, des Kleiderbedarfs und des Sports aus dem erhöhten Selbstbehalt zu zahlen seien. Die Kreditrate für den Autokauf könne nicht in Abzug gebracht werden, da der Beklagten eine 5prozentige Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen zugebilligt worden sei.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

Die Beklagte schuldet ihrer Mutter dem Grunde nach Unterhalt für die Zeit der Heimunterbringung vom 06.07.2000 bis zum 31.12.2001 gemäß §§ 1601, 1602 BGB.

Die Mutter war während dieses Zeitraums bedürftig. Der Bedarf richtet sich nach der Lebensstellung der Eltern, § 1601 BGB. Bei einer Heimunterbringung entspricht der Bedarf den nicht gedeckten Kosten einschließlich eines Taschengeldes. Die Klägerin hat im Einzelnen dargelegt, dass sie in Höhe von 9.746,99 € nicht gedeckte Heim- und Pflegekosten übernommen hat. Soweit die öffentliche Hand durch Leistung von Sozialhilfe einspringt, geht für die Zeit bis zum 31.12.2004 nach § 91 BSHG der Unterhaltsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über.

Da die Klägerin Ansprüche aus übergeleitetem Recht geltend macht, stehen ihr Ansprüche nur in dem Umfang zu, wie sie die Mutter nach den §§ 1601, 1603 Abs. 1 BGB von der Beklagten als ihrer Tochter verlangen kann.

Die Beklagte haftet zusammen mit ihrer Schwester gem. § 1606 Abs. 3 BGB anteilig nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnisses der Geschwister. Die Schwester der Beklagten ist nicht leistungsfähig, sie selbst erzielt kein Einkommen, ihr Ehemann bezieht eine Rente in Höhe von 1.500 €. Eine Quotelung der Haftungsanteile nach § 1606 Abs. 3 BGB scheidet damit aus. Die von der Beklagten behauptete Schenkung eines Geldbetrages in Höhe von 100.000,00 DM hat die Beklagte nicht beweisen können, insoweit ist das erstinstanzliche Urteil nicht angegriffen worden.

Die Klägerin kann von der Beklagten nach deren Leistungsfähigkeit für die Zeit vom 06.07.2000 bis zum 31.12.2001 einen Betrag in Höhe von 5.394,44 € verlangen.

Nach § 1601 BGB sind auch die Kinder gegenüber ihren Eltern unterhaltsverpflichtet, der Anspruch ist jedoch schwächer ausgestaltet, da die bedürftigen Eltern allen anderen Unterhaltsberechtigten im Rang gemäß § 1609 I,II BGB nachgehen.

Gemäß § 1603 Abs. 1 BGB sind die Kinder nicht unterhaltspflichtig, soweit sie bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen außerstande sind, ohne Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts ihren Eltern Unterhalt zu gewähren. Die Vorschrift gewährleistet jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts; ihm sollen grundsätzlich die Mittel belassen bleiben, die er zur Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt (BGH, NJW 1989, 523).

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 23.10.2002 (FamRZ 2002,1698) zum Elternunterhalt grundlegend ausgeführt, dass die Unterhaltsbemessung im Einzelfall zwar Sache des Tatrichters sei, der BGH hat in seiner Entscheidung aber eine schematische Berechnung nicht als fehlerhaft angesehen. Danach ist das unterhaltsrelevante Einkommen zunächst um den Mindestselbstbehalt gegenüber Eltern zu kürzen; von dem verbleibenden Betrag steht die Hälfte für Unterhaltszwecke der Eltern zur Verfügung.

Das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist dabei nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln, wie sie auch für den Ehegatten- und für den Kindesunterhalt gelten (Weinreich/Klein, Familienrecht 2. Auflage § 1601 Rz. 41), wobei jedoch mit Rücksicht auf die schwache Position des Elternunterhalts bei der Bereinigung des Nettoeinkommens ein großzügiger Maßstab angebracht ist (Gerhardt, Handbuch des Familienrechts, 6. Auflage, 6. Kapitel Rz. 207). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ermittelt sich das anrechenbare Einkommen der Beklagten wie folgt:

Einkommen

Das Jahresnettoeinkommen der Beklagten betrug wie die vorgelegten Belege ergeben, im Jahr 2000 44.755,41 DM = 22.883,07 € : 12 = 1.906,92 € (Bl. 29 der Gerichtsakte) und im Jahr 2001 47.137,75 DM = 24.101,14 € : 12 = 2.008,42 € (Bl. 27 der Gerichtsakte).

