Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.07.2009
Aktenzeichen: I-3 Wx 28/09
Rechtsgebiete: WEG, HeizkostenVO


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 4
HeizkostenVO § 11 Abs. 1 Nr. 1a
HeizkostenVO § 11 Abs. 1 Nr. 2
HeizkostenVO § 12 Abs. 1 Satz 1
1. Der im WEG-Verfahren an die Wohnungseigentümer gerichtete Antrag, einer Abrechnung der Kosten der Müllbeseitigung nach Personenzahl statt nach Miteigentumsanteilen zuzustimmen, erfordert mit Blick auf das Rechtschutzbedürfnis grundsätzlich die Vorbefassung der Wohnungseigentümerversammlung mit der Angelegenheit.

2. Ist die Verteilung der Kosten der individuellen Wasserversorgung des Sondereigentums nicht durch Gesetz, Vereinbarung oder Beschluss geregelt, so entspricht die Einführung einer verbrauchsabhängigen Abrechnung dieser Kosten im Allgemeinen ordnungsgemäßer Verwaltung, sofern nicht die Aufwendungen für die Verbrauchserfassung die - in Anlehnung an das Kürzungsrecht des Nutzers nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO bei bestimmungswidrig unterbliebener Abrechnung nach Verbrauch - mit 15 % anzunehmende Ersparnis übersteigen, die sich über zehn Jahre hinaus erzielen lässt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 28/09

In dem Verfahren betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 20. Januar 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. sowie der Richter am Oberlandesgericht D. und v. W.

am 23. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird der angefochtene Beschluss teilweise dahin geändert, dass die Verpflichtung der Beteiligten zu 2, "einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten der Müllbeseitigung nach Personenzahl zuzustimmen", entfällt und der dahingehende Antrag der Beteiligten zu 1 als unzulässig zurückgewiesen wird.

Die gerichtlichen Kosten der ersten beiden Rechtszüge tragen die Beteiligten zu 1 zu 88 % und die Beteiligten zu 2 zu 12 %.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden den Beteiligten zu 1 und 2 je zur Hälfte auferlegt

Wert des Beschwerdegegenstands 6.000,- Euro.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 bilden die eingangs bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der Beteiligten zu 3 verwaltet wird. Es handelt sich um eine Mehrhausanlage mit insgesamt 157 Eigentumswohnungen.

Die gesamte Anlage verfügt über eine Hauptwasserzuleitung, von der aus das Wasser auf die einzelnen Häuser verteilt wird. Gemäß § 18 Nr. 3 a der Teilungserklärung werden u. A. die Kosten des Wasserverbrauchs und der Müllabfuhr entsprechend den Miteigentumsanteilen umgelegt.

Die Beteiligten zu 1, die zu zweit eine etwa 115 qm große Einheit bewohnen, haben den Umlageschlüssel aus der Teilungserklärung für Wasserverbrauch und Müllabfuhr (jeweils nach Miteigentumsanteilen) beanstandet, weil er sie in den vergangenen Abrechnungsperioden (1999/2000-2005/2006) bei den Wasserkosten gegenüber einer Abrechnung nach individuellem Verbrauch um durchschnittlich 163 % und bei den Müllgebühren um etwa 93 % mehr belastet habe, was sich als grob unbillig darstelle.

Auf der Eigentümerversammlung vom 08. März 2007 wurde u. A. zu TOP 3 die Verwaltungsabrechnung (Gesamt- und Einzelabrechnung) für das Jahr 2006 mehrheitlich genehmigt und unter TOP 5 der Verwalterin Entlastung erteilt.

Die Beteiligten zu 1 haben die Beschlüsse, die in der Eigentümerversammlung vom 08. März 2007 u. A. zu TOP 3 und 5 angefochten.

Darüber hinaus haben sie u. A. beantragt, die Beteiligten zu 2 zu verpflichten, einer verbrauchs- bzw. personenzahlabhängigen Abrechnung der Wasserkosten und Müllgebühren zuzustimmen.

Das Amtsgericht hat am 07. Februar 2008 u. A. diese Anträge zurückgewiesen.

Hiergegen haben sich die Beteiligten zu 1 mit ihrer sofortigen Beschwerde gewandt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt haben.

