Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 22.10.1999
Aktenzeichen: 6 U 53/98
Rechtsgebiete: StGB, UWG, ZPO, Sportwettengesetz NRW, Sportwettengesetz Rhl.-Pflz.


Vorschriften:

StGB § 284
StGB § 286
StGB § 284 Abs. 1
StGB § 287
StGB § 287 Abs. 1
StGB § 284 Abs. 4
UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Ziff. 1
ZPO § 253
ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 261 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
Sportwettengesetz NRW § 1
Sportwettengesetz NRW § 2
Sportwettengesetz NRW § 4
Sportwettengesetz NRW § 4 Abs. 2
Sportwettengesetz NRW § 1 Abs. 1 Satz 1
Sportwettengesetz Rhl.-Pflz. § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
6 U 53/98 31 O 493/97 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 22.10.1999

Verkündet am 22.10.1999

Berghaus, JSin z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 13. August 1999 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Schütze und Pietsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.01.1998 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 493/97 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Urteilstenor insgesamt wie folgt neu gefaßt wird:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken I. Sportwetten und/oder I.-EXTRA Sportwetten wie nachstehend wiedergegeben:

im Bereich des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ohne Genehmigung nach dem Sportwettengesetz Nordrhein-Westfalen anzubieten und/oder für solche Sportwetten zu werben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs 250.000,00 DM und hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs 60.000,00 DM.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Gesellschafterin des Deutschen Lotto- und Totoblocks. Sie organisiert und führt im Land Nordrhein-Westfalen mit behördlicher Erlaubnis eine Vielzahl von Gewinnspielen durch, unter anderem das bekannte Toto-Spiel.

Die Beklagte hat ihren Sitz in Österreich. Sie betreibt dort seit mehreren Jahren Sportwetten, insbesondere Fußballwetten. Sie besitzt eine "Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen". Diese in der Folgezeit regelmäßig, zuletzt bis zum 31.12.2000, verlängerte Bewilligung wurde ihr von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 19.12.1991 (Blatt 65 d.A.) erteilt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den entsprechenden Bescheid des Landes Salzburg vom 22.12.1998 verwiesen, den die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.08.1999 zu den Akten gereicht hat (Blatt 422 d.A.). Nach dem Spielsystem der Beklagten können die Mitspieler unter anderem an einem wöchentlichen Gewinnspiel mit dem Namen "I." teilnehmen. Hierbei handelt es sich um eine Sportwette, bei der die Mitspieler auf den Ausgang einzelner Fußball-Spielpaarungen wetten können. Die Gewinnquoten sind bereits im voraus auf den Spielscheinen festgelegt. Dadurch unterscheidet sich das Gewinnspiel "I." von dem von der Klägerin veranstalteten Toto-Spiel. Ferner bietet die Beklagte die Sportwette "I.-EXTRA" an, bei der die Mitspieler Wetten auch auf andere Sportereignisse, z.B. Formel 1, Boxen, Golf etc. abgeben können. Wegen der weiteren Einzelheiten der von der Beklagten angebotenen und veranstalteten Sportwetten wird auch auf die im Urteilstenor in Schwarz/Weiß-Kopie wiedergegebenen Spielscheine verwiesen, die die Klägerin als Anlage K 1 zu ihrer Klageschrift vom 02.06.1997 (Blatt 20/21 d.A.) zu den Akten gereicht hat.

Die Beklagte verfügt in der Bundesrepublik Deutschland nicht über eine Niederlassung, Wettbüros, Annahmestellen oder ähnliches. Sie bewirbt ihre Gewinnspiele unter anderem in Sportzeitschriften wie die Zeitschriften "Kicker" und "Sport-Bild" und versendet ihre Spielscheine u.a. an interessierte Mitspieler in die Bundesrepublik Deutschland und auch in das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Die Mitspieler füllen die ihnen zugesandten Spielscheine aus und senden sie alsdann zur Beklagten nach Salzburg. Die Wettinteressenten können die Plazierungsmöglichkeiten bei der Beklagten aber auch telefonisch erfragen und ihre Wetten sodann per Telefon abgeben. Bei der Wette "I.-EXTRA" ist ein Plazieren der Wette nur per Telefon oder Telefax möglich. Der Wetteinsatz wird per Scheck, per Kreditkarte oder durch Überweisung auf ein Konto der Beklagten erbracht.

Über eine Zulassung der nordrhein-westfälischen Landesregierung verfügt die Beklagte nicht. Ihren Zulassungsantrag vom 12.01.1998 (Blatt 104 d.A.) beschied das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 03.03.1998. In diesem Schreiben heißt es:

"Glücksspiele, Sportwetten und öffentliche Lotterien dürfen in Deutschland nur mit behördlicher Erlaubnis veranstaltet werden. Auch das Vermitteln der Teilnahme an einer solchen Veranstaltung in der Bundesrepublik gehört hierzu.

Rechtsgrundlage für die Zulassung von Sportwetten sind die jeweiligen Sportwetten- bzw. Lotteriegesetze der Länder.

Nach § 1 des nordrhein-westfälischen Sportwettengesetzes vom 3. Mai 1995 (GS. NW. S. 672), geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 1970 (GV. NW. S. 765/SGV. NW. 7126), kann die Landesregierung Wettunternehmen für Sportwetten zulassen. Träger des Wettunternehmens kann jedoch nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder des Handelsrechts sein. Das Gesetz wurde seinerzeit erlassen, um für Veranstaltungen des Fußballtotos und des Rennquintetts eine Rechtsgrundlage zu schaffen - nicht etwa um eine Vielzahl von Wettunternehmen zulassen zu können. In den vergangenen Jahren ist deshalb kein einziges sonstiges Wettunternehmen für Wetten auf Fußballspielen etc. zugelassen worden, weil dem Wettbedürfnis der Bevölkerung durch die regelmäßigen Veranstaltungen des Totos und des Rennquintetts mit den zahllosen Annahmestellen in jeder Hinsicht entsprochen wird. Es steht nicht zu erwarten, daß die Landesregierung ihre diesbezügliche Beurteilung ändern wird. Ihr Antrag wird deshalb keinen Erfolg haben können.

Unabhängig davon, daß Ihrem Schreiben nicht zu entnehmen ist, ob und in welcher Höhe die Verteilung der Wetteinsätze und Wettgewinne sowie die Abführung an das Land und die Sportverbände erfolgen sollen, können im übrigen Wetten zu festen Quoten schon deshalb nicht genehmigt werden, weil bei einem Gewinnsystem mit festen Quoten die gesetzliche Vorschrift, daß die Hälfte der Einsätze als Gewinn an die Wetter auszuzahlen ist, nicht erfüllt wird.

