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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.09.2007
Aktenzeichen: 5 U 16/05
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27. Dezember 2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 445/03 - wird, soweit die Klägerin sie nicht zurückgenommen hat, (Beklagter zu 3.), zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am 1. Februar 1994 geborene Klägerin wies schon bei der Geburt einen überdurchschnittlichen Kopfumfang auf. Sie entwickelte sich zunächst weitgehend altersentsprechend. Am Abend des 9. August 1994 konnte die Klägerin ihren Kopf nicht mehr halten und zunehmend auch nicht mehr mit den Händen greifen. Sie wurde am Folgetag in die von der Beklagten zu 1) betriebene Kinderklinik aufgenommen. Eine Ultraschalluntersuchung ergab als Befund einen erheblichen subduralen Erguss über beiden Hemisphären mit der Hauptmasse über der linken Hemisphäre lokalisiert; ein kranielles Computertomogramm zeigte eine ausgedehnte subdurale Blutung, verwiegend links lokalisiert. Die Klägerin war neurologisch auffällig; eine Kopfkontrolle war nicht vorhanden. Sie wurde am 12. August 1994 in die ebenfalls von der Beklagten zu 1) betriebene neurochirurgische Klinik verlegt. Dort erfolgte noch am 12. August 1994 und am 25. August 1994 die operative Anlage von externen Drainagen und am 9. September 1994 die Anlage einer internalisierten Ableitung. Die Klägerin wurde am 20. September 1994 in stabilisiertem Zustand entlassen. Am 20. Oktober 1994 stellte ein Radiologe die Verdachtsdiagnose auf eine Glutaracidurie Typ I, die sich sodann bestätigte.

Die Klägerin hat den Beklagten zur Last gelegt, in ihre diagnostischen Überlegungen nicht eine mögliche Stoffwechselerkrankung, insbesondere eine Glutaracidurie, einbezogen zu haben. Wäre die Glutaracidurie bei ihr frühzeitig erkannt worden, hätte sie mit guten Erfolgsaussichten behandelt werden können. Aufgrund der bei ihr eingetretenen Hirnschädigung leide sie unter einem schweren tetraplastischen Syndrom mit starken Bewegungsstörungen und einer Störung der Mund- und Schlundmuskulatur. Sie sei harn- und stuhlinkontinent. Die fehlende Kopf- und Rumpfkontrolle führe zu weiteren Schädigungen. Sie müsse ständig Medikamente einnehmen. Die Klägerin hat ein Schmerzensgeld von mindestens 250.000,- € für angemessen gehalten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr den infolge der fehlerhaften Behandlung in der Kinderklinik und der neurochirurgischen Klinik der Beklagten zu 1) in der Zeit vom 11.8. bis 20.9.1994 in der Vergangenheit entstandenen und zukünftig noch entstehenden materiellen sowie zukünftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht aufgrund sachlicher oder zeitlicher Kongruenz auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben Behandlungsfehler in Abrede gestellt. Die bei der Klägerin gegebenen Symptome hätten keinen Anlass gegeben, an eine Glutaracidurie zu denken. Der neurochirurgische Eingriff sei wegen der festgestellten subduralen Blutungen in jedem Fall erforderlich gewesen. Im übrigen sei die Krankheitsentwicklung ohnehin nicht aufzuhalten gewesen, nachdem bereits am 9. August 1994 neurologische Auffälligkeiten aufgetreten seien.

Das Landgericht hat die Klage - sachverständig beraten - mit Urteil vom 27. Dezember 2004, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, ein haftungsbegründender Diagnosefehler könne nicht festgestellt werden. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang gegen die Beklagten zu 1) und 2) weiterverfolgt; die zunächst auch gegen den Beklagten zu 3) erhobene Berufung hat die Klägerin zurückgenommen.

Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen die Auffassung des Landgerichts, es liege kein vorwerfbarer Diagnosefehler vor. Es gehe nicht um die wertende Verkennung erhobener Befunde, sondern darum, dass im Rahmen anzustellender differentialdiagnostischer Überlegungen Befunderhebungen (nämlich eine Urinanalytik) unterlassen worden sei. Ob dies für sich genommen schon einen groben Behandlungsfehler darstelle, könne offen bleiben. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen, unter denen auch bei einem einfachen Befunderhebungsmangel von einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität auszugehen sei, hier vor. Insoweit hätten die Sachverständigen Prof. I./Dr. N. hervorgehoben, dass eine Urinuntersuchung zu dem Ergebnis geführt hätte, bei ihr, der Klägerin, liege eine Glutaracidurie vor; darauf nicht therapeutisch zu reagieren, wäre unvertretbar gewesen. Es komme daher alleine darauf an, ob ein vorwerfbarer Befunderhebungsmangel vorliege. Für das Jahr 1994 sei davon auszugehen, dass das Krankheitsbild in einschlägigen Veröffentlichungen, die auch die behandelnden Ärzte zur Kenntnis hätten nehmen können und müssen, bekannt gewesen sei. Dies hätten auch die Sachverständigen Prof. I./Dr. N. in ihrem schriftlichen Gutachten nicht anders gesehen.