Hinsichtlich der geltend gemachten Abzugspositionen gilt im Einzelnen folgendes:

Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen, berufsbedingte Aufwendungen

Das Einkommen der Beklagten ist zunächst um den Arbeitgeberanteil der vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 26,58 € zu bereinigen. In der Arbeitgeberauskunft für die Zeit 6/99 - 05/00 (Bl. 18/19 der Gerichtsakte) ist als "sonstige Abzüge" ein Betrag in Höhe von 78,00 DM und 71,83 DM aufgeführt, hierzu wird zu Ziffer 9a, 9b Blatt 19 der GA ausgeführt, dass als sonstige Abzüge der Solidaritätszuschlag und die vermögenswirksamen Leistungen aufgeführt worden seien. Der Anteil an den vermögenswirksamen Leistungen betrage insgesamt 78,00 DM, der Arbeitgeberanteil betrag 52,00 DM = 26,58 €.

Weiter sind vom Einkommen 5 % als Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen in Abzug zu bringen.

Ayurveda-Kuren Die von der Beklagten geltend gemachten Kosten der Ayurveda-Kuren können nicht als weitere besondere Belastung anerkannt werden, sie sind vielmehr den allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzuordnen.

Grundsätzlich ist ein krankheitsbedingter Mehrbedarf mit konkret nachgewiesenen notwendigen, den allgemeinen Lebensbedarf übersteigenden zusätzlichen Aufwendungen abzugsfähig. Aufwendungen jedoch, die nur der Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards dienen, können nicht als zusätzliche Belastung anerkannt werden, Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Auflage Rz. 982, Fußnote 1104. Kurkosten sind, wenn die Kur ärztlich verschrieben und ihre Kosten nicht anderweit gedeckt sind, ein anzuerkennender Mehrbedarf, AG Bochum FamRZ 1991, 1092. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die Beklagte hat ein ärztliches Attest vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass bei der Beklagten eine chronische Leberzirrhose, eine Pankreasinsuffiziens mit Diabetes mellitus bestehe. Aus diesem Grund sei die Beklagte auf eine regelmäßige Stoffwechsel Reha-Maßnahme (z.B. Ayurveda) angewiesen, Blatt 361 der Gerichtsakte. Dass eine ärztliche Verordnung für die Kuranwendung vorliegt, ist dagegen nicht ersichtlich.

Auch wurde die Beklagte für die Kuren nicht von der Arbeit zusätzlich freigestellt, die Beklagte bestätigt vielmehr, dass sie zugunsten der Ayurveda-Gesundheitswochen auf jeglichen anderen Urlaub verzichte. In welcher konkreten Art und Weise der Urlaub gestaltet wird, unterliegt der persönlichen Entscheidung eines jeden. Die Grenzen zwischen einem gewöhnlichen Urlaub, der ja auch immer der Erhaltung der Arbeitskraft dienen soll, und einem besonderen Gesundheitsurlaub sind dabei fließend. Ayurveda ist die Bezeichnung für eine traditionelle indische Heilkunst. Sie stellt eine Kombination aus empirischer Naturlehre und Philosophie dar, die sich auf die für die menschliche Gesundheit notwendigen physischen, mentalen, emotionalen und spirituellen Aspekte konzentriert, die wichtig für die Gesundheit bzw. Krankheit sind.

Damit ist letztlich nicht greifbar, was sich konkret hinter dem Begriff "Ayurveda-Gesundheitswoche" verbirgt. Aus den vorgelegten Rechnungen lässt sich nicht entnehmen, welche Anwendungen konkret vorgenommen wurden. In den Rechnungen heißt es nur ganz allgemein "Ayurveda-Gesundheitwoche". Auch ist nicht vorgetragen, dass eine spezielle Therapie durchgeführt worden sei. Die Rechnungen weisen jeweils nur einen Gesamtbetrag auf. Damit sind in den Gesamtkosten aber auch Beiträge für Unterkunft und Versorgung enthalten, die bei jedem "normalen" Urlaub anfallen.

Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagten beim Elternunterhalt mit der 50 % Methode ein erhöhter Selbstbehalt verbleibt. Durch eine Kumulation der pauschalen Selbstbehalts-Erhöhung mit anderen Entlastungsmethoden, wie hier durch eine großzügige Handhabung der Einkommensermittlung, würde letztlich der Elternunterhalt entwertet, Klinkhammer Anmerkung zu BGH Urteil v. 23.10.2002, FamRZ 2002 S. 1704. Wenn aber der Unterhaltsschuldner überhaupt keine Einschränkungen der eigenen Lebensstellung hinnehmen müsste, würden sich die Fälle auf Zahlung von Elternunterhalt auf diejenigen Fälle reduzieren, in denen das Einkommen nicht vollständig für den eigenen Bedarf verbraucht wird. Bei den meisten Einkommensverhältnissen schieden Ansprüche auf Elternunterhalt dann aus, weil sie die eigene Lebensstellung belasteten. So weit ist der BGH in seiner Entscheidung vom 23.10.2002 (BGH, FamRZ 2002, 1698) jedoch nicht gegangen (Weinreich/Klein, Familienrecht, § 1601 Rz 28).

Gymnastik

Die von der Beklagten geltend gemachten Kosten für das Schwimmen in Höhe von monatlich 120,00 DM können nicht als besonderer Abzugsposten berücksichtigt werden. Ein krankheitsbedingter Mehraufwand ist nicht ausreichend dargelegt, da eine ärztliche Verordnung nicht vorliegt. Kosten, die im Rahmen der "Gesunderhaltung und Gesundheitsvorsorge" anfallen und im Rahmen des üblichen Lebenszuschnitts liegen, sind vom erhöhten Selbstbehalt zu zahlen.

Kleiderbedarf

Auch Aufwendungen für Kleider sind im allgemeinen Kosten der Lebensführung und daher ebenfalls vom erhöhten Selbstbehalt zu bestreiten. Hier hat die Beklagte auch schon nicht dargelegt, dass konkret höhere Kosten angefallen sind.

Altersvorsorge

Der Beklagten wird es nach der Rechtsprechung des BGH gestattet, neben der allgemeinen Altersvorsorge eine weitere Vorsorge zu treffen, und zwar in Höhe von weiteren 5 % des Bruttoeinkommens (BGH FamRZ 2004, 792-794).

Aus den überreichten Kontoauszügen ist ersichtlich, dass die Beklagte im Jahr 2002 monatliche Sparbeiträge in Höhe von insgesamt 287,00 € eingezahlt hat (Blatt 76 der Gerichtsakte). Vor dem Senat hat die Beklagte bei ihrer Anhörung am 16.08.2005 hierzu ausgeführt, dass sie mehrere Sparverträge mit einer Laufzeit von vier bzw. fünf Jahren bediene. Die Laufzeit der Verträge sei gestaffelt, so dass an sie regelmäßig ein Sparvertrag ausgezahlt werde. Bei Fälligkeit eines Sparvertrages schließe sie sodann einen neuen Sparvertrag ab. Das Geld aus diesen Sparverträgen nutze sie, um ihren allgemeinen Lebensunterhalt zu finanzieren oder auch, um einen Saldo auf dem Girokonto auszugleichen.

Da bei dieser Gestaltung das angesparte Vermögen nicht der Sicherung der Altersvorsorge dient, kommt eine Berücksichtigung der Sparbeiträge unter dem Gesichtspunkt der "sekundären Altersvorsorge" nicht in Betracht.

Autokredit ab dem 01.08.2001

Die Beklagte hat am 25.05.2001 ein neues Fahrzeug gekauft, das über einen Kredit finanziert wird. Die Beklagte zahlt ab dem 01.08.2001 monatlich einen Betrag in Höhe von 430,00 DM = 219,85 €, Blatt 79 der Gerichtsakte.

