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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.03.2002
Aktenzeichen: 19 U 97/02
Rechtsgebiete: HGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 352
HGB § 353
BGB § 631
BGB § 649 Satz 2
BGB § 640 I 2 n.F.
BGB § 641 III n.F.
BGB § 649
ZPO § 92
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 296 a
ZPO § 543 II
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 709 Satz 2
ZPO § 711
ZPO § 756 I
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln Im Namen des Volkes Urteil

19 U 97/02

Verkündet am: 07.03.2002

Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das am 08.01.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 1 O 268/00 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, die von der Klägerin fertiggestellten 1.400 Steuerplatinen für Dampfreinigungsgeräte abzunehmen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin € 62.901,43 (= DM 123.024,51) und 5 % Zinsen hieraus seit dem 17.03.2000 Zug um Zug gegen Auslieferung dieser 1.400 Steuerplatinen zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Annahme dieser Steuerplatinen in Verzug befindet.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 16 % und die Beklagte zu 84 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 7 % und der Beklagten zu 93 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin bot der Beklagten unter dem 04.06.1999 die Herstellung von 6.000 Steuerplatinen zum Preis von 57,50 DM pro Stück an. Mit Fax vom 08.06.1999 erteilte die Beklagte den Auftrag zur Fertigung von 6.000 Platinen; sie führte aus, daß man sich über den Preis unterhalten müsse und lehnte die Stellung einer Bürgschaft ab (K 2). Mit Schreiben vom 09.06.99 bestätigte die Klägerin den Auftrag über 6000 Platinen und ging dabei von einem Stückpreis von 57,50 DM aus. Am 10.06.1999 teilte sie sodann ausdrücklich mit, sie könne keinen anderen Preis als 57,50 DM einräumen (K4). Nachdem die Klägerin die Prototypen der Platinen überarbeitet hatte, unterbreitete sie der Beklagten am 20.07.1999 ein neues Angebot (K 5): 200 Platinen zu je 66,-- DM und 5.800 zu je 62,-- DM, wobei die ersten 200 Anfang August 1999, die nächsten 800 Ende August, weitere 1.000 Stück Mitte bis Ende September 1999 und die restlichen nach Vorgabe der Beklagten und gemeinsamer Abstimmung geliefert werden sollten. Außerdem beansprucht die Klägerin in diesem Angebot einen Ausgleich für besondere Entwicklungskosten in hälftiger Höhe.

Auf telefonische Anforderung der Beklagten lieferte die Klägerin dieser im August 1999 zunächst 200 Platinen zu je 66,-- DM und sodann weitere 400 Platinen zu je 62,-- DM jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Beklagte bezahlte die 200 Platinen Ende August 1999. Die hälftigen Entwicklungskosten stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 28.07.1999 mit DM 4.814,-- in Rechnung (K 6). Mit Schreiben vom 02.09.1999 mahnte sie die Bezahlung der in Rechnung gestellten Entwicklungskosten und der gelieferten 400 Platinen an (K 11). Die Beklagte sicherte die sofortige Begleichung dieser Rechnungen mit Schreiben vom 08.09.1999 zu (K 13). Gleichwohl bezahlte sie die 400 Platinen erst am 08.10.1999 und die Entwicklungskosten am 07.02.2000.