Die behandelnden Ärzte hätten differentialdiagnostisch an eine Glutaracidurie denken müssen. Die entsprechenden Symptome hätten vorgelegen. Anhaltspunkte seien der große Kopf und die Blutsverwandtschaft der Eltern gewesen. Die Auswertung eines CT vom 11. August 1994 durch die Neuroradiologie habe den Verdacht auf eine Hypoplasie der Temporallappen ergeben; dies habe auch Prof. F. ausweislich des Operationsberichtes vom 12. August 1994 festgestellt. Das aber sei ein entscheidendes Indiz für das Vorliegen einer Glutaracidurie. Dem sei man fehlerhaft nicht nachgegangen, sondern habe im Hinblick auf die festgestellten subduralen Ergüsse nur nach einer traumatischen Ursache gesucht. Hätte man, statt neurochirurgisch einzugreifen, eine Urinuntersuchung vorgenommen, hätte man nach spätestens 2 Tagen die Diagnose Glutaracidurie stellen können.

Zu Unrecht habe das Landgericht eine Haftung daran scheitern lassen, dass 1994 hinsichtlich der Diagnose jener Erkrankung noch kein medizinischer Standard bestanden habe. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass es die Pflicht des Arztes sei, sich ständig weiterzubilden und die einschlägige medizinische Literatur zu verfolgen; er habe eine fortwährende Rechtspflicht zur beruflichen Fortbildung. Dementsprechend hätten die Sachverständigen Prof. I./Dr. N. auch ausgeführt, man habe nach dem damaligen Kenntnisstand die Verdachtsdiagnose Glutaracidurie stellen und in die Überlegungen einbeziehen müssen. Dass eine Urinuntersuchung bei Macrocephalie nicht standardmäßig durchgeführt werde, ändere nichts daran, dass ein Arzt die aufgetretenen Symptome in seine differentialdiagnostischen Überlegungen mit einzubeziehen habe. Es komme auch nicht darauf an, dass ein Stoffwechselexperte wahrscheinlich die richtige Diagnose gestellt hätte. Auch Neurologen und Kinderärzte seien insoweit angesprochen, weil auch ihr Fachgebiet berührt sei. Insoweit sei die Argumentation des Landgerichts fehlerhaft, zumal es verfahrensfehlerhaft den augenscheinlich bestehenden Widerspruch zwischen den Äußerungen im schriftlichen Gutachten und den Bekundungen von Dr. N. bei seiner mündlichen Anhörung nicht gewürdigt habe. Auch fehle eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen des Privatgutachters Prof. Dr. J..

Was die Kausalität zwischen der unterlassenen Behandlung der Glutaracidurie und dem eingetretenen Gesundheitsschaden angehe, so sei davon auszugehen, dass sie, die Klägerin, als sie zur Behandlung bei der Beklagten zu 1) aufgenommen worden sei, sich noch nicht in einer encephalopathischen Krise befunden habe bzw. eine solche nicht bereits abgelaufen gewesen sei. Zu der Krise sei es wahrscheinlich erst einige Zeit nach der ersten Operation gekommen. Wäre die Diagnose frühzeitig gestellt worden, wäre die Operation verschoben worden und man hätte zunächst mit der Therapie begonnen, wobei zu erwarten gewesen wäre, dass sich die hirnanatomischen Befunde rasch zurückgebildet hätten. Verbleibende Zweifel gingen zu Lasten der Beklagten.