Sie haben u. A. geltend gemacht, die Teilungserklärung sehe nicht ausschließlich eine Umlage nach Miteigentumsanteilen vor. Die Verwalterin habe nach der Teilungserklärung die Möglichkeit, den Verteilerschlüssel zu ändern. Dies wäre vorliegend erforderlich gewesen, sodass der Beschluss wegen unrichtiger Anwendung des Verteilerschlüssels anfechtbar sei.

Das Amtsgericht habe die Anträge auf Verpflichtung zur Zustimmung zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Wasser- und Müllkosten zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen, es bestehe vor einer Befassung der Eigentümergemeinschaft kein Rechtsschutzbedürfnis. Von diesem Grundsatz sei eine Ausnahme zu machen, wenn feststehe, dass der Antragsteller keine Mehrheit finde oder wenn der Verwalter eine Befassung der Versammlung ablehne bzw. sie für den Antragsteller unzumutbar sei. Diese Voraussetzungen lägen vor. In der Eigentümerversammlung vom 24. April 2008 sei der von ihnen, den Beteiligten zu 1, eingebrachte Antrag, in allen Wohnungen Wasseruhren einzubauen (TOP 9) und die Abrechnung der Müllgebühren verbrauchsabhängig zu bestimmen (TOP 10), mehrheitlich abgelehnt worden.

Die Beteiligten zu 1 haben u. A. beantragt,

den amtsgerichtlichen Beschluss zu ändern und die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 08. März 2007 Zu TOP 3 (Abrechnung 2006) u. A. hinsichtlich der Positionen Wasser/Kanal und Müllbeseitigung für ungültig zu erklären sowie die Beteiligten zu 2 zu verpflichten, einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten für Wasser/ Abwasser gemäß dem tatsächlichen Verbrauch zuzustimmen, hilfsweise deren Zustimmung zu ersetzen; einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten der Müllbeseitigung nach Personenzahl zuzustimmen, hilfsweise deren Zustimmung zu ersetzen. Das Landgericht hat am 20. Januar 2009 den amtsgerichtlichen Beschluss unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise dahin geändert, dass die Beteiligten zu 2 verpflichtet werden, einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten über Wasser/Abwasser gemäß dem tatsächlichen Verbrauch und einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten der Müllbeseitigung nach Personenzahl zuzustimmen.

Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 2 mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie geltend machen, es fehle bereits an einem Rechtschutzbedürfnis für den Antrag der Beteiligten zu 1, weil Voraussetzung für die Umstellung der Abrechnungsmodalitäten eine Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft wäre, die durch die ablehnende Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung vom 24. April 2008 - mangels Bestandskraft - nicht entbehrlich geworden sei. Die Ersetzung der Zustimmung sei ggf. im Verfahren 5 C 262/08 AG Mönchengladbach zu klären. Die Beteiligten zu 1 seien seit Jahren darauf hingewiesen worden, dass ihr Antrag erst in einer Eigentümerversammlung behandelt werden müsse.

In der Sache habe die Kammer zu Unrecht eine grobe Unbilligkeit der zur Zeit vorgenommenen Abrechnung angenommen. Der Verbrauch sei zur Zeit mangels Wasserzählern in den Wohnungen nicht zu erfassen; die Anschaffung solcher Geräte sei mit erheblichem Kostenaufwand verbunden und wirke sich nicht reduzierend auf den Verbrauch aus. Hinsichtlich der Müllbeseitigungskosten, deren Abrechnung die Kammer nach Personenzahl befürwortet habe, fehle es bereits an einer Begründung; auch erschließe sich nicht, was das Landgericht unter einer verbrauchsabhängigen Abrechnung nach Personenzahl verstehe, zumal nicht klar sei, wie bei einer wechselnden Personenzahl im Abrechnungsjahr gerechnet werden soll.

Die Beteiligten zu 2 beantragen,

die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den amtsgerichtlichen Beschluss unter teilweiser Änderung der landgerichtlichen Entscheidung insgesamt zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 1 beantragen,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen die landgerichtliche Entscheidung.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde hat teilweise Erfolg. Insoweit beruht die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler, im Übrigen nicht, §§ 27 FGG, 546 ZPO.

1.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung zu den maßgeblichen Punkten ausgeführt:

Die Beteiligten zu 1 hätten gegen die Beteiligten zu 2 hinsichtlich der Kosten für Wasser/Abwasser und der Müllbeseitigung einen Anspruch auf Zustimmung zur Änderung des Verteilerschlüssels aus §§ 21 Abs. 4 WEG, 242 BGB.

Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis sei zu bejahen.

Einem solchen Verpflichtungsantrag fehle zwar grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein Wohnungseigentümer sich vor Anrufung des Gerichts nicht um eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung bemüht hat. Das ergebe sich daraus, dass die Willensbildung zunächst innerhalb der Eigentümergemeinschaft erfolgen soll und anderenfalls in den Willensbildungsprozess unzulässig eingegriffen würde, wenn einzelne Wohnungseigentümer ihren Anspruch aus §§ 21 Abs. 4 WEG unmittelbar gerichtlich durchsetzen könnten. Bei der Prüfung, ob vorrangig ein Eigentümerbeschluss herbeizuführen ist, müsse zunächst geprüft werden, ob die Eigentümerversammlung überhaupt die Beschlusskompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels besitzt. Vorliegend habe der Senat die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung in dem vorangegangenen Verfahren I-3 Wx 302/05 mit Beschluss vom 12.04.2006 bejaht. Die Kammer folge dem, so dass die Eigentümergemeinschaft aufgrund ihrer Beschlusskompetenz grundsätzlich mit der Sache hätten befasst werden müssen.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestehe jedoch dann, wenn feststeht, dass der Antragsteller keine Mehrheit für sein Begehren findet. So verhalte es sich hier.

Die Eigentümergemeinschaft habe am 24. April 2008 eine Versammlung durchgeführt. In dieser Versammlung seien unter TOP 9 und 10 die Anträge der Beteiligten zu 1 auf Abrechnung der Wasser- und Müllkosten nach tatsächlichem Verbrauch abgelehnt worden. Diese Beschlussfassung sei nicht bestandkräftig geworden, da die Beteiligten zu 1 die vorgenannten Beschlüsse in einem weiteren vor dem AG Mönchengladbach (5 C 262/08) geführten Rechtsstreit angefochten haben.

Der einzelne Wohnungseigentümer habe unter Berücksichtigung der gesteigerten Treuepflicht aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer gemäß § 242 BGB gegen die übrigen Wohnungseigentümer einen individuellen Anspruch auf Zustimmung zur Änderung des anwendbaren Verteilungsschlüssel nur in Ausnahmefällen, wenn aufgrund außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der bestehenden Regelung grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße, da sie nach objektiven Kriterien zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führe.

Materiell-rechtliche Voraussetzung für den Anspruch auf Zustimmung zur Änderung sei eine grobe Unbilligkeit des Festhaltens an der bestehenden Vereinbarung. Dabei sei im Interesse der Rechtssicherheit ein strenger Maßstab anzulegen, um Streitigkeiten über den Kostenverteilungsschlüssel zu vermeiden und um den Rechtsgrundsatz, dass einmal Vereinbartes grundsätzlich bindet, nicht auszuhöhlen.

Zur Beurteilung der Frage, ob die jeweils geltende Regelung der Kostenverteilung grob unbillig ist, orientiere sich die Rechtsprechung in erster Linie an dem Maß der sachlich nicht gerechtfertigten Kostenmehrbelastung, die ein Wohnungseigentümer bei der geltenden Regelung im Vergleich zu dem erstrebten sachgerechten Kostenverteilungsschlüssel hinnehmen muss. Das Maß der Kostenmehrbelastung sei jedoch nicht das alleinige Kriterium zur Beurteilung der groben Unbilligkeit eines Kostenverteilungsschlüssels. Zu berücksichtigen seien vielmehr die gesamten Umstände des einzelnen Falls. Von Bedeutung könne etwa sein, ob die beanstandete Regelung für alle oder nur für einen Teil der gemeinschaftlichen Lasten und Kosten gilt. Möglich sei ferner, eine grobe Unbilligkeit deshalb zu verneinen, weil bei einer gebotenen längerfristigen Betrachtungsweise zu erwarten ist, dass es zu einem wirtschaftlichen Ausgleich einer einmaligen Kostenmehrbelastung kommen wird. Der Annahme grober Unbilligkeit könne es zudem entgegenstehen, wenn die Ursache einer Kostenmehrbelastung ausschließlich dem Risikobereich des betroffenen Wohnungseigentums zuzuordnen ist, oder wenn die Auswirkungen einer nicht sachgerechten Kostenvereilungsregelung bereits beim Erwerb des Wohnungseigentums absehbar waren.