Mit Schreiben vom 10.09.99 teilte die Klägerin der Beklagten u.a. mit, daß die nächsten Platinen zur Auslieferung bereitständen (K 14). In der Folgezeit bat die Klägerin mehrfach u.a. mit Schreiben vom 30.09.99 um Bennennung eines verbindlichen Abnahmetermins für die bereitstehenden 1.400 Platinen. Außerdem kam es zu mehreren Verhandlungen zwischen den Parteien. Mit Anwaltsschreiben vom 09.02.2000 forderte die Klägerin die Beklagte u.a. auf, die bereitstehenden 1.400 Steuerkarten Zug um Zug gegen Zahlung der Vergütung bis zum 23.02.2000 abzunehmen. Mit Schreiben vom 09.02.2000 lehnte die Beklagte jedoch die Abnahme mit der Begründung ab, daß sie diese nicht verbindlich bestellt habe. In der Folgezeit ließ sie weitere Platinen nach den von der Klägerin erhaltenen Konstruktionsplänen durch die Firma H herstellen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe jedenfalls durch den Abruf der ersten 200 zu liefernden Plantinen ihr Angebot vom 20.07.1999 konkludent angenommen. Die Beklagte sei daher zur Abnahme und Bezahlung der auftragsgemäß weiter hergestellten 1.400 Platinen verpflichtet. Die Klägerin hat ferner vorgebracht, daß lediglich bei den ersten 200 Platinen die Funktion "Abschalten wenn Tank leer" nicht richtig funktioniert habe. Eine Nachbesserung dieser Platinen habe die Beklagte jedoch wegen der Geringfügigkeit des Mangels abgelehnt. Dieser Konstruktionsfehler sei sodann behoben worden, so daß alle nachfolgenden Platinen mangelfrei gewesen seien. Die neue Konstruktionspläne habe sie der Beklagten jedoch nicht überlassen.

Die Klägerin hat weiter die Meinung vertreten, daß die Beklagte ihr aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung auch die vereinbarte Vergütung für die restlichen 4.000 Platinen in Höhe von 248.000,-- DM netto abzüglich ihrer ersparten Aufwendungen schulde und hat diese mit insgesamt 216.495,-- DM beziffert. Wegen der näheren Einzelheiten zu den vorgebrachten ersparten Aufwendungen wird auf Bl. 1 und 2 des Schriftsatzes der Klägerin vom 21.06.2001 Bezug genommen (GA 353 f.).

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe mit Schreiben vom 08.06.1999 keinen verbindlichen Auftrag über die Lieferung von 6.000 Platinen erteilt, da eine Einigung über den Preis dieser Platinen nicht erzielt worden sei. Auch das neue Angebot der Klägerin vom 20.07.1999 habe sie nicht angenommen. Eine solche Annahme könne auch nicht darin gesehen werden, daß sie Mitte August 1999 200 Platinen bei der Klägerin bestellt habe, denn ihr Mitarbeiter C habe immer wieder erklärt, daß bezüglich des Preises noch Verhandlungen geführt werden müßten.

Sie hat zudem vorgebracht, daß eine vollständige Auftragserteilung erst dann habe zustande kommen sollen, wenn die verlangten Prototypen erfolgreich in den Endgeräten als seriengeeignet getestet worden seien. Dies folge aus dem Schreiben der Klägerin vom 10.06.99, wonach die ersten 200 Stück erst nach der Freigabe der Prototypen gelieferten werden sollten.

Die Beklagte hat behauptet, nicht nur die ersten 200 Stück sondern auch die danach von der Klägerin gelieferten 400 Platinen seien mangelhaft gewesen. Bei sämtlichen Platinen habe die Funktion "Abschalten wenn Tank leer" nicht funktioniert und zudem sei ein Konstruktionsfehler im Rahmen einer Funkenentstörung (= Funkenlöschkombination) vorhanden gewesen. Die selben Fehler lägen daher auch bei den auf Lager befindlichen 1.400 Platinen vor, so daß sie nicht verpflichtet sei, diese abzunehmen.

Nachdem die Klägerin einen Teil ihrer Klage zurückgenommen hatte, hat das Landgericht der verbliebenen Klage durch Urteil vom 08.01.2002, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte bringt nunmehr vor, der Konstruktionsfehler im Rahmen der Funkenentstörung (= Funkenlöschkombination) sei durch die Firma H "provisorisch" dadurch abgestellt worden, daß diese die vorhandene Funkenlöschkombination von der Platine herunter gelötet habe. Die Beklagte müsse daher nunmehr auf eine die Langlebigkeit der Relais schützende Funkenstörung verzichten (GA 491). Die Klägerin bestreitet derzeit das Vorhandensein eines geringfügigen Fehlers im Zusammenhang mit der Funkenstörung nicht mehr.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung ging am 04.02.2003 ein nicht nachgelassener Schriftsatz der Beklagten vom 03.02.2003 ein, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

II.

Die formell unbedenkliche Berufung hat lediglich im zuerkannten Umfange Erfolg. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt € 62.901,43 gem. §§ 631, 649 Satz 2 BGB zu.

1.

Der Klägerin steht für die von ihr weiter hergestellten 1.400 Platinen gegenüber der Beklagten sowohl ein Anspruch auf Abnahme als auch ein Vergütungsanspruch in Höhe von € 47.186,11 zu.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, daß zwischen den Parteien ein Werkvertrag über die Lieferung von insgesamt 6.000 Platinen zu einem Stückpreis von 66,-- DM bzw. 62,-- DM zustande gekommen sei. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine abweichende Beurteilung:

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe lediglich insgesamt 600 Platinen bei der Klägerin bestellt und im übrigen fehle es an einem wirksamen Vertragsschluß, weil es zu keiner Einigung über den Preis gekommen sei. Denn jedenfalls das "überarbeitete" Vertragsangebot der Klägerin vom 20.07.1999 (K 5), in dem diese bei einem Auftrag von insgesamt 6.000 Platinen, die ersten 200 Stück zu einem Stückpreise von 66,-- DM und die restlichen 5.800 zu einem Stückpreis von 62,-- DM jeweils zzgl. MwSt. sowie eine hälftige Beteiligung an den bei der Entwicklung der Platinen entstandenen Sonderkosten angeboten hat, hat die Beklagte konkludent durch Abruf der ersten 200 Stück angenommen.

Die Beklagte hat nach diesem Angebot 200 Platinen abgerufen und nicht etwa eine vom Angebot der Klägerin unabhängige Bestellung aufgegeben. Nur so konnte die Klägerin die Anforderung von 200 Platinen verstehen, zumal die Beklagte zuvor besonderen Wert auf die Höhe des Preises gelegt hatte. Das Angebot der Klägerin vom 20.07.1999 war ersichtlich ein Komplettangebot für den Verkauf von insgesamt 6.000 Stück. Nur dann, wenn die Beklagte dieses Angebot annehmen wollte, war bei der Bestellung eine Verhandlung und Vereinbarung über den Preis entbehrlich. Daß die Parteien sich bei Abruf der ersten 200 Platinen über einen vom Angebot der Klägerin abweichenden Preis geeinigt hätten, behauptet die Beklagte nicht. Auf GA 38 bringt sie vielmehr vor, sie habe, um mit der Produktion ihrer Dampfreinigungsgeräte beginnen zu können, "wohl oder übel" den Preis von 66,-- DM pro Platine zunächst einmal bzgl. der ersten Anlieferung akzeptieren müssen. Ihr Vorbringen, sie habe bei der Bestellung gleichwohl hervorgehoben, "daß bezüglich des Lieferumfangs von 6.000 Platinen nur dann noch einmal verhandelt werden könne, falls eine erhebliche Reduzierung des Preises pro Platine erzielt werden" könne, ist nicht nachvollziehbar, jedenfalls aber wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlich. Denn entweder hat sie den von der Klägerin verlangten Preis notgedrungen akzeptiert, um mit ihrer Produktion beginnen zu können, oder sie hat das Komplettangebot der Klägerin vom 20.07.1999 abgelehnt, um mit dieser neue Preise für eine Bestellung von lediglich 200 Stück auszuhandeln. Denn unstreitig handelte es sich bei dem Angebot der Klägerin vom 20.07.1999 um ein Komplettangebot bei Abnahme von 6.000 Stück, so daß die von der Klägerin hierin angebotenen Stückpreise bei einer geringeren Abnahmemenge nicht galten. Daß die Beklagte mit der Klägerin neue Preise ausgehandelt habe und sei es auch nur für die von ihr "bestellten" 200 Stück, behauptet sie nicht.

Daß die Beklagte das Komplettangebot der Klägerin vom 20.07.1999 annehmen wollte und angenommen hat, ergibt sich auch daraus, daß die Beklagte, nachdem die Klägerin ihr die in diesem Angebot enthaltene hälftige Beteiligung an den Sonderkosten unter dem 28.07.1999 mit DM 4.814,-- in Rechnung gestellt hat (K 6), diese Kosten mit Schreiben vom 08.09.1999 (K 13, K 11) anerkannt und am 07.02.2000 schließlich auch bezahlt hat (GA 525). Denn zur Begleichung dieser Sonderkosten war die Beklagte nur verpflichtet, wenn sie das Komplettangebot der Klägerin angenommen hatte und nicht, wenn sie dieser lediglich einen Auftrag über die Lieferung von 200 Platinen zu je 66,-- DM erteilt hatte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aus der "Auftragsbestätigung" der Klägerin vom 10.06.1999 (K4) auch nicht, eine Auftragserteilung habe unter der Bedingung stehen sollen, daß die Prototypen zuvor erfolgreich in den Endgeräten als seriengeeignet getestet worden seien (GA 474). Eine solche Bedingung enthält die "Auftragsbestätigung" der Klägerin nicht. Auch aus dem Passus:

"... Wie telefonisch bereits erwähnt, hatten wir gestern die Möglichkeit, mit dem wichtigsten Arbeitspartner die Terminfrage durchzusprechen. Danach werden wir etwa wie folgt liefern können.:

Prototypen in circa 2 - 3 Wochen 200 Stück ca. 2 - 3 Wochen nach Freigabe der Prototypen 800 Stück KW 31/32 Restliche Termine wie vorgegeben. ..."

folgt nicht, daß von der Freigabe der Prototypen die Bestellung als solche abhängen sollte sondern lediglich, daß der Liefertermin der ersten 200 Stück bereits 2 - 3 Wochen nach der Freigabe erfolgen sollte. Dessen ungeachtet sind im "überarbeiteten" Vertragsangebot der Klägerin vom 20.07.1999, die angebotenen Liefertermine zeitlich auch nicht mehr an eine Freigabe der Prototypen gebunden (K5).

Die Beklagte ist auch nicht berechtigt, wegen der von ihr vorgebrachten Mängel die Abnahme der fertiggestellten Platinen zu verweigern. Im einzelnen:

a)

Der von der Beklagte gerügte Mangel "Abschalten wenn Tank leer" steht einer Abnahmefähigkeit der auf Lager befindlichen 1.400 Platinen nicht entgegen.

Zum einen kann auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht von einem gravierenden Mangel ausgegangen werden:

Die Beklagte hat die im August gelieferten 400 Platinen, die den selben Fehler aufweisen sollen, am 8.10.99 bezahlt, ohne deren Mangelhaftigkeit zu rügen und ferner vorgebracht, sie hätte diese 400 Platinen nur abgenommen, in die Geräte eingebaut und ihrem Kunden geliefert, "um nicht Gefahr zu laufen, ihren guten Auftraggeber zu verlieren" (GA 544). Einem Kunden, den man halten will, liefert man jedoch keine Geräte, die irgendeinen gewichtigen Fehler haben. Dazu bringt die Beklagte zwar vor, sie habe gehofft, ihrem Auftraggeber werde der Mangel nicht auffallen, und sie habe für den Fall, daß der Kunde diesen Mangel bemerken würde, Reklamationsansprüche einkalkuliert (GA 544). So aber geht ein Kaufmann jedenfalls dann nicht mit einem Großabnehmer um, wenn er diesen Kunden nicht verlieren will. Ihre Hoffnung, der Kunde werde diesen Mangel gar nicht erst bemerken, macht jedoch deutlich, daß es sich nicht um einen schwerwiegenden Mangel gehandelt haben kann. Jedenfalls behauptet die Beklagte nicht, daß es zu einer Reklamation durch den Kunden gekommen sei. Der von ihr behauptete Mangel "Tank leer" kann daher nicht so gravierend gewesen sein, daß er einer Abnahmefähigkeit entgegenstand. Es handelt sich lediglich um einen unwesentlichen Mangel, der der Abnahmefähigkeit gem. § 640 I 2 BGB n.F. nicht entgegensteht (Zwar wurde diese Vorschrift erst zum 1.5.00 neu eingeführt, sie gilt jedoch auch für davor abgeschlossene Verträge (Art 229 § 1 II 1, 3 EGBGB; s. Palandt-Sprau, 61. Aufl., § 640 BGB, Rn. 1)).

Zum anderen haben die Zeugen V und N bestätigt, daß die gesamten 1.400 Platinen nach dem 13.9.1999 getestet und vorhandene Fehler ausgebessert worden seien. Die Beklagte beanstandet zwar das Testgerät als nicht geeignet und bringt hierzu vor, anläßlich eines Treffens der Parteien am 13.09.1999 hätte im Endgerät bei einigen Platinen, die das von der Klägerin verwandte Testgerät als fehlerfrei ausgewiesen hätte, die Funktion "Abschalten wenn Tank leer" nicht funktioniert (GA 486). Sie hat aber nicht bestritten, daß das ursprünglich am 13.09.1999 verwandte Testgerät anschließend geändert worden sei. Mangels substantiierter Einwendungen gegen die Geeignetheit des reparierten Testgerätes und aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen N steht zur Überzeugung des Senates bzgl. der Funktion "Abschalten wenn Tank leer" die Mängelfreiheit der von diesem u.a. hierauf getesteten 1.400 Platinen fest.

b)

Auch der von der Beklagten weiter gerügte Konstruktionsfehler im Rahmen einer Funkenentstörung (= Funkenlöschkombination) steht der Abnahmefähigkeit der 1.400 Platinen nicht entgegen.

Nach dem Vorbringen der Beklagten ist dieser Fehler schon dadurch mit geringfügigem Aufwand behebbar, daß die vorhandene Funkenlöschkombination von der Platine herunter gelötet wird. Es handelt sich mithin auch hier nur um einen unwesentlichen Mangel, der der Abnahmefähigkeit der Platinen nicht entgegensteht. Die weitere Behauptung der Beklagten, die Funkenstörung diene dem Schutz der Langlebigkeit der Relais (GA 490), ist nur pauschal erhoben und in keiner Wese substantiiert worden und kann folglich nicht zu einem anderen Ergebnis führen.

Das weitere Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 03.02.2003 durfte gem. § 296 a ZPO nicht mehr berücksichtigt werden. Die mündlichen Verhandlung war bereits am 24.01.2003 geschlossen worden. Der Beklagten war nicht gestattet worden, einen Schriftsatz nachzureichen. Das hatte sie nicht beantragt. Gründe, die eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung rechtfertigen würden, sind weder vorgebracht worden noch ersichtlich.

Mithin kann die Beklagte wegen des Mangels im Rahmen der Funkenentstörung die Abnahme nicht verweigern, sondern ihr stehen insoweit lediglich ein Minderungsrecht und das Zurückbehaltungsrecht gem. § 641 III BGB n.F. in dreifacher Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zu. Diese Vorschrift ist im Ergebnis ebenfalls auf vor dem 1.5.2000 geschlossene Verträge anwendbar (s. Palandt, a.a.O., § 641 BGB, Rn. 1).

Der Senat schätzt die erforderlichen Kosten für das Herunterlöten der Funkenlöschkombination auf 1,-- DM pro Platine und den verbleibenden Minderwert auf 3,-- DM pro Platine. Somit mindert sich der Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von (DM 62,-- x 1.400 = DM 86.800,00 zzgl. MwSt) = DM 100.688,00 um insgesamt (DM 3,-- x 1.400 Stück) = DM 4.200,00. Darüber hinaus steht ihr ein Zurückbehaltungsrecht in dreifacher Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten, somit ebenfalls in Höhe von DM 4.200,00 zu, so daß die Klage jetzt wegen eines Vergütungsanspruches in Höhe von DM 92.288,00 = € 47.186,11 begründet ist.

2.

Der Klägerin steht weiter aufgrund der von der Beklagten erfolgten vorzeitigen Beendigung des Vertrages gem. § 649 BGB ein Zahlungsanspruch in Höhe von € 15.715,33 (= DM 30.736,51) zu.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits das Schreiben der Beklagten vom 15.10.1999 eine konkludente Kündigung des Vertrages enthält und der Klägerin zugegangen ist. Denn unstreitig hat die Beklagte in der Folgezeit eine Abnahme weiterer von der Klägerin hergestellter Platinen endgültig abgelehnt und eine andere Firma, nämlich die Fa. H GmbH, mit der Herstellung und Lieferung der Platinen anhand der von der Klägerin entwickelten Produktionspläne beauftragt. Hierin jedenfalls liegt eine konkludente Kündigung des der Klägerin erteilten Auftrages (vgl. Palandt-Sprau, 61. Aufl., § 649 BGB, Rn. 1 m.w.N.), so daß die Klägerin von der Beklagten nunmehr ihre Vergütung für die restlichen 4.000 Stück (DM 62,-- x 4.000 Stück = DM 248.000,00) abzgl. ersparter Aufwendungen verlangen kann.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landgericht die nach § 649 BGB vom Vergütungsanspruch der Klägerin abzuziehende ersparte Aufwendungen im wesentlichen zutreffend bewertet. Lediglich im Hinblick auf die Angabe des Zeugen N, daß in der Regel bei 10 von 100 Platinen der Piepser nicht funktioniert habe, ist das Landgericht zu Unrecht nur von einer Fehlerquote von 5% (GA 195) statt von 10 % ausgegangen. Insoweit sind die vom Landgericht hierfür angesetzten ersparten Aufwendungen von 16,67 Stunden (GA 195) à 46,10 DM (GA 199) = 768,49 DM zu verdoppeln. Die Einwendungen der Beklagten und deren Schätzungen rechtfertigen im übrigen keine vom Landgericht abweichende Annahme ersparter Aufwendungen. Mithin errechnet sich der weitere Zahlungsanspruch der Klägerin wie folgt:

Vergütungsanspruch für die restlichen 4.000 Stück 248.000,00 DM abzgl. folgender ersparter Aufwendungen:

Fremdkosten für die Herstellung der Platinen durch

die Firma T von 49,39 DM pro Stück = -197.560,00 DM Testen und verpacken der Platinen (333,33 h à DM 46,10) = -15.366,51 DM Nachbessern fehlerhafter Platinen (2x16,67 h à DM 46,10) = -1.536,97 DM Materialkosten für Verpackung und Versandkosten -2.800,00 DM Somit 30.736,51 DM Dies entspricht 15.715,33 €.

Mithin steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt € 62.901,44 (= € 47.186,11 zzgl. € 15.715,33) zu, wobei entsprechend ihrem Antrag eine Verurteilung nur Zug um Zug gegen Auslieferung der 1.400 Steuerplatinen auszusprechen war.

3.

Das Feststellungsinteresse wegen des Verzuges der Beklagten mit der Annahme der 1.400 Steuerplatinen ergibt sich aus § 756 I ZPO.

4.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus den §§ 352, 353 HGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO n.F.

Die Voraussetzungen des § 543 II ZPO zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben; die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.

Streitwert für das Berufungsverfahren: € 67.589,21.

Ende der Entscheidung

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