Die Beklagten, die die Zurückweisung der Berufung beantragen, führen aus, es gebe auch heute noch keine gesicherten Erkenntnisse dafür, dass eine Glutaracidurie überhaupt wirksam behandelt werden könne. Die Krankheit sei im übrigen ausgesprochen selten. Tatsächlich sei die Glutaracidurie bei der Klägerin bereits mehrere Tage vor dem 11. August 1994 ausgebrochen, da sie neurologische Auffälligkeiten gezeigt habe. Im Hinblick auf die festgestellten subduralen Ergüsse sei eine umfassende Diagnostik (Trauma; Gerinnungsstörung) mit vorrangig erforderlicher neurochirurgischer Entlastung ins Auge gefasst worden. Eine dazu erforderliche längere stationäre Aufnahme hätten die Eltern der Klägerin indes abgelehnt. Soweit der frühere Beklagte zu 3) das CT nicht im Sinne einer Temporallappenhypoplasie interpretiert habe, liege ein nicht vorwerfbarer Diagnoseirrtum vor, zumal es sich dabei nur um einen Nebenbefund gehandelt habe. Ganz im Vordergrund habe die frische Einblutung gestanden. In der Neurochirurgie habe man sich deshalb auf eine externe Ableitung des linksseitigen subduralen Ergusses konzentriert. Dass später eine Glutaracidurie erkannt werden konnte, beruhe wesentlich auf dem weiteren Krankheitsverlauf. Der Beklagte zu 2) beruft sich ferner darauf, als Beamter keiner persönlichen Haftung zu unterliegen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines pädiatrischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. O. vom 8. Januar 2007 (Bl. 570 ff. d.A.) und auf das Protokoll der Sitzung des Senats vom 18. Juni 2007 (Bl. 624 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Auch nach dem Ergebnis der vom Senat veranlassten weiteren Beweiserhebung kann ein schadensursächlicher Behandlungsfehler für die Zeit der Aufnahme der Klägerin in die Kinderklinik (11. bis 12. August 1994) nicht festgestellt werden. Die behandelnden Ärzte mussten angesichts der bei der Aufnahme festgestellten Leitsymptome Macrocephalus und subdurale Hämatome nicht notwendig die Verdachtsdiagnose Glutaracidurie stellen und diesen Verdacht durch eine Urinuntersuchung weiter abklären. Wie die Sachverständige Prof. O. überzeugend ausgeführt hat, waren unter Berücksichtigung der zum damaligen Zeitpunkt greifbaren, auch internationalen medizinischen Standardwerke die gerade im vorliegenden Fall im Vordergrund stehenden subduralen Hämatome nicht - auch nicht in Kombination mit einem Macrocephalus - als Leitsymptomatik für die Stoffwechselerkrankung Glutarazediurie aufgeführt. Es ist daher - wie auch der für die Klägerin tätige Privatsachverständige Prof. J. während der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat - durchaus nachvollziehbar, dass die Behandler angesichts der sich ihnen darstellenden Situation primär an ein Trauma und nicht an eine Stoffwechselerkrankung gedacht haben. Dies stellt sich - wie die Sachverständige Prof. O. ausgeführt hat - auch dann nicht anders dar, wenn man die weiteren Symptome (Arachnoidalzysten, Temporallappenhypoplasie und Erweiterung der Sylvischen Furchen) mit in differentialdiagnostische Überlegungen einbezogen hätte, denn auch diese Symptome waren zum damaligen Zeitpunkt nicht zwingend in einem Zusammenhang mit dem Auftreten einer Glutaracidurie zu sehen. Soweit die Klägerin hiergegen im wesentlichen eingewandt hat, der Verdacht auf eine Glutaracidurie hätte sich jedenfalls demjenigen eröffnen müssen, der die damals schon zur Verfügung stehende Spezialliteratur (insbesondere einschlägige Veröffentlichungen in aktuellen, auch internationalen Fachzeitzeitschriften) verinnerlicht habe, so bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, welcher Kenntnisstand bei Ärzten, die an einer Universitätsklinik tätig sind, insoweit zu fordern ist. Jedenfalls kann angesichts des Umstandes, dass vorliegend aufgrund der bei der Klägerin festgestellten subduralen Hämatome ein Symptom im Vordergrund stand, dass nicht klar und eindeutig mit den anderen Befunden auf eine Glutaracidurie hinweisen musste, den behandelnden Ärzten in der Kinderklinik kein fundamentaler Irrtum (d.h. ein grober Behandlungsfehler) bei der Bewertung der mit der Ultraschalluntersuchung und mit dem Computertomogramm am 11. und 12. August 1994 erhobenen Befunde zur Last gelegt werden. Dass sie auch unter Berücksichtigung des sich ihnen im übrigen zeigenden klinischen Bildes nicht an die (Verdachts)Diagnose Glutaracidurie gedacht haben, kann allenfalls - wenn überhaupt (vgl. zu der insoweit gebotenen Zurückhaltung: BGH, VersR 2003, 1256, 1257) - einen einfachen Diagnosefehler darstellen. Dieser aber könnte vorliegend nicht zu einer Haftung führen, weil nicht feststeht, ob die entscheidende Krise, die den Ausbruch der dann irreversiblen Krankheit markiert, erst nach dem 11./12. August 1994 eingetreten ist. Hierzu sind sichere Erkenntnisse nicht möglich. Die Sachverständige Prof. O. hat darauf hingewiesen, dass die schon seit dem 9. August 1994 fehlende Kopfkontrolle bei der Klägerin ein deutliches Anzeichen für die beginnende Krise darstellt und jedenfalls möglicherweise schon zu diesem Zeitpunkt ein nicht mehr reversibler Zustand erreicht war. Das erscheint durchaus als nachvollziehbar. Prof. J. hat demgegenüber zwar die Ansicht vertreten, seiner Einschätzung nach sei die entscheidende Krise erst nach den Operationen aufgetreten; allerdings ist dies - wie Prof. J. eingeräumt hat - nicht sicher belegbar. Die insoweit verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Klägerin. Auf Beweiserleichterungen wegen eines Befunderhebungsmangels kann die Klägerin sich nicht berufen. Die Beklagten hatten am 11./12. August 1994 die zur ersten Abklärung erforderlichen Befunderhebungen (Ultraschalluntersuchung; Computertomogramm) durchgeführt; sie haben lediglich aus den erhobenen Befunden nicht den Schluss auf die Verdachtsdiagnose Glutaracidurie gezogen. Insoweit ist kein Raum für Beweiserleichterungen (vgl. OLG Köln, VersR 2005, 1740).

Auch den Ärzten der neurochirurgischen Klinik der Beklagten zu 1) kann nicht der Vorwurf eines Behandlungsfehlers gemacht werden. Für ein Urin-Screening vor Durchführung des ersten operativen Eingriffs am 12. August 1994 bestand - entgegen der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz vom 25. Juli 2007 - keine Veranlassung, weil zu diesem Zeitpunkt die Verdachtsdiagnose Glutaracidurie nicht gestellt werden musste; zumindest liegt auch insoweit kein fundamentaler Irrtum vor. Die Sachverständige Prof. H. hat in diesem Zusammenhang klar und eindeutig ausgeführt, dass die Neurochirurgen in der sich ihnen stellenden Situation nicht an eine Glutaracidurie denken mussten.

Auch im Rahmen der weiteren Behandlung ist jedenfalls kein fundamentaler Diagnoseirrtum oder ein sonstiger grober Behandlungsfehler ersichtlich. Die Klägerin rügt insoweit im Schriftsatz vom 25. Juli 2007 eine mangelnde Abstimmung zwischen den Ärzten der Kinderklinik und den die Klägerin weiterbehandelnden Neurochirurgen. Die Sachverständige Prof. O. hat indes klarstellt, dass weder die Kinderärzte noch die Neurochirurgen aufgrund der gesamten Befundlage zwingend an eine Glutaracidurie denken mussten. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass in einem Zusammenwirken beider Fachrichtungen sich weitere eindeutige Erkenntnisse ergeben hätten. Selbst wenn sich das weitere Verhalten der Ärzte als nicht völlig fehlerfrei erweisen würde, fehlt ein klarer Anhalt für einen groben Behandlungsfehler, so dass es jedenfalls zu Lasten der Klägerin geht, dass nicht sicher festzustellen ist, zu welchem Zeitpunkt die irreversible Krise der Erkrankung eingetreten ist.

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 25. Juli 2007 nunmehr auch die Fehlerhaftigkeit der Behandlung vom 23. März 1994 rügen will, handelt es sich um neuen Sachvortrag, mit dem sie ausgeschlossen ist (§§ 525, 296 a ZPO).

Weiterer Beweiserhebungen bedarf es nicht. Das Gutachten der Sachverständigen Prof. O. überzeugt den Senat. Auf die von der Klägerin im Schriftsatz vom 25. Juli 2007 aufgeworfene neurochirurgische Fragestellung kommt es nicht an. Ob der Ersteingriff am 12. August 1994 bis zur Einholung eines Urinscreenings aufschiebbar war, ist nicht erheblich, weil aufgrund der gestellten Diagnosen keine zwingende Veranlassung zur Durchführung einer Urinuntersuchung bestand; insoweit bedarf es auch nicht der Auswertung der MRT-Bilder. Einzelheiten der Behandlung der Klägerin bei Dr. X. vor dem 10. August 1994 sind nicht relevant, weil nach den Feststellungen der Sachverständigen Prof. O. schon alleine der unstreitige Umstand des Verlustes der Kopfkontrolle auf den Beginn der encephalopathischen Krise hindeutet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Berufungsstreitwert: 350.000,- €

Ende der Entscheidung

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