Vorsorglich weise ich darauf hin, daß das Veranstalten von Glücksspielen, Sportwetten und öffentlichen Lotterien ohne behördliche Erlaubnis gemäß §§ 284, 286 StGB strafbar ist.

Da ein förmlicher Ablehnungsbescheid mit erheblichen Verwaltungsgebühren verbunden wäre, habe ich Ihr Schreiben lediglich als Anfrage gewertet."

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 19.12.1991 berechtige die Beklagte nicht, ihre Sportwetten "I." und "I.-T.-EXTRA" im Bereich des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen anzubieten und/oder für solche Sportwetten zu werben. Vielmehr bedürfe die Beklagte hierzu nach dem Sportwettengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen einer Erlaubnis der nordrhein-westfälischen Landesregierung, über die die Beklagte unstreitig nicht verfüge. In rechtlicher Hinsicht sei davon auszugehen, daß die Beklagte ihre Sportwetten auch in Nordrhein-Westfalen veranstalte. Die angebotenen Sportwetten stellten Glücksspiele im Sinne des strafrechtlichen Verbotstatbestandes des § 284 StGB dar. Deshalb handele die Beklagte nicht nur den Bestimmungen des Sportwettengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern auch dem Straftatbestand des § 284 StGB zuwider. Zugleich verhalte sie sich wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG. Die Strafrechtsnorm des § 284 StGB müsse schon angesichts des mit dem grundsätzlichen Verbot des Glücksspiels verfolgten Schutzzwecks als wertbezogene Vorschrift eingeordnet werden, deren Verletzung zu Zwecken des Wettbewerbs ohne Hinzutreten weiterer besonderer Unlauterkeitsmomente für sich allein den wettbewerblichen Unlauterkeitsvorwurf des § 1 UWG begründe. Außerdem verschaffe sich die Beklagte durch ihr Verhalten im Wettbewerb einen Vorsprung durch Rechtsbruch.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Bereich des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben, und zwar wie nachstehend wiedergegeben:

(es folgen die im Tenor dieses Urteils in Schwarz/Weiß-Kopie wiedergegebene Spielscheine)

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, Veranstaltungsort ihrer Sportwetten sei nicht das Land Nordrhein-Westfalen, sondern ausschließlich Salzburg. Deshalb seien weder die Voraussetzungen der Vorschrift des § 284 StGB, die zudem keine unmittelbar wettbewerbsregelnde Norm darstelle, erfüllt, noch unterfalle sie der Erlaubnispflicht nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz. Ausreichende Grundlage ihrer Tätigkeit sei vielmehr die Bewilligung der Salzburger Landesregierung vom 19.12.1991. Zudem hat die Beklagte die Auffassung vertreten, aufgrund der ihr durch die Salzburger Landesregierung erteilten Erlaubnis dürfe sie auch in Nordrhein-Westfalen ihrer mit der Klage beanstandeten Tätigkeit nachgehen. Abweichendes deutsches Recht diskriminiere sie im Sinne des Artikel 59 EG-Vertrag und sei mit Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Deshalb bedürfe es jedenfalls einer Vorabentscheidung durch den europäischen Gerichtshof nach Artikel 177 Abs. 3 EG-Vertrag. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvorbringens der Beklagten wird der Inhalt ihrer Klageerwiderungsschrift vom 16.09.1997 (Blatt 45 ff. d.A.) und ihrer Schriftsätze vom 19.01.1998 (Blatt 95 ff. und Blatt 102 f. d.A.) in Bezug genommen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten ebenfalls verwiesen wird (Blatt 109 ff. d.A.), hat das Landgericht die Beklagte dem Klageantrag der Klägerin folgend zur Unterlassung verurteilt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte verstoße unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch gegen § 1 UWG, weil sie nicht über eine Erlaubnis nach §§ 1, 2 des nordrhein-westfälischen Sportwettengesetzes verfüge, diese aber benötige. Veranstaltungsort sei auch das Land Nordrhein-Westfalen. Der Sitz eines Unternehmens könne für die Bestimmung des Veranstaltungsortes nicht maßgeblich sein, weil das dazu führen würde, daß die Erlaubnispflicht des Sportwettengesetzes Nordrhein-Westfalen umgangen werden könne. Bei den Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Sportwettengesetzes handele es sich um wertbezogene Normen. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, sei die Beklagte gleichwohl zur Unterlassung verpflichtet, weil sie das Erlaubniserfordernis in Kenntnis aller Umstände bewußt und planmäßig ignoriere. Ein Verstoß gegen Artikel 59 EG-Vertrag liege entgegen der Ansicht der Beklagten aus den Gründen des sog. "Sch.-Urteils" des Europäischen Gerichtshofs vom 24.03.1994 (Rechtssache C-275/92, Slg 1994 I - 1078 = ZIP 1994, 557 ff. = NJW 1994, 2013 ff.) nicht vor. Danach dürften staatliche Stellen Tätigkeiten im Lotteriewesen beschränken oder gar verbieten, sofern diese Maßnahmen notwendig und nicht diskriminierend seien. Solche notwendigen und nicht diskriminierenden Maßnahmen habe der Landesgesetzgeber für den Bereich der Sportwetten durch das nordrhein-westfälische Sportwettengesetz getroffen, um die der Bevölkerung drohenden, sich aus der Ausnutzung der Spielleidenschaft ergebenden Gefahren abzuwehren.