Die Kammer halte die bestehende Regelung in der Gesamtschau für grob unbillig.

Vorliegend machten die Beteiligten zu 1 eine Kostenmehrbelastung von 163 % (Wasserkosten) bzw. 92 % (Müllkosten) geltend, die von den Beteiligten zu 2 nicht bestritten werde. Allein eine solche Abweichung indiziere eine grobe Unbilligkeit. Ferner spreche für eine grobe Unbilligkeit, dass es sich nicht lediglich um eine einmalige Mehrbelastung handele, sondern die Mehrbelastung nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsteller bereits seit 2001 andauere. Da die Beteiligten zu 1 die Wohnung im September 2000 erworben haben, sei davon auszugehen, dass es auch in Zukunft zu der bereits in den vergangenen Jahren angefallenen Mehrbelastung kommen werde.

Gegen eine Unbilligkeit spreche lediglich, dass die Beteiligten zu 1 die nicht sachgerechte Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen beim Erwerb des Wohnungseigentums gekannt haben. Gegen eine Unbilligkeit sprächen auf den ersten Blick zwar auch die Kosten der Nachrüstung, die die Beteiligten zu 1 mit 7.000,- Euro schätzten (wobei Wartungs- und Ablesekosten noch hinzukämen). Andererseits sei es jedoch allgemein anerkannt, dass eine Erfassung und Abrechnung der Kosten nach Verbrauch dem Verursacherprinzip Rechnung trage und als Anreiz zur Sparsamkeit zu deutlichen Einsparungen führe. Durch dieses Einsparungspotential würden die Kosten der Nachrüstung jedenfalls relativiert, so dass sie kein durchschlagendes Argument gegen die Unbilligkeit seien.

Hiernach sei von einer groben Unbilligkeit auszugehen, mit der Folge, dass eine Änderung des Kostenverteilerschlüssels angezeigt sei. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Wasserkosten als auch hinsichtlich der Müllkosten.

2.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.

a)

Die auf Änderung des Verteilungsschlüssels für die Abrechnung der Kosten für Wasser/ Abwasser sowie der Müllbeseitigung gerichteten Verpflichtungsanträge der Beteiligten zu 1 erfordern zunächst ein Rechtschutzbedürfnis.

Besteht für die Änderung eine Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung, so fehlt für eine Klage auf Zustimmung das Rechtsschutzinteresse (BGH NJW 2003, 3476, 3480; Wenzel in Bärmann WEG 10. Auflage 2008 § 10 Rdz. 164), weil nach dem Subsidiaritätsprinzip sich prinzipiell zunächst die Wohnungseigentümerversammlung mit der Angelegenheit befassen muss.

b)

Dies vorausgeschickt fehlt es am Rechtschutzbedürfnis für den Antrag, betreffend die Müllgebühren (aa), während das Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten zu 1 in Bezug auf die Abrechnung der Wasserkosten nach Verbrauch zu bejahen ist (bb).

aa)

Nach § 18 Ziffer 3a der Teilungserklärung richtet sich der auf den einzelnen Eigentümer entfallende Anteil an den Bewirtschaftungskosten, zu denen gemäß Ziffer 2 b) auch die Kosten der Müllabfuhr zählen, grundsätzlich nach seinem Miteigentumsanteil. Die hierin zu sehende Vereinbarung kann bereits nach der Öffnungsklausel in Ziffer 3a Satz 3 unter Umständen geändert werden, unterliegt aber ansonsten auch gemäß § 16 Abs. 3 WEG der Änderung durch Mehrheitsbeschluss.

Hinsichtlich der Müllgebühren hätte sich zunächst die Wohnungseigentümerversammlung mit der Angelegenheit befassen müssen. Insoweit fehlt es aber an einer Vorbefassung der WEG mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag, "einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten der Müllbeseitigung nach Personenzahl zuzustimmen, hilfsweise deren Zustimmung zu ersetzen."