Grundsätzlich müssen in allen Unterhaltsrechtsverhältnissen bei der Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens Verbindlichkeiten des Verpflichteten im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigt werden (Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Auflage Rndr. 995 ff.)

Hierbei ist anerkannt, dass sich die Stärke des Unterhaltsrechtsverhältnisses auf die Beachtlichkeit von Verbindlichkeiten auswirken kann (BGH FamRZ 1986, 254).

Hier hat die Beklagte für ihr bisheriges Fahrzeug (Seat Ibiza, Baujahr 1991) ein Ersatzfahrzeug beschafft. Diese Anschaffung, ein Nissan Micra ist unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse angemessen, das Amtsgericht hat zu Recht diese Kreditverpflichtung in Höhe von monatlich 219,85 € ab dem 01.08.2001 berücksichtigt.

Selbstbehalt:

Beim Elternunterhalt ist, wie bereits oben ausgeführt, ein pauschalierter erhöhter Selbstbehalt zu berücksichtigen. Der BGH hat eine Pauschalierung dahin gebilligt, dass etwa die Hälfte des den Mindestselbstbehalt übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt (BGH, FamRZ 2004, 443; FamRZ 2003, 1179).

Nach BGH kann der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes gegenüber seinen Eltern nicht losgelöst von der Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und dem sozialen Rang des Pflichtigen entspricht, bestimmt und deshalb nicht durchgehend mit einem festen Betrag angesetzt werden. Er ist vielmehr vom Richter nach den konkreten Umständen des Einzelfalles unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisses zu ermitteln (BGH, FamRZ 2004,366). Durch die Erhöhung des Mindestbetrages um die Hälfte der Differenz zum bereinigten Nettoeinkommen des Pflichtigen werden jedoch bei durchschnittlichen Einkünften und normaler Lebensstellung in den meisten Fällen die Belange des Pflichtigen in ausreichendem Maße berücksichtigt (Brudermüller, NJW 2004, 633; Gerhardt, Handbuch des Familienrechts 5. Auflage 6. Kapitel Rz 206). Dass dies im vorliegenden Fall nicht der Fall ist, hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargelegt.

Die Beklagte schuldet damit folgende Unterhalsbeträge:

06.07. - 31.12.2000

 Nettoeinkommen: 1.906,92 €
- Arbeitgeberanteil VL 26,58 €
 1.880,34 €
- 5 % pauschal Berufsbedingte Aufwendungen1.786,32 €
- Selbstbehalt 1.150,40 €
635,92 € x 50 % = 317,96 €

01.01.2001 - 30.06.2001

 Nettoeinkommen: 2.008,42 €
- VL ArbeitG 26,58 €
 1.981,84 €
- 5 % 1.882,74 €
- Selbstbehalt: 1.150,40 €
732,34 € x 50 % = 366,17 €

Juli 2001

 Nettoeinkommen: 2.008,42 €
- VL ArbeitG 26,58 €
 1.981,84 €
- 5 % 1.882,74 €
- Selbstbehalt 1.252,66 €
630,08 € x 50 % = 315,40 €

01.08.2001 - 31.08.2001

 Nettoeinkommen: 2.008,42 €
- VL ArbeitG 26,58 €
 1.981,84 €
- 5 % 1.882,74 €
- Selbstbehalt: 1.252,66 €
 630,08 €
Abzüge: Autokredit 219,86 €
410,22 € x 50 % = 205,11 €

Insgesamt:

 06.07. - 31.07.2000 
26/31 x 317,96 € = 266,67 €
5 x 317,96 € 1.589,80 €
01.01.2001 - 30.06.2001 
6 x 366,17 € = 2.197,02 €
Juli 2001 
1 x 315,40 € 315,40 €
01.08.2001 - 31.12.2001 
5 x 205,11 €1.025,55 €
 5.394,44 €

Für den Zeitraum 06.07.2000 bis 31.12.2001 errechnet sich damit ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 5.394,44 €.

Die Zinsforderung ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB. Gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB war die Beklagte spätestens seit der Zustellung des Mahnbescheides in Verzug.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708, 713 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren (6.221,15 € - 2.376,37 € = 3.844,78 €)

Ende der Entscheidung

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