Gegen das ihr am 25.02.1998 zugestellte Urteil des Landgerichts hat die Beklagte am 25.03.1998 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.05.1998 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beanstandet die Tenorierung in dem angefochtenen Urteil als Verstoß gegen § 253 ZPO. Im übrigen hält sie namentlich an ihrer Auffassung fest, daß ihr Verhalten kein "Veranstalten" eines Glücksspiels im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 284 StGB darstelle und damit auch nicht der Erlaubnispflicht des nordrhein-westfälischen Sportwettengesetzes unterfalle. In Deutschland könne ihr nicht verboten werden, was ihr aufgrund des Bescheids der Salzburger Landesregierung vom 19.12.1991 in Österreich zu tun erlaubt sei. Die ihr mit diesem Bescheid erteilte Erlaubnis stelle eine den Straftatbestand des "unerlaubten" Glücksspiels im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB ausschließende behördliche Erlaubnis dar, sie müsse ausreichen, um die von ihr beworbenen Sportwetten zulässigerweise betreiben zu können. Bei anderweitigem Verstoß gegen die Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts, namentlich Artikel 59 EG-Vertrag, berechtige diese Erlaubnis sie auch dazu, den Abschluß von Sportwetten der in Rede stehenden Art in der Bundesrepublik Deutschland und auch Nordrhein-Westfalen anzubieten und zu bewerben. Im übrigen verstoße § 284 StGB in der geltenden Fassung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Beklagte bittet deshalb darum, gemäß Artikel 177 Abs. 3 EG-Vertrag zu verfahren und die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sachvorbringens der Beklagten wird der Inhalt ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 25.05.1998 (Blatt 148 ff. d.A.) und ihrer Schriftsätze vom 19.06., 01.10., 26.11. und 01.12.1998 sowie vom 03.02. und 29.06.1999 (Blatt 184, 227, 261, 319, 367 und 402 ff. d.A.) in Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Beklagte verurteilt werden soll, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken I. Sportwetten und/oder I.-EXTRA Sportwetten wie nachstehend wiedergegeben:

(es folgen die im Tenor dieses Urteils in Schwarz/Weiß-Kopie wiedergegebene Spielscheine)

im Bereich des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ohne Genehmigung nach dem Sportwettengesetz Nordrhein-Westfalen anzubieten und/oder für solche Sportwetten zu werben.

Der Senat hat mit Beschluß vom 30.12.1998 (Blatt 362 d.A.) die Einholung einer Auskunft beim Europäischen Gerichtshof zum genauen Gegenstand sowie zum Stand des dort anhängigen Verfahrens C-124/97 (Klage des Herrn M. L.) beschlossen, nachdem die Beklagte vorgetragen hatte, der dieser vor dem Europäischen Gerichtshof anhängigen Rechtssache zugrundeliegende Sachverhalt entspreche in seinen wesentlichen Zügen dem des Streitfalls. Von der Einholung der Auskunft hat der Senat jedoch Abstand genommen, nachdem die Schlußanträge des Generalanwalts A. L. P. vom 04.03.1999 in dieser Rechtssache (veröffentlicht in: "Tätigkeiten des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz der europäischen Gemeinschaften" Nr. 06/99, dort Seite 19) vorlagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht der Beklagten verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, und zwar in der konkreten Verletzungsform, ihre Sportwetten "I." und "I.-EXTRA" im Bereich des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ohne behördliche Erlaubnis anzubieten und/oder zu bewerben. Lediglich der Klarstellung halber hat der Senat die Klägerin gemäß § 139 Abs. 1 ZPO veranlaßt, den Unterlassungsantrag wie aus dem Urteilstenor ersichtlich umzuformulieren. Denn dadurch wird deutlicher herausgestellt, was verboten sein soll, nämlich die Sportwetten "I." und/oder "I.-EXTRA" in der konkreten Verletzungsform im Bereich des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ohne Genehmigung nach dem Sportwettengesetz Nordrhein-Westfalen anzubieten und/oder für solche Sportwetten zu werben. Zu dieser Klarstellung bestand Anlaß, weil die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung, dort Seite 4 (Blatt 151 d.A.), gerügt hatte, sie verfüge über eine behördliche Erlaubnis, nämlich die der Salzburger Landesregierung, aus dem Urteilstenor sei nicht erkennbar, welcher Behörde Erlaubnis sie - die Beklagte - zum Anbieten und/ oder Bewerben von Sportwetten bedürfe. Durch die Wiedergabe der konkreten Verletzungsform an der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Stelle ist im übrigen deutlicher als zuvor klargestellt, welche Sportwetten anzubieten und zu bewerben die Beklagte zu unterlassen hat.

Nicht anzuschließen vermag sich der Senat der in der Berufungsbegründung, dort Seite 3 (Blatt 150 d.A.), geäußerten Auffassung der Beklagten, das von der Klägerin auch begehrte Verbot des Bewerbens von Sportwetten sei in der Klageschrift nicht begründet worden, deshalb verstoße der gestellte Antrag gegen die Bestimmungen der §§ 253 Abs. 1 Nr. 2, 261 Abs. 2 ZPO. Denn die Klägerin hat in ihrer Klageschrift im einzelnen ausgeführt, daß und warum ihrer Meinung nach das Veranstalten und das Anbieten der Sportwetten in Nordrhein-Westfalen wettbewerbswidrig ist. Diese Ausführungen der Klägerin gelten aber gleichermaßen für die im Verhältnis zum Anbieten und zum Veranstalten "mindere" Form des Bewerbens.

Das auf das Verbot der konkreten Tätigkeit der Beklagten gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin ist aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs begründet, weil die Beklagte mit der Durchführung ihrer Sportwetten dem in § 284 StGB normierten Glücksspielverbot zu Zwecken des Wettbewerbs zuwiderhandelt und dieser Normverstoß zugleich den Unlauterkeitsvorwurf im Sinne von § 1 UWG nach sich zieht. Den sich hieraus ergebenden Unterlassungsanspruch zu erheben ist die Klägerin berechtigt, weil sie für den Raum Nordrhein-Westfalen als durch das beanstandete Verhalten der Beklagten unmittelbar Verletzte anzusehen ist. Auf das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Ziffer 1 UWG kommt es daher weder für die Frage der Antragsbefugnis noch für die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin an (vgl. hierzu die amtliche Begründung zum UWG-Änderungsgesetz vom 25.07.1994, abgedruckt in WRP 1994, 369, 376/377). Im übrigen hätte der Senat aber auch keine Bedenken, die Anforderungen des § 13 Abs. 2 Ziffer 1 UWG als erfüllt anzusehen.

Mit dem Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, daß die Beklagte mit ihren mit der Klage beanstandeten Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen unerlaubte Glücksspiele im Sinne § 284 Abs. 1 StGB veranstaltet und damit zugleich wettbewerblich unlauter im Sinne der Maßstäbe des § 1 UWG handelt.

Nach den im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geltenden teilweise bundesrechtlichen, im wesentlichen jedoch landesrechtlichen Vorschriften bedürfen in der Bundesrepublik Deutschland öffentliche Glücksspiele oder Lotterien einer behördlichen Erlaubnis. Ohne eine solche behördliche Erlaubnis ist das Veranstalten von Glücksspielen verboten und strafbar, § 284 Abs. 1 StGB.