Der Antrag der Beteiligten zu 1 in der Wohnungseigentümerversammlung vom 24. April 2008 zu TOP 10 erfüllt diese Voraussetzung nicht; er war auf eine Kostenerfassung nach tatsächlichem Verbrauch unter Verwendung eines Chipkartensystems gerichtet. Dies ist aber etwas ganz Anderes als eine Abrechnung nach Personenzahl, die - entgegen der Antragsformulierung und der Tenorierung des Landgerichts - nicht verbrauchsabhängig ist.

Eine Ausnahme vom Erfordernis der Vorbefassung mag man prinzipiell mit dem Landgericht annehmen, wenn feststeht, dass der Antragsteller keine Mehrheit für sein Begehren findet. Darüber, ob die Beteiligten zu 1 mit einem Antrag auf Abrechnung nach Personenzahl in der Wohnungseigentümergemeinschaft scheitern würden, mag man spekulieren; objektivierbare Anhaltspunkte hierfür sind indes nicht ersichtlich.

Hiernach fehlt es insoweit am Rechtsschutzbedürfnis und ist der diesbezügliche Antrag der Beteiligten zu 1 auf das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 unter Änderung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

bb)

In Bezug auf die Verpflichtung der Beteiligten zu 2 zur Abrechnung der Wasserkosten nach Verbrauch hat das Landgericht das Rechtschutzbedürfnis der Beteiligten zu 1 indes unter Bezug auf den Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - I-3 Wx 302/05 - zu Recht bejaht.

Danach kann die Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegend schon deshalb durch Mehrheitsbeschluss über die Verteilung der Kosten für den Kaltwasserverbrauch im räumlichen Bereich der Sondereigentümer entscheiden, weil § 18 der Teilungserklärung die Verteilung der Kosten des privaten Wasserverbrauchs überhaupt nicht regelt, sondern lediglich eine Regelung zu den Betriebskosten und damit zu den Lasten und Kosten des Gemeinschaftseigentums trifft. Die ungeregelte Verteilung der Kosten des ausschließlich dem Gebrauch des jeweiligen Sondereigentums dienenden individuellen Wasserverbrauchs, einschließlich der Kosten der Messeinrichtungen unterliegen daher gemäß § 21 Abs. 3 WEG einer Regelung durch Mehrheitsbeschluss (vgl. BGH NZM 2003, 952).

Die hiernach erforderliche Vorbefassung der Gemeinschaft mit der Frage der Verpflichtung der Beteiligten zu 1 in Bezug auf die Abrechnung der Wasserkosten nach Verbrauch hat stattgefunden.

Die Eigentümerversammlung vom 24. April 2008 hat zu TOP 9 einen Antrag der Beteiligten zu 1 ("Um die Kosten für Wasser und Schmutzwasser nach Verbrauch abzurechnen, werden in allen Wohnungen und Waschküchen Wasseruhren eingebaut. Die Anschaffung der Wasseruhren erfolgt auf Mietbasis.") abgelehnt. Nichts spricht dafür, dass die Ablehnung der Wohnungseigentümergemeinschaft so verstanden werden muss, dass allein die Anmietung der Uhren missbilligt werden sollte, im Übrigen aber über die Entscheidung über eine Abrechnung der Wasserkosten nach Verbrauch noch offen gehalten werden sollte.

Das hiernach bestehende Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten zu 1 für ihren Verpflichtungsantrag wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie lange nach Einleitung dieses Verfahrens vor dem AG Mönchengladbach 5 C 262/08 zur Vermeidung einer Bestandskraft der ablehnenden Beschlussfassung der WEG ein Beschlussanfechtungsverfahren in Gang gesetzt haben und ihr Gesuch auch dort mit einem Verpflichtungsantrag verbunden haben, ohne den die Zulässigkeit der Anfechtung des Negativbeschlusses fraglich erschiene.

c)

Dem Ergebnis nach hat die Kammer die Beteiligte zu 2 zu Recht verpflichtet, einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten über Wasser/Abwasser gemäß dem tatsächlichen Verbrauch zuzustimmen.

aa)

