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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.03.2003
Aktenzeichen: 16 U 72/02
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

EGBGB § 3 Abs. 1
BGB § 545
BGB § 546 Abs. 1
BGB § 564 b Abs. 3 a.F.
BGB § 565 Abs. 3 a.F.
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 573 Abs. 3
BGB § 574
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 7
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 721
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 72/02

Verkündet am 10.03.2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 27.01.2003 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Appel-Hamm und Manteufel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 28.06.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köln - 208 C 97/02 - abgeändert und werden die Beklagten verurteilt, die von ihnen im Haus St. B-Straße in ####1 L auf der 2.Etage bewohnte Wohnung nebst Kellerraum zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.09.2003 gewährt.

Die Kosten des Rechtstreits - soweit über sie nicht bereits durch Beschluss des Landgerichts Köln vom 11.09.2002 (1 S 116/02) entschieden ist - tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die heute 79 und 74 Jahre alten Beklagten sind seit Februar 1959 Mieter einer 40 qm großen Wohnung in der 2. Etage des Hauses St. B-Strasse in L. Ende 2000 kauften die Kläger als Gesellschaft bürgerlichen Rechts das Haus; am 27.11.2001 wurden sie als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Das Haus hat insgesamt vier Geschosse. Im Erdgeschoss befindet sich ein Ladenlokal, in den drei oberen Etagen jeweils eine Wohnung mit einer Größe von etwa 40 qm. Die Kläger beabsichtigen, das Haus umzubauen und in dem Ladenlokal im Erdgeschoss eine Eisdiele zu betreiben.

Die Mieter der Wohnungen in der ersten und dritten Etage sind nach Eigenbedarfskündigungen der Kläger Ende 2001 ausgezogen. Mit Schreiben vom 16.01.2001 kündigten die Kläger auch das Mietverhältnis mit den Beklagten wegen Eigenbedarfs zum 31.01.2002 und widersprachen zugleich einer Verlängerung des Mietverhältnisses über den 31.01.2002 hinaus. Zur Begründung des Eigenbedarfs heißt es in dem Schreiben:

"Wir, die Familie N, wollen mit unserer 5-köpfigenFamilie das Haus St. B-Strasse selbst beziehen. Zwei unserer Kinder wollen dabei die beiden anderen Wohnungen beziehen, während wir (Familie N) Ihre Wohnung beziehen wollen. ... Zu uns ziehen soll auch der inzwischen verwitwete Vater von Frau N, der versorgt werden muss. Das ganze Haus soll dann von Familie N bewohnt werden."

Mit Schreiben des Mietvereins vom 09.11.2001 (Bl. 37 GA) widersprachen die Beklagten der Kündigung.

Die Kläger haben behauptet, sie planten das Haus um einen Anbau im Hof bis zur Höhe des 3. Obergeschosses zu erweitern. In der ersten Etage des Anbaus sei eine Küche für die Eisdiele geplant, in der zweiten Etage ein zusätzliches Schlafzimmer. Die Wohnung im 2. Obergeschoss sei ursprünglich für sie und den Vater der Klägerin zu 2) bestimmt gewesen. Im Rahmen der Umbauplanungen habe sich herausgestellt, dass die Wohnung hierfür auch nach der geplanten Erweiterung zu klein sei. Daher sei nunmehr vorgesehen, dass die Eltern in die Wohnung im 3. Obergeschoss und der Vater der Klägerin zu 2) in die Wohnräume ins Dachgeschoss ziehen solle. Die Wohnung der Beklagten solle von den beiden Söhnen B und Q N, die Wohnung im Erdgeschoss - entsprechend der ursprünglichen Planung - von der Tochter bezogen werden.

Die Beklagten haben den geltend gemachten Eigenbedarf bestritten und behauptet, dass die Kläger auch die Wohnungen gewerblich nutzen wollten. Ferner haben sie geltend gemacht, dass ihnen ein Umzug aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht zumutbar sei.

Das Amtsgericht hat die auf Räumung gerichtete Klage durch das angefochtene Urteil mit der Begründung abgewiesen, dass weder ein Aufhebungsvertrag zustande gekommen sei noch eine wirksame Kündigung wegen Eigenbedarfs vorliege. Die Kündigung vom 16.01.2001 sei unwirksam, weil der dort geltend gemachte Eigenbedarf für die Kläger zu 1) und 2) und den Vater der Klägerin zu 2) nicht mehr bestehe und der jetzt geltend gemachte Eigenbedarf im Kündigungsschreiben nicht angegeben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses ihnen am 16.07.2002 zugestellte Urteil haben die Kläger am 16.08.2002 Berufung eingelegt und diese am 16.09.2002 begründet.

Die Kläger wiederholen ihr Vorbringen erster Instanz und verweisen insbesondere darauf, dass von vornherein der Einzug der gesamten Familie geplant gewesen sei. Nachträglich habe sich lediglich die Notwendigkeit eines Tausches der Wohnungen ergeben. Sie sind ferner der Ansicht, dass es sich hierbei um einen nachträglich entstandenen Eigenbedarfsgrund handle, der nach § 564 b Abs. 3 BGB a.F. zu berücksichtigen sei.

Die Kläger behaupten schließlich, die Beklagten hielten sich tatsächlich nicht mehr in der Wohnung auf. Sie suchten die Wohnung nur noch sporadisch auf, um den Briefkasten zu leeren.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Köln vom 28.06.2002 - 208 C 97/02 - die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen bewohnte Wohnung auf der 2. Etage des Hauses St. B-Strasse, ####1 L, nebst Kellerraum zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

ihnen eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2003 einzuräumen.

Sie wiederholen ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen, insbesondere, dass die Kläger die Wohnung für gewerbliche Zwecke nutzen wollten. Sie behaupten ferner unter Vorlage von ärztlichen Attesten, dass ihnen ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten sei. Der Beklagte zu 1) leide an fortgeschrittenen Gefäßveränderungen mit schweren Durchblutungsstörungen des Gehirns und des Herzens. Dies äußere sich in immer wieder auftretenden Schwindelanfällen, die dazu führten, dass er in der Wohnung zusammenbreche und sich ohne fremde Hilfe nicht bewegen könne. Die Beklagte zu 2) leide neben einer Sehbehinderung unter einer Schilddrüsenüberfunktion sowie Herzrhythmusstörungen, die eine fortlaufende ärztliche Behandlung erforderlich machten.

Auch sei es ihnen bisher nicht gelungen, angemessenen Ersatzwohnraum zu finden. Da ihr Sohn in der Nähe wohne und auch ihre Ärzte und sämtliche Versorgungseinrichtungen in der Nähe seien, komme nur eine Wohnung in der näheren Umgebung in Frage. Die ihnen von den Klägern benannten Wohnungen seien schon wegen der zu hohen Miete nicht akzeptabel.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G, B und Q N. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2003 (Bl. 170 ff GA) Bezug genommen.

In einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen, nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.02.2003 machen die Beklagten geltend, dass es ihnen frühestens in 10 bis 12 Monaten möglich sein werde, angemessenen Ersatzwohnraum zu finden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Kläger können von den Beklagten gem. § 546 Abs. 1 BGB Räumung der von ihnen bewohnten Wohnung im zweiten Stock des Hauses der Kläger St. B-Straße in L verlangen. Denn das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist durch Eigenbedarfskündigung der Kläger vom 16.01.2001 mit Ablauf der - gem. Art. 229 § 3 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen - Kündigungsfrist von einem Jahr gem. § 565 Abs. 3 BGB a.F. am 31.01.2002 beendet worden.

I.

Die Kündigung vom 16.01.2001 ist wirksam.

Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (entspricht 564 b Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F.) kann der Vermieter das Mietverhältnis bei Eigenbedarf, d.h. wenn er die vermieteten Räume als Wohnung für sich oder seine Familienangehörigen benötigt, kündigen.

1. Eigenbedarf im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt vor.

Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts reicht es für die materielle Prüfung aus, dass der Eigentümer vernünftige, nachvollziehbare Gründe hat, die Wohnung selbst zu nutzen (BVerfG WM 1993, 730). Grundsätzlich ist der Entschluss des Eigentümers, seine Wohnung für sich nutzen zu wollen, zu akzeptieren (ständ. Rspr. z.B. BVerfG, WM 1993, 730; WM 1994, 130; Palandt-Weidenkaff, 62. Aufl., § 573 Rdnr. 28; MüKo/Voelskow, 3. Aufl., § 564 b Rdnr. 53). Überprüft werden darf dann nur noch, ob der Erlangungswunsch ernsthaft ist, ob er missbräuchlich geltend gemacht ist oder ob der Wohnungswunsch durch eine andere Wohnung des Vermieters befriedigt werden kann (BVerfG WM 1993, 730).

Gemessen daran ist Eigenbedarf gegeben.

Dabei muss der Eigenbedarf nicht für alle Eigentümer bestehen; bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer genügt es vielmehr, wenn der Eigenbedarf für einen der Gesellschafter besteht (Palandt-Weidenkaff, aaO § 573 Rdnr. 26).

Dass der Wunsch nach Eigennutzung hier grundsätzlich vernünftig und nachvollziehbar ist, um die 5-köpfigen Familie in den verschiedenen Wohnungen des Hauses unterzubringen, bedarf keiner weiteren Begründung. Dass die bisherige Wohnung zu klein ist, ist nicht mehr substantiiert bestritten.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist. Insbesondere steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Kläger beabsichtigen, von den Beklagten bewohnten Räume im 2. Obergeschoss als Wohnung für ihre beiden Söhne - und nicht etwa zu gewerblichen Zwecken - zu nutzen. Die Kinder der Kläger haben dies in ihrer Vernehmung als Zeugen übereinstimmend und glaubhaft bestätigt. Der Senat folgt diesen Aussagen. Für eine beabsichtigte gewerbliche Nutzung liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor. Es ist nicht ersichtlich, wie die fraglichen Räume im zweiten Obergeschoss sinnvoll für den Betrieb der im Erdgeschoss geplanten Eisdiele genutzt werden könnten. Allein der Umstand, dass die Aufteilung der Wohnungen auf die Mitglieder der Familie N sich geändert hat, stellt noch kein Indiz dafür dar, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben und in Wirklichkeit eine gewerbliche Nutzung beabsichtigt ist.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 06.03.2003 bietet keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Der Senat vermag die Plausibilität des neuen Vorbringens nicht zu überprüfen. Die Beklagten legen nicht dar, aufgrund welcher konkreten Beobachtungen sie davon ausgehen, dass die Wohnungen im 1. und 3. Obergeschoss zwischenzeitlich anderweitig vermietet worden sind.

2. Das Kündigungsschreiben vom 16.01.2001 genügt auch den formellen Voraussetzungen, die an eine Wohnraumkündigung (§ 568 Abs. 1 iVm § 573 Abs. 3 BGB) zu stellen sind.

Im Kündigungsschreiben ist der geltend gemachte Eigenbedarf ausreichend dargelegt. Die Eigentümer, hier die drei Gesellschafter der GbR, haben ausreichend konkret dargelegt, dass zwei der Gesellschafter - die Kläger zu 1) und 2) - das Haus für sich und ihre Familie einschließlich des Vaters der Klägerin zu 2) nutzen wollen und hierfür auch die Wohnung der Beklagten im 2. Obergeschoss benötigt wird.

Entscheidend für den Umfang des Begründungszwangs ist das Informationsinteresse des Mieters. Es müssen demnach solche Tatsachen angegeben werden, die für die Beurteilung von Bedeutung sind, ob der Vermieter vernünftige Gründe für sein Verlangen hat (BVerfG, NJW 1992, 1379).

Die Kläger haben in ihrem Kündigungsschreiben die Namen sämtlicher zukünftiger Nutzer angegeben sowie die Verteilung der einzelnen Wohnungen. Ferner haben sie angegeben, dass sie ihre bisherige Wohnung aufgeben und nunmehr in ihrem Eigentum wohnen wollen. Unschädlich ist, dass im Kündigungsschreiben eine ausdrückliche konkrete Angabe, warum das Haus jetzt "benötigt" wird und warum die jetzige Wohnung nicht mehr ausreichend ist, fehlt. Dies ist für die Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich. Als Voraussetzung einer Eigenbedarfskündigung darf nämlich nicht verlangt werden, dass einer unzureichenden Unterkunft abgeholfen werden soll; damit kann der Eigenbedarfskündigung aber auch nicht entgegengehalten werden, dass die bisherige Wohnung zur Deckung des Wohnbedarfs generell geeignet sei (BVerfG WM 1994, 130, 131).

Schließlich steht der Wirksamkeit der Kündigung auch nicht entgegen, dass im Kündigungsschreiben angegeben ist, dass die Kläger zu 1) und 2) die Wohnung im zweiten Obergeschoss beziehen wollen, während nach jetziger Planung die Wohnung der Beklagten für die Söhne der Kläger zu 1) und 2) vorgesehen ist. Hierin liegt insbesondere kein nach § 573 Abs. 3 BGB unzulässiges Nachschieben oder Auswechseln von Kündigungsgründen. Denn der Kündigungsgrund ist letztlich der selbe geblieben.

Der Eigenbedarf besteht darin, dass die Kläger zu 1) und 2) das ganze Haus für sich und ihre Familie benötigen. An diesem Grund hat sich nichts geändert. Nach wie vor will die gesamte Familie N einschließlich des Vaters der Klägerin zu 2) in das Haus einziehen und nach wie vor wird hierfür auch die Wohnung der Beklagten im 2. Obergeschoss benötigt. Letztlich soll das gesamte Haus als Wohnbereich für die Kläger zu 1) und 2) und ihre - noch nicht volljährigen - Kinder dienen. Sinn des Umzugs ist es, die gesamte Familie zusammen unterzubringen. Da die einzelnen Wohnungen pro Etage relativ klein sind, geht dies nur durch Verteilung der einzelnen Angehörigen auf verschiedene Etagen, d.h. derzeit verschiedene Wohnungen. Damit erweist sich das Kündigungsschreiben als eine auf das gesamte Haus bezogene Eigenbedarfskündigung. Weder für die Berechtigung des Eigenbedarfs noch für die Überprüfung des Kündigungsgrundes ist es von Bedeutung, welche Personen in welche Wohnung ziehen wollen, da sowohl nach den Angaben im Kündigungsschreiben als auch nach der jetzigen Planung die gesamte Familie in das Haus einziehen will und hierfür sämtliche Wohnungen benötigt werden.

Daher kommt es auf die - in der Literatur streitige - Frage nicht an, ob auch objektiv bereits vorhandene Gründe, die dem Vermieter zum Zeitpunkt der Kündigung aber subjektiv noch nicht bekannt waren, nach § 573 Abs. 3 BGB nachgeschoben werden können.

3. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen § 545 BGB scheidet aus, weil die Vermieter mit der Kündigung sofort der Verlängerung widersprochen haben.

II.

Die Beklagten können auch nicht gem. § 574 BGB (entspricht § 556 a BGB a.F.) der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.

Für eine soziale Härte iSd § 574 BGB haben sie zu wenig vorgetragen.

1. Eine solche besondere Härte ergibt sich noch nicht allein aus ihrem hohen Alter (74 und 79 Jahre) und dem Umstand, dass sie bereits seit mehr als 40 Jahren in der Wohnung leben.

Allein das hohe Alter des Mieters begründet für sich genommen noch keine besondere Härte (Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rdnr. 1263; Schmidt-Futterer/Mietrecht, 7. Aufl., § 556 a BGB Rdnr. 38).

Eine besondere persönliche Bindung an die konkrete Wohnung machen die Beklagten selbst nicht geltend, vielmehr haben sie vorprozessual und schriftsätzlich ihre grundsätzliche Bereitschaft, auszuziehen, bekundet und diese lediglich davon abhängig gemacht, dass sie entsprechenden Ersatzwohnraum in der näheren Umgebung ihrer bisherigen Wohnung finden.

2. Die Beklagten haben auch nicht hinreichend dargelegt, dass sie aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage sind, aus ihrer bisherigen Wohnung in eine neue Wohnung zu ziehen. Zwar verfügen beide Beklagten über einen Schwerbehindertenausweis, auch werden ihre weiteren geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden durch die vorgelegten Arztberichte bestätigt. Weder hieraus noch aus den vorgelegten ärztlichen Attesten ergibt sich aber, dass ein Umzug für sie mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden ist.

Die Beklagten leben alleine in einer Wohnung im 2. Obergeschoss eines Hauses, welches nicht über einen Fahrstuhl verfügt. Sie sind bisher nicht auf Pflege angewiesen. Die dargelegten Krankheiten und der Grad der Behinderung sind seit Jahren vorhanden. Sie sind nicht von solcher Art, dass sie einen Umzug und einen Wohnungswechsel generell ausschließen. Insbesondere ist die - von den Beklagten nicht bestrittene - Behauptung der Kläger, die Beklagten hielten sich überwiegend nicht in der Wohnung auf, ein Indiz dafür, dass die Beklagten aus gesundheitlichen Gründen nicht auf ihre jetzige Wohnung angewiesen sind und ihnen auch ein Umzug möglich und zumutbar ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den jetzt vorgelegten ärztlichen Attesten vom 16.12.2002 (Anl. 10 zum Schriftsatz vom 21.01.2003, Bl. 163 GA) und vom 19.12.2002 (Anl. 13 zum Schriftsatz vom 21.01.2003, Bl. 167 GA). Diesen Attesten lässt sich lediglich entnehmen, dass Stress und Aufregung zu vermeiden sind und ihnen aus diesem Grund ein Umzug nicht zuzumuten sei. Dies reicht indes angesichts des unbestrittenen Vortrages der Kläger, wonach die Beklagten in der Wohnung gar nicht mehr wohnen, sondern sich dort nur sporadisch aufhalten, sowie insbesondere der auch im Schriftsatz vom 10.02.2003 noch geäußerten grundsätzlichen Bereitschaft der Beklagten, umzuziehen, nicht aus.

3. Schließlich können die Beklagten sich auch nicht darauf berufen, dass es ihnen nicht möglich sei, angemessenen und zumutbaren Ersatzwohnraum zu finden (§ 574 Abs. 2 BGB). Denn sie haben nicht dargelegt, welches Bemühungen sie bisher unternommen haben, um eine andere Wohnung zu finden.

Der Mieter muss die Gründe für die von ihm geltend gemachte besondere Härte im einzelnen darlegen. Beruft der Mieter sich darauf, dass er keinen zumutbaren Ersatzwohnraum finde, gehört hierzu konkreter Vortrag dazu, welche Bemühungen er unternommen hat, um angemessenen Ersatzwohnraum zu finden. Der allgemeine Hinweis auf die angespannte Wohnungsmarktlage reicht nicht aus (Sternel, aaO, Rdnr. 1259). Denn der Mieter ist nach Erhalt einer berechtigten Kündigung verpflichtet, sich um angemessen Ersatzwohnraum zu bemühen (Palandt-Weidenkaff, aaO, § 574 Rdnr. 9). Dabei muss er notfalls auch eine höhere Miete in Kauf nehmen, sofern dies unter Berücksichtigung des Familieneinkommens einschließlich eines eventuellen Anspruchs auf Wohngeld für ihn tragbar ist (Palandt-Weidenkaff, aaO).

Die Beklagten haben nicht dargelegt, welche Bemühungen sie unternommen haben, eine entsprechende Wohnung zu finden. Zwar haben sie im Schreiben des Mietervereins vom 09.11.2001 vorgetragen, dass sie auf Wohnungssuche seien, es fehlt aber jeglicher Vortrag dazu, welche Maßnahmen sie ergriffen haben und warum sie bisher keine angemessene Wohnung finden konnten. Es fehlt auch jeder Vortrag dazu, welche Miete für sie noch tragbar ist und ob Anspruch auf Wohngeld besteht. Hierauf hat der Senat die Beklagten bereits im Termin vom 02.12.2002 hingewiesen.

Auch auf Grundlage ihres Vorbringens im Schriftsatz vom 21.01.2003 lässt sich daher für den Senat nicht überprüfen, ob es ihnen tatsächlich nicht möglich ist, eine angemessene und zumutbare Ersatzwohnung in der näheren Umgebung ihrer jetzigen Wohnung zu finden.

III.

Gem. § 721 ZPO ist auf den entsprechenden Antrag der Beklagten eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist im Urteil festzusetzen. Der Senat hält eine Räumungsfrist von 6 Monaten ab Verkündung des Räumungsurteils für angemessen und ausreichend. Damit geht der Senat noch über den ursprünglich vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Termin gestellten Antrag hinaus und berücksichtigt das Vorbringen im Schriftsatz vom 10.02.2003 angemessen mit.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 7 und 10, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit des Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Streitwert: 2.290,75 €

Ende der Entscheidung

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