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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 22.01.2003
Aktenzeichen: 13 U 198/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 776
BGB § 774
BGB § 366 Abs. 2
BGB § 426
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. November 2001 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 91 O 68/00 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die klagende Bank nimmt die Beklagte aus einer Höchstbetragsbürgschaft über 300.000,00 DM in Anspruch, die die Beklagte am 26.05.1993 für alle Ansprüche der Klägerin gegen die F. Immobilien GbR (bestehend aus den Herren F. und Z.) übernommen hatte. Die Klägerin hatte jener GbR mit Darlehensvertrag vom 04.05.1993 (Konto-Nr. ...........) zur Finanzierung eines Objekts in N., N. Str. 70 G, ein Darlehen über 635.000,00 DM und mit weiterem Vertrag vom 04.05.1993 (Konto-Nr. ...........) zur Zwischenfinanzierung einen in der Folgezeit planmäßig abgelösten Kredit über 350.000,00 DM gewährt. Als Sicherheiten waren in diesen Darlehensverträgen neben der Bürgschaft der Beklagten über 300.000,00 DM die Abtretung einer Grundschuld über 1,2 Mio. DM auf einem Herrn Z. gehörenden Grundstück vorgesehen. Die Grundschuldabtretung - sowie die Zeichnung weiterer Darlehensverträge - erfolgte am 30.08.1993. Ausweislich der Zweckerklärung vom 22.09.1993 besicherte die Grundschuld neben den vorgenannten, durch die Bürgschaft der Beklagten über 300.000,00 DM mitbesicherten Darlehen an die GbR folgende weitere Darlehen:

* ein Vorfinanzierungsdarlehen (Konto-Nr. ..........) vom 15.02.1993 an die R. GmbH in Höhe von 200.000,00 DM, besichert durch eine Bürgschaft der Beklagten über 200.000,00 DM (neben Bürgschaften der Herren F. und Z. in gleicher Höhe); dieser Kredit ist später abgelöst und die entwertete Bürgschaftsurkunde der Beklagten mit Schreiben vom 06.12.1993 zurückgegeben worden;

* Darlehen vom 30.08.1993 (Konto-Nr. ...........) an Herrn Z. über 115.000,00 DM, besichert (neben einer Bürgschaft über 220.000,00 DM des Herrn F. und der Frau C. Z.) durch eine Raumsicherungsübereignung der angeschafften Geschäfts- und Betriebseinrichtung nebst Verwertungsgarantie der Beklagten;

* weiteres Darlehen vom 30.08.1993 (Konto-Nr. ..........) an Herrn Z. über 98.000,00 DM, besichert in gleicher Weise;

* weiteres Darlehen vom 30.08.1993 (Konto-Nr. ............) an Herrn F. über 250.000,00 DM, besichert (neben einer Bürgschaft über 250.000,00 DM des Herrn Z. und der Frau R. F.) in gleicher Weise; dieses Darlehen ist nach dem Ausscheiden des Herrn F. aus der F. Immobilien GbR gemäß Vereinbarung vom 15.01.1995 von Herrn Z. übernommen worden (fortan unter der Endnummer 250 geführt);

* ferner die aus der Belastung mit den Zins- und Tilgungsraten entstandene Überziehung des Kontokorrentkontos Nr. ............... bis zur Höhe der Zins- und Tilgungsraten für drei Monate.

Mit Darlehensvertrag vom 18.08.1994 (Konto-Nr. .............) gewährte die Klägerin Herrn Z. zur Restfinanzierung des Objekts N. Str. 70 G in N. ein weiteres Darlehen über 345.000,00 DM, das neben einer Bürgschaft der Frau C. Z. bis zum Betrag von 1.694.000,00 DM durch die Abtretung von Mietzahlungsansprüchen gegen die Beklagte sowie eine weitere Bürgschaft der Beklagten bis zum Betrag von 250.000,00 DM besichert war. Aus diesem Darlehen wurden 40.000,00 DM zur Teilablösung des Darlehens mit der Endnummer 225 und weitere 70.000,00 DM zur Ablösung des Darlehens mit der Endnummer 217 verwendet.

Seit Mai 1996 kam die Beklagte, die das von der Klägerin finanzierte Objekt von der F. Immobilien GbR gemietet hatte, den an die Klägerin abgetretenen Mietforderungen, die durch Zahlung auf das Kontokorrentkonto Nr. ................ erfüllt werden sollten, nicht mehr nach. Im Einverständnis der Klägerin veräußerte der Hauptschuldner Z. das mit der Grundschuld von 1,2 Mio. DM belastete Grundstück mit Notarvertrag vom 18.09.1998 für 900.000,00 DM, die als Erlös aus der Grundschuld an die Klägerin gezahlt wurden, die hinsichtlich der Grundschuld auf weitergehende Ansprüche gegen den Hauptschuldner und Sicherungsgeber verzichtete. Die erlösten 900.000,00 DM verbuchte die Klägerin gemäß Ziffer 5 der formularmäßigen Bürgschaftserklärung der Beklagten - danach ist die Bank befugt, den Erlös von Sicherheiten sowie Zahlungen des Hauptschuldners oder anderer Verpflichteter zunächst auf den Betrag ihrer Ansprüche zu verrechnen, der die Bürgschaftssumme übersteigt - wie folgt auf die (hier und im weiteren nur noch mit den Endnummern bezeichneten) Konten des Herrn Z.:

Nr. 212 145.165,26 DM

Nr. 012 150.090,55 DM

Nr. 268 278.718,56 DM

Nr. 225 und 250 326.025,63 DM

Nach Verrechnung der vorgenannten 145.165,26 DM auf das zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 596.470,74 DM valutierende Darlehen mit der Endnummer 212 verblieb dort ein offener Restsaldo in Höhe von 451.305,38 DM. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der dieses Darlehen besichernden Bürgschaft vom 26.05.1993 in Anspruch, und zwar gemäß der formularmäßigen Bestimmung in Nr. 2 der Bürgschaftsurkunde ("Die Bürgschaft umfaßt zusätzlich Zinsen, Provisionen und Kosten, die aus den verbürgten Ansprüchen oder durch deren Geltendmachung entstehen, und zwar auch dann, wenn dadurch der obengenannte Betrag überschritten wird. Dies gilt auch dann, wenn Zinsen, Provisionen und Kosten durch Saldenfeststellungen im Kontokorrent Teil der Hauptschuld werden und dadurch der obengenannte Betrag überschritten wird.") unter Einschluss der für die Zeit vom 01.07.1996 bis 08.10.1998 auf den verbürgten Darlehensanspruch angefallenen, von ihr auf 52.610,00 DM berechneten Zinsen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 352.610,00 DM nebst 5% Zinsen über Bundesbankdiskontsatz vom 11.11.1998 bis 31.12.1998 und 5% über Basiszinssatz ab 01.01.1999 zu zahlen

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im wesentlichen die Auffassung vertreten, sie sei wegen der Verrechnung des Verwertungserlöses der Grundschuld auf die nicht durch die streitgegenständliche Bürgschaft besicherten Darlehensforderungen gemäß § 776 BGB von ihrer Bürgschaftsverpflichtung frei geworden.

Mit Urteil vom 07.11.2001, auf das im übrigen wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie seiner rechtlichen Würdigung durch das Landgericht Bezug genommen wird, ist die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt worden, an die Klägerin 306.664,91 DM nebst - ab 11.11.1998 - 5% Zinsen über dem Bundesbankdiskont- bzw. Basiszinssatz zu zahlen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihre Rechtsauffassung weiter, dass in der Verwendung des Verwertungserlöses der Grundschuld für andere als das durch ihre streitgegenständliche Bürgschaft besicherte Darlehen (mit der Endnummer 212) gemäß § 776 BGB die Aufgabe einer Sicherheit zu sehen sei, aus der sie nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Mit der Zweckerklärung vom 22.09.1993 sei der ursprünglich auf das Darlehen mit der Endnummer 212 beschränkte Sicherungszweck der Grundschuld ohne ihr Einverständnis auf weitere Darlehen ausgedehnt worden. Irrtümlich habe das Landgericht auch noch das Darlehen mit der Endnummer 268 als durch die Grundschuld mitbesichert behandelt; das sei auch insoweit verfehlt, als aus diesem Darlehen insgesamt 110.000,00 DM zur Rückführung der durch die Grundschuld gemäß Zweckerklärung vom 22.09.1993 mitbesicherten Darlehen mit der Endnummer 217 und 225 verwendet worden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

sowie im Wege der unselbständigen Anschlussberufung,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach dem erstinstanzlichen Schlussantrag der Klägerin zu erkennen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin.

Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, zu der von ihr vorgenommenen Verrechnung des Erlöses von 900.000,00 DM nach freiem Ermessen berechtigt gewesen zu sein. Es habe weder eine Verrechnungsvereinbarung noch eine einseitige Tilgungsbestimmung durch Herrn Z. gegeben. Sie habe ihm die von ihr vorgenommene Aufteilung des Erlöses auf die einzelnen Darlehensforderungen auch nicht mitgeteilt; es habe sich insoweit lediglich um interne Buchungsvorgänge ohne Außenwirkung gehandelt. Die von ihr vorgenommene Verrechnung entspreche auch dem Rechtsgedanken des § 366 Abs.2 BGB; die nicht durch die streitgegenständliche Bürgschaft der Beklagten mitbesicherten Rückzahlungsforderungen hätten der Klägerin geringere Sicherheit geboten. Es treffe zu, dass aus den erlösten 900.000,00 DM mehr als 300.000,00 DM auf nicht durch die Zweckerklärung vom 22.09.1993 abgesicherte Darlehen angerechnet worden seien. Das sei jedoch zumindest insoweit unschädlich, als auch nach Abzug der auf die nicht durch die Grundschuld mitbesicherten Darlehensforderungen verrechneten Zahlungen bei dem durch die streitgegenständliche Bürgschaft der Beklagten besicherten Darlehen mit der Endnummer 212 ein - von der Klägerin auf 132.496,27 DM errechneter - Betrag übrigbleibe, für den ihr die Beklagte aus der Bürgschaft hafte.

Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten führt in Abänderung des angefochtenen Urteils zur vollständigen Abweisung der Klage. Die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet.

I.

Zur Anschlussberufung der Klägerin:

Nach neuerer Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.07.2002 - IX ZR 294/00 -, NJW 2002, 3167 ff. - unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung), der sich der Senat unter Bezugnahme auf die Gründe jener Entscheidung anschließt, ist die formularmäßige Bestimmung in Nr.2 der Höchstbetragsbürgschaftsurkunde unwirksam, so dass die Beklagte unter keinen Umständen über den vereinbarten Höchstbetrag von 300.000,00 DM hinaus für die besicherte Hauptschuld einzustehen hat. Die Anschlussberufung ist somit schon wegen der mit 52.610,00 DM auf die Bürgschaftssumme aufgeschlagenen Zinsen, die von der Klägerin für die Zeit vom 01.07.1996 bis 08.10.1998 hinsichtlich der verbürgten Hauptforderung berechnet worden sind, unbegründet. Insoweit erkennt das angefochtene Urteil der Klägerin bereits in jedem Fall 6.664,91 DM zuviel zu. Die Klägerin hat trotz entsprechenden Hinweises in der Berufungsverhandlung ihre Anschlussberufung nicht zurückgenommen. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst.

II.

Zur Berufung der Beklagten:

Das Landgericht hat - in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des BGH - den in der Bürgschaftsurkunde vom 26.05.1993 enthaltenen formularmäßigen Verzicht des Bürgen auf die Rechte aus § 776 BGB für unwirksam gehalten, die anderweitige Verwertung der Grundschuld durch Verrechnung des überwiegenden Erlösteils (nur 145.165,26 DM sind auf den verbürgten Kredit mit der Endnummer 212 verrechnet worden) auf die Darlehenskonten mit den Endnummern 225, 250 (= alt 216) und 268 jedoch in Würdigung der hierzu durchgeführten Beweisaufnahme als nicht vereinbarungswidrig, sondern als vom Einverständnis der Beklagten gedeckt angesehen. Hinsichtlich der auf das Kontokorrentkonto mit der Endnummer 012 verrechneten 150.090,55 DM hat das Landgericht dies nur für einen Teilbetrag in Höhe von 11.120,85 DM bejaht und in der Verrechnung der weiteren 138.969,70 DM eine Aufgabe der Sicherheit i.S.d. § 776 BGB gesehen, da insoweit schon nach eigener Darstellung der Klägerin keine Absicherung durch die Grundschuld vorlag. Dasselbe gilt indessen - mindestens - für die Verrechnung weiterer 168.718,56 DM auf das ebenfalls nicht dinglich besicherte Darlehen vom 18.08.1994 mit der Endnummer 268:

1. Von einer Erstreckung des Sicherungszwecks der Grundschuld auf das Darlehen vom 18.08.1994 über ein Herrn Z. zur Restfinanzierung des Objekts gewährtes Darlehen in Höhe von 345.000,00 DM geht die Klägerin selbst nicht aus. Sie sieht lediglich mittelbar einen Teilbetrag von 110.000,00 DM aus diesem Darlehen als noch durch die Grundschuld besichert an, soweit nämlich aus diesem neuen Darlehen das Darlehen vom 30.08.1993 mit der Endnummer 225 in Höhe von 40.000,00 DM und das weitere Darlehen vom 30.08.1993 mit der Endnummer 217 in Höhe von 70.000,00 DM abgelöst worden sind. Ob noch auf die Besicherung der insoweit erloschenen "Altdarlehen" abgestellt werden kann, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Es genügt festzustellen, dass jedenfalls in der Verrechnung der weiteren 168.718,56 DM auf das nicht dinglich besicherte Darlehen vom 18.08.1994 ebenso eine "Aufgabe" der Sicherheit i.S.d. § 776 BGB zu sehen ist, wie dies das Landgericht bereits für die Verrechnung von 138.969,70 DM auf das insoweit ebenfalls - unstreitig - nicht dinglich mitbesicherte Darlehen mit der Endnummer 012 angenommen hat.

1. Nach § 776 BGB wird ein Bürge, wenn der Gläubiger eine für die Forderung bestehende Sicherungsgrundschuld aufgibt, insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Ein Aufgeben von Sicherheiten i.S.d. § 776 BGB kann auch in der Verrechnung des Verwertungserlöses auf eine von der Bürgschaft nicht erfasste Verbindlichkeit des Hauptschuldners liegen (BGH WM 1960, 371, 372; NJW 2000, 1566, 1569; NJW 2000, 2580, 2583). Die Bürgschaft der Beklagten vom 26.05.1993 über 300.000,00 DM besicherte ursprünglich die beiden Kredite vom 04.05.1993 an die F. Immobilien GbR (bestehend aus den Herren F. und Z.) über 635.000,00 DM und 350.000,00 DM. Nach Tilgung des letztgenannten Zwischenkredits sicherte die Bürgschaft nur noch den Kredit mit der Endnummer 212, der bei Verrechnung eines Teilerlöses in Höhe von 145.165,26 DM mit 596.470,64 DM valutierte, so dass nach dieser Verrechnung noch ein Saldo in Höhe von 451.305,38 DM verblieb.

1. Unabhängig von der Frage, ob die Zweckerklärung vom 22.09.1993 neben der streitgegenständlichen Bürgschaft der Beklagten für den Kredit mit der Endnummer 212 erstmalig den Sicherungsumfang der Grundschuld bestimmte oder ob in dieser Zweckerklärung eine nachträgliche Ausweitung des Sicherungsumfangs zu sehen ist - bei dieser Unterscheidung orientieren sich beide Parteien im Ausgangspunkt an den Entscheidungen des BGH vom 02.03.2000 und 06.04.2000 (NJW 2000, 1566 und 2580) -, steht als unstreitig fest, dass der Sicherungszweck der Grundschuld jedenfalls nicht auch auf das Darlehen vom 18.08.1994 (mit der Endnummer 268) erstreckt worden ist. Die Frage einer wirksamen Zustimmung der Beklagten zu einer solchen nachträglichen Ausdehnung des Sicherungszwecks stellt sich daher erst gar nicht. Wenn schon eine auf späterer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner beruhende Ausdehnung des Sicherungszwecks einer Grundschuld auf andere Ansprüche ohne wirksame Zustimmung des Bürgen dazu führt, dass in der Verwendung des Verwertungserlöses für diese nicht von der Bürgschaft abgedeckten Ansprüche eine Aufgabe dieser Rechte i.S. von § 776 BGB liegt, dann gilt dies erst recht für eine Verrechnung des Erlöses auf solche Ansprüche, die überhaupt nicht vom Sicherungszweck des aufgegebenen Rechts umfasst sind.

1. Nach alledem steht fest, dass die Klägerin aus dem Erlös in Höhe von 900.000,00 DM jedenfalls 307.688,26 DM auf Forderungen angerechnet hat, die nicht durch die Grundschuld mitbesichert waren, nämlich 168.718,56 DM (wenn man die weiteren 110.000,00 DM außer Betracht lässt) auf das Darlehen mit der Endnummer 268 und - wie im angefochtenen Urteil - 138.969,70 DM (150.090,55 DM abzüglich 11.120,85 DM) auf den Kontokorrentkredit mit der Endnummer 012. Das stimmt im Ergebnis auch mit dem Zahlenwerk der Klägerin im Schriftsatz vom 19.12.2002 überein. Die Klägerin verfehlt allerdings den rechtlichen Ansatz, wenn sie meint, in jedem Falle befugt zu sein, die Bürgschaft der Beklagten in der Höhe in Anspruch zu nehmen, die bei dem Darlehen mit der Endnummer 212 als Restforderung verblieben wäre, wenn sie die anderweitig verrechneten, mindestens in Höhe von 307.688,26 DM als Freigabe i.S.d. § 776 BGB zu behandelnden Erlösanteile auf dieses Darlehen verrechnet hätte.

1. Die Sanktion des § 776 BGB knüpft an den Verlust der Ersatzmöglichkeit an, die der Bürge sonst bei eigener Inanspruchnahme hätte; diesen Verlust gleicht § 776 BGB dadurch aus, dass der Gläubiger insoweit seinen Anspruch gegen den Bürgen verliert. Die Norm steht in engem Zusammenhang mit § 774 BGB. Danach gehen bei und im Umfange einer Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen nicht nur die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen über, sondern auch die für sie bestellten akzessorischen Sicherungsrechte; nichtakzessorische Sicherungsrechte sind auf ihn zu übertragen. Der Bürge, der den Gläubiger befriedigt, soll in dessen Rechtsstellung - und zwar in jeder Hinsicht - einrücken, um sich nach Möglichkeit bei dem Hauptschuldner (oder einem Dritten, der die Hauptschuld neben dem Bürgen besichert) "erholen" zu können. Diese Begünstigung des Bürgen würde entwertet, wenn es dem Gläubiger gestattet wäre, zu Lasten des Bürgen einseitig weitere für die Hauptschuld bestellte Sicherheiten aufzugeben (hier durch Verrechnung des Erlöses auf eine von der Bürgschaft nicht erfasste Verpflichtung des Hauptschuldners und Sicherungsgebers Z.). Nur wenn und soweit in der Verwendung des Verwertungserlöses keine Sicherheitenaufgabe i.S.d. § 776 BGB zu sehen ist, muss die Beklagte als Bürgin die sich aus den Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin als Gläubigerin und dem Eigentümer und Sicherungsgeber Z. als Hauptschuldner ergebende Verrechnung gegen sich gelten lassen. Anderenfalls ist die Beklagte insoweit von ihrer Bürgenverpflichtung frei geworden, als sie bei Befriedigung der Klägerin aus der Grundschuld, d.h. dem Verwertungserlös, hätte Ersatz erlangen können.

1. Erklärtermaßen beruht die von der Klägerin vorgenommene Verrechnung des Erlöses auf die mehreren Forderungen gegen den Hauptschuldner Z. nicht auf einer zwischen ihr und Herrn Z. vereinbarten oder von diesem bestimmten Tilgungsreihenfolge (§ 366 Abs.1 BGB). Die Klägerin hat sich vielmehr als berechtigt angesehen, den Sicherheitenerlös so zu verrechnen wie es ihr am günstigsten erschien. Die Unwirksamkeit des klauselmäßigen Verzichts der Beklagten auf die Rechte aus § 776 BGB hat aber gerade zur Folge, dass die Klägerin sich nicht darauf berufen darf, ihr sei gestattet, den Erlös aus ihr anderweitig bestellten Sicherheiten oder Zahlungen des Hauptschuldners zunächst auf den Betrag ihrer Ansprüche zu verrechnen, der die Bürgschaftssumme übersteigt (BGH, NJW 2000, 2580, 2583). An der Rechtsfolge des § 776 BGB ändert es auch nichts, dass die Klägerin die von ihr vorgenommene Verrechnung lediglich als einen internen Vorgang bezeichnet und auf die gesetzliche Tilgungsreihenfolge gemäß § 366 Abs.2 BGB verweist. Unabhängig davon, ob die Klägerin dem Hauptschuldner Z. nicht mitgeteilt hat, auf welche der mehreren Forderungen gegen ihn sie den Verwertungserlös verrechnet hat (nach eigenen Angaben der Klägerin ist das Ergebnis dieser Verrechnung jedenfalls Grundlage eines Schuldanerkenntnisses des Hauptschuldners Z. über die verbliebene Restforderung gegen ihn geworden), ist diese Verrechnung vom Hauptschuldner nicht beanstandet worden. Wenn es ihm indessen gleichgültig war, auf welche der fälligen Darlehensforderungen die Klägerin den Erlös verrechnete, bleibt es auch der Beklagten gegenüber bei der Rechtsfolge der vorgenommenen Verrechnung. Unergiebig ist schließlich auch der Versuch der Klägerin, die von ihr vorgenommene Verrechnung als der Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs.2 BGB entsprechend darzustellen. Die Klägerin meint zwar, ihre nicht durch die Höchstbetragsbürgschaft der Beklagten besicherten Rückzahlungsforderungen hätten ihr geringere Sicherheit geboten. In tatsächlicher Hinsicht lässt sich ihrem Vorbringen hierzu jedoch nichts entnehmen. Für das Darlehen mit der Endnummer 268 bestanden mehrere Sicherheiten (neben einer Bürgschaft von Frau C. Z. bis zu einem Betrag von 1.694.000,00 DM die Abtretung der Mietzahlungsansprüche aus dem Mietvertrag mit der Beklagten sowie eine weitere Bürgschaft der Beklagten bis zum Betrag von 250.000,00 DM), so dass die angeblich geringere Sicherheit dieser Darlehensforderung nicht nachvollziehbar ist. Auch für die Darlehen mit den Endnummern 225 und 250 (alt: 216) bestanden weitere Sicherheiten (für das erstgenannte Darlehen eine Bürgschaft des Herrn F. und der Frau C. Z. über 220.000,00 DM, für das zweitgenannte Darlehen eine Bürgschaft des Herrn Z. und der Frau R. F. über 250.000,00 DM, ferner für beide Darlehen die Raumsicherungsübereignung der angeschafften Geschäfts- und Betriebseinrichtung nebst Verwertungsgarantie der Beklagten). Ob und ggf. welche weiteren Sicherheiten für den Kontokorrentkredit (Konto mit der Endnummer 012) bestanden (über die sich aus der Zweckerklärung vom 22.09.1993 ergebende Teilbesicherung hinaus), erschließt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht.

1. Es bleibt daher dabei, dass in der Verwendung eines 300.000,00 DM übersteigenden Teiles des Verwertungserlöses für nicht durch die Grundschuld besicherte Forderungen der Klägerin im Sinne von § 776 BGB eine Aufgabe der dinglichen Sicherheit zu sehen ist, aus der die Beklagte gemäß § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können, und zwar entgegen der - vom Landgericht übernommenen - Auffassung der Klägerin nicht nur quotenmäßig, sondern in vollem Umfang. Die Klägerin setzt die auf 1.043.617,12 DM bezifferte Summe der Verbindlichkeiten, für die die Grundschuld nach ihrer Auffassung haftete (596.470,64 DM auf dem Konto mit der Endnummer 212, 326.025,63 DM auf den Konten mit der Endnummer 225 und 250, 11.120,85 DM auf dem Konto mit der Endnummer 012 und 110.000,00 auf dem Konto mit der Endnummer 268), in das Verhältnis zu der Haftungsmasse von 1,2 Mio DM und errechnet daraus - bei gleichrangiger Inanspruchnahme - für beide Sicherungsgeber eine Quote von 86,99%. Das Landgericht hat diese Haftungsquote rechnerisch auf 86,97% korrigiert und so eine betragsmäßige Haftung der Beklagten aus der Bürgschaft in Höhe von 260.910,00 DM ermittelt (zuzüglich auf 45.754,91 DM errechneter Zinsen auf den verbürgten Anspruch bis zum 08.10.1998 = 306.664,91 DM). Aus § 426 BGB, der auf das Verhältnis von mehreren Sicherungsgebern Anwendung findet, sofern die Sicherungsmittel auf gleicher Stufe stehen (BGH NJW 1989, 2530; NJW 1992, 3228), lässt sich im Streitfall indessen ein Ausgleichsanspruch unter den beiden Sicherungsgebern von vornherein nicht herleiten, weil Herr Z. als Besteller und Zedent der Grundschuld zugleich Hauptschuldner des besicherten Kredits ist. In einem solchen Fall kommt ein Ausgleich nach § 426 BGB nicht in Betracht (BGH, NJW 2001, 2327, 2330). Die Beklagte ist somit in vollem Umfang von ihrer Haftung aus der Bürgschaft frei geworden.

III.

Aus den vorstehend zusammengefassten Erwägungen, auf denen die Entscheidung des Senats in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, folgt zugleich, dass kein gesetzlicher Grund (gemäß § 543 Abs.2 ZPO n.F.) besteht, die Revision zuzulassen (zu den Zulassungsanforderungen siehe Beschluss des für Bankensachen zuständigen XI. Zivilsenats des BGH vom 01.10.2002 - XI ZR 71/02 - WM 2002, 2344 = ZIP 2002, 2148 = NJW 2003, 65).

Im übrigen beruhen die prozessualen Nebenentscheidungen auf den §§ 91 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO (hinsichtlich der Vollstreckbarkeitsformel siehe OLG Celle, NJW 2003, 73).

Streitwert der Berufung: 180.286,63 EUR.

Ende der Entscheidung

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