Daß die von der Beklagten angebotenen Sportwetten "I." und "I.-EXTRA" begrifflich als "Glücks-spiele" dem Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB zuzuordnen sind, hat auch die Beklagte zu Recht nicht in Abrede gestellt. Maßgeblich für den Begriff des Glücksspiels ist, daß der Spieler bewußt einen Vermögenswert für die Beteiligung an einer ebenfalls in einem Vermögenswert bestehenden Gewinnaussicht opfert, den er ohne die Gewinnchance nicht hingegeben hätte, und daß weiter die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit des Spielers, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall abhängt (vgl. hierzu v. Bubnoff, Leipziger Kommentar, StGB, 10. Auflage 1988, Rdnrn. 4 und 6 f. zu § 284 StGB m.w.N.). Alle diese Voraussetzungen erfüllen die von der Beklagten angebotenen Sportwetten, bei denen die Teilnehmer sich gerade wegen und mit Blick auf die Möglichkeit eines diesen Einsatz übersteigenden Geldgewinns eines bestimmten Geldbetrages begeben, und bei denen der die Realisierung der versprochenen Gewinnchance jeweils bestimmende Ausgang der "bewetteten" sportlichen Auseinandersetzungen auch ausschließlich oder doch jedenfalls ganz überwiegend durch die Gesetze des Zufalls bestimmt wird.

Sind damit die von der Beklagten angebotenen und auch durchgeführten Sportwetten begrifflich den vom Straftatbestand des § 284 StGB, der entgegen der von der Beklagten namentlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.08.1999 geäußerten Rechtsauffassung ersichtlich nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt, erfaßten Glücksspiele zuzuordnen, so bedarf die Beklagte zur Ausübung ihrer Tätigkeit hierfür der behördlichen Erlaubnis, im Streitfall die der nordrhein-westfälischen Landesregierung, es sei denn, es könnte ihrer Rechtsauffassung beigepflichtet werden, von einem "Veranstalten" der in Rede stehenden Glücksspiele in Nordrhein-Westfalen im Sinne des § 284 StGB könnte nicht ausgegangen werden. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts, daß bereits das Übersenden von Spielscheinen in ein anderes Land, hier Nordrhein-Westfalen, als ein "Veranstal-ten" im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB zu werten ist. Der in § 284 Abs. 1 StGB wie auch in § 286 Abs. 1 StGB a.F. gleichermaßen verwendete und nicht unterschiedlich behandelte Begriff der "Veranstaltung" ist weit auszulegen. Nach der vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 28.05.1957, 1 StR 339/56) aufgegriffenen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGSt 42, 430, 433) ist die Lotterie, die Ausspielung oder das Glücksspiel bereits dann veranstaltet, wenn die Möglichkeit der Beteiligung gewährt ist. Eine ausländische Lotterie - gleiches gilt wegen des in § 284 Abs. 1 StGB synonym verwendeten Begriffs der Veranstaltung auch für Glücksspiele - ist auch im Inland veranstaltet, wenn dem Publikum die Beteiligung innerhalb des Bundesgebietes ermöglicht wird. Der Bundesgerichtshof hat in seiner genannten Entscheidung vom 28.05.1957 ausdrücklich ausgeführt, daß "Veranstalten" im Sinne des § 286 StGB bedeutet, Einrichtungen zu schaffen, die der Bevölkerung den Abschluß von Lotteriegeschäften ermöglichen, dies könne insbesondere durch das Erbieten zum Abschluß von Lotterieverträgen geschehen, deshalb könne bereits in dem Übersenden von Sonderzahlkarten, Werbeschreiben und Musterlosscheinen, das diesem Zweck diene, ein Veranstalten im Sinne des § 286 StGB gesehen werden. Wenn die Übersendung derartiger Werbeschreiben etc. länderübergreifend, also in einem Bundesland erfolge, in dem die Lotterie nicht genehmigt sei, könne sich der Veranstalter/Versender im Sinne des § 286 StGB strafbar machen.

Dieser bereits vom Reichsgericht verwendete weite Veranstaltungsbegriff hat nach wie vor Gültigkeit. Soweit ersichtlich entspricht es auch heute der ganz herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur, daß Veranstalter im Sinne der §§ 284, 286 StGB ist, wer dem Publikum eine von ihm beherrschte, vor allem nach Spielplan und Gewinnmöglichkeiten konkretisierte Spielgelegenheit eröffnet, also nur die - nicht notwendig schon vollzogene - Spielaufnahme ermöglicht. Auf die tatsächliche Abhaltung des Glücksspiels, der Ausspielung etc. kommt es ebensowenig an wie auf den Abschluß eines Spielvertrages. Vielmehr genügt bereits das Vertragsangebot (vgl. hierzu Lackner-Kühl, StGB, 23. Auflage 1999, § 286 Rn. 11; Schönke/Schröder-Eser, StGB, 25. Auflage 1997, § 286 Rdnrn. 15 und 16 sowie § 284 Rn. 12; Tröndle-Fischer, StGB, 49. Auflage 1999, § 284 Rn. 11; v. Bubnoff, Leipziger Kommentar, 10. Auflage 1988, § 286 Rn. 11 sowie BayObLG, NJW 1993, 2820, 2821 mit zustimmender Besprechung Lampe, JuS 1994, 737, 741).

Auch der Bundesgesetzgeber erachtet diesen weiten Veranstaltungsbegriff als maßgeblich. Das zeigt die amtliche Begründung zum Sechsten Gesetz zur Reform des Strafrechts (Bundesgesetzblatt 1998 I, 164). Dort heißt es nämlich, der bisherige § 286 werde § 287 StGB, nach der bisherigen Fassung des § 286 StGB sei es strafbar, ohne behördliche Erlaubnis öffentliche Lotterien (oder Ausspielungen) zu veranstalten, dabei sei fraglich, ab wann das Verkaufen von Losen an Teilnehmer in Deutschland dazu führe, daß eine ausländische Lotterie auch als in Deutschland als veranstaltet anzusehen sei. In der bisherigen strafgerichtlichen Rechtsprechung sei... das Übersenden von Spezialzahlkarten, mit denen unmittelbar die Beteiligung an einer Lotterie ermöglicht wurde, als Veranstalten einer ausländischen Lotterie im Inland angesehen worden. Dabei hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich auf die o.g. genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.05.1957 (1 StR 339/56) bezogen und ausgeführt, bei den jetzt gegebenen technischen Möglichkeiten (insbesondere Telefon, Telefax, Zahlung per Kreditkarte) sei es für einen ausländischen Anbieter nicht mehr erforderlich, im Inland Einrichtungen wie z.B. eine Annahmestelle, Agentur oder ähnliches zu schaffen, um Einsätze von Spielteilnehmern aus Deutschland entgegenzunehmen, von daher könne es fraglich sein, ob das Verhalten der Anbieter mit dem Begriff "Veranstalten" noch richtig erfaßt werde. Damit legt der Bundesgesetzgeber seiner Gesetzgebung ausdrücklich die vorerwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und damit den weiten Veranstaltungsbegriff zugrunde. Im Rahmen des neuen § 287 StGB hat der Gesetzgeber dann noch deutlicher als in dem Regierungsentwurf (BT-Drucksache 13/8587) zum Ausdruck gebracht hat, daß er von der Fortgeltung des weiten Veranstaltungsbegriffs ausgeht. Denn wenn es nunmehr in § 287 Abs. 1 StGB heißt, es werde bestraft, wer ohne behördliche Erlaubnis öffentliche Lotterien oder Ausspielungen beweglicher oder unbeweglicher Sachen veranstaltet, namentlich den Abschluß von Spielverträgen für eine öffentliche Lotterie oder Ausspielung anbietet oder auf den Abschluß solcher Spielverträge gerichtete Angebote annimmt, zeigt das, daß es sich bei den nachfolgenden Handlungsbegriffen "anbieten" oder "annehmen" nur um beispielhafte Konkretisierungen des Veranstaltungsbegriffs handelt.

Kann demnach den geänderten Vorschriften der §§ 284 ff. StGB und insbesondere der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf entnommen werden, daß auch der Gesetzgeber den vom Reichsgericht und vom Bundesgerichtshof sowie der ganz überwiegend im juristischen Schrifttum vertretenen Auffassung für richtig erachteten weiten Veranstaltungsbegriff als maßgeblich ansieht, folgt daraus für den Streitfall, daß bereits das Anbieten der Sportwetten "I." und "I.-EXTRA" in der konkreten Form das Veranstalten eines Glücksspiels im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB bedeutet. Deshalb braucht im übrigen nicht abschließend entschieden zu werden, ob die Annahme von Wetten durch die Beklagte, die von den Spielern per Telefon oder Telefax bei der Beklagten in Salzburg plaziert werden, ebenfalls ein "Veranstalten" eines Glücksspiels in der Bundesrepublik Deutschland darstellt, wie der Wortlaut des zum 01.04.1998 geänderten § 286 StGB (jetzt § 287 StGB) und die amtliche Begründung dazu nahelegen. Das kann dahinstehen, weil der Beklagten im vorliegenden Fall nach dem Klagebegehren das Anbieten und das Bewerben ihrer Glücksspiele in der Bundesrepublik Deutschland verboten werden soll, wobei "Anbieten" im wettbewerbsrechtlichen Sinne zu verstehen ist, also nicht nur die Abgabe von Vertragsangeboten bedeutet, sondern insbesondere auch die z.B. in der Übersendung der in Rede stehenden und im Urteilstenor wiedergegebenen Spielscheine an den Spieler zu sehende invitatio ad offerendum erfaßt. Dieses Anbieten, das letztlich auch ein Bewerben ist, wird in der Regel dazu führen, daß der Spieler in der Bundesrepublik Deutschland sein Vertragsangebot abgibt, das zwar erst mit Zugang in Österreich wirksam wird, das sich aber als ein in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommener Teilakt des Wettvertrages darstellt.

Veranstaltet die Beklagte ihr Glücksspiel demnach in der Bundesrepublik Deutschland und namentlich auch in Nordrhein-Westfalen, ist sie nicht im Besitz der hierzu notwendigen Erlaubnis, so daß die Beklagte dem Straftatbestand des § 284 StGB zuwiderhandelt. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte aufgrund des Bescheids der Salzburger Landesregierung vom 19.12.1991 über eine Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen verfügt. Denn nach § 1 des Sportwettengesetzes Nordrhein-Westfalen kann für den Geltungsbereich dieses Bundeslandes nur die nordrhein-westfälische Landesregierung unter bestimmten Voraussetzungen Wettunternehmen für sportliche Wettkämpfe zulassen. Über eine solche Erlaubnis der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die die Beklagten in die Lage versetzen würde, ihre Sportwetten auch in Nordrhein-Westfalen anzubieten, verfügt sie unstreitig nicht. Der Bewilligungsbescheid der Salzburger Landesregierung, den die Beklagten in Händen hält, ersetzt, worauf zurückzukommen sein wird, nicht die notwendige Erlaubnis der nordrhein-westfälischen Landesregierung.

Das hiernach die Strafvorschrift des § 284 Abs. 1 StGB verletzende Verhalten der Beklagten ist unlauter im Sinne des § 1 UWG. Bei der Vorschrift des § 284 StGB handelt es sich, was der Senat bereits im einzelnen in seinem den Parteien bekannten Urteil vom 21.05.1999 in dem Rechtsstreit 6 U 195/97 ausgeführt hat, um eine wettbewerbsregelnde und damit wertbezogene Norm. Die Verletzung derartiger wertbezogener Normen, denen entweder eine dem Schutzzweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb entsprechende sittlich-rechtliche Wertung zugrundeliegt oder die besonders wichtige Gemeinschaftsgüter schützen oder die einen unmittelbaren Wettbewerbsbezug aufweisen, begründet grundsätzlich zugleich einen Wettbewerbsverstoß. In diesen Fällen ist ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs schon als solches unlauter, ohne daß es des Hinzutretens weiterer Umstände oder einer zusätzlichen wettbewerblichen Relevanz bedarf (vgl. hierzu BGH GRUR 1987, 172, 176 - "Unter-nehmensberatungsgellschaft I" -; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage 1998, § 1 UWG Rn. 611 und Köhler-Piper, UWG, § 1 UWG Rn. 323, jeweils m.w.N.).

Dem stehen die aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit erlassenen sog. wertneutralen Normen gegenüber, deren Verletzung nur bei Hinzutreten besonderer Unlauterkeitsmomente den Vorwurf wettbewerblicher Unlauterkeit zu begründen vermag. Die Abgrenzung, ob eine Norm in diesem Sinne als wertbezogen oder wertneutral einzuordnen ist und ob daher ihr lauterkeitsrechtlicher Gehalt oder ihre Wettbewerbsbezogenheit bereits für sich allein zur Bejahung der wettbewerblichen Sittenwidrigkeit ausreicht, bedarf dabei jeweils der wertenden Beurteilung nach dem Schutzzweck und nach der Funktion einschließlich des Regelungsgehalts der verletzten Einzelvorschrift (vgl. hierzu Köhler/Piper, a.a.O., § 1 UWG Rdnrn. 324 und 328 sowie Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnrn. 613 f., jeweils m.w.N.). Ergibt sich danach, daß die in Frage stehende Norm entweder selbst Ausdruck eines sittlichen Gebots ist oder aber ihre Einhaltung wegen ihrer besonderen Zielsetzung bzw. ihres Normzwecks einem sittlichen Gebot entspricht, so handelt es sich um eine wertbezogene Vorschrift.

Das im Streitfall betroffene, nach den vorstehenden Ausführungen von der Beklagten verletzte strafrechtliche Glücksspielverbot des § 284 Abs. 1 StGB ist nach diesen Maßstäben als ein rechtlich fundiertes Sittengebot, mithin als wertbezogen einzuordnen. Wie der Senat bereits in seinem oben erwähnten Urteil vom 21.05.1999 in dem Rechtsstreit 6 U 195/97 ausgeführt hat, wird die Frage nach dem der Vorschrift des § 284 StGB zugrundeliegenden Schutzzweck zwar nicht einheitlich beantwortet. Nach überwiegender und zutreffender Meinung wird er aber darin gesehen, daß das Vermögen der Mitspieler vor der Ausuferung ihrer eigenen natürlichen Spielleidenschaft sowie vor der wirtschaftlichen Ausbeutung durch andere bewahrt werden soll (BVerfG 28, 119, 148; BGHSt 11, 209, 210; BVerwG 4, 294, 297; BVerwG NVwZ 1995, 475, 477; Schönke/Schröder-Eser, a.a.O., § 284 Rn. 2; v. Bubnoff, Leipziger Kommentar, a.a.O., vor § 284 Rn. 4 m.w.N.). Das unter Erlaubnisvorbehalt gestellte Glücksspielverbot dient danach zwar nicht der völligen Verhinderung einer solchen Gefährdung, sondern der staatlichen Kontrolle und Zügelung der von den aleatorischen Reizen des Glücksspiels ausgehenden Einwirkungen, die als solche nicht grundsätzlich als sittlich verwerflich eingeordnet werden, deren Auswirkungen dies bei ungezügeltem Appell an die dem Menschen eigene Spielleidenschaft und deren unkontrolliertem Ausleben jedoch sein können. Dafür spricht auch die Gesetzesbegründung zur Novelle der §§ 284 ff. StGB (BT-Drucksache 13/8587 vom 25.09.1997, Seite 67), nach welcher mit dem in § 284 StGB normierten Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, unter anderem eine Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs aus privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken ebenso wie die übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen verhindert werden soll. Mit Blick auf diese Schutzzwecke dient das in § 284 StGB normierte Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, aber nicht lediglich aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit dazu, ein mit verwaltungsrechtlichen Vorschriften, nämlich den diversen Genehmigungserfordernissen, nicht konformes Verhalten zu sanktionieren. Die mit dem Glücksspielverbot verbundene Zielsetzung bringt vielmehr das über diesen Gesichtspunkt ordnender Zweckmäßigkeit weit hinausreichende Verbot der Beeinträchtigung wichtiger Gemeinschaftsgüter zum Ausdruck, dessen Einhaltung einem sittlich-rechtlichen Gebot entspricht. Denn unverkennbar erschöpft sich die mit einer unkontrollierten Ausnutzung der Spielleidenschaft der Bevölkerung einhergehende Gefahr nicht lediglich in einer individuellen Vermögensgefährdung. Im Hinblick auf die nach dem aktuellen Stand der modernen Kommunikation gegebenen Möglichkeiten der massenhaften Verbreitung von Glücksspielangeboten und der dementsprechend gegebenen Beteiligungsmöglichkeiten weiter Bevölkerungskreise besteht vielmehr bei ungezügelter und unkontrollierter Ausbeutung der Spielleidenschaft die Gefahr einer bis zur Beeinträchtigung der Existenzgrundlage einer Vielzahl von Personen gehenden Vermögensgefährdung, die sich in hohem Maße sozialschädlich auswirken kann. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat, ebenso wie das Oberlandesgericht München (Urteil vom 01.10.1998 in dem Rechtsstreit 29 U 4715/98, Blatt 349 ff. d.A.), Anlaß, von der durch das Reichsgericht im Jahre 1926 (RGZ 115, 321, 326) vertretenen Ansicht abzurücken, wonach eine ohne die vorgeschriebene behördliche Erlaubnis veranstaltete unerlaubte Ausspielung an sich noch nicht als sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG eingeordnet werden könne. Denn im Hinblick auf die vorstehend beschriebenen, im Jahre 1926 in dieser Form noch nicht vorhandenen Möglichkeiten der Ansprache und Erreichbarkeit breiter Bevölkerungskreise sowie der mit der zügellosen Ausnutzung der Spielleidenschaft verbundenen Gefahr der Beeinträchtigung der Existenzgrundlage einer beträchtlichen Anzahl von Personen wohnt unerlaubten Glücksspielen die Eignung zu einer erheblichen Sozialschädlichkeit inne, die offenkundig Interessen des Allgemeinwohls tangiert. Diese über Gesichtspunkte ordnender Zweckmäßigkeit hinausgehende, mit dem Glücksspielverbot verbundene Funktion, zumindest auch der Vermeidung sozialschädlicher Folgen unkontrollierten Glücksspiels zu dienen und die daraus dem Allgemeinwohl drohenden Gefahren abzuwenden, rechtfertigt es aber, die im Streitfall mit der unerlaubten Veranstaltung der Sportwetten durch die Beklagte verletzte Norm des § 284 StGB als wertbezogen einzuordnen. Ihre Verletzung begründet deshalb ohne das Hinzutreten besonderer Unlauterkeitsmomente den wiederum für den Unterlassungstatbestand des § 1 UWG voraussetzenden wettbewerblichen Sittenwidrigkeitsvorwurf (so im Ergebnis auch Oberlandesgericht München, Urteil vom 01.10.1998 im dem Rechtsstreit 29 U 4715/98, Blatt 349 ff. d.A., zu dem in § 284 Abs. 4 StGB normierten Verbot der Werbung für nicht zugelassene Glücksspiele).

Im Streitfall könnte letztlich sogar offenbleiben, ob der Bestimmung des § 284 Abs. 1 StGB wettbewerbsregelnde Funktion zukommt. Denn selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, § 284 StGB wie dann auch §§ 1, 2 Sportwettengesetz NRW also lediglich als sog. wertneutrale (Ordnungs-) Vorschriften eingestuft werden müßten, die nicht Ausdruck einer sittlichen Wertung sind und deren Verletzung deshalb nicht ohne weiteres als wettbewerbswidrig beurteilt werden könnten, rechtfertigt die Verletzung wertneutraler Vorschriften nämlich dann den Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens, wenn sich ein Wettbewerber bewußt und planmäßig über sie hinwegsetzt, obwohl für ihn erkennbar ist, daß er dadurch einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern erlangen kann (vgl. hierzu: BGH WRP 1979, 460, 461 - "Luxus-Ferienhäuser" -; BGH GRUR 1981, 140, 142 - "Flughafenge-bühr" -; BGH GRUR 1989, 762, 764 - "Stundungsangebote" -; BGH GRUR 1992, 696, 697 - "Teilzahlungspreis I" -; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rn. 658 sowie Köhler/Piper, a.a.O., § 1 UWG Rn. 344 jeweils m.w.N.). Ein solches Handeln setzt nicht voraus, daß sich der Verletzter der Rechtswidrigkeit seines Tuns bewußt ist. Es genügt vielmehr, daß er alle Tatumstände kennt, die den Gesetzesverstoß ergeben (vgl. statt aller: Baumbach/Hefermehl, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Spätestens seit dem Zugang des Schreibens des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 03.03.1998 im März 1998 kennt die Beklagte alle Umstände, die den Gesetzesverstoß ergeben. Wenn sie gleichwohl ohne die erforderliche Erlaubnis der nordrhein-westfälischen Landesregierung ihre Glücksspiele in Nordrhein-Westfalen anbietet oder sich jedenfalls berühmt, dieses tun zu dürfen, setzt sie sich planmäßig und bewußt in Kenntnis aller Umstände über das Verbot hinweg und verschafft sich damit einen Wettbewerbsvorsprung vor ihren gesetzestreuen Mitbewerbern, die sich an die in § 284 Abs. 1 StGB vorausgesetzte und in den Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Sportgesetzes näher geregelte Erlaubnispflicht halten. Einen Wettbewerbsvorsprung, zum Beispiel im Verhältnis zur Klägerin, erlangt die Beklagte entgegen der von ihr geäußerten Auffassung schon deshalb, weil sie sich nicht an die Vorgaben in §§ 1, 2 und 4 des nordrhein-westfälischen Sportwettengesetzes hält und auch nicht zu halten gedenkt, wonach zum einen die Hälfte der eingezahlten Einsätze als Gewinn an die Wettenden auszuzahlen ist und zum anderen der nach Abzug der Kosten verbleibende Gewinn nicht dem Veranstalter des Glücksspiels verbleiben darf, sondern ausschließlich für die in § 4 Abs. 2 Sportwettengesetz NRW genannten gemeinnützigen Zwecke zu verwenden ist. Die von der Beklagten geäußerte gegenteilige Rechtsauffassung überzeugt deshalb nicht.

Dem hiernach aus § 1 UWG folgenden Unterlassungsanspruch der Klägerin kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, das grundsätzliche Verbot der Durchführung von Glücksspielen verletze sie in ihren Rechten aus Artikel 12 des Grundgesetzes. Der Senat schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 23.08.1994 (NVwZ 1995, 475 ff.) an, daß Sportwetten zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes, insbesondere zur Abwehr von der Bevölkerung durch die Ausnutzung der Spielleidenschaft drohenden Gefahren, durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes untersagt werden können, ohne daß damit das Grundrecht der Berufsfreiheit im Sinne des Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz tangiert würde. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffen zwar die Bestimmung des § 1 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Sportwettengesetzes. Das ist jedoch unschädlich, weil dessen Regelungsgehalt mit dem des § 1 des nordrhein-westfälischen Sportwettengesetzes identisch ist.

Letztlich vermag der Senat der Auffassung der Beklagten nicht beizupflichten, die ihr von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 19.12.1991 erteilte Erlaubnis gestatte ihr ihre geschäftliche Tätigkeit, die Forderung nach einer weiteren, durch die nordrhein-westfälische Landesregierung zu erteilenden Erlaubnis verstoße gegen Artikel 59 EG-Vertrag, jedenfalls sei es angezeigt, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen. Denn bereits aus der vorliegenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ergibt sich, daß jeder einzelne Mitgliedstaat das Recht hat, die Genehmigungserfordernisse im Zusammenhang mit Glücksspielen für sein Hoheitsgebiet autonom zu treffen.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Zusammenhang mit dem Lotteriewesen - für Glücksspiele der vorliegenden Art kann nichts anderes gelten - steht fest, daß die Einfuhr von Werbematerial und Losen in einen Mitgliedsstaat mit dem Ziel, die in diesem Staat wohnenden Personen an einer in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Lotterie teilnehmen zu lassen, zu den "Dienstleistungen" im Sinne des Artikel 60 EG-Vertrag gehört und folglich in den Anwendungsbereich des Artikel 59 EG-Vertrag fällt (vgl. hierzu Urteil des EuGH vom 24.03.1994 in der Rechtssache "Sch.", C - 275/92, Slg 1994 I - 1078 = ZIP 1994, 557 ff. = NJW 1994, 2013 ff.). Die Klägerin zieht deshalb zu Recht nicht in Zweifel, daß es sich bei dem Angebot der Beklagten um eine Dienstleistung grenzüberschreitender Art im Sinne von Artikel 59 EG-Vertrag handelt.

In der Rechtssache "Sch." hat der Europäische Gerichtshof entschieden, daß ein Verbot von Lotterien (und Glücksspielen) eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle (Tz 45), daß ein unterschiedslos für alle In- und Ausländer geltendes Verbot keine Diskriminierung nach Staatsangehörigkeit bedeute (Tz 53), daß ein solches generelles Verbot jedoch eine Behinderung impliziere, die nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses wie des Verbraucherschutzes, der Verbrechensbekämpfung, des Schutzes der öffentlichen Sittlichkeit, der Begrenzung der Nachfrage nach Glücksspielen sowie der Finanzierung von im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten als gerechtfertigt angesehen werden kann, wobei auch die Verhältnismäßigkeit der Beschränkung zu prüfen ist (Tz 54). Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 24.03.1994 dann (Tz 57) weiter ausgeführt, nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts habe das grundsätzliche Verbot von Glücksspielen/Lotterien das Ziel, Straftaten zu verhindern und sicherzustellen, daß die Spieler fair behandelt würden, eine Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen, die im Übermaß betrieben mit sozialschädlichen Folgen verbunden seien, zu verhindern, und dafür zu sorgen, daß Lotterien nicht zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet werden könnten, sondern ausschließlich zu wohltätigen oder sport- oder kulturfördernden Zwecken. Diese in ihrer Gesamtheit zu würdigenden Gründe (Tz 58 und 59) könnten angesichts der ganz besonderen Natur der Lotterien, die von vielen Mitgliedsstaaten betont worden sei, Beschränkungen bishin zum Verbot von Lotterien im Gebiet eines Mitgliedsstaates rechtfertigen, und zwar entgegen der von der Kommission (Tz 55) vertretenen gegenteiligen Auffassung. Ausdrücklich anerkannt hat der Europäische Gerichtshof (Tz 60), daß die sittlichen, religiösen und kulturellen Erwägungen, die in allen Mitgliedsstaaten zu Lotterien ebenso wie zu den anderen Glücksspielen angestellt würden, nicht außer Betracht bleiben dürften. Sie seien allgemein darauf gerichtet, die Ausübung von Glücksspielen zu begrenzen oder sogar zu verbieten und zu verhindern, daß sie zu einer Quelle persönlichen Gewinns würden (Tz 60). Alsdann hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, daß die Lotterien angesichts der Höhe der Beträge, die durch sie eingenommen werden könnten, und der Höhe der Gewinne, die sie den Spielern bieten könnten, vor allem wenn sie in größerem Rahmen veranstaltet würden, die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten erhöhten. Außerdem verleiteten sie zu Ausgaben, die schädliche persönliche oder soziale Folgen haben könnten. Wenngleich dies allein nicht als sachliche Rechtfertigung angesehen werden könne, sei schließlich nicht ohne Bedeutung, daß Lotterien in erheblichem Maße zur Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Tätigkeiten wie sozialer und karitativer Werke, des Sports oder der Kultur beitragen könnten. Diese Grundsätze hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil "Familiapress" vom 26.06.1997, dort Tz 20 (Rs 368/95 Slg 1997 I 3690), nochmals bestätigt, und zwar einschließlich der Tatsache, daß den staatlichen Stellen bei der Festlegung der Anforderungen hinsichtlich der Verwendung der Lotterien erzielten Gewinne ein Ermessensspielraum zukommt.

Für den Streitfall folgt daraus: Alle diejenigen Gründe, die der Bundesgesetzgeber im Vorfeld des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts als Zweck der Regelungen der §§ 284, 286 StGB bezeichnet hat, nämlich eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten, eine Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken zu verhindern und einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Finanzierung gemeinnütziger oder öffentlicher Zwecke heranzuziehen (BT-Drucksache 13/8587, dort Seite 67), sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geeignet, Beschränkungen von Lotterien im Gebiet eines Mitgliedsstaats im Hinblick auf Artikel 59 EG-Vertrag zu rechtfertigen, und zwar bishin zum generellen Verbot. Gesteht der Europäische Gerichtshof jedoch zu, daß die genannten Gründe Beschränkungen bishin zum völligen Verbot von Glücksspielen respektive Lotterien rechtfertigen können, und erkennt er ausdrücklich an, daß die Mitgliedsstaaten auch die Höhe der Gewinne und die Finanzierung gemeinnütziger Zwecke durch Lotterie-Einnahmen regeln können, weiterhin, daß die staatlichen Stellen des jeweiligen Mitgliedsstaates über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaats aus dem Schutz der Sozialordnung ergeben, folgt daraus zwingend, daß es jedem einzelnen Mitgliedstaat gestattet ist, die entsprechenden Regelungen für sein Hoheitsgebiet zu treffen. Das bedeutet aber zwangsläufig, daß eine in einem Mitgliedstaat, hier Österreich, erteilte Genehmigung auch nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs nicht die von einem anderen Mitgliedstaat geforderte, an unterschiedliche Tatbestandsmerkmale anknüpfende Erlaubnis, hier nach den Bestimmungen des Sportwettengesetzes NRW, ersetzen kann.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung vom 13.08.1999 die Auffassung geäußert hat, die nordrhein-westfälische Landesregierung habe kategorisch und aus sachfremden Erwägungen heraus nur die Klägerin als Wettunternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Sportwettengesetz NRW zugelassen, im Rahmen der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ihres Verhaltes im Sinne des § 1 UWG müsse diesem Umstand Rechnung getragen werden, vermag sich der Senat dem in dieser Form nicht anzuschließen. Wenn die Beklagte der Auffassung ist, sie habe einen Anspruch auf Zulassung, mag sie diese - hieran fehlt es bislang - förmlich beantragen, und alsdann die Rechtmäßigkeit eines etwaigen, bislang nicht vorliegenden förmlichen Ablehnungsbescheides auf dem hierfür vorgesehenen Rechtsweg überprüfen lassen.

Der Senat hat auch von seiner ursprünglichen Absicht abgesehen, beim Europäischen Gerichtshof eine Auskunft zum genauen Gegenstand sowie zum Stand der dort anhängigen Rechtssache "M. L." (Rs C - 124/97) einzuholen. Denn bereits aus dem in der Sitzung des Gerichtshofes vom 04.03.1999 vorgetragenen Schlußanträgen des Generalanwalts A. La Pergola ergab sich, daß der dieser Rechtssache zugrundeliegende Lebenssachverhalt zwar Parallelen zum Streitfall, aber keine Besonderheiten aufwies, die dazu hätten führen können, die sich stellende Frage nach der Gemeinschaftskonformität nationaler, das Lotteriewesen regelnder Vorschriften anders zu beurteilen als im Fall "Sch.". Das hat sich zwischenzeitlich, allerdings erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung, auch bestätigt. Denn der Europäische Gerichtshof hat die Rechtssache "M. L." am 21.09.1999 entschieden. Er hat dabei die Fortgeltung der in der Rechtssache Sch. aufgestellten Grundsätze nochmals bekräftigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, die Bestimmungen des EG-Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr stünden einer nationalen, am Allgemeininteresse ausgerichteten und diese zugleich rechtfertigenden Regelung, die nur einer öffentlich-rechtlichen Vereinigung das ausschließliche Recht zum Betrieb von Geldspielautomaten gewähre, nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Änderung der Klageanträge beinhaltet lediglich eine Klarstellung und keine teilweise Klagerücknahme. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

Zurück