Ist die Verteilung der Kosten der individuellen Wasserversorgung des Sondereigentums - wie hier - nicht durch Gesetz, Vereinbarung oder Beschluss geregelt, wird die Einführung einer verbrauchsabhängigen Abrechnung im Allgemeinen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) entsprechen, weil sie dem Verursacherprinzip Rechnung trägt und als Anreiz zur Sparsamkeit zu deutlichen Einsparungen führt. Die Wohnungseigentümer haben aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts einen Ermessensspielraum, der es ihnen ermöglicht, alle für und gegen eine verbrauchsabhängige Abrechnung sprechenden Umstände abzuwägen. Hierbei können allerdings die Umstände des Einzelfalls im Wege der Ermessensreduktion dazu führen, dass nur die verbrauchsabhängige Kostenverteilung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (so BGH NZM 2003, 952). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn jede andere Abrechnungsmethode grob unbillig erscheint. Umgekehrt kann die Einführung einer verbrauchsabhängigen Abrechnung ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, wenn die wirtschaftlichen Aufwendungen für die Nachrüstung mit Kaltwasserzählern, deren Wartung und Ablesung sowie etwa zusätzliche Abrechnungskosten unverhältnismäßig hoch sind (BGH a.a.O.). Ob dies der Fall ist, kann wegen der vergleichbaren Interessenlage nach den Grundsätzen beurteilt werden, die die Rechtsprechung im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Nr. 1a, 2 HeizkostenVO zur Verbrauchserfassung für die Wärme- und Warmwasserversorgung entwickelt hat (vgl. BGH a.a.O. mit Nachweisen). Danach steht die Einführung der verbrauchabhängigen Abrechnung der Wasser- und Abwasserkosten nicht mehr im Einklang mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Aufwendungen die Einsparungen übersteigen, die sich über zehn Jahre hinaus erzielen lassen. Hierbei hat das BayObLG (NJW-RR 194, 145, 146) als Maßstab eine Ersparnis von 15 % angenommen. Diese entspricht dem Kürzungsrecht des Nutzers nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO bei bestimmungswidrig unterbliebener Abrechnung nach Verbrauch.

bb)

Dies vorausgeschickt erweist sich die vom Landgericht - allerdings zu Unrecht im Rahmen einer Untersuchung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung zur Änderung des Verteilungsschlüssels - vorgenommene Gesamtschau mit dem Ergebnis einer groben Unbilligkeit im Wesentlichen als rechtlich nicht beanstandungswürdig.

Die letztlich dem Tatrichter obliegende (Wenzel in Bärmann WEG 10. Auflage 2008 § 10 Rdz. 155) Würdigung der Kammer wird von den Beteiligten zu 2 im Einzelnen nicht als rechtlich fehlerhaft in Frage gestellt. Die auf Dauer angelegte sachlich nicht gerechtfertigte Kostenmehrbelastung der Beteiligten zu 1 von 163 % im Jahresdurchschnitt erscheint erheblich und auf Dauer nicht erträglich. Bei den zu erwartenden Kosten des Einbaus von Verbrauchserfassungsgeräten sowie deren Ablesung und Wartung ist die Kammer allerdings von einer überholten Schätzung der Beteiligten zu 1 von 7.000,- Euro ausgegangen.

Bei rund 60.000,- Euro Wasserkosten pro Jahr würde sich die Wasserrechnung bei angenommener 15 %iger Ersparnis infolge der Verbrauchsabrechnung um 9000,- Euro reduzieren. Gleichzeitig würden nach dem von den Beteiligten zu 2 nicht bestrittenen Angebot der Firma R. vom 31. März 2005 rund 30.000,- Euro an Einbaukosten anfallen, also linear auf das Jahr verteilt 3.000,- Euro. Hiernach würden - auch bei weiter zu berücksichtigenden Ablese- und Wartungskosten - die Aufwendungen bei Weitem unter den Einsparungen liegen die sich über zehn Jahre hinaus erzielen lassen.

Es bleibt deshalb festzuhalten, dass sich die Abrechnung nach Miteigentumsanteilen auch in Ansehung der notwendigen Investitionen und zu erwartenden Ablese- und Wartungskosten als grob unbillig erweist.

Da eine andere Abrechnungsart nicht in Rede steht, entspricht nur die verbrauchsabhängige Abrechnung der individuell für das Sondereigentum anfallenden Wasserkosten ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG.

Die Kammer hat deshalb die Verpflichtung der Beteiligte zu 2 zur entsprechenden Abrechnung zu Recht ausgesprochen, mit der Folge dass deren Rechtsmittel insoweit der Erfolg zu versagen ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 62 Abs. 1; 47 a. F. WEG.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 62 Abs. 1; 48 Abs. 3 a. F. WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück